Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU
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Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU
08 Unternehmenspolitik 17 Unternehmenspolitik 04 2000 Sechster Bericht Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht Europäische Kommission Unternehmenspolitik 2000 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht - Kurzfassung Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht Kurzfassung Europäische Kommission Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — CT-22-99-200-DE-C Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht Preis in Luxemburg (ohne MwSt.): EUR 53 2000 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht ISBN 92-828-8613-1 AMT FÜR AMTLICHE VERÖFFENTLICHUNGEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN L-2985 Luxembourg 9 789282 886137 Europäische Kommission 2000 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU Sechster Bericht Europäische Kommission 1 Der Bericht wurde im Auftrag der Generaldirektion Unternehmen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erstellt durch: KPMG Consulting and EIM Small Business Research and Consultancy in Zusammenarbeit mit: ENSR — European Network for SME Research Intomart Dieser Sechste Bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU ist in englischer, französischer und deutscher Sprache erhältlich. Die vorhergehenden fünf Jahresberichte sind noch erhältlich und können bestellt werden bei: EIM Small Business Research and Consultancy, Postfach 7001, 2701 AA, Zoetermeer, Niederlande (Tel.: +31 (0) 793413634, Fax: + 31 (0) 793415024, E-Mail-Adresse:[email protected]). Folgende Abkürzungen werden in diesem Bericht für das Europa der 19 verwendet: A B DK D EL E F FIN IRL I L NL P S UK EU IS LI NO EEA CH (Österreich) (Belgien) (Dänemark) (Deutschland) (Griechenland) (Spanien) (Frankreich) (Finnland) (Irland) (Italien) (Luxemburg) (Niederlande) (Portugal) (Schweden) (Vereingtes Königreich) (Europäische Union) (Island) (Liechtenstein) (Norwegen) (Europäischer Wirtschaftsraum) (Schweiz) Europa-19 (EWR und Schweiz) Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu.int). Bibliographische Daten befinden sich am Ende der Veröffentlichung. Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2000 ISBN 92-828-8613-1 © Europäische Gemeinschaften, 2000 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Printed in Italy 2 INHALT Vorwort ....................................................................................................... 9 Kurzfassung ........................................................................................................ 11 Einleitung ........................................................................................................ 37 TEIL I DER ERFOLG DER KMU 1 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19....................... 43 1.1 Größe und Struktur des nicht-primären Unternehmenssektors in Europa-19, den USA und Japan........................................................ Analyse auf der Makroebene ............................................................ Struktur nach Ländern...................................................................... Struktur nach Wirtschaftssektoren .................................................... 46 46 49 51 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.3 1.3.1 1.3.2 1.4 1.4.1 1.4.2 Aktuelle Entwicklung der KMU und GU ........................................... Makroökonomische Rahmenbedingungen ....................................... Das Größenklassenmuster der makroökonomischen Entwicklung in Europa-19, den USA und Japan.................................................... Größenklassenmuster nach Ländern................................................. Größenklassenmuster nach Wirtschaftssektoren ............................... Zukünftige Entwicklung der KMU und GU in Europa-19: Szenarioanalyse 2000-2005.............................................................. Makroökonomische Rahmenbedingungen des Szenarios ................. Das Größenklassenmuster der makroökonomischen Entwicklung in Europa-19 .................................................................................... Die Lage des Handwerks und der Sozialwirtschaft ........................... Die Lage des Handwerks .................................................................. Die Lage der Sozialwirtschaft ........................................................... 56 56 59 66 67 68 69 70 73 73 76 Anhänge zu Kapitel 1 I II III Die in den Abschnitten 1.1 und 1.2 verwendeten Daten ....... Definition der Wirtschaftssektoren .......................................... In Abschnitt 1.4 verwendete Daten........................................ 79 88 90 TEIL II DAS UNTERNEHMENSUMFELD UND VERHALTEN DER KMU 2 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen 101 2.1 Einleitung ......................................................................................... 102 2.2 Auswirkungen von Regulierungsreformen ........................................ 103 3 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 2.2.1 2.2.2 2.2.3 Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum .................................... Auswirkungen auf die Unternehmen ................................................ Spezifische Auswirkungen auf KMU.................................................. 103 104 104 2.3 Auswirkungen aktueller Deregulierungen auf KMU: Liberalisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel ......................... Die Situation im EWR und der Schweiz............................................ Reaktionen der Unternehmen auf die neuen Möglichkeiten............. Auswirkungen auf Umsatz und Beschäftigung in KMU..................... Negative Auswirkungen für KMU ..................................................... Positive Auswirkungen und Chancen für KMU ................................. 105 105 108 109 110 110 2.4.1 2.4.2 2.4.3 Auswirkungen aktueller Regulierungen auf KMU: die Öffnung der Märkte für das öffentliche Beschaffungswesen ....... Bekanntheit der Ausschreibungsverfahren bei KMU ......................... Teilnahme von KMU in Vergabeverfahren ........................................ Hindernisse für KMU und ihre Gründe, nicht teilzunehmen............. 111 113 116 120 2.5 Politische Empfehlungen .................................................................. 125 3 Aspekte des Arbeitsmarktes........................................................... 127 3.1 Einleitung ......................................................................................... 128 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 Fachkräftemangel ............................................................................. Probleme der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel in KMU.. Die wesentlichen Hindernisse für die Geschäftstätigkeit ................... Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen ........................... Probleme der Personalbeschaffung und ihre Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit ............................................................................. Die Überwindung von Problemen der Personalbeschaffung in KMU Gegenmaßnahmen des öffentlichen Sektors .................................... 128 129 130 132 Mobilität der Arbeitskräfte................................................................ Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern durch KMU......................................................................... Barrieren für die Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern in KMU .................................................. Allgemeine Barrieren für grenzüberschreitende Mobilität ................. 144 148 149 150 3.4.4 Das Steuersystem ............................................................................. Senkung der Arbeitskosten und der Steuern auf Arbeit .................... Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen . Gründe für die begrenzte Anwendung der Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen ........................................................................... Erwartete Ergebnisse der durchgeführten Maßnahmen.................... 3.5 Politische Empfehlungen .................................................................. 154 4 Zugang zu Finanzierung ................................................................ 157 4.1 Einleitung ......................................................................................... 158 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 Zugang zu Finanzierung und Bankkrediten ...................................... Zugang zu Finanzierung als Hindernis ............................................. Rate der Kreditkunden ..................................................................... Aspekte der Bilanzstruktur ................................................................ 159 159 161 162 4.3 4.3.1 Analyse der Zielgruppen .................................................................. Vergleich der Zielgruppen ................................................................ 164 165 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.4 3.2.5 3.2.6 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 4 133 134 135 144 146 146 151 153 Inhalt 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 Zugang zu Finanzierung von neugegründeten Unternehmen .......... Zugang zu Finanzierung von kleinen etablierten Unternehmen ....... Zugang zu Finanzierung von hoch innovativen Unternehmen......... Expandierende Unternehmen........................................................... 166 170 171 174 4.4 Hindernisse, die den Zugang zu Finanzierung erschweren............... 175 4.5 Ausgewählte politische Maßnahmen................................................ 177 4.6 Politische Empfehlungen .................................................................. 178 5 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU ................................... 181 5.1 Einleitung ......................................................................................... 182 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 Was ist elektronischer Geschäftsverkehr? .......................................... Marketing ........................................................................................ Bestellung ........................................................................................ Zahlung ........................................................................................... Vertrieb von Produkten .................................................................... Nutzung des Internet und der Technologien zur Unternehmensvernetzung für die wirtschaftliche Zusammenarbeit von KMU.............. 182 184 185 185 186 5.3 5.3.1 5.3.2 Stand des elektronischen Geschäftsverkehrs in Europa ..................... Stand nach Ländern ......................................................................... Stand nach Größenklassen und Wirtschaftssektoren......................... 187 188 193 5.4 Möglichkeiten und Barrieren für die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs durch KMU .................................. Der europäische Konsument im elektronischen Markt ..................... Möglichkeiten für KMU im elektronischen Markt ............................. Barrieren, die die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs behindern ........................................................................................ 5.4.1 5.4.2 5.4.3 187 194 195 196 199 5.5 5.5.1 5.5.2 Die Auswirkungen des elektronischen Geschäftsverkehrs.................. Die globalen Auswirkungen auf den Markt ...................................... Die internen Auswirkungen auf KMU ............................................... 202 202 205 5.6 5.6.1 Förderprogramme im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs Nationale Programme zur Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs............................................................................................ 206 5.7 Politische Empfehlungen .................................................................. 207 6 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft.................................. 209 6.1 Einleitung ......................................................................................... 210 6.2 Teilnahme von KMU an Interventionen der Gemeinschaft ............... 210 6.3 Barrieren für die Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft ................................................................................... Bekanntheit und Teilnahme.............................................................. Gründe für KMU, an Programmen der Gemeinschaft nicht teilzunehmen ................................................................................... Barrieren und Hindernisse ................................................................ 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 Der Zugang von KMU zu den Gemeinschaftsinitiativen KMU und ADAPT.............................................................................................. Allgemeine Information.................................................................... Barrieren und Hindernisse ................................................................ Maßnahmen, um die Teilnahme von KMU an der KMU-Initiative und ADAPT zu verbessern ................................................................ 206 218 218 222 224 227 227 228 231 5 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 6.5 Beste Verfahren für die Förderung der Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft .................................................. 232 6.6 Politische Empfehlungen .................................................................. 233 7 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft............................ 235 7.1 Einleitung ......................................................................................... 236 7.2 Die Bedeutung der Vereine und Stiftungen geht weit über ihr wirtschaftliches Gewicht hinaus........................................................ 237 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 Unterstützende Maßnahmen............................................................ Rechtliche Rahmenbedingungen, Regulierungen und Steuersystem Spezifische Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Finanzierung .. Maßnahmen im Bereich der freiwilligen (ehrenamtlichen) Mitarbeit Unterstützung im Bereich Arbeitsplatzschaffung .............................. 240 242 244 248 250 7.4 7.4.1 7.4.2 Zugang zu Finanzmitteln ................................................................. Die Bedeutung öffentlicher und privater Finanzmittel ...................... Hauptprobleme im Bereich der Finanzierung ................................... 252 252 255 7.5 Grenzüberschreitende Kooperation .................................................. 257 7.6 Politische Empfehlungen .................................................................. 260 Anhang: Überblick über Steueranreize ................................................ 261 TEIL III UNTERNEHMENSPOLITISCHE MASSNAHMEN 8 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik....................................... 267 8.1 Einleitung ......................................................................................... 268 8.2 Aktuelle Entwicklungen der Politik in KMU-spezifischen Bereichen... 268 8.3 Nationale Maßnahmen für KMU und das Handwerk ....................... 270 8.4 Schlußfolgerungen ........................................................................... 304 TEIL IV SPEZIALTHEMEN 9 Berufliche Bildung und KMU ......................................................... 311 9.1 Einleitung ......................................................................................... 313 9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 Weiterbildungsaktivitäten für Arbeitnehmer in KMU ........................ Aktivitäten beruflicher Weiterbildung in KMU .................................. Allgemeine Merkmale der Weiterbildung ......................................... Anreize und Barrieren für berufliche Weiterbildung in KMU............. 315 315 322 326 9.3 Weiterbildungsaktivitäten für Manager und Eigentümer von KMU... 331 9.4 Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Weiterbildung in KMU ............................................................................... 335 Politische Maßnahmen zur Förderung beruflicher Weiterbildung in KMU................................................................................................. 340 Politische Empfehlungen .................................................................. 343 9.5 9.6 6 Inhalt 10 Neue Dienstleistungen .................................................................. 345 10.1 Einleitung ......................................................................................... 346 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 Neue Dienstleistungen: Definition und wichtigste Trends ................ Struktur und Entwicklung des europäischen Dienstleistungssektors.. Definition und Bezugsrahmen für die Analyse.................................. Wichtigste Trends in Europa............................................................. Nachfrage nach neuen Dienstleistungen durch KMU: gegenwärtige Nutzung und Erwartungen ........................................ 347 347 350 357 10.3 361 10.3.1 10.3.2 Unternehmertum und Schaffung von Arbeitsplätzen in neuen Dienstleistungen............................................................................... Gründungen und Schließungen und ihre Beschäftigungswirkung.... Barrieren für Gründung und Wachstum ........................................... 362 362 370 10.4 10.4.1 Unterstützungsmaßnahmen ............................................................. Lokale Initiativen .............................................................................. 373 378 10.5 Politische Empfehlungen .................................................................. 380 TEIL V MONITOR 11 KMU im europäischen Binnenmarkt ............................................. 385 11.1 Einleitung ......................................................................................... 387 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 Die Beurteilung des Binnenmarktes durch die KMU ......................... Gesamtbeurteilung des Binnenmarktes ............................................ Die wahrgenommenen Vorteile und Nachteile................................. Wie wichtig ist der Binnenmarkt für KMU? ...................................... 388 388 392 395 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 Die Umstellung auf den Euro ........................................................... Problembewußtsein und Informationsangebot ............................... Maßnahmen in Zusammenhang mit der Umstellung....................... Geplanter Zeitpunkt der Euro-Kompatibilität der KMU .................... 396 396 399 404 11.4 Internationaler Handel und Wettbewerb .......................................... 407 11.5 11.5.1 412 11.5.2 Das Wachstum der Unternehmen im Binnenmarkt .......................... Der Zusammenhang zwischen Wachstum und bestimmten Unternehmensmerkmalen ................................................................ Ein stärker formalistischer Zugang: Regressionsanalyse..................... 12 Der Europäischen „TALLY“ für KMU.............................................. 415 13 Politische Empfehlungen................................................................ 431 412 414 ANHÄNGE ZUM BERICHT I Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999 .... 447 II Mitglieder des Beratergremiums................................................... 459 III Namen und Adressen der Mitglieder des Konsortiums ............... 461 7 VORWORT von Erkki Liikanen Mitglied der Europäischen Kommission, verantwortlich für Unternehmen und Informationsgesellschaft Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des 6. Berichts des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU ist gut gewählt. Sie folgt der Ankündigung der neuen Unternehmenspolitik der Kommission, wie sie in der Mitteilung ausgeführt wurde, die sie am 26. April angenommen hat. Auf dem Europäischen Rat von Lissabon setzte sich die Europäische Union für die nächste Dekade selbst ein neues strategisches Ziel, sich „zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu entwickeln, die fähig ist, nachhaltiges Wachstum zu erzielen und dabei mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken“. Unternehmenspolitik wird eine Schlüsselrolle spielen, um diese Ziele zu erreichen. Sie wird sich insbesondere mit den Bedingungen befassen, in denen KMU, als die wichtigsten Motoren für wirtschaftliches Wachstum und für die Schaffung von Arbeitsplätzen, agieren. Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU ist ein wertvolles Instrument, um die aktuelle Situation des KMU-Sektors zu analysieren. Quantitative Informationen über KMU werden kombiniert mit der Analyse von Schlüsselthemen, die sich auf die Wettbewerbsfähigkeit von KMU auswirken. Zu diesen Schlüsselthemen zählen der elektronische Handel und der Zugang zu Finanzmitteln. Verbesserte Erhebungsmethoden geben einen weitaus besseren Einblick darin, wie kleine und mittlere Unternehmen ihre Umgebung wahrnehmen. Die CD-ROM Version des Berichts wird noch mehr detaillierte Daten über KMU bereitstellen und einen Überblick geben über politische Maßnahmen für KMU auf nationaler Ebene. Vorhergehende Berichte wurden bisher von einer großen Leserschaft von Entscheidungsträgern für Unternehmenspolitik auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebene, Wissenschaftlern, Ökonomen und KMU selbst als einzigartige Referenzdokumente betrachtet. Ich hoffe, dass Sie diesen 6. Bericht des Beobachtungsnetzes für KMU als wertvolle Ergänzung zu dem betrachten, was in den Vorjahren veröffentlicht wurde. Erkki Liikanen 9 KURZFASSUNG Einleitung Dies ist die Kurzfassung des Sechsten Berichtes des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. Das Projekt wurde 1992 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen. Ziel des Projektes ist es, einen unabhängigen Bericht zu erstellen, der einen strukturierten und aktuellen Überblick über die europäischen kleinen und mittleren Unternehmen (im Rahmen dieses Berichtes umfaßt der Begriff „KMU” auch Handwerksbetriebe und die Sozialwirtschaft) gibt, und zwar sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich die Anzahl der Länder, die durch diesen Bericht abgedeckt werden, erhöht. Der Erste und Zweite Bericht bezogen sich auf die damals 12 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, während der Dritte Bericht die 15 Mitgliedstaaten und Norwegen umfaßte. Seit dem Vierten Bericht werden alle EU-Mitgliedstaaten zuzüglich Island, Liechtenstein und Norwegen (d. h. alle Länder des Europäischen Wirtschaftsraums) sowie die Schweiz abgedeckt. Diese Länder werden als Europa-19 bezeichnet. Die allgemeinen Zielsetzungen dieses Sechsten Berichtes sind: • Die Analyse der gegenwärtigen und absehbaren Position und des Verhaltens der KMU in ihrem Unternehmensumfeld; • Die Analyse der aktuellen und absehbaren Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes auf die Position und das Verhalten der KMU; • Die Identifizierung der Zielsetzungen und Maßnahmen der Unternehmenspolitik, die geeignet sind, Auswirkungen auf den KMU-Sektor zu haben. Der Bericht besteht aus fünf Teilen. In Teil I werden Position und Entwicklung der KMU analysiert, danach wird in Teil II das Verhalten der Unternehmen in bezug auf ihr Umfeld untersucht. Im diesjährigen Bericht gilt die Aufmerksamkeit der Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen, Arbeitsmarktaspekten, dem Zugang zu Finanzierung, dem elektronischen Geschäftsverkehr, dem Zugang zu Programmen der Gemeinschaft sowie der Rolle von Vereinen und Stiftungen in der Sozialwirtschaft. Teil III behandelt unternehmenspolitische Maßnahmen, während Teil IV zwei Spezialthemen vorstellt: Berufliche Bildung und KMU sowie Neue Dienstleistungen. Teil V analysiert Leistung und Verhalten von KMU im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt. Dieser unabhängige Bericht wird von einem Konsortium erstellt, das von KPMG Consulting geleitet wird und darüber hinaus EIM Small Business Research and Consultancy, Intomart und das European Network for SME Research (ENSR) umfaßt. Das ENSR ist ein Netzwerk führender Organisationen, die auf KMUForschung spezialisiert sind. In jedem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums besteht zumindest eine Partnerorganisation des Netzwerks. Der Bericht beruht vor allem auf den folgenden Datenquellen: • Europäische und nationale Statistiken; • Dem ENSR Enterprise Survey 1999, einer telefonischen Erhebung unter 8 000 Unternehmen in den 19 abgedeckten Ländern; 11 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht • Europäischen Unternehmensdatenbanken; • Literatur, qualitativen Daten, Gesetzen und politischen Dokumenten; • Informationen von ENSR-Fachleuten und externen Experten. Teil I Der Erfolg der KMU Unternehmensstruktur und Schlüsselindikatoren auf europäischer Ebene im Jahr 1998 Im Jahr 1998 stieg die Zahl der Unternehmen im privaten nicht-primären Sektor in Europa-19 auf fast 20 Millionen, was sich positiv auf die Beschäftigung auswirkte. Tabelle 1 Hauptindikatoren des privaten nicht-primären Unternehmenssektors, Europa-19, 1998* KMU Kleinst Kleine Mittlere Gesamt 19 330 480 19 810 Anzahl der Unternehmen (1 000) EU Nicht-EU Gesamt 18 040 425 18 465 1 130 45 1 175 160 10 170 Beschäftigte (1 000) EU Nicht-EU Gesamt 38 360 21 320 970 820 39 330 22 140 14 870 770 15 640 GU Gesamt 38 2 40 19 370 480 19 850 74 550 38 680 113 230 2 550 1 190 3 740 77 100 39 860 116 970 Durchschnittliche Unternehmensgröße: • Beschäftigte je Unternehmen • Umsatz je Unternehmen (Millionen Euro) EU Nicht-EU Gesamt 2 2 2 EU Nicht-EU Gesamt 0,2 0,3 0,2 20 20 20 90 90 90 4 5 4 3 3 3 23 16 23 0,5 0,8 0,5 1 010 780 1 000 6 8 6 215 135 215 1,0 1,3 1,0 EU Nicht-EU Gesamt 6 12 7 13 14 13 16 16 16 11 14 11 22 20 22 16 16 16 EU Nicht-EU Gesamt 30 55 30 50 50 50 95 60 90 45 55 45 90 85 90 60 65 60 Anteil der Arbeitskosten an EU der Wertschöpfung (%) Nicht-EU Gesamt 40 36 40 53 60 53 43 52 43 45 48 45 38 53 39 42 50 42 Anteil der Exporte am Umsatz (%) Wertschöpfung je Beschäftigtem (%) (1 000 Euro) * Aufgrund von Rundungen sind die Gesamtwerte nicht mit der Summe der Teilsummen und die durchschnittlichen Unternehmensgrößen nicht mit den Quotienten aus Beschäftigtenzahl und Unternehmenszahl identisch. Anmerkung: • Kleinstunternehmen sind Unternehmen, die weniger als 10 Personen beschäftigen. Unternehmen ohne Beschäftigte, die somit nur den Selbständigen (und gegebenenfalls unbezahlten Familienangehörigen) ein Einkommen bieten, stellen eine eigene Kategorie in dieser Größenklasse dar. • Kleine Unternehmen sind Unternehmen mit 10-49 Beschäftigten. • Mittlere Unternehmen sind Unternehmen mit 50-249 Beschäftigten. Quelle: 12 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999.and OECD: Economic Outlook, No. 65, June 1999. Kurzfassung Diese Unternehmen beschäftigten 117 Millionen Personen. Wie Tabelle 1 zeigt, sind die überwältigende Mehrheit dieser Unternehmen KMU, also Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Die KMU stellen zwei Drittel aller Arbeitsplätze bereit (siehe Kapitel 1 dieses Berichtes). Ein europäisches Unternehmen beschäftigt im Durchschnitt 6 Personen. Diese Zahl variiert freilich nach Unternehmensgröße: KMU beschäftigen durchschnittlich 4 Personen, während die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter in großen Unternehmen (GU) 1 000 beträgt. Der durchschnittliche Umsatz je Unternehmen beträgt 500 000 Euro für KMU und 215 Millionen Euro für GU. Auch die Arbeitsproduktivität, definiert als Wertschöpfung je Beschäftigtem, nimmt mit der Unternehmensgröße zu: In Kleinstunternehmen erbringt ein Beschäftigter eine Wertschöpfung von durchschnittlich 30 000 Euro, während die Arbeitsproduktivität in großen Unternehmen 90 000 Euro erreicht. Entwicklung der Schlüsselindikatoren, 1988-2000 Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Beschäftigung im privaten nicht-primären Unternehmenssektor in Europa-19 im Zeitraum 1988-2000. Einerseits nahm die Gesamtbeschäftigung während der 90er Jahre ab, andererseits verlief die Entwicklung der Beschäftigung in den Kleinstunternehmen am günstigsten. Die Erholung der Beschäftigungssituation begann ebenfalls in den Kleinstunternehmen etwa ab 1995, während das Beschäftigungswachstum in kleinen, mittleren und großen Unternehmen erst ab 1997 merklich zunahm. Abbildung 1 Entwicklung der Beschäftigung in Kleinst-, kleinen, mittleren und großen Unternehmen, Europa-19, 1988-2000 (Index: 1988=100) 110 105 100 95 90 1988 1989 1990 Kleinst Quelle: 1991 1992 Kleine 1993 1994 1995 1996 Mittlere 1997 1998 1999 2000 Große Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 13 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Zahl der Unternehmen in Europa-19 hat in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen. Zum Bespiel zeigen die letzten verfügbaren Daten für 1995, daß fast 2 Millionen neue Unternehmen gegründet worden waren, während mehr als 1½ Millionen Unternehmen geschlossen wurden. Die Zugänge und Abgänge betrugen also 11 % bzw. 9 % des Gesamtbestandes an Unternehmen. Die mit den Gründungen verbundene Beschäftigungswirkung belief sich auf 2½ Millionen Personen. Da bestehende Unternehmen etwas größer sind als neue Unternehmen, betrug die mit den Abgängen verbundene Beschäftigungswirkung ebenfalls 2½ Millionen, obwohl die Anzahl der Schließungen geringer war als die Anzahl der neuen Unternehmen. Tabelle 2 zeigt, daß die Steigerung der Arbeitsproduktivität in KMU im Lauf der Zeit mit etwas über 2 % jährlich sehr gleichmäßig verlief. Allerdings war die Steigerung der Arbeitsproduktivität in GU im Lauf der 90er Jahre wesentlich höher als im Zeitraum 1988 - 1990. Die Arbeitskosten je Beschäftigtem nahmen für KMU und GU im gleichen Ausmaß zu (etwa 4,5 % jährlich), jedoch war die Zunahme der Lohnstückkosten in den GU aufgrund der größeren Steigerung der Arbeitsproduktivität geringer. Allerdings verlief die Entwicklung der Rentabilität in KMU und GU unabhängig von der Konjunkturphase gleich. Dies impliziert, daß die KMU in der Lage waren, die höheren Lohnstückkosten über Preisänderungen weiterzugeben. Eine Schlußfolgerung ist, daß das geringere Produktivitätswachstum der KMU ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den GU beeinträchtigt hat. Entwicklung des Handwerks In diesem Bericht des Beobachtungsnetzes wurde die im Zweiten Jahresbericht begonnene laufende Beschreibung des Handwerks fortgesetzt. Ausgehend von Tabelle 2 Arbeitsproduktivität, Lohnstückkosten und Rentabilität im privaten nicht-primären Unternehmenssektor, Europa-19, 1988-2000 1988/1990 1990/1993 1993/2000 1988/2000 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Arbeitsproduktivität* – KMU – GU – Gesamt 2,1 2,0 2,0 1,9 3,0 2,3 2,1 2,8 2,4 2,1 2,7 2,4 Lohnstückkosten** – KMU – GU – Gesamt 4,3 4,6 4,5 3,8 2,7 3,4 1,0 0,5 0,8 2,3 1,7 2,0 Durchnittliche jährliche Veränderung in %-Punken Rentabilität*** – KMU – GU – Gesamt 0,2 0,2 0,2 0,3 0,3 0,3 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 * Reale Wertschöpfung je Beschäftigtem. ** Arbeitskosten je Beschäftigtem, korrigiert um die Arbeitsproduktivität. *** Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung. Quelle: 14 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Kurzfassung einer Klassifizierung der Länder entsprechend der Definition des Handwerks waren die nachfolgenden Entwicklungen festzustellen: • Österreich, Deutschland, Island, Liechtenstein und Luxemburg folgen einem berufsbezogenen Ansatz (die Definition des Handwerks beruht auf dem Kriterium des Berufs). In Österreich und Luxemburg blieb die Größe des Handwerkssektors im Zeitablauf weitgehend unverändert, während sie in Deutschland tendenziell abnahm. Für die restlichen Länder (Island, Liechtenstein) erlauben die verfügbaren Daten keine verläßliche Beurteilung der Entwicklung des Handwerks. • Frankreich, Italien und die Niederlande folgen der Definition nach Wirtschaftssektor und Unternehmensgröße (die Definition des Handwerks beruht auf Größen- und Sektorkriterien). In Frankreich sank der Umfang des Handwerkssektors in der ersten Hälfte der 90er Jahre, ab 1995 scheint allerdings eine Erholung eingesetzt zu haben. In Italien und den Niederlanden war eine tendenzielle Zunahme der Zahl der Handwerksbetriebe festzustellen, während die Beschäftigung allmählich abnahm. • In Spanien erfolgt die Definition nach dem Kunsthandwerks-Ansatz (die Bezeichnung Handwerk ist ausschließlich künstlerischen Tätigkeiten vorbehalten). Die Zahl der Unternehmen zeigt sich sehr stabil. Nach einer Zunahme der Beschäftigung Anfang der 90er Jahre kam es seit 1995 jedoch zu einem Verlust an Arbeitsplätzen. • Belgien, Finnland, Irland, Portugal, die Schweiz und das Vereinigte Königreich verfolgen andere definitorische Ansätze. Die Daten für Irland zeigen ein stetiges Beschäftigungswachstum seit 1993. Entwicklung der Sozialwirtschaft Die Bedeutung der Organisationen in der Sozialwirtschaft nimmt zu (diese werden auch als GGVS, d. h. Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen bezeichnet). Aufgrund der Unterschiede zwischen den verwendeten Definitionen in den verschiedenen Ländern liegen jedoch keine vergleichbaren Daten über diese Tätigkeiten vor. Die verfügbaren statistischen Informationen über die Sozialwirtschaft deuten allerdings darauf hin, daß die Zahl der diesem Sektor zugehörenden Unternehmen auf europäischer Ebene 5-10 % aller Unternehmen entspricht. Hinsichtlich der Beschäftigung beläuft sich der Anteil der Sozialwirtschaft auf mehr als 5 % der europäischen Gesamtbeschäftigung. Teil II Das Unternehmensumfeld und Verhalten der KMU Die Funkionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Regulierungsreformen haben ganz unterschiedliche Auswirkungen auf kleine und große Unternehmen. Zu den besonderen Auswirkungen solcher Reformen auf KMU zählt, daß die Regulierung eine der Stärken der KMU einschränken könnte, nämlich ihre Flexibilität, daß die Regulierung zu administrativen Belastungen führen kann, die für KMU unverhältnismäßig hoch sind, daß KMU sich geringer qualifizierten Konkurrenten auf dem Markt gegenübersehen, wenn die Eintrittsbarrieren gesenkt werden, so daß eine Selbstregulierung geschaffen werden muß, und schließlich, daß Regulierungen häufig Fusionen und Übernahmen folgen, so daß KMU sich mit größeren Unternehmen mit stärkerem Markteinfluß konfrontiert sehen. 15 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Allerdings zielen nicht alle Regulierungen und Deregulierungen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit privater Unternehmen zu verbessern. Manche Regulierungen und Deregulierungen sollen auch die Wohlfahrt der Konsumenten und das Wirtschaftswachstum im allgemeinen fördern. Solche Regulierungen und Deregulierungen könnten insbesondere kurzfristig negative Auswirkungen auf die KMU haben. Kapitel 2 des Berichtes präsentiert zwei Fallstudien. Die erste beschäftigt sich mit den Auswirkungen einer Deregulierung, welche die Wohlfahrt der Konsumenten und das Wirtschaftswachstum erhöhen soll, nämlich die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für den Einzelhandel. Die zweite Fallstudie beschreibt die Folgen einer Regulierung, welche u. a. den Zutritt von Unternehmen auf den Markt vereinfachen und die Transparenz dieses Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen erhöhen soll. Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für Einzelhandelsgeschäfte Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für Einzelhandelsgeschäfte scheint die Abnahme des Marktanteils der KMU zu beschleunigen, indem ihre Rentabilität verringert wird (die Kosten steigen stärker als der Umsatz). Große Unternehmen sind eher in der Lage, die verlängerten Ladenöffnungszeiten zu nützen, da diese Unternehmen über mehr organisatorische Möglichkeiten verfügen, wie etwa Job Rotation und Pools von Teilzeitmitarbeitern. Kleine Geschäfte können sich keinen zusätzlichen Beschäftigten leisten und/oder kleine, spezialisierte Geschäfte können keine unerfahrenen und billigen Teilzeitkräfte aufnehmen, da ein gewisses Maß an Erfahrung nötig ist, um die Kunden einwandfrei zu bedienen. Abbildung 2 Anteil der KMU, die über die Möglichkeiten öffentlicher Ausschreibungen informiert sind, in den letzten drei Jahren versuchten, an europäischen Ausschreibungen teilzunehmen, und einen Auftrag erhielten, nach Unternehmensgrößenklassen, 1999 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 20 % 15 % 10 % 5% 0% 0 Informiert Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 16 1-9 10-49 Teilnahme 50-249 Auftrag erhalten Kurzfassung Die Öffnung des Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen Neue Chancen für KMU ergeben sich aus einer anderen, verhältnismäßig jungen Regulierung: der Öffnung des Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen. Der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigt, daß 1999 im Durchschnitt ein Drittel der KMU über die Möglichkeiten der Teilnahme an Ausschreibungen für Liefer-, Dienstleistungs- oder Bauaufträge von lokalen, nationalen oder europäischen Verwaltungseinrichtungen und öffentlichen Körperschaften informiert war. Außerdem sieht ein Drittel dieser Unternehmen aufgrund der Öffnung des Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen mehr Chancen, obwohl hier Unterschiede zwischen den Ländern bestehen. KMU in Frankreich, Belgien, Portugal, der Schweiz und Luxemburg sehen deutlich mehr Chancen, während Unternehmen in den Niederlanden, Irland, Spanien und dem Vereinigten Königreich keine zusätzlichen Möglichkeiten erkennen. Ein Sechstel der Unternehmen, die über öffentliche Ausschreibungen informiert sind, hat in den letzten drei Jahren versucht, an europäischen Ausschreibungen teilzunehmen (siehe Abbildung 2). Die mittleren Unternehmen scheinen am häufigsten über Ausschreibungsverfahren informiert zu sein und zeichneten sich auch durch die stärkste Beteiligung aus. Etwa die Hälfte der KMU, die in den letzten drei Jahren versuchten, an einer oder mehreren europäischen Ausschreibungen teilzunehmen, erhielt aufgrund dessen tatsächlich einen Auftrag. Insgesamt erklärten zwischen 2 und 3 % aller KMU, in den letzten drei Jahren Aufträge infolge ihrer Teilnahme an europäischen Ausschreibungsverfahren erhalten zu Abbildung 3 Anteil der Unternehmen (in %)*, die spezielle Maßnahmen zur Überwindung von Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, ergreifen, nach Unternehmensgröße Total 50-249 10-49 1-9 0 0 10 20 Weiterbildung bestehender Mitarbeiter Umbesetzung von Stellen innerhalb des Unternehmens * 30 40 Verzicht, die Stellen zu besetzen Einstellung geringer qualifizierter Mitarbeiter 50 60 Akquisitionsaktivitäten verstärken Die Prozentsätze in dieser Abbildung beziehen sich auf jene Unternehmen, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Diese Gruppe beträgt 30 % aller Unternehmen, 70 % der mittleren Unternehmen, 58 % der kleinen Unternehmen, 39 % der Kleinstunternehmen und 18 % der Unternehmen ohne Beschäftigte. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 17 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht haben. Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 erlauben keine genaue Berechnung der absoluten Anzahl von Ausschreibungen, bei denen tatsächlich KMU den Zuschlag erhielten. Allerdings weisen die verfügbaren Daten eindeutig darauf hin, daß ein beträchtlicher Anteil der europäischen Ausschreibungen von KMU gewonnen wird. Unter den Barrieren, welche die KMU noch immer behindern, ist der Informationsmangel das bei weitem größte Problem. Allerdings scheint diese Barriere an Bedeutung zu verlieren, wenn ein hoher Anteil der Beschäftigten innerhalb eines Unternehmens über direkten Internetzugang verfügt. Sobald der Informationsrückstand überwunden ist, werden andere Barrieren sichtbar: Die Projekte sind für KMU zu groß, hohe administrative Belastungen und hohe Kosten für die Angebotserstellung. Aspekte des Arbeitsmarktes Fachkräftemangel Der Dritte Bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU (1995) stellte eine allgemeine Abschwächung des quantitativen und qualitativen Mangels an Arbeitskräften im Zeitraum 1991-1994 fest, vor allem aufgrund der schwachen Konjunktur. Seit damals hat sich die wirtschaftliche Entwicklung erholt, und das Problem des Fachkräftemangels hat sich insbesondere für die KMU wieder verschärft. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wird heute von fast 10 % der KMU als wesentliches Hindernis der Geschäftstätigkeit empfunden. Dieses Problem wird als umso schwerwiegender wahrgenommen, je mehr Beschäftigte ein Unternehmen hat: Die Bandbreite reicht von 4 % der Unternehmen ohne Beschäftigte bis 23 % der mittleren Unternehmen (siehe Kapitel 3). Im letzten Jahr hatten mehr als ein Viertel aller KMU häufig oder gelegentlich Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen. Mittlere Unternehmen haben hier die größten Probleme, in dieser Größenklasse hatte lediglich ein Drittel der Unternehmen nicht mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu kämpfen. Die kleinen Unternehmen empfinden die Personalbeschaffung nicht als schwerwiegendes Problem, obwohl sich beinahe die Hälfte dieser Betriebe häufig oder gelegentlich gewissen Schwierigkeiten gegenübersah. Diese Frage scheint alle Berufsgruppen zu betreffen. Tatsächlich sind Rekrutierungsprobleme in Zusammenhang mit Hilfs- oder angelernten Arbeitern ebenso weitverbreitet wie bei Technikern und Ingenieuren. Fast ein Fünftel der KMU hat den Versuch aufgegeben, offene Stellen nachzubesetzen. Unter jenen KMU, die Maßnahmen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten gesetzt haben, ist die Weiterbildung bestehender Mitarbeiter im allgemeinen die bevorzugte Strategie (siehe Abbildung 3). Bei der Analyse der verschiedenen Größenklassen wird ein klares Muster erkennbar: Je mehr Mitarbeiter, desto höher der Anteil der Unternehmen, die ihre bestehenden Mitarbeiter weiterbilden. Dieses Muster spiegelt den Umstand wider, daß große und mittlere Unternehmen im allgemeinen eine aktivere Weiterbildungspolitik für ihre Mitarbeiter verfolgen als Kleinst- oder kleine Unternehmen. Siehe dazu auch den Abschnitt zur beruflichen Weiterbildung weiter unten in dieser Zusammenfassung. In diesem Sechsten Bericht des Beobachtungsnetzes werden die Maßnahmen beschrieben, die öffentliche Behörden setzen, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Die meisten der 19 in diesem Bericht abgedeckten Länder haben Systeme zur Erfassung des bestehenden Fachkräftemangels entwickelt, aber nur wenige setzen Maßnahmen, um Fachkräftemangel zu antizipieren, bevor dieser zu einem Problem wird. Die meisten Maßnahmen zur Überwindung von Problemen 18 Kurzfassung der Personalbeschaffung sind indirekter Natur, da es ihr Ziel ist, einen flexiblen Arbeitsmarkt sicherzustellen, indem die Fähigkeiten/Qualifikationen der Arbeitskräfte verbessert und hohe Mobilität und Transparenz gefördert werden. Obwohl es Beispiele für Initiativen zur Identifizierung von Fachkräftemangel in spezifischen Bereichen gibt, sind diese seltener anzutreffen. Mobilität der Arbeitskräfte Eine Möglichkeit für KMU, Rekrutierungsprobleme und Fachkräftemangel zu überwinden, besteht darin, Personen aus anderen westeuropäischen Ländern zu beschäftigen. Allerdings wird das Potential für Migration und grenzüberschreitendes Pendeln in Europa noch nicht voll ausgeschöpft, insbesondere im Gegensatz zur Lage in den USA, und manche Mechanismen führen zu einer Einschränkung der Mobilität der Arbeitskräfte. Infolgedessen beschäftigten in den letzten drei Jahren auch nur etwa 4 % der KMU Personen aus einem anderen westeuropäischen Land. Die bedeutendsten Hindernisse sind administrative Belastungen in diesem Bereich sowie Probleme mit der Beschaffung von Arbeitsgenehmigungen. Steuerpolitische Maßnahmen zur Lösung von Problemen der Personalbeschaffung Die Senkung der Steuern auf Arbeit wird nicht umfassend genug eingesetzt, um als Strategie zur Überwindung des zunehmenden Fachkräftemangels bezeichnet werden zu können. Neun Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich) setzen heute Elemente ihrer Steuersysteme ein bzw. führen Maßnahmen durch, um die Lohnnebenkosten zu senken und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. In den meisten Ländern schließen die Steuerreformen sowohl eine allgemeine Senkung der Steuern auf Arbeit sowie eine spezielle Senkung der Steuern für gering entlohnte Arbeitskräfte ein. Die Gründe dafür, warum die Senkung der Steuern auf Arbeit nicht im Rahmen der Beschäftigungspolitik eingesetzt wird, sind in den jeweiligen Ländern unterschiedlich gelagert, da die grundlegenden Kriterien für den Einsatz solcher Strategien variieren. Die drei wichtigsten Erklärungen sind Budgetrestriktionen, geringe Arbeitslosigkeit und Zweifel an der Wirksamkeit dieser Strategien. Zugang zu Finanzierung KMU sehen sich beim Zugang zu Finanzmitteln spezifischen Problemen gegenüber. Kapitel 4 bietet einen Einblick in die Bedeutung dieser Probleme. Die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens scheint mehr vom Finanzierungssystem und den Finanzierungsgewohnheiten des Landes, in dem das Unternehmen tätig ist, abzuhängen, als von anderen Unternehmensmerkmalen wie Größe, Wirtschaftssektor, Alter oder auch Rentabilität. Außerdem sind die internationalen Unterschiede in der Finanzierungsstruktur umso größer, je kleiner die Unternehmen sind. Mit anderen Worten scheint eine allgemeine Konvergenz in den Finanzierungsmustern für größere Unternehmen zu bestehen. Der Zugang zu Finanzierung ist unter den wichtigsten Hindernissen für die Entwicklung der KMU zu finden: In fast allen Ländern zählt der Zugang zu Finanzierung zu den drei wichtigsten Beeinträchtigungen. Drei Ländergruppen können hier unterschieden werden: • In Dänemark, Griechenland, dem Vereinigten Königreich, Italien, Spanien, Schweden und Norwegen erweist sich der Zugang zur Finanzierung als wichtigstes Hindernis der Geschäftstätigkeit von Unternehmen. 19 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht • In Portugal, Frankreich, Island, Deutschland, der Schweiz und Finnland ist der Zugang zur Finanzierung die zweitwichtigste Beeinträchtigung. • In den verbleibenden sechs Ländern Österreich, Liechtenstein, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Irland steht das Hindernis „Zugang zur Finanzierung” an dritter oder vierter Stelle. Die absolute Bedeutung des Zugangs zur Finanzierung als Hindernis sowie der Rang dieser Beeinträchtigung scheinen in negativem Zusammenhang mit der Unternehmensgröße zu stehen. Unternehmen mit 1-9 Beschäftigten reihen dieses Hindernis höher als Unternehmen mit 10-49 Beschäftigten. Diese Daten geben einen allgemeinen Hinweis auf den unbefriedigten Finanzierungsbedarf, wie er von den Unternehmen wahrgenommen wird, identifizieren jedoch nicht die Art der Finanzierung, die die befragten Unternehmer dabei im Sinn hatten (war es Fremdfinanzierung oder Eigenkapitalfinanzierung aus formellen oder informellen Quellen) und erlauben auch keinerlei Schlußfolgerungen über die Gründe für diese Situation. Die Daten aus dem ENSR Enterprise Survey 1999 erlauben allerdings eine genauere Untersuchung der Beziehung zwischen den europäischen KMU und den Banken als Kreditgeber. Bankkredite sind die meistverbreitete und für zahlreiche Unternehmen die einzige externe Finanzierungsquelle. Obwohl diese Daten nicht zwischen verschiedenen Kreditformen differenzieren, zeigen sie doch, daß der Anteil der Unternehmen, die derzeit über einen Bankkredit verfügen, innerhalb Europas stark variiert. Die Tatsache, über einen Bankkredit zu verfügen, hindert viele Unternehmen nicht daran, Einschränkungen in bezug auf den Zugang zu Finanzierung zu empfinden. Dies kann entweder auf ein unzureichendes Kreditvolumen oder auf wenig zufriedenstellende Kreditbedingungen zurückzuführen sein. Eine vergleichende Analyse nach Unternehmenskategorien Die Ergebnisse des Berichtes der Task Force Vereinfachung des Unternehmensumfelds (BEST) sollten bei der Entwicklung von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen für KMU berücksichtigt werden. Wie im BEST-Bericht ausgeführt, sind KMU sehr heterogen, weshalb unterschiedliche Formen von Unterstützungsmaßnahmen für verschiedene Unternehmenskategorien entwickelt werden sollten. In diesem Bericht des Beobachtungsnetzes werden vier Unternehmenskategorien analysiert: Neugegründete Unternehmen, kleine etablierte Unternehmen, hoch innovative Unternehmen und expandierende Unternehmen. Am häufigsten sehen sich neugegründete Unternehmen dem Hindernis „Zugang zur Finanzierung” ausgesetzt, fast ein Viertel der Unternehmen in dieser Kategorie fühlt sich in erster Linie im Bereich der Finanzierung beeinträchtigt (siehe Tabelle 3). Abgesehen von Bankkrediten zählen Freunde und Verwandte sowie Business Angels als informelle Quellen zu wichtigen Geldgebern dieser Unternehmen. Business Angels stellen nicht nur Finanzmittel, sondern auch kaufmännische Fähigkeiten, unternehmerische Erfahrung und geschäftliches Know-how zur Verfügung. Von den vier Gruppen sind kleine etablierte Unternehmen am wenigsten durch den Zugang zur Finanzierung beeinträchtigt (der Anteil in dieser Kategorie beträgt fast die Hälfte des Anteils bei KMU insgesamt), höchstwahrscheinlich weil sie ihre Finanzierungsbasis über einen langen Zeitraum aufgebaut haben und strukturell keinen zusätzlichen oder neuen Finanzierungsbedarf haben. 20 Kurzfassung Tabelle 3 Zugang zur Finanzierung, Bankkredite und Sicherheiten, nach Zielgruppen, Europa-19 Neugegründete Kleine etablierte Hoch innovative Expandierende Alle Unternehmen Unternehmen, die den Zugang zur Finanzierung als Haupthindernis betrachten 22 % 8% 16 % 19 % 15 % Unternehmen mit Bankkredit (Rate der Kreditkunden) 40 % 40 % 44 % 48 % 40 % Unternehmen mit Bankkrediten, die durch Sicherheiten gedeckt sind: 33 % 37 % 47 % 50 % 37 % • Eigentum des Besitzers oder von Verwandten als Sicherheit 25 % 26 % 36 % 39 % 28 % • Anlagevermögen der Unternehmen als Sicherheit 4% 5% 5% 7% 5% Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Hoch innovative und expandierende Unternehmen scheinen im allgemeinen einen besseren Zugang zu Bankkrediten zu haben als das durchschnittliche europäische KMU. Dies könnte bedeuten, daß die Banken mehr daran interessiert sind, diese beiden Unternehmensgruppen zu finanzieren, wahrscheinlich aufgrund ihres dynamischen Unternehmensprofils. Drei Hauptgründe können vorgebracht werden, um zu erklären, warum die Bereitschaft des Finanzsektors, hoch innovative Unternehmen über traditionelle Kanäle zu finanzieren, gering sein kann: die Unsicherheit über den zu erwartenden Ertrag, die nicht vollständig im Unternehmen internalisierbaren Vorteile und die Unteilbarkeit der Investition. Die Hauptfinanzierungsquellen dieser Kategorie von Unternehmen sind neben Bankkrediten Risikokapital und Business Angels. Die häufigste Finanzierungsquelle für expandierende Unternehmen sind Bankdarlehen. Rasch wachsende Unternehmen genießen, wie ihre innovativen Gegenstücke, einen privilegierten Zugang zu anderen Kanälen, z. B. Risikokapitalfonds oder Business Angels. Auch die von den Banken bei der Gewährung von Krediten an die verschiedenen Unternehmensgruppen verfolgte Besicherungspolitik ist unterschiedlich. Die Häufigkeit, mit der die Banken Sicherheiten - insbesondere Vermögensgegenstände - verlangen, ist bei den hoch innovativen und expandierenden Unternehmen erheblich größer als bei den beiden anderen Gruppen. Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Chancen und Hindernisse für KMU Der Einsatz der Internettechnologie zur Unterstützung der Zusammenarbeit und für das Informationsmanagement von Unternehmen hat sich in KMU in jüngster Zeit verstärkt und ihnen Märkte erschlossen, die bisher nur größeren Unternehmen offenstanden. Dies, weil der auf dem Internet beruhende elektronische Geschäftsverkehr allmählich die Art und Weise, in der Geschäftsprozesse abgewickelt werden, verändert: In vielen Fällen können heute alle geschäftlichen Transaktionen, Marketing, Bestellung, Zahlung, Lieferung und Kundendienst digital erfolgen (siehe Kapitel 5). 21 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Der Einstieg in den elektronischen Markt kann für viele KMU einen praktischen Weg darstellen, um sich von einem regional in ein national oder sogar international orientiertes Unternehmen zu entwickeln, insbesondere da ein virtuelles Geschäft flexibler und in den meisten Fällen weniger kostenintensiv ist als der Erwerb eines neuen, physisch vorhandenen Geschäfts oder Verkaufsbüros. Die kleinen KMU ohne große Verkaufsorganisationen haben bei der Restrukturierung ihrer Organisation für den Einsatz des elektronischen Geschäftsverkehrs einen Vorteil gegenüber größeren Organisationen. Allerdings benötigen KMU zusätzliche neue Fähigkeiten, um diese neue Geschäftsmethode anzuwenden, und zwar sowohl für die technische Einführung und ständige Wartung einer kommerziellen Anwendung als auch manchmal für die Erweiterung des Marktes in neue Regionen mit einer anderen Sprache oder Kultur. 42 % der KMU verfügen über einen direkten Internetzugang (siehe Abbildung 4). Dieser Prozentsatz ist am höchsten in Schweden und Island, gefolgt von Finnland und Norwegen. Die niedrigsten Anteile sind in Portugal und Griechenland anzutreffen. In Europa insgesamt nimmt der Anteil der KMU mit Internetanschluß mit der Unternehmensgröße zu. Unter den von KMU online abgewickelten Geschäftsaktivitäten stellt die Verbreitung von Informationen über ihre Produkte und Dienstleistungen die bei weitem häufigste kommerzielle Anwendung des Internet dar. Die schweizer, schwedischen und österreichischen KMU nutzen das Internet am aktivsten für die Präsentation von Informationen über ihre Produkte und Dienstleistungen. Abbildung 4 Anteil der KMU (in %) mit Zugang zum Internet und Nutzung des Internet für die beiden am weitesten verbreiteten geschäftlichen Zwecke, nach Ländern Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Vereinigtes Königreich EU Island Liechtenstein Norwegen Schweiz Europa-19 0 10 Zugang zum Internet Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 22 20 30 40 Informationen über Produkte/Dienstleistungen 50 60 70 Vertrieb von Produkten/Dienstleistungen Kurzfassung Der Anteil der KMU, die ihre Produkte oder Dienstleistungen über das Web vertreiben, beträgt im Durchschnitt 7 %. Schweden und Deutschland sind die auf diesem Gebiet fortschrittlichsten Länder, knapp gefolgt von Österreich und Island. Kooperation über das Internet Die Zusammenarbeit von Unternehmen über das Internet für das gemeinsame Anbieten von Waren oder Dienstleistungen unterscheidet sich ebenfalls nach Unternehmensgröße. Tendenziell nehmen ältere Unternehmen diese Option häufiger in Anspruch als jüngere Betriebe. Beteiligung der Wirtschaftssektoren Die kommerzielle Nutzung des Internet unterscheidet sich nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch zwischen den Wirtschaftssektoren. Bis zu einem gewissen Grad wird dies durch die unterschiedliche Art und Weise der Geschäftsabwicklung verursacht. Der Anteil der KMU, die ihre Produkte über das Internet anbieten, ist im Wirtschaftssektor „Kredit- und Versicherungswesen” am höchsten, während der Wirtschaftssektor „Unternehmensbezogene Dienstleistungen” beim Vertrieb seiner Produkte über das Web an erster Stelle steht. Trotz der Expansion des Internet scheint der elektronische Geschäftsverkehr für europäische KMU noch nicht richtig in Schwung gekommen zu sein. Die Hindernisse ergeben sich aus verschiedenen Quellen, d. h. den Eigenschaften der KMU selbst, den Konsumenten, der Technologie und dem gesetzlichen Rahmen. Der wichtigste Grund, das Internet nicht für den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen zu nützen, liegt in der Auffassung, daß dies für das Unternehmen nicht geeignet sei. Diese Erklärung ist für kleinere KMU von größerer Bedeutung als für größere KMU und wird am wenigsten in Liechtenstein, Dänemark und Österreich vorgebracht. Portugal, Griechenland und Frankreich sind hingegen jene Länder, in denen diese Ansicht am häufigsten geäußert wird. Der Mangel an Information und bekannten guten Beispielen für den elektronischen Geschäftsverkehr könnte den Eindruck entstehen lassen, daß der Verkauf von Waren oder Dienstleistungen über das Internet für das Unternehmen nicht geeignet sei. Die drei wichtigsten Hindernisse nach diesem erstgenannten sind: Zweifel an der Rentabilität, Mangel an ausgebildeten Mitarbeitern sowie mangelnder Zugang der Kunden zum Internet. Mißtrauen gegenüber der Technologie und mangelnde Sicherheit erscheinen als geringere Hindernisse der Nutzung des Internet für den Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Neben den oben erwähnten Hindernissen ist die Sprache noch immer ein vorherrschendes Hemmnis für den internationalen Handel im Europa von heute, insbesondere wenn man bedenkt, daß innerhalb der Europäischen Union fast die Hälfte der kommerziellen Websites nicht in englischer Sprache verfügbar ist. Das Internet, primär eine englischsprachige Welt, kann von vielen potentiellen Kunden mit einer anderen Muttersprache nicht genützt werden. Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Bekanntheit und Beteiligung In den vergangenen fünf Jahren hat ein Zehntel der KMU in den 19 durch diesen Bericht abgedeckten Ländern an einem Förderprogramm von regionalen, nationalen oder europäischen Institutionen im Bereich finanzielle Hilfe, Ausbildungsunterstützung, Beratung oder Information teilgenommen (siehe Abbildung 5). Fast drei Viertel zogen einen Antrag zur Teilnahme an einem Programm der Gemeinschaft niemals in Betracht, da ihnen die Existenz solcher Programme nicht bekannt war. Ein weiteres 23 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 5 Anteil der KMU, die über Förderprogramme informiert sind und daran teilgenommen haben, nach Unternehmensgröße Gesamt 50–249 10–49 1-9 0 0% 10 % 20 % 30 % Nicht informiert 40 % 50 % 60 % 70 % Informiert, aber keine Teilnahme 80 % 90 % 100 % Teilnahme Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Fünftel der KMU war zwar über die Existenz eines Programms informiert, lehnte jedoch eine Teilnahme ab bzw. wurde abgelehnt (siehe Kapitel 6). Es bestehen starke Anhaltspunkte dafür, daß sowohl die Teilnahmerate als auch der Bekanntheitsgrad (oder, anders ausgedrückt, die Wahrscheinlichkeit, daß einem bestimmten Unternehmen ein Förderprogramm, dessen essentiellen Anforderungen das Unternehmen entspricht, bekannt ist bzw. es sich daran beteiligt) signifikant und positiv von der Unternehmensgröße abhängen. Größere Unternehmen scheinen besser informiert zu sein und sind eher in der Lage, bestehende Hindernisse zu überwinden. Bemerkenswerterweise bleibt jedoch die relative Bedeutung anderer Gründe, die KMU von der Teilnahme abhalten, d. h. das Verhältnis zwischen Teilnahmerrate und Bekanntheitsgrad, mehr oder weniger konstant über alle Größenklassen. Eine Differenzierung der Größenmuster nach der Art der Programme zeigt, daß die Teilnehmer an Gemeinschaftsprogrammen im Durchschnitt deutlich größer sind als die Teilnehmer an Programmen, die von nationalen oder regionalen Behörden angeboten werden. Daher scheinen die Hindernisse für die Beteiligung an EUProgrammen - sei es der Informationsstand oder andere Gründe - für kleinere Unternehmen besonders groß zu sein. Hindernisse für KMU, die nicht an Förderprogrammen teilgenommen haben Eines von fünf KMU, denen europäische Förderprogramme bekannt sind, die aber noch nicht daran teilgenommen haben, meint, daß es zu kompliziert sei, an einem Gemeinschaftsprogramm teilzunehmen. Weitere 15 % verfügen nicht über die nötigen Informationen für die Teilnahme. Darüber hinaus erklärte eines von fünf Unternehmen, daß es kein geeignetes Programm auf europäischer Ebene gäbe, was nur unterstreicht, wie dringend KMU-relevante Förderprogramme bekannt gemacht werden müssen und wie sehr ein Bottom-up-Ansatz bei der Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen für KMU gefordert ist. 24 Kurzfassung Hindernisse für KMU, die über Erfahrungen mit Förderprogrammen verfügen Einige der genannten Hindernisse ähneln jenen, die von KMU genannt wurden, die in den vergangenen fünf Jahren bereits an einem regionalen, nationalen oder europäischen Programm teilgenommen haben. Ein Vergleich zwischen Gemeinschafts-, nationalen und regionalen Programmen zeigt, daß die relative Bedeutung von Barrieren, denen sich die teilnehmenden Unternehmen gegenübersehen, bei allen Programmarten ähnlich ist. Allerdings scheint die absolute Bedeutung der Hindernisse durchaus unterschiedlich zu sein, wobei sie im Fall der Gemeinschaftsprogramme eine stärker einschränkende Wirkung entfalten. Die Beschaffung von Informationen ist ein wesentliches Hemmnis für den Zugang von KMU zu Förderprogrammen. Dies scheint besonders für Gemeinschaftsprogramme zu gelten, wo dieser Umstand von mehr als der Hälfte der teilnehmenden Unternehmen als Engpaß bezeichnet wurde. Der Mangel an und die Mehrdeutigkeit von Informationen ist jedoch ebenso ein Problem der nationalen und regionalen wie der Gemeinschaftsprogramme. Nach Meinung eines Drittels der KMU ist die zeitliche Verzögerung zwischen Antragstellung und Projektbeginn ein weiteres wichtiges Hindernis, das KMU überwinden müssen, die an Gemeinschaftsprogrammen teilnehmen. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Komplexität der Antragsverfahren und den administrativen Anforderungen, denen sich KMU gegenübersehen. Es ist wichtig, auf eine weitere Vereinfachung der bürokratischen Anforderungen hinzuarbeiten, wozu auch weniger anspruchsvolle Berichtspflichten zählen, um die zukünftige Beteiligung der KMU zu heben. Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Wachsende wirtschaftliche Bedeutung und zunehmender Anteil an der Beschäftigung in Europa Vereine und Stiftungen spielen eine immer größere Rolle in allen Wirtschaftssektoren Europas. Obwohl einige, vor allem historisch, kulturell und politisch bedingte Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen, konzentrieren sich die Aktivitäten von Vereinen und Stiftungen insbesondere auf die Erbringung von Gesundheits- und Sozialdiensten und auf die Gebiete der Aus- und Weiterbildung, des Sports, der Kultur, der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sowie auf die Bereiche Umwelt, Rechtsvertretung und Menschenrechte (siehe Kapitel 7). Die Tatsache, daß dieser Sektor in zahlreichen Ländern einen immer größeren Anteil der Arbeitsplätze stellt und daß die Beschäftigung in diesem Sektor weiterhin zunimmt, während andere Sektoren durch eine sinkende Beschäftigung gekennzeichnet sind, hat zu vermehrtem bzw. neuem Interesse seitens der Politik und Forschung geführt. Politische und rechtliche Systeme In allen 19 durch diesen Bericht abgedeckten Ländern wird die Vereinsfreiheit entweder durch die Verfassung oder - manchmal ungeschriebene - Grundrechte anerkannt. Allerdings bestehen zahlreiche Unterschiede hinsichtlich der allgemeinen Politik gegenüber dem „Sektor”, die vor allem von der Art der Beziehung abhängen, die die öffentliche Verwaltung mit Vereinen und Stiftungen insbesondere in den Bereichen Erziehung, Gesundheit und soziale Dienste entwickelt hat. Die Merkmale dieser Beziehungen reichen vom skandinavischen Konzept der Wohlfahrtsgesellschaft (der dritte Sektor ergänzt in diesem Konzept in erster Linie den öffentlichen Sektor) bis zum Subsidiaritätsprinzip, das in Belgien und Deutsch- 25 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht land angewendet wird (wo umgekehrt die öffentlichen Dienstleistungen den gemeinnützigen Sektor ergänzen). In den meisten Ländern sind die wichtigen und zentralen Ministerien die für den Sektor politisch zuständigen Behörden. Natürlich spielen in manchen Ländern mit starker politischer Dezentralisierung (z. B. in Deutschland, Spanien und der Schweiz) auch regionale und lokale Behörden eine bedeutende Rolle in der Erarbeitung politischer Maßnahmen und in den Beziehungen zu Vereinen und Stiftungen. Nur in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und in Italien wurden spezielle Behörden für die Koordinierung zumindest eines Teils der nationalen Politik für diesen Sektor eingerichtet. Zu den hauptsächlichen nationalen politischen Instrumenten zur Förderung von Vereinen und Stiftungen zählen: besondere Rechtsformen und Bestimmungen, ein begünstigendes Steuersystem, das den gemeinnützigen Charakter dieser Organisationen berücksichtigt, finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen und Subventionen sowie Anreize zur Anregung der Spendenaufbringung, Unterstützung zur Förderung der Freiwilligenarbeit sowie der Arbeitsbeschaffung. Auch unterstützen die Behörden Vereine und Stiftungen oft indirekt, indem sie ihnen öffentliche Infrastruktureinrichtungen wie Räumlichkeiten oder Sportanlagen zur Verfügung stellen. Schaffung von Arbeitsplätzen Manche europäische Länder (Finnland, Frankreich, Belgien, Deutschland und Irland), die eine hohe Arbeitslosenrate aufweisen und/oder deren Politiker dem Arbeitsbeschaffungspotential der Sozialwirtschaft sowie ihrer Rolle auf dem Gebiet der sozialen Integration große Aufmerksamkeit schenken, haben spezifische Beschäftigungshilfen entwickelt, die ausschließlich für gemeinnützige Organisationen gelten. Allerdings ist es nicht das letztliche Ziel dieser Programme, diese Organisationen zu unterstützen, sondern entweder Beschäftigungs- und Ausbildungschancen für bestimmte Kategorien arbeitsloser Personen zu schaffen oder neue Dienstleistungen zu entwickeln und/oder Bedürfnisse abzudecken, die von kommerziellen Anbietern oder dem Staat selbst nicht zureichend befriedigt werden. Freiwilligenarbeit Vereine und Stiftungen sind in hohem Maß von Freiwilligenarbeit abhängig. Der Anteil der Bevölkerung, der Freiwilligenarbeit leistet, variiert stark und schwankt zwischen einem Zehntel der Einwohner in Österreich und fast der Hälfte im Vereinigten Königreich. In manchen Ländern werden Anstrengungen unternommen, Freiwilligenarbeit zu fördern und anzuregen. Freiwilligenarbeit kann durch die Gewährung bezahlter freier Tage für Beschäftigte (wie etwa in Frankreich) oder durch Steuerfreibeträge für rückerstattete Spesen, die Freiwillige für die Durchführung ihrer Aufgaben erhalten (wie etwa in Deutschland - allerdings lediglich im Sportwesen und in den Niederlanden), unterstützt werden. Es wurden Bestimmungen eingeführt, die es Arbeitslosen ermöglichen, Freiwilligenarbeit zu leisten, solange dies nicht ihre Arbeitssuche behindert (z. B. in Frankreich und Deutschland). Allerdings fehlt in den meisten Ländern noch immer eine klar formulierte Regelung für Freiwilligenarbeit. Finanzierung Öffentliche Mittel sind die hauptsächliche Einnahmequelle dieser Organisationen, obwohl beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Tätigkeitsbereichen sowie Größenklassen bestehen. Neben den üblichen Instrumenten der finanziellen Unterstützung von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen (d. h. Vergütung von Dienstleistungen, günstige Mehrwertsteuersätze und andere Steuerbegünstigungen sowie Gewährung von 26 Kurzfassung Zuschüssen) setzen nationale oder lokale Behörden spezifische Instrumente ein, um Einnahmen für Vereine und Stiftungen zu schaffen und/oder zu sichern. Nordeuropäische Länder fördern private Spenden durch öffentliche Lotterien, während südeuropäische Länder eine Mischung von speziellen Fonds und der Förderung privater Spenden durch Steuerbegünstigungen bevorzugen. Das Vereinigte Königreich befindet sich in einer Zwischenposition, da dort alle genannten Instrumente angewendet werden, während Griechenland praktisch über keinerlei derartige Instrumente verfügt. Die Kürzung der öffentlichen Budgets in den meisten Ländern, neue Regeln für die Zuteilung öffentlicher Mittel wie etwa Systeme der Kofinanzierung und in manchen Fällen auch der Wunsch, die eigene Unabhängigkeit zu erhalten, veranlassen Vereine und Stiftungen, nach Möglichkeiten zur Erhöhung ihrer privaten Finanzierungsquellen zu suchen. Neue Instrumente wie etwa „produits partage”, „ethische” Finanzierung und langfristige Beziehungen mit privaten Spendern werden entwickelt. Kleinere Vereine und Stiftungen sehen sich größeren Problemen bei der Aufbringung der Finanzmittel für ihre Tätigkeiten gegenüber als größere Organisationen: Mangel an Informationen, die Jahresbindung der finanziellen Unterstützung durch den öffentlichen Sektor, Bürokratie und Uneinheitlichkeit der Bestimmungen, verzögerte Auszahlung öffentlicher Mittel, zunehmender Wettbewerb bei der Werbung privater Spenden sowie schwieriger Zugang zu Bankkrediten. Grenzüberschreitende Kooperation Zahlreiche Vereine und Stiftungen beteiligen sich an europäischen Partnerschaften und Netzwerken, die sehr aktiv „Lobbying” betreiben, Informationen austauschen und bereitstellen, gemeinsame Forschungsprojekte entwickeln und beste Verfahren austauschen. Dennoch bestehen noch immer viele Hindernisse für die Entwicklung grenzüberschreitender Zusammenarbeit, insbesondere aufgrund der unzureichend harmonisierten Regelungen und der Unterschiede zwischen den nationalen Politiken für Vereine und Stiftungen. Teil III Unternehmenspolitische Maßnahmen Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Aktuelle Entwicklungen der Politik und beste Verfahren in KMU-spezifischen Bereichen nach Ländern Tabelle 4 bietet einen Überblick über im Zeitraum von Mai 1997 bis Ende 1999 eingeführte oder geplante neue Maßnahmen in der nationalen bzw. Bundespolitik für KMU nach Ländern. Kapitel 8 analysiert neue Maßnahmen und Programme unter Berücksichtigung folgender Bereiche: Unternehmensumfeld, finanzielles Umfeld, Internationalisierung und Informationsdienste, Innovation und F&E, Arbeitskräfte, Ausbildung und Förderung des Unternehmergeistes und der Unternehmerkultur. Fast alle Länder haben neue Maßnahmen eingeführt, bestehende Maßnahmen abgeändert oder planen die Entwicklung von Maßnahmen in diesen Bereichen. Die Modernisierung der Verwaltung ist in den meisten Ländern eines der Schlüsselelemente für die Förderung der Entwicklung von KMU. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die Verwaltungskosten für steuerliche, sozialversicherungsrechtliche und statistische Berichtspflichten zu senken und die bürokratischen Strukturen in Zusammenhang mit der Gründung und Erweiterung von Unternehmen zu vereinfachen. Dieser Prozeß umfaßt auch Maßnahmen zur Dezentralisierung und Ratio- 27 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht nalisierung des Verwaltungsapparats und zur Entwicklung von One-stop-Shops für Dienstleistungen für Unternehmen. Die Finanzierungsprobleme der KMU ziehen die Verabschiedung von Maßnahmen nach sich, welche die Gründung neuer Unternehmen fördern und das Kapital bestehender Betriebe über verschiedene Finanzierungsinstrumente (Risikokapital, Startkapital, usw.) sowie steuerliche Anreize stärken sollen. Die Internationalisierung der KMU wurde durch spezifische Maßnahmen der Bereitstellung von Informationsdiensten und der Unterstützung für Marktforschung sowie durch Subventionen und Hilfestellungen (häufig durch spezialisierte Einrichtungen angeboten) zur Vermarktung von Produkten und Unternehmen, für die Suche nach Partnern im Ausland und für Auslandsinvestitionen begleitet. Das sich aus der Globalisierung ergebende neue Wettbewerbsumfeld hat sich auf die Aktivitäten zur Unterstützung von F&E sowie zur Verbreitung von Innovationen unter den KMU ausgewirkt, obwohl die Programme in diesem Bereich sehr häufig nicht speziell auf kleine Unternehmen ausgerichtet sind. Es bestehen Instrumente, welche die Gründung innovativer KMU fördern sollen (Finanzierungsinstrumente und Gründerzentren) sowie direkte (Subventionen) und indirekte Anreize (Programme für Kooperation und Technologietransfer zur Belebung nationaler Innovationssysteme) und Maßnahmen für den Erwerb innovativer Technologien. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Bemühungen, um die Qualität des Humankapitals zu steigern und gleichzeitig die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich des Einsatzes und der Kosten des Faktors Arbeit zu aktualisieren. Tabelle 4 Eingeführte und geplante nationale Maßnahmen nach Bereichen und Ländern, Mai 1997 - Ende 1999 Unterneh- Finanzielles Umfeld Internationalisierung & Information Arbeitskräfte, Ausbildung Förderung & Innovation des Unternehmer- mensumfeld Land A Administrative Zahlungs- Belastungen rückstände X X Internationalisierung X Information X Ausbildung F&E v. Arbeitskräften Innovation X X geistes X B X X X X X X DK X X X X X X X D X X X X X X X EL X X X X X X X E X X X X X X X X F X X X X X X X FIN X X X X X X X IRL X X X X X X X X I X X X X X X X X L X X X X X X NL X X X X P X X X X X X X X X S X X X X X X X UK X X X X X X X X IS X X X X X X X LI Nur allgemeine Wirtschaftspolitik; keine Unterstützungsmaßnahmen direkt für KMU NO X CH X Quelle: ENSR, 1999. 28 Finanzierung X X X X X X X X X X X X Kurzfassung Um die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen zu stärken und die Arbeitslosigkeit durch die Begünstigung der Selbständigkeit zu senken, wird in vielen Ländern die Vermittlung von unternehmerischem Wissen und unternehmerischer Kultur innerhalb des Schulsystems durch die Einführung spezieller Kurse ausgeweitet und die Gründung neuer Unternehmen in jenen gesellschaftlichen Bereichen, die am stärksten von Ausgrenzung betroffen sind (junge Menschen, Frauen und Arbeitslose), gefördert. Teil IV Spezialthemen Berufliche Bildung und KMU Politiker, Arbeitgeber und Arbeitnehmer schenken der lebenslangen Aus- und Weiterbildung immer größere Aufmerksamkeit. Das sich aus der Globalisierung der Wirtschaft ergebende neue Wettbewerbsumfeld, die Entwicklung der Informationsgesellschaft und der unaufhaltsame Fortschritt von Wissenschaft und Technik führen dazu, daß der Erfolg der europäischen Wirtschaft zunehmend von der Verbesserung der Qualifikation seiner Arbeitskräfte abhängt. Wie in Kapitel 9 beschrieben, kann die berufliche Weiterbildung als ein Schlüsselinstrument für die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen betrachtet werden. Die berufliche Weiterbildung umfaßt jede Form der über die allgemeine Ausbildung hinausgehenden Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens erwerbstätiger Personen, und zwar entweder auf deren eigene Initiative oder auf Initiative des Unternehmens. Weiterbildung von Arbeitnehmern Die Bereitstellung von beruflicher Weiterbildung steht in direktem Zusammenhang mit der Unternehmensgröße. Der Anteil der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Weiterbildung anbieten, ist umso höher, je größer die Unternehmen sind und reicht von 19 % bei Unternehmen ohne Beschäftigte bis zu 79 % bei mittleren Unternehmen. Ein bedeutender Anteil der in der Weiterbildung aktiven europäischen KMU verfügt über schriftliche Weiterbildungspläne, während in den anderen Unternehmen die Weiterbildung anlaßbezogen entweder auf Initiative der Mitarbeiter oder der Geschäftsleitung und ohne formellen Weiterbildungsplan erfolgt (siehe Abbildung 6). Trotz dieser größenbedingten Unterschiede scheint das Ausmaß der Weiterbildung, gemessen als Prozentsatz der gesamten Lohnkosten, für alle Unternehmensgrößen ähnlich zu sein. Allerdings wird die Wirksamkeit jeglicher Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen nicht nur durch das Ausmaß der dafür bereitgestellten Ressourcen, sondern auch durch andere Faktoren beeinflußt, wie etwa eine wohldefinierte und konsequent umgesetzte allgemeine Unternehmensstrategie oder eine kohärente Weiterbildungspolitik. Weiterbildungsmaßnahmen in KMU sind sehr häufig informeller Art in dem Sinn, daß es sich um Weiterbildungsaktivitäten innerhalb des Unternehmens handelt, die von Mitarbeitern des Unternehmens durchgeführt werden. KMU nehmen den Weiterbildungsmarkt dann in Anspruch, wenn sie konkrete Qualifikationen und Fähigkeiten benötigen, die im Unternehmen selbst nicht vorhanden sind. Außerdem sind sie eher an speziell auf sie und ihren Bedarf zugeschnittenen Lehrgängen interessiert als an Veranstaltungen, die allgemein offenstehen. Arbeitgeber (Interesse des Unternehmens) und Arbeitnehmer (berufliche Mobilität, höhere Entlohnung) verfolgen oft ganz unterschiedliche Zielsetzungen mit der Weiterbildung. 29 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 6 Art der Weiterbildung für Arbeitnehmer 1998, nach Unternehmensgröße (Unternehmen in%) Gesamt 50-249 10-49 1-9 0 0% 10 % 20 % 30 % 40 % Keine Weiterbildung Weiterbildung ohne schriftlichen Plan 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % Weiterbildung durch Unternehmen initiiert/schriftlichen Plan Weiterbildung nur durch Unterstützung externer Kurse Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Insbesondere die kleinsten KMU sind durch spezifische interne Barrieren beeinträchtigt, welche die Entwicklung von Weiterbildungsmaßnahmen behindern. Diese internen Barrieren sind etwa die dadurch verursachte Abwesenheit von Beschäftigten, „mentale Barrieren” der KMU-Führungskräfte, Mangel an Professionalität und Schwierigkeiten bei der Identifizierung des konkreten Weiterbildungsbedarfs. Es bestehen auch externe Barrieren, welche die Weiterbildung der Beschäftigten behindern. Zu diesen Barrieren zählen die hohen (direkten und indirekten) Weiterbildungskosten, der Verwaltungsaufwand sowie der Mangel an Transparenz der Mehrzahl der europäischen Weiterbildungsmärkte. Weiterbildung für Führungskräfte Manager und Eigentümer von KMU nehmen nur dann an Weiterbildungsveranstaltungen teil, wenn sie sich wirklich schwerwiegenden Problemen gegenübersehen. In diesem Fall muß es dann gewährleistet sein, daß die erhaltenen Informationen und das erworbene Wissen sofort in die tägliche Arbeit umgesetzt werden können. Sehr häufig ziehen sie andere Methoden als formalisierte Weiterbildung vor, um Wissen und Kompetenzen zu erwerben, wie etwa die Inanspruchnahme externer Beratungen, Vernetzung, Erfahrungsaustausch mit anderen Managern, beispielweise in Unternehmervereinigungen. Die Mehrzahl der KMU-Manager betrachten Schwierigkeiten beim Delegieren ihrer Arbeit sowie Zeitmangel als hauptsächliche Probleme in Zusammenhang mit der Teilnahme an Weiterbildung. Aus diesen Schwierigkeiten läßt sich offensichtlich ein Bedarf nach kurzen und flexiblen Lehrgängen ableiten. Die Kosten der Weiterbildung scheinen - im Vergleich zu anderen Fragen wie Ort, Dauer oder Inhalt des Kurses eine weniger relevante Barriere für die Weiterbildung von Managern zu sein. IKT und Weiterbildung Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) eröffnet interessante Aussichten für die Welt des lebenslangen Lernens und der Ausbildung. Trotz dieser 30 Kurzfassung Möglichkeiten zeigen die wenigen verfügbaren Daten, daß KMU die IKT derzeit nur sehr begrenzt für Weiterbildungszwecke in Anspruch nehmen. Zu den diesbezüglichen Hindernissen zählen der allgemeine Nachholbedarf der KMU in bezug auf den Einsatz der IKT, die geringe Geschwindigkeit der Kommunikation, die hohen Kosten der IKT, die Schwierigkeit, zwischen den unzähligen Anbietern unterscheiden zu können, die häufige Veränderung in der Technologie und schließlich der Mangel an Qualifikationen für eine erfolgreiche und wirksame Nutzung der IKT. Neue Dienstleistungen Die europäische Wirtschaft kann als Dienstleistungswirtschaft bezeichnet werden. Im Jahr 1998 waren 75 % der bestehenden Unternehmen im Dienstleistungssektor tätig und für 63 % der Beschäftigung sowie 73 % des Bruttowertschöpfung der europäischen Wirtschaft insgesamt verantwortlich. Die Mehrheit der neuen Unternehmen ist dem Dienstleistungssektor zuzuordnen und diese schufen mehr als 80 % aller neuen Arbeitsplätze in Europa in den letzten zehn Jahren. Kapitel 10 dieses Berichtes beschäftigt sich mit den sogenannten neuen Dienstleistungen. Die wichtigsten Entwicklungstrends Technologische Faktoren, Wirtschaftstrends, soziokulturelle, soziodemographische und institutionelle Faktoren lassen neue Bedürfnisse entstehen und ändern die Art und Weise, in der Geschäfte abgewickelt werden, und führen damit innerhalb des Dienstleistungssektors zum Auftreten neuer Arten von Dienstleistungen (siehe Tabelle 5). Diese neuen Dienstleistungen sind aufgrund ständig neuer Entwicklungen sowie des Mangels an präzisen Definitionen statistisch schwer zu erfassen. Zwei Faktoren beeinflussen den Dienstleistungssektor besonders stark. Die Entwicklung der IKT hat die Charakteristik von Dienstleistungen und ihre Abhängigkeit von Tabelle 5 Entwicklung neuer Dienstleistungen in Europa Den neuen Dienstleistungen Fördernde Faktoren zugrundeliegende Faktoren Beispiele für neue Dienstleistungen Technologische Faktoren Entwicklung der Informationsund Kommunikationstechnologie Elektronischer Geschäftsverkehr, Internet-Provider, Computerisierung und fortschrittliche Telekommunikationsdienste, Entwicklung wissensintensiver Dienstleistungen Wirtschaftliche Faktoren Globalisierung, Ausweitung der Selbständigkeit, wissensintensive Wirtschaftszweige, Auslagerungsprozesse, flexible Arbeitsverhältnisse Innovative unternehmensbezogene Dienstleistungen, technologische Dienstleistungen Soziodemographische u. -kulturelle Faktoren Entstehen von Familien mit Doppeleinkommen, multikulturelle Gesellschaften, alternde Bevölkerung, zunehmende Individualisierung und Bedeutung der Freizeit Fürsorgedienste für ältere Menschen und Kleinkinder, Umweltdienstleistungen, neue Unterhaltungs- und Tourismusdienstleistungen, Haushaltsdienste Institutionelle Faktoren Privatisierungs- und Deregulierungsprozesse, Umweltschutz Erbringung ehemals staatlicher Dienstleistungen durch Private, Entwicklung des dritten Sektors Quelle: Erstellt durch Centro Studi sull´Imprenditorialità ´Furio Cicogna´, Bocconi University. 31 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Ort und Zeit tiefgreifend verändert. Chancen für Innovationen in neuen und erneuerten Dienstleistungen entwickeln sich, wobei oft ein Übergang von Dienstleistungen, bei denen die Kenntnisse beim Anbieter liegen, zu Dienstleistungen stattfindet, bei denen die - vielleicht geringeren - Kenntnisse beim Kunden liegen, sowie von arbeitsintensiven zu fast arbeitsfreien Dienstleistungen. Die Nachfrage nach persönlichen Dienstleistungen steigt aufgrund verschiedener sozioökonomischer Veränderungen, wie etwa des Rückzugs des Staates aus vielen Dienstleistungsbereichen, der immer größeren Anzahl von Familien mit Doppeleinkommen und einer zunehmend älteren Bevölkerung. Die Nachfrage der KMU nach neuen Dienstleistungen Ein Fünftel der KMU in den durch diesen Bericht abgedeckten Ländern kaufte in den letzten Jahren neue Dienstleistungen zu, und 80 % erwarten für die nächsten drei Jahre eine Zunahme der Verwendung. Dies impliziert, daß die Mehrheit der Unternehmen davon ausgeht, demnächst neue Dienstleistungen zum ersten Mal in Anspruch zu nehmen. Die Inanspruchnahme reicht von über 20 % in der Sachgütererzeugung, im Großhandel und den unternehmensbezogenen Dienstleistungen bis zu lediglich 11 % im Einzelhandel und 7 % im Reparaturgewerbe. In den meisten Wirtschaftssektoren erwarten mehr als 80 % der KMU eine Zunahme der Verwendung, nur in der Sachgütererzeugung und bei den sonstigen Dienstleistungen ist diese Zahl mit etwa 70 % verhältnismäßig niedrig. Barrieren für Neugründungen Aufgrund der Charakteristika dieser Dienstleistungen werden neue Dienstleistungen oft durch neue Unternehmen erbracht. Die in bezug auf Beschäftigung und Unternehmensgründungen dynamischsten Teilsektoren innerhalb der Dienstleistungen waren in den letzten zehn Jahren die nicht marktbestimmten Dienstleistungen, die unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie der IKT-Sektor. Jedoch hemmen nach wie vor einige Barrieren Gründung und Wachstum von KMU in den neuen Dienstleistungen. Als hauptsächliche Probleme werden der Zugang zu Finanzierung sowie administrative Belastungen gesehen. Zu den Schwierigkeiten zählen außerdem Absatzprobleme, Mangel an Qualifikationen, die Beschaffung und schließlich kulturelle Hindernisse. Administrative Belastungen und Absatzprobleme werden bei den persönlichen Dienstleistungen als die wichtigsten Barrieren betrachtet, während für die technologieorientierten neuen Dienstleistungen finanzielle Schwierigkeiten und der Mangel an Qualifikationen als besonders relevant angesehen werden. Öffentliche Unterstützung für neue Dienstleistungen Im allgemeinen bestehen keine spezifischen öffentlichen Fördermaßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen im Bereich der neuen Dienstleistungen, obwohl einige Politiken wie etwa Maßnahmen für Dienstleistungen im allgemeinen sowie Maßnahmen im IKT-Bereich diesen Sektor indirekt ansprechen. Darüber hinaus ergeben sich neue Chancen für die Gründung von KMU im Sektor der neuen Dienstleistungen aufgrund der gemeinsamen Initiativen lokaler und regionaler Behörden sowie der nationalen Regierungen. Es ist das Ziel dieser sogenannten Lokalen Initiativen, die manchmal durch die Kürzung der öffentlichen Ausgaben hervorgerufene Ausdünnung von Sozial- und Fürsorgediensten auszugleichen, indem Dienstleistungen in jenen Bereichen erbracht werden, in denen Bedürfnisse nicht gedeckt werden. Jedoch sind diese auf Entwicklung und Arbeitsbeschaffung abzielenden Initiativen nicht auf soziale Dienste beschränkt, sondern 32 Kurzfassung erstrecken sich auch auf Freizeit- und Tourismusdienste und gelegentlich auch auf unternehmensbezogene Dienstleistungen. Teil V Monitor KMU im Europäischen Binnenmarkt Die Beurteilung des Binnenmarktes durch die KMU Seit dem letzten Bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU hat der Aktionsplan für den Binnenmarkt wesentliche Fortschritte in der Funktionsweise des Binnenmarktes erreicht, so daß dieser auch für Bürger und Unternehmen Wirklichkeit geworden ist. Kapitel 11 untersucht die Beurteilung des Binnenmarktes durch die KMU-Unternehmer. Bei Abwägung der Vor- und Nachteile des Binnenmarktes sieht ein Drittel der KMU per Saldo mehr Vorteile gegenüber lediglich einem Zehntel, das mehr Nachteile empfindet. Größere KMU, exportierende und schnell wachsende Unternehmen sind positiver eingestellt als andere KMU. Mehr als die Hälfte der KMU können weder wesentliche Vorteile noch wesentliche Nachteile des Binnenmarktes erkennen, wobei viele dieser Unternehmen vermutlich nur auf einem lokalen Markt tätig sind. Diese Wahrnehmung hängt eng mit der Größe des Unternehmens zusammen: kleinere Unternehmen sehen seltener Auswirkungen. Wie Abbildung 7 zeigt, bestehen große länderspezifische Unterschiede. In Finnland, Island und Irland ist die Zahl der positiv urteilenden Unternehmen 6 bis 8 mal höher als die Zahl der Unternehmen mit negativer Haltung. Mit einem Faktor unter 2 vergleichsweise negativ eingestellt sind die Unternehmen in Frankreich, Österreich und Luxemburg. In Griechenland sehen sogar mehr KMU eher Nachteile als Vorteile. Abbildung 7 Verhältnis zwischen dem Anteil der KMU, die im Binnenmarkt vor allem Vorteile sehen, und dem Anteil der KMU, die vor allem Nachteile wahrnehmen, Reihung der Länder von positiv nach negativ Irland Island Finnland Schweden Spanien Niederlande Belgien Dänemark Italien Norwegen Portugal Liechtenstein Schweiz Vereinigtes Königreich Deutschland Frankreich Österreich Luxemburg Griechenland Europa-19 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 33 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Im Durchschnitt sind die vier wichtigsten von den KMU genannten Vorteile des Binnenmarktes: der größere Absatzmarkt, die Vereinfachung der internationalen Zusammenarbeit, die Einführung des Euro sowie der größere Markt für Vorleistungen. Die zwei von den KMU am häufigsten genannten Nachteile sind: verschärfter Wettbewerb und vermehrte Vorschriften. Höhere Produktionskosten und die Kosten des Euro werden ebenfalls genannt. Die Einführung des Euro In dieser Frage ergab die Analyse, daß sich ein Drittel der Unternehmen ohne Beschäftigte und drei Viertel der mittleren Unternehmen bereits mit den Konsequenzen der Einführung des Euro auseinandergesetzt haben. Es ist zu erwarten, daß diese Anteile bis zum Jahr 2001 stetig zunehmen werden. Der Anteil der KMU, die bereits vollständig „Euro-kompatibel” sind oder dies zu werden beabsichtigen, steigt von einem ursprünglich geringen Anteil im Jahr 1999 auf deutlich über 90 % im Jahr 2002 in den Euro-Ländern und Ende 2002 auf etwa 50 % in den Ländern außerhalb des Euro-Bereichs. Exportierende Unternehmen bereiten sich auf den Euro deutlich früher vor als nicht-exportierende Unternehmen. Der Anteil der KMU, die eine detaillierte Analyse der Auswirkungen des Euro auf ihren Geschäftsbetrieb durchgeführt haben, steigt mit der Unternehmensgröße von lediglich 4 % bei Unternehmen ohne Beschäftigte auf etwa 35 % bei den mittleren Unternehmen. Die gleiche Situation besteht bezüglich des Anteils der Unternehmen, welche eine detaillierte Strategie für die Umstellung auf den Euro erarbeitet haben. Wie Abbildung 8 zeigt, erwartet weniger als ein Fünftel der KMU negative Auswirkungen des Euro. Der Anteil jener Unternehmen, die positive Effekte voraussehen, steigt von knapp über 20 % bei den Unternehmen ohne Beschäftigte auf über 45 % bei den mittleren Unternehmen. Unternehmen, die bereits eine detaillierte Analyse der Auswirkungen des Euro auf ihre Geschäftstätigkeit erstellt haben, sind optimistischer als andere Unternehmen. Abbildung 8 Erwarteter Effekt des Euro auf die Geschäftstätigkeit, nach Unternehmensgröße (Anteil der KMU) 0 1-9 10-49 0-249 0% 10 % 20 % Stark positiver Effekt 30 % Leicht positiver Effekt Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 34 40 % 50 % Kein Effekt 60 % 70 % 80 % Leicht negativer Effekt 90 % 100 % Stark negativer Effekt Kurzfassung Internationale Geschäftskontakte Die Anzahl der von den KMU gemeldeten internationalen Geschäftskontakte nimmt weiterhin zu. Im Durchschnitt verzeichneten 25 %, jedoch mehr als die Hälfte der mittleren Unternehmen, diesbezüglich eine Zunahme. Wettbewerb Es wurde eine Analyse der Konkurrenz durchgeführt, der sich die KMU durch Unternehmen aus ihrem eigenen Land, aus Westeuropa sowie aus anderen Ländern in der Welt ausgesetzt sehen. Das Ergebnis zeigt, daß betreffend alle Wettbewerbstypen dasselbe Muster vorherrscht: Je größer das KMU, desto wahrscheinlicher wurde es mit zunehmender Konkurrenz konfrontiert. Insbesondere nimmt die Konkurrenz durch inländische Unternehmen zu. Exporteure verzeichnen zunehmenden Wettbewerbsdruck vor allem durch internationale Unternehmen, während Nicht-Exporteure eine stärkere Konkurrenz durch heimische Unternehmen wahrnehmen. Eine vergleichende Analyse nach Umsatzwachstum Werden die Unternehmen in fünf Klassen - von schnell schrumpfendem zu schnell wachsendem Umsatz - eingeteilt, zeigt sich, daß die Exporteure vor allem der schnell wachsenden und der schnell schrumpfenden Gruppe angehören (20 bis 25 % der exportierenden Unternehmen), während in der Gruppe mit stabilem Umsatz nur 7 % der Unternehmen exportieren. Es scheint, daß Export mit einer stärkeren Fluktuation in der Umsatzentwicklung zusammenfällt. Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zwischen der Beurteilung des Binnenmarktprogramms durch das Unternehmen und der Wachstumsrate des Umsatzes. Schnell wachsende Unternehmen stehen dem Binnenmarkt positiver gegenüber. 35 Einleitung Politiker auf der ganzen Welt schenken der Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der nationalen und lokalen Wirtschaft sowie auch im Globalisierungsprozeß vermehrte Aufmerksamkeit. Der Beitrag der KMU zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Innovation, zum Wirtschaftswachstum und Wohlstand wird allgemein anerkannt. Es besteht keine Notwendigkeit, diese Rolle an dieser Stelle weiter auszuführen, da eine Fülle von Informationen über Bedeutung und Position der KMU in den letzten Jahren vorliegt. Die Berichte des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU haben versucht, die verfügbaren Daten zu analysieren und daraus Schlußfolgerungen für die europäischen Politiker zu ziehen. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU und letztlich zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze und Schaffung neuer Beschäftigungschancen ist eine starke, direkte Konzentration der Politik auf die KMU erforderlich, und zwar sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene. Die Politik der Mitgliedstaaten und der Union weist heute eine verstärkte Tendenz zur Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds für KMU auf. Außerdem besteht ein beträchtlicher Grad an Konvergenz zwischen diesen Politiken. Detaillierte Informationen über KMU sind daher für politische Entscheidungsträger auf nationaler wie europäischer Ebene unverzichtbar. Diese Informationen müssen aktuell, zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten vergleichbar und kontinuierlich verfügbar sein. Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU, dessen Sechster Bericht hiermit vorliegt, wurde mit dem Ziel geschaffen, genau diesen Bedarf abzudecken. Wie den Mitteilungen der Kommission, den Berichten des Europäischen Parlaments sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu entnehmen ist, hat sich das Beobachtungsnetz zu einer wichtigen Quelle von Informationen über die europäische Wirtschaft entwickelt. Die ersten fünf Berichte Im Jahr 1992 rief die Generaldirektion XXIII der Europäischen Kommission (Unternehmenspolitik, Handel, Fremdenverkehr und Sozialwirtschaft) das Europäische Beobachtungsnetz für KMU ins Leben. In diesem Rahmen wurde ein unabhängiger Bericht erstellt. Der Erste Bericht wurde im Mai 1993, der Zweite Bericht im April 1994 veröffentlicht. Beide Berichte befaßten sich mit den KMU in den - damals zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Der Dritte Bericht erschien im März 1995 und enthielt Informationen über KMU in den zwölf alten und drei neuen Mitgliedstaaten (Österreich, Finnland und Schweden) sowie Norwegen. Der Vierte Bericht wurde im Juli 1996 veröffentlicht und präsentierte Informationen über die KMU in allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums sowie in der Schweiz. Der Fünfte Bericht wurde der Kommission schließlich im November 1997 übergeben. Wie der Vierte Bericht enthielt er Informationen über KMU in allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums sowie in der Schweiz, d. h. in insgesamt 19 Ländern. Organisation Dieser unabhängige Bericht wurde von einem Konsortium erstellt, das von KPMG Consulting geleitet wird und darüber hinaus EIM Small Business Research and Consultancy, Intomart und das European Network for SME Research (ENSR) umfaßt. Das ENSR ist ein Netzwerk führender Organisationen, die auf KMU- 37 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Forschung spezialisiert sind. In jedem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums besteht zumindest eine Partnerorganisation des Netzwerks. Die Namen und weitere Details der Partnerorganisationen sind in Anhang III aufgeführt. Jedes Kapitel des Berichtes wurde von einem Partner des Netzwerks koordiniert. Die Namen der jeweils für die Koordination verantwortlichen Partner finden sich zu Beginn jedes Kapitels. Die Projektkoordinatoren führten zahlreiche Diskussionen mit der Europäischen Kommission. Frau Kirsi Ekroth-Manssila von der GD Unternehmen hat sich sehr stark engagiert, um wertvolle Kommentare von Experten der Kommission (sowohl der GD Unternehmen als auch anderer GD) für die Themenauswahl und die Kapitelentwürfe einzuholen. Die Tatsache, daß die Kapitelkoordinatoren bilateral mit verschiedenen Spezialisten der Kommission in Verbindung standen, führte zu besserem Verständnis der ausführlichen politischen Debatte in „Brüssel“ seitens der Forscher sowie auch zu einer weiteren Verbreitung des Projekts des Beobachtungsnetzes unter den Beamten der Kommission. Dafür sind die Auftragnehmer Frau Kirsi Ekroth-Manssila sehr dankbar. Im ersten Projektjahr wurde ein Beirat ins Lebens gerufen, dessen Aufgabe darin besteht, die Untersuchungsergebnisse zu überdenken und das ENSR zu beraten. Dieses Beratergremium besteht vor allem aus Vertretern europäischer Organisationen, die im Bereich der KMU, des Handwerks oder auf dem Unternehmenssektor im allgemeinen tätig sind. Die Mitgliedsorganisationen des Beratergremiums sind in Anhang II aufgelistet. Das Beratergremium tagte zweimal während der Arbeit an diesem Bericht. Die Projektkoordinatoren danken den Mitgliedern des Beratergremiums für ihre wertvolle Mitwirkung und ihre Kommentare zu den Untersuchungsthemen und Kapitelentwürfen. Zusammenarbeit und Informationsübermittlung Vernetzung gehört zu den Zielen des Beobachtungsprojekts. Das European Network for SME Research (ENSR) ist das Hauptnetzwerk, das im Rahmen des Projekts genutzt wird. Seine Stärke liegt in der Kompetenz und Erfahrung seiner Partner, der Beteiligung zahlreicher Fachleute, die auf dem Gebiet der KMUForschung tätig sind, sowie der Erfassung eines geographisch großen Gebietes. Bei einigen Themen hat sich darüber hinaus die Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen als nützlich erwiesen und zur Qualität dieses Berichtes beigetragen. Das Eurostat-Projekt „Unternehmen in Europa” erwies sich erneut als ein Grundpfeiler des Projekts. Die Zusammenarbeit mit Eurostat war eine große Hilfe. Wie im vergangenen Jahr wurde der Beitrag der Schweiz vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit finanziert. Wir möchten dieser Behörde unseren Dank dafür aussprechen, daß sie es uns dadurch erleichtert hat, die Schweiz in diesen Bericht aufzunehmen. Eines der Hauptziele des Beobachtungsprojekts ist es, vorhandene Daten und Informationen zu sammeln, was manchmal dadurch erschwert wird, daß diese Informationen häufig bei Organisationen der Mitgliedstaaten „versteckt” sind. Es ist die Aufgabe der ENSR-Partner, diese Informationen ausfindig und sie den Kapitelkoordinatoren zugänglich zu machen. Wir sind den Mitarbeitern dieser Organisationen (Handelskammern, Ministerien, nationale Statistikbehörden, Universitäten, Forschungsorganisationen) für ihren Beitrag und ihre Zusammenarbeit zu Dank verpflichtet. Ein wesentliches Problem bei der Durchführung des Projekts bestand darin, aktuelle Daten und Informationen über das Verhalten und die wirtschaftliche Leistung 38 Einleitung von KMU zu erhalten. Um dieses Problem zu überwinden, wurde eine telefonische Befragung von KMU (der ENSR Enterprise Survey 1999) in allen Ländern durchgeführt, die durch diesen Bericht abgedeckt werden. Der Aufbau dieser Befragung ist in Anhang I beschrieben. In der durch Intomart durchgeführten Befragung wurden allgemeine Informationen über KMU und spezifische Informationen für die einzelnen Kapitel gesammelt. Unser Dank gilt allen KMU, die an dieser Erhebung mitgewirkt haben. Der Bericht basiert auf Daten, die vor dem 1. Oktober 1999 erhoben wurden. Der Inhalt des Sechsten Berichts Teil I Der Erfolg der KMU Kapitel 1: Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Teil II Das Unternehmensumfeld und Verhalten der KMU Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel 2: 3: 4: 5: 6: 7: Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Aspekte des Arbeitsmarktes Zugang zu Finanzierung Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Teil III Unternehmenspolitische Maßnahmen Kapitel 8: Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Teil IV Spezialthemen Kapitel 9: Kapitel 10: Berufliche Bildung und KMU Neue Dienstleistungen Teil V Monitor Kapitel 11: KMU im Europäischen Binnenmarkt Die Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarktes auf die KMU waren eines der Hauptthemen der letzten fünf Berichte. Die diesjährigen wichtigsten Ergebnisse werden gleichfalls wieder in einem gesonderten Kapitel vorgestellt. Kapitel 12: Der Europäische „Tally” für KMU Ähnlich wie im letzten Bericht wird in Kapitel 12 ein Überblick der wichtigsten Indikatoren für den KMU-Sektor gegeben. Dieser Überblick stellt eine Aktualisierung des „Europäischen Scoreboard für KMU” im Fünften Bericht dar. Kapitel 13: Politische Empfehlungen Jedes Jahr wird, ausgehend von den zusammengefaßten Ergebnissen des Berichtes, das Schlußkapitel mit der Absicht formuliert, Politiker mit relevanten Ideen und zukünftigen Entwicklungen vertraut zu machen. Dieses Kapitel stellt eine Synthese und weitere Ausarbeitung der Abschnitte über politische Empfehlungen dar, die in den anderen Kapiteln dieses Berichtes enthalten sind. Anhang I: Anhang II: Anhang III: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999 Mitglieder des Beratergremiums Namen und Adressen der Mitglieder des Konsortiums 39 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Kontinuität und Innovation in den Berichten Die Berichte des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU befassen sich mit einer Palette von wiederkehrend behandelten Themen, wodurch die Kontinuität des Projekts gewahrt bleibt. Gleichzeitig wurden und werden im Laufe des Projekts des Beobachtungsnetzes neue Themen aufgenommen, um einen innovativen Ansatz für die Untersuchung der KMU im Europäischen Wirtschaftsraum sicherzustellen. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, wurden ab dem Zweiten Jahresbericht in jedem Bericht neue Themen eingeführt. Darüber hinaus kehrten einige der Spezialthemen (über „Internationalisierung” und „Handwerk”) in späteren Berichten als „gewöhnliche” Kapitel wieder. Tabelle 1 Themen* des Ersten, Zweiten, Dritten, Vierten, Fünften und Sechsten Berichtes 1. 1. Bericht Erfolg von KMU x Unternehmensumfeld x Unternehmensrelevante Maßnahmen x Auswirkungen des Binnenmarktes x Unternehmensdynamik und Unternehmertum x Arbeitsmarkt und Beschäftigung x Kapital und Finanzierung x Technologie und Innovation x Elektronischer Geschäftsverkehr Interdependenz von großen und kleinen Unternehmen x Aus- und Weiterbildung Infrastrukturen Rechtsfragen Management in KMU Übertragung von KMU Kooperation zwischen KMU Externe Information und Beratung Konkursverfahren und Insolvenzen Unternehmensdynamik Export und Internationalisierung • Handwerk Administrative Belastungen Dienstleistungen für Produzenten/ Neue Dienstleistungen • Frauen in KMU GGVS/Sozialwirtschaft Tourismus Umwelt Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Zugang zu Programmen der Gemeinschaft * • 40 2. Bericht 3. Bericht 4. Bericht 5. Bericht 6. Bericht x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x • x x x • x x x • x x x x x x x x x x x x x • • • x • • Diese Themen stimmen nicht immer exakt mit den Kapitelüberschriften des Berichtes überein. Spezialthemen. x x x TEIL I DER ERFOLG DER KMU 1 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Koordination: EIM Small Business Research and Consultancy DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE Größe und Struktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors in Europa • In Europa-19 (d. s. die EWR-Länder und die Schweiz) bestehen knapp 20 Millionen Unternehmen, die etwa 117 Millionen Menschen Beschäftigung bieten. • Der weitaus größte Teil dieser Unternehmen beschäftigt weniger als 250 Personen und kann deshalb als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bezeichnet werden. Die KMU haben einen Anteil von zwei Drittel an der Gesamtbeschäftigung. • KMU und große Unternehmen (GU) unterscheiden sich in bezug auf ihre Größe. Während ein KMU im Durchschnitt 4 Personen beschäftigt, sind in GU im Durchschnitt 1 000 Beschäftigte tätig. Der Umsatz je Unternehmen beträgt in KMU 500 000 Euro, in GU 215 Millionen Euro. • Im Vergleich zu GU ist der Anteil der Exporte am Gesamtumsatz in KMU relativ klein. KMU in kleineren Ländern weisen eine höhere Exportneigung auf als KMU in großen Ländern. In kleinen Ländern ist auch der Unterschied zwischen KMU und GU in bezug auf die Exportquoten vergleichsweise gering. • Zwischen Unternehmensgröße und Arbeitsproduktivität besteht ein positiver Zusammenhang. Zudem ist die Rentabilität von GU höher als jene von kleinen Unternehmen. • Im Vergleich zu japanischen und insbesondere zu amerikanischen Unternehmen sind die europäischen Unternehmen, im Durchschnitt gesehen, klein. Aktuelle Entwicklung des privaten nicht-primären Unternehmenssektors in Europa • Die Inlandsnachfrage hat sich in Europa-19 seit 1993 günstig entwickelt und es scheint wahrscheinlich, daß sich dieser Trend in der nahen Zukunft fortsetzen wird. Das Wachstum des internationalen Handels war noch stärker und ist gegenwärtig wesentlich dynamischer als jenes des BIP. Europa verzeichnet seit 1993 ein geringeres BIP-Wachstum als die USA, Japan mußte dagegen mit einer schweren Rezession kämpfen. • Obwohl sich die Rentabilität im allgemeinen verbessert hat, blieben die Rentabilitätsunterschiede zwischen KMU und GU während des vergangenen Jahrzehnts unverändert. Die Arbeitsproduktivität nahm in größeren Unternehmen stärker zu als in kleineren. Die KMU konnten ihre relative Rentabilitätsposition nur durch im Vergleich zu GU stärkere Preiserhöhungen behaupten. • Die Inflation hat sich in Europa bei unter 2 % stabilisiert. Die stabile und niedrige Inflation fördert die Planungssicherheit der Unternehmen, und trägt damit 43 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht zu einem günstigen wirtschaftlichen Umfeld und makroökonomischen Rahmenbedingungen bei. • Die KMU verzeichneten in den 90er Jahren ein geringeres Wachstum der realen Wertschöpfung als GU. • Die Zahl der Arbeitsplätze hat während der 90er Jahre aufgrund einer negativen Entwicklung zu Beginn dieses Zeitraums abgenommen. Während die Kleinstunternehmen einen positiven Beitrag zum Beschäftigungswachstum lieferten, ist die Beschäftigung in den anderen Größenklassen gesunken. Während der Rezession 1990/1993 könnte dieses Wachstum bei den Kleinstunternehmen teilweise durch schrumpfende, und damit zu Kleinstunternehmen werdende, kleine Unternehmen verursacht worden sein. Im Gegenzug sank die Beschäftigung in Kleinstunternehmen ab 1994, da eine erhebliche Zahl an Kleinstunternehmen zu kleinen Unternehmen wurde. • Das Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums unterscheidet sich deutlich zwischen Europa und den USA. Vor allem nach der Rezession 1990/1993 war das Beschäftigungswachstum in den USA in GU am stärksten. • Die Zahl der Unternehmen ist in Europa-19 im Lauf des vergangenen Jahrzehnts deutlich angestiegen. Beispielsweise sind im Jahr 1995 fast 2 Millionen neue Unternehmen entstanden, während über 1½ Millionen Unternehmen geschlossen wurden. Die Zu- und Abgänge betrugen somit 11 % bzw. 9 % des gesamten Unternehmensbestandes. Die mit den Gründungen verbundene Beschäftigungswirkung belief sich auf über 2½ Millionen. Da stillgelegte Unternehmen im Durchschnitt etwas größer sind als Unternehmensgründungen, belief sich die mit den Abgängen verbundene Beschäftigungswirkung ebenfalls auf über 2½ Millionen Personen, obwohl die Zahl der Unternehmensstillegungen geringer als jene der Gründungen war. • Obwohl erhebliche statistische Probleme bestehen, gibt es keinen Beleg dafür, daß die Unternehmensfluktuation - im Sinn von Zu- und Abgängen von Unternehmen - in Europa geringer wäre als in den USA oder Japan. Allerdings deuten die verfügbaren Daten auf eine in den USA im Vergleich zu Europa-19 stärkere Beschäftigungswirkung der Unternehmensgründungen hin. Ein Szenario der zukünftigen Entwicklung der KMU und GU • Auch wenn sich die Trends des vergangenen Jahrzehnts in bezug auf die ökonomischen Rahmenbedingungen fortsetzen, gibt es doch eine Reihe von Faktoren, die zu einem für KMU ungünstigeren wirtschaftlichen Umfeld führen. Dazu gehören: — Die zunehmende internationale Verflechtung der Länder. Die Exporte werden weiterhin die am schnellsten wachsende Endnachfragekategorie sein, und der Anteil der Exporte an der gesamten abgesetzten Produktion wird zunehmen. Da KMU eine geringere Exportneigung haben, sind sie dadurch relativ ungünstiger gestellt. — Der verschärfte Wettbewerb auf den Märkten verhindert, daß KMU ihre Preise wesentlich stärker anheben können als GU. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität wird auch in Zukunft in positivem Zusammenhang mit der Unternehmensgröße stehen. KMU und GU werden in etwa gleichem Ausmaß zum Beschäftigungswachstum beitragen. • Unter diesen Voraussetzungen wird die relative Rentabilität der KMU sinken. 44 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Bedeutung und die Struktur der privaten Unternehmen außerhalb des primären Sektors im Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz (Europa-19), ihre Entwicklung während der vergangenen 10 Jahre, sowie eine Analyse möglicher zukünftiger Trends. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aspekt der Unternehmensgröße. Zuerst werden die Bedeutung und die Struktur dieser Unternehmen im Jahr 1998 dargestellt (Abschnitt 1.1). Ausgangspunkt dieser Analyse ist die Makroebene, wobei auch ein Vergleich zwischen Europa-19 und den Vereinigten Staaten und Japan durchgeführt wird. Danach werden die Daten nach Ländern und Wirtschaftssektoren gegliedert dargestellt. Abschnitt 1.2 beschäftigt sich mit der aktuellen Entwicklung der Größenklassenstruktur der europäischen Unternehmen. In Abschnitt 1.3 veranschaulicht ein Szenario einige Aspekte der zukünftigen Entwicklung dieser Größenklassenstruktur. Schließlich werden in Abschnitt 1.4 statistische Daten zum Handwerk und zur Sozialwirtschaft dargestellt1. Im Rahmen dieses Kapitels werden KMU - wie auch schon in früheren Berichten des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU - anhand der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen definiert. Innerhalb des privaten nicht-primären Unternehmenssektors (das sind alle privaten Unternehmen mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei) sind KMU als jene Unternehmen definiert, welche weniger als 250 Beschäftigte haben. Innerhalb der KMU werden die folgenden Größenklassen unterschieden2: • Kleinstunternehmen beschäftigen weniger als 10 Personen. Unternehmen ohne Beschäftigte - die somit nur den Selbständigen (und gegebenenfalls unbezahlten Familienangehörigen) ein Einkommen bieten - stellen eine eigene Kategorie in dieser Größenklasse dar. • Kleine Unternehmen beschäftigen zwischen 10 und 49 Personen. • Mittlere Unternehmen beschäftigen zwischen 50 und 249 Personen. Große Unternehmen (GU) sind jene Unternehmen, in denen 250 oder mehr Beschäftigte tätig sind - sie stellen also den Rest der Unternehmen dar. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Unternehmen und ihrer wirtschaftlichen Leistung und Entwicklung. Die wirtschaftliche Leistung wird anhand verschiedener Variablen gemessen: Beschäftigung und Schaffung von Arbeitsplätzen, Umsatz (mit besonderer Berücksichtigung der Exporte), Wertschöpfung, Arbeitsproduktivität und Rentabilität. Die Rentabilität ist hier definiert als die Differenz zwischen Wertschöpfung und Arbeitskosten, wobei die Arbeitskosten um den dem Unternehmer zurechenbaren kalkulatorischen Lohn korrigiert wurden. Diese Korrektur ist notwendig, da der Anteil des Arbeitseinsatzes des Unternehmers am gesamten Arbeitseinsatz vor allem in Kleinstunternehmen sehr hoch ist, der Unternehmerlohn jedoch in den Lohn- und Gehaltsaufwendungen nicht berücksichtigt wird. 1 Für eine ausführliche Diskussion einiger Aspekte der Sozialwirtschaft siehe Kapitel 7 dieses Berichtes. Der Fünfte Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU enthält ebenfalls eine Analyse der Situation des Handwerks. 2 In der entsprechenden „Empfehlung der Kommission” (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 107, 1996) werden KMU auf der Basis der Zahl der Beschäftigten, des Umsatzes (höchstens 40 Millionen Euro) oder der Jahresbilanzsumme (höchstens 27 Millionen Euro) und des Unabhängigkeitskriteriums definiert. Diese zusätzlichen Kriterien sind allerdings in Massendaten kaum verfügbar und werden im Rahmen dieses Kapitels daher nicht berücksichtigt. Die genannte Empfehlung unterscheidet ebenso Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen. 45 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Anmerkung für den Leser In diesem Kapitel werden statistische Daten zu Größe und Struktur der privaten Unternehmen außerhalb des primären Sektors in Europa dargestellt. Diese Daten wurden zum Zweck der Vergleichbarkeit zwischen den Ländern harmonisiert1. Eine Folge dieser Harmonisierung ist jedoch, daß die hier präsentierten Zahlen im allgemeinen nicht mit entsprechenden Daten aus nationalen Quellen übereinstimmen. In Anhang I dieses Kapitels sind die verwendeten Definitionen und Begriffe ausführlich beschrieben. Die in diesem Kapitel dargestellten Statistiken sind das Ergebnis einer sorgfältigen Überarbeitung der Daten für den Sechsten Bericht zu ‘Unternehmen in Europa’ von Eurostat. Allerdings sind die Daten der verschiedenen Berichte zu ‘Unternehmen in Europa’ aufgrund der Verwendung verbesserter Methoden und Erhebungen untereinander nicht unmittelbar vergleichbar. Aus diesem Grund sind auch die Daten dieses Kapitels nicht mit jenen früherer Jahresberichte des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU vergleichbar. Außerdem stellt Eurostat harmonisierte Daten zu Umfang und Struktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors in Europa nur für 1992/1993 und 1995/1996 zur Verfügung. Um die aktuelle Größe und Struktur dieses Unternehmenssektors bestimmen zu können, wurden die Eurostat-Daten sorgfältig angepaßt. Diese Anpassungen wurden unter Einbeziehung verschiedener makroökonomischer und sektoraler Datenquellen durchgeführt. Alle für die Überarbeitung notwendigen Berechnungen wurden im Juli 1999 abgeschlossen. Die der Szenarioanalyse in Abschnitt 1.3 zugrundeliegenden Berechnungen wurden im Juli 1999 abgeschlossen. 1.1 Größe und Struktur des nicht-primären Unternehmenssektors in Europa-19, den USA und Japan 1.1.1 Analyse auf der Makroebene Europa-19 Tabelle 1.1 faßt die verfügbaren Daten über die privaten nicht-primären Unternehmen in Europa-19 zusammen2. Die Tabelle zeigt, daß in Europa-19 im Jahr 1998 etwa 117 Millionen Personen in knapp 20 Millionen Unternehmen beschäftigt waren. Fast 100 % dieser Unternehmen sind KMU. Mehr als 18 Millionen der KMU beschäftigen weniger als 10 Personen und können daher als Kleinstunternehmen bezeichnet werden. Etwa die Hälfte dieser Unternehmen beschäftigt überhaupt keine Arbeitnehmer. 1 Vergleiche dazu die Berichte „Unternehmen in Europa” von Eurostat und GD Unternehmen. Die Datengrundlagen für den Sechsten Bericht von ‘Unternehmen in Europa’ (erscheint im Jahr 2000) stellen die statistische Basis für dieses Kapitel dar. Siehe auch Anhang I dieses Kapitels. 2 Diese Ergebnisse beruhen auf Daten für 1993/1996, die von Eurostat zur Verfügung gestellt und von EIM Small Business Research and Consultancy aktualisiert wurden; siehe Anhang I dieses Kapitels. 46 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle 1.1 Hauptindikatoren des privaten nicht-primären Unternehmenssektors, Europa-19, 1998* KMU Kleinst Anzahl der Unternehmen EU 18 040 (1 000) Nicht-EU 425 Gesamt 18 465 Beschäftigte (1 000) EU 38 360 Nicht-EU 970 Gesamt 39 330 Kleine Mittlere Gesamt 1 130 45 1 175 160 10 170 19 330 480 19 810 21 320 820 22 140 14 870 770 15 640 74 550 2 550 77 100 GU 38 2 40 Gesamt 19 370 480 19 850 38 680 113 230 1 190 3 740 39 860 116 970 Durchschnittliche Unternehmensgröße: • Beschäftigte je Unternehmen EU Nicht-EU Gesamt 2 2 2 20 20 20 90 90 90 4 5 4 1 010 780 1 000 6 8 6 • Umsatz je Unternehmen (Millionen Euro) EU Nicht-EU Gesamt 0,2 0,3 0,2 3 3 3 23 16 23 0.5 0.8 0.5 215 135 215 1,0 1,3 1,0 Anteil der Exporte am Umsatz (%) EU Nicht-EU Gesamt 6 12 7 13 14 13 16 16 16 11 14 11 22 20 22 16 16 16 Wertschöpfung je Beschäftigtem (1 000 Euro) EU Nicht-EU Gesamt 30 55 30 50 50 50 95 60 90 45 55 45 90 85 90 60 65 60 Anteil der Arbeitskosten an EU der Wertschöpfung (%) Nicht-EU Gesamt 40 36 40 53 60 53 43 52 43 45 48 45 38 53 39 42 50 42 * Aufgrund von Rundungen sind die Gesamtwerte nicht mit der Summe der Teilsummen und die durchschnittlichen Unternehmensgrößen nicht mit den Quotienten aus Beschäftigtenzahl und Unternehmenszahl identisch. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Im Durchschnitt hat ein europäisches Unternehmen 6 Beschäftigte. Während die durchschnittliche Unternehmensgröße in der EU 6 Beschäftigte beträgt, sind in den Nicht-EU-Ländern im Durchschnitt 8 Personen in einem Unternehmen tätig. Die Unternehmensgröße kann auch anhand des Umsatzes je Unternehmen gemessen werden. Der durchschnittliche Umsatz je Unternehmen variiert zwischen 0,2 Millionen Euro in Kleinstunternehmen und 215 Millionen Euro in großen Unternehmen. Im Durchschnitt werden 16 % des Gesamtumsatzes durch Exporte erzielt. Der Exportanteil schwankt zwischen 7 % in Kleinstunternehmen und 22 % in GU. Diese Unterschiede zwischen den Größenklassen sind in der EU besonders deutlich. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, daß Nicht-EU-Länder verhältnismäßig klein und deshalb offen sind: Auch in kleinen EU-Ländern ist der Exportanteil von KMU höher als im EU-Durchschnitt. Tatsächlich besteht eine negative Korrelation zwischen der Exportneigung der KMU und der Landesgröße (gemessen an der Gesamtbeschäftigung des Landes). Eine positive Korrelation besteht zwischen der Landesgröße einerseits und der Differenz zwischen der Exportneigung der GU und jener der KMU andererseits. D. h., je kleiner das Land, desto 47 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht höher ist die Exportneigung der KMU und desto weniger unterscheiden sich KMU diesbezüglich von GU. Dieser Zusammenhang besteht auch dann, wenn ausschließlich EU-Länder in der Analyse berücksichtigt werden. Die Arbeitsproduktivität - definiert als Wertschöpfung je Beschäftigtem - unterscheidet sich ebenfalls nach Größenklassen. Während in Kleinstunternehmen ein Beschäftigter 30 000 Euro Wertschöpfung erzielt, beträgt die Arbeitsproduktivität in großen Unternehmen 90 000 Euro. Abbildung 1.1 Unternehmensgröße und Rentabilität*, Europa-19, 1998 Kleinst Kleine Mittlere Große Gesamt 0 * 10 20 30 40 50 60 70 Die Rentabilität ist definiert als die Differenz zwischen Wertschöpfung und Arbeitskosten, wobei letztere um den Unternehmerlohn korrigiert sind. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Innerhalb der Gruppe der kleinen, mittleren und großen Unternehmen besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem Anteil der Arbeitskosten an der Wertschöpfung: In kleinen Unternehmen belaufen sich die Arbeitskosten auf 53 % der Wertschöpfung, in großen Unternehmen beträgt dieser Anteil hingegen nur 39 %. In Kleinstunternehmen erreicht der Anteil der Arbeitskosten an der Wertschöpfung 40 %. Dieser deutliche Unterschied resultiert aus der Tatsache, daß der Arbeitseinsatz des Selbständigen im Lohn- und Gehaltsaufwand nicht widergespiegelt wird. Werden jedoch die Arbeitskosten entsprechend dem unternehmerischen Arbeitseinsatz korrigiert - wie bei dem in diesem Kapitel verwendeten Rentabiltätskonzept -, ergeben sich andere Resultate. Aus Abbildung 1.1 wird ersichtlich, daß die Rentabilität positiv mit der Unternehmensgröße korreliert und von etwa 15 % der Wertschöpfung in Kleinstunternehmen auf über 60 % in großen Unternehmen steigt1. 1 Vgl. Audretsch, D.B., van Leeuwen, G., Menkveld, B., Thurik, A., Are small firms really sub-optimal? (Arbeiten kleine Unternehmen wirklich sub-optimal?), EIM, Research Report 9902/E. In dieser Arbeit wird gezeigt, daß kleine Unternehmen der Sachgütererzeugung im allgemeinen unterhalb der effizienten Mindestgröße arbeiten. Zudem werden Strategien für diese Unternehmen aufgezeigt, mit welchen den daraus resultierenden Nachteilen begegnet werden kann. 48 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle 1.2 Beschäftigung im privaten nicht-primären Europa-19, USA und Japan, 1996 Unternehmenssektor, Beschäftigungsanteil nach Größenklassen KMU Kleinst Kleine Mittlere Gesamt GU % Europa-19 USA Japan Quelle: 34 11 n.v Beschäftigte Gesamtje Unterbeschäftigung nehmen in 1 000 19 19 n.v 13 12 n.v 66 42 33 34 58 67 115 480 105 240 57 345 6 19 10 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999, und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen; Small Business Administration (Bureau of Advocacy); Japanese Small Business Research Institute. Vergleich mit den Vereinigten Staaten und Japan1 Tabelle 1.2 vergleicht die Größe und Struktur des nicht-primären Unternehmenssektors in Europa-19, den USA und Japan. Zunächst sollte ein Blick auf die Größe dieser Volkswirtschaften geworfen werden: Europa-19 und die USA weisen, gemessen an der Beschäftigung, etwa die gleiche Größe auf, die japanische Wirtschaft ist etwa halb so groß wie jene der USA bzw. Europa-19. Die Unterschiede in der Größenstruktur sind beachtlich: In Europa-19 beschäftigt ein Unternehmen im Durchschnitt 6 Personen, in Japan sind es 10 und in den USA sogar 19 Personen. In Japan und den USA gibt es zum einen vergleichsweise mehr GU und im Durchschnitt sind diese auch größer als europäische GU. Der europäische Unternehmenssektor kann deshalb im Vergleich zu Japan und den USA als kleinstrukturiert bezeichnet werden. Dies wird auch in der Verteilung der Beschäftigung auf die Größenklassen widergespiegelt: Während die KMU in Europa-19 zwei Drittel der Gesamtbeschäftigung stellen, beträgt der Anteil der KMU an der Gesamtbeschäftigung in den USA knapp über 40 %. 1.1.2 Struktur nach Ländern Tabelle 1.3 zeigt Daten über den privaten nicht-primären Unternehmenssektor in den einzelnen Ländern innerhalb von Europa-19. Die Unternehmensgröße, gemessen anhand der Zahl der Beschäftigten je Unternehmen, variiert zwischen 3 bis 4 in Griechenland, Island, Italien und Portugal, und 10 oder mehr in Österreich, Irland, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz. Diese Differenzen sind nicht auf unterschiedliche Branchenstrukturen zurückzuführen. Vielmehr können diese Größenunterschiede auch auf Branchenebene festgestellt werden. Die durchschnittliche Unternehmensgröße wird u. a. vom BIP je Einwohner beeinflußt (je höher der Wohlstand eines Landes, desto höher die durchschnittliche Unternehmensgröße)2. 1 Siehe dazu auch den Zweiten Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU, Erster Jahresbericht, sowie Martin Carree, André van Stel, Roy Thurik, Sander Wennekers, Business Ownership and Economic Growth: An Empirical Investigation (Unternehmenseigentum und wirtschaftliches Wachstum: Eine empirische Untersuchung), EIM, Research Report 9809/E. Die zweitgenannte Arbeit zeigt, daß die Beziehung zwischen Unternehmensgröße und wirtschaftlichem Wohlstand einer inversen U-Kurve folgt: Bei steigendem BIP je Einwohner steigt zunächst auch die Unternehmensgröße, ab einem bestimmten Niveau besteht jedoch eine negative Korrelation zwischen dem BIP pro Kopf und der Unternehmensgröße. 2 49 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Hinsichtlich ihrer Größenklassenstruktur können die Länder auch nach der „dominierenden Größenklasse” klassifiziert werden. Ein Land wird von Kleinstunternehmen, KMU oder GU dominiert je nachdem, ob Kleinst-, kleine und mittlere (zusammen) oder große Unternehmen den höchsten Anteil an der Gesamtbeschäftigung aufweisen1. 5 Länder werden von Kleinstunternehmen dominiert: Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien und Liechtenstein. 7 Länder sind KMU-dominiert: Österreich, Dänemark, Luxemburg, Portugal, Island, Norwegen und die Schweiz. Die verbleibenden 8 Länder (durchgängig EU-Staaten) werden von GU dominiert. In Europa-19 insgesamt ist die Arbeitsproduktivität sowie die Rentabilität in KMU tendenziell am niedrigsten. Wie Tabelle 1.3 zeigt, gilt dies in bezug auf die Arbeitsproduktivität in 17 von 19 Ländern. Lediglich in Belgien und Island liegt die Arbeitsproduktivität in KMU deutlich über dem Durchschnitt. Hinsichtlich der Rentabilität zeigt sich ein etwas weniger eindeutiges Bild. Während in Belgien und Tabelle 1.3 Größenklassenstruktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors, nach Ländern, 1998 Unternehmen (in 1 000) Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Vereinigtes Königreich EU Island Liechtenstein Norwegen Schweiz Nicht-EU Europa-19 Durchschnittliche Unternehmensgröße Dominierende Größenklasse Relative Arbeitsproduktivität Relative der KMU** Rentabilität der KMU*** 530 150 515 210 325 620 85 940 15 450 285 690 385 510 5 8 8 5 7 3 10 4 13 12 11 4 7 5 GU KMU GU GU Kleinst Kleinst GU Kleinst KMU GU KMU KMU GU Kleinst 132 86 98 71 66 79 70 81 97 93 89 75 82 67 7 -16 -5 -40 -18 10 1 -3 2 -16 -5 -20 -9 -10 3 660 19 370 30 3 205 240 480 19 850 5 6 3 6 5 11 8 6 GU GU KMU Kleinst KMU KMU KMU GU 74 75 125 89 81 77 84 76 -14 -11 2 0 -13 -5 -3 -11 3 2 3 2 Anmerkung: Aufgrund der Verwendung harmonisierter Daten sind die Zahlen dieser Tabelle nicht mit Daten aus nationalen Quellen vergleichbar. * Jene Größenklasse, die unter den folgenden Klassen den höchsten Anteil an der Gesamtbeschäftigung aufweist: Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (zusammen), große Unternehmen. ** Arbeitsproduktivität der KMU in Prozent des Landesdurchschnitts. *** Abweichung der Rentabilität (Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung) der KMU vom Landesdurchschnitt. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 1 Auf Europa-19-Ebene weisen Kleinstunternehmen, kleine und mittlere zusammen, sowie große Unternehmen einen Anteil von jeweils einem Drittel an der Gesamtbeschäftigung des privaten nicht-primären Unternehmenssektors auf. 50 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Griechenland die Rentabilität der KMU höher als ist jene der GU, bestehen in Irland, Italien, Luxemburg, Island und Liechtenstein diesbezüglich nur geringe Unterschiede zwischen KMU und GU. In 12 von 19 Ländern liegt die Rentabilität der KMU allerdings deutlich unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. 1.1.3 Struktur nach Wirtschftssektoren Tabelle 1.4 stellt Daten zu Größe und Struktur der verschiedenen Wirtschaftssektoren in Europa-19 dar: Zahl der Unternehmen, durchschnittliche Unternehmensgröße (gemessen anhand der Zahl der Beschäftigten je Unternehmen), dominierende Größenklasse und - als zwei Leistungsindikatoren für KMU in Relation zu GU - die relative Arbeitsproduktivität und die relative Rentabilität der KMU. In diesem Abschnitt erfolgt zunächst eine allgemeine Beschreibung der Charakteristika der einzelnen Sektoren. Danach wird die Exportneigung innerhalb der Branchen und Größenklassen näher betrachtet. Struktur der einzelnen Wirtschaftssektoren Bergbau (einschließlich Energieversorgung; NACE C, E) Sowohl die durchschnittliche Unternehmensgröße als auch die Dominanz der GU hinsichtlich der Beschäftigung zeigen, daß der Bergbau ein großbetrieblicher Wirtschaftssektor ist. Mit nur 50 000 Unternehmen und 1¾ Millionen Beschäftigten ist die Größe dieses Sektors allerdings relativ gering. Unbeachtet der großbetrieblichen Struktur (die aus der hohen Kapitalintensität resultiert) überteffen KMU die GU im allgemeinen in bezug auf Arbeitsproduktivität und Rentabilität. Dies könnte auf KMU zurückzuführen sein, die in hochspezialisierten Märkten mit hohen Gewinnspannen tätig sind. Verarbeitendes Gewerbe (NACE D) Das verarbeitende Gewerbe (das einen Anteil von etwa 25 % der Gesamtbeschäftigung in Europa-19 stellt) ist ebenfalls ein großbetrieblicher Wirtschaftssektor. Allerdings bestehen starke Unterschiede zwischen den Branchen innerhalb des verarbeitenden Gewerbes. Insbesondere eher traditionelle Industrien wie das Ernährungsgewerbe, die Tabakverarbeitung, das Textil- und Bekleidungsgewerbe, das Ledergewerbe und das Papiergewerbe (inkl. Verlage) weisen durchschnittliche Unternehmensgrößen unter dem Mittelwert des verarbeitenden Gewerbes auf. Die chemische Industrie und die Metallindustrie (inkl. Elektrotechnik), die beide sehr kapitalintensiv sind, können hingegen als großbetrieblich bezeichnet werden. In den meisten Branchen sind KMU sowohl hinsichtlich Arbeitsproduktivität als auch Rentabilität weniger leistungsstark als GU. Baugewerbe (NACE F) Das Baugewerbe zählt 2 775 000 Unternehmen und beschäftigt etwa 10 % der Erwerbstätigen des privaten nicht-primären Unternehmenssektors. Mit im Durchschnitt 4 Beschäftigten je Unternehmen ist das Baugewerbe neben dem Einzelhandel jener Wirtschaftssektor mit der geringsten Unternehmensgröße. In bezug auf Arbeitsproduktivität und Rentabilität besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen KMU und GU1. 1 Es sei angemerkt, daß der Rückstand der KMU in bezug auf die Arbeitsproduktivität und - allerdings weniger deutlich - die Rentabilität auf Ebene der einzelnen Wirtschaftssektoren tendenziell geringer ist. Dies macht auch verständlich, warum sich im Baugewerbe und im Einzelhandel (aber auch in einigen anderen kleinstrukturierten Wirtschaftssektoren wie dem Großhandel und dem Grundstücks- und Wohnungswesen) sowohl die Arbeitsproduktivität als auch Rentabilität zwischen KMU und GU nicht wesentlich unterscheidet. 51 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 1.4 Größenklassenstruktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors, nach Wirtschaftssektoren, Europa-19, 1998 Unternehmen Beschäftige (in 1 000) je Unternehmen Alle Unternehmen 19 850 6 GU 76 -11 50 36 GU 123 11 5 52 GU 181 5 5 60 GU 236 -24 5 42 GU 142 12 20 0 20 12 43 11 KMU GU KMU 93 65 92 4 -21 5 20 10 10 57 71 38 GU GU GU 167 181 129 16 16 8 2 210 14 GU 86 -5 • Ernährungsgewerbe u. Tabakverarbeitung — Ernährungsgewerbe — Tabakverarbeitung 310 12 GU 82 -2 310 0 12 188 GU GU 81 413 -3 17 • Textil- und Bekleidungsgewerbe — Textilgewerbe — Bekleidungsgewerbe 255 100 155 10 13 8 GU KMU KMU 97 99 96 -7 0 -14 Bergbau (inkl. Energieversorgung) • Gewinnung energieerzeug. Materialien — Kohlenbergbau und Torfgewinnung — Gewinnung von Erdöl und Erdgas • Erzbergbau, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau — Erzbergbau — Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau • Energie- und Wasserversorgung — Energieversorgung — Wasserversorgung Verarbeitendes Gewerbe • Ledergewerbe • Holzgewerbe • Papier-, Verlagsund Druckgewerbe — Papiergewerbe — Verlags- und Druckgewerbe, Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bild- und Datenträgern • Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung u. Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen • Chemische Industrie • Herstellung von Gummiund Kunststoffwaren • Glasgewerbe, Keramik,Verarbeitung von Steinen und Erden • Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen — Metallerzeugung und -bearbeitung — Herstellung von Metallerzeugnissen 52 Dominierende Relative ArbeitsRelative Größenproduktivität Rentabilität klasse* der KMU** der KMU*** 50 11 KMU 95 -1 165 6 KMU 98 -2 235 20 11 34 KMU GU 88 80 -6 -7 210 8 KMU 92 -3 0 71 GU 116 2 35 60 50 22 GU KMU 104 101 0 2 100 14 KMU 94 2 360 12 KMU 93 -1 20 340 54 9 GU KMU 98 96 5 0 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Unternehmen Beschäftige Dominierende Relative Arbeits- Relative (in 1 000) je UnterGrößenproduktivität Rentabilität nehmen klasse* der KMU** der KMU*** • Maschinenbau 160 19 GU 96 -4 • Herstellung von Büromaschinen, 185 Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen; Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik — Herstellung von Büromaschinen,10 Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen — Herstellung von Geräten der 60 Elektrizitätserzeugung, -verteilung u. ä. — Rundfunk-, Fernseh- und 30 Nachrichtentechnik — Medizin-, Mess-, Steuer85 und Regelungstechnik, Optik 19 GU 91 -4 20 GU 65 -10 24 GU 91 -9 30 GU 99 4 11 KMU 101 1 45 25 57 81 GU GU 88 92 2 1 25 34 GU 89 13 8 8 KMU KMU 108 107 -2 -3 6 KMU 100 -1 2 775 4 Kleinst 98 -2 1 490 5 SME 99 -1 Einzelhandel (inkl. Fahrzeuge und Reparatur) 4 070 4 Kleinst 97 0 • Kraftfahrzeughandel; Instandhaltung u. Reparatur von Kraftfahrzeugen; Tankstellen 755 4 Kleinst 96 -3 3 315 4 Kleinst 96 2 1 090 8 GU 76 -8 875 5 Kleinst 84 0 • Schiffahrt 15 11 GU 114 5 • Luftfahrt 5 111 GU 119 9 155 11 KMU 92 -5 45 54 GU 78 -5 • Fahrzeugbau — Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen — Sonstiger Fahrzeugbau • Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen; Recycling 240 — Herstellung von Möbeln, 230 Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren u. sonstigen Erzeugnissen — Recycling 10 Baugewerbe Handelsvermittlung und Großhandel • Einzelhandel; Reparatur von Gebrauchsgütern Verkehr und Nachrichtenübermittlung • Landverkehr; Transport in Rohrleitungen • Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr; Verkehrsvermittlung • Nachrichtenübermittlung 53 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Unternehmen Beschäftige (in 1 000) je Unternehmen Unternehmensbezogene Dienstleistungen Dominierende Relative ArbeitsRelative Größenproduktivität Rentabilität klasse* der KMU** der KMU*** 4 125 5 GU 70 -12 395 65 15 315 14 54 72 3 GU GU GU Kleinst 119 178 344 40 -6 -10 12 11 730 4 Kleinst 105 -1 875 125 2 4 Kleinst Kleinst 101 109 -4 3 275 5 KMU 90 -5 45 12 GU 140 2 415 5 Kleinst 101 0 • Kredit- und Versicherungsgewerbe — Kreditgewerbe — Versicherungsgewerbe — Mit dem Kredit- und Versicherungsgewerbe verbundene Tätigkeiten • Grundstücks- und 3 Wohnungswesen, Vermietung Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen — Grundstücks- und Wohnungswesen — Vermietung beweglicher Sachen ohne Bedienungspersonal — Datenverarbeitung und Datenbanken — Forschung und Entwicklung — Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen 2 Konsumentenbezogene Dienstleistungen 4 040 5 Kleinst 89 0 • Gastgewerbe 1 460 5 Kleinst 96 -2 • Gesundheits-, Veterinärund Sozialwesen 1 310 6 Kleinst 86 12 • Erbringung von sonstigen 1 265 öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen — Abwasser- und 20 Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung — Interessenvertretungen 69 sowie kirchliche u. sonstige religiöse Vereinigungen — Kultur, Sport und 490 Unterhaltung — Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 690 4 Kleinst 83 -9 14 KMU 111 0 3 Kleinst 82 -21 4 Kleinst 73 -11 3 Kleinst 103 -1 * Jene Größenklasse, die unter den folgenden Klassen den höchsten Anteil an der Gesamtbeschäftigung aufweist: Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (zusammen), große Unternehmen. ** Arbeitsproduktivität (Wertschöpfung je Beschäftigtem) der KMU in Prozent des Branchendurchschnitts. *** Abweichung der Rentabilität (Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung) der KMU vom Branchendurchschnitt. Quelle: 54 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Einzelhandel (NACE 50, 52) Im Bereich des Einzelhandels sind über 4 Millionen Unternehmen tätig. Innerhalb dieses Wirtschaftssektors wird unterschieden zwischen dem Handel und der Reparatur von Kraftfahrzeugen einerseits und dem Einzelhandel und der Reparatur von Gebrauchsgütern andererseits. Diese Branchen sind auf durchaus verschiedenen Märkten tätig. Dennoch sind beide Bereiche durch eine geringe Zahl an Beschäftigten je Unternehmen gekennzeichnet, und in bezug auf Arbeitsproduktivität und Rentabilität bestehen nur geringe Unterschiede zwischen KMU und GU. Verkehr und Nachrichtenübermittlung (NACE I) Der Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung zählt über 1 Million Unternehmen, die insgesamt über 9 Millionen Menschen Beschäftigung bieten. Fast die Hälfte derer hat ihren Arbeitsplatz im Landverkehr (einschließlich Transport in Rohrleitungen), auf den zugleich aber 80 % der Unternehmen entfallen. Im Landverkehr dominieren Kleinstunternehmen. Die anderen Teilbereiche innerhalb des Verkehrs und der Nachrichtenübermittlung sind eher großbetrieblich strukturiert. Die durchschnittliche Unternehmensgröße variiert zwischen 11 in der Schiffahrt und den Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr und 111 in der Luftfahrt. Tatsächlich weist die Luftfahrt die höchste durchschnittliche Unternehmensgröße der in Tabelle 1.4 dargestellten Branchen auf. Auch die relative Leistungsfähigkeit der KMU stellt sich im Verkehr und in der Nachrichtenübermittlung eher uneinheitlich dar. Im Landverkehr unterscheiden sich KMU und GU hinsichtlich der Rentabilität zwar kaum, in bezug auf die Produktivität werden die KMU jedoch von den GU übertroffen1. In der Schiff- und Luftfahrt haben KMU eine höhere Arbeitsproduktivität und eine höhere Rentabilität als GU, während in den Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr und in der Nachrichtenübermittlung die GU bessere Leistungsindikatoren aufweisen als KMU. Unternehmensbezogene Dienstleistungen (NACE J, K) Innerhalb der unternehmensbezogenen Dienstleistungen wird das Kredit- und Versicherungsgewerbe von anderen Wirtschaftsdienstleistungen unterschieden. Diese beiden Sektoren zählen fast 400 000 bzw. 3¾ Millionen Unternehmen. Während das Kredit- und Versicherungsgewerbe im allgemeinen großbetrieblich strukturiert ist, sind die Unternehmen im Grundstücks- und Wohnungswesen, der Vermietung beweglicher Sachen und der Erbringung sonstiger Dienstleistungen für Unternehmen häufig klein. Konsumentenbezogene Dienstleistungen (NACE H, N, O) Dem Bereich der persönlichen Dienstleistungen können etwa 4 Millionen Unternehmen zugeordnet werden, in denen insgesamt 20 Millionen Beschäftigte tätig sind. Der Wirtschaftssektor kann als von Kleinstunternehmen dominiert bezeichnet werden. Lediglich in der (relativ kapitalintensiven) Branche der Abwasser- und Abfallbeseitigung liegt die Unternehmensgröße deutlich über dem Durchschnitt des privaten nicht-primären Unternehmenssektors. Die Arbeitsproduktivität der KMU ist tendenziell geringer als jene der GU. Auch in bezug auf die Rentabilität weisen die GU bessere Indikatoren auf als die KMU. 1 Dieses (scheinbare) Paradoxon läßt sich darauf zurückführen, daß die Arbeitskosten je Beschäftigtem in GU höher sind. 55 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Export1 Es wurde bereits erwähnt, daß der Exportanteil am Gesamtumsatz in KMU im Durchschnitt geringer ist als in großen Unternehmen. Wie Abbildung 1.2 zeigt, trifft dies auch innerhalb eines Großteils der einzelnen Wirtschaftssektoren zu. Nur im Handel ist die Exportquote der KMU höher als jene der GU. Dies ist zu einem bedeutenden Teil auf kleine Großhandelsunternehmen zurückzuführen, die auf Import und Export spezialisiert sind. Abbildung 1.2 Anteil der Exporte am Gesamtumsatz, nach Wirtschaftssektoren, Europa-19, 1998 Bergbau (inkl. Energie) Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe Großhandel Einzelhandel (inkl. Fahrzeuge u. Reparatur) Verkehr und Nachrichtenübermittlung Unternehmensbezogene Dienstleistungen Kunsumentenbezogene Dienstleistungen Gesamt 0 5 10 15 20 KMU Quelle: 1.2 25 GU 30 35 40 45 Gesamt Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Aktuelle Entwicklung der KMU und GU 1.2.1 Makroökonomische Rahmenbedigungen Abbildung 1.3 stellt die Entwicklung des BIP in Europa-19, den USA und Japan dar. Das höchste Wachstum des realen BIP verzeichneten in der Periode von 19882000 die USA (2,6 %). Europa (2,1 %) und Japan (1,7 %) wiesen gegenüber den USA einen Wachstumsrückstand auf. Zwischen 1991 und 1993 verlangsamte sich das Wachstum sowohl in den USA als auch in Europa-19 (in den USA war das reale BIP im Jahr 1991 sogar rückläufig). Ab 1993 erholten sich die europäische und die amerikanische Volkswirtschaft von der Rezession und verzeichneten wieder hohe Wachstumsraten. Dies trifft insbesondere auf die USA ab dem Jahr 1996 zu. In Japan hingegen verlangsamte sich das Wachstum ab 1991, und abgesehen von einem kurzfristigen Anstieg im Jahr 1996 setzte bis heute keine durchgreifende Erholung ein. 1 Einschließlich innereuropäischem Handel. 56 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Abbildung 1.3 Reales BIP, Europa-19, USA und Japan, 1988/2000 (Index, 1988= 100) 140 130 120 110 100 90 1988 1989 1990 1991 1992 1993 Europa-19 Quelle: 1994 1995 1996 1997 USA 1998 1999 2000 Japan Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 5, Mai 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Tabelle 1.5 zeigt die Zusammensetzung des europäischen BIP-Wachstums. Besonders bemerkenswert ist, daß die Differenz zwischen dem Wachstum des internationalen Handels (Importe und Exporte; einschließlich inner-europäischer Handel) und dem Wachstum des BIP nach 1993 deutlich höher ist als in den Perioden 1988/1990 und 1990/1993. Dies mag durchaus auf das Binnenmarktprogramm zurückzuführen sein. Die Investitionsnachfrage zog nach der Rezessionsperiode 1990-1993 stark an und übertraf in der Periode 1993-2000 das Wachstum der Konsumnachfrage. Der starke Anstieg der Investitionen stellte für die KMU in Europa eine günstige Entwicklung dar, obwohl das Exportwachstum - das eher für große Unternehmen bedeutend ist - noch höher ausfiel. Tabelle 1.5 Komponenten der Endnachfrage, Importe und reales BIP, Europa-19, 1988/2000 1988/1990 1990/1993 1993/2000 1988/2000 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Investitionsnachfrage Privater Konsum Öffentlicher Konsum Exporte Importe BIP Quelle: 5.6 3.2 1.8 7.2 7.8 3.3 -2.5 1.3 1.8 3.4 1.6 0.7 3.3 2.2 1.1 6.6 6.5 2.4 2.2 2.1 1.4 5.9 5.5 2.1 Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 5, Mai 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 57 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 1.4 zeigt, daß die öffentlichen Defizite in Europa derzeit gegen Null gehen, und auch die Staatsverschuldung (in Prozent des BIP) ist seit 1997 rückläufig. Diese Entwicklung ist u. a. das Ergebnis der im Vertrag von Maastricht vereinbarten Maßnahmen. Zugleich führten diese Maßnahmen freilich auch zu einem sehr geringen Wachstum des öffentlichen Konsums. abbildung 1.4 Öffentliches Defizit und öffentliche Verschuldung, EU, 1988/2000 (in % des BIP) 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 Defizit Quelle: 1998 1999 2000 Verschuldung Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 5, Mai 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Abbildung 1.5 Inflation (VPI), Europa-19, USA und Japan, 1989/2000 (in %) 6 5 4 3 2 1 0 -1 1989 1990 1991 Europa-19 Quelle: 58 1992 1993 1994 1995 USA 1996 1997 1998 1999 2000 Japan Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 5, Mai 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Wie aus Abbildung 1.5 ersichtlich, war die Inflation in Europa zwischen 1991 und 1998 rückläufig und wird sich in der näheren Zukunft voraussichtlich bei 2 % stabilisieren. In den USA erreichte die Inflation das Niveau von 2 % zwar früher als in Europa, nach 1998 beschleunigte sich die amerikanische Preissteigerung allerdings wieder. Für Europa-19 und die USA kann die Stabilisierung bzw. ein Anstieg der Inflationsrate auf das hohe Wirtschaftswachstum zurückgeführt werden. In Japan schwankt die Entwicklung der Preisveränderungen stärker. In den frühen 90er Jahren fiel die Inflationsrate in Japan im Gleichschritt mit Europa und den USA, war allerdings schon von Beginn an auf einem relativ niedrigen Niveau. Im Jahr 1995 waren die Preise sogar rückläufig, und auch gegenwärtig ist mit einer Deflation zu rechnen. 1.2.2 Das Größenklassenmuster der makroökonomischen Entwicklung in Europa-19, den USA und Japan Umsatz In Tabelle 1.6 ist die Entwicklung des Umsatzes im europäischen privaten nichtprimären Unternehmenssektor zwischen 1988 und 2000 dargestellt. Im Durchschnitt betrug das reale Umsatzwachstum 2,2 % jährlich. Es wird ersichtlich, daß ein positiver Zusammenhang zwischen Umsatzwachstum und Unternehmensgröße besteht. Während die GU ein jährliches Umsatzwachstum von 2,3 % verzeichneten, waren es bei KMU nur 2,1 %. Bei Betrachtung der einzelnen Nachfragekategorien zeigt sich allerdings ein differenzierteres Bild. In bezug auf die Inlandsnachfrage verzeichneten die KMU eine bessere Entwicklung als die GU, während sie im Bereich des Exportumsatzes die gleiche Wachstumsrate wie die GU aufweisen1. Die bessere Umsatzentwicklung der GU ist somit in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die am schnellsten wachsende Nachfragekategorie - die Exporte - einen relativ großen Anteil an ihrem Gesamtumsatz hat. Tabelle 1.6 Umsatzwachstum im privaten nicht-primären Unternehmenssektor, nach Nachfragekategorien, Europa-19, 1988-2000 KMU Kleinst Kleine Mittlere Gesamt Große Gesamt Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Inlandsnachfrage - Konsumgüter - Investitionsgüter - Intermediäre Güter - Gesamt 1.3 1.8 2.2 1.8 1.0 1.3 2.2 1.7 0.6 0.9 2.2 1.5 1.0 1.3 2.2 1.7 0.5 0.6 2.2 1.5 0.8 1.1 2.2 1.6 Export 4.9 5.2 5.4 5.3 5.3 5.3 Gesamt 2.0 2.1 2.1 2.1 2.3 2.2 Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 1 Nur Kleinstunternehmen weisen im Bereich des Exports einen deutlichen Wachstumsrückstand auf. 59 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Das Größenklassenmuster des realen Umsatzwachstums unterscheidet sich nur geringfügig zwischen der EU und den Nicht-EU-Ländern. Wertschöpfung und Beschäftigung Bei einem Vergleich der Tabellen 1.6 und 1.7 zeigt sich eine hohe Ähnlichkeit zwischen den Größenklassenmustern des realen Umsatzwachstums und des realen Wachstums der Wertschöpfung: Auch das Wachstum der realen Wertschöpfung steht in positiver Beziehung zur Unternehmensgröße. Das Größenklassenmuster des realen Umsatzwachstums und das Wachstums der Wertschöpfung veränderte sich im Lauf der Zeit. In der Periode 1988-1990 verzeichneten die KMU - vor allem Kleinst- und kleine Unternehmen - ein höheres Wachstum der Wertschöpfung als GU. Während der 90er Jahre war die Situation genau umgekehrt. Zumindest bis zu einem gewissen Grad ist dies das Ergebnis der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaft, im Zuge derer sich die Exporte kontinuierlich zu der am schnellsten wachsenden Nachfragekategorie entwickelten. Wie oben gezeigt, begünstigt dies vor allem große Unternehmen.1 Tabelle 1.7 Entwicklung der realen Wertschöpfung und der Beschäftigung, Europa-19 1988/1990 1990/1993 1993/2000 1988/2000 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Reale Wertschöpfung KMU - Kleinst - Kleine - Mittlere - Gesamt 2.9 2.9 2.4 2.7 0.4 0.7 0.9 0.7 2.3 2.5 2.7 2.5 1.9 2.1 2.2 2.1 GU 2.2 0.9 3.0 2.4 Alle Unternehmen 2.4 0.8 2.7 2.2 KMU - Kleinst - Kleine - Mittlere - Gesamt 0.6 0.6 0.4 0.6 -0.8 -1.4 -2.0 -1.2 0.4 0.3 0.3 0.4 0.1 -0.1 -0.3 0.0 GU Alle Unternehmen 0.2 0.4 -2.0 -1.5 0.2 0.3 -0.4 -0.1 Beschäftigung Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 1 Es wurde bereits in früheren Jahresberichten des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU darauf hingewiesen, daß auch KMU, in Form von Zulieferungen und Fremdleistungen für GU, von den Exporten der GU profitieren. D. h., obwohl die Bedeutung der Exporte für das Wachstum der Gesamtumsätze bei KMU tatsächlich geringer ist als bei GU, profitieren KMU von Exporten doch in einem größeren Ausmaß als bei ausschließlicher Betrachtung des Anteils der Exporte am Gesamtumsatz zum Ausdruck kommt. 60 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle 1.7 zeigt auch, daß ein negativer Zusammenhang zwischen dem Beschäftigungswachstum und der Unternehmensgröße besteht. In der Periode 1988-2000 sank die Beschäftigung in Europa-19 um im Durchschnitt 0,1 % pro Jahr. Einem geringen Beschäftigungszuwachs in den Kleinstunternehmen stehen Arbeitsplatzverluste in den anderen Größenklassen gegenüber. Die negative Beziehung zwischen Unternehmensgröße und Entwicklung der Beschäftigung läßt sich durchgängig in allen Teilperioden feststellen, ist also unabhängig vom Konjunkturzyklus. Arbeitsproduktivität, Arbeitskosten und Rentabilität Tabelle 1.8 bietet einen Überblick über die Entwicklung der Arbeitsproduktivität, der Lohnstückkosten und der Rentabilität. Es wird ersichtlich, daß das Produktivitätswachstum der KMU mit knapp über 2 % jährlich im Zeitablauf sehr stabil war. In GU hingegen fiel der Anstieg der Arbeitsproduktivität in den 90er Jahren wesentlich stärker aus als zwischen 1988 und 19901. Die Arbeitskosten je Beschäftigtem stiegen in KMU und GU in gleichem Ausmaß (um etwa 4,5 % pro Jahr), aufgrund des höheren Wachstums der Arbeitsproduktivität stiegen jedoch die Lohnstückkosten in GU langsamer als in KMU. Allerdings entwickelte sich die Rentabilität - unabhängig von der Konjunkturphase - in KMU Tabelle 1.8 Arbeitsproduktivität, Lohnstückkosten und Rentabilität im privaten nichtprimären Unternehmenssektor, Europa-19 1988/1990 1990/1993 1993/2000 1988/2000 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Arbeitsproduktivität* - KMU - GU - Gesamt 2.1 2.0 2.0 1.9 3.0 2.3 2.1 2.8 2.4 2.1 2.7 2.4 4.3 4.6 4.5 3.8 2.7 3.4 1.0 0.5 0.8 2.3 1.7 2.0 Lohnstückkosten** - KMU - GU - Gesamt Durchschnittliche jährliche Veränderung in %-Punkten Rentabilität*** - KMU - GU - Gesamt 0.2 0.2 0.2 0.3 0.3 0.3 0.4 0.4 0.4 0.4 0.4 0.4 * Reale Wertschöpfung je Beschäftigtem. ** Arbeitskosten je Beschäftigtem, korrigiert um die Arbeitsproduktivität. *** Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 1 Bedauerlicherweise sind für den Zeitraum vor 1988 keine Daten verfügbar. Es kann deshalb nicht geprüft werden, ob das geringe Produktivitätswachstum der GU zwischen 1988 und 1990 nur ein vorübergehendes Phänomen darstellte, oder um das Jahr 1990 diesbezüglich ein Strukturbruch stattfand. 61 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht und GU gleichmäßig. Dies impliziert, daß KMU die höheren Lohnstückkosten in Form von Preissteigerungen weitergeben konnten1. Daraus kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß das geringere Produktivitätswachstum in KMU deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber GU geschwächt hat. Dieses Ergebnis bedeutet auch, daß die, in Abschnitt 1.1.1 festgestellte, vergleichsweise geringe Rentabilität der KMU bereits seit vielen Jahren gegeben ist und somit ein strukturelles Phänomen zu sein scheint. Zur Frage der Schaffung von Arbeitsplätzen Abbildung 1.6 veranschaulicht im Detail das Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums in Europa-19. Zwei Aspekte fallen auf: Die Entwicklung der Beschäftigung war nicht nur in Kleinstunternehmen am günstigsten, darüberhinaus fand auch der Wiederanstieg der Beschäftigung in Kleinstunternehmen seinen Anfang (ab 1995), während die Beschäftigung in kleinen, mittleren und großen Unternehmen im wesentlichen erst ab 1997 zunahm. Es wird immer wieder darauf hingewiesen, daß das Beschäftigungswachstum kleiner Unternehmen (auch) auf schrumpfende große Unternehmen zurückzuführen ist, die dadurch schließlich nicht mehr den GU sondern beispielsweise den Abbildung 1.6 Entwicklung der Beschäftigung, Europa-19, 1988-2000 110 105 100 95 90 1988 1989 1990 Micro Quelle: 1991 1992 Small 1993 1994 1995 1996 Medium-sized 1997 1998 1999 2000 Large Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 1 Tatsächlich stiegen die Verkaufspreise der KMU in der Periode 1988-2000 um 3 % pro Jahr, während die Preisveränderungen der GU lediglich 2,7 % pro Jahr betrugen. Zu einem Teil ist dies darauf zurückzuführen, daß Exportpreise weniger stark anstiegen als Preise bei Inlandsverkäufen (eine Auswirkung des schärferen Wettbewerbes auf internationalen Märkten), aber auch wenn der Inlandsabsatz und die Exporte jeweils für sich betrachtet werden, fielen die Preissteigerungen der KMU höher aus als jene der GU. 62 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 mittleren Unternehmen zugerechnet werden1. Tabelle 1.9 enthält Schätzungen zu der Frage, welchen Einfluß Unternehmen, die zwischen Größenklassen wechseln, auf das Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums haben. Es zeigt sich, daß Unternehmen, die zwischen Größenklassen wechseln, das Wachstumsdifferential zwischen KMU und GU nicht wesentlich beeinflussen. Nur während der Rezession 1993 hat das Beschäftigungswachstum von Kleinstunternehmen von schrumpfenden kleinen Unternehmen ‘profitiert’. Im Gegensatz dazu wurde in den Perioden 1988-1990 und 1993-2000 per Saldo jeweils eine erhebliche Anzahl von Kleinstunternehmen zu kleinen Unternehmen, wodurch das Beschäftigungswachstum der Kleinstunternehmen negativ und jenes der kleinen Unternehmen positiv beeinflußt wurde. Tabelle 1.9 Der Einfluß von zwischen den Größenklassen wechselnden Unternehmen auf das Beschäftigungswachstum nach Größenklassen, Europa-19, 1988/2000 1988/1990 1990/1993 1993/2000 1988/2000 In 1 000 p.a. KMU: - Kleinst - Kleine - Mittlere - Gesamt GU -115 40 75 0 0 760 -780 20 0 0 -235 145 90 0 0 35 -105 70 0 0 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Beschäftigungswachstum im privaten nicht-primären Unternehmenssektor Quelle: 0,4 -1,5 0,3 -0,1 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Vergleich mit den USA Tabelle 1.10 illustriert einige bemerkenswerte Unterschiede in der Entwicklung der Beschäftigung zwischen Europa-19 und den USA. Zunächst ist festzustellen, daß die Entwicklung der Beschäftigung in den USA deutlich günstiger verlief.2 Desweiteren war das Größenklassenmuster der Beschäftigungsentwicklung in den USA weniger eindeutig. In Europa-19 war ein durchgängig negativer Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem Beschäftigungswachstum festzustellen. In den USA hingegen bestand für die Periode 1990/1993 keine klare Beziehung zwischen Unternehmensgröße und Wachstum, und in der Periode 1993/1996, der Phase des starken Beschäftigungsanstiegs, war das Wachstum in GU mit Abstand am höchsten. 1 Dieses Thema wurde auch im Dritten, Vierten und Fünften Jahresbericht des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU behandelt. 2 Für eine Analyse des unterschiedlichen Beschäftigungswachstums in Europa und den USA siehe den Fünften Jahresbericht des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 63 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 1.10 Beschäftigungswachstum nach Größenklassen, Europa-19, 1990-1996 1990/1993 Europa-19 1993/1996 USA Europa-19 USA Durchschnittliche jährliche Veränderung in % KMU - Kleinst Kleine Mittlere Gesamt -0.8 -1.4 -2.0 -1.2 0.6 -0.4 -0.1 0.0 0.0 -0.1 -0.2 0.0 1.3 1.9 2.2 1.8 GU -2.0 0.9 -0.2 3.1 Gesamt -1.5 0.5 -0.1 2.5 Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999; Small Business Administration (Bureau of Advocacy). Zahl der Unternehmen Abbildung 1.7 stellt die Entwicklung der Unternehmenszahl ab 1988 dar. Am Beginn der Beobachtungsperiode blieb das Wachstum der Zahl der Kleinstunternehmen gegenüber jenem der Unternehmenszahl insgesamt zurück. Dies stimmt mit dem oben beschriebenen Phänomen überein, nach dem wachsende Kleinstunternehmen zu kleinen Unternehmen werden. Während der Rezession 19901993 war die Situation umgekehrt: Die Zahl der Kleinstunternehmen nahm zu, die Zahl der größeren Unternehmen verringerte sich. Ab 1993 war in allen Größenklassen ein Wachstum zu verzeichnen, am stärksten jedoch bei den Kleinstunternehmen. Die Perioden 1988-1990 und 1993-2000 sind durch hohes Wirtschaftswachstum gekennzeichnet, und aus Sicht der Größenklasse der Kleinstunternehmen war in beiden Perioden die Zahl der ‘hinauswachsenden’ Unternehmen Abbildung 1.7 Entwicklung der Zahl der Unternehmen, Europa-19, 1988-2000 120 Index: 1988=100 115 110 105 100 95 90 1988 1989 1990 Kleinst Quelle: 64 1991 1992 1993 Kleine 1994 1995 1996 Mittlere 1997 1998 1999 2000 Große Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 höher als jene der „hineinschrumpfenden”. Somit kann die Tatsache, daß die Zahl der Kleinstunternehmen von 1993-2000 so stark zugenommen hat, vermutlich auf einen gestiegenen Saldo aus Unternehmenszu- und -abgängen zurückgeführt werden. Unternehmensdemographie: Zugänge und Abgänge Wie oben gezeigt, hat die Zahl der Unternehmen während der 90er Jahre stark zugenommen. Dieses Wachstum ist das Ergebnis mehrerer Faktoren: • Neue Unternehmen treten in den Markt ein, andere beenden ihre Tätigkeit. • Unternehmen können sich zusammenschließen oder auch in kleinere, unabhängige Einheiten teilen. Natürlich haben während der letzten 10 Jahre beide Ereignisse stattgefunden. In diesem Abschnitt wird der Prozeß der Zu- und Abgänge von Unternehmen näher betrachtet1, 2. Tabelle 1.11 faßt die über echte Zu- und Abgänge in Europa-19 verfügbaren Daten für das Jahr 1995 zusammen. Im Jahr 1995 wurden fast 2 Millionen neue Unternehmen gegründet. Andererseits beendeten über 1½ Millionen Unternehmen ihre Tätigkeit. Aufgrund des Saldos aus Zu- und Abgängen stieg die Zahl der Unternehmen also um mehr als _ Million oder um 1 %. Es zeigt sich, daß das Gesamtwachstum der Unternehmenszahl im Jahr 1995 in erster Linie durch Zuund Abgänge von Unternehmen bestimmt ist, während andere Ursachen für eine Veränderung der Unternehmenszahl (z. B. Fusionen und Übernahmen) nur eine geringe Rolle spielen. Hervorzuheben ist auch, daß die Nettoveränderung der Unternehmenszahl das Ergebnis einer erheblichen Fluktuation ist: Die Zu- und Abgänge betragen jeweils etwa 10 % des Gesamtbestandes an Unternehmen. Zu- und Abgänge von Unternehmen bewirken eine Veränderung der Beschäftigung. Es stellt sich heraus, daß, trotz der gegenüber den Schließungen höheren Zahl an Gründungen, sowohl mit den Zu- als auch den Abgängen eine Bruttoveränderung der Beschäftigung von jeweils über 2½ Millionen verbunden ist. Dies steht in Übereinstimmung mit der Tatsache, daß die durchschnittliche Zahl an Beschäftigten in neu gegründeten Unternehmen etwas geringer ist als in Unternehmen, die aufgelöst werden. Der direkte Effekt von Gründungen und Schließungen auf die Beschäftigung ist somit sehr gering. Eine erste vergleichende Analyse der Gründungen und Schließungen von Unternehmen in Europa-19, den USA und Japan ist in Tabelle 1.12 dargestellt. Es bestehen allerdings erhebliche konzeptionelle und methodische Unterschiede zwischen den Statistiken für Europa-19, die USA und Japan (Unterschiede, die zu höheren Werten für Europa-19 führen). Daher ist bei der Interpretation dieser Daten Vorsicht angebracht. Europa-19 scheint aber jedenfalls keine schwächere Unternehmensfluktuation aufzuweisen als die beiden anderen Wirtschaftsräume. Die Differenzen zwischen den gemessenen Zugangs- und Abgangsraten sind zu hoch, als daß sie ausschließlich statistischen Unterschieden zugeschrieben werden 1 Wir verwenden eine eher enge Definition von Zugängen und Abgängen, die beispielsweise das Auftreten neuer oder den Abgang bestehender Unternehmen aufgrund von Zusammenschlüssen oder Teilungen ausschließt. Die so definierten Ereignisse werden als „echte” Zu- bzw. Abgänge bezeichnet. Darüberhinaus sind nunmehr Daten zu der mit Zuund Abgängen verbundenen Zahl an Arbeitsplätzen verfügbar. Die Verfügbarkeit dieser Information bei Eurostat stellt einen wesentlichen Fortschritt dar. 2 Bereits im Vierten Jahresbericht wurde das Thema der Unternehmensgründungen und -schließungen behandelt. Aufgrund der Verfügbarkeit neuer Daten von Eurostat können nun genauere und detailliertere Informationen bereitgestellt werden. 65 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 1.11 Schätzung der echten Zu- und Abgänge an Unternehmen, Europa-19, 1995 Variable Einheit Zahl der Unternehmen Zahl der Unternehmen Beschäftigungswirkung Beschäftigungswirkung Beschäftigte je Unternehmen in In in In * Zugänge 1 000 1 960 Prozent des Bestandes 11 1 000 2 650 Prozent des Bestandes 2 1 Abgänge Saldo aus Zugängen und Abgängen* 1 690 9 2 650 2 2 270 1 0 0 0 Aufgrund von Rundungen lassen sich die Werte dieser Spalte nicht unmittelbar aus den Werten für die Zu- und Abgänge ermitteln. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. könnten. Andererseits weisen die verfügbaren Informationen darauf hin, daß die Unternehmensfluktuation in den USA eine stärkere Beschäftigungswirkung hat als in Europa. Diesen Schluß legt die in den USA deutlich höhere durchschnittliche Größe der als Gründung erfaßten Unternehmen nahe. Dies und auch der Ausschluß verschiedener Kategorien von Unternehmen bei der Ermittlung der Gründungsrate in den USA läßt einen stärkeren Beschäftigungseffekt der Gründungen in den USA vermuten. Tabelle 1.12 Echte Zu- und Abgänge an Unternehmen, Europa-19, USA und Japan, 1995* Europa-19 Zugang an Unternehmen (in Prozent des Bestandes) Abgang an Unternehmen (in Prozent des Bestandes) Nettozugang (in Prozent des Bestandes) Gesamtwachstum der Unternehmenszahl (%) Durchschnittsgröße von Neugründungen * 11 9 1 2 1 USA 2 1 1 2 5 Japan 4 4 0 0 n/v Die Daten für Europa-19 sind mit jenen für die USA und Japan nicht unmittelbar vergleichbar, da die europäischen Statistiken Kategorien enthalten, die in den Statistiken der anderen Länder nicht berücksichtigt werden. Der bedeutendste Unterschied liegt in der Außerachtlassung der Zu- und Abgänge von Unternehmen ohne Beschäftigte in den Statistiken für die USA und Japan. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999; Small Business Administration (Bureau of Advocacy); Japanese Small Business Research Institute. 1.2.3 Größenklassenmuster nach Ländern Tabelle 1.13 stellt das Größenklassenmuster der Entwicklung der realen Wertschöpfung, der Beschäftigung und der Rentabilität auf Ebene der einzelnen Länder innerhalb von Europa-19 dar. Insgesamt war das Wachstum der realen Wertschöpfung in GU am höchsten. Auch auf Länderebene scheint dies allgemein gültig zu sein, nur in drei Ländern (Griechenland, Irland und Island) weisen KMU ein deutlich höheres Wachstum der realen Wertschöpfung auf als GU. Auch das auf der Europa-19 Ebene festgestellte Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums 66 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Table 1.13 Reale Wertschöpfung, Beschäftigung und Rentabilität nach Ländern, Europa-19, 1988-2000 Real Wertschöpfung KMU GU Beschäftigung KMU GU Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Ver. Königreich EU Island Norwegen Schweiz** Nicht-EU Gesamt 1,9 2,4 2,7 1,1 1,4 3,0 9,8 1,4 4,0 2,1 2,0 3,3 1,0 2,4 2,0 2,0 3,6 3,3 1,6 2,2 2,1 2,2 2,5 3,1 1,2 2,2 2,0 9,0 2,0 4,1 2,2 2,1 3,4 0,3 2,7 2,0 2,3 0,0 4,1 1,7 2,5 2,4 Rentabilität* KMU GU Durchschnittliche jährliche Veränderung in %-Punkten 0,0 0,0 -0,2 -1,7 0,0 1,7 2,8 -0,6 2,2 1,0 0,2 0,2 -1,9 1,0 -0,3 0,0 0,9 1,8 0,3 0,8 0,0 -0,2 0,2 -0,7 -1,6 0,3 1,2 2,6 -0,6 0,8 0,6 0,2 0,4 -2,0 1,0 -1,0 -0,4 0,2 1,8 0,0 0,4 -0,4 0,2 0,3 0,5 -0,1 0,2 0,0 0,8 0,5 0,1 0,1 0,0 1,1 -0,8 0,5 0,1 0,3 2,7 -0,1 0,5 0,9 0,4 0,2 0,6 0,7 -0,3 0,2 -0,3 0,8 0,7 0,4 0,2 0,1 -0,2 -1,5 0,5 0,1 0,3 0,3 -0,4 2,0 1,4 0,4 * Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung. ** Einschließlich Liechtenstein. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. (d. h. höheres Wachstum in KMU) spiegelt sich auf der Länderebene wider. In nur zwei Ländern (Dänemark und Frankreich) verzeichneten GU ein höheres Beschäftigungswachstum als KMU. In bezug auf die Rentabilität verlief die Entwicklung in KMU und GU auf der Europa-19 Ebene gleichmäßig. Auf der Länderebene zeigt sich jedoch ein uneinheitliches Bild: In fünf Ländern (Dänemark, Deutschland, Italien, Luxemburg und der Schweiz) weisen GU die günstigere Rentabilitätsentwicklung auf, in sechs Ländern (Finnland, Griechenland, Portugal, Schweden, Island und Norwegen) entwickelte sich die Rentabilität in KMU vorteilhafter. In den übrigen Ländern sind die Unterschiede zwischen KMU und GU nur unwesentlich. 1.2.4 Größenklassenmuster nach Wirtschaftssektoren Wie aus Tabelle 1.14 ersichtlich, verzeichneten die GU in jenen Sektoren, die eine hohe Exportneigung aufweisen (d. h. im verarbeitenden Gewerbe und im Verkehr und der Nachrichtenübermittlung), eine im Vergleich zu KMU günstigere Entwicklung der realen Wertschöpfung. Dies steht in Einklang mit dem hohen Wachstum der Exporte und der höheren Exportneigung von GU. Auch im Bereich der konsumentenbezogenen Dienstleistungen erzielten die GU ein stärkeres Wachstum der realen Wertschöpfung - hier scheinen technologische Veränderungen eine Rolle zu 67 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 1.14 Reale Wertschöpfung, Beschäftigung und Rentabilität nach Wirtschaftssektoren, Europa-19, 1988-2000 Reale Wertschöpfung KMU GU Beschäftigung KMU GU Durchschnittliche järliche Veränderung in % Bergbau Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe Großhandel Einzelhandel (inkl. Fahrzeuge, Reparatur) Verkehr, Nachrichtenübermittlung Unternehmensbezogene Dienstleistungen Konsumentenbezogene Dienstleistungen Gesamt * Rentabilität* KMU GU Durchschnittliche jährliche Veränderung in %-Punkten 2,3 1,9 1,7 2,6 -0,1- 0,4 2,4 1,5 2,3 3,1 0,8 2,2 -1,1 0,2 0,5 -1,3 -0,4 0,2 0,6 0,8 0,3 0,8 0,6 0,4 1,5 0,9 -0,1 -1,4 0,4 0,7 2,6 2,9 1,1 0,3 0,1 0,7 2,1 2,1 1,0 1,2 0,0 0,0 1,6 2,1 1,8 2,4 -0,2 0,0 -0,8 -0,4 0,4 0,4 0,6 0,4 Differenz zwischen Wertschöpfung und der um den Unternehmerlohn korrigierten Arbeitskosten, in Prozent der Wertschöpfung. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht. Weitere Quellen: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Juni 1999, und OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. spielen. Im Bergbau, im Baugewerbe und im Einzelhandel verzeichneten die KMU ein stärkeres Wachstum der realen Wertschöpfung. Das auf der Makroebene festgestellte Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums - KMU wachsen hier schneller - existiert auch auf Ebene der einzelnen Wirtschaftssektoren, nur im Bergbau entwickelte sich die Beschäftigung in GU günstiger. In bezug auf die Rentabilität variiert das Größenklassenmuster zwischen den Wirtschaftssektoren sehr stark. 1.3 Zukünftige Entwicklung der KMU und GU in Europa-19: Szenario-Analyse 2000-2005 In diesem Abschnitt wird ein mögliches Größenklassenmuster der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung erarbeitet. Dies erfolgt unter Verwendung der Szenariomethode1; konkret wird untersucht, wie sich die Größenklassenstruktur der 1 Es muß betont werden, daß die Ergebnisse dieses Abschnitts nicht als Prognose der tatsächlichen Entwicklungen interpretiert werden sollten. Das Szenario beabsichtigt vielmehr die Auswirkungen der aktuellen Trends in der europäischen Wirtschaft zu analysieren. Das Szenario könnte als Ausgangsbasis für politische Maßnahmen zur Verbesserung der Lage und Wettbewerbsfähigkeit der KMU dienen. 68 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 europäischen Wirtschaft entwickeln wird, wenn die aktuellen Trends des makroökonomischen Wirtschaftsumfeldes anhalten. Das Szenario berücksichtigt als Trends die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft und die u. a. unter dem Einfluß des Binnenmarktes und der Einführung des Euro fortschreitende Konvergenz der nationalen Volkswirtschaften. Den Auswirkungen der Internationalisierung wird dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Das Szenario wurde mit Hilfe des „SME in Europe Accounting Scheme” entwickelt (siehe Anhang I dieses Kapitels). Dieses Modell verwendet das in Abschnitt 1.3.1 dargestellte makroökonomische Szenario als Input. Im folgenden beleuchtet Abschnitt 1.3.2 das Größenklassenmuster der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf der Ebene von Europa-191. 1.3.1 Makrökonomische Rahmenbedingungen des Szenarios Die makroökonomischen Rahmenbedingungen für das Szenario wurden unter Heranziehung der folgenden Annahmen entwickelt: • Für die relevanten Hauptindikatoren wird sich die Entwicklung der 90er Jahre fortsetzen. • Mit der fortschreitenden europäischen Integration wird auch der Trend zunehmender Konvergenz anhalten. Dies wurde in der Weise operationalisiert, daß für jene Länder, die ein relativ geringes Wachstum der Endnachfrage aufweisen, ein kontinuierlicher Anstieg in Richtung des europäischen Durchschnitts angenommen wird. • Die Inflation ist während der 90er Jahre kontinuierlich gesunken. Dieser Trend wird fortgeschrieben, in keinem Land wird jedoch eine jährliche Inflationsrate (gemessen am Verbraucherpreisindex) von unter 1% zugelassen. Die gleiche Vorgangsweise gilt für die Import- und Exportpreise sowie für die Löhne. Diese Annahmen sind in Tabelle 1.15 zusammengefaßt, die auch einen direkten Vergleich mit den tatsächlichen Werten der 90er Jahre ermöglicht. Der private Konsum wächst mit einer Jahresrate von 2,3%, also etwas stärker als in der jüngeren Vergangenheit. Der öffentliche Konsum steigt schneller als in der Periode 1993/2000, da die Notwendigkeit einer Verringerung der Ausgaben nicht mehr in dem Maß gegeben ist wie noch unmittelbar aufgrund des Vertrages von Maastricht. Die Bauinvestitionen werden etwa mit der gleichen Rate wie der private Konsum wachsen. Das Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen wird sich in der Prognoseperiode im Vergleich zum Zeitraum 1993/2000 verlangsamen. Dies deshalb, da sich die Investitionen zu Beginn der letztgenannten Periode aufgrund der vorangegangenen Rezession auf sehr niedrigem Niveau befanden und die Rückstände eben im Zeitraum 1993/2000 aufgeholt wurden. Da die Impulse aus der Vollendung des Binnenmarktes bereits weitgehend realisiert sind, nehmen wir an, daß das Wachstumsdifferential zwischen internationalem Handel - der zu einem großen Teil inner-europäischer Handel ist - und BIP abnimmt. Im Endergebnis wird das BIP mit etwa der gleichen Rate wachsen wie in der Periode 1993/2000. In bezug auf den Arbeitsmarkt kann davon ausgegangen werden, daß sich das Wachstum der Arbeitsproduktivität im Vergleich zu den 90er Jahren verlangsamen wird. Dies ergibt sich aus dem steigenden Anteil der Dienstleistungen. Folglich wird die Beschäftigung weiter zunehmen, und die Arbeitslosigkeit könnte wesentlich abnehmen. 1 Siehe auch: Bosma, N., Kwaak, T., SICLASS - Forecasting the European Enterprise Sector by Industry and Size class (SICLASS - Prognose für den europäischen Unternehmenssektor nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen), EIM, Research Report 9812/E. 69 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Unter den Bedingungen geringerer Arbeitslosigkeit steigen die Arbeitskosten je Beschäftigtem in etwa dem gleichen Ausmaß wie im Zeitraum 1993/2000. Der angenommene Anstieg der Importpreise beträgt 1,3 % jährlich. Dieser Wert liegt über jenem der Vergleichsperiode, der allerdings von einem einmaligen Rückgang der Importpreise im Jahr 1998 beeinflußt wurde. Auf diesem Hintergrund steigen die Verbraucherpreise in der Szenarioperiode nur langsam. Es wird deutlich, daß die meisten Variablen Werte annehmen, die sich von jenen des Vergleichszeitraumes nur wenig unterscheiden - das Szenario kann somit zumindest als plausibel erachtet werden. Die Hauptmerkmale stellen die fortgesetzte Internationalisierung und die niedrige Inflation dar. Tabelle 1.15 Makroökonomische Rahmenbedingungen des Szenarios, Europa-19 1988/1993 1993/2000 2000/2005 Durchschnittliche jährliche Veränderung in % Reales Wachstum - Privater Konsum Öffentlicher Konsum Bauinvestitionen Sonstige Investitionen Exporte Importe BIP 1,7 1,4 1,2 -0,1 5,3 3,8 1,5 2,2 1,1 2,2 5,1 6,6 6,5 2,4 2,3 1,6 2,2 3,2 5,9 5,8 2,4 1,8 -0,3 10,5 1,9 0,6 9,1 1,6 0,7 8,3 6,3 1,9 4,5 3,3 1,1 2,2 3,2 1,3 1,7 Arbeitsmarkt - Arbeitsproduktivität - Beschäftigung - Arbeitslosenrate* Deflatoren - Arbeitskosten je Beschäftigtem - Importpreise - Verbraucherpreisindex * In Prozent des Arbeitskräfteangebots am Ende der Periode. Quelle: EIM Small Business Research and Consultancy. 1.3.2 Das Größenklassenmuster der makroökonomischen Entwicklung in Europa-19 Umsatz Tabelle 1.16 faßt die Ergebnisse des Szenarios in bezug auf den Umsatz zusammen. Hinsichtlich des Inlandsumsatzes zeigen die kleineren Unternehmen eine bessere Entwicklung als die großen Unternehmen, die Unterschiede sind jedoch gering. Keine signifikanten Unterschiede ergeben sich zwischen KMU (insgesamt) und großen Unternehmen bezüglich der Exporte. Die Bruchlinie liegt hier zwischen den kleinen und den mittleren Unternehmen: Mittlere und große Unternehmen übertreffen die kleinen und die Kleinstunternehmen. Daraus resultiert ein positiver Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Umsatzwachstum: Die Umsätze der Kleinstunternehmen wachsen im Szenario um 2,5 % pro Jahr, jene der großen Unternehmen jedoch im Durchschnitt um über 3 %. 70 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle 1.16 Ergebnisse des Szenarios für das reale Umsatzwachstum, Europa-19, 2000/2005 KMU Kleinst kleine Mittlere Gesamt Große Gesamt Durchschnittliches jährliches Wachstum in % Inlandsumsatz Exporte Gesamtumsatz 2,3 5,5 2,5 2,2 5,8 2,8 2,1 6,8 2,9 2,2 6,2 2,7 2,0 6,3 3,1 2,1 6,3 2,9 0,8 1,2 2,0 1,1 1,3 2,4 0,7 1,2 1,9 1,4 1,3 2,7 1,0 1,2 2,3 Einfluß der Exporte auf den Gesamtumsatz - Direkt - Indirekt - Gesamt 0,4 1,1 1,5 Quelle: EIM Small Business Research and Consultancy. Obwohl dem Inlandsabsatz ein Anteil von mehr als 85 % am Gesamtumsatz zukommt, scheint die Entwicklung der Exporte für das Größenklassenmuster des Umsatzwachstums ausschlaggebend zu sein. Im unteren Teil von Tabelle 1.16 ist der Einfluß der Exporte auf das Umsatzwachstum dargestellt. Es ist ersichtlich, daß der direkte Einfluß der Exporte auf das Umsatzwachstum in kleineren Unternehmen am geringsten ist. Teilweise ist dies darauf zurückzuführen, daß die Exporte in kleinen und Kleinstunternehmen am schwächsten wachsen. Von größerer Bedeutung ist allerdings, daß der Anteil der Exporte am Gesamtumsatz in KMU erheblich geringer ist als in großen Unternehmen. Die Exporte wirken auf das Umsatzwachstum aber auch indirekt. Exportierende (große) Unternehmen vergeben nämlich Leistungen an andere (kleine) Unternehmen. Tabelle 1.16 zeigt, daß diese indirekten Wirkungen für KMU sehr bedeutend sind. Obwohl also KMU aufgrund ihrer Ausrichtung auf den Inlandsabsatz in einer von zunehmender Internationalisierung bestimmten Umwelt benachteiligt sind, ist dieser Nachteil zwar der entscheidende Faktor für das zukünftige Größenklassenmuster des wirtschaftlichen Wachstums, aber doch kleiner als ein erster Blick auf den Exportanteil am Umsatz und den Wachstumsunterschied zwischen Inlandsnachfrage und Exporten vermuten lassen würde. Daraus folgt auch, daß die Sicherung eines dynamischen und effizienten KMU-Sektors von großer Bedeutung ist, da zwar KMU selbst keine umfangreiche Exporttätigkeit entfalten, jedoch die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes indirekt entscheidend beeinflussen. Wertschöpfung, Arbeitsproduktivität und Beschäftigung Aus Abbildung 1.8 wird ersichtlich, daß das Größenklassenmuster des Wachstums der realen Wertschöpfung jenem für das Umsatzwachstum entspricht: Das Wachstum der Wertschöpfung und die Unternehmensgröße stehen in positivem Zusammenhang. Auch das Wachstum der Arbeitsproduktivität ist mit der Unternehmensgröße positiv korreliert. Bis zu einem gewissen Grad ist dies das Ergebnis eines schnelleren technologischen Wandels in großen Unternehmen. Zudem sind kleine Unternehmen stärker auf den Dienstleistungsbereich ausgerichtet, in dem die Arbeitsproduktivität unterdurchschnittlich wächst. Dies führt zu einem nur wenig strukturierten Größenklassenmuster des Beschäftigungswachstums: Das Beschäftigungswachstum variiert zwischen 0,4 % pro Jahr in Kleinstunternehmen und durchschnittlich 0,6 % in großen Unternehmen. 71 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 1.8 Ergebnisse des Szenarios für das Wachstum der realen Wertschöpfung, der Arbeitsproduktivität und der Beschäftigung, Europa-19, 2000/2005 Durchschnittliche j ahrliche eränderung in % 3 2 1 0 Wertschöpfung Kleinst Arbeitsproduktivität Kleine Mittlere Beschäftigung Große Gesamt Quelle: EIM Small Business Research and Consultancy. Rentabilität In Abschnitt 1.1 wurde festgestellt, daß die Rentabilität mit der Unternehmensgröße zunimmt, und in Abschnitt 1.2 konnte gezeigt werden, daß diese Unterschiede bereits über einen längeren Zeitraum bestanden haben. Aus Abbildung 1.9 Abbildung 1.9 Rentabilität nach Größenklassen, Europa-19, 2000 und 2005 70 60 50 40 % 30 20 10 0 Kleinst Kleine 2000 Quelle: EIM Small Business Research and Consultancy. 72 Mittlere Große 2005 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 wird ersichtlich, daß die Rentabilitätsunterschiede zwischen den Größenklassen im Szenario noch anwachsen werden: In Kleinstunternehmen wird die Rentabilität unverändert bleiben, in kleinen, mittleren und großen Unternehmen jedoch anwachsen. Dies ergibt sich aus dem Größenklassenmuster der Arbeitsproduktivität, die in GU am stärksten wächst, und daraus, daß kleinere Unternehmen in Zukunft weniger Möglichkeiten vorfinden werden, Kostenanstiege über die Preise weiterzugeben. Letzteres ist ein Resultat der zunehmenden Internationalisierung: Wie schon während der 90er Jahre steigen die Exportpreise langsamer als die Preise auf den Inlandsmärkten. Zahl der Unternehmen Wie Abbildung 1.10 zeigt, wird die Zahl der Unternehmen zwischen 2000 und 2005 laut Szenario um knapp 8 % zunehmen. Die Zahl der Kleinstunternehmen wird in vergleichsweise geringem Ausmaß wachsen, was darauf zurückgeführt werden könnte, daß einige bestehende Kleinstunternehmen in die Gruppe der kleinen Unternehmen „hinaufwachsen”. Dies steht auch in Einklang mit dem überdurchschnittlichen Wachstum der Zahl der kleinen Unternehmen. Abbildung 1.10 Ergebnisse des Szenarios für die Zahl der Unternehmen, Europa-19, 2005 112 110 Index: 2000=100 108 106 104 102 100 Kleinst Kleine Mittlere Große Quelle: EIM Small Business Research and Consultancy. 1.4 Die Lage des Handwerks und der Sozialwirtschaft 1.4.1 Die Lage des Handwerks Das europäische Handwerk trägt zur Erhaltung traditioneller Wirtschaftskultur und zur sozialen und ökonomischen Kontinuität bei, indem es berufliche Qualifikationen und Unternehmertum fördert. Dieser Abschnitt setzt die im Zweiten Jahres- 73 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU begonnene laufende Beschreibung des Handwerks fort. Da eine einheitliche Definition des Handwerks nicht existiert, werden nationale Handwerks-Definitionen verwendet. In einigen Ländern wird diese Definition durch nationale Rechtsakte getroffen. Die Definitionen können nach verschiedenen Ansätzen klassifiziert werden: dem berufsbezogenen Ansatz (Definition nach dem Kriterium des Berufs), dem Kunsthandwerks-Ansatz (die Bezeichnung Handwerk ist ausschließlich künstlerischen Tätigkeiten vorbehalten) oder der Definition nach Wirtschaftssektor und Unternehmensgröße (Handwerksbetriebe sind kleine Betriebe in bestimmten Wirtschaftssektoren)1. In anderen Ländern wiederum existiert keine gesetzliche Handwerksdefinition, und es muß auf andere Methoden zur Schätzung der Größe des Handwerkssektors zurückgegriffen werden. Da sich die Handwerks-Definitionen zwischen den Ländern stark unterscheiden, wird auf den Versuch verzichtet, eine Schätzung des Umfangs des Handwerkssektors auf gesamteuropäischer Ebene vorzunehmen2. Die Tabellen 1.17 und 1.18 bieten einen Überblick über die Entwicklung der Zahl der Unternehmen und der Beschäftigung im Handwerk in den 90er Jahren3. Im folgenden werden die Entwicklungen gereiht nach den definitorischen Ansätzen, denen die Länder zugeordnet sind, kommentiert: • Länder mit Definition nach dem Kriterium des Berufs. In Österreich und Luxemburg blieb die Größe des Handwerkssektors im Zeitablauf weitgehend unverändert. In Deutschland stabilisierte sich die Entwicklung des Handwerks in den letzten Jahren wieder, nachdem zwischen 1994 und 1997 ein Beschäftigungsrückgang zu verzeichnen war. Für die restlichen Länder (Island, Liechtenstein) erlauben die verfügbaren Daten keine verläßliche Beurteilung der Entwicklung des Handwerks. • Länder mit Definition nach den Kriterien Wirtschaftssektor/Unternehmensgröße. In Frankreich sank die Beschäftigung in der ersten Hälfte der 90er Jahre, ab 1995 scheint allerdings eine kräftige Erholung eingesetzt zu haben. In Italien blieb die Zahl der Handwerksunternehmen weitgehend unverändert. In den Niederlanden steigt sowohl die Zahl der Handwerksunternehmen als auch die Beschäftigung seit 1995 an. • In Spanien erfolgt die Definition nach dem Kriterium Kunsthandwerk. Die Zahl der Unternehmen zeigt sich sehr stabil. Nach einem Beschäftigungsanstieg zu Beginn der 90er Jahre folgten allerdings einige Jahre mit Arbeitsplatzverlusten. In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Entwicklung jedoch wieder stabilisiert. • Für Länder mit anderen definitorischen Ansätzen sind nur wenige Daten verfügbar4. Die Zahlen für Irland zeigen ein stetiges Beschäftigungswachstum seit 1993. Für die restlichen Länder erlauben die verfügbaren Daten keine Analyse der Trends. 1 Die Klassifikation wurde erstmals im Vierten Jahresbericht aufgestellt. Gegenüber dem Fünften Jahresbericht wurden nun Schätzungen für drei zusätzliche Länder aufgenommen: Belgien, Finnland und Irland (Klassifikation der Definitionen unter „sonstige Ansätze”). 3 Da für die einzelnen Länder unterschiedliche Handwerks-Definitionen verwendet werden, sind die Daten zwischen den Ländern nicht vergleichbar. Auch ein Vergleich mit den Daten in Abschnitt 1.1 ist nicht zulässig. 4 Wie erwähnt, besteht für diese Länder keine gesetzlich niedergelegte Definition des Handwerks, wodurch die Festlegung statistischer Kriterien für die Messung der Größe des Handwerkssektors sehr erschwert wird. 2 74 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle 1.17 Zahl der Handwerksunternehmen gemäß nationaler Definitionen (für methodologische Anmerkungen siehe Anhang III dieses Kapitels) 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Definition nach dem Kriterium des Berufs Deutschland* 598 606 614 Island 5 5 6 Liechtenstein 1 n.v. n.v. Luxemburg 4 4 4 Österreich 42 42 42 594 6 n.v. 4 42 598 6 1 4 42 603 6 n.v. 4 42 605 n.v. n.v. n.v. 42 607 n.v. n.v. n.v. 43 608 n.v. n.v. n.v. n.v. Definition nach den Kriterien Wirtschaftssektor/Unternehmensgröße Frankreich 854 857 831 811 821 828 823 819 Italien 1 140 1 209 1 260 1 272 1 326 1 333 1 325 1 338 Niederlande** 101 107 115 121 101 127 140 145 n.v. n.v. n.v. In 1 000 Definition nach dem Kriterium Kunsthandwerk Spanien Sonstige Ansätze Belgien Finnland Irland Schweiz*** Ver. Königreich 14 15 15 15 15 15 15 15 n.v. n.v. n.v. n.v. 58 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 17 n.v. 104 n.v. n.v. n.v. 54 n.v. n.v. 57 19 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 164 n.v. 60 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. * Aufgrund revidierter Berechnungen sind Werte ab 1994 mit jenen der vorangegangenen Jahre nicht vergleichbar. ** Aufgrund des Ausschlusses nicht-aktiver Unternehmen ab dem Jahr 1995 sind Vergleiche zu den vorangegangenen Jahren nicht zulässig. *** Für 1991 und 1995 Wechsel zur Noga Klassifikation. Anmerkung: Aufgrund unterschiedlicher Handwerksdefinitionen zwischen den Ländern ist ein direkter Ländervergleich nicht zulässig. Tabelle 1.18 Beschäftigung im Handwerk gemäß nationaler Definitionen (für methodologische Anmerkungen siehe Anhang III dieses Kapitels) 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 In 1 000 Definition nach dem Kriterium des Berufs Deutschland* 4 516 4 670 5 018 6 872 6 409 6 296 6 170 6 171 6 171 Island 16 16 15 14 15 15 n.v. n.v. n.v. Liechtenstein 5 n.v. n.v. n.v. 6 n.v. n.v. n.v. n.v. Luxemburg 41 43 43 43 44 43 n.v. n.v. n.v. Österreich 288 290 288 294 292 293 293 292 n.v. Definition nach den Kriterien Wirtschaftssektor/ Unternehmensgröße Frankreich 2 245 2 205 2 165 2 010 2 063 2 305 2 307 2 757 Italien 3 112 3 097 3 011 3 108 n.v. n.v. n.v. n.v. Niederlande** 354 353 331 317 308 419 430 433 n.v. n.v. n.v. Definition nach dem Kriterium Kunsthandwerk Spanien 48 57 59 Sonstige Ansätze Belgien Finnland*** Irland Schweiz**** Ver. Königreich n.v. 27 99 351 n.v. n.v. n.v. 96 n.v. n.v. n.v. n.v. 89 n.v. n.v. 54 46 46 46 45 n.v. n.v. n.v. 97 n.v. n.v. 519 20 99 335 n.v. n.v. n.v. 102 n.v. n.v. n.v. n.v. 114 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 317 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. * Aufgrund revidierter Berechnungen sind Werte ab 1994 mit jenen der vorangegangenen Jahre nicht vergleichbar. ** Aufgrund des Ausschlusses nicht-aktiver Unternehmen ab dem Jahr 1995 sind Vergleiche zu den vorangegangenen Jahren nicht zulässig. *** Die für 1991 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1990. **** Für 1991 und 1995 Wechsel zur Noga Klassifikation. Anmerkung: Aufgrund unterschiedlicher Handwerksdefinitionen zwischen den Ländern ist ein direkter Ländervergleich nicht zulässig. 75 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 1.4.2 Die Lage der Sozialwirtschaft Der Vierte Jahresbericht beinhaltete einen Überblick über Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen (GGVS; auch Sozialwirtschaft oder dritter Sektor genannt; Vereine und Stiftungen werden unter dem Überbegriff „gemeinnützige Organisationen” zusammengefaßt). In diesem Abschnitt werden die damals dargestellten quantitativen Informationen auf den aktuellen Stand gebracht. Kapitel 7 bietet eine stärker qualitativ orientierte Analyse der Vereine und Stiftungen. Der Ausgangspunkt der im vorliegenden Kapitel präsentierten Daten über die gemeinnützigen Organisationen sind die registrierten Vereine und Stiftungen. Diese Daten unterscheiden sich somit von den in Kapitel 7 verwendeten statistischen Schätzungen zu Größe und Struktur aller Arten von Organisationen im gemeinnützigen Sektor. Die Tabellen 1.19 und 1.20 fassen die verfügbaren Statistiken zur wirtschaftlichen Bedeutung der GGVS zusammen. Es muß von Beginn an darauf hingewiesen werden, daß sich die den statistischen Konzepten zugrundeliegenden rechtlichen Bestimmungen zwischen den Ländern stark unterscheiden. Folglich ist ein Vergleich der in diesem Abschnitt dargestellten Daten nicht nur mit jenen in Abschnitt 1.1 unzulässig, sondern auch zwischen den Ländern bestehen regelmäßig große Unterschiede in bezug auf die verwendeten Definitionen1. Es wurde deshalb auch nicht der Versuch unternommen, Schätzungen für die EU oder Europa-19 zu erstellen. Darüberhinaus sind die Definitionen innerhalb einzelner Länder Veränderungen im Zeitablauf unterworfen, so daß auch die Analyse zeitlicher Entwicklungen erschwert wird. Die Daten zeigen, daß die Zahl der GGVS auf europäischer Ebene eine Größenordnung von etwa 5-10 % der Gesamtzahl der Unternehmen erreicht. Die Beschäftigung im GGVS-Sektor entspricht etwas mehr als 5 % der Gesamtbeschäftigung in Europa. 1 Zu GGVS sind nur wenig Daten verfügbar. Einer der Gründe liegt darin, daß Verwaltungsregister oftmals nicht ausreichend Informationen über die Rechtsform dieser Organisationen beinhalten. 76 2 450 3 807 8 769 n.v. 24 415 7 446 713 38 194 17 4 106 2 403 1 569 n.v. 24 110 5 218 n.v. n.v. n.v. 13 858 30 179 4 139 11 043 794 23 000 n.v. 742 44 523 273 3 993 2 153 3 024 15 100 27 994 n.v. 65 9 638 14 338 1994 1 4 2 2 64 3 10 2 15 7 n.v. 799 243 767 235 864 760 425 n.v. 260 065 n.v. n.v. n.v. 633 n.v. n.v. 872 n.v. 1998 1 505 100 2 195 n.v. 8 030 53 0 468 59 812 71 102 n.v. 467 107 n.v. 0 n.v. 0 1990 1 172 85 n.v. 118 6 622 n.v. 0 1 109 61 275 67 81 n.v. 400 n.v. 32 0 6 0 1994 n.v. 84 n.v. 352 3 405 3 n.v. n.v. n.v. n.v. 67 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 0 1 419 0 1998 25 138 398 78 1 52 203 1994 1998 n.v. 50 773 n.v. 893 450 904 946 n.v. n.v. n.v. n.v. 142 300 233 119 049 288 067 929 n.v. 3 354 297 259 210 280 n.v. 188 000 n.v. n.v. n.v. 831 821 28 015 142 87 853 96 288 458 1 529 n.v. n.v. 11 100 n.v. 907 160 573 n.v. 000 n.v. 188 000 n.v. 680 n.v. n.v. 600 n.v. n.v. n.v. 3 280 504 25 085 n.v. 1990 Gemeinnützige Organisationen 343 Gegenseitigkeitsgesellschaften 34 59 483 n.v. 404 14 20 246 2 84 59 36 n.v. 391 181 n.v. n.v. n.v. n.v. 1990 n.v. 58 531 67 n.v. n.v. 29 n.v. n.v. 116 57 n.v. 66 464 n.v. 3 n.v. 51 n.v. 1994 Genossenschaften n.v. n.v. 492 80 325 6 40 452 n.v. n.v. 65 n.v. n.v. n.v. 68 n.v. n.v. 43 n.v. 1998 12 0 50 n.v. 136 0 0 0 0 n.v. n.v. 1 n.v. 5 28 n.v. 0 n.v. 0 1990 n.v. 0 n.v. 5 n.v. n.v. 0 n.v. 0 7 n.v. n.v. n.v. 2 n.v. 500 0 n.v. 0 1994 n.v. n.v. n.v. n.v. 105 1 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 72 n.v. 0 8 0 1998 209 14 1 018 32 628 0 2 418 2 16 n.v. 33 n.v. n.v. 946 n.v. n.v. n.v. n.v. 1990 469 10 1 330 89 n.v. n.v. 2 n.v. n.v. 18 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 6 n.v. n.v. n.v. 1994 n.v. 18 n.v. 70 1 200 n.v. 1 690 n.v. n.v. 144 n.v. n.v. n.v. 350 n.v. n.v. 27 n.v. 1998 Gegenseitigkeitsgesellschaften Gemeinnützige Organisationen Zahl der Beschäftigten (1 000) Die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1995. Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997; die für gemeinnützige Organisationen ausgewiesene Zahl der Beschäftigten bezieht sich ausschließlich auf Vereine; die für 1990 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1991. c Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997 (Niederlande: Die für Genossenschaften für 1997 ausgewiesenen Daten schließen Gegenseitigkeitsgesellschaften ein). d Die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1993. e Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1996. Anmerkung: Aufgrund zwischen den Ländern unterschiedlicher statistischer Definitionen von Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützigen Organisationen ist ein direkter Ländervergleich nicht zulässig; auch ein Vergleich der Werte verschiedener Jahre innerhalb eines Landes ist grundsätzlich nicht zulässig, da sich die Definitionen im Zeitablauf verändern können. a b Belgiena Dänemark Deutschland Finnlandb Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlandec Österreich Portugald Schweden Spaniena Ver. Königreich Island Liechtenstein Norwegene Schweiz 1990 Genossenschaften Zahl der Unternehmen Tabelle 1.19 Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Organisationen: Zahl der Unternehmen und Beschäftigten (in 1 000) (für methodologische Anmerkungen siehe Anhang III dieses Kapitels) Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 77 78 4 2 1 8 20 2 n.v. n.v. 387 161 n.v. n.v. 895 107 n.v. n.v. 545 n.v. 196 n.v. n.v. 39 n.v. n.v. n.v. 8 3 2 7 20 2 16 n.v. n.v. 428 257 800 363 400 148 n.v. n.v. 026 n.v. n.v. n.v. 281 n.v. n.v. n.v. n.v. 1998 5 907 1 082 n.v. n.v. 62 000 7 0 514 208 n.v. 58 677 5 216 n.v. 19 748 n.v. 0 n.v. 0 1990 n.v. 1 354 n.v. n.v. n.v. n.v. 0 n.v. 0 n.v. 59 n.v. 2 000 n.v. n.v. n.v. 0 n.v. 0 1994 n.v. n.v. n.v. n.v. 40 000 99 n.v. 306 n.v. n.v. 58 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 0 n.v. 0 1998 7 834 2 007 37 528 n.v. 25 500 n.v. 1 263 n.v. n.v. n.v. n.v. 523 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 1990 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 1 318 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 1994 n.v. n.v. n.v. 3 700 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 1998 Gemeinnützige Organisationen 37 21 98 000 n.v. 444 n.v. 7 0 0 96 10 4 13 444 n.v. 7 000 n.v. n.v. n.v. n.v. 1990 1998 n.v. 0 24 26 12 000 124 000 14 n.v. n.v. 684 n.v. 6 11 n.v. 19 52 n.v. n.v. 10 n.v. 10 n.v. n.v. n.v. 25 592 n.v. 13 n.v. n.v. 7 800 1 n.v. n.v. n.v. 8 13 917 n.v. n.v. 1994 Genossenschaften 11 0 18 n.v. 43 0 0 0 0 0 8 0 390 n.v. 20 000 n.v. 0 n.v. 0 1990 n.v. 0 n.v. n.v. n.v. n.v. 0 n.v. 17 1 9 n.v. 962 n.v. n.v. n.v. 0 n.v. 0 1994 0 n.v. n.v. n.v. 45 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 11 n.v. n.v. n.v. 6 200 n.v. 0 713 0 1998 Gegenseitigkeitsgesellschaften 7 7 46 n.v. 28 0 5 0 n.v. 8 n.v. 0 n.v. n.v. 32 000 n.v. n.v. n.v. n.v. 1990 1998 n.v. n.v. 1 36 n.v. n.v. 1 977 n.v. n.v. 11 n.v. n.v. 8 9 n.v. n.v. n.v. n.v. 1 n.v. n.v. 3 340 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 19 749 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 2 728 n.v. n.v. 1994 Gemeinnützige Organisationen Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997; die für gemeinnützige Organisationen ausgewiesene Zahl der Beschäftigten bezieht sich ausschließlich auf Vereine; die für 1990 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1991. Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997. Die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1996. 1 623 1 349 15 207 N.v. 14 229 983 1 276 5 798 23 n.v. 2 472 590 3 007 n.v. 10 041 n.v. n.v. n.v. n.v. 1994 Gegenseitigkeitsgesellschaften Zahl der Beschäftigten (1 000) Anmerkung: Aufgrund zwischen den Ländern unterschiedlicher statistischer Definitionen von Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützigen Organisationen ist ein direkter Ländervergleich nicht zulässig; auch ein Vergleich der Werte verschiedener Jahre innerhalb eines Landes ist grundsätzlich nicht zulässig, da sich die Definitionen im Zeitablauf verändern können. b c a Belgien Dänemark Deutschland Finnlanda Frankreich Griechenlandb Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Spanien Schweden Ver. Königreich Island Liechtenstein Norwegenc Schweiz 1990 Genossenschaften Zahl der Unternehmen Tabelle 1.20 Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Organisationen: Zahl der Mitglieder (1 000) und wirtschaftlicher Umfang (Mio. Euro) (für methodologische Anmerkungen siehe Anhang III dieses Kapitels) Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Anhang I: Die in den Abschnitten 1.1 und 1.2 verwendeten Daten Eine der Grundlagen der im Europäischen Beobachtungsnetz für KMU verwendeten statistischen Informationen ist „Unternehmen in Europa”1. Diese Publikation enthält harmonisierte Daten über die Zahl der Unternehmen, die Beschäftigung, den Umsatz, die Wertschöpfung und die Arbeitskosten für jedes der 19 Länder, gegliedert nach Wirtschaftssektoren (2-Steller der NACE) und Größenklassen. In verschiedenen Hinsichten stellt diese Publikation jedoch nicht alle, für eine umfassende statistische Beschreibung des Unternehmenssektors in jedem Land erforderlichen, Informationen zur Verfügung: • Für einige Länder sind die Daten unvollständig, und es mußten entsprechende Schätzungen durchgeführt werden (siehe Abschnitt I.2). • Die Daten des Sechsten Berichtes von Unternehmen in Europa beziehen sich in der Hauptsache auf das Jahr 19962, sind jedoch nicht immer mit früheren Daten vergleichbar. Um dieses Problem zu lösen, wurden zusätzliche Schätzungen erstellt, die eine Beschreibung der Entwicklungen zwischen 1988 und 1996 ermöglichen (siehe Abschnitt I.3). • Um zu einer Schätzung über die Entwicklungen in den letzten Jahren (1996-2000) zu gelangen, wurde ein Berechnungsmodell3 entworfen, welches die Entwicklung aller in diesem Kapitel verwendeter Variablen (Zahl der Unternehmen, Beschäftigung, Umsatz, Wertschöpfung und Arbeitskosten), für jedes Land, gegliedert nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen, schätzt (siehe Abschnitt I.3). Dieser Anhang stellt in erster Linie die wesentliche statistische Datengrundlage dar, wie sie im Rahmen des Beobachtungsnetzes verwendet wird. Vorweg werden allerdings die Klassifikation der Wirtschaftssektoren und der Begriff der Unternehmensgröße erläutert. I.1 Definitionen I.1.1 Klassifikation der Wirtschaftssektoren Alle in diesem Bericht dargestellten, KMU betreffende Daten beziehen sich auf den privaten nichtprimären Unternehmenssektor; von der Untersuchung ausgeschlossen sind öffentliche Unternehmen („privat”) und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und Fischerei („nicht-primär”). 1 Unternehmen in Europa - Sechster Bericht, erstellt von Eurostat und GD Unternehmen (erscheint demnächst). Die in diesem Bericht verwendeten Daten sind in der EurostatDatenbank Newcronos, Domäne SME, verfügbar. Gemäß der Verordnung des Rates 58/97 betreffend die strukturelle Unternehmensstatistik werden die nach Größenklassen differenzierten Daten (KMU-Daten) demnächst in den von dieser Verordnung aufgestellten gemeinsamen rechtlichen Rahmen integriert. 2 Dies gilt für 12 Länder: Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich. Für die restlichen Länder sind im Vergleich zum Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU keine zusätzlichen Daten verfügbar. 3 SEAS: das ‘SME in Europe Accounting Scheme’; Bosma, N., Kwaak, T., SICLASS - Forcasting the European Enterprise Sector by Industry and Size class (SICLASS - Prognose für den europäischen Unternehmenssektor nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen), EIM, Research Report 9812/E, bietet eine ausführliche Erläuterung von SEAS. 79 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht In Kapitel 1 wurden die den privaten nicht-primären Unternehmenssektor umfassenden Wirtschaftszweige (unter Verwendung der NACE Rev.1) wie folgt klassifiziert1: Bergbau (inkl. Energieversorgung; NACE C, E); Verarbeitendes Gewerbe (NACE D); Baugewerbe (NACE F); Großhandel (NACE 51); Einzelhandel (NACE 50, 52); Verkehr und Nachrichtenübermittlung (NACE I); Unternehmensbezogene Dienstleistungen (NACE J, K); Konsumentenbezogene Dienstleistungen (NACE H, N, O). I.1.2 Unternehmensgröße Im vorliegenden Bericht wurde die Zahl der Beschäftigten als alleiniges Kriterium für die Bildung von Größenklassen und die entsprechende Zuordnung der Unternehmen herangezogen. „Unternehmen in Europa„ bietet die Möglichkeit für alle Wirtschaftssektoren und Länder zwischen den folgenden Größenklassen zu unterscheiden: • Kleinstunternehmen: Unternehmen mit 0-9 Beschäftigten; • Kleine Unternehmen, die 10-49 Mitarbeiter beschäftigen; • Mittlere Unternehmen, in denen zwischen 50 und 249 Beschäftigte tätig sind; • Große Unternehmen, die 250 oder mehr Beschäftigte haben. I.2 Eine umfassende statistiche Datenbasis über europäische Unternehmen, 1993/1996 I.2.1 Einleitung Der Bericht „Unternehmen in Europa” bietet für die Jahre 1992/1993 und/oder 1995/1996 für jedes Land eine sehr detaillierte Datenbasis über den privaten nicht-primären Unternehmenssektor2. Um vollständige statistische Informationen nach Ländern, Wirtschaftssektoren und Größenklassen zu gewinnen, mußten jedoch einige zusätzliche Schätzungen durchgeführt werden. Diese zusätzlichen Schätzungen fanden auf einem relativ niedrigen Aggregationsniveau statt (nach 2-Stellern der NACE und den oben erwähnten Größenklassen). Die Darstellung der Daten im Bericht erfolgt aber grundsätzlich auf deutlich höherem Aggregationsniveau. Die Disaggregation im Schätzverfahren war notwendig, um alle verfügbaren Informationen aus den unterschiedlichen Quellen nutzen zu können. Im Zuge des Aufbaus der Datenbasis stellte sich heraus, daß für einige Wirtschaftssektoren - und in einigen Ländern sogar für die gesamte Wirtschaft - Daten über die Wertschöpfung und die Arbeitskosten nicht verfügbar waren3. Dieser Abschnitt erläutert, wie diese Probleme gelöst wurden. Am Beginn des Schätzverfahrens stand eine von den ENSR-Partnern durchgeführte Bestandsaufnahme der verfügbaren Informationen über die Wertschöpfung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen. In vielen Fällen konnten allerdings keinerlei Daten identifiziert werden, und es mußte auf die sektoralen Wertschöpfungsdaten aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zurückgegriffen werden. Die Verteilung über die Größenklassen erfolgte entsprechend dem Umsatz und den in anderen Ländern festgestellten Umsatz/Wertschöpfungs-Relationen4. 1 Siehe auch Anhang II dieses Kapitels, der eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Klassifikation enthält. 2 Daten für 1996 sind für 12 Länder verfügbar: Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich. Für die restlichen Länder sind nur Daten für frühere Jahre verfügbar. 3 Eurostat stellte EIM Small Business Research and Consultancy dankenswerterweise einige zusätzliche Schätzungen zur Verfügung. 4 Der Umsatz versteht sich einschließlich dem Einkaufswert von Handelswaren sowie verschiedener Subventionen und Steuern. Dies könnte insbesondere im Groß- und Einzelhandel Probleme aufwerfen. 80 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Bei der Schätzung der Arbeitskosten wurde, ausgehend von der Wertschöpfung, wie folgt vorgegangen: • Auf Ebene der Wirtschaftssektoren wurden Daten über den Anteil der Arbeitskosten an der gesamten Wertschöpfung herangezogen. Daraus ließen sich die absoluten Arbeitskosten nach Wirtschaftssektoren ermitteln. • Die Arbeitskosten in den Wirtschaftssektoren wurden schließlich entsprechend der Größenklassenverteilung der Wertschöpfung und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Arbeitskosten/Wertschöpfungs-Relationen in anderen Ländern auf die Größenklassen verteilt. Auf jeder Stufe wurden Konsistenzprüfungen mit „Unternehmen in Europa” durchgeführt. I.3 Schätzung der Entwicklung 1988-2000 Wie oben beschrieben, verfügt das Europäische Beobachtungsnetz für KMU über eine umfassende Datenbasis zu Größe und Struktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors in 19 Ländern. Diese statistischen Informationen erlauben allerdings nicht die Analyse von Entwicklungstrends. Es mußten deshalb zusätzliche Schätzungen durchgeführt werden, die in zwei Stufen abliefen: • Die Entwicklung in der Periode 1988-1996 wurde auf Basis der verfügbaren statistischen Daten geschätzt. Die Vorgangsweise wird in Abschnitt I.3.1 dieses Anhangs erläutert. • Für die letzten Jahre sind keine umfassenden Informationen über die Größenklassenstruktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors verfügbar. Es mußten deshalb andere Methoden eingesetzt werden, die in Abschnitt I.3.2 erläutert werden. I.3.1 Entwicklung 1988-1993/1996 Die Daten aus „Unternehmen in Europa” für 1988, 1990, 1993 und 1996 sind untereinander nicht vollständig vergleichbar. Dies ergibt sich aus der laufenden Berücksichtigung neuer und besserer Informationsquellen durch Eurostat. Auch der Übergang von NACE 1970 auf NACE Rev. 1 behindert die Vergleichbarkeit. Die Einbeziehung neuer Informationsquellen hat sich insbesondere auf die ausgewiesene Zahl der Kleinstunternehmen ausgewirkt. Die Vergleichbarkeit verschiedener Verhältniszahlen, wie durchschnittliche Unternehmensgröße, Umsatz je Unternehmen und Arbeitsproduktivität, scheint hingegen nicht stark von der Einbeziehung neuer Quellen beeinflußt zu sein. Dies kann aus dem Umstand abgeleitet werden, daß diese Verhältniszahlen als nach Wirtschaftssektor und Größenklasse disaggregierte Schätzungen auf Basis großer Stichproben aus der Grundgesamtheit der Unternehmen betrachtet, und somit wohl als systematisch unverzerrte Schätzergebnisse für die Jahre 1988, 1990, 1993 und 1996 angesehen werden können. Grundsätzlich wurden die folgenden Arbeitsschritte für die Berechnung der Entwicklungen zwischen 1988 und 1993/1996 durchgeführt: • Schätzung des Wachstums der Unternehmenszahl; • Schätzung der Entwicklung der Beschäftigung unter direkter Verwendung der Daten zur durchschnittlichen Unternehmensgröße aus „Unternehmen in Europa”1; • Schätzung der Entwicklung des Umsatzes und der Wertschöpfung unter direkter Verwendung der Daten zur (rechnerischen) Arbeitsproduktivität aus „Unternehmen in Europa”. In diesem Abschnitt wird die Schätzung der Veränderung der Unternehmenszahl sowie einige weitere Problemlösungen erläutert: 1 D. h., unter Heranziehung von „Unternehmen in Europa” und den für den Aufbau einer umfassenden Datenbasis über die europäischen Unternehmen für die Jahre 1988, 1990, 1992 und 1996 erforderlichen zusätzlichen Schätzungen. Diese sind im Ersten, Zweiten, Vierten und Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU beschrieben; siehe dazu auch Anhang 1 von Kapitel 1 des Dritten Jahresberichtes des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 81 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht • In der ursprünglichen Datenbasis für das Jahr 1988 wurden andere Größenklassen verwendet, die nicht mit den in diesem Bericht verwendeten kompatibel sind. • Zur Schätzung der Entwicklung der Arbeitskosten: Da die Arbeitskosten eine neue Variable in „Unternehmen in Europa” darstellen, ist eine Ermittlung ihrer zeitlichen Entwicklung aus dieser Quelle nicht möglich und es mußten somit andere Methoden herangezogen werden. Schätzung der Entwicklung der Zahl der Unternehmen Es zeigt sich, daß die in den verschiedenen Berichten von „Unternehmen in Europa” für die Jahre 1988, 1990, 1993 und 1996 ausgewiesene unterschiedliche Zahl der Unternehmen lediglich Unterschiede in den Erfassungsmethoden reflektiert, und weniger tatsächliche ökonomische Entwicklungen. Da die Arbeitskräfteerhebung (AKE)1 von Eurostat auf einer regelmäßigen, vergleichbaren Basis durchgeführt wird, kann sie mit Daten aus „Unternehmen in Europa” kombiniert werden, um die Entwicklung der Unternehmenszahl, gegliedert nach Wirtschaftssektor und Größenklasse, für jene Länder zu schätzen, für die im Rahmen von „Unternehmen in Europa” die Informationsquelle gewechselt wurde. Grundsätzlich wird angenommen, daß die Plausibilität einer Schätzung des Wachstums der Unternehmenszahl mit Hilfe der Entwicklung der Selbständigen mit sinkender Unternehmensgröße zunimmt. Größere Unternehmen werden vermutlich von „Unternehmen in Europa” besser erfaßt als kleine Unternehmen. Weitere Disaggregation in der Datenbasis für das Jahr 1988 Die Datenbasis über den europäischen Unternehmenssektor für das Jahr 1988 weist in bezug auf die Wirtschaftssektoren die gleiche Detaillierung auf wie jene für die anderen Jahre, in bezug auf die Größenklassen ist sie jedoch weniger detailliert2. Insbesondere die Klassen 20-49 und 50-99, sowie 100-249 und 250-499 wurden nicht eigens unterschieden, sind jedoch für die Abgrenzung kleiner, mittlerer und großer Unternehmen notwendig. Es mußten deshalb zusätzliche Disaggregationen in der Datenbasis für 1988 durchgeführt werden. Das folgende Verfahren kam dabei zur Anwendung: • Die Disaggregation der Zahl der Unternehmen erfolgte mit Hilfe einer Schätzfunktion, die die Größenklassenverteilung der Unternehmen beschreibt3. Die mathematische Aggregation über die gewünschten Größenklassen liefert dann die Anteile der fehlenden Klassen. • Die gleiche Funktion kann auch für die Berechnung der durchschnittlichen Unternehmensgröße in den neuen Größenklassen verwendet werden. Davon ausgehend kann dann auch die Beschäftigung problemlos ermittelt werden. • In bezug auf den Umsatz und die Wertschöpfung wurde die Annahme getroffen, daß die Unterschiede in der (rechnerischen) Arbeitsproduktivität zwischen den neuen Größenklassen jenen im Jahr 1990 entsprachen. Auf Grundlage dieser Annahme konnte dann eine entsprechende Disaggregation des Umsatzes und der Wertschöpfung durchgeführt werden. Schätzung der Entwicklung der Arbeitskosten Im Vierten Bericht von „Unternehmen in Europa” wurden erstmals Daten zu den Arbeitskosten aufgenommen. „Unternehmen in Europa” kann deshalb nicht als Grundlage für eine Schätzung der Entwicklung der Arbeitskosten herangezogen werden. Ersatzweise wurde die Veränderung der Arbeitskosten, gegliedert nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen, mit Hilfe der folgenden Daten berechnet: 1 Für Nicht-EU-Länder wurden die Labour Force Statistics der OECD herangezogen. Siehe Anhang I des Ersten Jahresberichtes des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 3 Die Größenklassenverteilung der Unternehmen kann etwa durch Anpassung einer exponentiellen oder einer Pareto-Funktion beschrieben werden. In unserem Fall wurde eine Polynomial-Funktion dritten Grades als Annäherung verwendet. 2 82 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 • Entwicklung der Beschäftigung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen; • Veränderung der Lohnkosten je Beschäftigtem. Je nach Verfügbarkeit wurden entweder makroökonomische Daten oder nach Wirtschaftssektoren disaggregierte Daten verwendet. Dabei handelt es sich um den gleichen Ansatz, wie er im „SME in Europe Accounting Scheme” zur Trendberechnung für den Zeitraum nach 1993/1996 angewendet wird. I.3.2 Schätzung der Entwicklung 1993/1996-2000 Da die statistischen Quellen nur Informationen über die Entwicklung im Zeitraum von 1988 bis 1993/1996 enthalten, sind zusätzliche Instrumente zur Analyse von Trends in der jüngeren Vergangenheit erforderlich. Dieses Instrument heißt SEAS: SME in Europe Accounting Scheme. Zweck dieses Rechensystems ist die Schätzung von: • Umsatz und Wertschöpfung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen (abgeleitet aus der makroökonomischen Entwicklung); • Beschäftigung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen, abgeleitet aus der Entwicklung der Wertschöpfung und Veränderungen in Löhnen und Preisen; • Arbeitskosten, unter Berücksichtigung von Veränderungen in der Beschäftigung und der Lohnkosten; • Zahl der Unternehmen auf Grundlage des Umsatzes und des allgemeinen Wirtschaftsklimas. Diese Berechnungen wurden für alle Länder durchgeführt. Faktisch setzt sich SEAS somit aus 18 unabhängigen Ländermodellen zusammen1. Die erste Version von SEAS wurde im Rahmen des Ersten Jahresberichtes des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU entwickelt. Seitdem wurde das System kontinuierlich erweitert, um die zunehmende Zahl an Variablen (Wertschöpfung und Arbeitskosten wurden ab 1993 aufgenommen) und Ländern (Erweiterung um 6 Länder) zu integrieren. Schätzung der Entwicklung des realen Umsatzes Die Umsatzentwicklung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen wird in SEAS in drei Schritten ermittelt: • Makroökonomische Nachfrageindikatoren werden in eine nach Wirtschaftssektor und Verwendungskategorie gegliederte Schätzung der Endnachfrage transformiert. • Mit Hilfe eines multi-sektoralen Input-Output-Modells wird der Output an intermediären Gütern und Dienstleistungen und damit der Gesamtoutput berechnet. • Für jede Kategorie wird der Umsatz nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen bestimmt (eine kurze Beschreibung der Datenbasis für den Umsatz, gegliedert nach Wirtschaftssektoren, Größenklassen und Verwendungskategorien, findet sich weiter unten). Der erste Schritt von SEAS ist also die Berechnung der Entwicklung des Absatzes in jedem Wirtschaftssektor und für jede Endnachfragekategorie. Dabei werden die folgenden Kategorien unterschieden: Konsumgüter, Investitionsgüter und Exporte. Der Output an intermediären Gütern und Dienstleistungen je Wirtschaftssektor wird für jedes Land mit Hilfe eines Input-Output-Modells abgebildet. Der Import von Intermediärgütern wird dabei berücksichtigt. Die Lagerveränderungen - die ebenso Teil der Bruttoproduktion sind - stehen in direktem Zusammenhang mit dem Absatzwachstum. Auf dieser Stufe ist somit der Absatz nach Wirtschaftssektoren und der Absatz nach Nachfragekategorien bekannt. Auf Basis dieser Informationen kann die Entwicklung des Umsatzes nach Wirtschaftssektoren, Größenklassen und Nachfragekategorien ermittelt werden. Es wird unter- 1 Die Schweiz und Liechtenstein werden zusammengefaßt. 83 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht stellt, daß je Wirtschaftssektor und Nachfragekategorie im Durchschnitt das Umsatzwachstum dem Nachfragewachstum entspricht1. Alle Berechnungen werden auf Ebene des 2-Stellers der NACE Rev. 1 durchgeführt. Basisjahr-Informationen über den Umsatz nach Wirtschaftssektoren, Größenklassen und Verwendungskategorien Daten über den Umsatz nach Wirtschaftssektoren, Größenklassen und Endnachfragekategorien sind nicht direkt verfügbar und wurden deshalb geschätzt. Im wesentlichen wurde das folgende Verfahren angewendet. Für jedes Land und jeden Wirtschaftssektor ist, auf Grundlage von Input-Output-Daten und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die Verteilung der Produktion über die makroökonomischen Verwendungskategorien bekannt. Der Umsatz schließt, neben dem Output, den Einkaufswert der bezogenen Güter mit ein. Unter der Annahme, daß das Verhältnis zwischen diesen beiden Größen in jeder Größenklasse innerhalb eines Wirtschaftssektors gleich ist, kann der Gesamtumsatz jeder Nachfragekategorie in jeder Größenklasse entsprechend der Verteilung des Absatzes auf die Kategorien innerhalb der Wirtschaftssektoren zugeordnet werden. Das Ergebnis dieses Verfahrens ist eine vorläufige Schätzung der Verteilung des Umsatzes über die Kategorien. Für einige Länder ist die Verteilung des Umsatzes auf Exporte und Inlandsabsatz bekannt. Diese Informationen werden für eine Anpassung der vorläufigen Schätzungen herangezogen. Schätzung der Entwicklung der realen Wertschöpfung Die Schätzung für die Entwicklung der realen Wertschöpfung wird in zwei Stufen durchgeführt. Zunächst wird das Wachstum der realen Wertschöpfung je Wirtschaftssektor im sektoralen Teilmodell von SEAS ermittelt. Danach werden Unterschiede in bezug auf das Wachstum der Wertschöpfung zwischen den Größenklassen eines Wirtschaftssektors mit den entsprechenden Unterschieden in bezug auf den Umsatz gleichgesetzt. Schätzung der Entwicklung der Beschäftigung und der Arbeitskosten Im Gegensatz zur Berechnung des Umsatzes und der Wertschöpfung wird die Beschäftigung in Form eines bottom-up Ansatzes abgebildet. Dies deshalb, weil grundsätzliche Unterschiede in der Art und Weise bestehen, wie kleine bzw. große Unternehmen Arbeitnehmer einstellen und entlassen. Erstens reagieren KMU aufgrund notwendiger Sockelbeschäftigung, Mangel an Informationen, etc. relativ spät auf Auslastungsänderungen. Zweitens ist die Lohnelastizität der Beschäftigung aufgrund des größeren Anteils der Arbeitskosten (einschließlich des Unternehmerlohns) an den Gesamtkosten in kleineren Unternehmen höher als in GU. Schließlich erfolgt die autonome Einsparung von Arbeit durch den technologischen Fortschritt in KMU langsamer als in GU. Das Beschäftigungswachstum nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen ist abhängig vom Wachstum der realen Wertschöpfung, der Reallöhne und einer negativen Konstanten, die die autonome Einsparung von Arbeit durch technologischen Fortschritt repräsentiert. Schätzung der Entwicklung der Zahl der Unternehmen Auch das Wachstum der Unternehmenszahl wird mittels eines bottom-up Ansatzes berechnet. Die Faktoren, die das Wachstum der Zahl der Unternehmen beeinflussen, können wie folgt eingeteilt werden: • Faktoren, die auf die ‘Nachfrage nach unternehmerischer Tätigkeit’ wirken, insbesondere das Wachstum der Güternachfrage. Eine Steigerung der realen Güternachfrage stellt einen Anreiz zur Unternehmensgründung dar. 1 84 Der Umsatz umfaßt sowohl den Absatz als auch den Einkaufswert der Handelswaren. Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 • Faktoren, die das ‘Angebot an Unternehmern’ beeinflussen: Bevölkerungswachstum und Arbeitslosigkeit. Es ist offensichtlich, daß Bevölkerungswachstum, ceteris paribus, die Zahl potentieller Unternehmer erhöht. Auch ein Anstieg der Arbeitslosigkeit sollte zu einer Zunahme der Gründungen führen. Schätzung der Entwicklung der Preise Die Verkaufspreise und Umsätze werden unter Berücksichtigung aller für die Unternehmen relevanten Kosten, d. h. Kosten der Intermediärgüter (heimischer und ausländischer Produktion) und Arbeitskosten, ermittelt. Das Ergebnis wird mit der Entwicklung makroökonomischer Preise, etwa dem Verbraucherpreisindex und dem Index für Exportpreise, verglichen. Die geschätzten Preise werden dann so angepaßt, daß sie mit den makroökonomischen Preisentwicklungen konsistent sind. Die preisliche Bewertung der Wertschöpfung wird in den sektoralen Teilmodellen entsprechend der Definition der Wertschöpfung berechnet. Der Deflator der Wertschöpfung nach Größenklassen wird auf die gleiche Art und Weise geschätzt wie das Wachstum der realen Wertschöpfung nach Wirtschaftssektoren und Größenklassen. Anwendung von SEAS Grundsätzlich ist die Eingabe der exogenen Variablen1 ausreichend für eine Anwendung von SEAS. In das System werden jedoch, wann immer möglich, neue und zusätzliche Referenzwerte in Form neuer statistischer Informationen aufgenommen. So wurden z. B. Informationen über die Exportleistung der Wirtschaftssektoren aus der Reihe ‘Industriekonjunktur’2 verwendet um Referenzwerte für das Exportwachstum zu erhalten. Zudem werden Daten aus dem LFS zur Beschäftigung und zur Zahl der Selbständigen herangezogen, um die Entwicklung der Beschäftigung und das Wachstum der Zahl der Unternehmen zu kalibrieren. Dadurch wird auch der Konjunkturzyklus in jedem Land berücksichtigt. In bezug auf die Beschäftigung wurden Informationen aus ‘Europäische Wirtschaft’ berücksichtigt, um aktuelle Entwicklungen in breiten Wirtschaftssektoren zu schätzen. Die Konzeption und Anwendung von SEAS integriert also sowohl Erkenntnisse über die Zusammenhänge und die Funktionsweise der Wirtschaft als auch statistische Informationen über tatsächliche wirtschaftliche Entwicklungen in der Form, daß die Entwicklung der KMU zwischen 1996 und der Gegenwart für jedes Land geschätzt werden kann. Die Prognosefähigkeit von SEAS Um die Prognosefähigkeit von SEAS zu prüfen, wurde das Modell für den Zeitraum 1988-1996 berechnet und das von SEAS ermittelte Ergebnis in bezug auf die Größenklassenstruktur der europäischen Wirtschaft im Jahr 1996 mit den tatsächlichen Daten für dieses Jahr verglichen3. In diesem Abschnitt werden Ergebnisse auf folgenden Ebenen dargestellt: • Auf Länderebene. Die zentrale Frage war dabei, in welchem Ausmaß die geschätzte Größenklassenstruktur nach Ländern im Jahr 1996 von der tatsächlichen Größenklassenstruktur abweicht? • Auf Sektorebene. Die zentrale Frage war dabei, in welchem Ausmaß die geschätzte Größenklassenstruktur nach Wirtschaftssektoren im Jahr 1996 von der tatsächlichen Größenklassenstruktur abweicht? 1 Die exogenen Variablen werden entnommen aus: Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 5, Mai 1999, und - für Nicht-EU-Länder - aus OECD: Wirtschaftsausblick, Nr. 65, Juni 1999. 2 Eurostat: Industriekonjunktur - monatliche Statistiken (diverse Ausgaben). 3. Normalerweise werden im Rahmen der Modellrechnung wie erwähnt teilweise zusätzliche, aktuell verfügbare Daten berücksichtigt. Bei diesem Test wurde darauf jedoch verzichtet. Es handelt sich somit um eine sehr strenge Überprüfung der Prognosefähigkeit von SEAS. 85 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Um die geschätzte mit der tatsächlichen Größenklassenstruktur im Jahr 1996 zu vergleichen, wurden einfache Regressionen der folgenden Art gerechnet: ai,j = αi ƒi,j + β, wobei: ai,j tatsächlicher Anteil der Größenklasse i in Land bzw. Wirtschaftssektor j (z. B. der tatsächliche Anteil kleiner Unternehmen an der irischen Gesamtbeschäftigung) ƒi,j prognostizierter Anteil der Größenklasse i in Land bzw. Wirtschaftssektor j (z. B. der prognostizierte Anteil der Kleinstunternehmen im Einzelhandel). Im Fall einer perfekten Prognose würde a den Wert 1 und b den Wert 0 annehmen. Die Regressionsanalyse ermöglicht den Test, ob a und b signifikant von 1 bzw. 0 verschieden sind. Die Analyse wurde für drei Variablen durchgeführt: Beschäftigung, Umsatz und Wertschöpfung. Nachfolgend werden die Unterschiede zwischen den tatsächlichen und prognostizierten Anteilen der Größenklassen für jede dieser Variablen diskutiert. Die Regressionsergebnisse für die Beschäftigungsanteile sind in Tabelle I.1 dargestellt. Die prognostizierten und tatsächlichen Umsatzanteile in Europa zeigt Tabelle I.2, Tabelle I.3 enthält die entsprechenden Informationen in bezug auf die Wertschöpfungsanteile. Im allgemeinen sind die Unterschiede zwischen den tatsächlichen und den prognostizierten Anteilen auf EuropaEbene (im absoluten Sinn) geringer als ¼ Prozentpunkt. In vielen Fällen sind die Schätzergebnisse für a und b signifikant von 1 bzw. 0 verschieden, dennoch sind diese Unterschiede sehr klein. Sie resultieren lediglich aus dem sehr geringen Standardfehler der Regression. Daraus kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß SEAS eine gute Beschreibung der Entwicklung der Größenklassenstruktur des privaten nicht-primären Unternehmenssektors liefert. Tabelle I.1 Regressionsergebnisse für die tatsächlichen und prognostizierten Beschäftigungsanteile (in Klammern: t-Werte für die Signifikanz in bezug auf die Hypothesen-Werte) Wirtschaftssektoren Kleinst Kleine Mittlere Große Länder Kleinst Kleine Mittlere Große α β (%) 1,01 (3,1) 1,00 (1,3) 1,00 (0,4) 1,00 (1,2) -0,05 (0,8) -0,02 (0,5) -0,02 (1,3) -0,18 (1,9) ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 0,58 (1,3) 0,11 (0,4) 0,11 (1,5) 0,18 (0,4) ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 0,97 (1,98) 1,00 (0,0) 0,96 (1,4) 0,99 (0,4) * Nicht verschieden von 1 (95 % Signifikanzniveau). ** Nicht verschieden von 0 (95 % Signifikanzniveau). 86 * * * * * * R2adj Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Tabelle I.2 Regressionsergebnisse für die tatsächlichen und prognostizierten Umsatzanteile (in Klammern: t-Werte für die Signifikanz in bezug auf die Hypothesen-Werte) α Wirtschaftssektoren Kleinst Kleine Mittlere Große Länder Kleinst Kleine Mittlere Große β (%) R2adj 1,02 (5,7) 1,00 (1,3) 0,99 (3,0) 1,00 (2,0) -0,01 (0,1) * 0,03 (1,0) 0,03 (0,9) -0,34 (4,1) ** 0.99 ** 0.99 ** 0.99 0,99 (0,8) 1,01 (1,2) 1,01 (1,8) 1,00 (0,4) * 0,43 (1,1) * -0,14 (0,7) * -0,14 (1,5) * 0,09 (0,2) ** 0.99 ** 0.99 ** 0.99 ** 0.99 0.99 * Nicht verschieden von 1 (95 % Signifikanzniveau). ** Nicht verschieden von 0 (95 % Signifikanzniveau). Tabelle I.3 Regressionsergebnisse für die tatsächlichen und prognostizierten Wertschöpfungsanteile (in Klammern: t-Werte für die Signifikanz in bezug auf die Hypothesen-Werte) α Wirtschaftssektoren Kleinst Kleine Mittlere Große Länder Kleinst Kleine Mittlere Große 1,01 (2,5) 1,00 (0,7) 0,99 (1,3) 1,00 (0,4) 0,99 (0,3) 1,00 (0,3) 0,95 (1,95) 0,99 (0,7) β (%) * * * * * * * 0,03 (0,2) 0,02 (0,5) 0,02 (0,2) -0,17 (1,2) 0,44 (0,8) -0,01 (0,0) -0,01 (1,5) 0,30 (0,4) R2adj ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 ** 0,99 * Nicht verschieden von 1 (95 % Signifikanzniveau). ** Nicht verschieden von 0 (95 % Signifikanzniveau). 87 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Anhang II: Definition der Wirtschaftssektoren NACE-Code Wirtschaftssektor (Unter)Abschnitt Bergbau (inkl. Energieversorgung) C, E • Gewinnung energieerzeugender Materialien CA — Kohlenbergbau und Torfgewinnung — Gewinnung von Erdöl und Erdgas • Erzbergbau, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau 10 11 CB — Erzbergbau — Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau • Energie- und Wasserversorgung 13 14 E — Energieversorgung — Wasserversorgung 40 41 Verarbeitendes Gewerbe D • Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung DA — Ernährungsgewerbe — Tabakverarbeitung • Textil- und Bekleidungsgewerbe Abteilung 15 16 DB — Textilgewerbe — Bekleidungsgewerbe 17 18 • Ledergewerbe DC 19 • Holzgewerbe DD 20 • Papier-, Verlags- und Druckgewerbe DE — Papiergewerbe — Verlags- und Druckgewerbe, Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bild- und Datenträgern 21 22 • Kokerei, Mineralölverarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von Spalt- und Brutstoffen DF 23 • Chemische Industrie DG 24 • Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren DH 25 • Glasgewerbe, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden DI 26 • Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeugnissen DJ — Metallerzeugung und -bearbeitung — Herstellung von Metallerzeugnissen 27 28 • Maschinenbau DK • Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen; Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik DL — Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen — Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u. ä. 29 30 31 Fortsetzung 88 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Fortsetzung NACE-code Wirtschaftssektor (Unter)Abschnitt — Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik — Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik • Fahrzeugbau Abteilung 32 33 DM — Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen — Sonstiger Fahrzeugbau • Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sporteräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen; recycling 34 35 DN — Herstellung von Möbeln, Schmuck, Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spielwaren und sonstigen Erzeugnissen — Recycling 36 37 Baugewerbe F 45 Handelsvermittlung und Großhandel G 51 Einzelhandel (inkl. Fahrzeuge und Reparatur) G 50,52 • Kraftfahrzeughandel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Tankstellen 50 • Einzelhandel; Reparatur von Gebrauchsgütern 52 Verkehr und Nachrichtenübermittlung I • Landverkehr; Transport in Rohrfernleitungen 60 • Schiffahrt 61 • Luftfahrt 62 • Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr; Verkehrsvermittlung 63 • Nachrichtenübermittlung 64 Unternehmensbezogene Dienstleistungen J, K • Kredit- und Versicherungsgewerbe J — Kreditgewerbe — Versicherungsgewerbe — Mit dem Kredit- und Versicherungsgewerbe verbundene Tätigkeiten 65 66 67 • Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen K — — — — — Grundstücks- und Wohnungswesen Vermietung beweglicher Sachen ohne Bedienungspersonal Datenverarbeitung und Datenbanken Forschung und Entwicklung Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen 70 71 72 73 74 Konsumentenbezogene Dienstleistungen H, N, O • Gastgewerbe H 55 • Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen N 85 • Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen O — — — — Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung Interessenvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen Kultur, Sport und Unterhaltung Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 90 91 92 93 89 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Anhang III: In Abschnitt 1.4 verwendete Daten Daten zum Handwerk (Abschnitt 1.4.1) Quellen der Daten zur Unternehmenszahl Österreich Österreichisches Institut für Gewerbe- and Handelsforschung (IfGH) Finnland Käsiteollisuuden luonne, ongelmat ja toimenpide-ehdotuksia: työryhmän muistio (Wesen und Probleme des Handwerkssektors und Maßnahmenvorschläge), Helsinki, 1995; Pk-yritysbarometri 2/1998 (Barometer für den finnischen KMU-Sektor 2/1998); KTM, Kauppa- ja teollisuusminiteriö tutkimuksia ja raporteja 16/1998 Deutschland Statistisches Bundesamt; Zentralverband des Deutschen Handwerks Island National Economic Institute Liechtenstein Amt für Volkswirtschaft Luxemburg Handwerkskammer Frankreich Minister für KMU, Handwerk und Handel, ausgenommen 1998: APCM Italien Infocamere; Movimprese Niederlande EIM Small Business Research and Consultancy Spanien Fundacion Espanola para el Fomento de la Artesania, IKEI Irland ESRI, Central Statistics Office Schweiz Bundesamt für Statistik Ver. Königreich Department of Trade and Industry Quellen der Daten zur Beschäftigung 90 Österreich Österreichisches Institut für Gewerbe- and Handelsforschung (IfGH) Finnland Käsityöyritysten tila. Vuoden 1998 barometri. (Die Lage des Handwerkssektors. Barometer für das Jahr 1998; Käsi- ja taideteollisuusliitto ry (Die finnische Handwerksorganisation), Helsinki, 1998 Deutschland Statistisches Bundesamt; Zentralverband des Deutschen Handwerks Island National Economic Institute Liechtenstein Amt für Volkswirtschaft Luxemburg Handwerkskammer Frankreich Minister für KMU, Handwerk und Handel, ausgenommen 1998: APCM Italien Infocamere; Movimprese Niederlande EIM Small Business Research and Consultancy Spanien Fundacion Espanola para el Fomento de la Artesania, IKEI Irland ESRI, Central Statistics Office Schweiz Bundesamt für Statistik Ver. Königreich Department of Trade and Industry Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Daten zur Sozialwirtschaft (Abschnitt 1.4.2) Anmerkung: Alle Daten wurden von den ENSR-Partnern aufbereitet. Wie ersichtlich, mußten in vielen Ländern für die verschiedenen Jahre unterschiedliche Quellen herangezogen werden, wodurch die Analyse zeitlicher Entwicklungen bedauerlicherweise beeinträchtigt wird. Quellen der Daten zur Unternehmenszahl Österreich 1994, 1998, ÖSTAT: Statistisches Jahrbuch für die Republik Österreich, diverse Ausgaben; die Daten zu Genossenschaften beziehen sich ausschließlich auf die Mitglieder von 4 NUOs; Vereine beinhalten auch Organisationen ohne Beschäftigte; keine Informationen zur Beschäftigung in Vereinen verfügbar; die für 1994 ausgewiesenen Daten für Gegenseitigkeitsgesellschaften beziehen sich auf 1993; die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997 Belgien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Daten zu Genossenschaften: Belgian National Institute for Statistics, 1996; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Craydon, 1996; S. Mertens, S. Adam, J. Defourny, M. Marée, I. Vandeputte: De private non-profit sector in België (Der private Non-profit Sektor in Belgien), Mai 1999; diese Daten beziehen sich auf 1995 1994 Genossenschaften: Danish Statistics: General erhvervsstatistik og handel 1995:5 und 1995:8; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Dansk Forsikrings Arbog 1995; die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1993 Dänemark Finnland Frankreich Deutschland Griechenland Irland und Suomen patentti- jarekisterihallitus (Nationaler Rat für Patente und Registratur), 1999 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 und 1994 Genossenschaften und Vereine: INSEE (Fichier SIRENE, 1996; die Daten beziehen sich auf 1996); Daten zu Gegenseitigkeitsgesellschaften: GEMA, CNCMA, FNMF, MSA 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 (ohne Neue Bundesländer) 1994 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1994 (Bericht) 1998 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1998 (Bericht) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 Department of Land Planning Engineers and Regional Development (Thessalia University): Establishment and organisation of a national union of Social Economy Organisations (Aufbau und Organisation einer nationalen Vereinigung sozialwirtschaftlicher Organisationen), Forschungsprojekt über Mitglieder und Aktivitäten in der griechischen Sozialwirtschaft und Entwicklung einer Datenbank, Volume A (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 (Die Daten beziehen sich auf 1995): erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1998 Erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH und und 91 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Italien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 A. Prattichizzo, Universita Cattolica del Sacro Cuore, Piacenza, 1996; die Daten beziehen sich auf folgende NUOs: UNCI, CCI, LEGA, AGCI 1998 Italienisches Arbeitsministerium; IREF: L’imprenditorialità Solidale (Rom, 1998); die Daten beziehen sich auf 1996 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: STATEC; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Higher Council of Mutuals 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Register der Handelskammern 1998 P.H.M. Ruys: The enterprises and organisations of the Third System: a strategic challenge for employment (Die Unternehmen und Organisationen des Dritten Sektors: eine strategische Herausforderung für die Beschäftigung), National Report The Netherlands, Tilburg University, September 1999; die Daten beziehen sich auf 1997 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: IINSCCP; Gegenseitigkeitsgesellschaften und Gemeinnützige Organisationen: Estrutura Empresarial, 1993; Datenbank des Ministeriums für Beschäftigung (alle Daten beziehen sich auf 1993) 1990 Barea & Monzón: Las Cifras Clave de la Economica Social en España (Schlüsselzahlen der Sozialwirtschaft in Spanien; CIRIEC-España, Madrid, 1993) 1994 Confederación Empreserial Española (CEPES), auf Basis von Daten des Arbeitsministeriums (Daten beziehen sich auf 1995 und beinhalten Gesellschaften mit beschränkter Haftung) Schweden 1994 Genossenschaften: KOOPI (Daten beziehen sich auf 1995); Gemeinnützige Organisationen: F. Wijkström (Stockholm Business School; Daten beziehen sich auf 1992) Vereinigtes Königreich 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 UK Co-operative Union; UK Social Economy Forum; Charity Commission Luxemburg Niederlande Portugal Spanien Island und und und und K. Sigurröson: The co-operative college of Iceland (Das Genossenschafts-Kolleg von Island), 1996 Liechtenstein 1994 Genossenschaften: Betriebszählung 1985, angepaßt für 1994; Gemeinnützige Organisationen: auf Basis einer Vereinsliste, 1995; Gegenseitigkeitsgesellschaften: IGW Norwegen 1994 Statistics Norway 1998 Statistics Norway (Daten beziehen sich auf 1996) 1990 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) 1994 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) Schweiz 92 und Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Quellen der Daten zur Beschäftigung Österreich 1994, 1998 ÖSTAT: Statistisches Jahrbuch für die Republik Österreich, diverse Ausgaben; die Daten zu Genossenschaften beziehen sich ausschließlich auf die Mitglieder von 4 NUOs; Vereine beinhalten auch Organisationen ohne Beschäftigte; keine Informationen zur Beschäftigung in Vereinen verfügbar; die für 1994 ausgewiesenen Daten für Gegenseitigkeitsgesellschaften beziehen sich auf 1993; die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997 Belgien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: Belgian National Institute for Statistics, 1996; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Craydon, 1996; S. Mertens, S. Adam, J. Defourny, M. Marée, I. Vandeputte: De private non-profit sector in België (Der private Non-profit Sektor in Belgien), Mai 1999; diese Daten beziehen sich auf 1995 Dänemark 1994 Genossenschaften: Danish Statistics: General erhvervsstatistik og handel 1995:5 und 1995:8; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Dansk Forsikrings Arbog 1995; die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1993 Finnland 1991 Hietala, Kari: Kolmas sektori potentiaalisena työllistäjänä (Der Dritte Sektor als potentieller Arbeitgeber), Helsinki, 1997 1994 Helander, Voitto: Kolmas sektori: Käsiteistöstä, ulottuvuuksista ja tulkinnoita (Der Dritte Sektor: Terminologie, Dimensionen und Interpretationen), Saarijärvi, 1998 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften und Vereine: INSEE (Fichier SIRENE, 1996; die Daten beziehen sich auf 1996); Daten zu Gegenseitigkeitsgesellschaften: GEMA, CNCMA, FNMF, MSA 1990 1990: Eurostat: The co-operative, mutual and non-profit sector in the European Union, 1996 (excluding Neue Bundesländer) 1994 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1994 (Bericht) 1998 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1998 (Bericht); E. Priller, A. Zimmer, H.K. Anheier: Der dritte Sektor in Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B9/99 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 Department of Land Planning Engineers and Regional Development (Thessalia University): Establishment and organisation of a national union of Social Economy Organisations (Aufbau und Organisation einer nationalen Vereinigung sozialwirtschaftlicher Organisationen), Forschungsprojekt über Mitglieder und Aktivitäten in der griechischen Sozialwirtschaft und Entwicklung einer Datenbank, Volume A (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 (Die Daten beziehen sich auf 1995): erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1998 Erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH Frankreich Deutschland Griechenland Irland und und und und 93 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Italien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 A. Prattichizzo, Universita Cattolica del Sacro Cuore, Piacenza, 1996; die Daten beziehen sich auf folgende NUOs: UNCI, CCI, LEGA, AGCI 1998 Legacoop und Confcooperative (die Daten beziehen sich auf 1997); L’imprenditorialità Solidale (Rom, 1998; die Daten beziehen sich auf 1996) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: STATEC; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Higher Council of Mutuals 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Register der Handelskammern 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: IINSCCP; Gegenseitigkeitsgesellschaften und Gemeinnützige Organisationen: Estrutura Empresarial, 1993; Datenbank des Ministeriums für Beschäftigung (alle Daten beziehen sich auf 1993) 1990 Barea & Monzón: Las Cifras Clave de la Economica Social en España (Schlüsselzahlen der Sozialwirtschaft in Spanien; CIRIEC-España, Madrid, 1993) 1994 Confederación Empreserial Española (CEPES), auf Basis von Daten des Arbeitsministeriums (Daten beziehen sich auf 1995 und beinhalten Gesellschaften mit beschränkter Haftung) Schweden 1994 Genossenschaften: KOOPI (Daten beziehen sich auf 1995); Gemeinnützige Organisationen: F. Wijkström (Stockholm Business School; Daten beziehen sich auf 1992) Vereinigtes Königreich 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 UK Co-operative Union; UK Social Economy Forum; Charity Commission Luxemburg Niederlande Portugal Spanien Island und und und und K. Sigurröson: The co-operative college of Iceland (Das Genossenschafts-Kolleg von Island), 1996 Liechtenstein 1994 Gegenseitigkeitsgesellschaften: IGW Norwegen 1994 Statistics Norway 1998 Statistics Norway (Daten beziehen sich auf 1996) 1990 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) 1994 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) Schweiz und Quellen der Daten zu den Mitgliedern Österreich 94 1994, 1998 ÖSTAT: Statistisches Jahrbuch für die Republik Österreich, diverse Ausgaben; die Daten zu Genossenschaften beziehen sich ausschließlich auf die Mitglieder von 4 NUOs; Vereine beinhalten auch Organisationen ohne Beschäftigte; keine Informationen zur Beschäftigung in Vereinen verfügbar; die für 1994 ausgewiesenen Daten für Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Gegenseitigkeitsgesellschaften beziehen sich auf 1993; die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997 Belgien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 KMO; Daten zu Genossenschaften: Belgian National Institute for Statistics, 1996; Gegenseitigkeitsgesellschaften und Vereine: Craydon, 1996 Dänemark 1994 Genossenschaften: Danish Statistics: General erhvervsstatistik og handel 1995:5 und 1995:8; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Dansk Forsikrings Arbog 1995; die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1993 Finnland 1991 Hietala, Kari: Kolmas sektori potentiaalisena työllistäjänä (Der Dritte Sektor als potentieller Arbeitgeber), Helsinki, 1997 1994 Helander, Voitto: Kolmas sektori: Käsiteistöstä, ulottuvuuksista ja tulkinnoita (Der Dritte Sektor: Terminologie, Dimensionen und Interpretationen), Saarijärvi, 1998 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften und Vereine: INSEE (Fichier SIRENE, 1996; die Daten beziehen sich auf 1996); Daten zu Gegenseitigkeitsgesellschaften: GEMA, CNCMA, FNMF, MSA 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 (ohne Neue Bundesländer) 1994 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1994 (Bericht) 1998 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1998 (Bericht) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 Department of Land Planning Engineers and Regional Development (Thessalia University): Establishment and organisation of a national union of Social Economy Organisations (Aufbau und Organisation einer nationalen Vereinigung sozialwirtschaftlicher Organisationen), Forschungsprojekt über Mitglieder und Aktivitäten in der griechischen Sozialwirtschaft und Entwicklung einer Datenbank, Volume A (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 (Die Daten beziehen sich auf 1995): erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1998 Erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 A. Prattichizzo, Universita Cattolica del Sacro Cuore, Piacenza, 1996; die Daten beziehen sich auf folgende NUOs: UNCI, CCI, LEGA, AGCI 1998 Legacoop und Confcooperative (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg und und und und und und 95 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 1994 Genossenschaften: STATEC; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Higher Council of Mutuals 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Register der Handelskammern 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: IINSCCP; Gegenseitigkeitsgesellschaften und Gemeinnützige Organisationen: Estrutura Empresarial, 1993; Datenbank des Ministeriums für Beschäftigung (alle Daten beziehen sich auf 1993) 1990 Barea & Monzón: Las Cifras Clave de la Economica Social en España (Schlüsselzahlen der Sozialwirtschaft in Spanien; CIRIEC-España, Madrid, 1993) 1994 Confederación Empreserial Española (CEPES), auf Basis von Daten des Arbeitsministeriums (Daten beziehen sich auf 1995 und beinhalten Gesellschaften mit beschränkter Haftung) Schweden 1994 Genossenschaften: KOOPI (Daten beziehen sich auf 1995); Gemeinnützige Organisationen: F. Wijkström (Stockholm Business School; Daten beziehen sich auf 1992) Vereinigtes Königreich 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 UK Co-operative Union; UK Social Economy Forum; Charity Commission Niederlande Portugal Spanien Island und und K. Sigurröson: The co-operative college of Iceland (Das Genossenschafts-Kolleg von Island), 1996 Liechtenstein 1994 Gegenseitigkeitsgesellschaften: IGW Norwegen 1994 Statistics Norway 1998 Statistics Norway (Daten beziehen sich auf 1996) 1990 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) 1994 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) Schweiz und Quellen der Daten zum wirtschaftlichen Umfang 96 Österreich 1994, 1998 Belgien 1990 ÖSTAT: Statistisches Jahrbuch für die Republik Österreich, diverse Ausgaben; die Daten zu Genossenschaften beziehen sich ausschließlich auf die Mitglieder von 4 NUOs; Vereine beinhalten auch Organisationen ohne Beschäftigte; die für 1994 ausgewiesenen Daten für Gegenseitigkeitsgesellschaften beziehen sich auf 1993; die für 1998 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1997 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: Belgian National Institute for Statistics, 1996; Gegenseitigkeitsgesellschaften und Vereine: Craydon, 1996 Dänemark 1994 Genossenschaften: Danish Statistics: General erhvervsstatistik og handel 1995:5 und 1995:8; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Dansk Forsikrings Arbog 1995; die für 1994 ausgewiesenen Daten beziehen sich auf 1993 Finnland 1994 Helander, Voitto: Kolmas sektori: Käsiteistöstä, ulottuvuuksista ja tulkinnoita (Der Dritte Sektor: Terminologie, Dimensionen und Interpretationen), Saarijärvi, 1998 Situation und Entwicklung der KMU in Europa-19 Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Portugal Spanien 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 und 1994 Genossenschaften und Vereine: INSEE (Fichier SIRENE, 1996; die Daten beziehen sich auf 1996); Daten zu Gegenseitigkeitsgesellschaften: GEMA, CNCMA, FNMF, MSA 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 (ohne Neue Bundesländer) 1994 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1994 (Bericht) (einschließlich Neue Bundesländer) 1998 DG Bank: Die deutschen Genossenschaften 1998 (Bericht) (einschließlich Neue Bundesländer) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 Department of Land Planning Engineers and Regional Development (Thessalia University): Establishment and organisation of a national union of Social Economy Organisations (Aufbau und Organisation einer nationalen Vereinigung sozialwirtschaftlicher Organisationen), Forschungsprojekt über Mitglieder und Aktivitäten in der griechischen Sozialwirtschaft und Entwicklung einer Datenbank, Volume A (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 (Die Daten beziehen sich auf 1995): erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1998 Erfaßte Genossenschaften beschränken sich auf Mitglieder folgender NUOs: ILCU, ICOS, CDS, IFWC, NABC; gemeinnütziger Sektor: Mitglieder von IBSA, ICSH 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 A. Prattichizzo, Universita Cattolica del Sacro Cuore, Piacenza, 1996; die Daten beziehen sich auf folgende NUOs: UNCI, CCI, LEGA, AGCI 1998 Legacoop und Confcooperative (die Daten beziehen sich auf 1997) 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: STATEC; Gegenseitigkeitsgesellschaften: Higher Council of Mutuals 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Register der Handelskammern 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1994 Genossenschaften: Instituto António Sérgio para o Sector Cooperativo (INSCCP); Gegenseitigkeitsgesellschaften und Gemeinnützige Organisationen: Estrutura Empresarial, 1993; Datenbank des Ministeriums für Beschäftigung (alle Daten beziehen sich auf 1993) 1990 Barea & Monzón: Las Cifras Clave de la Economica Social en España (Schlüsselzahlen der Sozialwirtschaft in Spanien; CIRIEC-España, Madrid, 1993) und und und und und und 97 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 1994 Confederación Empreserial Española (CEPES), auf Basis von Daten des Arbeitsministeriums (Daten beziehen sich auf 1995 und beinhalten Gesellschaften mit beschränkter Haftung) Schweden 1994 Genossenschaften: KOOPI (Daten beziehen sich auf 1995); Gemeinnützige Organisationen: F. Wijkström (Stockholm Business School; Daten beziehen sich auf 1992) Vereinigtes Königreich 1990 Eurostat: Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften gemeinnützige Einrichtungen in der EU, 1996 1998 UK Co-operative Union; UK Social Economy Forum; Charity Commission Island 98 K. Sigurröson: The co-operative college of Iceland (Das Genossenschafts-Kolleg von Island), 1996 Liechtenstein 1994 Gegenseitigkeitsgesellschaften: IGW Norwegen 1994 Statistics Norway 1998 Statistics Norway (Daten beziehen sich auf 1996) 1990 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) 1994 Genossenschaften: Statistisches Jahrbuch (SHAB) Schweiz und TEIL II DAS UNTERNEHMENSUMFELD UND DAS VERHALTEN DER KMU 2 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Koordination: EIM Small Business Research and Consultancy DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Regulierungsreformen können sich auf unterschiedliche Gruppen von Unternehmen unterschiedlich auswirken, demnach können Regulierungsreformen auch unterschiedliche Auswirkungen auf kleine und große Unternehmen haben. • Spezifische Auswirkungen von Regulierungsreformen für KMU sind: Regulierungen können eine ihrer Stärken, die Flexibilität, einschränken; Regulierungen können zu administrativen Belastungen führen, die für KMU überproportional hoch sind; KMU sind mit schlechter qualifizierten Mitbewerbern konfrontiert, wenn die Marktzutrittsbarrieren gesenkt werden, so daß Selbst-Regulierung notwendig wird; oft sind Fusionen und Unternehmensübernahmen die Folge, so daß KMU größeren Unternehmen mit mehr Marktmacht gegenüberstehen. Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für Einzelhandelsgeschäfte (Fallstudie einer kürzlich durchgeführten Deregulierung) • Die meisten Länder des EWR und der Schweiz deregulierten die Ladenöffnungszeiten für den Einzelhandel, einige Länder regulierten die bereits relativ freien Öffnungszeiten. • Die meisten Veränderungen haben im Lebensmittelbereich stattgefunden, in dem sich das Wettbewerbsmuster stark geändert hat. Die Restrukturierung ist noch nicht abgeschlossen. • Große Geschäfte profitieren am meisten, kleine Betriebe leiden. Die Deregulierung scheint die Verringerung des Marktanteils von KMU zu beschleunigen. • Einige wenige Länder fördern kleine Lebensmittelgeschäfte, indem sie ihnen längere Öffnungszeiten ermöglichen als anderen Betrieben. • In den meisten Ländern hat die Regulierungsreform im Bereich der Ladenöffnungszeiten, die eine Verbesserung der Konsumentenwohlfahrt zum Ziel hatte, KMU negativ betroffen. Öffnung des Marktes für das öffentliche Beschaffungswesen (Fallstudie einer kürzlich durchgeführten Regulierung) • Ein Drittel der KMU innerhalb des EWR und der Schweiz ist über die Möglichkeiten öffentlicher Ausschreibungen für Unternehmen wie das ihrige informiert. Ein Drittel sieht auch mehr Chancen durch die Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen. • Ein beträchtlicher Teil der öffentlichen Ausschreibungen wird von europäischen KMU gewonnen. • Trotz der bereits getroffenen Maßnahmen gibt es nach wie vor zahlreiche Barrieren für KMU. 101 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht • Der Mangel an Information ist das größte Problem, jedoch erscheint diese Barriere weniger bedeutend, wenn ein Großteil der Beschäftigten in einem Unternehmen direkten Zugang zum Internet hat. • Sobald die Informationslücke geschlossen ist, treten andere Hindernisse auf: Die Projekte sind zu groß für KMU, hohe administrative Belastungen und hohe Kosten für die Erstellung eines Angebots. 2.1 Einleitung Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Regulierungsreformen auf KMU. Im allgemeinen lassen sich drei Arten von Regulierungen unterscheiden: wirtschaftliche, soziale und administrative1. Soziale Regulierungen schützen öffentliche Interessen wie Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und sozialen Zusammenhalt. Administrative Regulierungen, die Schreibarbeiten und Verwaltungstätigkeiten einschließen, sind Verfahren, durch die die Regierungen Informationen sammeln und in individuelle wirtschaftliche Entscheidungen eingreifen können2. Sowohl soziale als auch administrative Regulierungen wurden bereits in früheren Berichten des Beobachtungsnetzes behandelt. Dieses Kapitel beschäftigt sich ausschließlich mit wirtschaftlichen Regulierungen. Wirtschaftliche Regulierungen haben direkte Auswirkungen auf Marktentscheidungen wie z. B. Preissetzung, Wettbewerb, Marktzutritt oder -austritt. Wirtschaftliche Reformen zielen auf eine Steigerung der ökonomischen Effizienz durch eine Reduzierung der Wettbewerbs- und Innovationsbarrieren ab, oft durch Deregulierung und effizienzfördernde Regelungen, sowie durch eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Funktionieren und den Zugang zu Märkten3. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Begriff Deregulierung auf die Abschaffung von spezifischen Regulierungen. Unangemessene Regulierungsmaßnahmen führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu höheren Preisen, Fehlallokation von Ressourcen, höheren Kosten, Mangel an Produktinnovation und schlechter Dienstleistungsqualität4. Dieses Kapitel betrachtet die spezifischen Auswirkungen von Marktregulierungen oder Deregulierungen auf KMU. Im einzelnen werden die folgenden Fragestellungen untersucht: 1. Was sind die Auswirkungen von Regulierungsreformen auf Betriebe im allgemeinen, und auf KMU im besonderen? 2. Welche Auswirkungen haben aktuelle Regulierungs- und Deregulierungsmaßnahmen auf KMU? Diese Frage wird anhand von zwei Fallstudien beantwortet. 3. Welche Schlußfolgerungen können für zukünftige politische Maßnahmen gezogen werden? 1 OECD, Regulation and industrial competitiveness: a perspective for regulatory reform (Regulierung und industrielle Wettbewerbsfähigkeit: Eine Perspektive für Regulierungsreformen), OECD Working Paper No. 74, Paris, 1997. 2 OECD, The OECD Report on regulatory reform: Synthesis Report (Der OECD Bericht zur Regulierungsreform: Synthese), Paris, 1997. 3 Europäische Kommission, Wirtschaftsreform: Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Produkt- und Kapitalmärkte, Von der Kommission vorgelegt, nach Aufforderung durch den Europäischen Rat von Cardiff, KOM(99) 10 endg.; OECD, The OECD Report on regulatory reform: Synthesis Report (Der OECD Bericht zur Regulierungsreform: Synthese), Paris, 1997. 4 OECD, The economy-wide effects of regulatory reform (Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Regulierungsreformen), Paris, 1997. 102 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen 2.2 Auswirkungen von Regulierungsreformen Regulierungsreformen können verschiedene Auswirkungen auf die Wirtschaft als Ganzes, auf die Privatwirtschaft und auf KMU im besonderen haben. In diesem Abschnitt werden diese verschiedenen Auswirkungen kurz diskutiert. 2.2.1 Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum Es ist heutzutage weitgehend anerkannt, daß gut funktionierende Märkte für Waren und Dienstleistungen zum Wirtschaftswachstum beitragen. Im Rahmen einer empirischen Studie1 wurden Daten aus 11 europäischen Ländern herangezogen, um zu zeigen, daß eine Deregulierung sowohl der Waren- und Dienstleistungsmärkte als auch der Arbeitsmärkte positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum hat2. Die Deregulierung der Warenmärkte hat die größten Auswirkungen: Ihr Einfluß auf das Wachstum ist etwa doppelt so groß wie der einer Deregulierung der Arbeitsmärkte, und ihre statistische Signifikanz ist deutlicher. Folglich sind dynamische Warenmärkte ein wichtiger Faktor für eine gut funktionierende Wirtschaft. Von Regulierungsreformen wird sowohl eine Verbesserung der statischen Effizienz (Ressourcenallokation) als auch der dynamischen Effizienz (Innovation, neue Produkte und Dienstleistungen) erwartet. In den USA werden bereits seit Jahrzehnten Regulierungsreformen durchgeführt. Die langfristigen Auswirkungen von Regulierungsreformen in einigen Wirtschaftssektoren wurden genau untersucht. Studien3 gelangen zu dem Schluß, daß sowohl Konsumenten als auch Produzenten von der Kombination aus gestiegenem Wettbewerb, verbesserter Produktivität, neuer Produkt- und Prozeßinnovationen, neuer Marktchancen und einem beachtlichen Preisdruck profitiert haben. Es scheint eindeutig, daß sowohl die statische als auch die dynamische Effizienz gestiegen sind. Eine Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen von Regulierungsreformen durch die OECD4 zeigt, daß diese zu zusätzlichen (im Sinn von anderen Faktoren nicht zuschreibbaren) Produktivitätssteigerungen führen. Die Auswirkungen auf das BIP sind positiv, jene auf die Beschäftigung sind beinahe Null (obwohl der Arbeitskräfteumschlag dynamischer wird) und die Reallöhne steigen. 2.2.2 Auswirkungen auf die Unternehmen Regulierungsreformen scheinen auf der makroökonomischen Ebene von Vorteil zu sein, was für Auswirkungen haben sie aber auf die privaten Unternehmen? Regulierungsreformen können die Wettbewerbsposition privater Unternehmen auf 1 Koedijk, K., und J.J.M. Kremers, Market opening, regulation and growth in Europe (Marktöffnung, Regulierung und Wachstum in Europa), Economic Policy, 23, 1996, 443467. 2 Dieses Ergebnis wird von einer Studie bestätigt, die statistische Modelle von 9 Ländern vergleicht: Bergeijk, Peter van, Marktwerking en de macro-economie (Wettbewerb und die Gesamtwirtschaft), Tijdschrift voor Politieke Ekonomie, 20, 2, 1997, 44-56. 3 Winston, Clifford, Economic deregulation: days of reckoning for micro economists (Wirtschaftliche Deregulierung: Tage der Abrechnung für Mikroökonomen), Journal of Economic Literature, 1993, 1263-1289; Winston, Clifford, US industry adjustment to economic deregulation (Anpassung der US Industrie an wirtschaftliche Deregulierung), Journal of Economic Perspectives, 12, 3, 1998, 89-110. 4 OECD, The OECD report on regulatory reform: Vol II – Thematic studies (Der OECD Bericht zur Regulierungsreform: Bd. II – Thematische Studien), Paris, 1997. 103 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht unterschiedliche Arten beeinflussen. Sie können einen Einfluß auf den Marktzutritt von Unternehmen (z. B. durch die Abschaffung von Berechtigungen), auf die Preissetzung (z. B. durch eine Liberalisierung der Preise), auf ihre Innovativität (z. B. durch europäische Produktbestimmungen und Standardisierungen), auf ihre Kosten (z. B. durch die Liberalisierung von Telekommunikations- und Energiepreisen) und auf ihren Umsatz (z. B. durch die Regulierung des öffentlichen Beschaffungswesens) haben. Abhängig von der entsprechenden Regulierung oder Deregulierung und der Stellung des Unternehmens im Markt können diese Auswirkungen positiv oder negativ für das Unternehmen sein. Allerdings zielen nicht alle Regulierungen oder Deregulierungen auf eine Verbesserung der Wohlfahrt der Produzenten ab. Es gibt auch Regulierungen und Deregulierungen, die eine Stimulierung der Wohlfahrt der Konsumenten und des Wirtschaftswachstums im allgemeinen zum Ziel haben, wie beispielsweise die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Solche Regulierungen oder Deregulierungen könnten, vor allem kurzfristig, negative Auswirkungen auf die Unternehmen haben. 2.2.3 Spezifische Auswirkungen auf KMU Im allgemeinen zielen Regulierungsreformen darauf ab, Hindernisse zu verringern, die Markttransparenz zu erhöhen, neue Möglichkeiten für Unternehmen zu schaffen und Markteintritte, das Unternehmertum und das Wachstum von KMU zu unterstützen. Spezifische Regulierungen und Deregulierungen können jedoch unterschiedliche Auswirkungen auf große und kleine Unternehmen haben, die auf dem gleichen Markt agieren. Einige spezifische Auswirkungen für KMU sind: • Die OECD stellt fest, daß Regulierungen oft die Wettbewerbsfähigkeit von KMU hemmen, da die Flexibilität eine der Stärken von KMU darstellt und diese durch die (unflexible) Regulierung nicht zum Tragen kommt. • Regulierungen können zu administrativen Belastungen führen, die für KMU überproportional hoch sind, da die meisten administrativen Belastungen Fixkosten darstellen. • Eine Senkung der Marktzutrittsbarrieren für Waren- und Dienstleistungsmärkte (Deregulierung) kann, auf kurze Sicht, negative Auswirkungen für bestehende KMU haben, da sie mit zusätzlichen und/oder schlechter qualifizierten Konkurrenten konfrontiert werden. Als Reaktion darauf könnten sie sich gezwungen sehen, Systeme der Selbstregulierung einzuführen.1 • Deregulierung führt oft zu einer Restrukturierung des betroffenen Wirtschaftssektors, im Laufe derer es zu vielen Fusionen und Unternehmensübernahmen kommt2. Als Folge derartiger Rationalisierungen erhöht sich die Marktkonzentration und KMU stehen größeren Unternehmen mit mehr Markteinfluß gegenüber als zuvor. Eine mögliche Reaktion von KMU stellt die Suche nach einer Zusammenarbeit dar, was jedoch beachtliche Transaktionskosten für den Unternehmer bedeutet. Da spezifische Regulierungen und Deregulierungen sehr unterschiedliche Effekte haben können, werden die Auswirkungen von Regulierungsreformen für KMU – im Vergleich zu großen Unternehmen - anhand zweier Fallstudien genauer beschrieben. 1 De Boer, J. de, Markt, MKB en overheid (Markt, KMU und Regierung), Economisch-Statistische Berichten, 1998, 24-27. 2 De Boer (1998), Winston (1998) und De Jong, H.W., Meer markt, meer welzijn? (Mehr Markt, mehr Wohlfahrt?), Economisch-Statistische Berichten, Dossier MDW, Juni 1998. 104 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Die erste Fallstudie beschäftigt sich mit den Folgen einer Deregulierung, die auf eine Verbesserung der Konsumentenwohlfahrt und auf Wirtschaftswachstum abzielt: die Liberalisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel. Wie beeinflußt diese Regulierung Unternehmen im allgemeinen und KMU im besonderen? Die zweite Fallstudie zeigt die Auswirkungen einer Regulierung, die unter anderem auf eine Verbesserung des Marktzutritts von Unternehmen und eine Erhöhung der Markttransparenz abzielt: die Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen. 2.3 Auswirkungen aktueller Deregulierungen auf KMU: Liberalisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel In diesem Abschnitt wird die Liberalisierung, d. h. die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel, als Beispiel für Deregulierungen, die zur Zeit in vielen Ländern des EWR und der Schweiz durchgeführt werden, näher betrachtet. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten entspricht Anforderungen, die durch soziale Entwicklungen, wie z. B. den gestiegenen Anteil berufstätiger Frauen, veränderte Familienstrukturen, flexible Arbeitszeiten und die „24 Stunden-Wirtschaft”, entstanden ist. Folglich wird angenommen, daß die Konsumentenwohlfahrt steigen wird, wenn die Ladenöffnungszeiten erweitert werden. Die Darstellungen und Ergebnisse, die in diesem Abschnitt vorgestellt werden, basieren auf nationalen und internationalen empirischen (Evaluations-)Studien über die Auswirkungen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, sowie auf Informationen aus Interviews mit je einem Experten für Ladenöffnungszeiten von einer KMU-Vereinigung und einem Handelsverband sowie einem Unternehmer eines kleinen Lebensmittelgeschäftes, die in jedem der 19 an diesem Bericht teilnehmenden Länder durchgeführt wurden. Folgende Fragen werden in diesem Abschnitt beantwortet: Was sind die tatsächlichen Auswirkungen auf KMU? Inwieweit profitieren die KMU von der Deregulierung? Bevor diese Fragen beantwortet werden, wird ein Überblick über die jüngsten Veränderungen im Bereich der Ladenöffnungszeiten in den verschiedenen Ländern gegeben. 2.3.1 Die Situation im EWR und der Schweiz Schweden wurde lange als Beispiel für die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in Europa angesehen, da es bereits seit langer Zeit (seit 1972) ungeregelte Öffnungszeiten erlaubt. Empirische und statistische Studien1 deuten darauf hin, daß die Umsätze und Gewinne sowie die Beschäftigung und die Arbeitsproduktivität gestiegen sind, die Preise leicht gesunken sind, und der Anteil der Unternehmen, die ihre Öffnungszeiten ausgeweitet haben, über die Jahre zugenommen hat. Der Einzelhandelssektor hatte Zeit, sich zu restrukturieren, allerdings wurde die aktuelle Situation in den vergangenen zehn Jahren nicht umfassend untersucht. 1 Zum Beispiel: Gradus, R.H.J.M., The economic effects of extending shop opening hours (Die ökonomischen Effekte einer Ausweitung der Ladenöffnungszeiten), Journal of Economics, 64, 1996, 247-263; Civil departement, Betänkande av 1989 ärs äffarstidsutredning (Bericht des Komitees für Öffnungszeiten 1989), Stockholm, 1991; Pilat, Dirk, Regulation and performance in the distribution sector (Regulierung und Wachstum im Handel, Economics Department Working Papers, 180, OECD, Paris, 1997. 105 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 2.1 Kurzbeschreibung der jüngsten Veränderungen der gesetzlichen Öffnungszeiten im Einzelhandel (in Klammer: Datum des neuen Gesetzes), in den Ländern des EWR und der Schweiz Land Kurzbeschreibung (Datum des neuen Gesetzes) Belgien Keine Veränderungen seit 1977* (05.00-20.00 täglich); Sonntag nach wie vor geschlossen 24 Std. pro Tag, Samstag nachmittag jetzt erlaubt, Sonntag nach wie vor geschlossen; kleine Unternehmen haben vollkommen freie Zeiten (Juli 1995)** Max. Anzahl der Std. gestiegen (von 83-94); 2 Std. mehr an Samstagen und 1,5 Std. mehr von Montag bis Freitag; Sonntag nach wie vor geschlossen (Nov. 1996) 1 Std. später an Wochentagen; 1 Std. früher an Samstagen; Sonntag im Sommer erlaubt (April 1997) 5 Sonntage pro Jahr (per Arbeitsgesetz Dez. 1993); andere Tage 24 Std. (keine Veränderung seit 1936) Jede Kategorie/Region spezifisch geregelt; im allgemeinen mehr Std. an allen Tagen; Sonntag nach wie vor geschlossen (Juli 1994) Keine Veränderung: es gibt keine Regelung: 24 Std. an 365 Tagen erlaubt 2 oder 3 Std. mehr täglich; Sonntag nach wie vor geschlossen (April 1999) 1 Std. später an Wochentagen im Winter; Sonntag Vormittag war bereits erlaubt (Juni 1995) 3,5 Std. mehr an Wochentagen; 4 Std. mehr an Samstagen; jetzt 12 Sonntage pro Jahr (Juni 1996) Max. Anzahl der Std. gestiegen (von 60 auf 66); Samstag nachmittag jetzt erlaubt, Sonntag nach wie vor geschlossen (Januar 1997)*** Von 06.00 bis 24.00 Uhr täglich; auch an Sonntagen, aber große Unternehmen nur Sonntag Vormittag (Mai 1996) Keine Veränderung: seit 1972 gibt es keine Regelung (24 Std. an allen Tagen erlaubt) Ursprünglich keine Regelung; jetzt max. 72 Std. pro Woche und 8 Feiertage und/oder Sonntage pro Jahr erlaubt (1996) Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Vereinigtes Königreich Island Liechtenstein Norwegen Schweiz 24 Std. täglich erlaubt; auch an Sonntagen, aber große Unternehmen nur 6 Std. an Sonntagen (Aug. 1994) Jetzt gibt es keine Regelung mehr (früher während der Nacht nicht erlaubt) (Jan. 1999) Max. Anzahl der Std. gestiegen (von 64,5 auf 90); 3 Std. mehr an Wochentagen; 0,5 Std. mehr an Samstagen; Öffnung an Sonntagen möglich (März 1992) Jetzt auf regionaler Ebene geregelt; 1 Std. mehr an Wochentagen; Sonntag nach wie vor geschlossen; Kleinstbetriebe dürfen Sonntag offen halten (Januar 1994) Verschiedene Deregulierungen in allen Kantonen (in einigen muß die Bevölkerung darüber abstimmen); nach wie vor geschlossen an Sonntagen (mit einigen Ausnahmen) (1998-1999) * Es gab jedoch eine stärkere Regulierung der ‘Nachtgeschäfte’. ** Keine Beschränkungen für Betriebe mit einem Umsatz von weniger als 1,8 Millionen Euro und für Lebensmittelgeschäfte. *** Der Landeshauptmann kann über andere Öffnungszeiten verfügen, z. B. für kleine Familienbetriebe bis zu 80 Stunden pro Woche.Quelle: ENSR-Partner, 1999. Allgemeine Bemerkung: 106 Touristengeschäfte, Bäckereien, Restaurants, etc. dürfen an Sonntagen im allgemeinen geöffnet halten. Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Erst vor kurzem wurde eine Erhebung durchgeführt: 43 % aller Lebensmittelhändler hatten mehr als 70 Stunden pro Woche geöffnet1. Tabelle 2.1 bietet eine kurze Beschreibung der jüngsten Veränderungen in bezug auf die gesetzlichen Öffnungszeiten im Einzelhandel in allen untersuchten Ländern. Es wird deutlich, daß die Öffnungszeiten kürzlich in vielen Ländern ausgedehnt wurden (ab 1992). In einigen Ländern, d. h. in Spanien und Norwegen, wurden die Öffnungszeiten, die bereits relativ frei waren, jedoch eingeschränkt. In einigen anderen Ländern (in Belgien, Irland und Schweden) haben in letzter Zeit keine wesentlichen Veränderungen stattgefunden. In Irland und Schweden waren die Öffnungszeiten bereits vollkommen liberalisiert. Dieses Jahr stieß auch Island dazu, indem alle Regelungen in bezug auf die Öffnungszeiten aufgehoben wurden. Es besteht also in den meisten Ländern die Tendenz, die Öffnungszeiten auszudehnen (Deregulierung), aber einige Länder, in denen die Öffnungszeiten bereits sehr liberal waren, zeigen einen gegensätzlichen Trend (Regulierung). Dies hat folgende Ursachen: • Neue Arbeitsgesetze, Diskussionen mit und Druck von den Gewerkschaften (Norwegen); • Ein beachtlicher Rückgang des Marktanteils und der Zahl kleiner Einzelhändler2 und gleichzeitiges Entstehen großer Einkaufszentren (Spanien);3 • Der Versuch, die Nachteile für kleine Einzelhändler im Vergleich zu den großen auszugleichen, indem kleinen Unternehmen größere Freiheiten in bezug auf die Öffnungszeiten zugestanden werden (Norwegen). Ähnliche Regelungen sind, gemeinsam mit einer allgemeinen Deregulierung, in Portugal, dem Vereinigten Königreich und Dänemark in Kraft getreten: Große Unternehmen dürfen an den Wochenenden/Sonntagen nur eine gewisse Anzahl von Stunden öffnen, während kleine Geschäfte an diesen Tagen freie Öffnungszeiten haben. ‘24 Stunden-Shopping’ an Wochentagen war bereits in Frankreich, Irland, Spanien und Schweden möglich und wurde durch Deregulierungsmaßnahmen nun auch im Vereinigten Königreich, Island und Dänemark ermöglicht. Trotz der jüngsten Deregulierungsmaßnahmen sind in den meisten Ländern die Geschäfte an Sonntagen noch immer geschlossen (Ausnahmen sind etwa Tankstellen, Bäckereien, Restaurants, Blumengeschäfte, Tourismus, Touristen-Städte bzw. einige bestimmte Sonntage in Finnland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien).4 In Ländern wie Irland, Schweden, Island, Liechtenstein und Luxemburg (nur vormittags) können die Konsumenten ihre Einkäufe auch jeden Sonntag erledigen. 1 Durchgeführt von Delfi Marknadspartner, zusammengefaßt in Svenska Dagbladet, Juli 1999. 2 Cruz, Roche I., und Orta O. Medina, Regulación de horarios de apertura: implicaciones económicas (Regulierung der Öffnungszeiten: wirtschaftliche Implikationen), Informacion Comercial Espanola, 739, März 1995. 3 1999 begannen in Frankreich neue Diskussionen über die Vielzahl sehr großer Supermärkte, die negative Auswirkungen auf Kleinbetriebe haben. Es werden Maßnahmen entwickelt, um das Entstehen neuer Supermärkte zu verhindern. 4 In beinahe allen Ländern ist die Öffnung an einer bestimmten Anzahl von Sonntagen, die bei Feiertagen liegen, erlaubt. 107 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 2.3.2 Reaktionen der Unternehmen auf die neuen Möglickeiten Ausweitung der Ladenöffnungszeiten an Wochentagen In beinahe allen Ländern, in denen die Öffnungszeiten an Wochentagen erweitert wurden, zeigt sich, daß die Auswirkungen im Lebensmittelbereich am größten sind1, und der Anteil der Einzelhändler, die von den erweiterten Öffnungszeiten Gebrauch machen, mit der Betriebsgröße steigt.2 Eine in den Niederlanden durchgeführte empirische Studie zeigt, daß es auch einen Bezug zur Rechtsform gibt: Selbständige beteiligen sich weniger an den erweiterten Ladenöffnungszeiten als Handelsketten.3 Es gibt nur wenige Evaluierungsstudien, die den Anteil der Einzelhändler, die die erweiterten Ladenöffnungszeiten nutzen, darlegen. In Deutschland sind es 39 %, in der Schweiz 44 %, in den Niederlanden 26 % und in Österreich 35 % der Einzelhändler, die die neuen Öffnungszeiten nutzen4. Obwohl sich die Anteile in den einzelnen Ländern unterscheiden, zeigt sich, daß der Großteil der Geschäfte die Öffnungszeiten nicht erweitert hat. Im allgemeinen machen Geschäfte in ländlichen Gebieten und kleinen Städten weniger Gebrauch von den Möglichkeiten, länger geöffnet zu haben. Das hängt in erster Linie mit dem lokalen Konsumentenverhalten zusammen, das nicht nach verlängerten Öffnungszeiten verlangt. Verlängerte Öffnungszeiten an Sonntagen Im Sommer dürfen die Geschäfte in Finnland an Sonntagen geöffnet haben: 1998 machten 72 % der Einzelhändler von dieser Möglichkeit Gebrauch5. Viele Konsumenten scheinen „Erholungs-Shopping” zu betreiben. Kleine Einzelhändler scheinen die neuen Öffnungszeiten an Sonntagen eher zu nutzen als jene an Wochentagen. In Liechtenstein sind vor allem die Lebensmittelgeschäfte eine Attraktion für die Sonntags-Einkäufer. In Portugal, wo die kleinen Geschäfte an den Wochenenden länger geöffnet haben dürfen als große, beginnen die kleinen Geschäfte langsam, diese Möglichkeit zu nutzen, es sind jedoch erst wenige. 1 In Großbritannien und den Niederlanden nutzen auch Do-it-Yourself-Märkte die verlängerten Öffnungszeiten sehr stark. 2 Unter anderem: Halk, Karin, und Uwe Täger, Neuer Ladenschluß: Reaktionen des Handels, Ifo Schnelldienst, 52, Januar, 1999; Kajalo, Sami, Laajempien aukiolomahdollisuuksien käyttö päivittäistavarakaupassa (Nutzung flexiblerer Öffnungszeiten im täglichen Konsumgütergeschäft), Studies and reports, Ministry of Trade and Industry, 2, 1999; KPMG BEA und GfK Nederland, Effecten van de Winkeltijdenwet (Auswirkungen des Einkaufszeiten-Gesetzes), Hoofddorp, 1988; Beeckman, Duncan, Ben Crum und Cornelis van der Werf, Effecten nieuwe Winkeltijdenwet op de detailhandel (Auswirkungen des neuen Einkaufszeiten-Gesetzes auf den Handel), HBD, Den Haag, 1998; Inderbitzin, Werner, und Martin Hoch, Wirtschaftliche Folgen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in der Schweiz, Schlussbericht, BWA Schriftenreihe, Beiträge zur Arbeitsmarktpolitik, Nr. 11, Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, Bern, 1998; Burger, Christina, Auswirkungen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Wien, 1998. 3 KPMG, BEA und GfK Nederland, Effecten van de Winkeltijdenwet (Auswirkungen des Einkaufszeiten-Gesetzes), Hoofddorp, 1988. 4 Siehe vorherige Fußnote für den Quellenverweis. 5 Kajalo, S., Laajempien aukiolomahdollisuuksien käyttö päivittäistavarakaupassa (Nutzung flexiblerer Öffnungszeiten im täglichen Konsumgütergeschäft), Ministry of Trade and Industry, 1999. 108 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen 2.3.3 Auswirkungen auf Umsatz und Beschäftigung in KMU Die Auswirkungen der Liberalisierung der Öffnungszeiten auf die Umsätze und die Beschäftigung im gesamten Einzelhandelssektor sind schwer zu erfassen. In einigen Ländern (z. B. Finnland) wurden so gut wie keine Auswirkungen festgestellt. Der Umsatz verteilt sich jetzt anders über die Woche, und da die Arbeitskosten verhältnismäßig stärker ansteigen (besonders an Sonntagen) als die Erlöse, setzen die meisten Einzelhändler Familienmitglieder ein, anstatt Personal einzustellen (ein sozialer Nachteil für die Einzelhändler und ihre Familien). In Deutschland gibt es keine Evidenz dafür, daß die Umsatzveränderungen auf verlängerte Öffnungszeiten zurückzuführen sind. Es ist eher die wirtschaftliche Lage, die Einfluß auf die Entwicklung der Umsätze hat.1 Eine empirische Studie in Österreich2 zeigt, daß der Umsatz der Unternehmen, die die längeren Öffnungszeiten nutzen, stärker anstieg als jener von Unternehmen, die diese Möglichkeiten nicht nutzen. In den Niederlanden gaben 10 % der Unternehmen, die die neuen Öffnungszeiten nutzen, an, daß sie dadurch zusätzliche Umsätze erzielen können.3 Bei dem Versuch, die Auswirkungen für kleine Unternehmen zu bewerten, zeigen die Studien (unterstützt durch Interviews) eindeutig, daß kleine Unternehmen Marktanteile durch die Deregulierung verlieren, und daß viele kleine Unternehmen aus dem Markt ausscheiden. In vielen Ländern bestand diese Tendenz jedoch bereits vor der Deregulierung, besonders bei Spezialitätengeschäften4, und wurde durch diese noch beschleunigt. Die Verteilung der Beschäftigung verändert sich entsprechend der neuen Struktur im Einzelhandelssektor. Im allgemeinen scheint es, daß kleine Unternehmen Arbeitsplätze abbauen (kleine Unternehmen haben Schwierigkeiten, zusätzliche Arbeitskräfte zu bezahlen, da die Kosten höher sind als die zusätzlichen Einnahmen, was bedeutet, daß die Arbeitswoche für den Unternehmer und seine Familie länger wird), daß größere (Lebensmittel-)Geschäfte mehr Arbeitskräfte benötigen und daß mehr Teilzeitjobs geschaffen werden. Der Netto-Effekt dieser Veränderungen für den gesamten Wirtschaftssektor ist schwer zu bewerten. Einige Forscher haben es versucht: In der Schweiz wird der Gesamtanstieg der Beschäftigung auf 1,4 % geschätzt5, in Österreich wurde kein Einfluß auf die Gesamtbeschäftigung festgestellt und in den Niederlanden zeigt eine Studie, daß zwar die Zahl der Vollzeitbeschäftigten im gesamten Einzelhandelssektor sinkt, dieser Rückgang allerdings durch eine steigende Zahl an Teilzeitmitarbeitern in jenen Betrieben, die die erweiterten Ladenöffnungszeiten nutzen, mehr als ausgeglichen wird. In Deutschland gilt ähnliches: Im Einzelhandelssektor insgesamt ist die Anzahl der Arbeitnehmer gesunken, während die Anzahl der Beschäftigten unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze (ohne Sozialversicherungsbeiträge) bis Ende 1998 gestiegen ist6. Seit 1999 müssen diese geringfügig Beschäftigten jedoch auf 1 Halk, Karin, und Uwe Täger, Wie wirkt der neue Ladenschluß auf den Einzelhandel? Erste Ergebnisse einer Befragung des Ifo-Instituts, Ifo Schnelldienst, 52, Januar 1999. 2 Wirtschaftskammer Niederösterreich, Öffnungszeitenbefragung 1998, Wien, 1998. 3 Beeckman, Duncan, Ben Crum und Cornelis van der Werf, Effecten nieuwe Winkeltijdenwet op de detailhandel (Auswirkungen des neuen Einkaufszeiten-Gesetzes auf den Handel), HBD, Den Haag, 1998. 4 Europäische Kommission, Retailing in the European Single Market 1993 (Der Einzelhandel im europäischen Binnenmarkt 1993), Brüssel, 1993; Baily, M.N., Competition, regulation and efficiency in service industries (Wettbewerb, Regulierung und Effizienz in Dienstleistungssektoren), Brookings Paper on Economic Activity, Microeconomics, 2, 1993. 5 Inderbitzin, Werner, und Martin Hoch, Wirtschaftliche Folgen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in der Schweiz, Schlussbericht, BWA Schriftenreihe, Beiträge zur Arbeitsmarktpolitik, Nr. 11, Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, Bern, 1998. 6 Müller-Hagedoorn, Lothar, Andreas Kaapke und Max R. Wenzlitschke, Ladenschlußgesetz - Was sagt der Fachhandel?, Mitteilungen des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln, 3, März, 1997. 109 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Grund neuer gesetzlicher Regelungen Sozialversicherungsbeiträge entrichten, was zu einem Rückgang der Anzahl der geringfügig Beschäftigten geführt hat.1 Kleine Geschäfte, die innerhalb von Einkaufszentren oder in der Nähe von Bahnhöfen liegen, können von den neuen Öffnungszeiten profitieren. 2.3.4 Negative Auswirkungen und Chancen für KMU Die nationalen empirischen Studien weisen auf die folgenden negativen Auswirkungen hin, die durch die Interviews mit Experten für die Liberalisierung von Öffnungszeiten aus einer KMU-Vereinigung und einem Handelsverband sowie mit einem Unternehmer eines kleinen Lebensmittelgeschäftes bestätigt wurden: • Kleine Geschäfte sind gezwungen, ihre Öffnungszeiten zu verlängern, um ihre Wettbewerbsposition und ihre Marktanteile gegenüber großen Unternehmen zu halten. • Es entsteht ein sozialer Nachteil für kleine Einzelhändler und ihre Familien, da sie selbst länger arbeiten müssen. • Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs und der sinkenden Rentabilität sind kleine Unternehmen verschwunden oder wurden von großen Ketten übernommen, z. B. durch Franchising.2 • Große Unternehmen sind eher in der Lage, von den Vorteilen verlängerter Öffnungszeiten zu profitieren, da sie über größere Managementkapazitäten verfügen, wie zum Beispiel die Organisation von Job Rotation oder Pools von Teilzeitmitarbeitern. Kleine Unternehmen können sich einfach keinen zusätzlichen Mitarbeiter leisten, und kleine Spezialitätengeschäfte können keine unerfahrenen, billigen Teilzeitarbeitskräfte (z. B. Studenten) anstellen, da eine gewisse Erfahrung notwendig ist, um die Kunden korrekt zu bedienen. 2.3.5 Positive Auswirkungen und Chancen für KMU Das neue Unternehmertum Theoretisch könnte sich ein neues Unternehmertum unter den kleinen Geschäftsinhabern entwickeln, um die negativen Auswirkungen zu kompensieren: Zum Beispiel Preissetzung oder Veränderung des Sortiments in Abhängigkeit von der jeweiligen Tageszeit, Durchführung besonderer Veranstaltungen am Abend oder an den Wochenenden (z. B. Modeschauen, Kochpräsentationen), Verkauf von Herrenkleidung zwischen 16.00 und 22.00 Uhr, Öffnung nur zur Mittags- und Abendzeit. Trotz der Anregungen von KMU-Vereinigungen, mit neuen unternehmerischen Ideen auf die neuen Entwicklungen zu reagieren, werden solche Möglichkeiten in der Praxis nur selten ergriffen. Auch der theoretisch erwartete Marktzutritt ethnischen Minderheiten angehöriger Unternehmer scheint gemäß den nationalen und internationalen Studien sowie den durchgeführten Interviews tatsächlich nicht zu erfolgen. In den meisten Ländern wurde kein Markteintritt neuer Unternehmen festgestellt. In Island jedoch, wo die Öffnung während der Nacht nun erlaubt ist, entstanden 1 Eine grobe Schätzung besagt, daß 100 000 Teilzeitjobs in der ersten Hälfte 1999 verloren gegangen sind. Siehe Huber, B., 630-DM-Verträge: Eine Reform gegen mehr Beschäftigung, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 29, 8, 1999. 2 Der anhaltende Trend des Rückgangs von Marktanteilen von KMU und Spezialitätengeschäften wird durch die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten beschleunigt. 110 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen sogenannte „Clock-Shops”, diese öffnen spät am Abend und sind bis 10 oder 11 Uhr vormittags geöffnet. Positive Diskriminierung kleiner Geschäfte In Dänemark haben kleine Unternehmen größere Freiheiten bei der Festlegung ihrer Öffnungszeiten an den Wochenenden als größere Unternehmen. Das entsprechende Gesetz beabsichtigte, kleinen Unternehmen einen Vorteil gegenüber großen zu schaffen. In der Tat scheinen kleine Betriebe von diesem Gesetz zu profitieren. Etwa 70-85 % der kleinen Geschäfte nutzen die längeren Öffnungszeiten an den Wochenenden, was zu einer Steigerung der Umsätze und einem leichten Anstieg der Beschäftigung führt (geringfügig deshalb, da es sich bei den meisten um Familienunternehmen handelt). Die zusätzliche Beschäftigung bestand hauptsächlich aus Teilzeitjobs. Auch der Marktaustritt der kleinen Betriebe ist von 9 % pro Jahr vor 1995 auf 6 % im Jahr 1999 gesunken. Neue Geschäfte wurden als Mini-Märkte mit einem Umsatz unter 1,8 Millionen Euro gegründet. Diese dürfen das ganze Wochenende geöffnet haben. Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes hat sich auch die Produktpalette dieser Mini-Märkte erweitert. Die Auswirkungen auf die Spezialitäten- und Non-Food-Geschäfte sind wesentlich geringer. In Norwegen, wo sehr kleine Betriebe (mit weniger als 100 m2) relativ freie Öffnungszeiten haben, entstehen neue „Mini-Geschäfte“, um den Markt außerhalb der regulären Öffnungszeiten abzudecken. 2.4 Auswirkungen aktueller Regulierungen auf KMU: Die Öffnung der Märkte für das öffentliche Beschaffungswesen In diesem Abschnitt werden die Auswirkungen einer erst kürzlich durchgeführten Regulierung, der Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen, betrachtet. Seit einigen Jahren verlangen die gesetzlichen Regelungen der Gemeinschaft, daß Projekte im Auftrag lokaler, nationaler und europäischer Verwaltungseinrichtungen sowie öffentlicher Körperschaften, die eine gewisse Größe überschreiten, veröffentlicht werden müssen, so daß sich im Prinzip alle Unternehmen, einschließlich KMU, an der Ausschreibung beteiligen können. Diese Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen gilt als ein Baustein für die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes.1 Daß der Markt für das öffentliche Auftragswesen von großer Bedeutung ist, wird dadurch unterstrichen, daß dieses Marktvolumen in der EU 1997 etwa 720 000 Millionen Euro betrug, das entspricht 11 % des BIP. In den meisten Mitgliedstaaten der EU beläuft sich die öffentliche Beschaffung im Rahmen von Ausschreibungen auf etwa 10-15 % des BIP2. Bei den Ausschreibungsverfahren kann zwischen offenen und nicht offenen Ausschreibungen unterschieden werden. Für eine Kurzbeschreibung siehe Kasten 2.1. 1 Europäische Kommission, Wirtschaftsreform: Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Produkt- und Kapitalmärkte, Von der Kommission vorgelegt, nach Aufforderung durch den Europäischen Rat von Cardiff, KOM(99) 10 endg., 1999. 2 Holden, Paul, und Carlo Dade, SMEs and public procurement: lowering transaction costs to increase participation (KMU und öffentliche Ausschreibungen: Minderung von Transaktionskosten zur Steigerung der Teilnahme), Enterprise Research Institute, Washington DC, s.a. 111 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Kasten 2.1 Ausschreibungsverfahren Offene Ausschreibungen Wenn ein Auftrag zur offenen Ausschreibung gelangt, können alle Anbieter ein Angebot abgeben. Die Ausschreibung muß im Amtsblatt der Europäischen Union (Official Journal of the European Communities, OJEC) veröffentlicht werden. Der Zeitraum von der Veröffentlichung bis zum Abgabetermin für die Angebote muß 52 Tage betragen. Unter bestimmten Bedingungen ist es erlaubt, ausgesuchte Unternehmen für eine Angebotslegung einzuladen. Nicht offene Ausschreibungen Im Fall einer nicht offenen Ausschreibung können nur eingeladene Anbieter ein Angebot legen. Eine Vorankündigung der Ausschreibung muß im OJEC veröffentlicht werden, und den Anbietern müssen mindestens 37 Tage gewährt werden, um einen Antrag auf Einladung zur Angebotslegung zu stellen. Die Liste der ausgewählten Unternehmen (Auswahlliste) kann dann ohne Diskriminierung zusammengestellt werden. Sobald die Liste erstellt ist, muß eine schriftliche Einladung an die ausgewählten Anbieter gehen, und der Zeitraum bis zum Abgabetermin muß mindestens 40 Tage betragen. Verhandlungsverfahren Verhandlungsverfahren sind nur dann möglich, wenn: (1) Offene oder nicht offene Ausschreibungen bereits erfolglos waren, (2) bekannt ist, daß es nur einen Anbieter gibt, (3) hoher Zeitdruck besteht, und dies nicht die Schuld des Auftraggebers ist, (4) zusätzliche Leistungen auf Basis eines kürzlich vorhergegangenen Vertrages erforderlich sind. Anmerkung: Die Ausschreibungen werden auch auf CD-ROM veröffentlicht und sind seit Januar 1999 kostenlos im Internet verfügbar: http://www.ted.eur-op.eu.int/index2.htm. Die wichtigsten Ziele der Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens in Europa waren, und sind auch heute noch, die effizientere Nutzung von Steuergeldern (Preis-Leistungs-Verhältnis), die Förderung des Zugangs von Unternehmen zum Binnenmarkt und die Stimulierung des Wettbewerbs unter den europäischen Unternehmen. Im November 1996 wurde ein Grünbuch über das öffentliche Auftragswesen in der EU veröffentlicht, in dem einige Maßnahmen zur Verbesserung der Teilnahme der Mitgliedstaaten und Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen diskutiert wurden.1 Im Grünbuch wurde festgehalten, daß die Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen zum damaligen Zeitpunkt von den Mitgliedstaaten nur ungenügend und unvollständig umgesetzt wurden, und dadurch die wirtschaftlichen Auswirkungen deutlich eingeschränkt waren. Das öffentliche Auftragswesen sollte Einsparungen für die Auftraggeber und neue Möglichkeiten für die Unternehmen bringen. Desweiteren wurde die Frage aufgeworfen, wie sich die Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens mit der KMU-Politik verbinden läßt. Anbieter, und insbesondere KMU, schienen über die Marktmöglichkeiten, die sich durch das öffentliche Auftragswesen bieten, nicht informiert zu sein. Das Grünbuch beinhaltet bereits Vorschläge für eine Verbesse- 1 Europäische Kommission, Grünbuch - Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union: Überlegungen für die Zukunft, KOM(96) 583 endg., 1996. 112 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen rung der Situation: Überwachung der Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften (durch die Mitgliedstaaten), Verbesserung des Zugangs zu Informationen und Aufträgen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens, Ausbildung der Verantwortlichen in Hinblick auf die Nutzung und Implementierung öffentlicher Aufträge und die elektronische Verbreitung der Bekanntmachungen. Entsprechend den Reaktionen und Diskussionen zum Grünbuch entwickelte die Kommission 1998 Maßnahmen - im Rahmen derer KMU besondere Beachtung geschenkt wird1 -, zur Verbesserung der Gesetzgebung, zur Verdeutlichung der Regeln für das öffentliche Auftragswesen2 und zur Veröffentlichung der Bekanntmachungen auf CD-ROM und im Internet3. Die Auswirkungen der Liberalisierung der Märkte für das öffentliche Auftragswesen sind in den Ländern des EWR und der Schweiz bisher noch nicht umfassend untersucht worden. In vielen Ländern sind derzeit keine Evaluierungsstudien verfügbar. Das könnte darauf zurückzuführen sein, daß die Öffnung der Märkte für das öffentliche Beschaffungswesen relativ neu ist und/oder in manchen Ländern noch nicht genügend Beachtung gefunden hat4. Die verfügbaren Studien geben wenig Aufschluß über die Teilnahme und den Erfolg von KMU auf dem internationalen Markt für das öffentliche Auftragswesen, insbesondere im Vergleich zu ihren größeren Konkurrenten. Einige nationale Studien kamen jedoch zu interessanten Ergebnissen, die sich in erster Linie auf die Hindernisse beziehen, mit denen sich KMU konfrontiert sehen. Diese Ergebnisse werden im folgenden präsentiert. Da es nur wenige Evaluierungen und nationale Studien gibt, basiert der Großteil der Informationen auf dem ENSR Enterprise Survey 19995. Im Rahmen dieser Erhebung konzentrierte sich ein Teil der Fragen auf die Teilnahme und den Erfolg von KMU auf dem Markt für das öffentliche Auftragswesen. Alle Zahlen stammen, wenn keine anderen Quellen angegeben sind, aus dem ENSR Enterprise Survey 1999. 2.4.1 Bekanntheit der Ausschreibungsverfahren bei KMU Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 zeigen, daß 1999 durchschnittlich 30 % der KMU über die Möglichkeiten informiert waren, an Ausschreibungen für Liefer-, Dienstleistungs- oder Bauaufträge von lokalen, nationalen und europäischen Verwaltungseinrichtungen sowie öffentlichen Körperschaften teilnehmen zu können (siehe Tabelle 2.2).6 Es sollte jedoch angemerkt werden, daß der Großteil der Unternehmen über diese Möglichkeiten noch nicht informiert ist. Der Bekanntheitsgrad steigt mit der Unternehmensgröße (siehe unterste Zeile der Tabelle 2.2). Am besten informiert sind Unternehmen mit 50-249 Beschäftigten: Die Hälfte dieser Unternehmen weiß über die Möglichkeiten der Teilnahme an öffentlichen 1 Europäische Kommssion, Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union, KOM(98) 143 endg., 11. März, 1998. 2 Der Dialog auf http://europa.eu.int/business/de/topics/publicproc/index.html ist ein gutes Beispiel. 3 Siehe http://www.ted.eur-op.eu.int/ojs/html/index.2.htm (Stand am 22. November 1999) für die Tenders Electronic Daily (TED) Datenbank. 4 Die Europäische Kommission stellt fest: ‘In diesem Bereich gibt es bisher keine einzige Richtlinie, die von allen Mitgliedstaaten richtig und vollständig umgesetzt worden wäre.’ (Europäische Kommission, Wirtschaftsreform: Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Produkt- und Kapitalmärkte, Von der Kommission vorgelegt, nach Aufforderung durch den Europäischen Rat von Cardiff, KOM(99) 10 endg., 1999. 5 Siehe Anhang I dieses Berichts: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. 6 Es scheint eine statistisch signifikante positive Korrelation zwischen der Bekanntheit von öffentlichen Ausschreibungsverfahren und der Bekanntheit von Förderprogrammen bei KMU zu existieren (siehe Kapitel 6). 113 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Ausschreibungsverfahren Bescheid. Es ist nicht überraschend, daß der Bekanntheitsgrad in Sektoren, in denen öffentliche Ausschreibungen eine wichtige Rolle spielen, höher ist. Unternehmen im Bauwesen (41 %), im Kredit- und Versicherungswesen (37 %) und in der Sachgütererzeugung (37 %) sind am häufigsten über die Möglichkeiten der Ausschreibungen informiert. Das Reparaturgewerbe erzielt mit 20 % sehr niedrige Werte (siehe letzte Spalte der Tabelle 2.2). Tabelle 2.2 Anteil der Unternehmen, die über die Möglichkeiten der öffentlichen Ausschreibungsverfahren informiert sind, nach Wirtschaftssektor und Unternehmensgröße, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Wirtschaftssektor 0 Sachgütererzeugung 35 Bauwesen 31 Großhandel 20 Einzelhandel 15 Beherbergung/Gaststätten n.v. Reparaturgewerbe 20 Verkehr/Nachrichtenübermittlung 23 Kredit- und Versicherungswesen n.v. Unternehmensbezogene Dienstleistungen 27 Sonstige Dienstleistungen 20 Gesamt 24 1-9 10-49 50-249 35 54 32 31 24 15 40 31 39 29 34 46 52 43 42 31 n.v. 49 n.v. 53 32 45 50 73 45 31 43 n.v. 50 76 49 39 50 Gesamt 37 41 28 23 25 20 30 37 32 24 30 Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Unternehmen, die in den Jahren 1997-1998 auf Exportmärkten aktiv waren, sind besser über Ausschreibungsverfahren informiert als Unternehmen, die nicht exportieren: 44 % gegenüber 27 %. Selbstverständlich sind Unternehmen, die ihre wichtigsten Kunden, gemessen am Umsatz, im öffentlichen oder gemeinnützigen Bereich haben, am besten informiert (55 %). Innerhalb der Länder des EWR und der Schweiz gibt es deutliche Unterschiede im Bekanntheitsgrad der Ausschreibungsverfahren bei Unternehmen. 1999 liegt Schweden mit 45 % der Unternehmen, die über die Vergabeverfahren informiert sind, an erster Stelle. Andererseits gibt es einige Länder, in denen ein sehr großer Teil der Unternehmen uninformiert ist: In Griechenland, Irland, Portugal und den Niederlanden sind 80 % oder mehr die Vergabeverfahren und -möglichkeiten nicht bekannt. Das bedeutet, daß ein großer Anteil an KMU in den entsprechenden Ländern nicht informiert ist und deshalb als großes Potential betrachtet werden kann, das es in den kommenden Jahren zu informieren gilt. Die Unterschiede zwischen den Ländern zeigen, daß die Informationsbereitstellung für KMU sehr verschieden ist. Da elektronische Ausschreibungen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Transparenz und des Zugangs zu öffentlichen Ausschreibungen spielen sollen, erscheint es interessant, zu analysieren, ob KMU, die einen direkten Zugang zum Internet haben, besser über die Möglichkeiten von öffentlichen Ausschreibungen informiert sind.1 Die empirischen Ergebnisse zeigen, daß Unternehmen, die keinen Internetzugang haben, deutlich weniger über die Möglichkeiten des öffentlichen Auftrag- 1 Siehe Kapitel 5 dieses Berichtes für weitere Informationen über KMU, Internet und elektronischen Geschäftsverkehr. 114 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen swesens wissen als Unternehmen mit einem direkten Zugang zum Internet. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß die Verfügbarkeit eines direkten Internetzugangs die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß ein Unternehmen über (neue) Möglichkeiten auf den Auftragsmärkten erfährt. Mehr Möglichkeiten für KMU? 1999 sieht beinahe ein Drittel der KMU mehr Möglichkeiten durch die Liberalisierung der Märkte für das öffentliche Auftragswesen, 10 % sehen deutlich mehr Möglichkeiten und 22 % sehen nur geringfügig mehr Möglichkeiten (siehe Abbildung 2.1). Abbildung 2.1 Das Ausmaß in dem KMU zusätzliche Möglichkeiten durch die Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen sehen (Anteil an Unternehmen in Prozent), Europa-19 Weiß nicht 4% Deutlich mehr Möglichkeiten 10 % Gerinfügig mehr Möglichkeiten 22% Keine zusätzlichen Möglichkeiten 64% Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Der Großteil der KMU-Unternehmer, d. h. 64 %, sah keine zusätzlichen Möglichkeiten für ihre Geschäftstätigkeit in Folge der Liberalisierung des Marktes für öffentlichen Aufträge. Erwartungsgemäß entspricht dieser große Anteil beinahe dem Anteil jener Unternehmen, die über die Möglichkeiten, die sich durch die Öffnung des Marktes für das öffentliche Auftragswesen bieten, nicht informiert sind. Die Ergebnisse stimmen großteils mit jenen einer Studie im Vereinigten Königreich überein. 1998 wurde eine Erhebung über die Einstellung von 76 Auftraggebern und 168 Anbietern, die an einer öffentlichen Ausschreibung teilgenommen hatten, veröffentlicht.1 Ein Drittel der Anbieter war der Meinung, daß die neue Politik im öffentlichen Auftragswesen neue Möglichkeiten für die Unternehmen geschaffen hat. 1 EC rules receive mixed reactions (Unterschiedliche Reaktionen auf EG-Vorschriften), Supply Management, London, Januar 1998. 115 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Möglichkeiten, die sich durch die Öffnung des Marktes für öffentliche Aufträge ergeben, werden von den Unternehmen in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich beurteilt. 1999 sieht in Frankreich ein verhältnismäßig großer Anteil (43 %) deutlich mehr Möglichkeiten. Auch in Belgien, Portugal, der Schweiz und in Luxemburg sehen KMU deutlich mehr Möglichkeiten. Andererseits gibt es Länder, in denen ein Großteil der Unternehmer (70 % oder mehr) keine zusätzlichen Möglichkeiten für sein Unternehmen sieht. Dies ist der Fall in den Niederlanden, Irland, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Dieses Ergebnis ist für die Niederlande und Irland nicht überraschend, da dort einem Großteil der Unternehmen die Möglichkeiten durch die öffentlichen Ausschreibungsverfahren gar nicht bekannt sind. Für das Vereinigte Königreich erscheinen die Ergebnisse aus dem Jahr 1999 etwas schlechter als jene aus der bereits erwähnten Studie des Jahres 1998. Mehr Möglichkeiten für Auftraggeber? In Finnland wurde im Rahmen einer Studie die Auftraggeberseite bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren analysiert.1 Der Großteil der 79 Auftraggeber, die im Supplement zum Amtsblatt und in der Official Gazette in Finnland annonciert hatten, erhielten Angebote von neuen Anbietern. Insgesamt gaben die Auftraggeber an, daß der Wettbewerb und die administrativen Belastungen gestiegen und die Preise nur für einen Teil der Angebote gesunken sind. Das KostenNutzen Verhältnis blieb gemäß 62 % der Antwortenden gleich, gemäß 13 % verbesserte es sich und gemäß 26 % ist es gesunken. Die aufraggebenden Stellen waren auch mit ungenügender Aufmerksamkeit und inadequaten Angeboten von potentiellen Anbietern konfrontiert. Eine Ausbildung von KMU für die Bewerbung bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren könnte nach Meinung der Auftraggeber sinnvoll sein.2 2.4.2 Teilnahme von KMU in Vergabeverfahren Europäische Ausschreibungen Im ENSR Enterprise Survey 1999 wurde zwischen lokalen und nationalen Ausschreibungen und Ausschreibungen von europäischen Verwaltungseinrichtungen und öffentlichen Körperschaften unterschieden3. Die Ergebnisse zeigen, daß ein Sechstel (16 %) der Unternehmen, die von öffentlichen Ausschreibungen wußten, in den letzten drei Jahren versucht haben, sich an europäischen Ausschreibungen zu beteiligen (siehe Tabelle 2.3). Mittlere Unternehmen haben am häufigsten versucht, teilzunehmen. Es wurde bereits dargelegt, daß 50 % der mittleren Unternehmen über öffentliche Ausschreibungsverfahren informiert sind; 29 % davon haben versucht, sich an solchen zu beteiligen. 1 Kärkkäinen, Hannu, Uusien hankintamenettelyjen toteutuminnen Suomessa (Anwendung von Vorschriften basierend auf den EU-Ausschreibungsrichtlinien), Studies and reports, Ministry of Trade and Industry, 119, 1995. 2 Kärkkäinen, Hannu, Julkisiin hankintoihin osallistumista vaikeuttavat tekijät (Probleme bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen), Studies and reports, Ministry of Trade and Industry, 85, 1995. 3 In den folgenden Fragen wurde der Ausdruck ‘Europäische Ausschreibung’ verwendet. In der Auffassung der Respondenten sind darunter sowohl Ausschreibungen europäischer Institutionen, als auch ausländischer lokaler und nationaler öffentlicher Stellen zu verstehen. 116 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Tabelle 2.3 Anteil der KMU, die in den vergangenen drei Jahren versucht haben, an einer europäischen Ausschreibung teilzunehmen (Anteil jener Unternehmen, die über öffentliche Ausschreibungen informiert sind) und in den vergangenen drei Jahren einen Auftrag erhielten (Anteil jener Unternehmen, die versucht haben, teilzunehmen), nach Größenklassen, Europa-19 Versucht, teilzunehmen (in % der Unternehmen, die über öffentliche Ausschreibungen informiert sind Auftrag erhalten (in % der Unternehmen,die versucht haben, an einer öffentlichen Ausschreibung teilzunehmen) Größenklasse Ja Nein Weiß nicht Ja Nein Weiß nicht 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt 15 15 24 29 16 73 82 76 67 77 12 3 1 4 6 42 62 56 67 53 58 36 44 33 46 0 2 1 0 1 Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Von den 16 % der KMU, die in den letzten drei Jahren versucht haben, an einer oder mehreren europäischen Ausschreibungen teilzunehmen, erhielten 53 % in der Folge einen Auftrag (siehe Tabelle 2.3). Die Erfolgsrate von Unternehmen ohne Beschäftigte beträgt 42 %, jene der mittleren Unternehmen liegt mit 67 % deutlich höher. Insgesamt erhielten zwischen 2 und 3 % aller KMU in den vergangenen drei Jahren Aufträge in Folge ihrer Teilnahme an europäischen Ausschreibungen1. Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 ermöglichen keine genaue Berechnung der absoluten Anzahl der Ausschreibungen, die von KMU gewonnen wurden2, die verfügbaren Daten zeigen jedoch deutlich, daß ein beachtlicher Anteil aller europäischen Ausschreibungen von KMU gewonnen wird. Erläuterung Nehmen wir eine Gruppe von 1 000 KMU an. Von diesen 1 000 KMU sind 300 über die Möglichkeiten im Rahmen öffentlicher Ausschreibungsverfahren informiert. • Von diesen 300 KMU haben in den vergangenen drei Jahren 48 versucht, sich an einer europäischen Ausschreibung zu beteiligen, davon haben 25 einen Auftrag erhalten. • Von diesen 300 KMU haben in den vergangenen drei Jahren mindestens 138* versucht, an einer lokalen oder nationalen Ausschreibung teilzunehmen, davon haben 102 einen Auftrag erhalten (siehe unten). * „Mindestens” deshalb, weil die Unternehmen, die versuchten, an einer europäischen Ausschreibung teilzunehmen, nicht gefragt wurden, ob sie es auf lokaler oder nationaler Ebene ebenfalls versucht haben. Somit beträgt das Minimum 138 und das Maximum 186 KMU (=138 + 48). 1 Etwa 30 % aller KMU sind über Ausschreibungsverfahren informiert (entweder nationale oder europäische), 16 % davon (das sind 5 % aller KMU) berichteten, daß sie in den vergangenen drei Jahren an europäischen Ausschreibungsverfahren teilgenommen hatten. 54 % dieser KMU erhielten in Folge einen Auftrag. Das entspricht 2 bis 3 % aller Unternehmen. 2 Einer der Gründe ist die Tatsache, daß sich KMU oft gemeinsam mit anderen Unternehmen bewerben. 117 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Unternehmen, die ihre wichtigsten Kunden im öffentlichen Sektor haben, versuchten wesentlich häufiger, an Ausschreibungsverfahren teilzunehmen (28 %) als andere Unternehmen (mit privaten Konsumenten 19 %; mit privaten Unternehmen 12 %). Allerdings erhielten Unternehmen, die hauptsächlich für private Konsumenten (52 %) oder private Unternehmen (65 %) arbeiten, mehr Aufträge als jene, die vor allem im öffentlichen Sektor tätig sind (41 %). Zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren gibt es beachtliche Unterschiede in den Teilnahmeraten der „informierten” KMU. Eine relativ hohe Rate erreicht der Bereich Beherbergung/Gaststätten (47 %), vergleichsweise niedrige Raten das Bauwesen (8 %), der Einzelhandel (6 %) und das Reparaturgewerbe (3 %). Die Erfolgsrate der an sich eher geringen Anzahl der teilnehmenden Unternehmen im Einzelhandel scheint sehr hoch zu sein (91 %), während sie in der Sachgütererzeugung, wo nur eine durchschnittliche Anzahl an Unternehmen teilzunehmen versucht (22 %), am niedrigsten ist (35 %). Exportierende Unternehmen (23 %) versuchten sich öfter an einer europäischen Ausschreibung zu beteiligen als nicht-exportierende Unternehmen (14 %). Eine in Griechenland durchgeführte Studie bestätigt dieses Ergebnis. Unternehmen, die sich für internationale Aufrufe zur Angebotslegung interessieren, sind häufig bereits in internationale Aktivitäten wie Export involviert.1 Entgegen den Erwartungen erhielten aber nicht-exportierende Unternehmen aus der Gruppe derjenigen, die in den vergangenen drei Jahren eine Teilnahme versuchten, genauso oft Aufträge im Rahmen einer europäischen Ausschreibung wie exportierende Unternehmen.2 In einigen Ländern (Italien, Norwegen, Portugal und Schweden) liegt der Anteil der Unternehmen, die eine Teilnahme versuchten, unter 10 %, während in Frankreich 45 % versuchten, sich an europäischen Ausschreibungen zu beteiligen. Etwa ein Drittel der KMU in Belgien, der Schweiz und in Luxemburg versuchten eine Teilnahme.3 Lokale und nationale Ausschreibungen Mindestens 46 %4 der Unternehmen, die über öffentliche Ausschreibungen informiert sind, haben in den vergangenen drei Jahren versucht, an öffentlichen Ausschreibungsverfahren auf lokaler oder nationaler Ebene teilzunehmen. Demnach ist erwartungsgemäß das Teilnahmeniveau bei lokalen/nationalen Ausschreibungen wesentlich höher als auf europäischer Ebene (16 %). Die Teilnahme der Unternehmen ohne Beschäftigte hinkt hinter jener großer Unternehmen nach. Die ‘informierten’ Unternehmen ohne Beschäftigte versuchten es in 31 % der Fälle, die Kleinstunternehmen in 56 %, die kleinen Unternehmen in 63 % und die mittleren Unternehmen in 55 % der Fälle. Wie erwartet, sind im 1 Demel Co., The participation of SMEs in public procurement (Die Teilnahme von KMU an öffentlichen Ausschreibungen), im Auftrag der Athens Chamber of Small and MediumSized Enterprises, 1994. 2 Diese Unterschiede könnten durch Unterschiede zwischen den Wirtschaftssektoren verursacht sein. 3 Leider läßt die Stichprobengröße keine verläßlichen Rückschlüsse auf die Erfolgsrate der Unternehmen nach Ländern zu, so daß sich keine Aussagen über die Wirksamkeit der Versuche treffen lassen. 4 ‘Zumindest’ deshalb, weil jene Unternehmen, die versuchten an einer europäischen Ausschreibung teilzunehmen, nicht gefragt wurden, ob sie es auch auf lokaler oder nationaler Ebene versucht haben. 118 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen Einzelhandel die Teilnahmeaktivitäten an lokalen/nationalen Ausschreibungen (63 %) wesentlich höher als bei europäischen Ausschreibungen (nur 6 %). Auch die anderen Wirtschaftssektoren sind auf dem lokalen/nationalen Markt für öffentliche Ausschreibungen sehr aktiv (zwischen 38 und 48 %). Das international aktive Kredit- und Versicherungswesen weist mit 16 % einen relativ niedrigen Anteil an Betrieben auf, die eine Teilnahme auf lokaler/nationaler Ebene versuchten. Unternehmen, die überwiegend für den öffentlichen Sektor tätig sind, versuchten mit 68 % am häufigsten teilzunehmen. In Frankreich (79 %) und Griechenland (89 %) versuchte in den vergangenen drei Jahren ein relativ großer Anteil der Unternehmen, die über öffentliche Ausschreibungsverfahren informiert sind, sich an einer lokalen oder nationalen Ausschreibung zu beteiligen. Dieses Ergebnis für Frankreich wird auch durch nationale Zahlen gestützt. 1997 zeigte eine französische Erhebung, daß 48 % der KMU regelmäßig auf Basis öffentlicher Ausschreibungen für den öffentlichen Sektor tätig sind (12 % eher fallweise).1 Die Größenklassenverteilung der als Hauptvertragsnehmer bei öffentlichen Ausschreibungen erfolgreichen Unternehmen in Frankreich zeigt, daß 81 % der Ausschreibungen von KMU mit bis zu 250 Beschäftigten gewonnen werden. 96 % aller französischen Unternehmen sind KMU. Für den Bereich Dienstleistungen und Waren liegt dieser Anteil etwas niedriger (bei 7273 %) und für Bauleistungen beträgt er 88 %.2 Entsprechend der Information von Experten für öffentliche Ausschreibungsverfahren in Luxemburg und Belgien, werden auch in diesen Ländern relativ hohe Teilnahmeraten vermutet. In Luxemburg ist der Markt für öffentliche Ausschreibungen auf Grund des kleinen heimischen Marktes, auf dem sich die einzelnen Teilnehmer untereinander gut kennen, sehr transparent.3 Dies wird durch die empirischen Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey bestätigt: Die Teilnahme in Luxemburg liegt mit 65 % auf hohem Niveau. Anders stellen sich die belgischen Ergebnisse dar, die zeigten, daß nur 33 % versuchten, teilzunehmen. Dennoch ‘haben KMU’, laut einem belgischen Experten, „keine Probleme in bezug auf den Zugang zu dem Markt für öffentliche Ausschreibungen in Belgien„. Sie nehmen als Subunternehmer in großen Projekten und als Hauptauftragnehmer in kleineren Projekten teil. Die Niederlande und das Vereinigte Königreich liegen mit nur 25 % und 28 % der Unternehmen, die in den vergangenen drei Jahren eine Teilnahme versucht haben, deutlich zurück.4 Ein Großteil (74 %) der Unternehmen in der gesamten Erhebung, die in den vergangenen drei Jahren versucht haben, an einer oder mehreren lokalen oder nationalen Ausschreibungen teilzunehmen, erhielten einen Auftrag.5 Der Anteil variiert zwischen den unterschiedlichen Größenklassen. Die Unternehmen ohne Beschäftigte waren mit 67 % weniger erfolgreich als Kleinstbetriebe mit 76 % und kleine und mittlere Unternehmen mit 82 % bzw. 87 %. 1 BDPME, PME et Marchés publics (KMU und öffentliche Ausschreibungen), Enquête BDPME, 1997. 2 Die angegebenen Werte wurden von Aprodi auf Basis von Daten des französischen Ministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, Finanzen und Industrie, Commission Centrale des Marchés (1996), berechnet. 3 Persönliche Interviews mit Experten für öffentliche Ausschreibungen der Ministerien und Beratern von Berufsverbänden. 4 Die meisten niederländischen Unternehmen, die nicht versuchten, teilzunehmen, argumentierten, daß die Projekte zu groß waren. Im Vereinigten Königreich versuchten sie nicht teilzunehmen, da sie in erster Linie private Unternehmen als Kunden haben. 5 Die entsprechende ‘Erfolgsrate’ der europäischen Ausschreibungen beträgt 53 %. 119 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Eine kürzlich durchgeführte irische Studie beinhaltet einige zusätzliche Daten.1 1998 wurde die Größe des irischen Marktes für das öffentliche Auftragswesen untersucht, und auf Grund dieser Analyse ergibt sich, daß 57 % des Bedarfs auf lokaler Ebene gedeckt wird, davon stammen nur 20 % von irischen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten. 2.4.3 Hindernisse für KMU und ihre Gründe, nicht teilzunehmen Einige nationale und internationale Studien2 über öffentliche Ausschreibungen – die allerdings sehr unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen - liefern Informationen über Hindernisse für KMU, die an öffentlichen Auftragsverfahren teilgenommen haben:3 • Wie bereits erwähnt, zeigte eine im Jahr 1997 in Frankreich durchgeführte Studie, daß 48 % der KMU regelmäßig auf Basis öffentlicher Ausschreibungen für den öffentlichen Sektor tätig sind und 12 % eher fallweise.4 Erstere Gruppe befürwortet eine Vereinfachung der Regulierungen und Vergabeverfahren, während ein Großteil der zweiten Gruppe zudem eine Verbesserung des Informationsflusses wünscht. • In Schweden zeigt eine qualitative Studie, basierend auf Informationen von 28 schwedischen KMU und 7 auftraggebenden Behörden, daß nur eine kleine Anzahl von KMU aktiv nach Möglichkeiten im Rahmen öffentlicher Ausschreibungsverfahren sucht.5 Die Bekanntheit des Amtsblattes und der TED-Datenbank ist gering. • In den Niederlanden zeigte eine qualitative Studie6 im Herbst 1996, daß die administrativen Belastungen sowohl auf der Auftraggeber- als auch Auftragnehmerseite beträchtlich gestiegen sind. Die Unternehmen klagten über die steigenden Kosten. Insbesondere KMU waren mit überproportionalen Kosten konfrontiert. Es wurde auch erwähnt, daß die Informationen in den Ausschreibungsunterlagen unklar waren; dies lag oft an den komplizierten Formulierungen (Fachjargon). • Im Vereinigten Königreich waren die Auftraggeber im öffentlichen Sektor und die Versorgungsunternehmen im allgemeinen über die Ausschreibungsrichtlinien der EU enttäuscht.7 Ihrer Meinung nach verhindern die Regeln Ausschrei- 1 Network Resources Limited, Small firms and public procurement in Ireland (Kleine Unternehmen und öffentliche Ausschreibungen in Irland), im Auftrag des Department of Enterprise, Trade and Employment and the Small Business Operational Programme Committee, 1999. 2 In einigen Ländern wurden Experten für öffentliches Auftragswesen von den ENSR-Partnern interviewt, da nationale Studien nicht verfügbar waren. 3 Unter anderem: Holden, Paul, und Carlo Dade, SMEs and public procurement: lowering transaction costs to increase participation (KMU und öffentliches Auftragswesen: Minderung von Transaktionskosten zur Steigerung der Teilnahme), Enterprise Research Institute, Washington DC, s.a.; Scherling, Michael, Ökonomische Analyse der Änderungen im Vergaberecht durch die europäische Integration, Wirtschaftsuniversität Wien, Wien, 1995; Europäische Kommission, Grünbuch - Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen Union: Überlegungen für die Zukunft, KOM(96) 583 endg., 1996. 4 BDPME, PME et Marchés publics (KMU und öffentliche Ausschreibungen), Enquête BDPME, 1997. 5 Tunved, L., Offentlig upphandling, en kvalitativ undersökning (Öffentliche Ausschreibungen: Eine qualitative Studie), Industriförbundet/Demoskop, Stockholm, 1998. 6 Schlangen, J.A.M., Nederlandse evaluatie van de Europese aanbestedingsrichtlijnen (Niederländische Evaluierung der europäischen Richtlinie für öffentliche Ausschreibungen), Nederlandse Vereniging voor aanbestedingsrecht, Jaarboek 1995/1996, Samsom, Alphen aan den Rijn, 1997. 7 Nolan, Alexis, Watching the directives (Beobachtung der Richtlinien), Supply Management, London, 27. Februar 1997. 120 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen bungen nach bewährten Verfahren und bewirken wirtschaftliche Ineffizienzen. KMU, die durch die Richtlinien zu grenzüberschreitendem Handel ermuntert werden sollten, haben die angebotenen Möglichkeiten weitgehend ignoriert. Wenn sie sich dennoch für grenzüberschreitende Aufträge bewerben, sind sie mit einer zeitintensiven und teuren Bürokratie konfrontiert. • Eine norwegische Studie, die die möglichen Auswirkungen für KMU analysiert, erwähnt einige Faktoren, die KMU von Angebotslegungen abhalten: hohe Qualifikationsanforderungen, Arbeitsaufwand für die Vorbereitung des Angebots, zunehmende Bedeutung des Preises, Informationsschwierigkeiten und mangelnde Erfahrung im öffentlichen Sektor1. • Die schwerwiegendsten Hindernisse für dänische Unternehmen, die im Ausland tätig waren, sind: Die Ausschreibungsunterlagen bevorzugen nationale Anbieter (über 50 %), die Auswahlkriterien werden nicht eingehalten (ca. 33 %), es finden Absprachen statt, obwohl dies nicht erlaubt ist (ca. 33 %). Zusätzlich zu diesen Barrieren, die unmittelbar mit den Ausschreibungsverfahren zusammenhängen, werden auch die Kosten für die Angebotslegung und Übersetzungsprobleme angeführt. • In Italien wurde das Problem der steigenden administrativen Belastungen teilweise durch das Bassanini Gesetz2 gelöst, wodurch viele administrative Hindernisse abgeschafft wurden; beispielsweise können Unternehmen ihre Selbstzertifizierung („autocertificazione”) bei der Angebotslegung verwenden. • In Luxemburg wurden die Anforderungen und Formulare standardisiert um die administrativen Belastungen zu verringern. In der Praxis existieren jedoch gewisse Barrieren für KMU, die zum Beispiel aus der Tatsache resultieren, daß einige Behörden auf nicht offene Ausschreibungen zurückgreifen, in denen bestimmte technische Spezifikationen nicht enthalten sind, so daß das Unternehmen selbst umfangreiche Vorarbeiten leisten muß, um ein Angebot legen zu können, was sich in Anbetracht der dafür benötigten Zeit, Mitarbeiter und Geldmittel nicht förderlich auf die KMU auswirkt. • In Finnland zeigt eine Studie, daß die teilnehmenden Unternehmen vor allem dadurch behindert werden, daß ausländische Auftraggeber lokale oder zumindest bereits bekannte Anbieter bevorzugen3. • Gemäß einer Evaluierungsstudie über die Erfahrungen von 250 dänischen KMU bei der Teilnahme an internationalen Ausschreibungsverfahren hatten beinahe 50 % Probleme, einen guten Überblick über den internationalen Markt für öffentliche Ausschreibungen zu erhalten.4 Unternehmen, die mehr als 25 % ihrer Umsätze im Export erzielen, haben weniger Probleme, diesen Überblick zu 1 Haver, Laderud und Schonning, Adgangsbarrierer pa de offentlige innkjopsmarkeder - et SMB perspektiv (Barrieren für den Eintritt in den Markt für öffentliche Ausschreibungen die KMU Perspektive), FOU, 19, 1996. 2 Das sogenannte Bassanini Gesetz basiert auf einem Vorschlag des ehemaligen Ministers für öffentliche Angelegenheiten (Herr. Bassanini), der im Mai 1999 angenommen wurde. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die öffentliche Verwaltung zu reorganisieren (Dezentralisierung der unterschiedlichen Funktionen) und die administrativen Belastungen durch eine Vereinfachung der Beziehung zwischen Bürgern und Unternehmen sowie der öffentlichen Verwaltung zu reduzieren. 3 Kärkkäinen, Hannu, Julkisiin hankintoihin osallistumista vaikeuttavat tekijät (Probleme bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen), Studies and reports, Ministry of Trade and Industry, 85, 1995. 4 DTI, Evaluation of the Subsidy Scheme Participation in International Public Procurement (Evaluierung des Unterstützungsprogramms für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen), Danish Agency for Trade and Industry, 1997. 121 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht bekommen. Die Unternehmen sehen sich beim Eintritt in den Markt mit drei Hauptproblemen konfrontiert: finanzielle Risiken, ansässige Unternehmen werden bevorzugt und mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei ausländischen Partnern (insbesondere bei kleinen Unternehmen mit geringer Exporttätigkeit). • In Spanien wurden Maßnahmen getroffen, um die Anforderungen von KMU bei der Ausschreibung von Aufträgen besser berücksichtigen zu können. Es gibt einen Vorschlag zur Modifizierung des bestehenden Gesetzes in bezug auf die Finanzgarantien, den Zeitraum für die Erstellung der Angebote und auf die Frist der Zahlungen des Hauptauftragnehmers an die Subunternehmer. Die KMU reagierten eher negativ auf die Verkürzung des Zeitraums für die Vorbereitung der Angebote, da ihre geringen Ressourcen für die bestehenden Anforderungen für die Einreichung nicht ausreichen. • In Luxemburg wird in einigen Fällen ein zeitlich begrenzler rechtsfähiger Verein von KMU gebildet, um das Problem der Finanzgarantien lösen zu können. Es existiert auch ein interessantes Programm, im Rahmen dessen die von den Auftraggebern geforderten vertraglichen Garantien von der nationalen Kautions- und Bürgschaftsgemeinschaft, die es für KMU im Handwerks- und Bausektor gibt, bereitgestellt werden. • In Griechenland zeigte eine Studie aus dem Jahr 1994, daß eines der Haupthindernisse für KMU in ihrer geringen Kapazität in Relation zu den in den Ausschreibungen geforderten Aktivitäten zu liegen scheint1. • Während eines Tiefeninterviews in Belgien wurde erwähnt, daß KMU dadurch geholfen werden könnte, daß die öffentlichen Ausschreibungen in kleinere Lose unterteilt werden, so daß sie nicht in die Rolle der Subunternehmer (mit niedrigeren Preisen, die zu geringerer Rentabilität führen) gedrängt werden. • In Deutschland haben derartige Überlegungen zu einem speziellen Paragraphen für KMU in den Ausschreibungsrichtlinien (Mittelstandsparagraph) geführt, der besagt, daß KMU bei öffentlichen Ausschreibungen insofern berücksichtigt werden müssen, als bevorzugt kleinere Lose angeboten werden; große Lose müssen unterteilt werden. Die identifizierten Barrieren für KMU auf dem Markt für öffentliche Ausschreibungen können wie folgt zusammengefaßt werden:2 • Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung; • Mangelnde Kenntnisse über die Ausschreibungsverfahren; • Die Größe der Aufträge; • Zu wenig Zeit für die Vorbereitung des Angebots; • Kosten für die Erstellung des Angebots (da es sich bei vielen Kosten um Fixkosten handelt, sind KMU mit überproportional hohen Kosten im Vergleich zu großen Unternehmen konfrontiert); • Zu hohe administrative Belastungen; 1 Demel Co., The participation of SMEs in public procurement (Die Teilnahme von KMU an öffentlichen Ausschreibungen), im Auftrag der Athens Chamber of Small and MediumSized Enterprises, 1994. 2 Fast alle Studien beleuchten nur die Hindernisse, obwohl die Öffnung des Marktes für öffentliche Ausschreibungen nicht nur negative Seiten für KMU hat. Es lassen sich auch einige Vorteile nennen: mehr Möglichkeiten und daraus resultierendes Umsatzwachstum, neue Kunden, neue Beziehungen zwischen Hauptauftragnehmern und Subunternehmern, umfangreicheres Know-how und (internationale) Erfahrung. 122 Die Funktionsweise der Märkte für Waren und Dienstleistungen • Der verwendete Fachjargon; • Hohe Qualifikationsanforderungen und benötigte Zertifizierungen; • Geforderte finanzielle Garantien; • Diskriminierung ausländischer bzw. Bevorzugung lokaler oder nationaler Unternehmen; • Das Finden von Kooperationspartnern im Ausland. Gründe, nicht an Ausschreibungsverfahren teilzunehmen Es ist bekannt, daß sich KMU mit mehr Hindernissen auf dem Markt für öffentliche Ausschreibungen konfrontiert sehen als ihre großen Konkurrenten, und daß die meisten Barrieren für KMU höher sind als für große Unternehmen. Der ENSR Enterprise Survey ermöglicht es, die bedeutendsten Barrieren für KMU im Jahr 1999 zu identifizieren. Der wichtigste Grund, der von Unternehmen genannt wurde, die nicht versucht haben, an europäischen Ausschreibungen teilzunehmen (siehe Abbildung 2.2) liegt darin, daß die Projekte zu groß für ihre eigenen Unternehmen sind (genannt von 27 %) und in dem Mangel an Information über öffentliche Ausschreibungen im allgemeinen (22 %). Bei der Frage nach einem zweiten Grund antworteten die Unternehmer, daß es zu schwierig war, in der vorhandenen Zeit die entsprechenden Informationen zu erhalten (16 %). Abbildung 2.2 Drei wesentliche Gründe für KMU, an europäischen Ausschreibungen nicht teilzunehmen (Anteil der Unternehmen, Mehrfachantworten möglich), Europa-19 Projekte sind zu groß für unser Unternehmen Mangel an Information im allgemeinen Zu schwierig, spezifische Informationen zu erhalten 0 5 10 15 20 25 30 Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Wenn dies mit den Gründen verglichen wird, die Unternehmen davon abgehalten haben, an lokalen oder nationalen Ausschreibungen teilzunehmen, sind nur geringe Unterschiede erkennbar. Mangelnde Information und die Größe der Projekte treten hier mit etwa 12 % gleich häufig als erstgereihter Grund auf. Als zweitgereihter Grund wird der Mangel an Information über öffentliche Ausschreibungen 123 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht im allgemeinen am häufigsten genannt (ebenfalls mit 12 %). Diese zwei Gründe sind in allen Sektoren vorherrschend, mit Ausnahme des Kredit- und Versicherungswesens bei europäischen als auch bei nationalen/lokalen Ausschreibungen, und des Reparaturgewerbes bei nationalen/lokalen Ausschreibungen. In letztgenanntem Bereich ist der am häufigsten genannte Grund, daß die Kosten für die Angebotserstellung zu hoch sind. Im Reparaturgewerbe werden auch, verglichen mit anderen Wirtschaftssektoren, die administrativen Belastungen sehr häufig genannt. Um einen tieferen Einblick in den Grund „Projekte sind zu groß für mein Unternehmen” zu erhalten, scheinen die folgenden Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey interessant. Eine natürliche Rolle für KMU in bezug auf die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen wird in der des Subunternehmers gesehen, da die KMU für die meisten Projekte angeblich zu klein wären. Die Ergebnisse zeigen jedoch ein gegensätzliches Bild, wenn die Position innerhalb des europäischen Projekts, an dem die befragten Unternehmen am meisten interessiert waren (gleichgültig ob sie beauftragt wurden oder nicht), betrachtet wird. Es scheint, daß die Mehrzahl der Unternehmen, die versucht haben teilzunehmen, die einzigen Vertragsnehmer waren, ohne andere beteiligte Partner (49 %). Die Position des Hauptauftragnehmers mit Subunternehmen und die Position des Subunternehmers erreichen nahezu gleiche Häufigkeit: 14 % bzw. 19 %.1 Bei nationalen/lokalen Ausschreibungen sind die Ergebnisse ähnlich: Fast die Hälfte der Unternehmen (44 %) trat im Rahmen der Einreichung bei dem lokalen oder nationalen Projekt, für das sie sich am meisten interessierten, als der einzige Auftragnehmer auf. Mehr als ein Viertel (28 %) war Hauptauftragnehmer mit anderen Subunternehmern und 20 % waren Subunternehmer. Demnach scheint dieser spezielle Grund, der einige Unternehmen davon abhält, teilzunehmen, für andere KMU kein Problem darzustellen, selbst bei europäischen Projekten nicht. Mangelnde Information betrifft auf europäischer Ebene am stärksten die Unternehmen mit Beschäftigten, und wie erwartet sinkt das Ausmaß, in dem der Grund „Projekte sind zu groß” genannt wird, mit der Unternehmensgröße. Das bedeutet erstens, daß die Projektgröße vor allem für Kleinstunternehmen ein Problem darstellt und weniger für größere KMU und zweitens, daß das Informationsproblem gravierender wird, wenn es sich um ein Unternehmen mit Beschäftigten handelt. Der Mangel an Information auf lokaler/nationaler Ebene wird in den verschiedenen Größenklassen unterschiedlich empfunden: die Unternehmen ohne Beschäftige und die mittleren Unternehmen sind besser informiert. Letztere verweisen relativ häufig darauf, daß die Kosten für die Erstellung eines Angebotes und die administrativen Belastungen zu hoch sind. Eine der im Grünbuch erwähnten Maßnahmen ist die Verbesserung des Informationsflusses zu den Unternehmen. Die Information, die es den Anbietern ermöglicht, sich für einen Auftrag zu bewerben, wird im Amtsblatt der EU publiziert, wo die Anzahl der Bekanntmachungen von 12 000 im Jahr 1987 auf 95 000 im Jahr 1995 angestiegen ist. Die große Menge der Bekanntmachungen bedeutet, daß die Auswahl der interessanten Ausschreibungen für die Unternehmer nicht einfach ist. Eine elektronische Verbreitung der Ankündigungen über CD-ROM oder Internet, sofern das Unternehmen einen Zugang hat, könnte die Handhabung dieses Übermaßes an Information erleichtern. Ein interessantes Ergebnis der Erhebung ist deshalb, daß Unternehmen, die einem großen Anteil der Beschäftigten (75100 %) einen direkten Zugang zum Internet ermöglichen, einen geringeren Infor- 1 Sogar Unternehmen ohne Beschäftigte sind in 44 % der Fälle Hauptauftragnehmer, nur 13 % sind Subunternehmer. 124 Die Funktionsweise der Märkte für waren und Dienstleistungen mationsmangel bezüglich europäischer Ausschreibungen aufweisen. Demnach lassen sich die Barrieren, die durch mangelnde Information entstehen, durch das Internet reduzieren.1 Für die nationale und lokale Ebene ist dieser Effekt bei Unternehmen, in denen 50-75 % der Beschäftigten direkten Zugang zum Internet haben, am stärksten. Ein anderes wichtiges Hindernis tritt auf, wenn der Mangel an Information behoben ist: das Finden eines Kooperationspartners. 2.5 Politische Empfehlungen Regulierungsreformen, die auf eine Verbesserung des Funktionierens der Märkte für Waren und Dienstleistungen abzielen, können unterschiedliche Wirkungen auf unterschiedliche Unternehmen haben und können daher zu höheren Barrieren für KMU führen als für größere Unternehmen. Von der OECD wird dringend empfohlen: • Es ist sinnvoll, eine Gesetzesfolgenabschätzung durchzuführen, um die positiven und negativen Auswirkungen jeder neuen Regulierung oder Deregulierung, insbesondere für KMU, zu analysieren.2 Zusätzlich zu dieser allgemeinen Empfehlung führen die Fallstudien über die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten und die Öffnung des Marktes für öffentliche Ausschreibungen zu einigen speziellen politischen Empfehlungen. Die Deregulierung der Ladenöffnungszeiten hat sich auf den Lebensmittel-Einzelhandelssektor stark ausgewirkt. Die großen Unternehmen scheinen am meisten zu profitieren, während die kleinen Läden leiden. Eine Deregulierung beschleunigt den Verlust der Marktanteile von KMU. Dies führt zu folgenden politischen Vorschlägen für die nationalen Verantwortlichen, die von einigen Ländern bereits umgesetzt wurden: • Positive Diskriminierung sehr kleiner Lebensmittelgeschäfte, indem diesen freiere Öffnungszeiten erlaubt werden als anderen Unternehmen. • Die Fallstudie über die Öffnung des Marktes für öffentliche Ausschreibungen zeigt, daß eines von drei KMU über die Möglichkeiten öffentlicher Ausschreibungsverfahren informiert ist. Um diesen Unternehmen dabei zu helfen, die Chancen, die sich aus dem offenen Markt ergeben, zu nutzen: • Ist mehr Information über öffentliche Ausschreibungen für KMU notwendig. Diese Informationen können sowohl von den Regierungen als auch von intermediären Organisationen oder Unternehmerverbänden zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey wurden auch Informationen über die Teilnahmerate von KMU erhoben, und es wurde deutlich, daß die Teilnahmerate von KMU bei lokalen oder nationalen Ausschreibungen deutlich höher ist als bei europäischen Ausschreibungen. Die Barrieren, die KMU davon abhalten, bei lokalen und nationalen Ausschreibungen und bei europäischen Ausschreibungen teilzunehmen, sind dennoch dieselben. Die Projekte sind zu groß für KMU, es herrscht ein Mangel an Informationen über öffentliche Ausschreibungsverfahren im allgemeinen und es ist zu schwierig, spezifische Informationen pünktlich zu erhalten. 1 Der Dialog auf http://www.europa.eu.int/business gibt Informationen über öffentliche Ausschreibungen. 2 OECD, Regulatory Impact Analysis: Best Practices in OECD Countries (Gesetzesfolgenabschätzung: Beste Verfahren in den OECD-Ländern), Paris, 1997. 125 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die augenscheinlichste Barriere liegt darin, daß die Projekte zu groß für die Unternehmen sind. Das könnte wie folgt gelöst werden: • Überzeugung der Auftraggeber, große Aufträge in kleinere Lose zu zerteilen; • Oder Stimulierung von KMU, gemeinsam mit anderen Unternehmen in einem Konsortium einzureichen. Ein anderes wichtiges Hindernis ist der Mangel an Information. Abgesehen von bereits durchgeführten Maßnahmen, um die Informationslücke zu schließen, wie etwa elektronische Verbreitung der Ausschreibungen, Veröffentlichung praktischer Leitfäden für Auftraggeber und Anbieter und die Bereitstellung von Schulungen und Beratungen für Unternehmen, muß auf folgendes geachtet werden: • Vereinfachung und Standardisierung von Formularen, Verfahren und Zertifizierungen (wie bereits in einigen Ländern begonnen). Dadurch könnten die Kosten für die Vorbereitung von Angeboten und die administrativen Belastungen (die für KMU überproportional hoch sind) gesenkt werden. Es sollte festgehalten werden, daß KMU, wie in Abschnitt 2.4.2 diskutiert, bereits einen großen Anteil am europäischen Ausschreibungsmarkt ‘halten’. Eine Verringerung der Barrieren könnte deshalb eher den Wettbewerb zwischen den einzelnen KMU erhöhen, und damit zu dem Ziel einer bestmöglichen Verwendung von Steuergeldern beitragen, als die Zahl der KMU als Auftragnehmer zu steigern. Bei gegebener Anzahl der Ausschreibungen in Europa, wird der Zugang neuer KMU in den Ausschreibungsmarkt die Erfolgsrate der KMU verringern. 126 3 Aspekte des Arbeitsmarktes Koordination: das Danish Technological Institute DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Fachkräftemangel hat schwerwiegende Auswirkungen auf KMU. Für fast 10 % der KMU stellt der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften eine wesentliche Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit dar. Lediglich der Zugang zur Finanzierung und administrative Vorschriften werden von einem bedeutenden Teil der KMU als noch größere Beeinträchtigungen der Geschäftstätigkeit betrachtet. • Im Laufe des letzten Jahres war fast ein Viertel der KMU häufig oder gelegentlich mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen konfrontiert. Ein Drittel dieser KMU wurde aus diesem Grund in der Geschäftstätigkeit behindert. Fast ein Fünftel dieser KMU hat den Versuch aufgegeben, die offenen Stellen zu besetzen. • Rekrutierungsprobleme in bezug auf ungelernte und angelernte Arbeitskräfte sind genauso weit verbreitet wie in bezug auf Techniker und Ingenieure. • Die Weiterbildung der bestehenden Mitarbeiter ist die allgemein von KMU bevorzugte Strategie zur Überwindung von Problemen bei der Personalbeschaffung. Vor allem die kleinsten KMU - jene mit weniger als 10 Beschäftigten haben Schwierigkeiten, Maßnahmen zur Lösung von Rekrutierungsproblemen zu setzen. • Die meisten Länder sind im Monitoring des bestehenden Fachkräftemangels aktiv, nur wenige aber setzen Maßnahmen, sich abzeichnenden Fachkräftemangel zu erkennen, bevor dieser zu einem Problem wird. Der Großteil der Maßnahmen zur Überwindung von Rekrutierungsproblemen ist indirekter Art, da deren Ziel darin besteht, einen flexiblen Arbeitsmarkt durch Aufwertung der Qualifikationen und Fähigkeiten der Arbeitskräfte und Förderung hoher Mobilität und Transparenz sicherzustellen. Obwohl es Beispiele für Anstrengungen, Fachkräftemangel in spezifischen Bereichen zu identifizieren, gibt, sind diese doch eher selten anzutreffen. • Das Ausmaß grenzüberschreitender Mobilität ist bislang noch relativ begrenzt, und nach wie vor sind Hindernisse in diesem Zusammenhang zu beseitigen. Das geringe Ausmaß der grenzüberschreitenden Mobilität weist darauf hin, daß dies gegenwärtig nicht der am besten geeignete oder am weitesten verbreitete Weg ist, um Rekrutierungsprobleme und Fachkräftemangel zu überwinden. • Die Verringerung der Steuern auf Arbeit wird nicht in entsprechendem Ausmaß eingesetzt, um als Strategie zur Überwindung des zunehmenden Fachkräftemangels gelten zu können. Sieben Mitgliedstaaten haben, im Gefolge der Beschäftigungspolitischen Leitlinien 1998, das Steuersystem im Rahmen ihrer Beschäftigungspolitik eingesetzt. In den meisten Staaten beinhalten die Steuerreformen sowohl eine allgemeine Senkung der Steuern auf Arbeit als auch eine besondere Berücksichtigung der Besteuerung von gering entlohnten Arbeitnehmern. 127 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 3.1 Einleitung Der Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Teil des wirtschaftlichen Umfelds von KMU. Der Verfügbarkeit geeignet qualifizierter Arbeitnehmer kommt für alle Arten von Unternehmen große Bedeutung zu, und wenn Unternehmen Schwierigkeiten haben, ein ausreichendes Potential an Arbeitskräften zu finden, besteht oft das Risiko, daß dies das Wachstum der Unternehmen beeinträchtigt. Der Konjunkturaufschwung der letzten Jahre führte im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in der Schweiz auch zu einer zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften. Ein gut funktionierender Arbeitsmarkt ist heute von noch größerer Bedeutung als in den vergangenen Jahren, welche durch hohe Arbeitslosigkeit und ein Überangebot an Arbeitskräften gekennzeichnet waren. Nach den Ergebnissen der im Rahmen des Dritten Jahresberichts des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU durchgeführten Analysen zeichnete sich damals der Arbeitsmarkt aufgrund der wirtschaftlichen Rezession durch eine weit geringere Nachfrage nach Arbeit aus. Obwohl die Arbeitsnachfrage geringer war, herrschte in den meisten Mitgliedstaaten ein Fachkräftemangel, der allerdings noch keine schwerwiegende Behinderung für die Unternehmen darstellte. Die zunehmende Nachfrage nach Arbeitskräften bedeutet für Unternehmen die Gefahr, Problemen in bezug auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften gegenüber zu stehen, d. h. Problemen der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel, insbesondere wenn der Arbeitsmarkt nicht richtig funktioniert. 3.2 Fachkräftemangel In den letzten Jahren waren die KMU mit einer immer stärkeren Internationalisierung konfrontiert. Dies hatte zunehmende Konkurrenz und sich schnell wandelnde Wettbewerbsfaktoren zur Folge. Die Unternehmen stehen heute steigenden Anforderungen in bezug auf Flexibilität und Veränderungsbereitschaft gegenüber. In diesem Zusammenhang werden die Arbeitskräfte und ihre Qualifikationen zu zentralen Parametern des Wettbewerbs. Daher ist es wichtig, daß die bereits in den Unternehmen tätigen Beschäftigten über die richtigen Qualifikationen verfügen und die Unternehmen in der Lage sind, Arbeitskräfte mit den benötigten Eigenschaften einzustellen. Der Dritte Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU wies auf einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Mehrheit der Mitgliedstaaten hin. Zu jenem Zeitpunkt bedeutete dies jedoch noch kein wesentliches Problem für die KMU. Desweiteren zeigte der Bericht eine allgemeine Verringerung des quantitativen wie qualitativen Defizits an Arbeitskraft im Zeitraum von 1991 bis 1994, vor allem aufgrund der Konjunkturschwäche. Seit der Veröffentlichung des Dritten Jahresberichts hat sich die Konjunktur verbessert, während gleichzeitig Hinweise auf eine Verschärfung des Problems des Fachkräftemangels bestehen. Laut einem kürzlich fertiggestellten Bericht blieben in der EU per Ende 1998 mehr als 500 000 Stellen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wegen Fachkräftemangel unbesetzt1. Es stellt sich daher die Frage, ob KMU weiterhin über ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte verfügen können, oder ob ein Mangel an Fachkräften die Einstellung neuer 1 Europäische Kommission, Die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Informationsgesellschaft: Nutzung des Potentials der Informationsrevolution, Bericht an den Europäischen Rat, KOM(98) 590 endg., Brüssel, 1998. 128 Aspekte des Arbeitsmarktes Beschäftigter in KMU erheblich erschwert. Ziel dieses Kapitels ist es, die Bedeutung des Fachkräftemangels für Unternehmen im EWR und in der Schweiz darzustellen, und die Auswirkungen des Fachkräftemangels mit anderen Problembereichen von KMU zu vergleichen. Schließlich sollen auch die Bemühungen und Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten zur frühzeitigen Erkennung und Überwindung von Fachkräftemangel bzw. Problemen der Personalbeschaffung dargestellt werden1. 3.2.1 Probleme der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel in KMU Vor einer Darstellung der Forschungsergebnisse soll der Begriff des Fachkräftemangels definiert werden: Fachkräftemangel tritt dann auf, wenn die Nachfrage nach Fachkräften (bzw. deren Qualifikationen) das Angebot an Fachkräften (bzw. deren Qualifikationen) übersteigt2. In diesem Abschnitt wird der Fachkräftemangel aus der Perspektive der Unternehmen betrachtet. Wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, ihren Bedarf an Arbeitskräften mit bestimmten Qualifikationen zu decken, besteht ein Qualifikationsdefizit. Den Verfassern ist bewußt, daß ein theoretischer Unterschied zwischen Fachkräftemangel und Problemen des Mismatch auf dem Arbeitsmarkt besteht. Wenn Unternehmen Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung haben, kann dies eine Folge von Mismatch-Problemen sein. Mismatch stellt das Unvermögen des Arbeitsmarktes dar, die richtige Art des Arbeitsangebots mit der richtigen Art der Arbeitsnachfrage zusammenzubringen3. Der ENSR Enterprise Survey 19994 zeigt, daß Fachkräftemangel schwerwiegende Folgen für KMU nach sich zieht: • Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften stellt für fast 10 % der KMU eine wesentliche Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit dar. Lediglich der Zugang zur Finanzierung sowie administrative Vorschriften werden von einem bedeutenden Teil der KMU als noch größeres Problem betrachtet. • Fast ein Viertel der KMU hatte in den letzten Jahren häufig oder gelegentlich Schwierigkeiten, freie Stellen zu besetzen. • Ein Drittel der KMU mit Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Stellen wurde aus diesem Grund in der Geschäftstätigkeit behindert. • Fast ein Fünftel der KMU mit Problemen bei der Personalbeschaffung hat in der Folge auf die Einstellung von Personal verzichtet. Desweiteren zeigen die Ergebnisse, daß Probleme bei der Rekrutierung von ungelernten und angelernten Arbeitskräften ebenso weit verbreitet sind wie im Fall von Technikern und Ingenieuren, die in anderen Studien als jene Berufsgruppen identi- 1 Gemäß früherer Studien - darunter etwa ROA, Skills Shortages in the 90s (Fachkräftemangel in den Neunzigern), Maastricht, 1994, und der Dritte Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU - wird Fachkräftemangel typischerweise mit dem Einsatz beruflicher Weiterbildung begegnet. Für eine weitergehende Beschreibung dazu siehe Kapitel 9 „Berufliche Bildung und KMU” dieses Berichts. 2 Research Centre for Education and the Labour Market, Skills Shortages in the 90s (Fachkräftemangel in den Neunzigern), EU Skills Shortages Update Project Synthesis Report, Maastricht, August 1994. 3 Der Unterschied zwischen Fachkräftemangel und Problemen des Mismatch wird später in diesem Kapitel noch ausführlicher behandelt. In bezug auf Maßnahmen zur Überwindung von Problemen der Personalbeschaffung in KMU muß zwischen Fachkräftemangel und Problemen des Mismatch unterschieden werden, da unterschiedliche Probleme unterschiedliche Gegenmaßnahmen erfordern. 4 Eine ausführliche methodische Erläuterung zu dieser Erhebung findet sich in Anhang I dieses Berichts: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. 129 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht fiziert werden, in denen Fachkräftemangel am ehesten auftritt. Schließlich weisen die Ergebnisse auch darauf hin, daß es insbesondere den kleinsten Unternehmen d. h. Unternehmen ohne Beschäftigte bzw. Kleinstunternehmen - schwerfällt, Maßnahmen zur Überwindung von Problemen bei der Personalbeschaffung zu ergreifen. Die Ergebnisse der Erhebung werden in den folgenden Abschnitten ausführlicher dargelegt und diskutiert. 3.2.2 Die wesentlichen Hindernisse für die Geschäftstätigkeit Die befragten Unternehmen wurden ersucht, die wesentlichen Hindernisse für ihre Geschäftstätigkeit zu nennen. Jedes Unternehmen wurde gebeten, aus einer Liste möglicher Hindernisse das bedeutendste auszuwählen. Tabelle 3.1 zeigt, daß 9 % der Unternehmen den „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” als größte Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit betrachten. Tabelle 3.1 Wesentliche Hindernisse für die Geschäftstätigkeit von KMU, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Wesentliche Hindernisse Mangel an qualifizierten Arbeitskräften 4 Zugang zur Finanzierung 16 Einführung neuer Technologien 4 Änderung der Produktionsorganisation 1 Qualitätssicherung 1 Administrative Vorschriften 10 Infrastruktur 3 Einführung des Euro 0 Andere Faktoren 31 Keine Hindernisse 27 Weiß nicht/Keine Antwort 2 Gesamt 100 0 % % % % % % % % % % % % 1-9 13 12 4 1 2 12 4 1 30 19 1 100 % % % % % % % % % % % % 10-49 17 14 4 3 3 15 5 1 22 16 1 100 % % % % % % % % % % % % 50-249 23 8 5 4 3 15 4 1 23 15 0 100 % % % % % % % % % % % % Gesamt 9 14 4 1 2 11 3 1 30 23 1 100 % % % % % % % % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Es zeigt sich, daß nur zwei weitere Hindernisse von einem großen Teil der Unternehmen als noch wichtiger betrachtet werden: „Zugang zur Finanzierung” und „Administrative Vorschriften”. Tabelle 3.1 verdeutlicht außerdem, daß der Anteil der Unternehmen, die sich durch einen „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” beeinträchtigt sehen, mit der Unternehmensgröße zunimmt. Fast ein Viertel der mittleren Unternehmen nennen „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” als wesentliche Beeinträchtigung - eine Zahl, der ein Anteil von nur 13 % bei den Kleinstunternehmen gegenübersteht. Einerseits entspricht dieses Ergebnis den Erwartungen, da Unternehmen mit vielen Beschäftigten häufiger neue Mitarbeiter aufnehmen müssen und sich daher öfter Problemen mit der Besetzung von Stellen gegenübersehen. Andererseits ist das Ergebnis überraschend, weil mittlere Unternehmen häufig Spezialisten für Personalangelegenheiten beschäftigen und deshalb eigentlich weniger Probleme bei der Personalbeschaffung haben müßten als kleine und Kleinstunternehmen. Außerdem wäre zu erwarten, daß kleine Unternehmen mit geringeren Möglichkeiten zur internen Umverteilung von Mitarbeitern kurzfristig stärker beeinträchtigt sind. In Abschnitt 3.2.4 werden die Folgen von Problemen der Personalbeschaffung in bezug auf die Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit untersucht. Allerdings können keine signifikanten Unterschiede nach Unternehmensgröße festgestellt werden. 130 Aspekte des Arbeitsmarktes In bezug auf die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Hindernisse in den verschiedenen Größenklassen ist zu erwähnen, daß lediglich der „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” um so gravierender zu sein scheint, je mehr Arbeitnehmer ein Unternehmen beschäftigt. Der „Zugang zur Finanzierung” ist gerade für die kleinsten Unternehmen eine wesentliche Beeinträchtigung, während für die anderen genannten Problembereiche keine signifikanten Unterschiede nach Unternehmensgröße zu erkennen sind1. Eine nach Wirtschaftssektoren differenzierende Analyse zeigt die folgenden - eher geringfügigen - Unterschiede (siehe Tabelle 3.2). Tabelle 3.2 Anteil der KMU, die ‘Mangel an qualifizierten Arbeitskräften’ als größte Beeinträchtigung nannten, nach Wirtschaftssektoren, Europa-19 Sektor Unternehmen in Prozent Sachgütererzeugung Bauwesen Großhandel Einzelhandel Beherbergung/Gaststätten Reparaturgewerbe Verkehr/Nachrichtenübermittlung Kredit- und Versicherungswesen Unternehmensbezogene Dienstleistungen Sonstige Dienstleistungen Sonstige Sektoren Gesamt 9 20 7 6 16 11 7 5 6 7 9 9 % % % % % % % % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Im Bauwesen sowie im Bereich Beherbergung/Gaststätten wird der „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” öfter als hauptsächliche Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit genannt als in anderer Wirtschaftssektoren. Davon abgesehen, scheinen jedoch keine bedeutenden Unterschiede zu bestehen. Im Bauwesen mag dies auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß sich diese Unternehmen in Phasen des Wirtschaftswachstums und steigender Beschäftigung, die in vielen europäischen Volkswirtschaften in den letzten Jahren zu verzeichnen waren, üblicherweise als erste Problemen mit der Personalbeschaffung gegenübersehen. Im Bereich Beherbergung/Gaststätten könnte die Erklärung in den typischen Arbeitsbedingungen dieses Sektors liegen, d. h. problematische Arbeitszeiten und relativ geringe Entlohnung. Außerdem ist sowohl das Bauwesen als auch der Bereich Beherbergung/Gaststätten meist saisonalen Schwankungen unterworfen, was Probleme der Personalbeschaffung insofern verschärfen könnte, als die Unternehmen öfter neue Mitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum einstellen müssen. Eine Analyse der Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern zeigt, daß in Irland, Portugal, Luxemburg, Island und Dänemark sogar zwischen 15 und 20 % der Unternehmen im „Mangel an qualifizierten Arbeitskräften” die größte Beein- 1 Dreißig Prozent - und damit der höchste Anteil - der Unternehmen nennen „andere” wesentliche Beeinträchtigungen als die oben aufgezählten. Leider enthält die Erhebung keine Informationen darüber, mit welcher Art von Hindernissen diese Gruppe konkret konfrontiert ist. 131 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht trächtigung ihrer Geschäftstätigkeit sehen. Alle diese Länder hatten in den letzten Jahren steigende Erwerbsraten zu verzeichnen, was im allgemeinen zu einem verschärften Wettbewerb um Arbeitskraft beiträgt. 3.2.3 Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen Wie Tabelle 3.3 zeigt, sahen sich im letzten Jahr etwa 14 % der Unternehmen häufig Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen gegenüber: Tabelle 3.3 Anteil der KMU, die sich im letzten Jahr Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen gegenübersahen, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen Größenklasse Häufig 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt 7 22 29 30 14 % % % % % Gelegentlich 7 10 17 25 9 % % % % % Selten Nie 4 7 12 14 6 78 60 41 30 69 % % % % % Weiß nicht/ Gesamt Keine Antwort % % % % % 4 1 1 1 2 % % % % % 100 100 100 100 100 % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Es überrascht nicht, daß die Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, mit der Anzahl der Beschäftigten eines Unternehmens zunehmen. Je mehr Beschäftigte ein Unternehmen hat, desto öfter befindet sich das Unternehmen in der Situation neue Mitarbeiter einstellen zu müssen und damit auch Problemen bei der Personalsuche gegenüberzustehen. Mittlere Unternehmen haben die meisten Probleme, nur 30 % der Firmen in dieser Größenklasse hatten im letzten Jahr keinerlei Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen. Weniger gravierend ist das Problem der Personalbeschaffung für kleine Unternehmen, immerhin hatte aber fast die Hälfte dieser Firmen während des letzten Jahres häufig oder gelegentlich mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Generell scheint die Personalbeschaffung für viele KMU ein bedeutendes Problem darzustellen. Tabelle 3.4 Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen, Verteilung auf Berufsgruppen in Prozent, Europa-19 Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen Häufig Ungelernte Arbeiter Angelernte Arbeitskräfte (z. B. Fahrer, Maschinisten) Techniker, Ingenieure Büroangestellte und Verwaltungspersonal Mittleres Management, Meister Geschäftsführer und Manager Weiß nicht/Keine Antwort Gelegentlich Selten 37 % 28 % 24 % 32 % 35 29 8 9 5 2 37 30 16 9 1 1 29 27 9 7 2 8 35 29 10 9 3 3 % % % % % % % % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Da mehr als nur eine Antwort möglich war, kann die Spaltensumme 100 % übersteigen. 132 Gesamt % % % % % % % % % % % % Aspekte des Arbeitsmarktes Tabelle 3.4 zeigt, daß die Besetzung offener Stellen für drei Gruppen von Mitarbeitern, nämlich „ungelernte Arbeiter”, „angelernte Arbeitskräfte” und „Techniker”, schwieriger ist als für andere. Es scheint, daß es stets die gleichen Mitarbeiterkategorien sind, die schwer anzuwerben sind. Obwohl einige Unterschiede nach Unternehmensgröße festgestellt werden können, hat in allen Größenklassen etwa ein Drittel der Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen für „ungelernte Arbeiter”, „angelernte Arbeiter” und „Techniker” zu besetzen. Unternehmen mit 10 oder mehr Beschäftigten haben darüber hinaus auch Probleme, Büroangestellte, anderes Verwaltungspersonal und Führungskräfte einzustellen. Dieses Ergebnis ist etwas überraschend. Es konnte nicht erwartet werden, daß KMU bei der Rekrutierung wenig qualifizierter Arbeiter ebenso große Schwierigkeiten wie bei Technikern und Ingenieuren haben würden. Von den derzeit 17 Millionen Arbeitslosen in der Europäischen Union1 hat die Mehrheit keine Berufsausbildung und ist nur gering qualifiziert. Die Arbeitslosigkeit ist unter hochqualifizierten Personen, insbesondere solchen mit weiterführender höherer Bildung, wesentlich niedriger. Die Internationalisierung der Wirtschaft erhöht die Anforderungen an die Unternehmen, durch Qualität und Flexibilität Wettbewerbsvorteile zu gewinnen, was wiederum zu einem zunehmenden Bedarf an spezialisierten und hochqualifizierten Arbeitskräften führt. Aufgrund des technologischen Fortschritts und des vermehrten Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien in den Unternehmen berichten die meisten Länder über einen Mangel an Computertechnikern, Ingenieuren, etc. In Anbetracht dieser Situation überrascht es, daß Unternehmen bei der Einstellung gering qualifizierter Arbeitskräfte ebenso große Probleme haben wie in Zusammenhang mit qualifizierten und hochqualifizierten Mitarbeitern. Der ENSR Enterprise Survey 1999 bietet keine Erklärungen für die Schwierigkeiten der KMU bei der Personalbeschaffung. Grundsätzlich scheinen aber die Akquisitionsstrategien der Unternehmen nicht gegriffen zu haben und die Arbeitsmärkte nicht so flexibel zu sein, wie dies zu wünschen wäre. Mögliche Erklärungen für die ersichtlichen Schwierigkeiten der KMU bei der Rekrutierung gering qualifizierter Arbeitskräfte sind z. B.: • Zu stark eingeschränkte Personalsuche, z. B. macht es eine auf enge Adressatenkreise eingeschränkte Personalsuche einer großen Zahl von potentiellen Bewerbern unmöglich, überhaupt über die freien Stellen zu erfahren; • Mangel an Transparenz auf dem Arbeitsmarkt; • Unzureichende Anreizstrukturen am Arbeitsmarkt, was zu geringer geographischer und beruflicher Mobilität der Arbeitskräfte führt. Erklärungen können sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite gefunden werden. Der Versuch, nur die Angebotsseite zu beeinflussen, ist mit Vorsicht zu betrachten. 3.2.4 Probleme der Personalbeschaffung und ihre Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit Die Unternehmen wurden aufgefordert anzugeben, in welchem Ausmaß die Probleme bei der Personalbeschaffung ihre Geschäftstätigkeit (im Sinne von Produktion und/oder Umsätzen) beeinträchtigen, wobei die Antwortkategorien „erheblich” (über 10 %), „mäßig” (unter 10 %) und „überhaupt nicht” zur Auswahl standen. 1 Europäische Kommission, Beschäftigung in Europa 1999, Brüssel, 1999. 133 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Ergebnisse in Tabelle 3.5 zeigen, daß ein Drittel der Unternehmen, die im letzten Jahr mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen konfrontiert waren, der Ansicht ist, dadurch in der Geschäftstätigkeit ‘erheblich’ beeinträchtigt worden zu sein. Tabelle 3.5 Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit durch Probleme bei der Personalbeschaffung, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit durch Probleme bei der Personalbeschaffung Größenklasse 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt Erheblich (>10 %) 27 39 33 28 34 Mäßig (<10 %) % % % % % 62 40 46 51 48 Überhaupt nicht % % % % % 10 19 20 20 16 % % % % % Weiß nicht/ Keine Antwort 1 2 1 1 2 % % % % % Gesamt 100 100 100 100 100 % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Wie Tabelle 3.5 zeigt, wurden über 80 % der Unternehmen im letzten Jahr durch Probleme bei der Personalbeschaffung in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt, wobei nur geringe Unterschiede zwischen den verschiedenen Unternehmensgrößen bestehen. 3.2.5 Die Überwindung von Problemen der Personalbeschaffung in KMU Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 wurden die Unternehmen gefragt, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um die Probleme der Personalbeschaffung zu lösen. Die Ergebnisse zeigen, daß Unternehmen, die im letzten Jahr Schwierigkeiten mit der Besetzung offener Stellen hatten, am häufigsten auf die Weiterbildung bestehender Mitarbeiter zurückgriffen. Über ein Drittel aller Unternehmen mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen hat bestehende Mitarbeiter entsprechend weitergebildet. Eine Differenzierung nach Größenklassen zeigt einen deutlichen Trend: Je höher die Zahl der Beschäftigten, desto größer der Anteil der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter weiterbilden. Dieser Trend spiegelt die Tatsache wider, daß große und mittlere Tabelle 3.6 Maßnahmen zur Überwindung von Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Weiterbildung bestehender Mitarbeiter Einstellung geringer qualifizierter Mitarbeiter Umbesetzung von Stellen innerhalb des KMU Akquisitionsaktivitäten verstärken Outsourcing von Tätigkeiten Verzicht, die Stellen zu besetzen Vermehrter Einsatz von Maschinen Keine Maßnahmen Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 134 0 1-9 10-49 50-249 Gesamt 33 % 38 % 43 % 52 % 37 % 16 % 24 % 30 % 26 % 22 % 9 13 16 16 10 3 17 23 14 20 9 2 24 30 26 7 12 1 32 42 22 7 12 1 16 21 16 16 10 2 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % Aspekte des Arbeitsmarktes Unternehmen ihren Mitarbeitern im allgemeinen mehr Aus- und Weiterbildung bieten als kleine und Kleinstunternehmen. Die zweit- und dritthäufigste Strategie zur Überwindung von Problemen bei der Personalbeschaffung besteht in der Aufnahme geringer qualifizierter Mitarbeiter und in der Verstärkung der Akquisitionsaktivitäten. Beide Strategien werden jeweils von etwa einem Fünftel der Unternehmen, die Probleme mit der Rekrutierung hatten, eingesetzt. Eine Differenzierung nach Größenklassen zeigt auch hier einen eindeutigen Trend: Je höher die Zahl der Beschäftigten, desto größer der Anteil der Unternehmen, die ihre Akquisitionsaktivitäten verstärken und geringer qualifizierte Mitarbeiter aufnehmen1. In Zusammenhang mit der Verstärkung der Akquisitionsaktivitäten zeigen dänische Studien, daß etwa die Hälfte der offenen Stellen für Hilfs- und angelernte Arbeiter in privaten Unternehmen durch eingeschränkte Personalsuche besetzt werden - zum Beispiel Rekrutierung über die Beziehungen derzeitiger oder früherer Beschäftigter. Die Verwendung von Methoden eingeschränkter Personalsuche verringert die Transparenz des Arbeitsmarktes, so daß eine große Zahl potentieller Bewerber von vielen offenen Stellen überhaupt nicht erfahren. Bemühungen zur Förderung breiter Suchmethoden - regionale Arbeitsvermittlung, Zeitungsannoncen, Einsatz des Internet - werden dazu beitragen, den Arbeitsmarkt transparenter zu gestalten und den Informationsgrad der Arbeitsuchenden bezüglich offener Stellen zu verbessern. Dort, wo Probleme bei der Personalbeschaffung eine Folge von Mismatch sind, scheint der verstärkte Einsatz breiter Rekrutierungsmethoden ein sinnvoller Ansatz zu sein. Etwa 16 % der Unternehmen mit Problemen in der Personalrekrutierung geben an, die Besetzung der offenen Stellen aufgegeben zu haben. Hier ist es interessant, daß dies vor allem auf Unternehmen ohne Beschäftigte und Kleinstunternehmen zutrifft, insbesondere da diese Unternehmen weniger bereit sind, die oben angeführten Maßnahmen durchzuführen. Damit ergibt sich das Phänomen, daß insbesondere die kleinsten Unternehmen große Schwierigkeiten haben, Maßnahmen zur Überwindung von Rekrutierungsproblemen umzusetzen. 3.2.6 Gegenmaßnahmen des öffentlichen Sektors Wie der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigt, stellen Probleme der Personalbeschaffung und der Fachkräftemangel für viele KMU im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in der Schweiz eine Beeinträchtigung dar, die auch negative Folgen für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen hat. Die öffentliche Hand kann dem Fachkräftemangel auf verschiedene Art begegnen. In dieser Untersuchung werden Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung, Prognose und Erfassung sich abzeichnenden Fachkräftemangels und Maßnahmen zur Beseitigung bestehenden Fachkräftemangels unterschieden. Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung und Erfassung von Fachkräftemangel Maßnahmen der frühzeitigen Erkennung bzw. Vorausschau wurden in praktisch allen Ländern eingeführt. Nach einem Bericht der GD V aus dem Jahr 19962, 1 KMU mit 50-249 Beschäftigten weichen insofern leicht vom allgemeinen Trend ab, als ein etwas kleinerer Anteil an Unternehmen geringer qualifizierte Mitarbeiter angestellt hat, als dies bei KMU mit 10-49 Beschäftigten der Fall war. 2 Europäische Kommission, GD V, Instruments, tools and policies to anticipate the effects of industrial change on employment and vocational qualifications (Instrumente, Methoden und Politiken zur Prognose der Auswirkungen des industriellen Wandels auf Beschäftigung und berufliche Qualifikationen), Brüssel, 1996. 135 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht setzen sich die Methoden zur Prognose der Auswirkungen des industriellen Wandels auf die Beschäftigung aus ökonometrischen Methoden, Methoden der Extrapolation, empirischen Erhebungen, qualitativen Methoden und Kombinationen aus ökonometrischen und anderen Instrumenten zusammen. In den meisten Ländern werden drei bis vier, in einer geringeren Zahl von Ländern auch nur ein bis zwei dieser Instrumente eingesetzt. Diese Maßnahmen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht, gemeinsam ist ihnen jedoch meist, daß zukünftige Trends in der Beschäftigung auf sehr allgemeiner Ebene prognostiziert werden. Die Ergebnisse solcher Prognosen bestehen beispielsweise aus Schätzungen der zukünftigen Beschäftigtenzahl in verschiedenen Wirtschaftssektoren, der erwarteten Arbeitsnachfrage seitens der Industrie, den Aussichten für ein breites Spektrum von Berufen und (breiten) Ausbildungskategorien. Die Vorhersagen beruhen üblicherweise auf Prognose- und ökonometrischen Modellen, die mit Projektionen historischer Daten über Beschäftigung und Personen mit verschiedenen Ausbildungswegen arbeiten. Dies erlaubt jedoch noch nicht die Identifizierung und Umsetzung konkreter Maßnahmen, um das Auftreten von Fachkräftemangel zu verhindern. Die nach Berufs- und Ausbildungskategorien differenzierten Prognosen mögen wichtige Hinweise darauf geben, in welchen Bereichen vermutlich Defizite auftreten werden, sie sind aber für sich alleine nicht ausreichend, um zukünftigen Fachkräftemangel zu erkennen. Obwohl manche Länder zukünftige Beschäftigungstrends differenziert nach verschiedenen Kategorien prognostizieren, muß doch betont werden, daß die meisten Länder ihre Bemühungen auf die Erfassung von Defiziten und/oder Verschiebungen betreffend berufliche Qualifikationen beschränken, und daß nur wenige in der Prognose von Fachkräftemangel aktiv sind. Anders ausgedrückt, geht es bei der Identifikation von Fachkräftemangel meist eher um die Feststellung der gegenwärtigen Situation als um dessen frühzeitige Erkennung, noch bevor er zu einem Problem für die KMU wird. Kurz, die derzeitigen Maßnahmen beschäftigen sich vor allem mit der gegenwärtigen Lage und versuchen nicht in ausreichendem Maße, zukünftige Erfordernisse zu berücksichtigen. Betrachten wir ausschließlich die Maßnahmen der Erfassung und des Monitoring, so scheinen zwei unterschiedliche Systeme zu dominieren. Beim ersten geht es um die Analyse der gegenwärtig offenen Stellen, entweder mit Hilfe öffentlicher Register/Datenbanken oder von Erhebungen. Das zweite Monitoringsystem beruht auf Erhebungen unter Unternehmen über zukünftige Trends im Bereich der Beschäftigung und den zukünftigen Personalbedarf. Eine häufige Methode der Erfassung bestehenden Fachkräftemangels sind Analysen auf Basis der offenen Stellen. Belgien, Österreich, Finnland, Luxemburg, Schweden, Dänemark, Deutschland, die Schweiz und Norwegen verwenden dazu Datenbanken der öffentlichen Arbeitsverwaltungen (AV). Von Unternehmen ausgeschriebene Stellen, die eine bestimmte Zeit lang unbesetzt geblieben sind, sind ein Hinweis auf bestehenden Fachkräftemangel oder zumindest schwierig zu besetzende Stellen. Die AV-Datenbanken erlauben differenzierte Analysen nach Branchen, Unternehmensgröße und Berufsgruppen. Das Monitoring auf Basis der öffentlichen Register kann nicht alle Formen von Fachkräftemangel vollständig erfassen, da die Arbeitsverwaltungen nicht von allen offenen Stellen in Kenntnis gesetzt werden. Es ist kaum möglich, alle Arten von Fachkräftemangel zu erfassen, und die Arbeitsverwaltungen decken nicht die gesamte Nachfrage nach Arbeitskräften ab. Darüber hinaus muß betont werden, daß Daten über offene Stellen alleine keine Unterscheidung zwischen echtem 136 Aspekte des Arbeitsmarktes Fachkräftemangel und anderen Problemen des Arbeitsmarktes zulassen und daher auch keine Lösungsansätze für die Rekrutierungsprobleme der Unternehmen aufzeigen können. Um Art und Ursache der Rekrutierungsprobleme bestimmen zu können, müssen die Daten über offene Stellen mit Statistiken zur Arbeitslosigkeit und qualitativen Analysen anderer Akteure am Arbeitsmarkt kombiniert werden. In Schweden, Dänemark und Finnland, zum Beispiel, wird die quantitative Erfassung offener Stellen mit qualitativen Informationen von Arbeitgeberverbänden kombiniert, wobei die Rohdaten durch qualitative Bewertungen ergänzt werden. Diese Methode gibt gewisse Hinweise, ob die Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, eine Folge von Fachkräftemangel sind oder Unvollkommenheiten des Arbeitsmarktes widerspiegeln. Durch zusätzliche Vergleiche mit Statistiken zur Arbeitslosigkeit und Differenzierungen nach Berufs-/Ausbildungskategorien kann geklärt werden, ob Probleme des Mismatch oder ein grundsätzlicher Mangel spezifischer Qualifikationen vorliegt. Nicht in allen Ländern stehen öffentliche Datenbanken oder Register für das Monitoring des Fachkräftemangels zur Verfügung. In Irland, den Niederlanden, Belgien, Spanien, Schweden, Dänemark, Norwegen, dem Vereinigten Königreich, Österreich, Portugal und Griechenland werden daher Befragungen durchgeführt, um potentiellen Fachkräftemangel zu erkennen und zu beschreiben. Die Erhebungen unterscheiden sich in vieler Hinsicht, z. B. erstrecken sich einige nur auf bestimmte Industriesektoren, während andere alle Wirtschaftssektoren abdecken. Einige beschränken sich auf bestimmte Regionen, andere decken das ganze Land ab. Auch die Untersuchungsziele unterscheiden sich: Manche Erhebungen konzentrieren sich auf schwer zu besetzende Stellen, andere befassen sich mit dem Ausund Weiterbildungsbedarf, wieder andere mit Problemen der Personalbeschaffung im allgemeinen oder in verschiedenen Berufsgruppen. Einige Befragungen legen das Schwergewicht auf die Rekrutierungsprobleme im jeweils vergangenen Jahr, während andere den Personal- und Qualifikationsbedarf der Arbeitgeber für die kommenden Jahre erheben. Auf dem Gebiet der Arbeitsmarktforschung ist eine breite Palette von Organisationen tätig, wobei die Untersuchungen teilweise von den lokalen/regionalen Verwaltungen in Auftrag gegeben werden, teilweise von öffentlichen Institutionen, wie etwa Arbeitsministerien, und Unternehmerverbänden initiiert werden. Aufgrund der wachsenden Beschäftigung und dem damit verbundenen Risiko des Fachkräftemangels wurden in den letzten Jahren verschiedene neue Ansätze entwickelt. Einige Länder haben auch spezielle Arbeitsgruppen zur Verhinderung potentiellen Fachkräftemangels eingerichtet. In Irland wurde Ende 1997 von der Regierung ein neue Struktur geschaffen, um Strategien für die Identifizierung und den Umgang mit Fragen des Qualifikationsbedarfs zu entwickeln. Diese Einrichtung ist als das Business, Education and Training Partnership Forum (Forum für Wirtschaft, Aus- und Weiterbildung) bekannt. Das Forum tritt ein- oder zweimal jährlich zusammen (seit Juni 1998), um einen breiten Konsens aller interessierten Parteien über jene politischen Maßnahmen zu erzielen, die zur Deckung des Qualifikationsbedarfs der Wirtschaft erforderlich sind. Dem Forum gehören Vertreter der Wirtschaft, der zuständigen Regierungsstellen, des Bildungswesens sowie anderer öffentlicher Einrichtungen an. Im Jahr 1998 schuf die Regierung des Vereinigten Königreichs die Skills Task Force (Arbeitsgruppe Qualifikation), um die Entwicklung einer National Skills Agenda (Nationale Agenda zur Qualifikation) beratend zu unterstützen. Ziel der Agenda ist, jene Qualifikationen bereitzustellen, die für den wirtschaftlichen Erfolg erforderlich sind. Die Skills Task Force behandelt derzeit Fragen wie Beschäftigungsfähigkeit, Schlüsselqualifikationen und Weiterbildung am Arbeitsplatz. Ihre 137 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Mitglieder setzen sich aus Arbeitgebern des öffentlichen und privaten Sektors, Ausund Weiterbildungseinrichtungen und Gewerkschaften zusammen. An dieser Stelle sollte auch angemerkt werden, daß in Spanien kürzlich ein Nationales Institut für Qualifikationen (Instituto Nacional de Cualificaciones) geschaffen wurde, dessen Ziel die Bereitstellung zentraler und unabhängiger Ressourcen für die Erfassung bestehender Qualifikationen und die Ermittlung des zukünftigen Qualifikationsbedarfs ist. Im Rahmen dieses Instituts wird eine Beobachtungsstelle für Berufe und Qualifikationen eingerichtet werden. In Zusammenhang mit Maßnahmen des Monitoring und der Erfassung von Fachkräftemangel soll abschließend betont werden, daß die am häufigsten eingesetzten Methoden im allgemeinen von den Problemen der Unternehmen, offene Stellen zu besetzen, ausgehen. In manchen Ländern stammen die Daten aus öffentlichen Datenbanken/Registern, während in anderen Ländern Befragungen durchgeführt werden. Diese Art des Monitoring ist von quantitativer Art und ermöglicht die Durchführung statistischer Analysen, es bleibt jedoch ein Bedarf nach qualitativen Informationen bestehen. Diese Untersuchungen sind oftmals die auf Faktenwissen beruhende Grundlage für Diskussionen zwischen Politikern und den Akteuren am Arbeitsmarkt - d. h. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden und Einrichtungen des Bildungswesens - über Fragen wie z. B.: Wie ist das Zahlenmaterial zu interpretieren, wie sehen die Herausforderungen der nächsten Jahre aus, und welche Maßnahmen wären hier sinnvoll? In den letzten Jahren, in denen das Risiko von Qualifikationsdefiziten in vielen Ländern zugenommen hat, wurden spezielle Arbeitsgruppen eingerichtet, in erster Linie mit dem Zweck, die Beteiligung der Hauptakteure des Arbeitsmarktes zu sichern. Maßnahmen zur Überwindung und Beseitigung bestehenden Fachkräftemangels In diesem Kapitel wurde bislang von einer breiten Definition des Fachkräftemangels ausgegangen (siehe Abschnitt 3.2.1). Wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, Arbeitskräfte mit bestimmten Qualifikationen zu rekrutieren, deutet dies darauf hin, daß der Arbeitsmarkt ein Defizit an Qualifikationen aufweist. Bisher wurde in diesem Kapitel gezeigt, daß KMU in hohem Ausmaß mit Problemen bei der Personalbeschaffung konfrontiert sind, und daß sich Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen oft negativ auf die Geschäftstätigkeit der KMU auswirken. Der nächste Schritt besteht in der Beschreibung von Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Bewältigung der festgestellten Rekrutierungsprobleme in KMU. Probleme der Personalbeschaffung müssen nicht unbedingt die Folge von bestehendem Fachkräftemangel sein. Die Schwierigkeiten von KMU bei der Besetzung offener Stellen können auch von einem Versagen des Arbeitsmarktes verursacht sein. Ein Versagen des Arbeitsmarktes kann in vieler Hinsicht auftreten: • Die Arbeitslosen/Beschäftigten verfügen über die geforderten Qualifikationen, können aber nicht mit den offenen Stellen „zusammengebracht” werden, weil sie in anderen Landesteilen leben, weit entfernt von den Unternehmen mit dem entsprechenden Fachkräftebedarf. • Die Arbeitslosen wollen - im allgemeinen oder für das Unternehmen mit den offenen Stellen im besonderen (geringe Bezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen) - nicht arbeiten. • Die Arbeitslosen/Beschäftigten haben, aufgrund geringer Transparenz des Arbeitsmarktes etc., keine Kenntnis von den offenen Stellen und den Beschäftigungsmöglichkeiten. 138 Aspekte des Arbeitsmarktes Obwohl es oft schwierig ist, Fachkräftemangel von Problemen des Mismatch oder anderen Unvollkommenheiten nationaler Arbeitsmärkte abgrenzen zu können, ist diese Unterscheidung wichtig, da die Art des Problems bestimmt, welche Gegenmaßnahmen hinreichend oder geeignet und erfolgversprechend sind. Großangelegte Ausbildungsprogramme mit langfristigen Zielsetzungen können nicht erfolgreich sein, wenn die Probleme des Arbeitsmarktes in unmittelbaren und akuten Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung oder im Fachkräftemangel liegen, was zeigt, daß bei gegensteuernden Maßnahmen auch die zeitliche Dimension zu berücksichtigen ist. Die Gegenmaßnahmen öffentlicher Stellen beruhen nicht immer auf fundierter Kenntnis der tatsächlichen Art der Probleme. Daher gibt es verschiedene Arten von Maßnahmen, wobei manche direkt auf Fachkräftemangel und andere auf eine flexiblere Funktionsweise des Arbeitsmarktes abzielen. Dabei sind mehrere Strategien anwendbar, welche im folgenden dargestellt werden. Aus- und Weiterbildung in Bereichen mit Fachkräftemangel In einigen Ländern werden von öffentlichen Institutionen Aus- und Weiterbildungsprogramme innerhalb bestimmter Sektoren initiiert. Mit Hilfe von Erhebungen oder sektoralen Studien werden ausgewählte Bereiche identifiziert, in denen die Unternehmen aufgrund von Fachkräftemangel mit großen Problemen bei der Personalbeschaffung konfrontiert sind. In der Folge werden spezielle Weiter- und/oder Ausbildungsprogramme zur Verbesserung der Qualifikationen/Fähigkeiten der Arbeitskräfte entwickelt. Diese Art von Maßnahmen wird in Belgien, Irland, Italien, Schweden, Norwegen, Dänemark und Liechtenstein eingesetzt. Ein Beispiel: In Irland wird bei bestimmten Formen des Fachkräftemangels von öffentlicher Seite vor allem über das Angebot geeignet qualifizierter Personen gegengesteuert, primär mittels Ausweitung und Verbesserung entsprechender Ausund Weiterbildungskurse. Beispielsweise führte die Feststellung eines spezifischen Fachkräftemangels im Jahr 1997 zu einem Qualifizierungs-Aktionsplan der Regierung, aufgrund dessen zusätzlich 3 200 Studenten höherer Lehrgänge eine Ausbildung zum Elektrotechniker, Teleservicetechniker und Softwaretechniker erhielten. Als Reaktion auf den entstehenden Qualifikationsbedarf sah der Aktionsplan für Beschäftigung im Jahr 1998 weitere, umfangreiche Investitionen zur Förderung der Technologieorientierung im Bildungswesen vor. Auch in Schweden setzen die öffentlichen Stellen auf den Einsatz von Aus- und Weiterbildung in bestimmten Bereichen mit Fachkräftemangel. Um eine bessere Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage für bestimmte Qualifikationen zu erzielen, wurde die Zahl der Studienplätze in den betreffenden Gebieten erhöht. Außerdem hat der Staat Stipendien für Personen finanziert, die eine Ausbildung in Bereichen mit einem Mangel an Fachkräften absolvieren. Diese Maßnahmen waren auf die Ausbildung in den Bereichen der angewandten Technologien, der reinen Wissenschaften und der Informatik ausgerichtet. Ein abschließendes Beispiel dieser Art von Maßnahmen stammt aus Dänemark1. Regionale Erhebungen haben spezifische Bereiche akuten und potentiellen Fachkräftemangels identifiziert. Auf regionaler Ebene wurden spezielle Projekte entwickelt, in denen KMU, regionale Bildungseinrichtungen und die regionalen Arbeitsverwaltungen begannen, die Qualifikationen arbeitsloser Personen zu verbessern, indem 1 In Belgien wurden ähnliche Aktionen durchgeführt. 139 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht diesen die Teilnahme an Kursen zur beruflichen Weiterbildung ermöglicht wird. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen (AV) wählen die Personen aus, welchen solche Kurse an einem regionalen Weiterbildungszentrum angeboten werden. Danach ist diesen Personen ein mehrmonatiges Praktikum bei KMU mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen garantiert, wobei eine gute Chance besteht, nach ein paar Monaten Praktikum eine fixe Arbeitsstelle zu erhalten. Allgemeine Weiterbildung1 Die oben erwähnten Beispiele stellen verschiedene Arten öffentlicher Maßnahmen für bestimmte Bereiche dar, in denen akuter oder potentieller Fachkräftemangel festgestellt wurde. Andere Maßnahmen zielen auf die Verbesserung von Qualifikationen/Fähigkeiten im allgemeinen, um bereits das Auftreten von Fachkräftemangel zu vermeiden. Diese Maßnahmen sind mehr indirekter Natur. Diese Form der Weiterbildung wird in den meisten Ländern angewendet. Bei einigen Programmen sind Arbeitslose die Zielgruppe, während andere auf bereits Erwerbstätige ausgerichtet sind. Weiterbildungsprogramme für Arbeitslose sind eine Standardinitiative zur Entschärfung der Probleme der Personalbeschaffung von Unternehmen. Das Ziel besteht in der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitslosen durch Verbesserung ihrer Qualifikationen. In vielen Ländern sind Langzeitarbeitslose, junge Menschen ohne Ausbildung, Behinderte, ältere Arbeitslose sowie „schwer vermittelbare” Arbeitslose die Zielgruppen für Weiterbildungsprogramme der Arbeitsverwaltungen oder anderer öffentlicher Institutionen. Die Anhebung des Qualifikationsniveaus von Arbeitslosen (manchmal in bezug auf berufliche Grundkenntnisse, manchmal in bezug auf soziale und persönliche Fähigkeiten), ist eine Strategie zur Verhinderung zukünftiger Personalprobleme, die in fast allen Ländern des EWR und in der Schweiz Anwendung findet. Da KMU in vielen Ländern ihre Ausgaben für Weiterbildung einschränken, haben die öffentlichen Stellen spezielle Programme zur Verstärkung der Weiterbildung von bereits Erwerbstätigen entwickelt2. Meist tragen öffentliche Stellen einen Teil der Weiterbildungskosten als Anreiz für die Durchführung von Maßnahmen in den Unternehmen. Österreich ist insofern hervorzuheben, als die öffentliche Hand auch steuerliche Anreize setzt. Die österreichische Regierung reagierte auf die geringen Weiterbildungsaktivitäten in den Unternehmen mit der Einführung von Steuerbegünstigungen im Rahmen einer neuen Steuerreform, die am 1. Januar 2000 in Kraft tritt. Die Steueranreize sollen die Weiterbildungsaktivitäten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verstärken. Dabei wird ein steuerlich absetzbarer Betrag für die Weiterbildung von Beschäftigten, ähnlich dem Absetzbetrag für Investitionen in das Anlagevermögen, geschaffen. Außerdem werden weitere Berufsbildungsmaßnahmen auch für Arbeitnehmer steuerlich absetzbar, wenn die Weiterbildung in Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf steht. Ein vergleichbares System wurde in den Niederlanden eingeführt. Seit 1996 schafft eine steuerliche Maßnahme Anreize für Arbeit und Weiterbildung kombinierende Programme für alle Erwerbstätigen. Arbeitgeber erhalten nun für jede Weiterbildungsmaßnahme 1 An dieser Stelle werden durch den öffentlichen Sektor initiierte Weiterbildungsmaßnahmen beschrieben. Kapitel 9 dieses Berichts behandelt den Einsatz beruflicher Weiterbildung in KMU. 2 Eine öffentliche Kofinanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen für Erwerbstätige wird aus Finnland, Irland, Spanien, Österreich, Portugal, Griechenland, Italien, Dänemark, Belgien, Norwegen und Schweden gemeldet. 140 Aspekte des Arbeitsmarktes eines Beschäftigten jährlich einen bestimmten Teil der Gehälter rückerstattet. Am 1. Januar 1998 wurde eine Steuerbegünstigung zur Förderung der Weiterbildung am Arbeitsplatz eingeführt; diese Maßnahme beinhaltet auch einen Steueranreiz für ältere Arbeitnehmer. Einige Maßnahmen kombinieren Weiterbildung von Arbeitsuchenden und bereits Erwerbstätigen. Bei den in Dänemark entwickelten und von mehreren anderen Ländern übernommenen sogenannten „Job-Rotation-Programmen”, sind verschiedene Modelle der Job-Rotation möglich. Allerdings ist das Hauptkennzeichen dieser Programme, daß stets ein oder mehrere Arbeitslose den Arbeitsplatz übernehmen, während ein oder mehrere Mitarbeiter des betreffenden Unternehmens an einem Weiterbildungskurs teilnehmen. Die arbeitslose Ersatzkraft wird für die temporäre Beschäftigung stets durch eine vorangehende Ausbildung vorbereitet. Das Job-Rotation-Modell hat sowohl für die Arbeitslosen als auch für die Beschäftigten und die Unternehmen selbst mehrere Vorteile. Das Unternehmen sichert sich besser qualifiziertes Personal, und die Produktion läuft während der Teilnahme der Mitarbeiter an den Kursen weiter - gleichzeitig halten die Unternehmen Kontakt mit potentiellen Arbeitskräften, was die Besetzung freiwerdender Stellen grundsätzlich erleichtert. Job-Rotation-Programme werden bis zu einem gewissen Grad in den meisten Ländern Europas eingesetzt1. Ein diesbezügliches ADAPT-Projekt vereint 13 Projekte aus 11 Mitgliedstaaten und hat 5 000 Teilnehmer. Stellenvermittlung Die Vermittlung bzw. Zuweisung von Arbeitsplätzen ist eine weitere öffentliche Maßnahme, um Probleme der Personalbeschaffung in KMU zu vermeiden. Dieses System zielt primär darauf ab, arbeitslosen Personen Arbeitserfahrung in Unternehmen zu ermöglichen und damit zugleich Personalengpässe in den Unternehmen zu mildern. Die Unternehmen erhalten meist eine Lohnbeihilfe seitens der öffentlichen Hand. Solche Systeme wurden in den Niederlanden, in Luxemburg, Belgien, Schweden, Dänemark, Deutschland und Norwegen eingerichtet. Beispielsweise wird in Luxemburg Arbeitsuchenden unter 30 Jahren eine Beschäftigung in einem Unternehmen für einen Zeitraum von höchstens 12 Monaten angeboten, für die ein Minimum von 80 % des Mindestgehalts2 rückerstattet wird. Der Arbeitslose kann die Stelle nicht ablehnen. Wenn er dies doch tut, verliert er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Unternehmer wiederum ist verpflichtet, im Fall einer freiwerdenden Stelle den „auxiliaire temporaire” zu bevorzugen. In Norwegen ist die Vermittlung bzw. Zuweisung von Stellen die wichtigste Maßnahme der öffentlichen Arbeitsverwaltungen (AV) gegen Rekrutierungsprobleme. Die AV senken damit die Arbeitslosigkeit, reduzieren den Arbeitskräftemangel und mindern so den Druck auf den Arbeitsmarkt. Daher ist die Stellenvermittlung die Hauptaktivität der AV. Priorität wird dabei jenen Sektoren eingeräumt, in denen die Probleme der Personalbeschaffung am gravierendsten sind. Das Prinzip der Maßnahme besteht darin, zunächst die Engpässe zu beseitigen, indem den Unternehmen das benötigte Schlüsselpersonal zur Verfügung gestellt wird. Dadurch sollen in der Folge zusätzliches Wachstum und eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften mit geringeren Qualifikationen, die dann leichter bereitzustellen sind, entstehen. Zum Beispiel ist es ein vorrangiges Ziel, den Unternehmen 1 Arbejdsmarkedsstyrelsen (Dänische Arbeitsmarktverwaltung), Jobrotation - afrapportering (Job Rotation - Ein Bericht), Kopenhagen, 1998. Veröffentlicht in Zusammenhang mit der in Kopenhagen im November 1997 abgehaltenen Konferenz „Jobrotation 97”. 2 Plan d’Action National en faveur de l’Emploi (Nationaler Aktionsplan) - NAP. 141 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht qualifizierte Techniker mit speziellen Kenntnissen zur Verfügung zu stellen. Sobald dies erreicht ist, ist es den Unternehmen möglich, ihre Produktivität zu steigern und auch mehr ungelernte Arbeiter zu beschäftigen. Einschränkungen für arbeitslose Personen Um die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen und Probleme der Unternehmen bei der Personalbeschaffung zu verhindern bzw. zu überwinden, haben viele Länder die Bestimmungen in Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit verschärft1. Das Ziel dieser Einschränkungen ist die Steigerung der Zahl der Bewerber für offene Stellen in den Unternehmen. Maßnahmen dieser Art beziehen sich üblicherweise auf die Erhöhung der zumutbaren täglichen Wegzeit zur und von der Arbeit und/oder die Ausweitung der von den Arbeitslosen zu akzeptierenden Tätigkeitsarten. Weigert sich ein Arbeitsloser, eine geeignete Tätigkeit anzunehmen oder einen Anreiseweg zum Arbeitsplatz in Kauf zu nehmen, kann die AV das Arbeitslosengeld für einen gewissen Zeitraum aussetzen. Darüberhinaus können die AV in einigen Ländern (z. B. Italien, Norwegen und Dänemark) Personen, die zum Zweck der Annahme einer offenen Stelle in einen anderen Teil des Landes ziehen, finanziell unterstützen (Umzugs- und/oder Reisebeihilfe). Die staatlichen Stellen/AV erachten die Anpassungsfähigkeit an die Anforderungen des Arbeitsmarktes hinsichtlich Mobilität2 und Qualifikationen als ungenügend. Gleichzeitig besteht eine hohe - geographisch unregelmäßig verteilte - Arbeitslosigkeit, und die unbesetzten Stellen in den Unternehmen werden als Konsequenzen der folgenden Tatsachen gesehen: • Arbeitslose sind nicht zu einem Ortswechsel bereit, um eine Stelle zu finden. • Arbeitslose sind nicht bereit, weit genug zu pendeln, um eine Stelle zu finden. • Arbeitslose sind nicht bereit, einen neuen Beruf zu ergreifen oder verfügen nicht über die nötigen Qualifikationen. • Arbeitgeber sind oft nicht bereit, Langzeitarbeitslose zu beschäftigen. Außerdem zögern zahlreiche Unternehmen, weit entfernt lebende Personen zu beschäftigen, und weisen Bewerber, die lange Strecken pendeln müßten, oftmals ab. Die Unternehmen befürchten bei Pendlern Probleme bei der Flexibilität, da es für diese schwieriger ist, falls erforderlich, Überstunden zu machen. Auch befürchten Unternehmen, daß Personen mit langen Anreisewegen sich schließlich für Stellen in der Nähe ihres Wohnorts bewerben werden. Die Tatsache, daß Unternehmen es vorziehen, wenn ihre Mitarbeiter in der Nähe des Arbeitsplatzes wohnen, unterstreicht nur, wie wenig sinnvoll der Versuch ist, die Mobilität des Arbeitsmarktes zu fördern, indem Druck auf Arbeitsuchende ausgeübt wird, lange Arbeitswege zu akzeptieren. Erhöhung der Transparenz auf dem Arbeitsmarkt Im Zusammenhang mit Maßnahmen des öffentliche Sektors zur Überwindung von Problemen der Personalbeschaffung müssen auch jene Initiativen betrachtet werden, deren Ziel es ist, die Transparenz des Arbeitsmarktes zu verbessern. Die zunehmende Verwendung auf enge Adressatenkreise eingeschränkter Suchmethoden durch die Unternehmen verringert die Transparenz des Arbeitsmarktes. In 1 Unter anderem Finnland, Deutschland, Norwegen, Schweden, Spanien und Dänemark. In Abschnitt 3.3 wird die Frage der grenzüberschreitenden Mobilität ausführlicher behandelt. 2 142 Aspekte des Arbeitsmarktes allen Ländern decken die Arbeitsverwaltungen nur einen Teil der offenen Stellen am Arbeitsmarkt ab. Die fehlende Transparenz des Arbeitsmarktes birgt die Gefahr des Fachkräftemangels, da die unbesetzten Stellen für ein breites Spektrum von Arbeitsuchenden unsichtbar bleiben. In den meisten Ländern existieren Initiativen der öffentlichen Hand, die den Arbeitsmarkt transparenter gestalten sollen. Es bestehen Aktivitäten zur: • Förderung des Einsatzes des Internet in der Personalbeschaffung der Unternehmen; • Ermunterung der Unternehmen, die regionalen Arbeitsverwaltungen beizuziehen; • Ausschreibung offener Stellen über Computer, z. B. in Bibliotheken und Einkaufszentren; • Ausschreibung offener Stellen in Fernsehen und Radio; • Ausschreibung offener Stellen in Zeitungen. Seit 1997 bieten die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) in der Schweiz in Kooperation mit privaten Arbeitsvermittlern die „Internet-Datenbank der Stellensuchenden” an, in der Arbeitsuchende offene Stellen auf Selbstbedienungsterminals, die in den RAV installiert sind, abrufen können. Zudem ist es den Arbeitgebern möglich, offene Stellen via E-Mail oder auf den Internet-Seiten der RAV auszuschreiben. In Island besitzen die einzelnen regionalen Arbeitsverwaltungen genaue Kenntnis von der Arbeitsmarktsituation in ihrer Region und der Fluktuation der Arbeitsnachfrage in bestimmten Bereichen. Die regionalen Agenturen stellen Informationen über Berufsausbildung, Arbeit und zukünftige Entwicklungen in der isländischen Wirtschaft zur Verfügung, die es Arbeitslosen ermöglicht, sich genauer über Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten zu informieren. Gegenmaßnahmen des öffentlichen Sektors: Zusammenfassung Wie oben beschrieben, haben öffentliche Einrichtungen viele Maßnahmen entwickelt, um Problemen der Unternehmen bei der Personalbeschaffung zu begegnen und bestehenden Fachkräftemangel zu beseitigen. Zusammenfassend gibt es folgende Ansätze: • Die Bereitstellung von Aus- und Weiterbildung für Erwerbstätige und Arbeitslose in Bereichen mit Fachkräftemangel, mit dem Ziel der Verbesserung spezifischer Qualifikationen und Fähigkeiten der Arbeitskräfte, um den Qualifikationsbedarf der Unternehmen zu decken; • Die Bereitstellung und (Ko-)Finanzierung von Weiterbildung für Erwerbstätige und Arbeitslose im allgemeinen, wodurch die Fähigkeiten und Qualifikationen der Arbeitskräfte verbessert werden sollen; • Eine Stellenvermittlung, bei der Unternehmen Beihilfen für die Beschäftigung Arbeitsloser erhalten, wobei der Arbeitskräftemangel gemildert, das Qualifikationsniveau der Arbeitslosen erhöht und der Druck auf den Arbeitsmarkt reduziert wird; • Die Stimulierung Arbeitsloser zur Arbeitssuche, um deren Mobilität zu erhöhen und einen flexiblen Arbeitsmarkt ohne Mismatch-Probleme sicherzustellen; • Die Erhöhung der Transparenz des Arbeitsmarktes, um offene Stellen einem breiten Spektrum von Arbeitsuchenden zugänglich zu machen und so die Chancen der Unternehmen zu verbessern, diese Stellen zu besetzen. Auch hier ist die Vermeidung von Mismatch-Problemen ein Ziel. 143 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die meisten Maßnahmen zur Überwindung von Fachkräftemangel sind indirekter Art, da das Ziel darin liegt, durch die Verbesserung der Fähigkeiten/Qualifikationen der Arbeitskräfte und die Förderung der Mobilität und Transparenz einen flexiblen Arbeitsmarkt sicherzustellen. Obwohl es Beispiele für Maßnahmen zur Erfassung von Fachkräftemangel in spezifischen Bereichen gibt, sind diese doch eher selten. Die oben erwähnten Maßnahmen der öffentlichen Hand sind nicht explizit auf KMU ausgerichtet. Allerdings sind KMU wahrscheinlich die ersten, die davon profitieren, da ihre Rekrutierungs- und Weiterbildungsmethoden nicht so durchorganisiert sind wie jene großer Unternehmen, die über spezielle Abteilungen als zentrale Einrichtung für die Personalbeschaffung verfügen. Andererseits sind große Unternehmen aufgrund der Institutionalisierung der Weiterbildung und Personalbeschaffung besser in der Lage, die administrativen Verfahren in Zusammenhang mit öffentlichen Programmen und Kofinanzierung zu bewältigen. 3.3 Mobilität der Arbeitskräfte Eine Möglichkeit für KMU, Probleme der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel zu überwinden, besteht in der Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern (EWR und Schweiz). Die Mobilität der Arbeit ist eines der Kernelemente des Binnenmarktes. Die Kommission hat in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen1, um verbleibende Barrieren zu beseitigen, die die Freiheit der Menschen, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten, einschränken. Das Ziel dieser Anstrengungen besteht vor allem darin, die Beschäftigungsmöglichkeiten der Menschen in der gesamten Union auszuweiten und Probleme des Fachkräftemangels in bestimmten Bereichen zu überwinden. Allerdings wird das Potential für Migration und grenzüberschreitendes Pendeln noch nicht voll genützt, und bestimmte Mechanismen behindern die Mobilität von Arbeitskräften. Im Gegensatz zu den USA existiert in Europa grundsätzlich keine „Kultur grenzüberschreitender Mobilität”. In den USA zögern die Menschen nicht, für einen neuen Arbeitsplatz mit ihren Familien an einen tausende Kilometer entfernt liegenden Ort zu ziehen. Außerdem ist die hohe Mobilität in den USA die Folge einer gemeinsamen Sprache, gleicher Rechtsvorschriften und Zeugnisse. Für die Wettbewerbsfähigkeit von KMU bedeutet diese begrenzte Mobilität eine Einschränkung der Flexibilität der Unternehmen hinsichtlich des Zugangs zu Qualifikationen und daher ihrer Chancen, auf zunehmende Konkurrenz zu reagieren. In einer Zeit wachsender Beschäftigung in mehreren Mitgliedstaaten wird die geographische Mobilität der Arbeitskräfte von immer größerer Bedeutung, wenn Fachkräftemangel und andere Arbeitsmarktprobleme vermieden werden sollen. 3.3.1 Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern durch KMU Grenzüberschreitende Mobilität kann die Form des Pendelns oder der Niederlassung in einem anderen Land annehmen. Das Ausmaß des internationalen Pendelns ist sehr begrenzt, weniger als 0,8 % der Erwerbstätigen der einzelnen Länder der EU sind Pendler aus anderen EU-Staaten. Eine Ausnahme ist Belgien, wo 1,5 % der Beschäftigten Pendler aus anderen EU-Staaten sind2. In den meisten Ländern 1 Unter anderem durch die folgenden Initiativen/Programme: EURES, INTERREG, Socrates und Leonardo. 2 Europäische Kommission, Beschäftigung in Europa 1996, Brüssel, 1997. 144 Aspekte des Arbeitsmarktes stellen EU-Bürger aus anderen Staaten einen Anteil von etwa 1 bis 2 % der Gesamtbevölkerung1. Die Ausnahmen sind Belgien, Liechtenstein, die Schweiz und Luxemburg, wo EU-Bürger aus anderen EU-Staaten zwischen 5 % und 29 % der Bevölkerung ausmachen. Obwohl diese Zahlen aus dem Jahr 1994 stammen und sich auf die Gesamtbevölkerung und nicht auf die Beschäftigung beziehen, veranschaulicht dies doch die relativ geringe Mobilität. Im ENSR Enterprise Survey 1999 wurden Fragen zur Beschäftigung von Personal aus anderen westeuropäischen Ländern in den KMU gestellt. Die Ergebnisse der Erhebung bestätigen die allgemeine Feststellung, daß die grenzüberschreitende Mobilität innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und der Schweiz sehr begrenzt ist. Tabelle 3.7 zeigt, daß etwa 4 % der KMU in den letzten drei Jahren Mitarbeiter aus einem anderen westeuropäischen Land beschäftigt haben. Tabelle 3.7 Prozentsatz der KMU, die in den letzten drei Jahren Mitarbeiter aus anderen westeuropäischen Ländern beschäftigt haben, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Beschäftigte aus anderen westeuropäischen Ländern Größenklasse Ja 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt 2 5 11 27 4 % % % % % Nein 95 94 88 72 94 Weiß nicht/Keine Antwort % % % % % 3 1 1 1 2 % % % % % Gesamt 100 100 100 100 100 % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Die Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern ist am häufigsten in mittleren Unternehmen anzutreffen, bei denen mehr als ein Viertel auf die Frage, ob sie in den letzten drei Jahren ausländische Mitarbeiter beschäftigt hätten, mit „Ja” antwortete. Die Unterschiede zwischen den Ländern sind sehr groß. In Liechtenstein beschäftigten 30 % der Unternehmen Mitarbeiter aus anderen westeuropäischen Ländern, gefolgt von der Schweiz und Luxemburg, wo in etwa 25 % der Unternehmen Mitarbeiter aus anderen westeuropäischen Ländern tätig waren. In Norwegen gilt dies für 12 % der Unternehmen, während in den restlichen Ländern weniger als 6 % der Unternehmen Mitarbeiter aus anderen westeuropäischen Ländern beschäftigten. Naturgemäß sind die Voraussetzungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in Ländern mit nahen Nachbarstaaten und in Ländern, in denen die Sprache kein allzu großes Hindernis darstellt, besser. Im Fall von Norwegen weisen die Zahlen darauf hin, daß einer hohen und steigenden Erwerbsquote in Verbindung mit Problemen bei der Personalbeschaffung bis zu einem gewissen Grad mit der Beschäftigung von Mitarbeitern aus anderen Ländern begegnet werden kann. Anders ausgedrückt, ist die Nachfrage nach Arbeitskräften oft der - beinahe ausschließliche - Ausgangspunkt für grenzüberschreitende Mobilität. 1 Eurostat, Wanderungsstatistik 1996, Luxemburg, 1997. 145 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 3.3.2 Barrieren für die Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern in KMU Im Rahmen der Erhebung wurden jene Unternehmen, die Mitarbeiter aus anderen westeuropäischen Ländern beschäftigen, auch gefragt, welche Probleme sie bei der Anstellung dieser Mitarbeiter hatten. Tabelle 3.8 zeigt, daß das Hauptproblem die administrativen Vorschriften betraf. Tabelle 3.8 Anteil der KMU, die bei der Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen westeuropäischen Ländern mit den folgenden Problemen konfrontiert waren, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Administrative Belastungen Probleme mit Arbeitsgenehmigungen Probleme mit Gewerkschaften Probleme beim Verständnis ausländischer Qualifikationen 0 1-9 10-49 50-249 Gesamt 34 % 22 % 13 % 24 % 24 % 11 % 25 % 12 % 7% 24 % 15 % 2% 26 % 21 % 10 % 14 % 5% 6% 5% 7% Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Etwa ein Viertel der Unternehmen nannte die administrativen Belastungen als größtes Hindernis für die Beschäftigung von Arbeitskräften aus anderen Ländern. Desweiteren sah sich etwa ein Viertel der Unternehmen mit Problemen in bezug auf Arbeitsgenehmigungen konfrontiert, während Gewerkschaftsfragen und Schwierigkeiten beim Verständnis ausländischer Qualifikationen sich für weniger als 10 % der Unternehmen als Problem erwiesen. Die Unterschiede nach Unternehmensgröße sind gering. 3.3.3 Allgemeine Barrieren für grenzüberschreitende Mobilität Obwohl die Hindernisse für grenzüberschreitendes Pendeln in den letzten Jahren deutlich reduziert worden sind, existieren nach wie vor große Barrieren, die die Menschen daran hindern, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten1. Dazu zählen die bekannten sprachlichen und kulturellen Barrieren, die in verschiedenen Analysen und Studien dokumentiert sind2. Unter den weiteren Hindernissen scheint das Problem der Anerkennung ausländischer Qualifikationen eine besonders schwerwiegende Behinderung in den verschiedenen Ländern darzustellen. Nach einem Bericht der Evaluation Unit des Europäischen Sozialfonds ist offenkundig, daß sich die nationalen Systeme für die Zertifizierung und Definition von Befähigungsnachweisen stark voneinander unterscheiden. Es wird festgehalten, daß die nationalen Systeme und Definitionen eng mit dem kulturellen Erbe und den Werten der einzelnen Mitgliedstaaten verbunden sind, und daß die Aus- und Berufsbildungsnachweise diese nationalen Unterschiede widerspiegeln. Obwohl 1 Europäische Kommission, Beschäftigung in Europa 1996, Brüssel, 1997. Op. cit., und Evaluation Unit des Europäischen Sozialfonds, Konferenzbericht, Mobility in the EU - Implications for the European Social Fund (Mobilität in der EU - Implikationen für den Europäischen Sozialfonds), Irland, 1997. 2 146 Aspekte des Arbeitsmarktes beispielsweise die Arbeit von CEDEFOP darauf abzielt, mehr Transparenz in bezug auf die „Inhalte” der Aus- und Berufsbildungsnachweise zu schaffen, wird es eine gewisse Zeit dauern, bis dies erreicht ist. In Schweden und Italien zum Beispiel wird die Anerkennung ausländischer Qualifikationen als Haupthindernis für die grenzüberschreitende Mobilität betrachtet. Dies betrifft sowohl die Schwierigkeiten der Arbeitgeber bei der Beurteilung der in einem anderen Land erhaltenen Ausbildung als auch die Existenz restriktiver Zugangsbeschränkungen in bestimmten Berufen. Arbeitgeber, die mit „ausländischen” Ausbildungen und Zeugnissen nicht vertraut sind, haben oft Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Fähigkeiten und Kenntnisse der Bewerber, und die Bewerber gewinnen den Eindruck, daß sie zu Unrecht für Positionen abgelehnt werden, für die sie tatsächlich qualifiziert sind. Diese Sichtweise wird durch die Ergebnisse einer vom Schwedischen Unternehmerverband (SAF) in Auftrag gegebenen Studie bestätigt. Für diese Studie wurden 401 schwedische Arbeitgeber befragt, welche Faktoren ihrer Meinung nach die Hauptschwierigkeiten für die Beschäftigung von Ausländern darstellten. Die beiden Hauptschwierigkeiten waren Probleme bei der Beurteilung ausländischer Ausbildungen sowie der Berufserfahrung ausländischer Arbeitskräfte. Mehr als 80 % der Arbeitgeber betrachteten diese Faktoren als problematisch. Die Kommission ist sich der Probleme der gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen bewußt. Die allgemeinen EU-Richtlinien1 sehen vor, daß jedermann das Recht hat, seinen Beruf in allen EU/EWR-Ländern auszuüben, wobei jedoch in gewissen Fällen bestimmte Bedingungen gelten: A. Wenn das Aufnahmeland in der Lage ist, zu beweisen, daß wesentliche Unterschiede zwischen der absolvierten und der erforderlichen Ausbildung bestehen; B. Wenn im Aufnahmeland Unterschiede in den von einem Beruf abgedeckten Tätigkeiten bestehen und dieser Unterschied in einer Ausbildung in Fächern besteht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die das Diplom des Antragstellers abdeckt; C. Wenn die Dauer der Ausbildung des Ausländers unter der im Aufnahmeland geforderten liegt. In bezug auf die anderen Hindernisse für eine stärkere grenzüberschreitende Mobilität seien auch die folgenden Punkte erwähnt: • Unterschiede hinsichtlich z. B. der arbeitsrechtlichen Bedingungen sowie Bestimmungen im Bereich des Arbeitsumfeldes; • Unterschiede hinsichtlich Steuerrecht und Lohnniveau, die es erschweren, in Ländern mit niedrigeren Gehältern zu arbeiten und in Ländern mit höheren Steuern zu leben. Schließlich muß auch die Frage der mangelnden Transparenz in den verschiedenen Arbeitsmärkten angesprochen werden. Es ist für Arbeitslose relativ schwierig, Kenntnis über offene Stellen im Ausland zu erlangen. Um diesem 1 Richtlinie 89/48/EWG des Rates über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, sowie Richtlinie 92/51/EWG des Rates über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG. 147 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Problem zu begegnen, schuf die Europäische Kommission das EURES1-Netzwerk, das die Vermittlung ausländischer Arbeitskräfte unterstützt und einen Informationsservice über offene Stellen innerhalb und außerhalb der EU bereitstellt. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die in diesem Abschnitt dargestellten Daten zum grenzüberschreitenden Pendelverkehr und zur Niederlassung in anderen Ländern zeigen, daß das Ausmaß grenzüberschreitender Mobilität noch relativ gering ist und Hindernisse abzubauen sind. Die geringe grenzüberschreitende Mobilität zeigt auch, daß dies gegenwärtig nicht der am weitesten verbreitete Weg ist, Probleme der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel zu überwinden. Es muß daher betont werden, daß unbesetzte Stellen und ein großer Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften die besten Gründe für die Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität darstellen würden. In diesem Zusammenhang ist die Situation in Norwegen, für dessen Arbeitsmarkt sich der Gemeinsame Nordische Arbeitsmarkt als äußerst bedeutend erwiesen hat, ein interessantes Beispiel. Der Nordische Arbeitsmarkt fungiert als eine Art Puffer und spielte eine wichtige Rolle in der Überwindung von Engpässen, insbesondere in der Bauwirtschaft und im Gesundheitswesen. 3.4 Das Steuersystem Obwohl die gegenwärtige Wirtschaftslage in vielen Ländern besser ist als Mitte der neunziger Jahre, hat diese Verbesserung doch nicht automatisch zu Beschäftigungsmöglichkeiten für alle geführt. Noch immer existiert eine Gruppe von Personen, deren Qualifikationen begrenzt sind. Um diese Gruppe in den Arbeitsmarkt zu reintegrieren und Beschäftigungsmöglichkeiten für sie zu schaffen, müssen die gesamten Arbeitskosten für diese Personen gesenkt werden. Ein Weg zur Senkung der Arbeitskosten auf ein angemessenes Maß im Verhältnis zur Produktivität dieser Gruppe besteht darin, die Besteuerung der Arbeit sowie die Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen zu senken. In diesem Abschnitt liegt der Schwerpunkt auf den im EWR und in der Schweiz unternommenen Anstrengungen, die Beschäftigung durch die Umsetzung neuer Maßnahmen auf diesem Gebiet zu steigern. Auf Basis der Beschäftigungspolitischen Leitlinien 1998 hat nunmehr jeder Mitgliedstaat einen „Nationalen Aktionsplan” (NAP) zum Thema Beschäftigung erarbeitet und der Kommission vorgelegt. Die Pläne wurden heuer entsprechend den Leitlinien 1999 überarbeitet. Die Beschäftigungspolitischen Leitlinien bestehen aus vier „Säulen”. Die Maßnahmen zur Beschäftigungssteigerung durch Reformen des Steuersystems und eine Senkung der Mehrwertsteuer sind Teil der zweiten Säule, Entwicklung des Unternehmergeistes. In bezug auf die Besteuerung fordert die Kommission eine „Beschäftigungsfreundlichere Gestaltung der Steuersysteme und Umkehr des langfristigen Trends zu einer höheren Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit”. Jeder Mitgliedstaat ist aufgefordert, „... soweit erforderlich und unter Berücksichtigung des derzeitigen Niveaus, als Zielvorgabe eine schrittweise Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung insgesamt und, wo angemessen, der Steuerbelastung der Arbeit und der Lohnnebenkosten insbesondere hinsichtlich der niedrig qualifizierten und schlecht bezahlten Arbeit fest, ohne dabei die Sanierung der öffentlichen Haushalte und das finanzielle Gleichgewicht der Sozialversicherungs- 1 EURES (Netz der Europäischen Arbeitsverwaltungen) bietet Informationen über offene Stellen in der EU und einigen anderen Ländern einschließlich der USA. 148 Aspekte des Arbeitsmarktes systeme in Frage zu stellen. Dabei prüft er gegebenenfalls, ob die Einführung einer Energiesteuer, einer Besteuerung der Schadstoffemissionen oder sonstiger steuerlicher Maßnahmen zweckmäßig ist und prüft - ohne daß dazu eine Verpflichtung besteht -, ob der Mehrwertsteuersatz bei arbeitsintensiven Dienstleistungen, die keinem grenzüberschreitenden Wettbewerb ausgesetzt sind, gesenkt werden sollte”. Ein wichtiger Grund für die Aufnahme des Steuersystems in die Beschäftigungspolitischen Leitlinien liegt darin, daß viele Arbeitsplätze in der Europäischen Union aufgrund der derzeitigen Höhe der Arbeitskosten unbesetzt bleiben1. Der Wunsch der Kommission, Anstrengungen dieser Art zu unterstützen, ist als Element einer umfassenden Politik zur Beschäftigungssteigerung zu verstehen. Der Europäische Beschäftigungsbericht 19972 stellt fest: „Dabei müssen die Anstrengungen zur Verbesserung des Qualifikationsniveaus der Erwerbsbevölkerung mit dem kontinuierlichen Bemühen einhergehen, für eine ausreichende Flexibilität der Arbeitsmärkte und für eine der Schaffung von Arbeitsplätzen förderliche Gestaltung der Arbeitskosten zu sorgen, damit auch Beschäftigungsmöglichkeiten für jene Arbeitnehmer bestehen, deren Qualifikation unabhängig von Art und Umfang der Ausbildung ein bestimmtes Niveau gewöhnlich nicht überschreitet. Dies bedeutet, daß die Gesamtarbeitskosten für diese Gruppe einschließlich der Lohnnebenkosten im richtigen Verhältnis zur Produktivität stehen, und daß künstliche Hemmnisse für die Schaffung von Arbeitsplätzen beseitigt werden müssen.” 3.4.1 Senkung der Arbeitskosten und der Steuern auf Arbeit Die Steigerung der Beschäftigung und die Senkung der Arbeitslosigkeit stehen seit langer Zeit an der Spitze der europäischen Agenda. Trotz der allgemein zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften in den KMU haben viele Gruppen auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Arbeitskosten könnten zu hoch sein, um die Beschäftigung bestimmter Gruppen rentabel sein zu lassen. Eine Möglichkeit zur Senkung der Arbeitskosten auf ein Niveau, das der Produktivität dieser Gruppen entspricht, ist - wie in den Beschäftigungspolitischen Leitlinien 1998 und 1999 beschrieben - die Senkung der Steuern auf Arbeit. Als arbeitsmarktpolitische Maßnahme ist die Senkung der Steuern auf Arbeit eine sehr breite Strategie und daher nicht leicht speziell auf benachteiligte Gruppen auszurichten. Veränderungen in Steuersystemen haben komplexe Auswirkungen und sind politisch sensibel, da sie Effekte auf viele andere Bereiche der nationalen Wirtschaft haben. Sie beeinflussen die allgemeinen Anreizstrukturen (nicht nur den Anreiz zur Arbeit) sowie den Rahmen für die Durchführung der Verteilungspolitik. Die Beschäftigungspolitischen Leitlinien verlangen die Senkung des Steuerdrucks auf Lohn- und Lohnnebenkosten insbesondere für relativ gering qualifizierte oder niedrig entlohnte Arbeit, dennoch gibt es noch immer Hindernisse, die überwunden werden müssen. Etwa anderthalb Jahre nach der Einführung der Beschäftigungspolitischen Leitlinien haben nun alle Mitgliedstaaten ihre Nationalen Aktionspläne für Beschäftigung der Kommission vorgelegt und mittlerweile revidiert. Nicht alle Maßnahmen 1 Dieses Thema wurde im Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU behandelt. In Kapitel 5 wurde festgestellt, daß die Beschäftigung durch eine Senkung lohnbezogener Abgaben erhöht werden kann. 2 Europäische Kommission, Beschäftigung in Europa 1997, Zusammenfassung. http://www.europa.eu.int/comm/dg05/elm/summit/de/papers/emploi1.htm (Stand am 25. September 1999). 149 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht der Beschäftigungspolitischen Leitlinien sind auch in allen NAP enthalten. Die unterschiedlichen Situationen der Mitgliedstaaten in bezug auf die vier Säulen der Leitlinien führten zu unterschiedlichen Lösungen und Schwerpunkten in den NAP. Neun Staaten setzen nunmehr Elemente ihrer Steuersysteme ein oder führen Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten durch, um die Beschäftigung anzukurbeln. Diese Länder sind Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, die Niederlande, Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich. Die Steuersysteme der meisten EU- und EWR-Länder enthalten Elemente der progressiven Besteuerung. Diese Form der Besteuerung soll Personen mit relativ geringem Einkommen begünstigen und stellt für gering entlohnte Personen einen Anreiz zur Arbeit dar. Wurde eine Steuerreform, die eine Verstärkung der Progression enthält (mit dem Ergebnis geringerer Steuern für niedrige Einkommen), 1998/99 eingeführt, wird diese in der Bewertung berücksichtigt. Bei der Analyse der NAP finden sich unterschiedliche Elemente in den von den neun Ländern eingeführten Initiativen. Ein Schlüsselelement der in den neun Ländern durchgeführten Reformen (außer in Belgien) ist eine Senkung der Steuern auf Arbeit im allgemeinen und/oder eine allgemeine Senkung der Lohnnebenkosten. Dies fördert generell die Beschäftigung, da Arbeit für die Unternehmen relativ billiger wird. In allen Ländern (außer Portugal und Deutschland) sehen die Steuersysteme spezielle Erleichterungen für gering entlohnte Arbeitnehmer vor, indem das Progressionselement verstärkt wurde oder die Senkung der Lohnnebenkosten im Bereich der gering entlohnten Gruppen stattfand. Dies sollte die Schaffung von Arbeitsplätzen für diese Gruppe weiter stimulieren. In Belgien, Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden liegt der Schwerpunkt auf der Reduktion der Lohnnebenkosten (Sozialversicherung und Steuererleichterungen für Arbeitgeber) und bei einer Förderung der Beschäftigung gering entlohnter Arbeitskräfte durch eine Senkung der Arbeitgeberkosten für die Beschäftigung solcher Personen. In Deutschland existiert eine ähnliche Maßnahme für die Beschäftigung Arbeitsloser. In Portugal gibt es eine Initiative, die speziell auf die Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen unter 30 abzielt. Die Reformen sind kaum speziell auf KMU ausgerichtet, und nur die Maßnahmen zweier Länder enthalten eine explizite KMU-Orientierung. In Portugal zielt die Steuerreform auf KMU-dominierte Sektoren ab, und in Belgien werden sehr kleinen Unternehmen spezielle Erleichterungen gewährt, indem für den ersten, zweiten und dritten Beschäftigten die Arbeitgeberversicherungsbeiträge reduziert wurden. In allen anderen Ländern begünstigen die Reformen eher die Beschäftigten als die Arbeitgeber und Unternehmen. Allerdings besteht kein Zweifel, daß in jenen Ländern, welche Anreize für die Beschäftigung gering entlohnter Arbeitskräfte eingeführt haben, viele KMU davon profitieren werden, da KMU generell arbeitsintensiver sind und geringere Löhne und Gehälter zahlen als GU1. 3.4.2 Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen Die Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen ist ein weiteres Element in den Bemühungen, Beschäftigungsmöglichkeiten für gering qualifizierte Personen zu schaffen. Diese Frage wird in den Beschäftigungspoliti- 1 ENSR, Europäisches Beobachtungsnetz für KMU, Fünfter Jahresbericht, Zoetermeer, 1997. 150 Aspekte des Arbeitsmarktes schen Leitlinien nicht ausführlich behandelt. Den Mitgliedstaaten wird lediglich empfohlen, die Sinnhaftigkeit einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen zu prüfen. Die Senkung der Mehrwertsteuer wird nicht im gleichen Ausmaß eingesetzt wie die Senkung der Steuern auf Arbeit im allgemeinen. Untersuchungen des ENSR1 ergaben, daß, in Reaktion auf die Beschäftigungpolitischen Leitlinien 1998, nur Frankreich im Rahmen seiner Beschäftigungspolitik die Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen herabgesetzt hat. Die Mehrwertsteuersenkung trat in Frankreich am 15. September 1999 in Kraft. Der Steuersatz wurde für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Renovierung von Gebäuden sowie für zu Hause erbrachte persönliche Dienstleistungen von 20,6 % auf 5,5 % abgesenkt. Es wird erwartet, daß dies vor allem den Marktzutritt sehr kleiner Unternehmen, die Dienstleistungen für Endverbraucher (private Haushalte) erbringen, bewirken wird. Allerdings beinhalten die Maßnahmen keine direkten Vorkehrungen, die größere Unternehmen davon abhalten, in diesen Bereichen tätig zu werden. Es wird daher erwartet, daß KMU - und insbesondere sehr kleine Unternehmen am meisten von der Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen profitieren werden. Der sehr begrenzte Einsatz der Mehrwertsteuersenkung auf arbeitsintensive Dienstleistungen in der Beschäftigungspolitik könnte auf die Unsicherheiten in bezug auf ihre Wirksamkeit zurückgeführt werden. Die Kommission hat ihre Bedenken über das Potential für positive Auswirkungen wie auch unbeabsichtigte negative Folgen dieser Maßnahme zum Ausdruck gebracht. Alle EU-Staaten sollten die Einführung gesenkter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen vor September 1999 erwägen, da eine neue Richtlinie2 dieses Datum als den letzten Termin vorsieht, an dem die Absicht, diese Maßnahme in der Probefrist bis 2002 einzuführen, der Kommission mitgeteilt werden kann. Diese Richtlinie könnte den Prozeß beschleunigen und weitere Länder bestärken, niedrigere Mehrwertsteuersätze auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen einzuführen. 3.4.3 Gründe für die begrenzte Anwendung der Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen Die Gründe dafür, daß eine Absenkung der Steuern auf Arbeit und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen nicht eingeführt werden, sind je nach Land unterschiedlich, da auch die grundlegenden Kriterien für den Einsatz dieser Strategien verschieden sind. Dafür können drei hauptsächliche Erklärungen angeführt werden: • Budgetrestriktionen; • Geringe Arbeitslosigkeit; • Zweifel an der Wirksamkeit dieser Strategien. 1 Quelle: Erhebung der ENSR-Partner auf Basis der NAP und anderer nationaler Quellen. Einige Länder haben die Mehrwertsteuersätze verändert, es wurde aber lediglich die Senkung der Steuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen mit dem Ziel der Beschäftigungssteigerung in diese Analyse aufgenommen. 2 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG hinsichtlich der Möglichkeit, auf arbeitsintensive Dienstleistungen versuchsweise einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden, KOM(1999) 62 endg., Brüssel, 1999. Diese Richtlinie wurde 1999 angenommen; acht Mitgliedstaaten erhielten die Befugnis, Mehrwertsteuersätze für spezifische Dienstleistungen zu senken. 151 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Budgetrestriktionen Budgetrestriktionen sind ein allgemeines Hindernis für die Einführung von Steueranreizen und niedrigeren Mehrwertsteuersätzen auf arbeitsintensive Dienstleistungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies galt insbesondere für die letzten Jahre, in denen sich die meisten Länder auf die Erfüllung der Maastricht-Kriterien konzentrierten und auf Budgetdefizite und die Staatsausgaben achteten. Vor allem in Griechenland und Italien scheint dies ein wichtiges Hindernis für die Einführung einer Steuerreform im allgemeinen zu sein. In allen Ländern ist es jedoch ein Thema, dem politische Entscheidungsträger große Aufmerksamkeit widmen. Budgetrestriktionen könnten durch die Einführung von Steuerreformen überwunden werden, die Budgetneutralität gewährleisten. Die Kommission schlägt die Erhöhung der Steuern in anderen Bereichen wie Energie und Umweltverschmutzung bei gleichzeitiger Senkung der Steuern auf Arbeit vor. Einige Länder (z. B. Dänemark, Deutschland, Schweden und das Vereinigte Königreich) haben diese allgemeine Verschiebung im Steuersystem eingeführt, wobei ein immer größerer Anteil der Steuern auf Umweltsteuern entfällt. In Dänemark etwa hat der Anteil der Umweltsteuern von 7 % des gesamten Steueraufkommens im Jahr 1993 auf 10 % im Jahr 1998 zugenommen1. Andere Beispiele stammen aus Deutschland, wo die Mehrwertsteuer angehoben wurde, und Frankreich, wo die Grundlage für die Finanzierung des nationalen Gesundheitswesens geändert wurde. Geringe Arbeitslosigkeit Manche Länder haben kein ernsthaftes Arbeitslosigkeitsproblem und keinen Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für gering qualifizierte Arbeitskräfte. Diese Länder sehen daher keine Notwendigkeit, die genannte Art von Maßnahmen einzuführen und tendieren dazu, spezifischere Instrumente der Arbeitsmarktpolitik einzusetzen, die leichter auf bestimmte Zielgruppen auszurichten sind (solche Maßnahmen fallen unter die erste Säule, „Beschäftigungsfähigkeit”, der NAP). Dies gilt etwa für Island und Luxemburg. Irland erwägt derzeit eine weitere Absenkung der Steuern auf Arbeit mit dem Ziel, die Beschäftigung zu steigern. Da aber Irland eine lange Periode steigender Beschäftigung zu verzeichnen hat, besteht die Besorgnis, daß weitere Steuersenkungen zu einer Überhitzung der Konjunktur führen könnten. Zweifel an der Wirksamkeit Dies ist ein grundsätzliches Problem in Zusammenhang mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen. Wie bereits erwähnt, hat die Kommission Zweifel bezüglich der Vorteile einer Mehrwertsteuersenkung und Bedenken über mögliche unbeabsichtigte negative Auswirkungen. Diese Bedenken finden sich in zahlreichen NAP wieder und haben die entsprechenden Länder von einem weiteren Einsatz dieses Anreizes im Rahmen ihrer Beschäftigungspolitik abgehalten. Dies gilt etwa für Österreich, Luxemburg, Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich. Der NAP des Vereinigten Königreiches für 1999 erklärt, daß die selektiven Senkungen der Mehrwertsteuer nicht zu einer Steigerung der Beschäftigung führen und die Probleme des Arbeitskräfteangebots 1 Finansministeriet, Evaluering af grønne afgifter og erhvervene (Evaluierung von Umweltsteuern und Wirtschaft), Kopenhagen, 1999. 152 Aspekte des Arbeitsmarktes nicht lösen würden. Letztere seien aber der Schlüssel zur Verbesserung der Beschäftigungslage im Vereinigten Königreich. Die von vielen Ländern zum Ausdruck gebrachten Zweifel betreffen die Frage, ob eine Senkung der Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen tatsächlich zu niedrigeren Verbraucherpreisen und erhöhter Nachfrage (und folglich steigender Beschäftigung) führen würde, um die Kosten der Maßnahme wieder auszugleichen. Einige Länder, z. B. Dänemark und Finnland, haben, anstatt die Mehrwertsteuer zu senken, Subventionen für arbeitsintensive Dienstleistungen eingeführt. 3.4.4 Erwartete Ergebnisse der durchgeführten Maßnahmen Die meisten Länder, in denen die Steuern auf Arbeit gesenkt wurden, sehen es als äußerst schwierig an, die Auswirkungen dieses Anreizes zu beurteilen1. Einige Initiativen wurden erst kürzlich eingeführt und bislang konnten noch keine Auswirkungen beobachtet werden. In jenen Ländern, in denen Steuerreformen bereits vor längerer Zeit durchgeführt wurden, bestehen Probleme bei der Messung der direkten Auswirkungen auf die Beschäftigung. Dies gilt vor allem für jene Länder, die umfassende Reformen ihrer Steuersysteme durchgeführt haben. Mit der Gestaltung des Steuersystems wird auf die Lösung wesentlicher Strukturprobleme der nationalen Arbeitsmärkte abgezielt und versucht, beschäftigungsfreundlichere Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bewertung der Effekte von Steuerreformen wird durch die hohe Allgemeinheit dieser Maßnahme behindert, da es außerordentlich schwierig ist, die Wirkungen der Steuerreform von den Wirkungen anderer Maßnahmen und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in einem Land zu isolieren. Irland ist dafür ein gutes Beispiel, da das Land bereits für einen längeren Zeitraum eine reduzierte Steuer auf Arbeit zur Schaffung von Arbeitsplätzen anwendet. Der irische Arbeitsmarkt ist sehr offen und stark mit dem britischen Arbeitsmarkt verflochten. Daher kann die Situation auf dem irischen Arbeitsmarkt nicht unter ausschließlicher Betrachtung der irischen Bedingungen und ohne Bezugnahme auf die Entwicklungen im Vereinigten Königreich erklärt werden. Darüberhinaus haben in Irland viele weitere begünstigende Faktoren zum Wirtschaftswachstum beigetragen, z. B. ein starker Zufluß ausländischer Direktinvestitionen und Beihilfen des Europäischen Strukturfonds. Jene Länder, welche die Lohnnebenkosten generell (oder die Arbeitgeberabgaben für gering entlohnte Arbeitnehmer) gesenkt haben, sehen sich ebenso großen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Auswirkungen gegenüber. In Frankreich, wo die Lohnnebenkosten für bestimmte Gruppen von Beschäftigten gesenkt wurden, konnten weitgehend positive Effekte in bezug auf die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen festgestellt werden2. Allerdings liegt keine KostenNutzen-Analyse dieses Modells vor, die einen Vergleich mit anderen Maßnahmen zur Steigerung der Beschäftigung erlauben würde. 1 Siehe etwa Conseil Supérieur de l’Emploi, des Revenus et des Coûts, Rapport au Premier Ministre. L’allègement des charges sociales sur les bas salaires (Bericht an den Premierminister. Die Senkung der Sozialabgaben auf niedrige Löhne), Hsg. La Documentation Française, Paris, 1996, und Barry, F., Introduction (Einleitung), in Frank Barry (Hsg.), Understanding Ireland’s Economic Growth (Zur Erklärung des Wirtschaftswachstums in Irland), London und New York: Macmillan Press und St. Martin’s Press, 1999. 2 Ministerium für Beschäftigung und Solidarität, Bilan de la politique de l’emploi en 1997 (Evaluierung der Beschäftigungspolitik im Jahr 1997), Les Dossiers de la DARES, Nr. 1-2, Ed. La Documentation Française, Paris, Dezember 1998. 153 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Sowohl im französischen1 als auch im niederländischen2 Beispiel gibt es Hinweise, daß insbesondere KMU von den steuerlichen Anreizen profitiert haben, da sie mehr gering entlohnte Arbeitskräfte eingesetzt haben als GU. Es wurden jedoch keine Evaluierungen durchgeführt, die detailliertere Informationen zu diesem Thema hätten liefern können. 3.5 Politische Empfehlungen Probleme bei der Personalbeschaffung und Fachkräftemangel haben schwerwiegende Auswirkungen auf KMU. Für fast 10 % der KMU stellt der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften eine wesentliche Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit dar. Beinahe ein Viertel der KMU hatte in den letzten Jahren häufig oder gelegentlich Probleme mit der Besetzung offener Stellen, und zahlreiche KMU erlitten als Folge erhebliche geschäftliche Einbußen. Einerseits sind die Probleme bei der Personalbeschaffung am verbreitetsten in den größten KMU, da die Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen mit der Zahl der im Unternehmen Beschäftigten zunehmen. Andererseits sind größere KMU eher imstande, Rekrutierungsprobleme zu überwinden, während kleinere KMU weniger in der Lage sind, Maßnahmen zur Überwindung des Problems unbesetzter Stellen zu ergreifen. Der Anteil jener Unternehmen, die den Versuch, offene Stellen zu besetzen, aufgegeben haben, ist bei den kleinsten KMU signifikant höher. Etwa ein Fünftel aller KMU mit Rekrutierungsproblemen geben den Versuch auf, offene Stellen zu besetzen. Dies unterstreicht angesichts der 18 Millionen Arbeitslosen im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz die Dringlichkeit der Setzung von Maßnahmen zur Überwindung dieser Probleme und insbesondere des Problems des Fachkräftemangels. Die EU und die einzelnen staatlichen Behörden unternehmen zahlreiche Anstrengungen, um einen gut funktionierenden Arbeitsmarkt sicherzustellen, jedoch anscheinend ohne Erfolg. Eine KMU-orientierte Politik im Bereich der Personalbeschaffung und des Fachkräftemangels sollte daher einige der folgenden Elemente berücksichtigen: • Das System der Früherkennung von Fachkräftemangel sollte verbessert werden, um Probleme bereits vorhersehen zu können anstatt eingetretene zur Kenntnis nehmen zu müssen. Ein besseres Prognosesystem würde die Chancen erhöhen, rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Früherkennung könnte darin bestehen, die KMU dazu anzuhalten, die öffentlichen Arbeitsverwaltungen frühzeitiger über ihren Personalbedarf zu informieren. Dies würde auch die Möglichkeiten erhöhen, die Ausrichtung auf die tatsächlichen Anforderungen und Probleme bestimmter Sektoren und/oder in bestimmten Ausbildungsbereichen zu verbessern und damit eine verläßlichere Grundlage für die Umsetzung spezifischer Maßnahmen schaffen. 1 Conseil Supérieur de l’Emploi, des Revenus et des Coûts, Rapport au Premier Ministre. L’allègement des charges sociales sur les bas salaires (Bericht an den Premierminister. Die Senkung der Sozialabgaben auf niedrige Löhne), Hsg. La Documentation Française, Paris, 1996; Demailly, D., und Le Minez, S., Les salariés à temps complet au voisinage du SMIC de 1976 à 1996 (Vollzeit-Angestellte im SMIC-Rahmen von 1976 bis 1996), INSEE PREMIERE, Nr. 642, April 1999. 2 Nes, P.J. van, Stotijn, E.A.M. und Velden, J.J. van, Evaluatie van het gebruik van de afdrachtskorting lage lonen (Evaluierung des Einsatzes der spezifischen Senkung der Arbeitgeberabgaben für gering entlohnte Arbeitnehmer), NEI, Rotterdam, 1998, und Bewertung des ENSR-Partners. 154 Aspekte des Arbeitsmarktes • Zentrale und dezentrale öffentliche Einrichtungen sollten den Dialog mit den Unternehmen intensivieren und die strategische Bedeutung der Personalbeschaffung betonen, die ebenso wichtig ist wie, zum Beispiel, Investitionen in die berufliche Weiterbildung. Eine lokal beschränkte und kurzfristige Perspektive in der Personalbeschaffung ist für viele KMU typisch. Wenn sie sich erst an regionale Arbeitsverwaltungen wenden, sobald alle andere Möglichkeiten der Personalrekrutierung gescheitert sind, haben diese nur wenige Möglichkeiten, den KMU bei ihren Personalproblemen zu helfen. • Zentrale wie dezentrale öffentliche Einrichtungen sollten in einem verbesserten Dialog mit den Unternehmen den kleinsten KMU Priorität einräumen. Die kleinsten KMU haben nur eingeschränkte Möglichkeiten, Stellen innerhalb des Unternehmens umzubesetzen, und sie verfügen nicht über vergleichbare institutionelle Strukturen für die Personalbeschaffung wie die größeren KMU, in denen es häufig eine eigene Abteilung oder für die Personalbeschaffung zuständige Mitarbeiter gibt. • Zentrale wie dezentrale öffentliche Einrichtungen sollten die KMU anhalten, Methoden breiter Personalsuche (z. B. AV und Internet) zu nutzen, um offene Stellen sichtbar zu machen und Transparenz auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. In diesem Zusammenhang erschiene es auch sinnvoll, die KMU aufzufordern, EURES in Anspruch zu nehmen, um ihre Rekrutierungsmöglichkeiten zu erweitern und die grenzüberschreitende Mobilität zu fördern. • Das Vorhandensein von Fachkräftemangel hängt in gewissem Ausmaß mit der auf enge Adressatenkreise eingeschränkten Personalsuche von KMU und dem daraus folgenden Mangel an Transparenz auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Die erwähnten Vorschläge für eine KMU-orientierte Politik im Bereich der Personalbeschaffung und des Fachkräftemangels beinhalten Bemühungen, Transparenz auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen und die KMU anzuhalten, die Personalbeschaffung als strategischen Faktor zu betrachten, wodurch es möglich wird, Fachkräftemangel bereits vor dem tatsächlichen Eintreten zu erkennen. Dennoch steht zu erwarten, daß KMU weiterhin in gewissem Ausmaß eine eingeschränkte Personalsuche betreiben werden - mit daraus folgenden Schwierigkeiten, Personen für die offenen Stellen zu finden. Ein Teil der Ausschreibungen bzw. unbesetzten Stellen wird für viele Arbeitsuchende weiterhin nicht sichtbar sein. Es kann daher angenommen werden, daß eine Verbesserung des Dialogs der regionalen Behörden mit den KMU nicht ausreicht. Gleichzeitig sollten sie Arbeitsuchende (Arbeitslose und derzeit Erwerbstätige) bestärken, direkte Kontakte zu Unternehmen im lokalen/regionalen Bereich aufzunehmen. Da viele offene Stellen über eine eingeschränkte Personalsuche besetzt werden, können Arbeitsuchende ihre Chancen, eine Beschäftigung zu finden, erhöhen, indem sie Unternehmen direkt kontaktieren. 155 4 Zugang zu Finanzierung Koordination: OBSERVA-Geneva DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens scheint eher vom Finanzierungssystem und den Finanzierungsgewohnheiten des Landes, in dem das Unternehmen tätig ist, abzuhängen, als von den Merkmalen des Unternehmens, wie etwa Größe, Sektor, Alter oder auch Rentabilität. • Je kleiner das Unternehmen ist, desto größer sind die internationalen Unterschiede in der Finanzierungsstruktur. Mit anderen Worten scheint es eine internationale Konvergenz in den Finanzierungsmustern großer Unternehmen zu geben. • In nahezu allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz gaben die Unternehmer den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten als eines der größten Hindernisse für die Entwicklung des Unternehmens an. • In diesem Kapitel werden vier Unternehmenskategorien unterschieden: neugegründete Unternehmen, kleine etablierte Unternehmen, hoch innovative Unternehmen und expandierende (rasch wachsende) Unternehmen. Im Vergleich zu den anderen Unternehmenskategorien betrachtet ein hoher Prozentsatz der neugegründeten Unternehmen den Zugang zur Finanzierung als hauptsächliches Hindernis. • Abgesehen von Bankkrediten sind informelle Quellen, wie z. B. Geld von Freunden und Verwandten oder Business Angels, wichtige Financiers von neugegründeten Unternehmen. Business Angels stellen nicht nur finanzielle Mittel zur Verfügung, sondern auch kaufmännische Fähigkeiten, Unternehmenserfahrung und Know-how. • Nur ein relativ kleiner Anteil der kleinen etablierten Unternehmen betrachtet den Zugang zur Finanzierung als vorrangiges Problem. Im allgemeinen können diese Unternehmen ihre Aktivitäten entweder durch Bankkredite oder durch erzielte Gewinne finanzieren. • Expandierende Unternehmen scheinen einen geringfügig besseren Zugang zu Bankkrediten zu haben als neugegründete Unternehmen und hoch innovative Unternehmen. Dies läßt vermuten, daß die Banken eher daran interessiert sind, diesen Unternehmen Kredite zu gewähren - wahrscheinlich aufgrund ihres dynamischen Unternehmensprofils. • Es lassen sich drei Gründe dafür anführen, daß der Finanzsektor zögert, hoch inovative Unternehmen auf traditionelle Weise zu finanzieren: die Unsicherheit der zu erwartenden Gewinne, der Nutzen kann vollständig internalisiert werden und die Unteilbarkeit der Investitionen. • Abgesehen von Bankkrediten wird Risikokapital als eine wichtige Finanzierungsquelle für hoch innovative sowie expandierende (rasch wachsende) Unternehmen betrachtet. • Nahezu alle Mitgliedstaaten haben Maßnahmen im Bereich der Finanzierung von KMU entwickelt. Einige dieser Programme richten sich an die beschriebenen Zielgruppen. 157 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 4.1 Einleitung Es herrscht weitestgehend Einigkeit über die spezifischen Probleme, denen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in bezug auf den Zugang zu Finanzierungsmitteln gegenüberstehen. Aus der Sicht der Unternehmen stellt Finanzkapital ein notwendiges Mittel dar, um produktive Aktivitäten zur Schaffung von Mehrwert zu finanzieren, während das gleiche Finanzkapital aus der Perspektive der Finanzierungsinstitutionen einen Aktivposten bildet, der Einkünfte erbringt und, im Fall von Krediten, zurückzuzahlen ist. Folglich geht es in der komplexen Problematik der Unternehmensfinanzierung darum, die optimale Übereinstimmung zwischen dem Angebot und der Nachfrage von Mitteln zu finden. Die Bereitstellung der Mittel kann entweder intern, über einbehaltene Gewinne und Rückflüsse aus Abschreibungen (Cash-flow), oder extern erfolgen. Externe Quellen lassen sich nach der Art der Beziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner der Finanzmittel (formell oder informell) und nach der Art des Vertrages (Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung) unterscheiden. Auf der Nachfrageseite gibt es im Prinzip zwei Gründe für den zusätzlichen Finanzierungsbedarf von Unternehmen: Betriebsmittel und Investitionen. Folglich liegt die Aufgabe des Finanzierungssystems darin, die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den Angebotsquellen von Finanzmitteln und den Arten der Nachfrage auf Seiten der Unternehmen zu finden. Die Vielfalt der möglichen Verträge läßt vermuten, daß das Finanzierungssystem ausgesprochen fragmentiert ist. Dies ist jedoch nur der erste Eindruck. Das Angebot an Mitteln für jedes Segment ist durch zwei Merkmale bestimmt: erwarteter Ertrag und Höhe des Risikos. Wenn das Finanzierungssystem effizient funktioniert, werden die Mittel so verteilt, daß die erwarteten Erträge unter Berücksichtigung der Risiken über alle Angebotskanäle identisch sind1. Dies ist jedoch eine sehr theoretische und ausgesprochen idealisierte Ansicht. Die Frage ist demnach, ob das Finanzierungssystem die von den KMU benötigten Mittel in ausreichendem Maß zur Verfügung stellt. An dieser Stelle sei auf zwei wesentliche methodologische Schwierigkeiten hingewiesen: • Die oben erwähnte Klassifizierung der möglichen finanziellen Verträge erscheint tatsächlich sehr einfach. Im Rahmen empirischer und vergleichender Studien verschwimmt dieses Bild jedoch zusehends, aufgrund der Tatsache, daß sich die gleiche Transaktion auf unterschiedliche Arten beschreiben läßt und aufgrund der Vielfalt der nationalen institutionellen Rahmenbedingungen und Regulierungen. • Die empirischen Daten erfassen im allgemeinen nur das Endergebnis, d. h. die effektive finanzielle Transaktion. Jegliche, auf solchen Daten basierende Schlußfolgerungen über die Wahrnehmung der Risiken durch die Geldgeber und die von den Unternehmen gewünschte Höhe der Finanzmittel (Nachfrage), sind sehr vorläufiger Natur. 1 Siehe zum Beispiel: Brealey, Richard A., und Stewart C. Myers, Principles of Corporate Finance (Grundlagen der Unternehmensfinanzierung), McGraw-Hill International Editions, Singapur, 1988. 158 Zugang zu Finanzierung 4.2 Zugang zu Finanierung und Bankkrediten 4.2.1 Zugang zu Finanzierung als Hindernis Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 19991 wurden die KMU aufgefordert anhand einer Liste von acht möglichen Faktoren jenen Faktor zu identifizieren, der die Geschäftstätigkeit im vergangenen Jahr am stärksten einschränkte2. Der Punkt „Zugang zur Finanzierung” war einer dieser acht Faktoren. Die Ergebnisse nach Ländern waren sehr unterschiedlich. Der Anteil der Unternehmen beispielsweise, der keine Hindernisse empfand, variierte von 9 % in Portugal bis 41 % in den Niederlanden. Die zweite Spalte in Tabelle 4.1 zeigt, daß mit Ausnahme von Irland der Zugang zu Finanzierung aus Sicht der Unternehmer in allen 19 Ländern eine der drei wichtigsten Beeinträchtigungen (von acht möglichen) darstellt. Drei Gruppen von Ländern lassen sich unterscheiden. • Sieben Länder - in erster Linie nordische und südliche einschließlich dem Vereinigten Königreich - in denen der Zugang zu Finanzierung das größte Problem darstellt; • Sechs Länder - eher kontinental - in denen der Zugang zu Finanzierung die zweitgrößte Einschränkung darstellt; • Sechs Länder - vor allem kleine kontinentale Länder und Irland - in denen das Hemmnis Zugang zu Finanzierung an dritter oder vierter Stelle steht. Die dritte Spalte in Tabelle 4.1 zeigt den Anteil der KMU, die den Zugang zu Finanzierung als Haupthindernis identifizieren. Ein alternatives Maß für die relative Bedeutung des Zugangs zu Finanzierung ist der Anteil der Unternehmen, die den Zugang zu Finanzierung als Hauptproblem nennen, in Relation zu allen Unternehmen, die einen der acht Faktoren als Hindernis für ihre Geschäftstätigkeit nennen konnten. Spalte 5 in Tabelle 4.1 zeigt, daß dieses Maß in einer Reihung der Länder resultiert, die der in Spalte 2 sehr ähnlich ist. Tabelle 4.2 präsentiert die gleichen Daten wie Tabelle 4.1, jedoch nach Größenklassen statt nach Ländern. Zwei vorläufige Schlußfolgerungen lassen sich hier ziehen: • Die absolute Bedeutung des Hindernisses Zugang zur Finanzierung sowie sein Rang korreliert negativ mit der Unternehmensgröße: je kleiner das Unternehmen ist, desto bedeutender ist das Hindernis Zugang zur Finanzierung (verglichen mit anderen Hemmnissen). • Der Anteil der Unternehmen, die irgendeine wesentliche Beeinträchtigung wahrnehmen, korreliert positiv mit der Größe, d. h. der Anteil der Unternehmen, die unter keiner Einschränkung leiden, verringert sich mit steigender Größenklasse. Demnach läßt sich argumentieren, daß das Finanzierungsproblem, verglichen mit Unternehmen ohne Beschäftigte und kleinen Unternehmen, relativ gesehen für mittlere Unternehmen am geringsten ist. 1 Siehe Anhang I dieses Berichtes: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. 2 Details nach Sektoren und Größenklassen werden in Tabelle 3.1, Kapitel 3 dieses Berichtes dargestellt. 159 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 4.1 Zugang zur Finanzierung als Haupthindernis für die Geschäftstätigkeit von KMU, relativ und absolut, nach Ländern* Rang des Anteil der Anteil der Hindernisses Zugang Unternehmen mit Unternehmen mit zur Finanzierung Zugang zur einem anderen Finanzierung als Haupthindernis, Haupthindernis, in % in % Griechenland 1 Vereinigtes Königreich 1 Dänemark 1 Italien 1 Schweden 1 Spanien 1 Norwegen 1 Portugal 2 Frankreich 2 Island 2 Schweiz 2 Deutschland 2 Finnland 2 Liechtenstein 3 Luxemburg 3 Österreich 3 Belgien 3 Niederlande 3 Irland 4 Europa-19 3 * 22 19 19 18 17 16 12 16 13 12 10 9 7 8 8 8 6 5 7 14 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 63 57 69 61 47 50 53 75 73 63 53 64 57 69 70 74 66 51 65 61 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % Relative Bedeutung des Zugangs zur Finanzierung als Haupthindernis 26 25 21 23 26 24 19 17 15 16 16 12 11 10 10 9 8 9 10 19 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % Die Länder sind erstens nach dem Rang des Hindernisses „Zugang zur Finanzierung” gereiht (Spalte 2) und zweitens nach dem Anteil der Unternehmen, die dieses Problem als wichtigstes Hindernis wahrnehmen (Spalte 3). Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Tabelle 4.2 Zugang zur Finanzierung als Hindernis für Unternehmen, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Rang des Hindernisses Zugang zur Finanzierung (1) (2) 0 Beschäftigte 1 1-9 Beschäftigte 2 10-49 Beschäftigte 3 50-249 Beschäftigte 3 Gesamt 1 Anteil der Unternehmen mit Zugang zur Finanzierung als Haupthindernis, in % (3) 16 % 12 % 14 % 8% 14 % Anteil der Unternehmen mit einem anderen Haupthindernis, in % (4) 55 % 68 % 69 % 77 % 61 % Relative Bedeutung des Zugangs zur Finanzierung als Haupthindernis (5) = (3) / (3 +4) 23 % 15 % 17 % 10 % 19 % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Im allgemeinen stammt bei den meisten kleinen Unternehmen und bis zu einem gewissen Grad bei den mittleren Unternehmen, das Eigenkapital von privaten und informellen Quellen, während die Fremdfinanzierung vom Bankensektor zur Verfügung gestellt wird. In diesem Zusammenhang können Klagen über den Zugang zu Finanzierung bedeuten, daß der Zugang entweder zu einer oder zu beiden der erwähnten Finanzierungsquellen schwierig ist. Die dargestellten Ergebnisse geben 160 Zugang zu Finanzierung einen ersten Hinweis auf die unbefriedigte Nachfrage der Unternehmen nach Finanzmitteln, sie identifizieren jedoch nicht die Art der Finanzierung, die die antwortenden Unternehmer dabei im Sinn hatten (war es Fremdfinanzierung oder Eigenkapitalfinanzierung aus formellen oder informellen Quellen). Die Daten erlauben es ebenfalls nicht, Schlußfolgerungen über die Gründe für diesen Zustand zu ziehen. Liegt es an einem ungenügenden oder unpassenden Angebot an Finanzmitteln, an den ungeeigneten Bedingungen1 oder daran, daß die Finanzierungsinstitutionen die Nachfrage nach Finanzmitteln durch die Unternehmen als zu risikoreich einstufen? 4.2.2 Rate der Kreditkunden Bankkredite sind die häufigste und für viele Unternehmen die einzige externe Finanzquelle. Banken gewähren Unternehmen üblicherweise drei verschiedene Arten von Krediten: Investitionskredite, die üblicherweise langfristig sind, Betriebsmittelkredite und in einigen Fällen Stützungskredite, wie beispielsweise Überziehungsmöglichkeiten. Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 wurden Informationen über den Anteil der Unternehmen erhoben, die derzeit über Bankkredite verfügen, ohne dabei auf weitere Details einzugehen. Der Anteil der Unternehmen, die über einen von der Bank zur Verfügung gestellten Kredit verfügen, wird hier als „Rate der Kreditkunden” bezeichnet. Die europäischen Banken haben eine unterschiedliche Gliederung ihrer Kunden, zwei extreme Bereiche kommen jedoch häufig vor. Am unteren Ende Privatkundengeschäfte, bei denen es um die persönliche Finanzierung geht, und die in der Praxis oftmals auch sehr kleine Unternehmen beinhalten, und am oberen Ende Unternehmensfinanzierung für bedeutende und starke Unternehmen. Bei dieser Segmentierung finden sich Kleinst- und kleine Unternehmen in einer Zwischenposition. Tabelle 4.3 zeigt die Rate der Kreditkunden für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen nach Ländern. Im allgemeinen wäre zu erwarten, daß die Rate der Kreditkunden in Ländern, in denen der Zugang zur Finanzierung als großes Hindernis empfunden wird, niedrig ist. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein: Unternehmen in Norwegen und Schweden beispielsweise fühlen sich in gleichem Maß von Einschränkungen in bezug auf den Zugang zu Finanzierung betroffen, haben jedoch eine sehr unterschiedliche Rate von Kreditkunden. Das gleiche „Paradoxon” zeigt sich bei Liechtenstein und Österreich. Die Tatsache, über einen Bankkredit zu verfügen, hindert die Unternehmen nicht daran, Einschränkungen in bezug auf den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten zu empfinden. Etwa 12 % der Unternehmen ohne Bankkredit betrachten den Zugang zur Finanzierung als das Haupthindernis, verglichen mit fast 19 % der Unternehmen mit einem Bankkredit. Obgleich es länderspezifische Unterschiede gibt, betrachten in Frankreich, Belgien und Österreich Unternehmen mit Bankkrediten den Zugang zur Finanzierung häufiger als Haupthindernis als Unternehmen ohne Bankkredite. In der Schweiz und Spanien sind diese Anteile der Unternehmen gleich hoch. Einerseits mögen Unternehmen mit Bankkrediten die Finanzierung noch immer als Hauptproblem betrachten, da das Kreditvolumen unzureichend ist, oder wegen der unbefriedigenden Bedingungen oder der Laufzeiten, oder aufgrund der Tatsache, daß das Unternehmen eher auf der Eigenkapitalseite der Bilanz als auf der Fremdkapitalseite beeinträchtigt ist. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die Unternehmen nur nach dem Haupthindernis gefragt wurden. Der 1 Eine kürzlich durchgeführte Studie hat gezeigt, daß die Kreditkosten für Unternehmen zwischen 1993 und 1997 gesunken sind, was dem in den frühen 90er Jahren eingeleiteten Trend auf den Weltmärkten entspricht. Grant Thornton International, The European Business Survey - prospects and issues for SMEs (Die Europäische Unternehmenserhebung - Aussichten und Aspekte für KMU), Nr. 7, London, Frühjahr 1999. 161 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 4.3 Rate der Kreditkunden* nach Unternehmensgröße und Ländern** Vereinigtes Königreich Liechtenstein Deutschland Österreich Island Irland Norwegen Spanien Belgien Dänemark Luxemburg Finnland Niederlande Frankreich Schweiz Schweden Portugal Italien Griechenland 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte Differenz (1) (2) (2) - (1) 55 43 43 77 74 49 57 43 57 49 39 59 41 43 35 31 39 51 29 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 40 32 37 73 69 51 66 46 62 54 44 66 51 54 47 45 56 70 56 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % - 15 % - 11 % -5% -4% -4% 2% 3% 3% 5% 5% 5% 7% 10 % 11 % 11 % 14 % 17 % 19 % 27 % * Der Anteil der Unternehmen die über einen Bankkredit verfügen wird hier mit ‘Rate der Kreditkunden’ bezeichnet. ** Die Länder wurden gereiht nach der Differenz in den Raten der Kreditkunden. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Zugang zur Finanzierung kann demnach zwar ein Problem darstellen, allerdings kann es noch bedeutendere Einschränkungen geben. Die Unterschiede in der Rate der Kreditkunden in den zwei Größenklassen, die in Tabelle 4.3 dargestellt sind, variieren stark zwischen den Ländern die in diesem Bericht behandelt werden. In den Ländern am oberen Ende der Tabelle ist die Rate der Kreditkunden bei den Kleinstunternehmen (1-9 Beschäftigte) höher als bei den kleinen Unternehmen (10-49 Beschäftigte). Dies gilt für das Vereinigte Königreich, Deutschland, Liechtenstein, Island und Österreich. In diesen Ländern scheinen die Banken die kleinen Unternehmen als ein spezifisches Marktsegment zu betrachten und haben möglicherweise ad-hoc Finanzierungspakete entwickelt. Für die Länder in der unteren Hälfte der Tabelle stellt sich die Situation umgekehrt dar: Banken scheinen Kreditrahmen für sehr kleine Unternehmen nur sehr widerwillig zu eröffnen. 4.2.3 Aspekte der Bilanzstruktur Ein ergänzender Ansatz, das Problem des Zugangs zur Finanzierung, wie es von den Unternehmen empfunden wird, zu verstehen, wäre die Bilanzstruktur der europäischen KMU zu betrachten. Eine derartige Analyse gibt einen tieferen Einblick in das Ausmaß der Eigen- und Fremdfinanzierung1. Die BACH Datenbank (Datenbank harmonisierter Unternehmensbilanzen) kann als Basis für verschiedene verglei- 1 Eigenkapital beinhaltet das Kapital des Eigentümers, nicht ausgeschüttete Gewinne und, abhängig vom Land, spezifische Rücklagen oder Rückstellungen. Externe Mittel werden von Dritten zur Verfügung gestellt: Handelskredite, alle Arten an Bankkrediten, Mittel, die vom Eigentümer geliehen werden, etc. 162 Zugang zu Finanzierung chende Analysen der Finanzstruktur oder der Rentabilität von Unternehmen, nach Ländern, Sektoren, Größe oder Jahr dienen1. Sie beinhaltet allerdings in erster Linie jene Unternehmen, die entsprechend ihrer nationalen Rechtsform verpflichtet sind, Bilanzdaten zu veröffentlichen. Folglich konzentriert sich die BACH Datenbank auf Kapitalgesellschaften und läßt Unternehmen ohne Beschäftigte und viele Kleinstunternehmen unberücksichtigt2. Trotz dieser Einschränkung ist die BACH Datenbank die einzige Datenbank, die ein europaweit vergleichendes Bild der Finanzstrukturen von Unternehmen bietet. Nur für sieben Länder bietet die BACH Datenbank allerdings eine Aufgliederung nach Unternehmensgröße, hier definiert in bezug auf den Umsatz. Eine erst kürzlich durchgeführte Studie, die auf der BACH Datenbank basiert3, analysierte nicht nur die Finanzstruktur, sondern auch die finanzielle Flexibilität der Unternehmen, d. h. die Kapazität der Unternehmen, Vorteile aus neuen Möglichkeiten zu ziehen und auf externe Schocks zu reagieren4. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie, die sich auf den Zugang von KMU zur Finanzierung beziehen, werden in Tabelle 4.4 wiedergegeben. In Belgien, Frankreich, Italien und Spanien - d. h. in vier der sieben EU-Mitgliedstaaten, die in die Studie einbezogen wurden - variiert die Höhe der Eigenmittel nicht mit der Größe der Unternehmen, was bedeuten könnte, daß es in bezug auf den Zugang zu Bankkrediten kaum Diskriminierung kleinerer Kapitalgesellschaften gibt. In Österreich, Deutschland und Portugal steigt die Höhe der Eigenmittel mit der Größe der Unternehmen. Dies könnte zwei unterschiedliche Bedeutungen haben. Einerseits haben die kleineren Unternehmen in diesen Ländern größere Schwierigkeiten, geeignete Eigenkapitalfinanzierung zu finden. Andererseits haben jedoch diese kleineren Unternehmen keine Schwierigkeiten, Fremdmittel in ausreichender Höhe zu erhalten. Tabelle 4.4 Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme nach Unternehmensgröße Größe Österreich Belgien Frankreich Deutschland Italien Portugal Spanien Umsatz unter 7 Millionen Euro Umsatz zwischen 7 und 40 Millionen Euro Umsatz ab 40 Millionen Euro Alle Größen Quelle: 13 % 27 % 31 % 28 % 40 % 38 % 39 % 39 % 34 % 35 % 35 % 35 % 14 % 22 % 31 % 30 % 26 % 25 % 28 % 27 % 31 % 40 % 51 % 42 % 42 % 43 % 37 % 38 % Japan 20 % 25 % 39 % 32 % Rivaud-Danset, D., Comparison between the financial structure of SME versus large enterprise using the BACH databank (Vergleich der Finanzstruktur von KMU und großen Unternehmen unter Verwendung der BACH Datenbank), Final report, Institutions et Dynamiques Historiques de l’Economie (IDHE), Cachan, Juni 1998. 1 Europäische Kommission, GD II, Guide for BACH Data Users (Leitfaden für BACHAnwender), Part 1, II/137/98, Brüssel, Februar 1998. 2 Wie in Kapitel 1 dieses Berichtes beschrieben, haben 93 % der Unternehmen in der Europäischen Union weniger als 10 Mitarbeiter. 3 Rivaud-Danset, D., Comparison between the financial structure of SMEs versus large enterprise using the BACH databank (Vergleich der Finanzstruktur von KMU und großen Unternehmen unter Verwendung der BACH Datenbank), Final report, Institutions et Dynamiques Historiques de l’Economie (IDHE), Cachan, Juni 1998. 4 Siehe auch Kapitel 7 des Fünften Jahresberichtes des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 163 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Schlußfolgerungen über den Problembereich Zugang zu Finanzierung innerhalb von Europa (siehe Abschnitt 4.2.1) sollten vor dem Hintergrund allgemeinerer Schlußfolgerungen über Finanzierungsstrukturen betrachtet werden, die aus der BACH Datenbank hervorgehen: • Die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens hängt mehr vom Finanzierungssystem und den Finanzierungsgewohnheiten des Landes, in dem das Unternehmen tätig ist, ab als von anderen Unternehmensmerkmalen wie z. B. Größe, Sektor, Alter und sogar Rentabilität. • Je kleiner das Unternehmen ist, desto größer sind die internationalen Unterschiede in der Finanzierungsstruktur. Mit anderen Worten, es scheint eine internationale Konvergenz in der Finanzierungsstruktur bei größeren Unternehmen zu geben. • Leistungsfähigkeit und Rentabilität hängen nicht, wie manchmal angenommen, von der Höhe der Eigenmittel ab. Die nächsten Abschnitte versuchen einen Einblick in die spezifischen Probleme des Zugangs zur Finanzierung zu geben, indem speziell abgegrenzte Typen von Unternehmen betrachtet werden. 4.3 Analyse der Zielgruppen Bei der Entwicklung finanzieller Unterstützungsmaßnahmen für KMU sollten auch die Ergebnisse des Berichtes der Task Force Vereinfachung des Unternehmensumfelds (BEST)1, der der Europäischen Kommission im April 1998 vorgelegt wurde, berücksichtigt werden. Wie in diesem Bericht hervorgehoben wurde, sind KMU nicht homogen, und deshalb sollten verschiedene Unterstützungsmaßnahmen für unterschiedliche Kategorien von Unternehmen entwickelt werden. Für die Zwecke der vorliegenden Analysen wurde eine der BEST-Kategorien, kleine Unternehmen und neugegründete Unternehmen, zweigeteilt: Neugegründete Unternehmen und kleine etablierte Unternehmen. Folglich wird die Analyse für die folgenden vier Kategorien von KMU durchgeführt: • Neugegründete Unternehmen • Kleine etablierte Unternehmen • Expandierende Unternehmen • Hoch innovative Unternehmen. Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 ließen sich diese vier Kategorien weitestgehend identifizieren und ihre Situation in bezug auf den Zugang zu verschiedenen Finanzierungsquellen analysieren2. 1 Europäische Kommission, Bericht der Task Force Vereinfachung des Unternehmensumfelds, BEST, Luxemburg, 1998. 2 Die vier Gruppen wurden aufgrund folgender Kriterien definiert: Neugegründete Unternehmen = Unternehmen, die jünger als fünf Jahre sind; Kleine etablierte Unternehmen = Unternehmen, die älter als 20 Jahre sind und weniger als 10 Beschäftigte haben; Expandierende Unternehmen = Unternehmen mit einer Birch-Wachstumsrate des Umsatzes größer als 1,5 und/oder einer Birch-Wachstumsrate der Beschäftigung größer als 1 (die Birch-Wachstumsrate erhält man durch Multiplikation der herkömmlichen Wachstumsrate mit der absoluten Differenz der Beschäftigten bzw. des Umsatzes; siehe Anhang I dieses Berichtes); Hoch innovative Unternehmen = Unternehmen, die mehr als 7,5 % der Personalkosten für Weiterbildung ausgeben (dieses Kriterium wurde anstatt von Daten über die F&E-Aktivitäten gewählt, unter der Annahme, daß Unternehmen, die mehr als 7,5 % der Löhne für Aus- und Weiterbildung ausgeben, innovative Aktivitäten durchführen). Für den Fall, daß sich ein Unternehmen zugleich für die letzten beiden Gruppen qualifizierte, wurde es der Gruppe der hoch innovativen zugeordnet (siehe auch Anhang I). 164 Zugang zu Finanzierung 4.3.1 Vergleich der Zielgruppen Tabelle 4.5 zeigt, daß verhältnismäßig mehr neugegründete Unternehmen, beinahe eines von vier, den Zugang zur Finanzierung als das hauptsächliche Hindernis nennen. Von den vier Kategorien werden kleine etablierte Unternehmen am wenigsten durch den Zugang zur Finanzierung eingeschränkt. Der entsprechende Anteil ist in dieser Kategorie etwa halb so groß wie im Durchschnitt. Dies ließe sich durch die Tatsache erklären, daß diese Unternehmen eine bereits seit langem etablierte finanzielle Basis und langfristige Beziehungen zum Finanzsektor haben. Folglich benötigen sie, strukturell gesehen, keine zusätzliche oder neue Finanzierung. Die Rate der Kreditkunden deutet darauf hin, daß hoch innovative und expandierende Unternehmen im großen und ganzen einen besseren Zugang zu Krediten haben als das durchschnittliche europäische KMU. Dies wiederum deutet darauf hin, daß Banken ein größeres Interesse daran haben, diese beiden Gruppen von Unternehmen zu finanzieren - möglicherweise aufgrund des dynamischen Profils der Unternehmen. Tabelle 4.5 informiert auch über die Art der Sicherheiten, die den Banken von KMU gegeben werden, um einen Kredit zu erhalten. Indirekt zeigt die Art der Sicherheit, welches Risiko die Banken eingehen, wenn sie einen Kredit gewähren. Wenn zum Beispiel privates Eigentum als Sicherheit verlangt wird, gewähren Banken den Kredit nicht unter Berücksichtigung eines spezifischen Unternehmensrisikos, sondern betrachten vor allem das Immobilienrisiko. In einem solchen Fall ist der Zugang des Unternehmens zur Finanzierung proportional zu den Möglichkeiten, den Banken eine Sicherheit zu geben und unabhängig von den geschäftlichen Aktivitäten. Die Politik der Sicherheiten, die von den Banken bei der Kreditvergabe zugrundegelegt wird, variiert nach Zielgruppen. Die Häufigkeit, mit der Banken nach Sicherheiten fragen, insbesondere nach persönlichem Vermögen, ist bei den hoch innovativen und expandierenden Unternehmen signifikant höher als bei den beiden anderen Gruppen. Wenn vom Zugang zur Finanzierung gesprochen wird, so sollte bedacht werden, daß die Bedürfnisse und Möglichkeiten in bezug auf die Finanzierung von Unter- Tabelle 4.5 Zugang zur Finanzierung, Bankkredite und Sicherheiten, nach Zielgruppen, Europa-19 Neugegründete Unternehmen, die den Zugang zur Finanzierung als Haupthindernis betrachten 22 % Unternehmen mit Bankkredit (Rate der Kreditkunden) Kleine etablierte Hoch Expandierende Alle innovative Unternehmen 8% 16 % 19 % 15 % 40 % 40 % 44 % 48 % 40 % Unternehmen mit Bankkrediten, die durch Sicherheiten gedeckt sind: 33 % 37 % 47 % 50 % 37 % • Eigentum des Besitzers oder von Verwandten als Sicherheit 25 % 26 % 36 % 39 % 28 % 4% 5% 5% 7% 5% • Anlagevermögen der Unternehmen als Sicherheit Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 165 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht nehmen zu Unternehmen variieren. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich auf den Bedarf und die entsprechenden Finanzierungsquellen, die für jede einzelne der vier Gruppen spezifisch sind. 4.3.2 Zugang zu Finanzierung von neugegründeten Unternehmen Per Definition besitzen neugegründete Unternehmen abgesehen von günstigen Zukunftsperspektiven wenig, was sie Finanzierungsinstitutionen anbieten können. Dies trifft vor allem auf Unternehmen zu, die sich noch in der Planungsphase befinden. Sie benötigen Mittel um sowohl ihr Anlagevermögen als auch ihre Betriebsmittel zu finanzieren. Der ENSR Enterprise Survey 1999 stellt Daten für die wichtigsten Finanzierungsquellen zur Verfügung, die von Unternehmen, die weniger als fünf Jahre alt sind, zum Zeitpunkt der Gründung in Anspruch genommen wurden. • Etwa zwei Drittel dieser Unternehmen begannen mit dem Kapital des Eigentümers als wichtigste Finanzierungsquelle; • Etwa ein Fünftel nutzte Bankkredite als wichtigste Finanzierungsquelle; • „Love Money”, d. h. Geld von Verwandten und Freunden sowie Risikokapital wurden selten als Hauptfinanzierungsquelle genannt. In diesem Abschnitt richtet sich das Hauptaugenmerk auf drei externe Finanzierungsquellen: Banken (Kredite), Love Money und Business Angels. Bankkredite Sind neugegründete Unternehmen einer restriktiven Kreditzuteilungspraxis im Banksektor unterworfen? Die Antwort auf diese Frage kann nicht auf einem allgemeinen europäischen Niveau gegeben werden. Die Risikoaversion der Banken gegenüber neuen Unternehmen bestätigt sich jedoch sowohl in der Praxis als auch in empirischen Studien, zumindest in einigen Ländern. Dem Vorsitzenden einer führenden französischen Finanzierungsinstitution zufolge sind Banken in Frankreich besonders risikoavers: 8 von 10 Unternehmen werden außerhalb des Bankensystems finanziert1. Die Summen, die bei Neugründungen benötigt werden, sind sehr niedrig: 83 % der sehr kleinen Unternehmen (weniger als fünf Beschäftigte) werden mit weniger als 7 600 Euro gegründet. Es scheint für derartig geringe Beträge eine Finanzierungslücke zu bestehen. Diese Beträge könnten zu niedrig und zu riskant sein, um das Interesse von Banken zu wecken, wie die niedrige Rate der Kreditkunden bei den Kleinstunternehmen in 14 von den 19 hier betrachteten Ländern zeigt (siehe Tabelle 4.3). Gleichzeitig sind diese Beträge auch zu niedrig für Garantien im Rahmen von Garantieprogrammen (wie z. B. SOFARIS in Frankreich). In anderen Ländern wurden ähnliche Erfahrungen gemacht. Es wird behauptet, daß kleine und sehr kleine Darlehen (insbesondere für Frauen, Arbeitslose und ehemalige Studenten) für Banken nicht profitabel sind, da die Transaktionskosten, wie die Kosten für das Einreichen, die Entscheidungsfindung und die Überwachung, oft die Erträge überschreiten. Kleinkredite, die oft in Partnerschaft zwischen öffentlichen und privaten Sektoren bereitgestellt werden, könnten eine Lösung für derartige Finanzierungsbedürfnisse darstellen. Ein anderes Problem für neugegründete Unternehmen in Zusammenhang mit dem Erhalt von Bankkrediten wurde im Rahmen einer norwegischen Studie identifiziert, 1 Lebègue, D. (Directeur général de la Caisse des dépots et des consignations -CDC-), En finir avec l`exclusion financière (Die Ausgrenzung von der Finanzierung beenden), in Le Monde, Paris, 1. Juni 1999. 166 Zugang zu Finanzierung die feststellte, daß die Hälfte der befragten Unternehmen von Finanzierungsproblemen berichteten1. Das Problem hing in erster Linie mit der Verzögerung zusammen, die die Banken für die Freigabe des Kredites benötigten. Schließlich sind auch die Unterschiede zwischen langfristigen und kurzfristigen Krediten hervorzuheben. Langfristige Finanzierungen gewähren ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und erlauben die Finanzierung von Investitionen, während kurzfristige Mittel der Finanzierung der Betriebsmittel dienen. Der Mangel an langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten versetzt das Unternehmen in eine unsichere Lage hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Kosten der Finanzmittel. Dieses Problem wurde in Spanien, den Niederlanden und in Schweden identifiziert. Zahlreiche spanische Studien2 kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Autoren betonen, daß es einen definitiven Zusammenhang zwischen Finanzierungsmerkmalen und der Unternehmensgröße gibt. Je kleiner das Unternehmen ist, desto geringer ist der Umfang externer langfristiger Ressourcen. KMU leiden an unzureichender Bereitstellung langfristiger Kredite, was sie übermäßig abhängig von kurzfristiger Verschuldung macht. Folglich müssen KMU höhere Finanzierungskosten tragen als große Unternehmen. Auf der anderen Seite haben deutsche KMU einen guten Zugang zur Bankenfinanzierung. Das traditionelle Hausbankensystem scheint stabile und langfristige Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Bank zu fördern. Die Hypothese einer Diskriminierung junger oder kleiner Unternehmen hinsichtlich der Kosten oder des Zugangs zu langfristigen Krediten ließ sich im Fall Deutschlands nicht bestätigen3. Love Money Love Money beinhaltet informelle Finanzierungsmittel von Verwandten oder Freunden, die einem persönlich bekannten Unternehmer - oft ein junges Familienmitglied - zur Verfügung gestellt werden, um eine Aktivität zu beginnen oder weiter zu entwickeln. Das wichtigste Merkmal von „Love Financing” ist die persönliche Beziehung zwischen dem Geldgeber und dem Unternehmer. Darin liegt auch der Unterschied zwischen Love Money und Business Angels. Business Angels werden später diskutiert. Entsprechend der Definition stellt Love Money Eigenkapital und nicht Fremdkapital dar. Da es nicht zu den traditionell anerkannten Finanzierungsquellen zählt, sind kaum Daten und Informationen über Love Money verfügbar4. In den meisten statistischen Analysen über die Finanzierung von Unternehmensgründungen wird Love Money nicht als solches identifiziert, sondern ist vielmehr Teil der Restgröße „Sonstiges” oder Teil der Ersparnisse des Unternehmensgründers. Trotz des Mangels an quantitativen Daten scheint Love Money eine wichtige - aber nur komplementäre - Finanzierungsquelle für Kleinstbetriebe zu sein. 1 Waagø, Start og etablering av småforetak i Norge: En undersøkelse av 101 iverksetteretableringer og 10 etableringer ved knoppskyting (Gründung kleiner Unternehmen in Norwegen), Institutt for industriell økonomi og organisasjon, NTH, Rapport, Trondheim, 1979. 2 Marrero Cabrera, J.L., Primera Ponencia. Financiación (Erste Lektion: Finanzierung), in Información Comercial Española, Nr. 771, Juni 1998, und Marato Ucìn, J.A., Estructura financiera y crecimiento de las Pymes (Finanzierungsstruktur und Wachstum in KMU), in Economía Industrial, Nr. 310, 1996. 3 Stöss, E., Die Finanzierungsstruktur der Unternehmen und deren Reaktion auf monetäre Impulse, Eine Analyse anhand der Unternehmensbilanzstatistik der Deutschen Bundesbank, Diskussionspapier 9/96, Frankfurt/M., 1996. 4 Dembinski, P., La finance informelle en danger (Informelle Finanzierung in Gefahr), in Reflets et perspectives dans la vie économique, XXXVIII, Genf, 1999/3. 167 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Schätzungen, die auf den Statistiken über externe Finanzierung der Bank von England beruhen, zeigen, daß sich „andere Finanzierungsquellen”, die Love Money und andere informelle Finanzierungsarten beinhalten, auf 7 % der gesamten externen Finanzierung für KMU belaufen1. Eine andere Studie, die im Vereinigten Königreich durchgeführt wurde, zeigte, daß 6 % einer Stichprobe von 176 Unternehmen Darlehen und Geschenke von Freunden als eine der Finanzierungsquellen für die Gründung des Unternehmens angaben2. Aus der Studie ging auch hervor, daß diese Art der Finanzierung häufiger in Unternehmen erfolgte, in denen der Eigentümer unter 30 Jahre alt war. Die Studie zeigte auch, daß Unternehmen der Hochtechnologie weniger häufig Darlehen von Verwandten erhielten als Unternehmen in anderen Sektoren. Eine norwegische Erhebung bei neugegründeten Unternehmen unterstreicht die hohe Bedeutung informeller Finanzierung durch Verwandte und Freunde bei der Gründung eines neuen Unternehmens, jedoch sind auch hier keine quantitativen Informationen verfügbar.3 In Spanien gibt es einige indirekte Hinweise zur Bedeutung von Love Money aufgrund einer Analyse über die Präferenzen der Spanier in bezug auf die Investition ihrer Ersparnisse. Gemäß der Erhebung haben etwa 12 % der Antwortenden einen Teil ihrer Ersparnisse in die Gründung eines eigenen Unternehmens oder das eines Verwandten investiert4. Eine andere spanische Studie über das Finanzvermögen der spanischen Familien, die auf Informationen der Spanischen Zentralbank basiert, zeigt, daß bis zu 7,7 % des Familienvermögens aus Darlehen besteht, die entweder dem eigenen Unternehmen oder dem eines Verwandten gewährt wurden. Dieses Vermögen wird in der Bilanz unter der Kategorie „Sonstiges” geführt. Eine interessante Entwicklung in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, daß „Sonstiges” als Finanzierungsquelle zwischen 1985 und 1995 einen deutlichen Rückgang (von 12,5 % auf 7,7 %) zu verzeichnen hatte. Die Erklärung hierfür könnte darin liegen, daß Unternehmen heute einen leichteren und günstigeren Zugang zum Bankensystem haben, während zugleich die Zinssätze gesunken sind5. Eine in Deutschland durchgeführte empirische Studie über den Erfolg und die Risiken neuer Unternehmen zeigte, daß 25 % der Unternehmen Kapital von Verwandten oder Freunden6 erhalten haben und, daß auch neugegründete Unternehmen traditionellerweise einen verhältnismäßig guten Zugang zu Bankkrediten in Deutschland haben. 1 Bank of England, Quarterly report on Small Business Statistics (Quartalsbericht zur Statistik über Kleinbetriebe), London, Dezember 1998. 2 Storey, D., und A. Strange, Entrepreneurship in Cleveland 1979-1989: A study of the effect of the enterprise culture (Unternehmertum in Cleveland 1979-1989: Eine Studie über die Auswirkungen der Unternehmenskultur), in DfEE Research Series, Nr. 3, 1993. 3 Waagø, Garnes, Bodsberg, Naustdal, Tveito und Weatherstone, Etablering av småbedrifter -et forprosjekt (Gründung von kleinen Unternehmen - ein Pilotprojekt), NTH, Institutt for industriell økonomi og organisasjon, rapport Nr. 21, Trondheim, 1978. 4 Alvira Martin, F., und J. García López, Actitud de los Españoles hacia el Ahorro (Einstellung der Spanier zum Thema Sparen), in Papeles de Economía Española, Nr. 70, 1997. 5 Garcia Tabuenca, A., La financiación de la Empresa en España: Pme e Intervención del Estado 1975-1997 (Finanzierung von Unternehmen in Spanien: KMU und staatliche Interventionen 1975-1997), in Economía Española, Nr. 317, 1997. 6 Brüderl, J., P. Preisendörfer und R. Ziegler, Der Erfolg neugegründeter Betriebe. Eine empirische Studie zu den Chancen und Risiken von Unternehmensgründungen, in Betriebswirtschaftliche Schriften, Heft 140, Berlin, 1996. 168 Zugang zu Finanzierung Im Allgemeinen zeigen die meisten der oben erwähnten Studien, daß Love Money hauptsächlich in der Gründungsphase gewährt wird, obgleich eine Studie1 im Vereinigten Königreich darauf hindeutet, daß derartige Finanzierung auch verwendet wird, um Unternehmen in der Entwicklungsphase zu fördern. Eine norwegische Erhebung in der Sachgütererzeugung fand heraus, daß informelle Finanzierung durch Familie oder Verwandte für Investitionen in bereits etablierten KMU so gut wie gar nicht existiert2. Eine andere wichtige Dimension von Love Money ist das sogenannte virtuelle Love Money, d. h. Bürgschaften, die von Verwandten oder der Familie für Bankkredite gewährt werden. Bei dieser Art der Finanzierung finanzieren die Verwandten oder Familienmitglieder das Unternehmen nicht direkt, sondern übernehmen ein Risiko im Fall einer Insolvenz. Business Angels Business Angels sind eine andere informelle Finanzierungsquelle auf die neugegründete Unternehmen zurückgreifen können. Business Angels sind wohlhabende Personen mit umfangreichen Erfahrungen im Unternehmens- und Wirtschaftsbereich, die dazu bereit sind, sich an Unternehmen zu beteiligen. Wenngleich sie in jeder Entwicklungsstufe einsteigen können, investieren Business Angels vor allem in Unternehmensgründungen und risikoreiche Unternehmen in der Startphase. Sie sind nicht an einer Übernahme des Unternehmens interessiert, sondern vielmehr an innovativen Investitionen3. Business Angels sind ausgesprochen selektiv und erwarten im allgemeinen, daß die Empfänger ihrer Investitionen über ein hohes Wachstumspotential verfügen. Die meisten Business Angels werden in erster Linie durch die Möglichkeit des Kapitalgewinns motiviert. Sie sind an potentiell stark wachsenden Unternehmen interessiert und suchen nach Projekten, die Renditen in Höhe von 30 % oder mehr pro Jahr bei Neugründungen und zumindest 20 % bei Investitionen in etablierte Unternehmen erzielen. Business Angels werden zudem durch nicht-finanzielle Überlegungen motiviert, durch die sie „psychische Einkommen” erhalten, insbesondere durch die Möglichkeit, eine Rolle im Unternehmensprozeß zu spielen und durch die Freude an informellen Investitionen. Sie empfinden eine persönliche Genugtuung, wenn sie in die unternehmerischen Tätigkeiten eingebunden werden und dem Unternehmen dabei helfen können, sich zu etablieren und zu wachsen, und so zum Erfolg der Unternehmen, in die sie investiert haben, beitragen können4. Colin Mason hat es so formuliert: Informelles Risikokapital ist ‘smart money’, da Business Angels Mehrwert bringende Investoren sind. Sie tragen mit ihren kaufmännischen Fähigkeiten, ihrer Unternehmenserfahrung, ihrem Knowhow und ihren Kontakten durch eine Vielzahl von aktiven Handlungen dazu bei, verschiedenste strategische, überwachende und unterstützende Leistungen zu 1 Mulholland, K., The Family Enterprise and Business Strategies (Familienunternehmen und Unternehmensstrategien), in Work, Employment and Society, Jg. 11, Nr. 4, 1997. 2 Kvinge und Langeland, Smått, men ikke bare godt. Lønnsomhet og soliditet i små industriforetak (Klein, aber nicht nur schön: Rentabilität und Kreditfähigkeit bei kleinen Gewerbebetrieben), FAFO-rapport 178, FAFO, Oslo, 1995. 3 Aernoudt, R., Business Angels Should they fly on their own wings? (Business Angels Sollten sie mit ihren eigenen Flügeln fliegen?), in Venture Capital, An international journal of entrepreneurial finance, Jg. 1, Nr. 2, Taylor and Francis, 1999. 4 Mason, C., und R. Harrison, Business Angels - heaven-sent or the devil to deal with? (Business Angels - Vom Himmel geschickt oder ein Handel mit dem Teufel?) in Mastering Enterprise, Birley, S., und D.F. Muzyka, Financial Times Series, London, 1997. 169 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht liefern. Demzufolge läßt sich der Beitrag, den Business Angels bei neugegründeten Unternehmen mit guten Wachstumschancen leisten, nicht nur in Geld messen. Obwohl das Konzept der Business Angels in jedem Mitgliedstaat bekannt ist, ist es noch nicht in jedem Land voll entwickelt. Die Steuersysteme in einzelnen Mitgliedstaaten beeinflussen die Möglichkeiten von Investitionen durch Business Angels, indem sie entweder Anreize oder Hemmnisse für derartige Investitionen darstellen. Für quantitative Daten über Business Angels kann nur auf Schätzungen zurückgegriffen werden. Eine von der Europäischen Kommission herausgegebene Studie besagt, daß Anteile, für die private Anleger zeichnen, die sogenannten Business Angels, das 4-bis 8-fache des Betrages von Risikokapitalfonds und Unternehmensbeteiligungskapitel ausmachen1. Das European Business Angels Network (EBAN) schätzt die Zahl der aktiven Investoren in Europa auf 125 000 und die Zahl der potentiellen Investoren auf 1 000 000. Das Investitionsvolumen von Business Angels wird auf 3 000 Millionen Euro im Vereinigten Königreich, 1 500 Millionen Euro in den Niederlanden, 300 Millionen Euro in Finnland und 20 Millionen Euro in Irland geschätzt. Daten für andere Länder sind derzeit nicht verfügbar. Allerdings wird das Investitionsvolumen der Business Angels für die Europäische Union laut EBAN-Schätzungen, die auf Bevölkerungshochrechnungen beruhen, auf 10 000 bis 20 000 Millionen Euro geschätzt2. 4.3.3 Zugang zu Finanzierung von kleinen etablierten Unternehmen Kleine etablierte Unternehmen leiden weniger stark unter einem Mangel an Finanzierungsquellen als ihre jüngeren Gegenstücke und als alle anderen Typen von Unternehmen. Dem ENSR Enterprise Survey 1999 zufolge empfinden nur 8 % dieser Gruppe den Zugang zur Finanzierung als das größte Hindernis für die Entwicklung des Unternehmens. Dies entspricht weniger als der Hälfte im Vergleich zu den anderen Gruppen (siehe Tabelle 4.5). Eine erste naheliegende Erklärung für diese Beobachtung scheint die folgende zu sein: Kleine etablierte Unternehmen dürften einfach weniger zusätzliche Mittel benötigen, da sie weniger neue Projekte haben, die der externen Finanzierung bedürfen. Ein anderer Grund liegt darin, daß ältere Unternehmen bereits einen Leistungsnachweis erbracht und damit ihre Fähigkeit zu überleben bewiesen haben, was das Risiko in den Augen der Finanzpartner reduziert. Üblicherweise unterhalten die kleinen etablierten Unternehmen recht gute langfristige Beziehungen zu einer Bank. Nach einer Studie der OECD werden Unternehmen mit einem langsamen Wachstum (was bei etablierten Unternehmen, die über die Jahre hin klein geblieben sind, der Fall ist) von den Banken schnell wachsenden Unternehmen vorgezogen, da sie als weniger riskant betrachtet werden3. Unter diesen Umständen wird, sofern auch eine Finanzierung durch einbehaltene Gewinne möglich ist, externe Finanzierung in Form von langfristigen Bankkrediten in den meisten Ländern leicht gewährt. In einigen Ländern, wie z. B. Deutschland und Portugal, dominiert die langfristige Fremdfinanzierung, während in anderen Ländern, wie z. B. in Schweden, Spanien oder der Schweiz, die interne Finanzierung dominiert. 1 Europäische Kommission, Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie: Bericht 1998, Luxemburg 1998. 2 Siehe: http://www.Eban.org/overview.htm (Stand am 27. September 1999). 3 OECD, SMEs, Job creation and Growth, Facts, Obstacles and Best Practices (KMU, Arbeitsplatzschaffung und Wachstum, Fakten, Hindernisse und beste Verfahren), Paris, 1997. 170 Zugang zu Finanzierung Eine in Spanien durchgeführte Studie über die Akkumulierung von Kapital in kleinen Unternehmen weist auf interessante Ergebnisse hin, die für etablierte Unternehmen von Bedeutung sind. Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen neigen dazu, die Abschreibung ihres Anlagevermögens um mehr als 40 % bzw. 10 % zu unterschätzen. Deshalb dürften die KMU ihre Kosten unterbewerten und künstlich ihre Gewinne erhöhen1. Dies würde implizieren, daß sich die KMU über die Ausschüttung von Gewinnentnahmen und Steuern in einem Prozess der Entkapitalisierung befinden. Diese Tendenz könnte auch für andere Länder gelten und würde ein spezifisches Problem darstellen, das sowohl die Finanzierung als auch das Management von kleinen etablierten Unternehmen betrifft. Als Folge haben kleine etablierte Unternehmen im Vergleich zu den anderen analysierten Gruppen einen besseren Zugang sowohl zur internen als auch zur externen Finanzierung. In Ländern, in denen eine Diskriminierung gegenüber größeren Unternehmen besteht, dürfte es jedoch Probleme geben. Wie in Tabelle 4.3 dargestellt wurde, könnte dies in Ländern der Fall sein, in denen kleinere Unternehmen, unabhängig davon in welcher Phase des Lebenszyklus sie sich befinden, weniger häufig einen Bankkredit haben: Griechenland, Italien, Frankreich, Portugal, die Niederlande, Schweden und die Schweiz. 4.3.4 Zugang zu Finanzierung von hoch innovativen Unternehmen Werden die Probleme, die sich auf die Finanzierung von Innovationen und innovativen Unternehmen beziehen, angesprochen, so wird ein Gebiet betreten, in dem die Schwierigkeiten, das zukünftige Ergebnis einer Beteiligung oder eines Projektes zu messen, am größten sind. Aus diesem Grund benötigen die Finanzierungsinstitute ein hohes Qualifikationsniveau für die Finanzierung von Innovationen. Drei Hauptgründe lassen sich anführen, warum der Finanzsektor im Großen und Ganzen zögert, innovative Unternehmen auf traditionellem Weg zu finanzieren2: • Unsicherheit über die zu erwartenden Erträge: Das Finanzsystem weiß, wie Risiken zu handhaben sind, nicht jedoch, wie mit Unsicherheit umzugehen ist. Die Höhe und der Preis des Risikos lassen sich mit Hilfe von theoretischen Berechnungen abschätzen, der Grad an Unsicherheit läßt sich jedoch nur durch Erfahrungen oder Beobachtung einschätzen. Traditionelle Banken finanzieren nur ungern Innovationen, da sie in unsicheren Situationen die Risiken nicht einschätzen können und die Finanzierungskosten übermäßig anheben. • Nicht alle Erträge aus Innovationen können vom Innovator einbehalten werden. Die Möglichkeiten für ein innovatives Unternehmen, sich gegen Kopien und Imitationen zu schützen, sind eingeschränkt. Meistens teilt das Unternehmen unfreiwillig die Früchte seiner Innovation mit der Konkurrenz. Patente sind aufgrund ihrer obligatorischen Bekanntmachung eines der am wenigsten effizienten Instrumente, um die Ergebnisse einer Innovation zu schützen. Aus Unternehmenssicht bedeutet das Teilen des Nutzens einer Innovation eine abnehmende Rentabilität. • Die Unteilbarkeit der Investitionen, die mit Innovation verbunden sind: Die Logik und die Funktionsweise des Finanzsystems machen es sehr schwierig, die technologischen Investitionen auf verschiedene Projekte, von denen jedes eine 1 Illueca Munoz, M., und J.M. Pastor Monsalvez, Analisis Economico Financiero de las empresas españolas por tamanos (Finanzwirtschaftliche Analyse spanischer Unternehmen nach Unternehmensgröße), in Economia Industrial, Nr. 310, 1996. 2 OECD, National Systems for Financing Innovation (Nationale Finanzierungssysteme für Innovationen), Paris, 1995. 171 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht eigene Finanzierungsquelle hat, aufzuteilen. Um die maximale Anzahl von Projekten in einem Unternehmen finanzieren zu können, sollten die Finanzierungsinstitutionen idealerweise ausreichend differenziert sein, um eine breite Palette parallel laufender Finanzierungsmöglichkeiten anzubieten. Die oben erwähnte OECD Studie gelangt zu drei allgemeinen Schlußfolgerungen, die erwähnenswert scheinen: • Die Finanzierungsproblematik ist vor allem für jene innovativen KMU relevant, die auf dem globalen Gütermarkt agieren und weltweiter Konkurrenz ausgesetzt sind, jedoch nicht von den Vorteilen des Zugangs zu globalen Kapitalmärkten profitieren. • Die Finanzierung von konsumentenbezogenen Produktinnovationen wird von den Geldgebern riskanter eingeschätzt als die Finanzierung einer Prozeßinnovation. Aus der Sicht der Finanzwelt sind das Verhalten und die Stimmung der Konsumenten schwieriger einzuschätzen als die technischen Probleme des Produzenten. • Innovationen der Hochtechnologie sind paradoxerweise nicht am schlechtesten gestellt. Niedrigere und mittlere technologische Innovationen leiden am häufigsten unter Finanzierungsengpässen. Sie vereinen in der Tat drei einschränkende Faktoren: sie sind zu riskant für die Banken, sie bieten zu geringe Renditeerwartungen für Risikofinanciers und sie sind nicht interessant genug für öffentliche Stellen und Regierungsbehörden1. Viele nationale Studien, die vom ENSR gesammelt wurden, bestätigen die Schlußfolgerungen der oben erwähnten Analyse. Eine Befragung bei 545 neuen, technologieorientierten Unternehmen in Schweden zeigte, daß es für Unternehmen, die neue Technologien auf neuen Märkten verwenden, aber auch für Unternehmen, die bekannte Technologien auf neuen Märkten verwenden, besonders schwierig ist, eine Finanzierung zu erhalten. Andererseits haben Unternehmen, die neue Produkte mit bekannten Technologien für bekannte Märkte entwickeln, seltener über Probleme bei der Finanzierung berichtet2. Diese Befragung gibt Hinweise auf die Bewertung der unterschiedlichen Unsicherheitskomponenten durch die Geldgeber. Der höchste Unsicherheitsgrad wird dem Markt zugeteilt, die nächste Stufe betrifft das Produkt, während die Technologie oder Innovation an dritter Stelle kommt. Zahlreiche empirische Studien unterstreichen besonders die Probleme von Unternehmen, die sowohl neu gegründet, als auch innovativ sind. Diese Unternehmen sind mit Problemen der Anfangsphase und gleichzeitig mit spezifischen Problemen innovativer Unternehmen konfrontiert. Da diese als besonders wichtig für eine funktionierende und dynamische Marktwirtschaft gesehen werden (eine Überlegung nach Schumpeter), richten sich viele öffentliche Maßnahmen an diese spezifische Gruppe von Unternehmen. Der Finanzsektor hat auch ad hoc Instrumente entwickelt, um sich den Herausforderungen hoch innovativer Unternehmen zu stellen. Die meisten Bemühungen beziehen sich auf die Eigenkapitalfinanzierung durch Risikokapitalfonds und nicht auf die klassische, aber unter diesen Umständen ungeeignete, Fremdfinanzierung. In dieser Hinsicht verdient die Entwicklung der Risikokapitalfinanzierung in Europa einige Aufmerksamkeit. 1 OECD, National Systems for Financing Innovation (Nationale Finanzierungssysteme für Innovationen), Paris, 1995. 2 Olofsson, C., und G. Lindström, New technology-based enterprises, NTBFs in early development stages (Neue technologiebasierte Unternehmen, NTBF in frühen Entwicklungsphasen), November 1998. 172 Zugang zu Finanzierung Risikokapital Die Entwicklung in der Risikokapitalfinanzierung zeigt, daß dieser Art der Finanzierung zunehmende Bedeutung zukommt (siehe Tabelle 4.6) und daß der Zugang von innovativen Unternehmen zu Risikokapital gefördert wird. Laut European Venture Capital Association (EVCA) erfuhr Europa während der vergangenen fünf Jahre einen starken Aufwärtstrend bei Investitionen in High-Tech-Unternehmen in der Anfangsphase. Die Beträge, die sowohl für Gründungs- als auch Technologieinvestitionen aufgebracht wurden, haben sich zwischen 1993 und 1997 mehr als verdreifacht. Die Investitionen in den Technologiesektor stiegen um 75 % im Jahr 1998 und um 71 % im Jahr 1997. Im Jahr 1997 stiegen die Beträge, die in neugegründete Unternehmen investiert wurden, um 60 %, 1998 verdoppelte sich das Volumen, das Unternehmen in der Anfangsphase oder in der Gründungsphase zukam1. Tabelle 4.6 Risikokapital (Volumen und Anzahl der Abschlüsse 1997-1998) 1997 Mio. Euro Vereinigtes Königreich Deutschland Frankreich Niederlande Italien Spanien Belgien Schweden Schweiz Finnland Norwegen Irland Österreich Portugal Dänemark Island Griechenland Gesamt 4 428 1 326 1 248 780 603 262 179 55 351 113 170 36 19 63 22 5 16 9 858 1998 Mio. Euro 7 1 1 1 106 948 777 059 933 363 258 215 203 189 165 64 50 50 40 22 20 1 4461 Wachstum 60,5 46,9 42,4 39,3 54,7 38,7 44,6 291,8 -42,3 67,0 -2,8 77,1 164,0 -21,4 81,4 332,5 22,1 49,8 % % % % % % % % % % % % % % % % % % 1997 Zahl der Abschlüsse 1 686 1 067 1 551 425 234 244 189 47 120 193 170 66 40 79 55 54 32 6 252 1998 Zahl der Wachstum Abschlüsse 2 018 1 518 1 544 707 267 244 233 86 11 274 161 108 83 68 50 120 29 7 628 19,7 39,2 -0,5 66,4 14,1 0,0 37,9 82,7 -4,2 42,0 -5,3 60,6 132,5 -13,9 -9,1 122,2 -10,4 22,0 % % % % % % % % % % % % % % % % % % Quelle: EVCA, Yearbook 1999 (Jahrbuch 1999), European Venture Capital Association, Bruge, 1999. Trotz dieser steigenden Tendenz und der steigenden Anteile innovativer Unternehmen bleibt die Anzahl der Unternehmen, die durch Risikokapital finanziert werden, gering. Tatsächlich finanzieren Risikokapitalfonds nur einen kleinen Anteil der Mittel, die von innovativen Unternehmen aufgenommen werden. Im Vereinigten Königreich, in dem innerhalb von Europa Risikokapital am besten entwickelt ist, wurden nur 2,9 % der von KMU zwischen 1987 und 1990 aufgenommenen neuen Mittel von Risikokapitalinstitutionen aufgebracht. Gründe, die 1 EVCA, The Impact of Venture Capital in Europe (Die Auswirkungen von Risikokapital in Europa), European Venture Capital Association, http://www.evca.com/pdf/economicimpact.pdf (Stand am 24. September 1999). 173 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht die weitere Entwicklung behindern, finden sich sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite. Unternehmer könnten einen Verlust der Kontrolle über ihr Unternehmen befürchten und auch nur ungern den Nutzen aus attraktiven und profitablen Projekten teilen, während sich Risikokapitalgeber über einen Mangel an guten Projekten beklagen1. Allerdings ist der Zugang zur Finanzierung nicht das Haupthindernis für die Entwicklung von innovativen Unternehmen. Der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigte, daß 16 % der hoch innovativen Unternehmen den Zugang zur Finanzierung als die größte Beeinträchtigung nannten, während 22 % den Mangel an qualifiziertem Personal als Haupthemmnis für ihre Entwicklung empfanden. 4.3.5 Expandierende Unternehmen Wie Tabelle 4.5 gezeigt hat, empfinden expandierende Unternehmen, auch bekannt als rasch wachsende Unternehmen, einen starken Mangel an finanziellen Mitteln. Ungefähr 19 % dieser Unternehmen betrachten den Zugang zur Finanzierung als Haupthindernis für die Entwicklung ihres Unternehmens. Ihr Finanzierungsbedarf sowohl für Investitionen als auch für Betriebsmittel ist hoch und übersteigt oft die innerbetrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten. Bankkredite bleiben die wichtigste Finanzierungsquelle, wie durch die relativ hohe Rate der Kreditkunden in dieser Unternehmensgruppe ersichtlich wurde (siehe Tabelle 4.5). Zusätzlich zu traditionellen Finanzierungsmöglichkeiten haben stark wachsende Unternehmen, ähnlich wie ihre innovativen Gegenstücke, einen privilegierten Zugang zu anderen Instrumenten, wie z. B. Risikokapital oder Business Angels. Risikokapital ist eine wachsende Finanzierungsquelle, wenn auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht noch unbedeutend. Die potentiell hohen Erträge, 18,6 % kumulierter Nettoertrag pro Jahr laut EVCA, ziehen neue Investoren an, die in expandierende Unternehmen investieren wollen. Eine Befragung unter Unternehmen, die Risikokapital erhielten, zeigte, daß diese Unternehmen während des Zeitraums 1991 bis 1995 Umsatzzuwächse in Höhe von durchschnittlich 35 % pro Jahr und Beschäftigungszuwächse um 15 % pro Jahr aufwiesen. Anlagen, Vermögen und Kapitalausstattung stiegen um durchschnittlich 25 % und die Exporte um 30 % pro Jahr. Die Ausgaben für F&E betrugen durchschnittlich 8,6 % der Erlöse2. In Finnland zum Beispiel, wo der Markt für Risikokapital noch jung ist, scheinen hohe Beträge verfügbar zu sein, jedoch mangelt es an guten Projekten und interessierten Unternehmen. Der Grund dafür könnte darin liegen, daß Risikokapitalgeber zu hohe Erwartungen an die Erträge haben, aber auch in der Tatsache, daß finnische, stark wachsende Unternehmen keine Beteiligung von Risikokapitalfonds wünschen. Das ausgesprochen gute öffentliche Finanzierungssystem könnte eine Erklärung dafür sein. Expandierende Unternehmen werden von einem Mangel an Finanzierungsmitteln negativ beeinflußt, verfügen jedoch, wie in einigen europäischen Studien festgestellt wird, über relativ vielseitige Finanzierungsmöglichkeiten. Sie haben Zugang zu Krediten, aber auch zu Risikokapital und, bis zu einem gewissen Grad, zu Business Angels. 1 OECD, Fostering Entrepreneurship (Förderung des Unternehmertums), The OECD Jobs Strategy, Paris, 1998. 2 EVCA, The Impact of Venture Capital in Europe (Die Auswirkungen von Risikokapital in Europa), http://www.evca.com/pdf/economicimpact.pdf (Stand am 24. September 1999). 174 Zugang zu Finanzierung 4.4 Hindernisse, die den Zugang zu Finanzierung Erschweren Dieser Abschnitt bietet eine Synthese der Informationen und Ergebnisse, die in den vorangegangenen Abschnitten dargestellt wurden, und streicht die Hauptfaktoren, die den Zugang zur Finanzierung erschweren, heraus: die Unternehmensgröße, die Phase im Lebenszyklus und die Innovations- und Wachstumsperspektiven der Unternehmen. Unter der Annahme, daß die professionellen Investoren, Bankiers, Risikokapitalgeber und andere Akteure rational handeln, werden sie nur dann investieren, wenn sie erwarten, daß das Unternehmen das Kapital zurückzahlen wird und wenn sie einen Kapitalgewinn antizipieren. Es ist ihre Aufgabe, Unternehmen und Projekte hinsichtlich ihrer zu erwartenden Rentabilität zu bewerten. Die entscheidende Frage lautet deshalb: Haben einige Unternehmenstypen Schwierigkeiten, das notwendige Kapital aufzubringen, obwohl sie potentiell rentabel sind? Die Größenklassendimension Die Unterschiede in der Rate der Kreditkunden nach Größenklasse in einem gegebenen nationalen, rechtlichen Kontext wurde als ein möglicher Indikator für die Diskriminierung in bezug auf die externe Bankenfinanzierung herangezogen. Tabelle 4.3 zeigte, daß die Situation in den einzelnen Ländern, die in diesem Bericht behandelt werden, unterschiedlich ist. In einigen von ihnen ist die Rate der Kreditkunden bei Kleinstunternehmen sogar höher als bei kleinen Unternehmen. Dies ist in Österreich, Island, Liechtenstein, Deutschland und im Vereinigten Königreich der Fall. In diesen Ländern gibt es theoretisch keinen Grund für eine öffentliche Unterstützung von Unternehmen nur aufgrund ihrer Größe. Im Gegensatz dazu berichten Kleinstunternehmen in anderen Ländern über größere Schwierigkeiten in bezug auf die externe Fremdfinanzierung durch Banken. Dies trifft auf die Länder am unteren Ende von Tabelle 4.3 zu. Der Zugang zur Fremdfinanzierung für Kleinstbetriebe ist besonders schwierig in Griechenland, Italien, Portugal, Schweden und in einem etwas geringeren Ausmaß in der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden. Die Gründe, warum Kleinstunternehmen über weniger Bankkredite verfügen, können zweifach sein. Wird die Nachfrageseite betrachtet, ist es möglich, daß kleinere Unternehmen freiwillig von Bankkrediten Abstand nehmen, entweder weil sie Zugang zu alternativen Quellen haben, insbesondere zu informellem Kapital - in diesem Fall wäre öffentliche Unterstützung nicht notwendig - oder weil die Kosten für sie zu hoch sind. Wenn letzteres der Fall wäre, hätten öffentliche Unterstützungsmaßnahmen für die Reduzierung der Kosten positive Auswirkungen. Wird die Angebotsseite betrachtet, so könnte die niedrigere Rate der Kreditkunden bei Kleinstbetrieben ein Indikator für die Diskriminierung durch das Bankensystem sein. Die Gründe dafür sind weniger klar. Wie bereits im Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU gezeigt wurde, sind Kleinstunternehmen weniger anfällig für Insolvenzen und Fehlschläge als größere Unternehmen. Wenn auch absolut gesehen mehr kleine Unternehmen insolvent werden als größere, sind diese Unternehmen in ihrer Größenklasse doch unterrepräsentiert. Werden demnach nur die relativen Risiken eines Fehlschlages betrachtet und die Annahme der Rationalität aufrechterhalten, sollten Banken nicht abgeneigt sein, diesen Unternehmen Kredite zu gewähren. Eine rationale Erklärung könnte jedoch auch in den Kosten und der Zeit für die Abwicklung eines Kredites liegen. Tatsächlich ist dieser Aufwand unabhängig von der Größe des Kredits etwa gleich hoch, aber die Tatsache, daß kleine Kredite weniger profitabel sind als große, schreckt Banken davor ab, dieses Marktsegment zu betreten. 175 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Lebenszyklusdimension Unternehmen in einem frühen Stadium ihres Lebenszyklus, wie z. B. neugegründete und im besonderen Unternehmen in der Aufbauphase, könnten in ihrem Zugang zur Finanzierung aus folgenden Gründen benachteiligt sein: • Mangelnde Leistungsnachweise und die Tatsache, daß die Financiers in erster Linie auf Basis vergangener Ergebnisse beurteilen, was die Frage der Informationsasymmetrie und der unzureichenden Information der Financiers aufwirft; • Mangelnde Sicherheiten auf Seiten der Unternehmen oder der Eigentümer; • Ihre eingeschränkten Möglichkeiten innerbetriebliche Finanzierung aufzubringen, aufgrund der Notwendigkeit großer Investitionen in den ersten Jahren, kombiniert mit einer aufgrund des Produkt-Lebenszyklus eingeschränkten Zeitperiode, in der Gewinne akkumuliert werden müssen; • Die benötigten Beträge sind häufig zu gering, um für eine Finanzierung interessant zu sein, da mit der Abwicklung eines Darlehens Fixkosten verbunden sind. Die Innovations- und Wachstumsperspektive Die Gründe, warum innovierende und expandierende Unternehmen finanziellen Engpässen gegenüberstehen, ergeben sich einerseits aus den finanziellen Mitteln, die diese Unternehmen benötigen, um ihre Projekte zu realisieren, und andererseits aus den Problemen, die Finanzierungsinstitutionen bei der Evaluierung dieser Projekte haben. Soweit innovative Unternehmen betroffen sind, lassen sich die Hauptprobleme wie folgt zusammenfassen: • Die Unsicherheit über die zu erwartenden Erträge; • Die Gewinne lassen sich nicht vollständig schützen (internalisieren); • Die Unteilbarkeit von Investitionen; • Die Informationsasymmetrie (zwischen Kreditgeber und -nehmer); • Das Problem der adversen Selektion1. Die Gründe warum expandierende Unternehmen finanziellen Engpässen gegenüberstehen sind die gleichen wie bei neugegründeten Unternehmen. Ähnlich wie bei neugegründeten Unternehmen können auch expandierende Unternehmen aufgrund der Neuheit des Projektes, des Mangels an Erfahrung und Leistungsnachweisen, die mit diesem Projekt in Zusammenhang stehen, und aufgrund der Tatsache, daß das Projekt wichtige Finanzmittel benötigt, die innerbetrieblich durch einbehaltene Gewinne nicht aufgebracht werden können, benachteiligt sein. Gleichzeitig sehen sich expandierende Unternehmen aufgrund der Unsicherheit der zu erwartenden Erträge mit den gleichen Problemen konfrontiert wie innovative Unternehmen. Wenn das Projekt den Eintritt in neue Märkte und/oder die Entwicklung neuer Produkte betrifft, sind die Probleme am größten. Eines von fünf expandierenden Unternehmen wird durch finanzielle Engpässe am Wachstum behindert. 1 Das höhere Risiko für die Bank kann aufgrund der Informationsasymmetrie nicht durch höhere Preise für den Kredit ausgeglichen werden. Die Unternehmen sind besser über die Chancen eines Projektes informiert als die Financiers. Deshalb sind nur die sehr riskanten Unternehmen bereit, höhere Finanzierungskosten zu akzeptieren. Schließlich findet eine adverse Selektion in Richtung hoher Risiken statt. 176 Zugang zu Finanzierung 4.5 Ausgewählte Politische Maßnahmen Ausgehend von den Hauptproblemen beim Zugang zur Finanzierung wurden einige Unterstützungsprogramme europäischer Regierungen ausgewählt, die von besonderem Interesse sein dürften, da sie einige der bereits beschriebenen Hindernisse zu beseitigen scheinen. Neugegründete Unternehmen DtA-Startgeld-Programm Diese neue Maßnahme, die auf neugegründete Unternehmen ausgerichtet ist, wurde im April 1999 von der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) eingeführt. Das Programm nennt sich DtA-Startgeld-Programm. Ziel des Programms ist es, den Unternehmern zu helfen, Kredite in der Höhe zwischen 25 000 und 49 000 Euro aufzunehmen. Banken sind nicht daran interessiert, derartige Kredite zu gewähren. Dieses Programm wurde insbesondere für die Förderung von Unternehmensgründungen geschaffen, aber auch bereits etablierte Unternehmen können um einen Kredit ansuchen. Tante Agaath regeling (Tante Agatha Programm) Diese Maßnahme wurde 1996 in den Niederlanden eingeführt. Das Programm zielt darauf ab, Privatpersonen anzuregen, neugegründeten Unternehmen Risikokapital zur Verfügung zu stellen, entweder direkt oder indirekt durch spezielle Beteiligungsgesellschaften. Die Zinsen aus diesem Kredit sind einkommensteuerfrei (max. 2 500 Euro). Zusätzlich können die Verluste, wenn der Kredit nicht zurückgezahlt werden kann, von der Steuer abgesetzt werden (max. 25 000 Euro). Aufgrund der Obergrenze bei der Absetzbarkeit ist der Tante Agatha Vertrag nur für kleine Kapitalgeber interessant, die sich mit kleinen Beträgen an Unternehmen beteiligen. Im Fall des direkten Darlehens resultiert die Absetzbarkeit des Zinseneinkommens im allgemeinen in niedrigeren Finanzierungskosten für den Unternehmer. Wenn dieses Programm auch relativ neu ist, konnten jedoch folgende Erfahrungen gemacht werden. Für direkte Darlehen waren die Zinssätze wegen der Steuervorteile normalerweise niedriger als die marktüblichen Zinssätze. Für indirekte Darlehen waren die Zinssätze nicht niedriger als die marktüblichen Zinssätze. Der Großteil der indirekten Darlehen wurde im landwirtschaftlichen Sektor gewährt, wobei hypothekarische Sicherheiten zum Einsatz kamen. In diesen Fällen wären sie wahrscheinlich auch ohne die Maßnahme zustande gekommen. Innovative und expandierende Unternehmen SMART Programm Das revidierte SMART Programm wurde 1997/98 vom Ministerium für Handel und Industrie im Vereinigten Königreich eingeführt. Das Programm bietet finanzielle Unterstützung um Machbarkeitsstudien für die Entwicklung neuer Produkte und Prozesse durchzuführen. Der Zugang zu diesem Programm basiert auf einem regionalen Wettbewerb zwischen Unternehmen. Die maximale Unterstützung beträgt 75 % der Projektkosten. Linea de Financiación para la Investigación y el Desarrollo Technológico (Finanzierungslinie für Forschung und technologische Entwicklung) Wie auch die vorangegangene Maßnahme, zielt dieses Programm darauf ab, spanischen KMU bei der Finanzierung von F&E-Projekten zur Verbesserung und 177 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Entwicklung von Produkten und Produktionsprozessen zu helfen. In Zusammenarbeit mit den wichtigsten spanischen Banken und Finanzierungsinstitutionen wird Unterstützung zu günstigen Zinssätzen gewährt. Diese Maßnahmen wurden ausgewählt, da sie die Finanzierung von Projekten unterstützen, die schwer zu finanzieren sind und sich dabei auf die risikoreichste Projektphase richten (z. B. die Machbarkeitsstudie). PME-Excelência (KMU-Excellence-Programm) Dieses Programm wurde 1997 (ursprünglich 1992 unter dem Namen ‘Prestige’) in Portugal gestartet und ist auf schnell wachsende und innovative Unternehmen ausgerichtet. Um ausgewählt zu werden, muß der Nettogewinn im vorangegangenen Jahr um 20 % bis 40 % (je nach Sektor) gestiegen sein. Das Programm beinhaltet mehrere finanzielle Begünstigungen: die Bereitstellung von langfristigen Darlehen mit besonderen Zinskonditionen, Vorteile bei der Darlehensanalyse, die sehr rasch durchgeführt wird und andere finanzielle Produkte und Dienstleistungen. Ein anderer Vorteil liegt in der Öffentlichkeitswirkung und Reputation, die mit einer gewährten Unterstützung einhergehen. Dieses Programm wurde ausgewählt, da es eines der seltenen (wenn nicht das einzige) ist, das speziell auf rasch wachsende Unternehmen ausgerichtet ist. In politischer Hinsicht ist diese Gruppe von Maßnahmen sehr interessant, z. B. was die Beschäftigung und das Wachstum betrifft, jedoch sind innovative Unternehmen schwierig zu identifizieren, da sie weder aufgrund größenspezifischer noch sektoraler Merkmale abgrenzbar und ansprechbar sind. Innovative Unternehmen sind sogar noch schwerer zu identifizieren und anzusprechen, wenn sie nicht in einem innovativen Sektor tätig sind. 4.6 Politische Empfehlungen Wird Rationalität des Finanzsystems unterstellt und angenommen, daß das Finanzsystem genügend Mittel bietet, wenn das Projekt gemäß der durchgeführten Evaluierung potentiell profitabel ist, dann lassen sich folgende Schlußfolgerungen ziehen: • Da es für Finanzierungsinstitutionen oft schwierig ist, die zu finanzierenden Projekte zu bewerten, und es für die Unternehmen schwierig ist, den Institutionen ihre Projekte klar zu präsentieren und zu erklären, wären politische Maßnahmen in diesem Bereich sehr wertvoll. • Projekte, die nur geringe Finanzierungsbeträge benötigen, sind aufgrund der Kosten für eine entsprechende Risikoeinschätzung sowie der administrativen Kosten von vornherein für viele Banken uninteressant, außer wenn das Unternehmen Sicherheiten bieten kann. Kombinierte Garantie- und Mikrokreditprogramme, bei denen die Kosten durch die öffentliche Hand entweder reduziert oder übernommen werden, stellen einen Versuch dar, um dieses Problem zu lösen. Politische Entscheidungsträger wie auch Finanzierungsinstitutionen sollten nach spezifischen Lösungen für die Probleme, die mit der Bereitstellung kleiner Beträge verbunden sind, suchen. • Für eine außenstehende Person, die nicht in das Unternehmensgeschehen eingebunden ist, ist es sehr schwierig oder sogar unmöglich, ein neugegründetes Unternehmen oder ein neues Projekt eines expandierenden Unternehmens zu bewerten, da es noch keine Leistungsnachweise gibt. Dieses Problem ließe sich beseitigen, indem der Kapitalgeber mehr Einblick in das Unter- 178 Zugang zu Finanzierung nehmen bekommt und dem Management näher steht. In diesem Zusammenhang sind Steueranreize, die das Auftreten privater Investoren wie z. B. Business Angels fördern, sehr interessant. • Die Steuersysteme in den verschiedenen Mitgliedstaaten beeinflussen die Möglichkeiten für Investitionen von Business Angels entweder durch positive Anreize oder durch Hemmnisse für solche Investitionen. Die nationalen politischen Entscheidungsträger sollten sich auf diesem Gebiet Maßnahmen überlegen und Barrieren beseitigen. • Die Bewertung von Unternehmen oder Projekten im Hochtechnologiebereich erfordert profunde Kenntnisse der entsprechenden technischen und finanziellen Faktoren. Aufgrund der sehr hohen Kosten für Evaluierungen durch Experten sind Risikokapitalfonds oft auf bestimmte Sektoren oder Technologien spezialisiert. Auf diese Art können sie sich das notwendige Wissen über den Markt oder die Technologie aneignen, was ihnen hilft, informierte Entscheidungen zu treffen. In diesem Zusammenhang sind Programme, die die Entwicklung von Risikokapital fördern, sehr wichtig. Auch Maßnahmen, die die Zusammenarbeit zwischen Spezialisten von Universitäten und Kapitalgebern fördern, können sehr hilfreich sein. • Die meisten politischen Maßnahmen im Bereich Innovation und Technologie beziehen sich auf die Hochtechnologie. Politische Entscheidungsträger sollten aber auch daran denken, Unternehmen und Projekte, die sich im mittleren technologischen Bereich befinden, anzusprechen, oder sie zumindest nicht von den Maßnahmen auszuschließen, da diese Investitionen für Banken zu riskant sind, die zu erwartenden Gewinne für die risikofreudigen Kapitalgeber nicht hoch genug sind und weil sie für die öffentlichen Stellen nicht ‘schillernd’ genug sind. • Das Argument der Unternehmensgröße ist nicht ausreichend, um die Implementierung politischer Maßnahmen in jedem Land zu rechtfertigen. Dies scheint nur gerechtfertigt, wenn kleinere Unternehmen beim Zugang zu externer Finanzierung diskriminiert werden. Wenn auch die Bedeutung der Kreditfinanzierung von Land zu Land unterschiedlich ist, so ist sie doch eine wichtige Finanzierungsquelle. Wenn kleinere Unternehmen einen schlechteren Zugang zu externer Finanzierung haben, so ist dies ein Problem für die Wirtschaft als ganzes. 179 5 Elektronischer Geschaftsverkehr und KMU Koordination: Agder Research Foundation DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • 42 % der europäischen KMU haben Zugang zum Internet. • Mehr als 20 % der europäischen KMU nutzen bereits das Internet, um Informationen über ihre Produkte oder Dienstleistungen zu präsentieren, und ca. 10 % nutzen es für die Entgegennahme von Aufträgen. • Es wird erwartet, daß die Online-Bevölkerung in der EU im Jahr 2003 derjenigen in den USA entspricht, während die derzeitige Verbreitung des Internet im privaten Bereich bei etwa einem Drittel der Verbreitung unter den US-Konsumenten liegt. • In Europa ist die Web-basierte Kooperation für das gemeinsame Anbieten von Produkten und Dienstleistungen im Bereich der unternehmensbezogenen und der sonstigen Dienstleistungen am weitesten, im Reparaturgewerbe am wenigsten fortgeschritten. • Größere KMU greifen häufiger auf das Internet zurück als kleinere. Zudem nutzen größere KMU das Internet häufiger für Geschäftsaktivitäten wie die Verbreitung von Informationen über ihre Produkte oder für die Annahme von Bestellungen als kleinere. • Mehr als 40 % der europäischen KMU, die das Internet nicht für kommerzielle Tätigkeiten verwenden, empfinden, daß der elektronische Geschäftsverkehr nicht für ihre Unternehmen geeignet ist. • Der Eindruck, daß der elektronische Geschäftsverkehr sich nicht auszahlt, stellt für die meisten europäischen KMU eine wichtigere Barriere für seine Einführung dar als das Vertrauen in die Technologie oder die Sicherheit. • Es bestehen erhebliche Sprachbarrieren in Europa, die die Verbreitung des internationalen elektronischen Geschäftsverkehrs einschränken. Englisch ist die am häufigsten gesprochene Fremdsprache in Europa. In einigen Ländern sind jedoch weniger als 20 % der Bevölkerung der englischen Sprache mächtig. • KMU können mittels elektronischem Geschäftsverkehr einen größeren Markt erreichen, ohne dabei neue Verkaufsbüros eröffnen zu müssen. Die kleinen KMU, ohne große Verkaufsorganisationen, haben gegenüber größeren Unternehmen Vorteile bei der Restrukturierung ihrer Organisation für die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Allerdings werden viele KMU nicht sofort Zugang zu dem benötigten qualifizierten Personal haben. • In Finnland, Italien und Portugal wurden Förderprogramme für Schulungen in internationalem Handel und Marketing, insbesondere für KMU, gestartet. • KMU, die den elektronischen Geschäftsverkehr nutzen, exportieren häufiger als jene, die nicht im elektronischen Geschäftsverkehr aktiv sind. • Es ist zu erwarten, daß der elektronische Geschäftsverkehr das Konsumverhalten ändern wird. Insbesondere im Einzelhandel können durch die Präferenzen der Konsumenten Ertragsverluste für KMU entstehen. 181 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 5.1 Einleitung Eine große Anzahl europäischer Unternehmen kann nun die internationalen Märkte mit Hilfe des elektronischen Geschäftsverkehrs erreichen. Die Nutzung von Internet-Technologie für die Unterstützung der Zusammenarbeit und den Austausch von Information zwischen Unternehmen wird auch in KMU immer häufiger. Dies kann den Zugang zu Märkten öffnen, die bisher nur größeren Unternehmen vorbehalten waren. Der elektronische Geschäftsverkehr kann zu sich ändernden Wirtschaftsabläufen in allen Bereichen führen. Elektronischer Geschäftsverkehr ist Inhalt der zweiten Leitaktion innerhalb des Fünften Rahmenprogramms der Europäischen Kommission. Desweiteren wurden Initiativen für die Verbreitung des elektronischen Geschäftsverkehrs ins Leben gerufen. Beispiele hierfür sind INFO2000 und MIDAS NET, sowie der von der Europäischen Kommission finanzierte ISPO Server, die allesamt der Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs Vorschub leisten. Ebenfalls wichtig sind engagierte Initiativen wie WeCan und Maßnahmen zur Steigerung der Bekanntheit des elektronischen Geschäftsverkehrs unter KMU1. Mehrere Zusammenstellungen von Fallstudien wurden angefertigt, z. B.: Business Transformation through Technology: 21 Striking Cases from Technologies for Business Processes (Transformation der Wirtschaft durch Technologie: 21 herausragende Fälle von Technologien für Geschäftsprozesse)2. Der Dritte Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU beschrieb IT-Anwendungen, die für KMU am vielversprechendsten erschienen. Dazu zählten u. a. Fernunterricht, Telearbeit, elektronische Ausschreibungen und telematische Netzwerke. Der Vierte Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU setzte sich mit der Nutzung und Erstellung KMU-bezogener Informationstechnologien auseinander. Im Vierten Jahresbericht wurde auch der elektronische Geschäftsverkehr als wichtiges Marketinginstrument für KMU erkannt. 5.2 Was ist Elektronischer Geschäftsverkehr? Es werden zahlreiche Definitionen für elektronischen Geschäftsverkehr vorgeschlagen3, die sich im allgemeinen auf Wirtschaftsaktivitäten beziehen, bei denen physische Objekte und Transaktionen, wie etwa Geld und Zahlungen durch elektronische Gegenstücke, ersetzt werden. Die gehandelten Güter können entweder elektronisch dargestellt werden oder nicht. Eine weiter gefaßte Definition bezieht sich auf die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), die für den Informationsaustausch zwischen Marktteilnehmern verwendet werden. Das Weißbuch Handel4, herausgegeben von der Europäischen Kommission, schlägt folgendes vor: 1 http://www.ispo.cec.be/ecommerce/ (Stand am 24. September 1999), http://www2.echo.lu/imo/en/imopapers.html (Stand am 24. September 1999). 2 Europäische Kommission GDXIII, Business Transformation through Technology: 21 Striking Cases from Technologies for Business Processes (Transformation der Wirtschaft durch Technologie: 21 herausragende Fälle von Technologien für Geschäftsprozesse), Brüssel, 1998, http://www.ispo.cec.be/ecommerce/publications.html (Stand am 24. September 1999). 3 OECD Committee for information, computer and communication policy, Measuring electronic commerce (Messung des elektronischen Geschäftsverkehrs), Paris, 1997. 4 Europäische Kommission GD XXIII, Weißbuch Handel, Brüssel, 1999, http://europa.eu.int/comm/dg23/commerce/commerce-wp/lbde.pdf (Stand am 22. Februar 2000). 182 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU „Der elektronische Geschäftsverkehr umfaßt alle Formen geschäftlicher Transaktionen und verwaltungstechnischer Vorgänge, die mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie abgewickelt werden, sowie den Informationsaustausch, der sich dieser Technologien bedient. Aus Sicht der Unternehmen umfaßt er einfache Einkaufssysteme ebenso wie komplexe Lösungen, die den gesamten Handelskreislauf erfassen. Organisatorisch ermöglicht der elektronische Geschäftsverkehr ein integriertes Management der Ströme zwischen Unternehmen, zwischen Unternehmen und Verbrauchern sowie Unternehmen und öffentlichem Sektor. Darüber hinaus bringt der elektronische Geschäftsverkehr neue innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen hervor, die diesen dabei helfen werden, die Herausforderungen der Globalisierung zu bewältigen.” Gegenstand dieses Kapitels ist in erster Linie elektronischer Geschäftsverkehr über Internet. Themenstellungen, die sich auf Kreditkarten oder andere Formen digitalen Geldes beziehen, werden, sofern kein direkter Zusammenhang mit dem Internet besteht, nicht behandelt. In vielen Fällen können alle Handelstransaktionen, das Marketing, das Bestellwesen, Zahlungen, Zustellungen und der Kundenservice elektronisch abgewickelt werden. Der elektronische Geschäftsverkehr kann die Geschäftsabwicklung in jeder Hinsicht verändern. Die Front-Office-Aktivitäten, Ein- und Verkauf, können über eine Homepage durchgeführt werden, aber auch Back-Office-Aktivitäten im Bereich der Lagerhaltung, Logistik und Analyse des Kundenverhaltens, lassen sich wesentlich effektiver durch die Integration einer Web-Anwendung durchführen. Für den elektronischen Markt zwischen Unternehmen und Verbrauchern stellt das Internet das am häufigsten verwendete Medium dar. Dieser Markt basiert auf ad hoc, normalerweise kurzfristigen Beziehungen zwischen den potentiellen Geschäftspartnern. In diesem Zusammenhang stellt das Internet das vielseitigste Instrument dar, das derzeit zur Verfügung steht. Es ermöglicht kleineren Organisationen den Zugang zu größeren Märkten bei relativ geringen Kosten. So existieren beispielsweise Reisebüros im Internet, die früher Kleinbetriebe mit lokalen Kunden waren und heute national oder sogar international aktiv sind. Zwischen Unternehmen kommt der elektronische Geschäftsverkehr in einigen Sektoren, wie etwa der Auto- und der Elektronikindustrie, bereits seit einigen Jahren zum Einsatz. Diese Unternehmensnetzwerke nutzen nicht zwangsläufig das Internet. Spezialisierte Netzwerke können großteils Sicherheitsprobleme in Zusammenhang mit dem Internet ignorieren. Langfristige Geschäftsbeziehungen, wie sie zwischen Unternehmen oft zu beobachten sind, können von der Nutzung des Electronic Data Interchange (EDI)1 für die Abwicklung von Bestellungen und Zahlungen profitieren. Die Grundidee für die Einführung von EDI ist die Verbesserung der Qualität der Dokumentation wirtschaftlicher Abläufe, indem eine Information nur einmal eingegeben werden kann, was zu einer erheblichen Reduktion kostspieliger Fehler führt2. Dies wird durch die Nutzung standardisierter EDIFormate zur Darstellung von Unternehmensinformationen erreicht. Der elektronische Markt zwischen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung kann zu einer höheren Teilnahme an Ausschreibungen und damit zu einem effektiveren öffentlichen Auftragswesen beitragen. Das Internet ist als Überbringer aktueller Informationen über Produkte und Ausschreibungen sowohl für den öffentlichen Sektor als auch für KMU nützlich. Desweiteren wird die Teilnahme in diesem Markt 1 http://www.echo.lu (Stand am 24. September 1999). ENSR, Das europäische Beobachtungsnetz für KMU, Dritter Jahresbericht 1995, Zoetermeer, 1995. 2 183 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht die Kooperation über Internet zwischen KMU fördern. Auch Verwaltungseinrichtungen beginnen bereits mit der Nutzung von EDI. Die Internet-Aktivitäten entwickeln sich rasant, und neue Formen des Handels entstehen. Beispielsweise erfreut sich seit kurzem ein Markt, in dem Konsumenten direkt an andere Konsumenten verkaufen, steigender Beliebtheit. Dieser Markt ist üblicherweise wie ein Online-Auktionshaus organisiert. Ein wesentlicher Unterschied zu traditionellen Auktionen liegt in dem wesentlich größeren Zeitraum, in dem Gebote abgegeben werden können. Außerdem können mehrere Objekte gleichzeitig versteigert werden. Im folgenden werden Geschäftsaktivitäten und die Verwendung des Internet im Zusammenhang mit dem elektronischen Geschäftsverkehr dargestellt. Die behandelten Aktivitäten umfassen das Marketing, das Bestellwesen, das Zahlungswesen und den Vertrieb von Produkten. Zusätzlich wird auch auf die Nutzung des Internet für Unternehmenskooperationen bezug genommen. 5.2.1 Marketing Produkte können auf verschiedenste Art und Weise über das Web vermarktet werden. Lediglich die Präsenz eines KMU im Web kann bereits Wirkungen zeigen, normalerweise sind jedoch zusätzliche Maßnahmen notwendig, um das Potential auszuschöpfen. Die beliebtesten Methoden sind derzeit Direct Mails, Werbung in traditionellen Medien mit Hinweis auf die Website und die Positionierung von Bannern auf Suchmaschinen oder anderen häufig frequentierten Sites, damit die Website des Unternehmens gefunden werden kann. Der wichtigste Unterschied zu traditionellen Marketingmethoden, z. B. in Zeitungen, Magazinen oder im Fernsehen, ist, daß das Marketing im Web vom Kunden erfordert, aktiv einem Link zu folgen oder einen Universal Resource Locator (URL) einzugeben, um das Marketingmaterial zu erhalten. Ein weiterer bedeutender Unterschied scheint darin zu liegen, daß die WebBotschaften, im Gegensatz zum TV-Marketing, das die selbe Botschaft ständig wiederholt, regelmäßig variiert werden müssen, um mehr Kunden zu erreichen. Internet-Marketing kann die Botschaft an den Kunden anpassen, indem Informationen gesammelt werden, wenn jemand die Internet-Site besucht. Außer den Informationen, die der Kunde durch das Ausfüllen eines Registrierungsformulars selbst zur Verfügung stellt, können weitere Informationen automatisch gesammelt werden. Effektiver Zugang zu billigen und ausführlichen Informationen über das Kundenverhalten und -präferenzen kann genutzt werden, um das Marketing individuell abzustimmen. Um den Schutz persönlicher Daten zu gewährleisten, wird die Erfassung und Verarbeitung persönlicher Daten durch die rechtlichen Rahmenbedingungen eingeschränkt. Die generelle Regel1 besagt, daß Daten nur dann verarbeitet werden dürfen, wenn die registrierte Person (Datensubjekt) dem zustimmt. Offensichtlich wird dieser Regelung in einigen kommerziellen Anwendungen, die im Internet zu finden sind und die detaillierte Informationen über Einkäufe automatisch in einem Kundenprofil ohne weitere Benachrichtigung abspeichern, keine Beachtung geschenkt. Andererseits erlauben einige Sites den Kunden, die Einträge in einem Profil zu betrachten und zu ändern. Ein weiterer Unterschied zum traditionellen Marketing liegt in der Kostenstruktur. In einer Zeitung wird der Preis einer Anzeige durch die Auflage, die vermutete Reichweite, die Positionierung und die Größe der Anzeige bestimmt. Im Internet konzentrieren sich die Bemühungen darauf, Besucher auf die Sites zu locken und ihr Inter- 1 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. 184 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU esse an diesen zu erhalten. Die Kosten für die Darstellung zusätzlicher Informationen (größere Anzeige) sind sehr niedrig. Besonders für kleine Betriebe, die weniger Kapitalkraft haben und ein besseres Preis-Leistungsverhältnis benötigen, ist dies vorteilhaft. Viele Unternehmen nutzen jetzt eine Kombination, bei der traditionelle Kanäle dazu verwendet werden, die Aufmerksamkeit auf die Internet-Site zu lenken. 5.2.2 Bestellung Für Bestellungen im elektronischen Geschäftsverkehr werden im allgemeinen OnlineFormulare, ähnlich den bekannten Formularen im Versandhandel, verwendet. Nach dem Ausfüllen des Formulars wird durch das Versenden des Auftrags (mittels Bestätigung des Anwenders per Mausklick) automatisch eine Nachricht, ein Fax oder ein Datenbankeintrag mit den Informationen des Kunden generiert. Um ein Profil des Kunden erstellen zu können, enthalten solche Formulare oft Eingabefelder für Daten, die für die Geschäftstransaktion nicht unbedingt benötigt werden. Andere Bestellmöglichkeiten, wie beispielsweise eine handschriftliche Mitteilung, ein Telefonanruf oder ein Fax, kommen ebenfalls zur Anwendung. Für neue Kunden im elektronischen Markt können diese, eher traditionellen, Formen den Markteintritt erleichtern, indem der anfängliche ‘Kulturschock’ abgeschwächt wird. Bevor dem Kunden der Kauf bestätigt wird, muß der Verkäufer sicherstellen, daß die Zahlung z. B. über eine Kreditkartenfirma oder eine Internet-Bank erfolgt. Ausgeklügelte Lösungen übertragen zu diesem Zweck Informationen online zu der autorisierten Organisation. Die Autorisierung kann auch offline durchgeführt werden. Dafür läßt sich eine Nachricht an den Kunden mit der Bestätigung des Auftrages erstellen. Abhängig vom Zahlungssystem, kann eine derartige Nachricht lediglich den Auftrag bestätigen, den Nutzer dazu auffordern, ein Fax mit einer Kreditkartennummer zu übermitteln, oder eine andere Handlung verlangen, um sicherzustellen, daß der Verkäufer die Zahlung erhält. 5.2.3 Zahlung Elektronische Bankdienstleistungen stellen für KMU, die ihr Bankkonto über einen PC verwalten, oftmals den ersten Kontakt mit dem elektronischen Geschäftsverkehr dar. Es wurden verschiedene Möglichkeiten entwickelt, um Geld digital darstellen zu können. Diese Methoden können dazu genutzt werden, Produkte und Dienstleistungen, die über das Web bezogen werden, zu bezahlen. Digitales Geld kann, ähnlich wie bei Kreditkarten, nachvollziehbar, oder wie echtes Bargeld anonym und wiederverwendbar sein. Viele Online-Geschäfte akzeptieren unterschiedliche Zahlungsmodalitäten, inklusive traditionellere Formen, wie Zahlung bei Lieferung (Cash on Delivery, COD) oder die Belastung der Kreditkarte des Käufers nach Erhalt einer unterschriebenen Bestellung per Fax. Den meisten Modellen für den Geldtransfer ist gemein, daß eine dritte Partei involviert ist, die die Verifikation der Autorisation und die tatsächliche Zahlungstransaktion durchführt. Dies gilt sowohl für ein virtuelles Bankkonto und eine Kreditkarte, als auch für digitales Geld. Beispielsweise kann der Käufer mit einer elektronischen Geldbörse ausgestattet sein, die wiederum an eine Kreditkarte oder ein Bankkonto gekoppelt ist. Dies ist jedoch für den Verkäufer, der die Zahlung erhält, nicht sichtbar. Kreditkartenunternehmen haben den SET1 Standard (Secure Electronic Transaction) ins Leben gerufen, um den Schutz persönlicher und finanzieller Daten zu gewährleisten. 1 Die von Mastercard und VISA entwickelte SET Spezifikation nutzt öffentliche Schlüssel und Kryptographie, http://www.setco.org/ (Stand am 24. September 1999). 185 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Für die Autorisierung wurden verschiedene Modelle entwickelt. Der Konsument kann sich in die Geldbörse „einloggen” oder eine Transaktion durch die Beantwortung einer E-Mail, die an sein persönliches Konto gesendet wurde, die Übermittlung eines PIN-Codes über Telefon etc., bestätigen. Auch ein digitaler Scheck wird eingesetzt. Die digitale Version funktioniert ähnlich der Papierversion, nutzt jedoch Verschlüsselungen, digitale Unterschriften sowie öffentliche und private Schlüssel. Die Belastung für in Anspruch genommene elektronische Dienste erfolgt für registrierte Nutzer einer kommerziellen Website auf besonders bequeme Art und Weise. Bei der Registrierung wird eine Vereinbarung über die Zahlung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer getroffen. Die tatsächliche Zahlung kann zum Beispiel über ein Bankkonto abgewickelt werden. Schließlich sind über Internet auch Übertragungen von einer Bank zu einer anderen möglich. Eine besonders häufige Form der Autorisierung ist die Verwendung einer Sicherheitskarte, die den Nutzer zur Eingabe eines PIN-Codes auffordert und anschließend einen neuen Code übermittelt, der in einem Feld der OnlineSite, die von der Bank zur Verfügung gestellt wird, eingegeben werden muß. Die Einführung einer oder mehrerer dieser Zahlungsmethoden stellt für ein kleines Unternehmen einen größeren „Sprung” dar als für ein größeres, in erster Linie deshalb, weil die Fixkosten für den Start im Verhältnis zum Umsatz höher sind als für ein größeres Unternehmen. Ein kleines Unternehmen, das noch nicht im Internet tätig ist, wird Kompetenz zukaufen, Hard- und Software kaufen oder sich mit einer Kompromißlösung zufrieden geben müssen. Die Kosten für die Implementierung der Zahlungssysteme können für ein KMU im Verhältnis zum Umsatz bedeutend sein. Abhängig von den Fernkontakten mit den Kunden und der Art der Geschäfte, kann das Risiko nicht-zahlender Kunden steigen. Die Handhabung verschiedener Währungen stellt für KMU ebenfalls eine erheblichere Kostenbelastung dar als für ein größeres Unternehmen. Allerdings besteht noch immer die Möglichkeit, die tatsächliche Zahlungstransaktion offline abzuwickeln, z. B. mit Zahlung bei Lieferung. 5.2.4 Vertrieb von Produkten Jedes digital dargestellte Produkt kann mit Hilfe des Internet transportiert werden. Dies umfaßt alle Arten von Dokumenten, Tönen, Filmen und Software. Natürlich lassen sich nicht alle handelbaren Produkte elektronisch transportieren. In vielen Fällen ist ein Produkt oder eine Dienstleistung (noch) nicht elektronisch abbildbar. Materielle Güter wie Autos und Kleidung müssen auf konventionelle Weise transportiert werden. Allerdings schafft der elektronische Geschäftsverkehr die Möglichkeit, einige Verbindungsglieder in der traditionellen Vertriebskette zu eliminieren, in der der Produzent sich zunächst eines Großhändlers und anschließend eines Einzelhändlers bedienen würde, um schließlich den Konsumenten zu beliefern. Die geringeren Transaktionskosten und die niedrigeren Kosten für die Handhabung von Informationen im elektronischen Markt bestärken den Produzenten, seine Produkte direkt den Kunden anzubieten. Die Transportmodalitäten werden sich für verschiedene Arten materieller Güter ebenfalls unterscheiden. Lebensmittel und Blumen werden überwiegend direkt an die Haustür geliefert und daher nur in urbanen Regionen erhältlich sein, während Autos vom nächsten Hafen abgeholt werden können. Bei vielen Dienstleistungen wird eine vollständig digitale Verkaufsstelle bequemer sein, sowohl für Konsumenten als auch für die Dienstleistungsanbieter. Beispielsweise kann ein Reisebüro über das Web mehr Kunden zu flexibleren Arbeitszeiten mit aktuelleren Informationen versorgen. Selbst für materielle Güter wie Blumen kann der Online-Verkauf wertvoll sein. Tatsächlich ist der Blumenhandel einer der ersten florierenden Geschäftszweige im Web gewesen, in erster Linie, weil sich die Verkaufskosten deutlich senken lassen, selbst wenn das Produkt nicht über das Web transportiert wird. 186 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Während der letzten Jahre waren Initiativen zu beobachten, die den neuen Anforderungen an den Vertrieb gerecht zu werden versuchen. Online-Paketverfolgungssysteme werden häufiger. Diese Art des Kundenservice ist deutlich billiger als die Beantwortung von Telefonanrufen. 5.2.5 Nutzung des Internet und der Technologien zur Unternehmensvernetzung für die wirtschaftliche Zusammenarbeit von KMU Die Kooperation zwischen KMU in Netzwerken, die auf Internettechnologie basieren, kann neue Märkte öffnen1. Von besonderem Interesse sind dabei Netzwerke, die es kleinen Unternehmen ermöglichen, sich gemeinsam mit größeren Unternehmen auf Märkten zu betätigen, die sonst nur großen Unternehmen vorbehalten sind. Das öffentliche Auftragswesen ist hierfür ein gutes Beispiel2. Weitere Beispiele für Kooperationen finden sich im Einzelhandel, wo virtuelle Einkaufszentren existieren3. Eine andere Form der Kooperation ist die Zusammenarbeit zwischen mehreren KMU der gleichen Branche, wie beispielsweise von Weinproduzenten oder Druckern. 5.3 Stand des Elektronischen Geschäftsverkehrs in Europa In der einschlägigen Literatur werden zahlreiche Methoden vorgeschlagen, um die Verbreitung des Internet zu messen. Das generelle Aktivitätsniveau im Internet läßt sich beispielsweise mittels der Gesamtzahl der registrierten Domain-Namen oder der Gesamtzahl der registrierten Server messen. Abbildung 5.1 Anstieg der Anzahl der Internet-Server weltweit, 1989-2000 Anzahl der Server in Millionen 50 40 30 20 10 0 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 Jahr Quelle: Internet Software Consortium. 1 Clusters in Electronic Commerce (Cluster im elektronischen Geschäftsverkehr), http://www.ispo.cec.be/ecommerce/clusters/Welcome.html (Stand am 24. September 1999). 2 Siehe auch Kapitel 2 dieses Berichtes. 3 Electronic Mall Bodensee (Elektronisches Einkaufszentrum Bodensee), http://www.emb.net/ (Stand am 24. September 1999). 187 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 5.1 zeigt das weltweite Wachstum, gemessen in registrierten Servern, während der letzten 10 Jahre. Als Alternative kann die Anzahl der PCs, Modems oder anderer Internetverbindungen je Einwohner verwendet werden. Ein ausführlichen Überblick bietet die OECD1. Das Internet hat sich wesentlich schneller (etwa 10 Mal so schnell) verbreitet als vergleichbare frühere Medientechnologien, wie beispielsweise das Radio. Das Internet wurde 1991 für den kommerziellen Gebrauch zugelassen. Der elektronische Geschäftsverkehr über Internet hat in Europa vor etwa drei Jahren begonnen. Der amerikanische Anteil am globalen elektronischen Geschäftsverkehr betrug 1998 etwa 74 %2. Im Zuge des Wachstums des Nicht-US-Marktes wird der Nicht-US-Anteil von 26 % im Jahr 1998 auf 46 % der weltweiten Ausgaben im elektronischen Geschäftsverkehr im Jahr 2003 ansteigen. Der europäische Online-Marktplatz wird im Jahr 2003 mit 411 000 Millionen Euro einen beträchtlichen Anteil daran haben. Ein anderer Bericht3 prognostiziert, daß bis zum Jahr 2002 die europäischen elektronischen Erlöse 55 % des US-Wertes erreichen werden, und daß die Online-Bevölkerung in der Europäischen Union im Jahr 2003 der in den USA entsprechen wird. In den folgenden Abschnitten wird der Stand des elektronischen Geschäftsverkehrs in Europa nach Ländern, Unternehmensgrößen und Wirtschaftssektoren dargestellt. 5.3.1 Stand nach Ländern Um den elektronischen Markt betreten zu können, müssen die Konsumenten und KMU Zugang zu Terminals (derzeit PCs) für die Kommunikation über das Internet haben. Die Anteile der Konsumenten und KMU mit Zugang ist in Abbildung 5.2 dargestellt. Die Abbildung stellt private Internetzugänge in allen Ländern der Europäischen Union und den Zugang der KMU in allen Ländern, die durch diesen Bericht abgedeckt werden, dar. Die Verbreitung des Internet bei den Konsumenten4 ist vergleichsweise hoch in Schweden (40 %), Dänemark (25 %), den Niederlanden (20 %) und in Finnland (18 %). Der durchschnittliche Anteil mit Zugang liegt innerhalb der EU bei 8 %, das ist weniger als ein Drittel des entsprechenden Durchschnittswertes in den USA (26 %) für 19985. Eine attraktive Preisgestaltung für Ortsgespräche in Island6 hat dazu beigetragen, daß dieses Land zum Jahresende 19987 unter der Bevölkerung die höchste Internetdichte der Welt8 aufwies. 1 OECD, OECD Communications Outlook 1999 (OECD Kommunikationsausblick 1999), Paris, 1999, und http://www.oecd.org/dsti/sti/stat-ana/index.htm (Stand am 24. September 1999). 2 IDC, The globalization of eCommerce (Die Globalisierung des elektronischen Geschäftsverkehrs), 1999, http://www.idc.com (Stand am 24. September 1999). 3 Andersen Consulting, eEurope takes off (eEuropa hebt ab), 1999, http://www.ac.com/ (Stand am 24. September 1999). 4 Internetverbindungen, die auf privater Basis von Konsumenten in den EU-Mitgliedstaaten genutzt werden. 5 Ernst & Young, The second annual report, Ernst & Young Internet shopping study (Der zweite Jahresbericht, Ernst & Young Studie zum Interneteinkauf), London, 1999. 6 OECD, OECD Communications Outlook 1999 (OECD Kommunikationsausblick 1999), Paris, 1999. 7 Computer Industry Almanac Inc., Pressemitteilung, Arlington Heights IL, 1999, http://www.c-i-a.com/199907ciaiu.htm (Stand am 24. September 1999). 8 Zum Jahresende 1998 benutzen 32 % der Bevölkerung in Island das Internet jede Woche (vgl. Computer Industry Almanac). Zu beachten ist, daß die Prozentwerte in Abbildung 5.2 auch die Gelegenheitsnutzer beinhalten. Der Anteil der wöchentlichen Anwender dürfte um 15 bis 30 % niedriger sein als in Abbildung 5.2 angegeben. 188 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Figure 5.2 Anteil der Bevölkerung mit privatem Internetanschluß und Zugang von KMU zum Internet Belgium Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Ver. Königreich EU-15 Island Liechtenstein Norwegen EWR-18 Schweiz Europa-19 0% 10 % 20 % 30 % Konsumenten mit privatem Zugang Quelle: 40 % 50 % 60 % 70 % KMU mit Zugang ENSR Enterprise Survey 1999 und INRA (EUROPE), Measuring Information society (Die Informationsgesellschaft messen), Eurobarometer 50.1, 1999 (deckt ausschließlich Konsumenten in EULändern ab). Die Deregulierung und Reform des europäischen Telekommunikationsmarktes ist derzeit im Gange, auch wenn dies ein langsamer Prozeß ist1. Der griechische Telekommunikationsmarkt bleibt bis 2003 ein staatliches Monopol, das österreichische Monopol wurde 1998 aufgehoben. Eine interessante Entwicklung liegt darin, daß einige europäische Internet Service Provider (ISP) begonnen haben, nicht nur freie Internetzugänge anzubieten, sondern auch freie Telefonverbindungen. Dies wird durch Kooperationen mit Telefonleitungsanbietern erreicht2. Eine stärkere KMU-Präsenz im Web ohne eine entsprechende Präsenz der Bevölkerung, wie in Italien und Deutschland (siehe Abbildung 5.2), kann einen Hinweis für einen besser entwickelten zwischenbetrieblichen Markt, eine Fokussierung auf Exporte oder für eine nachhinkende Entwicklung auf Konsumentenseite darstellen. Festzustellen ist, daß die Verbreitung unter den Konsumenten bei Einbeziehung zusätzlicher Zugänge zu Hause - über Mobiltelefone etc. - steigen wird. Etwa 13 % der europäischen Konsumenten haben Zugang zum Internet an ihrem Arbeitsplatz. Es gibt freilich Überlappungen zwischen der Gruppe mit privaten Internetanschlüssen zu Hause und der Gruppe mit Internetzugängen am Arbeitsplatz. Elektronischer Geschäftsverkehr, der auf dem Wireless Application Protocol (WAP) aufbaut, wird Erwartungen zufolge die Verbreitung des Internet drastisch erhöhen. Wie der ENSR Enterprise Survey 19993 zeigt, haben 42 % aller europäischen KMU Zugang zum Internet. Sowohl in Schweden als auch in Island haben ca. 70 % aller 1 OECD, OECD Communications Outlook 1999 (OECD Kommunikationsausblick 1999), Paris, 1999. 2 Screaming net initiierte diese Aktion, und AOL hat die Implementierung eines ähnlichen Dienstes angekündigt. 3 Siehe Anhang I zu diesem Bericht: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. 189 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht KMU Zugang zum Internet. In Finnland und Norwegen liegt die Zugangsrate bei etwa 60 %. Die niedrigsten Anteile sind in Portugal und Griechenland zu finden, in beiden Fällen jedoch immer noch über 20 %. Tabelle 5.1 Nutzung des Internet durch die europäischen KMU für geschäftliche Zwecke. Die Prozentwerte beziehen sich auf den Anteil der KMU, die bestimmte Geschäftsvorgänge online abwickeln. Nutzung des Internet Verbr. Vertrieb v. Auftrags- Auftrags- Zahlung Erhalt v. Durchschn. Webvon Produkten annahme bestätigung Zahlungen Zahl der KoProd. Info. Vorgänge*operation Belgien Dänemark Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Portugal Schweden Spanien Ver. Königreich EU Island Liechtenstein Norwegen Schweiz Europa-19 15 20 32 21 24 11 22 22 28 21 33 6 34 17 15 21 31 26 24 38 21 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 7 9 14 10 3 1 3 7 6 8 13 3 15 2 5 7 13 8 7 8 7 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 8 12 15 13 7 4 9 11 5 11 16 3 25 5 8 10 23 9 16 9 10 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 9 9 9 11 4 1 9 9 4 11 14 3 27 3 7 7 21 6 14 8 7 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 5 7 7 21 2 0 1 3 3 7 7 2 21 2 3 4 20 4 15 7 4 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 7 5 5 8 3 0 1 3 2 3 5 0 8 1 4 3 12 2 10 3 3 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % 1,4 1,8 1,7 1,7 1,3 1,4 1,5 1,7 1,3 1,8 2,2 1,5 2,1 1,2 1,8 1,6 2,3 1,5 2,0 1,5 1,6 13 10 19 12 25 4 12 9 15 7 26 1 21 4 6 11 12 16 13 22 12 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % * Die durchschnittlliche Zahl der Vorgänge wurde errechnet als die durchschnittliche Zahl der ersten sechs Geschäftsvorgänge, für die das Internet von den KMU mit Internetzugang in jedem Land genutzt wird. Kooperationen für gemeinsame Waren- und Dienstleistungsangebote sind in diesem Durchschnitt nicht enthalten. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 wurde die Nutzung des Internet durch die KMU analysiert. Einige der Resultate sind in Tabelle 5.1 widergegeben. Die durchschnittliche Zahl der Vorgänge (aus sechs möglichen), für die das Internet genutzt wird, ist ein Indiz für die Fortschrittlichkeit der KMU in bezug auf die derzeitige Nutzung des Internet für Geschäftsaktivitäten. Diesem Maß zufolge sind KMU in Island (2,3), Österreich (2,2) und Schweden (2,1) die fortschrittlichsten. Weiterhin zeigt Tabelle 5.1 den Anteil der KMU, die das Internet für die Verbreitung von Informationen über ihre Produkte und Dienstleistungen nutzen. Die Schweizer und österreichischen KMU sind in bezug auf die Darstellung ihrer Waren und Dienstleistungen im Web am aktivsten. 190 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Fallstudie: Das französische Minitel Netzwerk Das Minitel Netzwerk wurde in den frühen 80er Jahren eingeführt und zunächst durch den öffentlichen Sektor finanziert. Die ersten Terminals wurden kostenlos verteilt. Im Jahr 1994 haben 1,2 Millionen französische Haushalte das Minitel für eine Anschaffung genutzt, während in den USA lediglich 800 000 Haushalte das Internet für den Einkauf von mindestens einem Produkt verwendet haben. Im Jahr 1997 nutzten 80 % der französischen Unternehmen das Minitel, und im Jahr 1998 waren ca. 22 % der Bevölkerung daran angeschlossen. Eine bekannte und vertrauenswürdige Drittpartei, die France Télécom, agiert als Vermittler zwischen Lieferanten und Konsumenten. Die ursprüngliche Schnittstelle basierte auf einem monochromen, seitenweise scrollenden Bildschirm, ohne Hypertext und ohne Möglichkeiten für das Abspeichern von Informationen. Das Internet, das auf offenen Standards basiert, entwickelte sich schneller, sowohl in bezug auf die Technologie als auch auf die Anzahl der angeschlossenen Nutzer. Das Minitel wird vermutlich mit dem Internet verschmelzen oder durch dieses ersetzt werden. Quelle: OECD, France’s experience with the MINITEL: lessons for electronic commerce over the Internet (Frankreichs Erfahrungen mit dem MINITEL: Lehren für den elektronischen Geschäftsverkehr über das Internet), Paris, 1998, und INRA (EUROPE), für die GD XIII der Europäischen Kommission, Measuring Information Society (Die Informationsgesellschaft messen), Eurobarometer 50.1, 1999. Die dritte Spalte in Tabelle 5.1 bezieht sich auf den Anteil der KMU, die ihre Produkte oder Dienstleistungen über das Web verbreiten. Schweden und Deutschland sind diesbezüglich die fortschrittlichsten Länder, gefolgt von Österreich und Island. Etwa 10 % der europäischen KMU nehmen Aufträge über das Internet entgegen. In drei Ländern erhalten die KMU Aufträge auf traditionellem Weg und bestätigen diese teilweise über das Web: Belgien (8 % erhaltene Aufträge gegenüber 9 % Auftragsbestätigungen), Schweden (25 % gegenüber 27 %) und das Vereinigte Königreich (8 % gegenüber 7 %). Viele europäische KMU zeigen sich gegenüber Zahlungen oder der Entgegennahme von Zahlungen über das Internet zurückhaltend. Im Durchschnitt aller Länder führen ca. 4 % Zahlungen über das Internet durch, und etwa 3 % erhalten Zahlungen in dieser Weise. Finnland und Schweden (beide 21 %), sowie Island (20 %) liegen bei OnlineZahlungen klar voran. In den meisten Ländern wird das Web von KMU eher für die Begleichung eigener Rechnungen als für den Erhalt von Zahlungen genutzt. Es sei angemerkt, daß viele französische Unternehmen das Minitel1 Netzwerk zusätzlich oder an Stelle des Internet verwenden (siehe Fallstudie). Unter den europäischen KMU sind die österreichischen (26 %) und französischen (25 %) KMU die häufigsten Nutzer des Internet für die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Produktangeboten. Mit mehr als 20 % folgen die KMU in Schweden und in der Schweiz. In einigen Ländern sind KMU bei der Verwendung des Internet für Kooperationen weiter fortgeschritten als bei der Verbreitung von Informationen über ihre Produkte. 1 OECD, France’s experience with the MINITEL: lessons for electronic commerce over the Internet (Frankreichs Erfahrungen mit dem MINITEL: Lehren für den elektronischen Geschäftsverkehr über das Internet), Paris, 1998. 191 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Französische Unternehmen sammelten bereits früh Erfahrungen mit dem Minitel Netzwerk. Dies ist möglicherweise die Ursache für ihre starke Position auf diesem Gebiet. Die österreichische Vorreiterrolle kann ein Ergebnis der langen Tradition der Zusammenarbeit von KMU im Tourismus sein. Ein deutlich sichtbarer Sektor, wie der Tourismus, wird zur Verbreitung in anderen Sektoren beitragen. Tiscover1 ist die bekannteste österreichische Website für den Tourismus. Im Jahr 1998 erhielt die Site 87 000 Buchungen und Informationsanfragen. Die Anzahl der Besucher und Buchungen wächst stark. Fallstudie: Ein spezialisiertes Kooperationsnetzwerk unter KMU im Druckgewerbe Im Jahr 1994 entschlossen sich sieben unabhängige Druckereien an verschiedenen Orten in Norwegen zu einer Zusammenarbeit für die Unternehmensentwicklung. Sie erhielten nationale Fördermittel für die Entwicklung des Netzwerkes. Der Zweck des Netzwerks ‘Trykk i Nor A/S’ bestand in der Bildung eines gemeinsamen Unternehmensprofils, das die Produktspezialisierung der einzelnen Mitglieder erhöht und in der Optimierung des Ressourceneinsatzes innerhalb des Netzwerkes, um insgesamt höhere Gewinne zu erzielen. Alle teilnehmenden KMU haben 6-12 Beschäftigte. Ihre lokalen Märkte weisen keine Überlappungen auf. Das Netzwerk unterstützt zwei Arten der Flexibilität. Erstens wird die Kapazität für die Auftragsverarbeitung erhöht, und zweitens wird das Spektrum der angebotenen Produkte verbreitert. Im Jahr 1996 entschied sich das Netzwerk für die Einführung eines Intranet für zwischenbetriebliche Geschäfte. Informationen über Kompetenzen und Preise werden von allen beteiligten KMU benötigt. Die Anwendung basiert auf standardisierten Formularen für die Kalkulation und die Bestätigung von Anfragen. D. h., die Anfragen sind immer vergleichbar und vollständig. Das Netzwerk hat sich für die teilnehmenden Partner als sehr nützlich erwiesen. Quelle: Olav R. Spilling (Ed.), Perspektiver på næringsutvikling (Perspektiven für die Unternehmensentwicklung), BI årbok, 1997. Ein Netzwerk von Unternehmen, die ähnliche Produkte/Dienstleistungen anbieten, kann für die Erhöhung der Verarbeitungskapazität und der Produktvariationen genutzt werden. Ein Netzwerk von unterschiedlichen aber komplementären Unternehmen ist in der Lage, komplexere Produkte und Lösungen hervorbringen als ein einzelner Betrieb. Das „Trykk i Nor A/S” Netzwerk ist eher der erstgenannten Art von Netzwerk zuzurechnen. Eine ähnliche, größere Initiative in einem anderen Sektor ist die niederländische Metacom Kooperation zwischen vierzig Unternehmen der Metallindustrie. Diese Zusammenarbeit bezweckt ein problemloses Outsourcing. Autolinkki2 ist ein spezialisiertes Netzwerk für den Handel mit Autoersatzteilen zwischen finnischen Groß- und Einzelhändlern. Das System basiert auf EDI und übermittelt über 15 000 Aufträge pro Monat. In Griechenland wurde ein anderes spezialisiertes Netzwerk, Lambda S.A., installiert, das 65 regionale Geschäftspartner miteinander verbindet. Das System wickelt Geschäftstransaktionen für den Vertrieb von Autos und Autoteilen ab. 1 2 192 http://www.tiscover.com (Stand am 24. September 1999). http://www.elma.net/ (Stand am 24. September 1999). Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Sowohl in Frankreich als auch in Luxemburg kooperieren Weingärten, um ihre Produkte anzubieten. Die französische Website1 ist kein Verkaufsgeschäft, sondern ein Großhandelsunternehmen, das auch direkt an ausländische Kunden verkauft. 75 % des Umsatzes werden durch den Export erwirtschaftet. Beide Sites gibt es in französischer und englischer Fassung. Die Site in Luxemburg2 bietet zusätzlich zum Online-Weinverkauf auch weitere Dienste an, wie z. B. Tourismusinformationen, ein Glossar für die Weinverkostung und Weinklubinformationen. 5.3.2 Stand nach Größenklassen und Wirtschaftssektoren Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 zeigen, daß in Gesamteuropa der Anteil der KMU mit Internetzugang mit der Größe der Unternehmen steigt. Tabelle 5.2 zeigt, daß größere KMU das Internet für die meisten der angeführten Aktivitäten häufiger nutzen. Unter den KMU mit Internetanschluß gibt es in bezug auf die durchschnittliche Anzahl von Geschäftsaktivitäten nur geringe Unterschiede zwischen den Größenklassen. Tabelle 5.2 Nutzung des Internet nach Unternehmensgröße, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Durchschnittliche Zahl der Aktivitäten (KMU mit Internetzugang) Verfügbarkeit eines direkten Internetzugangs Verbreitung von Produktinformationen über das Internet Vertrieb von Produkten über das Internet Auftragsannahme Auftragsbestätigung Zahlung über Internet Erhalt von Zahlungen über das Internet Kooperation beim Angebot von Waren und Dienstleistungen 0 1-9 10-49 1,7 33 % 1,6 49 % 1,6 67 % 1,8 86 % 1,6 42 % 14 6 8 6 4 3 27 7 10 9 5 3 42 9 15 12 8 4 59 13 20 16 9 7 % % % % % % 21 % 7% 10 % 8% 4% 3% 29 % 12 % % % % % % % 9% % % % % % % 13 % % % % % % % 19 % 50-249 Gesamt * Die durchschnittliche Zahl der Aktivitäten wird auf die gleiche Art ermittelt wie in Tabelle 5.1. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Die Kooperation über das Internet wird von der Größe des Unternehmens beeinflußt. Außerdem ist ein Trend feststellbar, wonach ältere Unternehmen diese Option häufiger nutzen als jüngere. Die kommerzielle Nutzung des Internet unterscheidet sich nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch zwischen den Wirtschaftssektoren. Zu einem gewissen Teil läßt sich dies auf die Natur des Geschäfts zurückführen. Abbildung 5.3 zeigt den Anteil der KMU, die ihre Produkte über das Internet vermarkten und vertreiben, differenziert nach Wirtschaftssektoren. Alle Sektoren nutzen das Internet für die Präsentation ihrer Waren oder Dienstleistungen. Das Kredit- und Versicherungswesen ist führend in bezug auf die Nutzung des Internet für die Verbreitung von 1 2 http://www.chateaunet.com (Stand am 24. September 1999). http://www.vinsmoselle.lu (Stand am 24. September 1999). 193 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Informationen über sein Dienstleistungsangebot (41 %). Die unternehmensbezogenen Dienstleistungen nutzen das Web am intensivsten für den Vertrieb von Produkten (12 %). In bezug auf Zahlungen und den Erhalt von Zahlungen stellen sich die sektoralen Unterschiede anders dar. Alle Anteile sind wesentlich niedriger. Der Bereich Beherbergung/Gaststätten (weniger als 1 % nutzen das Internet für Zahlungszwecke) muß seine Zahlungen nicht über das Internet abwickeln, da die Kunden physisch an der Hotelrezeption erscheinen. Der Großhandel ist am fortschrittlichsten, hier nutzen 8 % der KMU das Internet, um Zahlungen durchzuführen. Abbildung 5.3 Anteil der KMU, die Produktinformationen und Produkte selbst über das Internet verbreiten, Europa-19 Sachgütererzeugung Bauwesen Großhandel Einzelhandel Beherbergung/Gaststätten Reparaturgewerbe Verkehr/Nachrichtenübermittlung Kredit- und Versicherungswesen Unternehmensbezogene Dienstleistungen Sonstige Dienstleistungen Europa-19 0 5 10 15 20 Verbreitung von Information 25 30 35 40 45 Vertrieb von Produkten Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Auch der Grad der Kooperation über das Internet variiert in den einzelnen Wirtschaftssektoren. In Gesamteuropa nutzen etwa 12 % der KMU das Internet, um gemeinsam Waren oder Dienstleistungen anzubieten. Das Kredit- und Versicherungswesen sowie die unternehmensbezogenen Dienstleistungen erreichen bezüglich Kooperationen über das Internet Werte von mehr als 15 %, und rangieren damit gleich hinter den sonstigen Dienstleistungen (20 %). Auf diese Sektoren folgt der Sektor Beherbergung/Gaststätten mit 13 %. Im Reparaturgewerbe nutzt lediglich 1 % der KMU das Internet für das gemeinsame Angebot von Dienstleistungen. 5.4 Möglichkeiten und Barrieren für die Nutzung des Elektronischen Geschäftsverkehrs durch KMU KMU können sowohl als Käufer als auch als Verkäufer auf dem elektronischen Markt auftreten. Abhängig davon, wer auf dem Markt aktiv ist, gibt es unter- 194 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU schiedliche Möglichkeiten und Hemmnisse. Beispielsweise wird ein Netzwerk, das für die ganze Welt offensteht, mit Sicherheitsproblemen konfrontiert sein, die in einem geschlossenen Netzwerk zwischen Unternehmen kaum vorhanden sind. 5.4.1 Der europäische Konsument im elektronischen Markt Die Konsumenten im europäischen elektronischen Markt spielen eine sehr bedeutende Rolle. Ihr Verhalten und Vertrauen in diesen Markt bedarf jedoch genauerer Analysen. Einige Untersuchungen wurden in Europa und in anderen Märkten durchgeführt, und die Resultate von den anderen Märkten können zumindest teilweise für eine Prognose der europäischen Entwicklung herangezogen werden. Einige spezifisch europäische Präferenzen und Eigenschaften können eine solche Prognose verzerren. Die identifizierten Merkmale sind die folgenden: • Die Sprachbarriere in Europa ist nach wie vor bedeutend. Die meisten Konsumenten ziehen es vor, Geschäfte in ihrer Muttersprache abzuwickeln. Englisch ist zwar die am weitesten verbreitete Fremdsprache in Europa, jedoch sind in einigen Ländern weniger als 20 % der Bevölkerung der englischen Sprache mächtig1. • Die Telekommunikationskosten stellen noch immer eine Barriere für europäische Konsumenten dar, während die Konsumenten in den USA bereits seit langer Zeit kostengünstige oder sogar kostenlose Internetzugänge nutzen können. • Die kulturelle Vielfalt bedingt eine sorgfältigere Entwicklung, als eine bloße Übersetzung der Texte, um andere Länder zu erreichen. Durch die Entwicklung von Technologien und Strategien für dieses Problem der kulturellen Evolution können sich die Länder einen wichtigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. • Die Pro-Kopf-Umsätze im Versandhandel sind etwa halb so hoch wie in den USA, ein Indiz dafür, daß die Europäer an diesen Einkaufsmöglichkeiten weniger Interesse haben2. • Zahlungen ohne Unterschrift auf einem Stück Papier sind im US-amerikanischen elektronischen Markt gängige Praxis. In vielen europäischen Ländern ist dies nicht üblich. • Die Online-Bevölkerung in Europa ist etwas jünger als in den USA3. Für die kommenden Jahre wird mit einem weiterhin steigenden Durchschnittsalter der gesamten Online-Bevölkerung gerechnet4. Die allgemeinen Vorteile für Verbraucher, die den elektronischen Geschäftsverkehr nutzen, beinhalten u. a. aktuellere Produktinformationen, niedrigere Preise und ein größeres Warenangebot von einer größeren Anzahl von Anbietern. Die meisten Nischenprodukte werden in einem lokalen Geschäft nicht erhältlich sein. Zudem lassen sich Geschäftstransaktionen wesentlich effizienter durchführen. Eine im Jahr 1998 durchgeführt Studie5 unter Internetkäufern zeigt die relative Bedeutung von vier Gründen für Online-Shopping (vgl. Tabelle 5.3). 1 Europäische Kommission GD XII/E/6, MLIS, Europa Multilinguis, Sprache und Wirtschaft, Luxemburg, 1998. 2 OECD, The Economic and Social Impact of Electronic Commerce (Die ökonomischen und sozialen Auswirkungen des elektronischen Geschäftsverkehrs), Paris, 1998. 3 GVU, GVU 10th WWW User Survery October 1998 (10. WWW Anwender Studie der GVU, Oktober 1998), Atlanta Georgia, 1999, http://www.gvu.gatech.edu/user_surveys/survey1998-10/graphs/ (Stand am 24. September 1999). 4 eMarketer, Net User Demographics (Web Anwender Demographie), 1999, http://www.emarketer.com/estats/demo_age.html (Stand am 24. September 1999). 5 Ernst & Young, Internet Shopping Survey 1997 (Erhebung zum Interneteinkauf 1997), 1998, http://www.ey.com/ (Stand am 24. September 1999). 195 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 5.3 Reihung der Gründe für das Online-Einkaufen in den USA Grund für das Online-Einkaufen Bequemlichkeit Wegen der größeren Auswahl Um Geld zu sparen Es macht mehr Spaß Quelle: 53 46 45 25 % % % % Ernst & Young, Internet Shopping (Internet-Einkauf), 1998. Die Respondenten wurden unter amerikanischen Konsumenten ausgewählt, die über das Internet einkaufen. Eine weitere, im Jahr 1997 durchgeführte Erhebung1 bei Konsumenten zeigt ebenfalls, daß Bequemlichkeit der wichtigste Grund für das Online-Einkaufen darstellt. Außerdem sind Zeitgewinn, Verkaufsinformationen und fehlender Druck seitens des Verkaufspersonals wichtige Gründe. Die Ergebnisse für das Jahr 1998 zeigen ein ähnliches Muster, nur mit einem höheren Grad an Zustimmung. In diesen Studien wurden lediglich Personen befragt, die das Web bereits für den Einkauf nutzen. Eine in Finnland durchgeführte Erhebung liefert Anhaltspunkte dafür, daß das eingeschränkte inländische Angebot eine wichtige Barriere darstellt2. Ein Merkmal des elektronischen Geschäftsverkehrs ist, ähnlich dem Versandhandel, das Fehlen einer physischen Prüfungsmöglichkeit der Waren durch den Käufer. Dies stellt, gemeinsam mit der einzurechnenden Zeit für die Lieferung, einen Nachteil für den Verkauf bestimmter Warengruppen, wie beispielsweise frische Früchte, dar. Dennoch existieren in Island bereits seit einigen Jahren zwei elektronische Auktionsveranstaltungen für frischen Fisch. Traditionelles Einkaufen beinhaltet die persönliche Aufmerksamkeit des Verkaufspersonals. Dieses kann, bezogen auf die Informationsleistung, durch OnlineDiskussionsgruppen ersetzt werden, die andere Kunden und technische Experten des Anbieters einbeziehen. Durch die Vorteile der asynchronen Kommunikation kann ein KMU damit eine höhere Anzahl von Kunden mit weniger Personal bedienen. Jedoch verlangen einige Kunden (und Waren) nach einer persönlichen Beratung vor Ort. Beispielsweise bevorzugen die meisten Kunden noch immer, einen Anzug persönlich zu kaufen. Die persönliche Seite des Geschäfts ist mit dem Internet und seiner Beschränkung auf visuelle und akustische Reize schwer zu vermitteln. 5.4.2 Möglichkeiten für KMU im elektronischen Markt Die Markterweiterung ist einer der wichtigsten Gründe für KMU, in den elektronischen Geschäftsverkehr einzusteigen. Weitere Motivationsfaktoren sind eine bessere Servicequalität für die Kunden und Wettbewerbsvorteile. Während das neue Medium den Zeitaufwand für das Marketing im allgemeinen reduziert, ist erfolgreiche Werbung und die Schaffung von Anreizen für Impulskäufe schwierig, möglicherweise insbesondere im Internet aufgrund des permanenten Informationsüberangebots. Das große Vertrauen, das eine bekannte Schutzmarke genießt, kann für KMU mit einer Eintragung in bekannte Verzeichnisse ausgeglichen werden, die die Seriosität des 1 GVU, GVUs 8th WWW User Survey (8. WWW Anwender Studie der GVU), Atlanta, Georgia, http://www.gvu.gatech.edu/user_surveys/ (Stand am 24. September 1999), Antworten differenziert nach US-, europäischen und anderen Märkten. 2 Untersuchung der finnischen Gallup Web, http://www.gallupweb.com/press9.htm (Stand am 24. September 1999, in Finnisch). 196 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Unternehmens unterstreichen. Eine andere Möglichkeit sind regelmäßige Bewertungen. Im Vereinigten Königreich werden anerkannte Prüfer gegen Ende 1999 einen „kitemark”-Service (Prüfzeichen) anbieten, der Nutzern die Integrität einer Site garantiert. Die Sites werden quartalsweise in Hinblick auf Sicherheit, Datenschutz und Integrität bewertet. Eine ähnliche Initiative wird derzeit in Norwegen umgesetzt1. Die Präsenz im Netz kann dazu genutzt werden, die Kommunikation mit den Kunden zu verbessern, was letztlich zu höherer Kundenzufriedenheit und besseren Produkten führt. Indem notwendige Informationen zur Verfügung gestellt werden, kann ein KMU sicherstellen, daß ein Käufer, der online bestellt, weiß, was er kauft, bevor er das Verkaufspersonal kontaktiert, wodurch die Effizienz der Geschäftstransaktionen steigt. Online-Produktservice kann die Kosten des Kundendienstes reduzieren und gleichzeitig die Qualität des Service steigern. Der elektronische Geschäftsverkehr kann auch dazu dienen, KMU ein Profil zu geben. Der Markt für das öffentliche Auftragswesen bleibt einzelnen KMU oft verschlossen, obwohl diese mit größeren Unternehmen konkurrieren könnten, wenn sie in diesem Markt kooperieren. Durch Kooperationen kann eine Gruppe von KMU Waren und Dienstleistungen auf ähnliche Weise anbieten wie GU. Einige wichtige Aspekte betreffen das Liefervolumen und die Lieferzeit. Auch die Fähigkeit, einen stabilen Kundendienst zur Verfügung zu stellen, kann bei Lieferungen an öffentliche Einrichtungen sehr bedeutend sein. Kleine Unternehmen können durch Kooperationen gemeinsam ihre Leistung in bezug auf diese Aspekte verbessern. Durch die Nutzung des Internet kann die Kooperation gestärkt und potentiellen Kunden demonstriert werden. Für öffentliche Einrichtungen, die Ausschreibungen erstellen, ermöglicht der elektronische Geschäftsverkehr neue, effizientere Wege für den Vergleich mehrerer Angebote. Tenders Electronic Daily (TED)2 beispielsweise ist eine Datenbank im Internet, die von der Europäischen Kommission veröffentlichte Ausschreibungen enthält. Nationale Verwaltungen haben ähnliche Systeme entwickelt, wie zum Beispiel in Schweden. Die Verantwortlichen in Schweden berichten über beträchtliche Einsparungen durch eine effizientere Handhabung der Rechnungslegung3. In Italien hat die Stadtverwaltung von Bologna in Kooperation mit der Telecom Italia begonnen, Experimente mit verschiedenen interaktiven Systemen für die Auswahl von Produkten und für Finanztransaktionen durchzuführen. Die Stadt stellt elektronische Möglichkeiten zur Begleichung von Schulgebühren, Steuern, Abgaben etc. zur Verfügung. Ein Einzelhändler und ein Reisebüro bieten ihre Waren und Dienstleistungen ebenfalls in diesem System an. In Finnland wurde eine Initiative ergriffen, um eine elektronische Identifikationskarte und einen elektronischen Personalausweis zu entwickeln und die öffentliche Verwaltung leichter zugänglich zu machen sowie eine Infrastruktur für den elektronischen Geschäftsverkehr zu schaffen4. Die Nutzung einer Web-Schnittstelle für Geschäftsvorgänge kann zu besseren Führungsinformationen und zu einer besseren Lagerkontrolle führen. Die Handhabung von Zahlungen und Geschäftspapieren läßt sich online wesentlich kosteneffektiver durchführen. Außerdem werden Aufzeichnungen über die Transaktionen automatisch generiert. Die Feinabstimmung einer Just-in-Time-Produktion kann die Kosten der Lagerhaltung meist deutlich verringern. Dies ist zwar nicht neu, jedoch sind die dafür 1 http://www.eforum.no/ (Stand am 24. September 1999, in Norwegisch). http://ted.eur-op.eu.int/index2.htm (Stand am 24. September 1999). 3 http://www.linkoping.se/kommun/it_verksamhet/it_projekt/e_handel/default.asp (Stand am 24. September 1999, in Schwedisch). 4 http://www.vn.fi/vm/english/public_management/eid.html (Stand am 24. September 1999). 2 197 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht benötigten Instrumente wesentlich effektiver, wenn sie im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs eingesetzt werden. Dies, in Kombination mit einer kleinen Verkaufsorganisation, kann KMU einen Wettbewerbsvorteil gegenüber etablierten größeren Unternehmen verschaffen. Interessanterweise zeigt der ENSR Enterprise Survey 1999, daß sich größere KMU (typischerweise mit einer etablierten OfflineVerkaufsorganisation) eher Sorgen um den Zugang der Kunden zum elektronischen Markt machen als kleinere Betriebe (siehe auch Tabelle 5.4). Traditionelle Formen des Handels werden an das Internet angepaßt und transformiert. Zum Beispiel erfreuen sich Auktionen,1 auf denen Konsumenten oder Unternehmen ihre Waren oder Überschüsse über eine dritte Partei der Öffentlichkeit anbieten können, wachsender Beliebtheit. Eine andere aufstrebende Form stellen „Informationssammler” dar, die Informationen über Produkte und Dienstleistungen, die die Kunden interessieren, sammeln. „Informationssammler” konzentrieren sich auf das Sammeln, nicht auf das Schaffen von Daten. Beispiele hierfür finden sich u. a. im Bereich Chemie2, bei den Versicherungen oder im Bereich des Organisierens von Hochzeiten. Börsen stellen Kassamärkte für den Online-Handel mit Industriegütern zur Verfügung. Weitere Beispiele finden sich im Energiehandel3 und im industriellen Emissionshandel. Diese und andere aufstrebende Formen eröffnen Chancen für neue KMU in bezug auf den Eintritt in den elektronischen Markt. Fallstudie: Ein Installateur mit einer neuen Idee Brdr. A&O Johansen ist ein Großhändler, der unabhängige Installateure bedient. Da Installateure generell am Ort des Kunden tätig sind, benötigen sie gut funktionierende mobile Werkstätten und Lager. Zur Lösung dieses Problems wurde von Brdr. A&O Johansen ein Konzept basierend auf IKT entwickelt. Brdr. A&O Johansen verkauft mobile Werkstätten, die mit Werkzeugen und einem Grundangebot an Waren ausgestattet sind. Der Lieferwagen bietet gute Organisationsmöglichkeiten durch Regalsysteme und Kästen. Alle Waren sind mit Strichcodes versehen, die verwendeten Teile werden mit einem Barcode-Stift erfaßt und im Computer des Lieferwagens gespeichert. Die Genialität dieses Systems besteht darin, daß Brdr. A&O Johansen anbietet, die Bestände mit Hilfe eines auf IKT basierenden Lagerverwaltungssystems täglich, oder wann immer der Kunde dies wünscht, wieder aufzufüllen. Das einzige, was der Installateur tun muß, ist, ein entsprechendes E-Mail zu versenden. Dem Großhändler ist es gelungen, einen Mehrwert zu seinen Dienstleistungen in Form eines Zusatzdienstes zu erbringen, so daß für die Kunden kein Anreiz besteht, bei anderen Lieferanten einzukaufen. Der Erfolg wird durch folgende Punkte bestimmt: • Die Konstruktion des Lieferwagens fördert die Effizienz bei der täglichen Arbeit durch ein sorgfältig organisiertes System, das sich in einem Lieferwagen nicht immer leicht aufrechterhalten läßt. • Die sofortige Registrierung der verwendeten Güter führt zu geringerem Abfallvolumen, da der Spielraum für Fehler signifikant reduziert wird. • Der Strichcode und das Computersystem helfen dem Installateur bei der Verwaltung seines eigenen Lagerbestandes, inklusive einer effizienten Lagerentnahme und Bestellung neuer Güter. Quelle: KRS-Consult, Coopers & Lybrand, DTI Industrial Analyses für die dänische Handelskammer, Best Practice Manual for the Use of Internet and Electronic Commerce (Beste Verfahren Handbuch für die Nutzung von Internet und elektronischem Geschäftsverkehr), 1998. 1 2 3 198 http://www.jubii.dk/, http://www.Quixell.com/ (Stand am 24. September 1999). http://www.chemdex.com/ (Stand am 24. September 1999). http://www.altranet.com/ (Stand am 24. September 1999). Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU 5.4.3 Barrieren, die die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs behindern Der elektronische Geschäftsverkehr hat sich in Europa bei KMU noch nicht richtig durchgesetzt. Die Barrieren können unterschiedliche Ursprünge haben, nämlich die KMU, die Konsumenten, die Technologie und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Alle Handelstransaktionen setzen einen bestimmten Grad an Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer voraus. Im elektronischen Geschäftsverkehr müssen alle Beteiligten zusätzlich auch Vertrauen in die Technologie haben, um diese Form des Geschäfts durchzuführen. Eine weitere Voraussetzung ist die vorhandene Infrastruktur. Es müssen PCs und andere Geräte zur Verfügung stehen und mit dem Internet verbunden sein. Die Infrastruktur muß in der Lage sein, alle benötigten Anwendungen zu ermöglichen. Im folgenden werden potentielle Barrieren in vier Kategorien aufgelistet. KMU-bezogene Faktoren • Auffassung, daß elektronischer Geschäftsverkehr für das Unternehmen nicht geeignet ist • Schutz etablierter Verkaufskanäle • Sorgen bezüglich der Rentabilität • Erwartungen, die die Teilnahme von Konsumenten am elektronischen Markt betreffen • Sprachbarrieren im internationalen Handel • Fehlendes Vertrauen in das Zahlungssystem • Fehlen notwendiger IT-Kompetenzen Technische Faktoren • Ausreichend schnelle Infrastruktur • Kein etabliertes Zahlungssystem Konsumentenbezogene Faktoren • Unzureichende Kenntnis und Bekanntheit des elektronischen Geschäftsverkehrs unter den Konsumenten • Gewohnheiten der Konsumenten und Stand des Einkaufens über Internet • Sprachbarrieren im internationalen Handel • Fehlendes Vertrauen in das Zahlungssystem • Kosten der Telekommunikation und der Endanwenderausstattung • Schutz persönlicher Daten Rechtliche Faktoren • Konsumentenrechte • Sicherheitsfragen und Schutz persönlicher Daten • Schutz von Urheberrechten • Fiskalische Probleme (Mehrwertsteuer) und andere Regulierungen, die die Nutzung des internationalen elektronischen Geschäftsverkehrs betreffen Der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigt, daß der wichtigste Grund für die NichtNutzung des Internet für den Verkauf von Waren und Dienstleistungen der 199 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Eindruck ist, daß dies für das Unternehmen nicht anwendbar ist (43 %) (siehe Tabelle 5.4). Dieser Grund ist für kleine KMU bedeutender als für große. In Liechtenstein (20 %), Dänemark (23 %) und Österreich (24 %) findet sich diese Beurteilung seltener. Portugal (62 %), Griechenland (56 %) und Frankreich (54 %) sind die Länder, wo dieser Standpunkt am häufigsten vertreten wurde. Diese Anteile beziehen sich auf KMU, die das Internet nicht für geschäftliche Zwecke nutzen. Mangelnde Information und Bekanntheit von guten Beispielen in bezug auf den elektronischen Geschäftsverkehr können den Eindruck entstehen lassen, daß der Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Internet für das Unternehmen nicht geeignet ist. Für französische KMU könnte allerdings der Zugang zum Minitel eine Alternative zum Internet darstellen. Die hinter dieser Kategorie liegenden Gründe beinhalten die Wahrnehmung, daß das Unternehmen für den elektronischen Geschäftsverkehr zu klein sei. Einige gehen davon aus, daß dieses Medium für ihre Branche nicht relevant ist, wie z. B. der Reinigungsbereich, andere denken, daß ihre Organisation oder ihre Klientel zu konservativ ist, um sich mit den neuen Möglichkeiten anfreunden zu können. Die bestehenden Verkaufskanäle funktionieren gut, also besteht keine Notwendigkeit für neue. Tabelle 5.4 Die wichtigsten Gründe für KMU, das Internet nicht für den Verkauf von Waren und Dienstleistungen zu nutzen, in Prozent der Unternehmen, die das Internet nicht für Geschäftsvorgänge verwenden, Europa-19 Anzahl der Beschäftigten Barriere Für das Unternehmen nicht geeignet Bin nicht der Meinung, daß es rentabel wäre Kein ausgebildetes Personal verfügbar Kunden haben keinen ausreichenden Zugang zum Internet Telefonkosten sind zu hoch 0 1-9 10-49 50-249 Gesamt 44 % 10 % 8% 42 % 10 % 7% 36 % 11 % 6% 30 % 10 % 5% 43 % 10 % 7% 5% 6% 7% 4% 8% 2% 10 % 0% 6% 5% Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Die nach der Einschätzung, daß der elektronische Geschäftsverkehr nicht geeignet ist, drei wichtigsten Barrieren sind: Zweifel an der Rentabilität (10 %), Mangel an ausgebildetem Personal (7 %) und ungenügender Zugang von Kunden zum elektronischen Markt (6 %). Ausreichender Zugang der Kunden zum Internet stellt natürlich eine wichtige Voraussetzung für den Handel zwischen Unternehmen und Konsumenten dar. Die Wahrnehmung dieses potentiellen Hemmnisses unter den KMU ist in Tabelle 5.4 dargestellt. Siehe dazu auch Abbildung 5.2 über die Verbreitung des Internet innerhalb der Bevölkerung und bei KMU. Diese Barriere kann auch mit der weitverbreiteten Meinung in Verbindung stehen, daß der elektronische Geschäftsverkehr für KMU nicht geeignet ist. KMU, die bereits online sind, machen sich eher Sorgen über den Zugang von Konsumenten zum Internet (11 %) als solche KMU, die noch keinen Zugang haben (5 %). Der Zugang von Kunden zum Internet ist für 20 % der mittleren Unternehmen, die bereits Zugang zum Internet haben, die wichtigste Barriere. Einige KMU gehen nicht davon aus, daß sich der Einstieg in den Internetmarkt auszahlen würde. Interessanterweise ist dies das wichtigste Argument gegen eine 200 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs in einigen der Länder, die gerade darin am weitesten fortgeschritten sind, beispielsweise in Österreich, Finnland und Schweden (alle mehr als 15 %) (siehe auch Tabelle 5.1). Allerdings reihen KMU in Island diese Barriere an die letzte Stelle (weniger als 1 %). Vor allem in Frankreich (16 %), Griechenland (12 %), Deutschland (10 %) und in Schweden (9 %) sehen KMU im Mangel an ausgebildetem Personal den wichtigsten Grund für die Nicht-Nutzung des Internet. Französische (16 %), italienische und österreichische (beide 9 %) KMU weisen in bezug auf die Kosten für den Online-Zugang als Barriere die meisten Nennungen innerhalb von Europa-19 auf. Die Internet-Hardware ist, verglichen mit der französischen Minitel-Hardware, teuer. Die Telefonkosten werden von 11 % der spanischen und österreichischen KMU und von 9 % der italienischen und isländischen KMU als größtes Hemmnis genannt (obwohl in Island Internetzugänge von Konsumenten weltweit am verbreitetsten sind). Eine attraktive Preisgestaltung verglichen mit analogen Leitungen hat z. B. in Deutschland und Luxemburg die Installation von ISDNAnschlüssen beschleunigt. Telefonkosten sind für kleine Unternehmen ein bedeutenderes Hindernis als für größere (siehe Tabelle 5.4). Viele KMU sind bereits intensive Nutzer der Telekommunikation, woraus zu schließen ist, daß Verbindunsgentgelte für das Internet keine bedeutende Rolle spielen werden. Es ist anzunehmen, daß sich die Telekommunikationskosten eher entscheidend auf die Teilnahme von Konsumenten auswirken werden. Fehlendes Vertrauen in die Technologie (1 %) und fehlende Sicherheit (weniger als 1 % in Europa) wurden von der Mehrheit der KMU in den meisten Ländern nicht als die wichtigsten Barrieren identifiziert. Dennoch wählten 5 % der KMU in Deutschland und 6 % in Norwegen fehlendes Vertrauen in die Technologie als bedeutendstes Hemmnis. Mangelndes Vertrauen in die rechtlichen Rahmenbedingungen erhielt nur geringe Prozentwerte von den KMU in Europa-19. Möglicherweise stellt dies ein wichtigeres Anliegen für Konsumenten dar. Zusätzlich zu den oben genannten Barrieren, bildet die Sprache auch heute noch ein bedeutendes Hindernis für den internationalen Handel in Europa. Beispielsweise zeigt eine Studie1, daß 60 % der Einwohner in den ‘alten’ EUMitgliedstaaten2 kein Englisch sprechen. In einigen Ländern sprechen weniger als 20 % der Bevölkerung Englisch. Ähnlich stellt sich die Situation auf der Angebotsseite dar. Innerhalb der Europäischen Union sind etwa 40 %3 aller kommerziellen Websites nicht in Englisch verfügbar. Das Internet, in erster Linie eine englischsprachige Arena, ist daher meist außer Reichweite für viele potentielle Konsumenten mit einer anderen Muttersprache. Die derzeitige Entwicklung wird verstärkt Sites in nationalen Sprachen hervorbringen. Es wird erwartet, daß die nationale Nutzung des Internet an Bedeutung für die Wirtschaft gewinnt. Beispielsweise werden in Finnland die meisten Online-Einkäufe im eigenen Land getätigt4. Einige Länder haben bereits Programme bereitgestellt, um Barrieren für den internationalen Handel abzubauen, z. B. in Finnland 1 Europäische Kommission GD XIII/E/6, MLIS, Europa Multilinguis, Sprache und Wirtschaft, Luxemburg, 1998. 2 Belgien, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Portugal. 3 Europäische Kommssion GD XIII/A3, Studie GI 2.2196, von Databank Consulting, IDATE, TNO, Brüssel-Luxemburg, 1997. 4 Untersuchung der finnischen Gallup Web, http://www.gallupweb.com/press9.htm (Stand am 24. September 1999, in Finnisch). 201 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht und in Italien1. Das Finnish Institute for International Trade (Finnisches Institut für Internationalen Handel - FINTRA) publiziert Handbücher und Sprachlernmaterialien, um Unternehmen bei ihren internationalen Operationen zu unterstützen. Das Italienische Institut für Außenhandel bietet insbesondere für KMU Schulungen im Bereich internationaler Handel und Marketing an. Eine ähnliche Initiative wurde von FORMEDIA in Portugal ins Leben gerufen. In Hinblick auf zwischenbetriebliche Transaktionen und Transaktionen zwischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung sind die Barrieren teilweise dieselben wie im Bereich zwischen Unternehmen und Konsumenten. Ersteres bezieht sich vor allem auf längerfristige Wirtschaftsbeziehungen zwischen bekannten und vertrauensvollen Partnern, mit denen Transaktionen rationalisiert werden können. Die Kosten für die Einführung von EDI bilden noch immer eine Barriere für viele kleine Unternehmen. Der Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen wird auf ca. 70 %2 des gesamten Online-Handelsvolumens geschätzt. Das interessanteste Potential für den elektronischen Geschäftsverkehr liegt derzeit im Verhältnis zwischen Unternehmen und Konsumenten. 5.5 Die Auswirkungen des Elektronischen Geschäftsverkehrs Die Nutzung des Internet für Geschäftstätigkeiten hat die Wirtschaft bereits in gewissem Maße verändert. Beispielsweise werden jetzt der Einkauf, der Kundendienst und die Produktwartung in der IKT-Industrie oft über Internet abgewickelt. Interaktivität ist eine der wichtigsten technischen Eigenschaften, die Veränderungen ermöglichen. Es besteht das Potential für einige große Veränderungen in weiteren Wirtschaftssektoren. 5.5.1 Die globalen Auswirkungen auf den Markt Abhängig von den Eigenschaften der gehandelten Waren und Dienstleistungen und der Art, wie der Handel durchgeführt wird, lassen sich unterschiedliche Auswirkungen des elektronischen Geschäftsverkehrs in bezug auf die Distributionsstruktur, die Größe und die Entwicklung von KMU erwarten. Beispielsweise können Auktionen, die auf den Handel zwischen Konsumenten abzielen, ein größeres Publikum erreichen, indem sie mehr lokale Sites zur Verfügung stellen und dabei sprachliche wie kulturelle Unterschiede berücksichtigen, während Softwareverkäufer mit nur einer zentralen Geschäftsstelle auskommen. Jedoch könnten auch Softwareverkäufer von nationaler und regionaler Spezialisierung profitieren. Derzeit experimentieren große Unternehmen, zum Beispiel in der Unterhaltungselektronik, mit Direktverkauf über das Web, zusätzlich zu traditionellen Verkaufskanälen. Dies kann langfristig Auswirkungen auf die Vertriebsstruktur haben. Ein Beispiel für strukturelle Veränderungen ist zum Beispiel am schwedischen Immobilienmarkt zu beobachten. Viele Immobilienmakler sind im Internet vertreten. Allerdings nutzen die meisten von ihnen nicht das volle Potential dieses Marktplatzes. Diese Site3 1 Europäische Kommission GD XIII/E/6, MLIS, Europa Multilinguis, Sprache und Wirtschaft, Luxemburg, 1998. 2 EITO, European Information Technology Observatory 99 (Europäisches Beobachtungsnetz für Informationstechnologie), Frankfurt, 1999. 3 http://www.agarendirekt.se/ (Stand am 24. September 1999). 202 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU steht nicht nur Käufern offen, sondern auch Personen, die Häuser verkaufen. Indem das Volumen erhöht wird, kann ein billigerer Service angeboten werden. Neue Unternehmen, die ausschließlich auf virtuellen Aktivitäten basieren1, sind bereits entstanden. Es handelt sich meist um Intermediäre in neuen Märkten. Redefinition, und in einigen Fällen auch Elimination von Vermittlungstätigkeiten, stellen ebenfalls einen generellen Trend in der elektronischen Ökonomie dar2. Es gibt keine technische Notwendigkeit für die Vertreibung von Waren über Intermediäre. Allerdings wird noch immer eine Rolle zu besetzen sein, um die begleitenden Maßnahmen vor und nach dem Verkauf durchzuführen. Zusätzlich werden, als Ergebnis einer zuvor nicht vorhersehbaren Kombination aus Umfang und Zugangsmöglichkeit des internationalen Marktes, neue Funktionen, wie z. B. die eines Informationsbrokers, erforderlich. Amazon.com ist ein neuer Intermediär, der die neuen Medien umfassend nutzt. Der Bücherladen um die Ecke wäre gut beraten, sich zu überlegen, welche Vorteile ein Kunde hat, wenn er das Geschäftslokal physisch betritt und in realem Kontakt mit dem Händler und den Waren steht. Welche zusätzlichen Dienste könnten Kunden dazu veranlassen, immer wieder zu kommen, selbst wenn dieselben Bücher günstiger über das Web bezogen werden können? Die Natur der asynchronen Kommunikation erlaubt es einer kleineren Gruppe der Belegschaft eine größere Anzahl von Kunden zu bedienen. Dies entspricht dem Prinzip des Versandhandels, da eine Website den gesamten Markt versorgen kann, und deshalb keine Notwendigkeit für die Eröffnung von Büros in jedem Land besteht, in dem das Unternehmen aktiv ist. Jedoch ist in einigen Bereichen des Handels ein engerer Kontakt zu den Marktteilnehmern von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise ist die 1997 errichtete Website Quixell3, deren Inhalt eine Auktion unter Konsumenten ist, bereits in mehreren europäischen Sprachen verfügbar. Diese Site bietet kleinen Unternehmen ein System an, um die Auktionsfunktionalität auf deren eigenen Sites zu integrieren. Amazon.com eröffnet ebenfalls lokale Sites in Europa. Es gibt einige potentielle Gefahren für KMU in Zusammenhang mit der Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs; insbesondere im Einzelhandel ist eine Entwicklung, ähnlich wie sie bereits mit Entstehung der Einkaufszentren stattgefunden hat, denkbar. Einkaufszentren haben die Art verändert, in der Konsumenten ihre Einkäufe tätigen. Als Konsequenz mußten viele KMU negative Auswirkungen auf ihre Umsätze hinnehmen. Mehr und mehr werden kleine KMU aus anderen Sektoren als dem IKT-Sektor in der Lage sein, diesen Markt zu erschließen, da die IKT-Produkte verbessert werden und die Preise fallen. Die Nutzung von Sites für Geschäftsaktivitäten wird wahrscheinlich so gängig sein, wie die Verwendung eines Telefons. Natürlich gibt es Beispiele von Firmen, für die der Eintritt in diesen Markt keinen Erfolg nach sich gezogen hat. Deswegen sind Fallstudien zu besten Verfahren nützlich, und ist eine gute Unternehmensstrategie von essentieller Bedeutung. Erhöhte Interaktivität kann Kunden in einem größeren Ausmaß in die Produktentwicklung einbinden. Dadurch können Unternehmen auch ein besseres Verständnis für ihre Kunden und deren Bedürfnisse und Präferenzen gewinnen. Dies stellt einerseits eine Gefahr für den Datenschutz dar und liefert andererseits die Möglichkeit für eine maßgeschneiderte Produkterstellung. 1 http://www.yahoo.com/ (Stand am 24.September.1999) oder Digi http://w3.digi.no/ (Stand am 24. September 1999). 2 http://www.oecd.org/ (Stand am 24. September 1999). 3 http://www.quixell.com (Stand am 24. September 1999). 203 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Fallstudie: Buyonet - ein schwedischer Softwareeinzelhändler Das Unternehmen hat sich aus einem kleinen schwedischen Softwarevertrieb heraus entwickelt, das mit den physischen Aspekten der Zustellung von Software gekämpft hat. Es erkannte das Potential des Internet als Zustellungssystem, erarbeitete ein Konzept, das Zahlung, Lieferung und Verkaufsprotokollierung unterstützt und sprach Beteiligungskapitalgeber für die Finanzierung des Handelssystems an. Buyonet verkauft Software, die (zu einem gewissen Teil) in sechs europäischen Sprachen präsentiert wird, auf elektronischem Weg. Die dargestellte Währung wird der Nationalität der Besucher automatisch angepaßt oder kann manuell ausgewählt werden. Das Unternehmen verfügt über kein physisches Lager, schließt jedoch Verträge mit Softwareproduzenten ab, die es ihnen ermöglichen, Kopien der Software zu erstellen und über das Internet an Konsumenten zu vertreiben. Verkaufsberichte werden monatlich an jeden Softwareproduzenten versendet und Konten elektronisch abgeglichen. Buyonet hat außerdem einen Kontrollmechanismus in das Handelssystem eingebaut, der es den Softwareproduzenten ermöglicht, die Verkaufszahlen ihrer Produkte selbst zu überprüfen. Das Unternehmen ging im Jahr 1997 online. Derzeit deckt das Unternehmen lediglich die Kosten der Mitarbeiter ab und erwartet nicht, in nächster Zeit Gewinne zu erwirtschaften. Es investiert derzeit stark in den Aufbau seines Markennamens, als langfristige Basis für die Rentabilität des Unternehmens. Es beabsichtigt, das amazon.com der Computersoftwarewelt zu werden. Derzeit befinden sich tausende Softwaretitel auf seiner Liste, und sein Ziel ist es, jede existierende Software anbieten zu können. Der elektronische Geschäftsverkehr hat praktisch alle Logistikkosten eliminiert und ermöglicht es dem Unternehmen, Produkte zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten. Standorte des Unternehmens sind Schweden und die USA. Quelle: http://www.buyonet.com (Stand am 24. September 1999). KMU mit Internetzugang sind häufiger im Export tätig und haben einen höheren Exportanteil am Umsatz als jene, die keinen Zugang haben. Dies gilt für alle Größenklassen. Tabelle 5.5 zeigt, daß Unternehmen, die einen Zugang zum Internet haben und den elektronischen Geschäftsverkehr für zumindest eine Geschäftsaktivität nutzen, häufiger im Export tätig sind als jene, die nicht im elektronischen Geschäftsverkehr tätig sind. Außerdem zeigt die Tabelle, daß die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs mit steigender Größe zunimmt. Nach einer Schweizer Studie1 verfügen 90 % der Schweizer KMU, die internationale Märkte bearbeiten, über einen Internetanschluß, verglichen mit 40 % bei den regional ausgerichteten KMU. Der Unterschied zwischen exportierenden und nicht-exportierenden Unternehmen wird mit steigender Größe der KMU kleiner. Dies könnte darauf hinweisen, daß die Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs insbesondere für kleine KMU den Zugang zum internationalen Markt verbessert. Tabelle 5.5 Verhältnis zwischen Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs und Export im Zeitraum 1997 bis 1998, nach Unternehmensgröße, Europa-19 Größenklasse Exportierende Unternehmen 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte 27 55 59 71 % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 1 204 http://www.kmuinfo.ch/ (Stand am 24. September 1999). Nicht-exportierende 18 29 49 69 % % % % Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Wenig Hinweise gibt es darauf, daß der elektronische Geschäftsverkehr Beschäftigungsverschiebungen verursacht. Kurzfristig wird möglicherweise eher das Gegenteil zu beobachten sein, als Folge davon, daß Unternehmen mit den neuen Geschäftsformen experimentieren. Der elektronische Geschäftsverkehr hatte bereits Auswirkungen auf die Preise. Fluggesellschaften wie SAS stellen beispielsweise zeitlimitierte Angebote ins Web, und einige IT-Anbieter bieten einen Rabatt an, wenn über das Web gekauft wird. Die Nutzung der geographischen Flexibilität, die in der vernetzten Wirtschaft besteht, kann diese Entwicklung noch weiter treiben. 5.5.2 Die internen Auswirkungen auf KMU Für Unternehmen, die im elektronischen Geschäftsverkehr aktiv sind, wird die Geschäftsausweitung eher durch eine Systemaufwertung erreicht als durch die Eröffnung neuer Verkaufsbüros. Beide Ansätze setzen Investitionen voraus. Allerdings ist das virtuelle Geschäft flexibler und in den meisten Fällen kostengünstiger als der Aufbau eines physischen, neuen Geschäftes oder Verkaufsbüros. Der Eintritt in den elektronischen Markt stellt für viele KMU einen natürlichen Weg dar, um sich von einem regional zu einem national oder sogar international orientierten Unternehmen zu entwickeln. Für diese neue Art der Geschäftsstrategie sind zusätzliche Fertigkeiten erforderlich, sowohl für die technische Entwicklung als auch für die Wartung einer kommerziellen Anwendung und manchmal auch für die Erschließung des Marktes in neuen Regionen mit anderen Sprachen oder Kulturen. Eine umfassende Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs in ein Unternehmen verlangt die Koordination zwischen allen Unternehmensfunktionen. Dies kann z. B. neue Formen der Kooperation zwischen den Marketing- und IT-Abteilungen erfordern. Eine aktuelle Studie zeigt1 die Entstehung neuer Leitunternehmen: Unternehmen, die den elektronischen Geschäftsverkehr ernst nehmen. Diese erkennen, daß es sich hier nicht nur um eine zusätzliche Verantwortung für die IT-Abteilung handelt, und stellen dafür ein zweckgebundenes Budget zur Verfügung. Bis jetzt standen Sicherheit, Datenschutz und Kosten für die Infrastruktur im Mittelpunkt der Diskussion über den elektronischen Geschäftsverkehr2. Es ist jedoch allgemein bekannt, daß einige Produkte wie Magazine und Bücher nur dann in großen Mengen verkauft werden können, wenn sie in der Muttersprache erhältlich sind. Den meisten technischen Produkten liegt eine Bedienungsanleitung in mehreren Sprachen bei. Es gibt keine Gründe zu der Annahme, daß der elektronische Geschäftsverkehr eine Ausnahme dieser Regel in Europa darstellen wird. Deswegen müssen sich europäische KMU, die auf dem europäischen Markt aktiv sein wollen, Gedanken über die Ansprache potentieller Kunden machen, die unterschiedliche Sprachen sprechen. Es werden Initiativen lanciert, die mehr oder weniger automatisierte Lösungen zu diesem Problem liefern. Jedoch müssen KMU derzeit noch auf Personal, das die Sprache des zu bearbeitenden Marktes beherrscht, zurückgreifen, um höhere Marktanteile erzielen zu können. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die ihre Kunden in einen Dialog für die Entwicklung neuer Produkte einbinden möchten. Kulturelle Einblicke werden auch sehr wichtig für das Marketing sein. 1 KPMG, Electronic Commerce: Research Project 1998 (Elektronischer Geschäftsverkehr: Forschungsprojekt 1998), pan-europäische Studie von 500+ Unternehmen. 2 Das Programm ‘Mehrsprachige Informationsgesellschaft’ (Multi Lingual Information Society - MLIS) wurde von der Europäischen Kommission initiiert, um die Sprachenvielfalt innerhalb der europäischen Informationsgesellschaft zu fördern. 205 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht 5.6 Förderprogramme im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs Es gibt einige bemerkenswerte Beispiele für nationale oder regionale Regierungen, die die Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs unterstützen. Eines der ersten war die französische Minitel-Initiative. 5.6.1 Nationale Programme zur Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs TEs gibt mehrere Möglichkeiten, derer sich nationale Regierungen bedienen können, um einen Beitrag zur Beschleunigung der Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu leisten. Diese beinhalten Förderungen und Vereinfachungen. Entsprechende Maßnahmen sind: • Nutzung des elektronischen Geschäftsverkehrs für das öffentliche Auftragswesen • Finanzierung von F&E-Programmen • Produktion von Mitteilungen • Bereitstellung von freiem Webspace • Zusammenstellung von Informationen über beste Verfahren • Ermöglichung des Zugangs zu Kursmaterialien • Bereitstellung eines förderlichen rechtlichen und infrastrukturellen Rahmens für den elektronischen Geschäftsverkehr • Förderung von Web-Kooperationen • Verfolgung einer Bildungspolitik, die KMU und Konsumenten den Zugang zum elektronischen Markt erleichtert. In Schweden wurde eine Initiative für KMU in Form einer Kooperation zwischen dem Industrieministerium und einer Privatstiftung1 ins Leben gerufen, um die Wettbewerbsfähigkeit von KMU durch Kooperation und Internetnutzung zu verbessern. Dabei sind Studenten damit betraut, KMU das Internet vorzustellen. Die Sites stellen nützliche Informationen wie TED und Beratung für Produktentwicklungen zur Verfügung. Zusätzlich werden Diskussionsgruppen und Möglichkeiten für die Errichtung eines Extranet für KMU angeboten. Im Jahr 1998 wurde in Italien ein regelmäßiges Beobachtungsnetz für den elektronischen Geschäftsverkehr eingeführt, um die Entwicklung zu überwachen und politische Maßnahmen zu diskutieren. Ein Förderprogramm für KMU wird 1999 starten. Ähnlich den Unterstützungszentren im Vereinigten Königreich werden in Italien „Technical Assistance Centres - TAC” (Technische Assistenzzentren) eingerichtet. Einige europäische Länder haben hohe Ambitionen in bezug auf das Internet. Beispielsweise haben die Regierungen Irlands, Finnlands, des Vereinigten Königreichs sowie der Niederlande Aktionspläne gestartet, um eine führende Rolle in Europa zu übernehmen. 1 The Knut and Alice Wallenberg Foundation (die Knut und Alice Wallenberg Stiftung), http://www.smelink.se (Stand am 24. September 1999). 206 Elektronischer Geschäftsverkehr und KMU Fallstudie: Information Society Initiative (ISI) Das UK Department for Trade and Industry begründete im Jahr 1996 die Information Society Initiative - ISI (Informationsgesellschaftsinitiative), um Unternehmen darin zu bestärken, die gesamten Vorteile der explosionsartigen Entwicklung neuer Wege des Zugangs, des Sendens und der Verwendung von Informationen zu nutzen. Die Zielgruppe sind Unternehmen des Vereinigten Königreichs, insbesondere jene, die noch wenig Erfahrung mit der Nutzung neuer Technologien haben. Viele der Initiativen konzentrieren sich besonders auf die Bedürfnisse kleinerer Unternehmen in bezug auf Entscheidungen über die Einführung von Informationstechnologien in ihren Unternehmen. ISI hat 100 ‘Local Support Centres’ (Lokale Unterstützungszentren) eingerichtet, um den elektronischen Geschäftsverkehr zu fördern und zu lenken. Weitere 31,74 Millionen Euro wurden zur Verfügung gestellt, um sicherzustellen, daß folgende Ziele erreicht werden: • Vervollständigung des landesweiten Netzwerks von Unterstützungszentren in England • Errichtung eines „E-commerce Resource Centre” im Internet • Hilfe bei der Entwicklung einer vom privaten Sektor angeführten Initiative zur Unterstützung von Beratern für Kleinbetriebe - im öffentlichen Sektor, in Banken, bei Wirtschaftstreuhändern und in anderen Bereichen innerhalb des Landes - um hochqualitative, konsistente und integrierte Beratungsleistungen für das elektronische Geschäft zu liefern • Vergabe eines nationalen Preises für besondere Leistungen in der digitalen Wirtschaft. Die Initiative läuft bis 2000. 5.7 Politische Empfehlungen Der elektronische Geschäftsverkehr ist und bleibt ein wichtiges Thema für viele europäische KMU. Mehr als 20 % der KMU nutzen bereits das Internet für die Darstellung von Informationen über ihr Waren- und Dienstleistungsangebot. Die Entwicklung im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs kann wesentliche Änderungen im Konsumentenverhalten hervorrufen. Die Politik sollte es KMU ermöglichen, diesen und ähnlichen potentiellen Änderungen am Markt entgegentreten zu können. Basierend auf den Ergebnissen dieses Kapitels werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: • Unterstützung der Entwicklung in Richtung niedrigerer Kosten für den Anschluß an das Internet. Die Entwicklung in Island kann als gutes Beispiel herangezogen werden. Dies könnte die Sorgen der KMU bezüglich des Konsumentenzugangs zum Online-Markt beseitigen. • Das Verfolgen von bildungspolitischen Maßnahmen, um es Konsumenten zu ermöglichen, an der Online-Gemeinschaft teilzuhaben und den elektronischen Geschäftsverkehr zu nutzen und auch um die Ausbildung von qualifiziertem Personal in diesem Bereich zu unterstützen. • Die vermehrte Einbindung von KMU in das öffentliche elektronische Auftragswesen. Der öffentliche Sektor könnte dazu herausgefordert werden, in diesem 207 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Bereich eine Führungsrolle zu übernehmen, indem er den elektronischen Markt in größerem Ausmaß nutzt. Als Grundlage hierfür wäre eine Studie, die die Opportunitätskosten im öffentlichen elektronischen Auftragswesen ermittelt, sinnvoll. • Die Förderung weitergehender Untersuchungen über die Auswirkungen des elektronischen Geschäftsverkehrs auf die Leistungsfähigkeit von KMU. Bisher wurden viele Projekte und KMU-Initiativen zum Einsatz des elektronischen Geschäftsverkehrs oder die Errichtung von Online-Unternehmensnetzwerken noch nicht in dieser Hinsicht evaluiert. • Die Bereitstellung von Beschreibungen unterschiedlicher Möglichkeiten für KMU, den Online-Markt zu erschließen, basierend auf Modellen, die von Fallstudien abgeleitet werden. Eine systematische Beschreibung dessen, wie KMU mit unterschiedlichen Voraussetzungen erfolgreich in den Online-Markt eingetreten sind sowie zu vermeidender Fallen, könnte die Erfolgsrate der KMU in bezug auf den Einsatz der Technologie erhöhen. • Bereitstellung eines einfacheren rechtlichen Rahmens, um Ländern, die ihre rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht an die entsprechenden Richtlinien betreffend der Verarbeitung persönlicher Daten1 angepaßt haben, zu helfen und die Harmonisierung der Konsumentenrechte voranzutreiben. . 1 http://europa.eu.int/comm/dg15/en/media/dataprot/law/impl.htm 16. September 1999). 208 (Stand am 6 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Koordination: das Österreichische Institut für Gewerbe- und Handelsforschung (IfGH) DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Der Anteil der Fördermittel, der im Rahmen der einzelnen Gemeinschaftsprogramme an KMU vergeben wird, variiert zwischen 10 % und 20 %. Während beispielsweise 11,2 % der gesamten, von der Europäischen Investitionsbank zur Verfügung gestellten, Kredite an KMU vergeben werden, werden 18,2 % der Strukturfondsmittel (ausgenommen der Zielgebiete 3, 4 und der Gemeinschaftsinitiativen) für Maßnahmen zur Förderung von KMU verwendet. Der Anteil am Gesamtbudget des 4. Rahmenprogramms für FTE, der an KMU vergeben wurde, belief sich auf 11,1 %. Er blieb damit im Vergleich zum 3. Rahmenprogramm konstant. • In den vergangenen fünf Jahren haben nur 9 % der KMU im Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz an einem regionalen, nationalen oder europäischen Förderprogramm im Bereich finanzielle Förderung, Aus- und Weiterbildungsunterstützung, Beratung und/oder Information teilgenommen. 69 % haben niemals eine Antragstellung in Erwägung gezogen, da ihnen die Existenz derartiger Förderprogramme nicht bekannt war. Weitere 22 % wußten zwar von dem Bestehen solcher Programme, lehnten aber eine Teilnahme ab oder erhielten keine Bewilligung für eine Teilnahme. • Ein Fünftel der KMU, die über die Existenz europäischer Förderprogramme informiert sind, jedoch noch nicht an solchen teilgenommen haben, gehen davon aus, daß die Teilnahme an Programmen der Gemeinschaft zu kompliziert ist. Weiteren 15 % fehlt es an Informationen über die entsprechenden Teilnahmemöglichkeiten. Immerhin 18 % geben an, daß es für sie auf europäischer Ebene keine geeigneten Programme gibt. • Für 50 % der KMU, die an Programmen der Gemeinschaft teilgenommen haben, stellte die Informationsbeschaffung nach wie vor das größte Hindernis dar. 30 % leideten unter der zeitlichen Verzögerung zwischen der Antragstellung und dem Projektbeginn und weitere 30 % empfanden die komplizierten Antragsverfahren und administrativen Anforderungen als größtes Hindernis. • Während nur 10 % der Unternehmen, die an Programmen der Gemeinschaft teilgenommen haben, keine größeren Barrieren sahen, beträgt dieser Anteil im Rahmen von regionalen oder nationalen Förderprogrammen mehr als 20 %. • Während der Ausnutzungsgrad der Fördermittel innerhalb von ADAPT bis Ende 1998 recht hoch war (z. B. 95 % in Dänemark, 91 % in Deutschland, 92 % in Finnland und 100 % im Vereinigten Königreich), wurde innerhalb des gleichen Zeitraumes ein nur sehr kleiner Anteil der Mittel für die KMU-Initiative ausgeschöpft (26 % in Dänemark, 55 % in Deutschland (Thüringen) und 47 % in Finnland). • Barrieren für den Zugang von KMU zu den Gemeinschaftsinitiativen KMU und ADAPT scheinen innerhalb der KMU-Initiative höher zu sein als bei ADAPT. 209 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Dennoch hindern Informationsbeschaffung, komplizierte Antragsverfahren und administrative Anforderungen sowie die zeitliche Verzögerung zwischen Antragstellung und Projektbeginn KMU daran, an beiden Initiativen teilzunehmen. 6.1 Einleitung Der Europäischen Union ist die Bedeutung von KMU für die Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichem Wohlstand bewußt. Daher ist es das Ziel der Koordinierung der Unternehmenspolitik für KMU, die im Integrierten Programm für die KMU und das Handwerk1 festgehalten ist, zu gewährleisten, daß die KMU-Dimension bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Gemeinschaftspolitik berücksichtigt und die Beteiligung von KMU an den Gemeinschaftsprogrammen gesteigert wird. Die Kommission betonte 1997 in ihrem Bericht über die Koordinierung der Gemeinschaftsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und das Handwerk2, daß sich der Zugang zu Programmen der Gemeinschaft für KMU verbessert hat. Trotzdem könnte und sollte dieser weiter gesteigert werden. Daher schien es notwendig, die Teilnahme von KMU an Gemeinschaftsprogrammen zu messen und jene Barrieren zu identifizieren, die KMU daran hindern, sich an den europäischen Förderprogrammen zu beteiligen. Es ist das Ziel dieses Kapitels, zu dieser Analyse beizutragen. 6.2 Teilnahme von KMU an Interventionen der Gemeinschaft Die Teilnahme von KMU an Interventionen der Gemeinschaft ist von Programm zu Programm verschieden, wobei einige „KMU-freundlicher” sind als andere. Aussagen in bezug auf den Zugang von KMU zu bestimmten Initiativen der Gemeinschaft werden jedoch stark von der Art der zugrundeliegenden Indikatoren beeinflußt. Die Analyse des Anteils der an einem bestimmten Programm teilnehmenden KMU aus unterschiedlichen Ländern kann zum Beispiel zu anderen Ergebnissen führen als die Analyse des Anteils von KMU pro Land, die an einem bestimmten Programm teilnehmen. Die Auswahl des Indikators hängt dabei sowohl von der Art des zugrundeliegenden Programms als auch von der Verfügbarkeit der Daten ab. Um einen umfassenden Einblick in diesen Untersuchungsgegenstand zu ermöglichen, werden in diesem Abschnitt unterschiedliche Indikatoren für die Analyse der Teilnahme von KMU an den verschiedenen Gemeinschaftsprogrammen verwendet. Die Bewertung wird für jene Interventionen durchgeführt, die den vorgeschlagenen Maßnahmen im Dritten Mehrjahresprogramm für KMU3 entsprechen. Die Internationalen Kooperationsprogramme werden dabei nicht betrachtet. Europäische Investitionsbank (EIB) Die Hauptaufgabe der Europäischen Investitionsbank (EIB) besteht darin, durch ihre langfristigen Kredite zur Integration, ausgeglichenen Entwicklung und dem 1 Europäische Kommission, Integriertes Programm für KMU und das Handwerk, KOM(94) 207 endg., Brüssel, 3. Juni 1994, und KOM(96) 329 endg., Brüssel, 10. Juli 1996. 2 Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen, KOM(97) 610 endg., Brüssel, 1997. 3 Europäische Kommission, Drittes Mehrjahresprogramm für KMU in der Europäischen Union (1997-2000), Brüssel, 9. Dezember 1996. 210 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in den Mitgliedstaaten der Union beizutragen. Mit dem Ziel, KMU sowie kleine und mittlere Investitionsvorhaben zu unterstützen, hat die EIB bereits 1968 ein dezentralisiertes Finanzierungskonzept in Form von „Globaldarlehen”1 geschaffen. Diese werden zwischengeschalteten Finanzierungsinstitutionen und Banken eingeräumt und von diesen zur Finanzierung von kleinen und mittleren Investitionsvorhaben in den Sektoren Industrie, Dienstleistung, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur vergeben. Gemeinden oder Unternehmen, die weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen, können von der Vergabe dieser Kredite profitieren2. Im Zeitraum 1994-1998 hat die EIB insgesamt 105 000 Millionen Euro für Kapitalinvestitionen in der Europäischen Union zur Verfügung gestellt. Von diesem Betrag wurden etwa 11 600 Millionen Euro an 50 000 KMU in Form von „Globaldarlehen”3 vergeben, was einem Anteil von 11,2 % an dem von der EIB gewährten Gesamtfinanzierungsvolumen entspricht. Rund 8 000 Millionen Euro kamen Vorhaben in der Industrie zugute, während 3 600 Millionen Euro den Dienstleistungs- und insbesondere den Fremdenverkehrssektor betrafen. Eine Analyse der begünstigten KMU unterstreicht dabei die Dominanz von Kleinbetrieben, 85 % des insgesamt vergebenen Betrages entfielen auf Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten4. Tabelle 6.1 zeigt eine Aufgliederung der von der EIB im Zeitraum 1994-1998 an KMU vergebenen Globaldarlehen nach Ländern. Die Verteilung der Globaldarlehen läßt beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten erkennen. Beispielsweise wird in Österreich und Belgien ein Großteil der EIB-Darlehen an KMU vergeben, was dazu führt, daß eine große Anzahl von Betrieben von verhältnismäßig hohen Kreditbeträgen profitiert, dies vor allem in Österreich, wo das Gesamtfinanzierungsvolumen pro Unternehmen über dem EU-Durchschnitt liegt. Demgegenüber haben in Schweden, Portugal und Luxemburg Globaldarlehen für KMU einen sehr geringen Anteil am Gesamtfinanzierungsvolumen der EIB. Diese Darlehen werden an nur wenige KMU vergeben, da jedoch das EIB-Gesamtfinanzierungsvolumen pro Unternehmen in diesen Ländern relativ hoch ist, führt dies zu entsprechend hohen Kreditvolumina, vor allem in Luxemburg, wo der Finanzierungsbetrag pro Unternehmen der höchste innerhalb der EU ist. 1997 hat die EIB für einige bewährte zwischengeschaltete Partnerinstitute ein neues Konzept, den sogenannten „Portefeuille-Ansatz”, eingeführt. Bei diesem Ansatz erfolgt die Finanzierung der Projekte nicht mehr auf individueller Basis, sondern pauschal in Form einer Refinanzierung eines Teils der Kredite des betreffenden Instituts. 1998 wurden vier Operationen mit drei verschiedenen Partnerinstituten mit einem Gesamtbetrag von 1 640 Millionen Euro zur Unterstützung kleiner und mittlerer Investitionsvorhaben sowie von KMU unterzeichnet. Parallel dazu hat die EIB im Rahmen des Amsterdamer Sonderaktionsprogramms gemeinsam mit dem Bankensektor die „KMU-Spezialfazilität” eingerichtet, die auf die Entwicklung von Risikokapitalinstrumenten zur Finanzierung von hochtechnologie- und wachstumsorientierten KMU abzielt. Bis Ende 1998 wurden im Rahmen der KMU-Spezialfazilität Verträge im Gegenwert von 393 Millionen Euro 1 Großprojekte (über 25 Millionen Euro) werden von der EIB durch ‘Einzeldarlehen’ finanziert, die mit Förderern sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem privaten Sektor, inklusive der Banken abgeschlossen werden. 2 http://www.eib.org/loans/cbceu98.htm, Stand am 6. Juli 1999. 3 Die Definition von KMU beinhaltet hier auch Unternehmen mit 250 bis 500 Beschäftigten. 4 Europäische Kommission, 41. Jahresbericht der Europäischen Investitionsbank, Brüssel, 1999. 211 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Table 6.1 Verteilung der EIB Darlehen nach Ländern, 1994-1998 Traditionelle Globaldarlehen* Anzahl der Durchschnittlicher Betrag begünstingen per begünstigtem KMU KMU per 100 000** KMU (EUR 1 000) A B DK D EL E F FIN IRL I L NL P S UK EU 204 283 468 110 17 132 1 344 41 638 128 27 56 44 20 133 265 863 470 208 500 1 396 249 71 679 229 795 750 471 454 286 264 237 Anteil der Globaldarlehen an KMU*** 23,4 27,0 5,8 11,2 4.3 5,4 15,6 3,9 9,0 18,3 1,0 6,0 2,1 0,5 9,4 11,2 % % % % % % % % % % % % % % % % Finanzierungsbetrag der EIB per Unternehmen**** (EUR) 7 4 16 4 5 6 6 7 16 5 19 4 9 9 3 5 500 900 700 900 600 100 100 000 000 500 300 400 400 500 700 600 * 1997 führte die EIB eine neue Form von Globaldarlehen ein, denen der Portefeuille-Ansatz zugrunde liegt. Diese sind hier nicht berücksichtigt. ** Anzahl der KMU, die Globaldarlehen erhalten haben, pro 100 000 Klein- und Mittelunternehmen. *** Anteil der traditionellen Globaldarlehen für KMU am Gesamtfinanzierungsvolumen der EIB. **** Gesamtfinanzierungsvolumen per Unternehmen aus dem nicht-primären Sektor. Quelle: Europäische Kommission, 41. Jahresbericht der Europäischen Investitionsbank, Brüssel, 1999, und http://www.eib.org/loans/cbceu98.htm (Stand am 6. Juli 1999); Berechnungen des IfGH. für 16 Operationen unterzeichnet, welche auf Risk-sharing Vereinbarungen in 12 verschiedenen Ländern basieren.1 Europäischer Investitionsfonds (EIF) Der Europäische Investitionsfonds ist eine Finanzierungsinstitution, die von der Europäischen Union und den privaten und öffentlichen Finanzinstituten aller 15 Mitgliedsländer als Joint Venture ins Leben gerufen wurde. Das Ziel des EIF besteht darin, die Integration der Union durch die Förderung mittel- und langfristiger Investitionen in zwei essentiellen Bereichen für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft zu fördern: (1) Trans-Europäische Netze (TEN), welche die Bildung von Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor forcieren, sowie (2) KMU, denen ein vereinfachter und günstiger Zugang zu Fördermitteln ermöglicht werden soll. Der EIF übernimmt Darlehensbürgschaften gegenüber Banken und Finanzinstituten und unterstützt dadurch Investitionen in den förderwürdigen Regionen. Von 1994 bis 1997 wurden Bürgschaften für KMU in Höhe von 613,5 1 Europäische Kommission, 41. Jahresbericht der Europäischen Investitionsbank, Brüssel, 1999. 212 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Millionen Euro gezeichnet, dies entspricht 34 % aller vom EIF übernommenen Bürgschaften.1 Strukturfonds (1994-1999) Der Europäischen Union stehen vier Strukturfonds (SF) zur Verfügung, im Rahmen derer sie finanzielle Unterstützung zur Verminderung von strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen gewährt: • Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE, 49,5 % der gesamten Strukturfondsmittel), der auf die am meisten benachteiligten Regionen abzielt. • Der Europäische Sozialfonds (ESF, 29,9 % der gesamten Strukturfondsmittel), der sich auf Berufsbildungsmaßnahmen und Einstellungshilfen konzentriert. • Der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL, 17,7 % der gesamten Strukturfondsmittel), der die Anpassung der Agrarstrukturen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums fördert. • Das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF, 2,9 % der gesamten Strukturfondsmittel), das die Anpassung der Fischereistrukturen fördert.2 Im Zeitraum 1994-1999 beliefen sich die Strukturfondsmittel auf 154 500 Millionen Euro, was rund einem Drittel des Gesamtbudgets der Gemeinschaft entspricht. Tabelle 6.2 liefert eine länderweise Schätzung des Anteils dieser Mittel, die in dem entsprechenden Zeitraum für Maßnahmen zugunsten von KMU vergeben wurden.3 Tabelle 6.2 Schätzung der Strukturfondsausgaben (SF), 1994-1999 Durchschnittlicher Betrag pro KMU* (EUR) A B DK D EL E F FIN IRL I L NL P S UK EU 68 26 201 491 409 377 235 45 851 231 131 166 41 972 242 209 Anteil der SF Ausgaben zugunsten von KMU 15,0 13,5 51,6 44,5 13,0 17,3 24,4 10,0 11,0 21,2 30,5 30,4 4,5 72,3 34,2 18,2 % % % % % % % % % % % % % % % % Gesamthöhe der SF Ausgaben pro Unternehmen** (EUR) 3 018 1 434 752 2 470 24 178 12 587 3 937 4 502 69 943 5 140 1 399 1 794 20 454 1 854 2 063 6 311 * Durchschnittliche Höhe der Strukturfondsausgaben zugunsten von KMU pro KMU. ** Gesamthöhe der Strukturfondsausgaben pro Unternehmen aus dem nicht-primären Sektor. Quelle: Europäische Kommission, Thematic Evaluation of Structural Fund Impacts on SMEs (Thematische Evaluierung der Strukturfondsauswirkungen auf KMU), Synthesis Report, Version 4, Brüssel, 1999. 1 Europäische Kommission, Maßnahmen für die KMU und das Handwerk, Brüssel, 1998. http://www/inforegio.cec.eu.int/wbpro/prord/prords/prds1_de.htm, Stand am 4. Juli 1999, und http://www.inforegio.cec.eu.int/wbpro/prord/prords/fund/psff_de.htm, Stand am 4. Juli 1999. 3 Europäische Kommission, Thematic Evaluation of Structural Fund Impacts on SMEs (Thematische Evaluierung der Strukturfondsauswirkungen auf KMU), Synthesis Report, Version 4, Brüssel, 1999. 2 213 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Die Analyse zeigt, daß 18,2 % der Strukturfondsmittel (ausgenommen der Zielgebiete 3, 4 und der Gemeinschaftsinitiativen) bzw. 21 300 Millionen Euro direkt für Maßnahmen zugunsten von KMU vergeben wurden. Verglichen mit der Programmperiode 1989-1993 (in der etwa 10 000 Millionen Euro an KMU vergeben wurden), stellt dies eine deutliche Zunahme der Mittel für die Förderung von KMU dar. Die Situation ist jedoch sehr unterschiedlich in den einzelnen Mitgliedstaaten. Beispielsweise erhält Portugal, ein Ziel-1-Gebiet, einen vergleichsweise hohen Betrag der Strukturfondsmittel pro Unternehmen, der Anteil zugunsten von KMU ist dabei jedoch sehr gering. Ähnliches gilt für Griechenland, Spanien und Irland, wo die Höhe der Strukturfondsausgaben für KMU geringer ist als im EU-Durchschnitt (jedoch in vergleichsweise hohen Beträgen pro KMU resultiert). In den skandinavischen Ländern wie Schweden und Dänemark werden hingegen mehr als 50 % der Strukturfondsmittel für KMU-fördernde Maßnahmen vergeben. Dies ist möglicherweise eine Konsequenz der Vorrangigkeit von Investitionen in infrastrukturelle Maßnahmen in besonders entwicklungsschwachen Regionen. Um Aktionen zu unterstützen, die zur Lösung von Problemen mit besonderer Bedeutung für die Gemeinschaft beitragen, hat die Kommission spezifische strukturpolitische Instrumente, die „Gemeinschaftsinitiativen”, ins Leben gerufen. Für den Programmzeitraum 1994-1999 sind 13 Gemeinschaftsinitiativen mit einem Gesamtbudget von 13 460 Millionen Euro (9 % der gesamten Strukturfondsmittel) vorgesehen.1 KMU haben Zugang zu jeder dieser Gemeinschaftsinitiativen; da jedoch die Mitgliedstaaten für die Einführung der Initiativen selbst verantwortlich sind, und die Finanzierung der Gemeinschaftsinitiativen häufig über zwischengeschaltete Institutionen erfolgt, ist nur wenig Information über die Anzahl der teilnehmenden KMU bzw. die Höhe der Fördermittel für KMU auf der Projektebene bekannt. Dennoch beträgt, abgesehen von der KMU-Initiative, die speziell auf Klein- und Mittelbetriebe ausgerichtet ist und über ein Budget von 1 100 Millionen Euro verfügt, der KMU-Anteil in der Initiative BESCHÄFTIGUNG-NOW (496 Millionen Euro, Chancengleichheit für Männer und Frauen), 50 % des Gesamtbudgets. Die Förderung von Klein- und Handwerksbetrieben ist auch einer der wichtigsten Aspekte innerhalb der LEADER II Initiative (1 755 Millionen Euro, Entwicklung des ländlichen Raums) und entspricht etwa 20 % der bewilligten Mittel.2 Auch die Initiative ADAPT (1 600 Millionen Euro, Anpassung der Erwerbstätigen an den industriellen Wandel) richtet sich vor allem an Kleinbetriebe mit besonderer Ausrichtung auf arbeitsorganisatorische Aspekte und Veränderungen durch die Einführung neuer Technologien. Schließlich enthalten auch INTERREG II (3 472 Millionen Euro, Grenzregionen) und die Initiativen für die industrielle Diversifizierung KONVER (725 Millionen Euro, Diversifizierung der vom Rüstungssektor abhängigen Gebiete), RECHAR II (453 Millionen Euro, Umstellung der vom Niedergang des Kohlebergbaus betroffenen Gebiete), RESIDER II (568 Millionen Euro, Umstellung von Eisen- und Stahl produzierenden Gebieten) und RETEX II (596 Millionen Euro, Diversifizierung der vom Textil- und Bekleidungssektor abhängigen Regionen) Maßnahmen, die sich an die spezifischen Bedürfnisse von KMU richten. Trotz der Förderung wichtiger Inhalte für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie der erfolgreichen Einführung einer Großzahl dieser Konzepte, wurden der Zusatznutzen und die Transparenz einiger Gemeinschaftsinitiativen oftmals in Frage gestellt.3 Um diese eindeutiger zu definieren und die Effektivität 1 http://www.inforegio.cec.eu.int/wbpro/prord/guide, Stand am 28. Juni 1999. Europäische Kommission, Die Strukturfonds in 1997, Neunter Jahresbericht, Brüssel, 1999. 3 Europäische Kommission, The Community Initiatives 2000-2006 (Die Gemeinschaftsinitiativen 2000-2006), Working document of the Commission Services, Commission Work Programme No. 97/020, Brüssel, 1997. 2 214 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft der Initiativen zu steigern, hat die Europäische Kommission beschlossen, die Anzahl der Gemeinschaftsinitiativen für die Programmperiode 2000-2006 auf die folgenden vier zu reduzieren: INTERREG (4 875 Millionen Euro, grenzübergreifende, transnationale und interregionale Kooperation), EQUAL (2 847 Millionen Euro, transnationale Kooperationen zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung und Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt), LEADER (2 020 Millionen Euro, Entwicklung des ländlichen Raums) und URBAN (700 Millionen Euro, wirtschaftliche und soziale Sanierung städtischer Problemviertel, mit Fokus auf die Förderung nachhaltiger Städteentwicklung).1 Viertes Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung (1994-1998) Das Vierte Europäische Rahmenprogramm (4. RP) für Forschung und technologische Entwicklung (FTE) umfaßte alle EU-finanzierten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im nicht-nuklearen Sektor für den Zeitraum 1994-1998. Um die Teilnahme von KMU zu fördern und zu vereinfachen, hat die Kommission eine Reihe spezifischer Maßnahmen eingeführt. Demzufolge konnten KMU auf zwei wesentliche Arten am 4. Rahmenprogramm teilnehmen:2 • Wie jede EU-Rechtspersönlichkeit (Großunternehmen, Universitäten oder Forschungsinstitute) hatten sie die Möglichkeit, an einem „kollaborativen Forschungsprojekt” teilzunehmen, in dem jeder Partner einen Teil der Forschungstätigkeit übernimmt und die Ergebnisse mit den anderen teilt. Die Kommission unterstützte diese Projekte mit einer Förderung von 50 % der Projektkosten jedes Partners. • Sie konnten an den Technologiefördermaßnahmen für KMU (TFMU) teilnehmen, die innerhalb von 9 Programmen eingeführt wurden und zwei Möglichkeiten für KMU boten: - „Sondierungsprämien”, im Rahmen derer KMU Zuschüsse (bis zu 75 %) für die erfolgreichere Ausarbeitung von Forschungsvorschlägen erhielten (sowohl für kollaborative als auch für kooperative Forschungsprojekte). - „Kooperative Forschungsprojekte (CRAFT)”, die es Gruppen von KMU, mit ähnlichen technischen Problemen und unzureichenden eigenen Forschungskapazitäten gestatten, Dritte (sogenannte „FTE-Dienstleister”) mit der Durchführung von Forschungsarbeiten in ihrem Auftrag zu betrauen. Die Kommission unterstützte diese Forschungsprojekte mit einer Förderung von bis zu 50 % der gesamten Projektkosten. In Abbildung 6.1 ist die Anzahl der teilnehmenden KMU für beide Maßnahmen dargestellt. Insgesamt nahmen 4 300 KMU aus der EU sowie Island, Norwegen und der Schweiz an der TFMU teil3, was 23 KMU pro 100 000 Unternehmen innerhalb des entsprechenden Gebietes entspricht. Deutliche Unterschiede zeigen sich jedoch nach Ländergröße. Während der Anteil der KMU, die an der TFMU teilnahmen, in Irland, Island und den Niederlanden vergleichsweise hoch ist, hinken Länder wie Italien, Spanien und Deutschland nach. Auf der anderen Seite profitierte ein relativ großer Anteil von KMU aus den neuen Mitgliedstaaten Österreich, Schweden und Finnland von den Technologiefördermaßnahmen. 1 Europäische Kommission, Schlußfolgerungen des Vorsitzes – Europäischer Rat Berlin, 24. und 25. März 1999, Brüssel, 1999, und http://www.inforegio.org/wbnews/reform/reform5_de.htm (Stand am 29. Juli 1999). 2 Im Vierten Rahmenprogramm enthielt die Definition von KMU auch Unternehmen mit 250 bis 500 Beschäftigten. 3 Europäische Kommission, Framework Programme IV, SME Participation 1994-1998 (4. Rahmenprogramm, Teilnahme von KMU 1994-1998), Entwurf, Brüssel, 1998. 215 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 6.1 Teilnahme von KMU an der TFMU nach Ländern (Anzahl der unterzeichneten Verträge pro 100 000 Klein- und Mittelunternehmen), 1994-1998 140 120 100 80 60 40 20 0 A B DK D EL E F FIN IRL I L Sondierungsprämien Quelle: NL P S UK IS NO CH Kooperative Forschung Europäische Kommission, Framework Programme IV, SME Participation 1994-1998 (4. Rahmenprogramm, Teilnahme von KMU 1994-1998), Entwurf, Brüssel, 1998, und ENSR, Das europäische Beobachtungsnetz für KMU, Fünfter Jahresbericht, 1997; Berechnungen des IfGH. Die Verteilung nach Größenklassen in Tabelle 6.3 zeigt, daß mehr als 60 % aller KMU, die innerhalb des 4. Rahmenprogramms an kooperativen Forschungsprojekten teilgenommen haben, über weniger als 50 Beschäftigte verfügen. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten stellen nur 6 % der Auftragnehmer und gehören meist den eher traditionellen Sektoren wie Bauwesen, Nahrungsmittel, Bergbau, Textil- und Holzgewerbe an.1 Tabelle 6.3 Verteilung der KMU, die am 4. Rahmenprogramm teilgenommen haben, nach Größenklassen, 1994-1998 Größenklasse Sondierungsprämie 1-50 Beschäftigte 51-100 Beschäftigte 101-250 Beschäftigte 251-500 Beschäftige Gesamt Quelle: 72,6 13,4 11,1 2,9 % % % % 100,0 % Kooperative Forschung 62,0 15,8 15,9 6,3 % % % % 100,0 % Europäische Kommission, 4. Rahmenprogramm, Teilnahme von KMU 1994-1998, Entwurf, Brüssel, 1998. 1 Europäische Kommission, 4. Rahmenprogramm, Teilnahme von KMU 1994-1998, Entwurf, Brüssel, 1998 216 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Durch die Einführung der Technologiefördermaßnahmen für KMU im Vierten FTERahmenprogramm sind die EU-Förderausgaben für KMU (1 115 Millionen Euro) absolut betrachtet - im Vergleich zum Dritten Rahmenprogramm (732 Millionen Euro) deutlich gestiegen. Der Anteil der Förderausgaben für KMU am Gesamtbudget des 4. RP (11,1 %) blieb jedoch gegenüber dem 3. RP (Gesamtbudget: 6 600 Millionen Euro; EU-Förderausgaben für KMU: 732 Millionen Euro) konstant. Tabelle 6.4 zeigt eine Aufgliederung der EU-Förderausgaben für KMU innerhalb des 4. RP nach Programmen. Tabelle 6.4 EU Förderausgaben für KMU nach Programmen im 4. RP, 1994-1998 Industrielle Technologien Biowissenschaften Umwelt Erneuerbare Energie Verkehr Telematik ACTS ESPRIT 4. RP Quelle: Anzahl der teilnehmenden KMU Durchschnittlicher Betrag pro teilnehmendem KMU (EUR 1 000) 6 452 1 410 439 1 093 668 904 373 1 026 67 69 82 142 79 95 110 207 12 365 90 Anteil der Fördermittel für KMU 20,3 5,7 3,1 14,4 20,2 9,4 6,1 10,2 % % % % % % % % 11,1 % Anteil am Gesamtbudget des 4. RP 21,4 17,1 11,6 10,7 2,6 9,1 6,7 20,8 % % % % % % % % 100,0 % Europäische Kommission, 4. Rahmenprogramm, Teilnahme von KMU 1994-1998, Entwurf, Brüssel, 1998, und http://www.cordis.lu/src/i_004_en.htm, Stand am 6. Juli 1999, Berechnungen des IfGH. Im Zeitraum 1994-1999 nahmen 12 365 KMU am Vierten Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung teil (verglichen mit 5 424 im Dritten Rahmenprogramm) und erhielten eine durchschnittliche Förderung in Höhe von 90 000 Euro. Während jedoch einige der thematischen Programme recht gut für KMU geeignet scheinen (z. B. Industrielle Technologien, Erneuerbare Energie und Verkehr), beträgt der KMU-Anteil am Gesamtbudget innerhalb der Programme Biowissenschaften oder Umwelt weniger als 6 %. Um die Beteiligung von KMU an Forschungs- und technologischen Entwicklungsprogrammen der Europäischen Union stärker zu fördern, wird KMU im Fünften FTE-Rahmenprogramm vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet, wobei sie neben der Sondierungsprämie und CRAFT von spezifischen KMU-Maßnahmen, wie eine offene Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, verbesserte Teilnahmebedingungen oder vereinfachte Antragsverfahren, profitieren können. Zusätzlich wurde innerhalb des Fünften Rahmenprogramms ein zentraler KMU-Helpdesk geschaffen. LIFE LIFE ist ein Finanzierungsinstrument für drei Hauptgebiete: Umwelt, Natur und Drittländer. Während die Teilnahme von KMU an LIFE-Natur und LIFE-Drittländer traditionell niedrig ist, werden KMU in erster Linie durch LIFE-Umwelt unterstützt. Von 1993-1995 (die erste Phase von LIFE) wurden im Rahmen von LIFE-Umwelt 394 Demonstrationsprojekte in den Mitgliedstaaten durch EU-Fördermittel in Höhe 217 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht von 145,9 Millionen Euro kofinanziert. 1996 und 1997 wurden weitere 215 Projekte unterstützt. Schätzungsweise 250 dieser Projekte betrafen KMU, die etwa 40 % der Fördermittel innerhalb von LIFE erhielten.1 6.3 Barrieren für die Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft Die Gründe für KMU, an bestehenden Förderprogrammen nicht teilzunehmen, unterscheiden sich beträchtlich, wobei Barrieren und Hindernisse in bezug auf den Zugang zu solchen Programmen nur einen Teil dieser Gründe darstellen. Um eine genauere Vorstellung darüber zu erhalten, was unter „Barrieren” und „Hindernissen” zu verstehen ist (und dadurch diese Konzepte von anderen Gründen für die Nicht-Inanspruchnahme der angebotenen Fördermittel unterscheiden zu können), erscheint es hilfreich, zu betrachten, warum ein KMU oder ein Unternehmen im allgemeinen an einer bestimmten Fördermaßnahme nicht teilnimmt. Selbstverständlich verfolgt jedes Programm eine politische Intention, die normalerweise nicht (ausschließlich) in der Förderung von Unternehmen per se liegt. Das Anstreben eines bestimmten wirtschaftspolitischen Zieles bedingt auf der Programmebene meist die Konzentration auf eine bestimmte Gruppe von Unternehmen (oder Projekten) und damit das Ausschließen anderer Unternehmen (oder Projekte) von der Teilnahme. Mit anderen Worten, das Festlegen bestimmter Grundvoraussetzungen für Unternehmen stellt eine notwendige Bedingung für das Erreichen der Programmziele dar. Beispielsweise wird ein Programm zur Förderung von Grenzregionen Unternehmen von der Teilnahme ausschließen, die sich außerhalb des Grenzgebietes befinden. Ein Programm, das für die Restrukturierung eines bestimmten Industriezweiges entwickelt wurde, wird nur Unternehmen dieses Industriezweiges offen stehen. Dementsprechend können Anforderungen, die für die politische Absicht des Förderprogramms essentiell sind, der Grund für eine niedrige Inanspruchnahme des Programms durch Unternehmen sein, sie lassen sich jedoch nicht als Barriere oder Hindernis in bezug auf den Zugang zu dem Programm definieren. Natürlich ist die Unterscheidung zwischen einer „essentiellen” und einer „nicht-esentiellen” Anforderung nicht immer eindeutig. Das gleiche gilt im entgegengesetzten Fall: Ein Unternehmen ist möglicherweise nicht an der Durchführung eines Projektes oder eines Vorhabens interessiert, das die „essentiellen” Anforderungen des Programms erfüllt. Zum Beispiel, wenn ein Unternehmen nicht bereit ist und/oder keinen Bedarf darin sieht, die Höherqualifizierung seiner Mitarbeiter sicherzustellen, so kann dies ein Grund für die Nicht-Teilnahme sein und darüber hinaus zu einer niedrigen Anzahl an Teilnehmern in dem entsprechenden Förderprogramm führen. Eine solche Indifferenz gegenüber den grundlegenden Inhalten der Unterstützung kann jedoch nicht als Barriere oder Hindernis für die Teilnahme von KMU bezeichnet werden. Zusammenfassend gilt, daß Barrieren in bezug auf den Zugang zu einem Programm nur für jene tatsächlichen/potentiellen KMU-Vorhaben oder KMU-Projekte bestehen können, die bereits die „essentiellen” Vorraussetzungen des Förderprogramms erfüllen. 6.3.1 Bekanntheit und Teilnahme Die erste Voraussetzung für die Teilnahme an einem regionalen, nationalen oder europäischen Förderprogramm ist natürlich, daß sich die Unternehmen der 1 Europäische Kommission, Die Strukturfonds in 1997, Neunter Jahresbericht, Brüssel, 1999. 218 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Existenz des Programms bewußt sind. Mit anderen Worten, die Unkenntnis einer Unterstützungsmaßnahme ist logischerweise die erste Hürde, die es zu überwinden gilt. Selbst ein perfekt gestaltetes KMU-freundliches Programm ist ineffektiv, wenn das Programm nicht bekannt ist. „Man wird nicht nach etwas suchen oder etwas nutzen, wenn man nicht weiß, daß es existiert.” In welchem Ausmaß läßt sich eine niedrige Teilnahmerate (d. h. der Anteil der KMU, die an einem Förderprogramm teilnehmen) auf einen geringen Bekanntheitsgrad (der Anteil der KMU, die von der Existenz des Programmes wissen) zurückführen? Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 zeigen, daß in den vergangenen fünf Jahren nur 9 % der KMU in Europa-19 an einem von regionalen, nationalen oder europäischen Institutionen angebotenen Förderprogramm im Bereich finanzielle Unterstützung, Ausbildungsunterstützung, Beratung oder Information teilgenommen haben. Von 100 KMU haben 69 nie eine Beantragung in Erwägung gezogen, da sie nicht einmal von der Existenz eines Programms wußten. Weitere 22 Unternehmen, denen die Existenz eines Programms bewußt war, lehnten eine Teilnahme ab oder erhielten keine Bewilligung für eine Teilnahme. Es blieben schließlich nur 9 KMU, die tatsächlich teilnahmen (siehe Abbildung 6.2). Abbildung 6.2 Filterungsprozeß der Teilnahme von KMU an regionalen, nationalen oder europäischen Förderprogrammen 100 KMU Mangelnde Bekanntheit 31 KMU Andere Gründe 9 KMU Andere Gründe Mangelnde Bekanntheit Auf den ersten Blick scheint es, als wäre der niedrige Bekanntheitsgrad die bedeutendste Barriere, da er mehr als zwei Drittel aller KMU ausfiltert, während andere Gründe nur für wenig mehr als ein Fünftel der potentiellen Antragsteller verantwortlich sind. Betrachtet man jedoch die 31 % der informierten KMU, so haben wiederum nur etwa 30 % dieser Unternehmen an einem Förderprogramm teilgenommen. Aus dieser Perspektive ist es offensichtlich, daß einem niedrigen Bekanntheitsgrad mehr oder weniger die gleiche Bedeutung zukommt wie anderen Gründen, nicht an einem Programm teilzunehmen.1 Es ist darauf hinzuweisen, daß unter „andere Gründe” sowohl eine Reihe spezifischer Hindernisse (siehe folgender Abschnitt) als auch ein allgemeines Desinteresse in bezug auf die Nutzung bestehender Unterstützungsmaßnahmen zusammenge- 1 Genaugenommen setzt diese Aussage voraus, daß die Teilnehmerrate der derzeit uninformierten Betriebe, wenn diese von der Existenz eines Förderprogrammes erführen, wiederum ungefähr 30 % betragen würde. 219 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht faßt werden. Letzterer Faktor mag zwar keine Barriere oder Hürde in dem hier definierten Sinn darstellen, er führt jedoch trotzdem zu niedrigen Teilnahmeraten. In bezug auf Programme der Gemeinschaft gab zum Beispiel jedes fünfte antwortende Unternehmen im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 „kein Interesse” als Grund für die Nicht-Teilnahme an. Dies jedoch unterstreicht wieder die Bedeutung eines niedrigen Bekanntheitsgrades als Hindernis für höhere Teilnahmeraten an Förderprogrammen. Es gibt deutliche Hinweise darauf, daß sowohl die Teilnahmerate als auch der Bekanntheitsgrad (oder, anders formuliert, die Wahrscheinlichkeit, daß einem bestimmten Unternehmen die Existenz eines Förderprogramms bekannt ist und/oder es daran teilnimmt) signifikant positiv von der Unternehmensgröße abhängt. Während die Durchschnittsgröße in der gesamten Stichprobe des ENSR Enterprise Survey 1999 5,1 Beschäftigte beträgt, beschäftigen Unternehmen, die über die Existenz von Förderprogrammen informiert sind, durchschnittlich 7,1 Mitarbeiter (siehe Tabelle 6.5). Die Durchschnittsgröße der Unternehmen, die bereits an derartigen Programmen teilgenommen haben, ist sogar noch größer (11,2 Beschäftigte). Tabelle 6.5 Durchschnittliche Größe der KMU, die sich der Existenz von Förderprogrammen bewußt sind und an solchen teilnehmen (Anzahl der Beschäftigten), Europa-19 Bekanntheit Teilnahme Ja Nein Gesamt 7,1 11,2 4,2 5,4 5,1 7,1 Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Eine andere Darstellung des gleichen Phänomens zeigt Tabelle 6.6. Von den Unternehmen ohne Beschäftigte sind nur 28 % der Antwortenden von der Existenz bestehender Fördermaßnahmen informiert, und nur 22 % von ihnen haben tatsächlich an einem solchen Programm teilgenommen (d. h. 6 % der Teil-Stichprobe „Unternehmen ohne Beschäftigte”). Im Vergleich dazu sind 58 % der Mittelbetriebe informiert und etwa 34 % haben tatsächlich teilgenommen. Demnach steigt die Bedeutung mangelnder Information und anderer Gründe für die Nicht-Teilnahme mit sinkender Unternehmensgröße. Größere Unternehmen sind besser informiert und eher in der Lage, bestehende Hindernisse zu überwinden.1 Bemerkenswerterweise bleibt jedoch die relative Bedeutung des Bekanntheitsgrades und der entsprechenden anderen Gründe (d. h. das Verhältnis zwischen „Teilnahmerate 1” und „Bekanntheitsgrad”) mehr oder weniger konstant über die Größenklassen. Eine Differenzierung der Größenklassen nach Art des Programms zeigt, daß Teilnehmer an Programmen der Gemeinschaft im Durchschnitt deutlich größer sind als Teilnehmer an Programmen, die von nationalen oder regionalen Regierungen angeboten werden. Während die durchschnittliche Unternehmensgröße in Programmen der Gemeinschaft 17,6 Beschäftigte beträgt, liegen die entsprechenden Werte für regionale und nationale Programme bei 9,4 bzw. 13,2. Hindernisse zu EU-Programmen, sei es der Bekanntheitsgrad oder andere Gründe, scheinen demnach für kleinere Unternehmen besonders hoch zu sein. 1 Durch diese Tatsache läßt sich zum Teil auch die statistisch signifikante Korrelation zwischen der Bekanntheit öffentlicher Ausschreibungsverfahren und der Bekanntheit von Förderprogrammen bei KMU erklären. Auch die Bekanntheit von Ausschreibungsverfahren ist bei größeren KMU höher (siehe auch Kapitel 2 dieses Berichtes). 220 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Tabelle 6.6 Bekanntheitsgrad und Teilnahmerate in bezug auf Förderprogramme nach Größenklasse (% der Unternehmen), Europa-19 Größenklasse Bekanntheit 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt 28 33 44 58 31 % % % % % Teilnahmerate 1* 22 33 50 58 30 % % % % % Teilnahmerate 2** 6 11 22 34 9 % % % % % * Teilnahmerate 1: Anzahl der Unternehmen, die von der Existenz eines Förderprogramms wissen, als Bezugsgröße. ** Teilnahmerate 2: Gesamtanzahl der Unternehmen als Bezugsgröße. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Zudem sind bei Betrachtung der von regionalen, nationalen oder europäischen Institutionen angebotenen Förderprogramme signifikante Unterschiede im Bekanntheitsgrad und der Teilnahmerate1 nach Ländern zu beobachten (siehe Abbildung 6.3). Ein deutlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Konzepten ist nicht erkennbar, jedoch zeigt sich eine leicht negative Korrelation. Dieses Ergebnis erscheint aus mehreren Gründen plausibel. In Ländern, die eine Strategie der Konzentration von Mitteln auf bestimmte Gruppen von Unternehmen verfolgen, wird der Bekanntheitsgrad von Maßnahmen bei KMU im allgemeinen niedrig sein. Gleichzeitig dürfte die Inanspruchnahme von Förderungen innerhalb dieser Gruppe von Unternehmen eher hoch sein. Im Gegensatz dazu werden Länder, die ihre Mittel breit streuen oder große Anstrengungen für die Bekanntmachung von Programmen unternehmen, hohe Bekanntheitsgrade bei gleichzeitig relativ niedrigen Teilnahmeraten aufweisen, beispielsweise aufgrund von beschränkten Budgets. Österreich, Spanien, Frankreich und Portugal zeigen gleichzeitig relativ hohe Bekanntheitsgrade und mittlere Teilnahmeraten. Ein vergleichsweise niedriger Bekanntheitsgrad ist in Norwegen, Griechenland und Island erkennbar. In Finnland wird eine eher hohe Teilnahmerate von einem unterdurchschnittlichen Bekanntheitsgrad begleitet. Es ist davon auszugehen, daß fast jedes KMU durch irgendein Förderprogramm angesprochen wird. Deshalb erscheint es sinnvoll, die obige Analyse basierend auf KMU und Förderprogrammen im allgemeinen durchzuführen. Eine vergleichbare Analyse auf Basis spezifischer Programme ist wesentlich schwerer durchzuführen, da sie die Identifizierung der potentiellen Adressaten erfordern würde, um valide Bekanntheitsgrade zu berechnen. Dennoch führen Evaluationsstudien einzelner Programme wiederholt den niedrigen Bekanntheitsgrad als einen der Hauptgründe für die geringe Teilnahme an den analysierten Maßnahmen an. Beispielsweise gaben im Rahmen der „British Small Firms Training Loans - SFTL” (Ausbildungskredite für britische Kleinbetriebe) 38 % der Antwortenden auf die Frage, was ihrer Meinung nach der Grund für die niedrige Inanspruchnahme des Förderprogramms durch Kleinbetriebe sei, an, daß den Betrieben die Existenz von SFTL nicht bewußt wäre. Weitere 17 % verwiesen auf die fehlende Bekannt- 1 Berechnet mit der Anzahl der Unternehmen, die über die Existenz von Förderprogrammen informiert sind, als Bezugsgröße (Teilnahmerate 1). 221 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Abbildung 6.3 Bekanntheitsgrad und Teilnahmerate* von KMU in bezug auf Förderprogramme, nach Ländern (% der Unternehmen) 60 FIN B 50 IRL NO CH LI 40 AT Teilnahmerate F P GR 30 S IS I DK D E L UK 20 NL 10 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Bekanntheitsgrad * Anzahl der Unternehmen, die über die Existenz von Förderprogrammen informiert sind, als Bezugsgröße. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. machung und Werbung.1 Gemäß einer Untersuchung des Ministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Niederlanden, identifizierten Unternehmer von KMU die Tatsache, daß die Förderprogramme nicht bekannt sind, als eines der Hauptprobleme. Die Ergebnisse einer Studie über EU-Finanzierung und Unternehmen in Finnland2 sind ähnlich: Der offensichtlichste Grund für die niedrige Teilnahme war die niedrige Bekanntheit der Fördermaßnahmen und der dadurch gebotenen Möglichkeiten. Schließlich gaben in Zusammenhang mit einem Programm zur Förderung von Unternehmensgründungen in Deutschland mehr als 25 % der befragten Unternehmensgründer in der Region Brandenburg an, daß ihnen die Existenz des betreffenden Programms nicht bekannt war.3 6.3.2 Gründe für KMU, an Programmen der Gemeinschaft nicht teilzunehmen Wenn die Barriere der mangelnden Bekanntheit überwunden ist, kann es andere Hindernisse geben, die KMU von der Teilnahme an Programmen der Gemeinschaft abhalten. Diese können auf einer starken Ablehnung der betreffenden Programme basieren, die zu der Entscheidung führt, nicht teilzunehmen, oder auf bestehenden Vorurteilen in bezug auf eine Teilnahme, die KMU davon abhalten, sich an Gemeinschaftsprogrammen zu beteiligen. Einige dieser Hindernisse mögen jenen ähnlich sein, die von KMU genannt wurden, die bereits teilgenommen haben. Jedoch 1 Maton, K., Evaluation of Small Firms Training Loans (Evaluierung der Ausbildungskredite für Kleinbetriebe), DfEE Publications, UK Research Partnership Ltd, 1999. 2 Keskuskauppakamari, EU-rahoitus ja suomalaiset yritykset, kohtaavatko tavoitteet ja tarpeet, Keskuskauppakamarin selvitys yritysten ja viranomaisten käsityksistä EU_n rakennepolitiikan ja tukiohjelmien toimivuudesta sekä tunnettuudesta (EU Finanzierung und Finnische Unternehmen: Entsprechen die Ziele den Bedürfnissen?), Helsinki, 1997. 3 Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg, Wirkungsstudie zu den Brandenburger Existenzgründungsprogrammen, Potsdam, 1996. 222 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft unterscheiden sie sich in ihrer Bedeutung und sind gewichtiger, wenn sie von KMU erwähnt werden, die noch keine unmittelbare Erfahrung im Umgang mit Programmen der Gemeinschaft haben. Da dies für einen Großteil der KMU zutrifft, müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um diese Indifferenz zu überwinden. Im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 wurden einige allgemeine Hindernisse in bezug auf die Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft identifiziert und in Abbildung 6.4 zusammengefaßt. Obwohl Hindernisse, die sich auf die Eigenschaften der Unternehmen beziehen, wie etwa mangelnde personelle oder finanzielle Ressourcen (12 % der Antworteten), KMU von der Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen abhalten, scheinen sie im Vergleich zu Gründen, die die spezifischen Merkmale der GemeinschaftsAbbildung 6.4 Gründe für KMU, an Programmen der Gemeinschaft nicht teilzunehmen (% der Unternehmen, denen die Existenz europäischer Förderprogramme bekannt ist, die jedoch noch nicht teilgenommen haben), Europa-19 25 20 15 10 5 0 Teilnahme ist zu Kompliziert Kein geeignetes Programm Mangelnde Ressourcen Antrag wurde abgelehnt Mangelnde Information über Teilnahmeverfahren Andere Gründe Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. programme betreffen, von nur untergeordneter Bedeutung zu sein. So gehen zum Beispiel 22 % der Unternehmen, die von der Existenz europäischer Förderprogramme wissen, jedoch an solchen noch nicht teilgenommen haben, davon aus, daß die Teilnahme zu kompliziert sei. Weiteren 17 % mangelt es an Information über die entsprechenden Teilnahmeverfahren. Schließlich gaben 20 % der Unternehmen im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 an, daß es kein geeignetes Programm für sie gäbe, wodurch die Notwendigkeit betont wird, KMU-relevante Förderprogramme in geeigneter Weise zu bewerben und eine Bottom-up-Methode bei der Entwicklung von Fördermaßnahmen für KMU anzuwenden. Länderspezifische Unterschiede müssen jedoch berücksichtigt werden: Während zum Beispiel das Fehlen eines geeigneten Programms von mehr als 25 % der KMU, denen die Existenz europäischer Förderprogramme bekannt ist, in Österreich, Belgien, Finnland, Deutschland, Island, Italien, Liechtenstein und Luxemburg als Barriere genannt wurde, waren es weniger als 10 %, die in Schweden, Norwegen und Spanien kein geeignetes Programm fanden. Die Gründe für KMU, an Programmen der Gemeinschaft nicht teilzunehmen, unterscheiden sich demnach von Land zu Land beträchtlich, wie aus Tabelle 6.7 hervorgeht. 223 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Mehr als 40 % der KMU in Frankreich und der Schweiz, die über europäische Förderprogramme informiert waren, fanden die Teilnahme zu kompliziert, verglichen mit weniger als 10 % in den Niederlanden, Irland, Liechtenstein und Norwegen. Allerdings läßt sich der vergleichsweise hohe Wert für die Schweiz zum Teil dadurch erklären, daß die Teilnahme von Schweizer Unternehmen nicht an allen Gemeinschaftsprogrammen erlaubt ist. Mehr als ein Viertel der KMU in Table 6.7 Gründe für KMU, an Programmen der Gemeinschaft nicht teilzunehmen, nach Ländern (% der Unternehmen, denen die Existenz europäischer Förderprogramme bekannt ist, die jedoch noch nicht teilgenommen haben) Teilnahme Kein geeignetes Mangelnde Antrag wurde Mangelnde Andere ist zu Programm Ressourcen abgelehnt Information über Gründe kompliziert Teilnahmeverfahren Österreich Belgien Dänemark Finnland Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Portugal Spanien Schweden Vereinigtes Königreich Island Liechtenstein Norwegen Schweiz Europa-19 12 22 10 10 43 16 13 9 33 16 8 19 16 31 % % % % % % % % % % % % % % 29 25 16 27 15 29 17 19 25 27 18 16 9 8 % % % % % % % % % % % % % % 4 12 7 26 3 22 2 5 18 7 14 3 4 27 % % % % % % % % % % % % % % 1 1 2 0 0 15 16 14 11 5 1 9 7 1 % % % % % % % % % % % % % % 16 13 15 5 8 13 38 18 26 7 11 10 29 16 % % % % % % % % % % % % % % 11 12 10 4 2 12 20 17 8 18 6 7 0 11 % % % % % % % % % % % % % % 13 51 8 5 37 22 % % % % % % 22 41 33 7 17 20 % % % % % % 12 17 15 16 7 12 % % % % % % 2 2 0 0 1 6 % % % % % % 10 2 1 23 3 17 % % % % % % 14 12 19 10 5 8 % % % % % % Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Griechenland, Italien und Spanien gaben mangelnde Information über die Teilnahmeverfahren als Barriere an, während nicht mehr als 5 % der KMU in Finnland, Island, Liechtenstein und der Schweiz, denen die Existenz europäischer Förderprogramme bekannt war, dies als Hindernis betrachteten. „Andere Gründe” faßt Faktoren zusammen wie „zu viel Bürokratie”, „Bevorzugung nationaler Programme”, „Schwierigkeiten bei der Partnersuche”, etc. 6.3.3 Barrieren und Hindernisse Während oben Barrieren und Hindernisse beschrieben wurden, die Unternehmen daran hindern, an europäischen Förderprogrammen teilzunehmen, werden in diesem Abschnitt Hindernisse identifiziert, die KMU, die innerhalb der letzten fünf Jahre an einem regionalen, nationalen oder europäischen Förderprogramm teilgenommen hatten, erfahren haben. Ein Vergleich der Gemeinschaftsprogramme mit den nationalen und regionalen Fördermaßnahmen zeigt, daß die relative Bedeutung der Probleme, denen die teilnehmenden Unternehmen gegenüberstehen, innerhalb jeder Art der Förderprogramme ähnlich ist, unabhängig von der Finanzierungsquelle. Jedoch scheinen sich die Barrieren in bezug auf ihre Überwindbarkeit zu unterscheiden, wobei sie bei Gemeinschaftsprogrammen höher sind als bei anderen (siehe Abbildung 6.5). 224 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Informationsbeschaffung scheint auch hier wieder ein Hauptproblem in bezug auf den Zugang von KMU zu Förderprogrammen darzustellen. Dies trifft besonders auf die Programme der Gemeinschaft zu, bei denen dies von mehr als 50 % der teilnehmenden Unternehmen als Hindernis bezeichnet wurde. Diese Beobachtung wird auch von empirischen Ergebnissen gestützt, die im Rahmen mehrerer Evaluationsberichte gesammelt wurden. Zum Beispiel stellten die Evaluatoren des Ziel-2Programms in Finnland fest, daß eines der größten Probleme in Zusammenhang Abbildung 6.5 Hindernisse, die KMU bei Teilnahme an Förderprogrammen erfahren haben (% der teilnehmenden KMU) 60 50 40 30 20 10 0 Informationsbeschaffung Finden von Partnern Antragsverfahren Regionale Programme Administrative Zeitliche Verzörgerung Anforderungen zwischen Antragstellung und Projektbeginn Nationale Programme Anforderungen für die Berichtlegung Keine Hindernisse Europäische Programme Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. mit der Teilnahme von KMU in der unzureichenden Information über das Programm lag, welche die Unternehmen zudem für unklar, inkonsistent und schwer verständlich hielten.1 Ähnliche Ergebnisse wurden im Rahmen der Evaluierung des Ziel-2-Programms in Schweden erzielt, wo viele teilnehmende Unternehmen unvollständige Information über die förderbaren Kosten als Haupthindernis bezeichneten.2 Dasselbe gilt für die von der Europäischen Kommission bereitgestellten Informationen über die Teilnahme an Leonardo-Projekten, was insbesondere von den deutschen Evaluatoren betont wurde.3 Fehlende Verfügbarkeit und Unklarheit von Information stellen jedoch nicht das einzige Problem im Rahmen europäischer Förderprogramme dar, wie Abbildung 6.5 zeigt. Selbst KMU, die an regionalen oder nationalen Fördermaßnahmen teilnehmen, leiden am meisten unter Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Informationsbeschaffung. Beispielsweise wurden 1999 vom Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Niederlanden Seminare mit Unternehmern organisiert, um den Zugang von KMU zu Förderprogrammen der Niederländischen Ministerien 1 Sisäasiainministeriö, Suomen tavoite 2-ohjelman 1995-1996 arviointi (Evaluation der Finnischen Ziel-2-Programme), Sisäasiainministeriö, Aluekehitysosaston julkaisu 5/1997, Helsinki, 1997. 2 Hallin, G., and Larson, S., Företagsutveckling Fyrstad och Företagsstart Frystad (Unternehmensentwicklung und Unternehmensgründung in Frystad), Nordregio WP 1998:6, Schweden, 1998. 3 Bundesinstitut für Berufsbildung, Leonardo da Vinci in der Bundesrepublik Deutschland, Zwischenbericht gemäß Ratsbeschluß Art. 10, Abs. 3, Berlin, 1999. 225 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht zu diskutieren. Unzureichende Informationsverbreitung wurde dabei unter anderem als eines der Haupthindernisse von den Unternehmen identifiziert. In den Niederlanden gelang es jedoch, diese Barriere im Rahmen des 4. Rahmenprogramms, bei dem die Teilnahme niederländischer Unternehmen die von anderen Ländern bei weitem übertrifft, erfolgreich zu überwinden. Wie Abbildung 6.1 zu entnehmen ist, haben aufgrund einer wirksamen Informationspolitik durch die nationalen Stützpunkte (EG Liaison) 1 228 niederländische KMU an diesen Fördermaßnahmen teilgenommen (siehe Kasten). Die zeitliche Verzögerung zwischen Antragstellung und Projektbeginn scheint eine weitere schwer zu überwindende Hürde für KMU in bezug auf die Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen zu sein, die von 30 % der Unternehmen im Rahmen des ENSR Enterprise Survey 1999 genannt wurde. Die Bedeutung dieses Hindernisses wird von den Ergebnissen zahlreicher Evaluationsberichte verschiedener Programme der Gemeinschaft unterstrichen. So zählt etwa die ZwischenevaFallstudie: Informationsverbreitung im Vierten Rahmenprogramm für FTE in den Niederlanden Neben den Informationsdienstleistungen von EG Liaison durch das monatliche Mitteilungsblatt ‘FTE in Europa’, einer jährlich herausgegebenen Publikation namens ‘Handbuch für europäische FTE’, dem Faxdienst und der Homepage sowie Kursen und Arbeitsgruppen zu verwandten Themen der europäischen FTE-Programme (wie etwa rechtliche und finanzielle Aspekte sowie Umgang mit den Cordis-Dienstleistungen), hält EG Liaison auch persönliche Kontakte zu Managern von KMU, um sie über die Möglichkeiten im Rahmen europäischer Fördermaßnahmen zu informieren. Zusätzlich unterstützt EG Liaison KMU bei der Entwicklung von Projektvorschlägen, erteilt rechtliche Beratung in bezug auf europäische FTE-Programme, unterstützt die Suche nach geeigneten internationalen Kooperationspartnern und unternimmt Maßnahmen, um die Verbreitung und Nutzung von Forschungsergebnissen zu fördern. Die Erfolgsfaktoren dieses Ansatzes liegen in der Organisationsstruktur von EG Liaison, die alle entsprechenden Fachleute, wie Rechtsanwälte, Finanzexperten, Ingenieure, etc. unter einem Dach vereinigt, sowie in deren Mitgliedschaft bei mehreren nationalen und internationalen Netzwerken. Quelle: EG Liaison. luierung des Leonardo-Programms in Irland und Deutschland eine Reihe von Schwierigkeiten auf, die teilnehmende KMU erfahren haben, wobei unter anderem die Zeit für die Genehmigung von Projekten als zu lang empfunden wurde. Der gleiche Faktor wurde innerhalb des Vierte Rahmenprogramms als strenge Barriere betrachtet, beispielsweise in den Niederlanden und Portugal1, und wurde auch von den Evaluatoren des Ziel-2-Programms in Finnland und Schweden2 betont. Die zeitliche Verzögerung zwischen Antragstellung und Projektbeginn scheint auch die Teilnahme von KMU an nationalen und regionalen Förderprojekten zu betreffen, wo sie von 22 % bzw. 24 % der Unternehmen erwähnt wurde. In engem Zusammenhang damit stehen die Komplexität der Antragsverfahren und die administrativen Anforderungen, die 27 % bzw. 28 % der Unternehmen im Rahmen europäischer Förderprogramme bemängeln. Zahlreiche Schritte sind auf 1 Persönliche Interviews mit je einem Experten von EG Liaison in den Niederlanden und der ‘Science and Technology Foundation’ in Portugal. 2 Sisäasiainministeriö, Suomen tavoite 2-ohjelman 1995-1996 arviointi, Sisäasiainministeriö, Aluekehitysosaston julkaisu (Evaluation der Finnischen Ziel-2-Programme), 5/1997, Helsinki, 1997, und Hallin, G., und Larson, S., Företagsutveckling Frystad och Företagsstart Frystad (Unternehmensentwicklung und Unternehmensgründung in Frystad), Nordregio WP 1998:6, Schweden 1998. 226 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft europäischer Ebene unternommen worden, um dieses Problem zu bekämpfen, das von der Kommission bereits erkannt wurde. Dennoch ist es wichtig, sich weiterhin auf eine Vereinfachung der bürokratischen Anforderungen zu konzentrieren, inklusive weniger anspruchsvoller Berichtlegungspflichten (die von 21 % der teilnehmenden Unternehmen als Hindernis genannt wurden), um die zukünftige Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft zu erhöhen. Die Tatsache, daß Barrieren in bezug auf den Zugang zu Gemeinschaftsprogrammen verhältnismäßig hoch sind, wird auch an dem relativ niedrigen Anteil (10 %) von KMU deutlich, der keine Schwierigkeiten bei der Teilnahme an derartigen Maßnahmen hat. Im Rahmen von regionalen und nationalen Förderprogrammen beträgt dieser Anteil immerhin mehr als 20 %. Die Analysen nach Größenklassen in Abschnitt 6.3.1 haben gezeigt, daß größere Unternehmen über bessere Fähigkeiten verfügen, bestehende Hindernisse zu überwinden. Daher läßt sich der Schluß ziehen, daß der Zugang zu Gemeinschaftsprogrammen, im Vergleich zu regionalen oder nationalen Maßnahmen, für Kleinbetriebe besonders schwierig ist. Tatsächlich wird diese Hypothese durch die, verglichen mit Teilnehmern an nationalen oder regionalen Programmen, deutlich höhere Durchschnittsgröße von Teilnehmern an Programmen der Gemeinschaft bestätigt. 6.4 Der Zugang von KMU zu den Gemeinschaftsinitiativen KMU und Adapt 6.4.1 Allgemeine Information Entsprechend der Methoden und Verfahren, die den Strukturfonds zugrunde liegen, ergänzen die Gemeinschaftsinitiativen KMU und ADAPT die Maßnahmen des Integrierten Programms für KMU und das Handwerk. Die Maßnahmen von ADAPT sind daher komplementär zu jenen der KMU-Initiative. Generell fördern beide Programme die Anpassung an den industriellen Wandel. Das Augenmerk der KMU-Initiative richtet sich dabei auf die Einführung neuer Produktions- und Organisationssysteme in Unternehmen, während ADAPT sich auf die Entwicklung des unternehmensinternen Humankapitals durch Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen konzentriert. Während die KMU-Initiative darauf ausgerichtet ist, die Anpassung von kleinen und mittleren Unternehmen des Industrie- oder Dienstleistungssektors (vor allem in den weniger entwickelten Regionen) an den Binnenmarkt zu fördern und sicherzustellen, daß sie international wettbewerbsfähig werden, zielt ADAPT darauf ab, den europäischen Arbeitnehmern dabei zu helfen, auf die sich ändernden Bedürfnisse des Arbeitsmarktes reagieren zu können. Da der Großteil der Arbeitnehmer in KMU beschäftigt ist, richtet sich ADAPT in erster Linie an KMU. Im Gegensatz zur KMUInitiative bilden jedoch KMU nicht die einzige Zielgruppe von ADAPT. Tabelle 6.8 zeigt eine Aufgliederung der genehmigten Mittel im Rahmen dieser beiden Initiativen nach Ländern. Obwohl es schwierig ist, genaue Angaben über die Mittelvergabe an KMU innerhalb von ADAPT zu machen, wird geschätzt, daß sich mehr als die Hälfte der ADAPT-Projekte direkt oder indirekt an KMU richtet. Die Europäische Union beteiligte sich mit 1 600 Millionen Euro am Gesamtbudget von ADAPT in Höhe von 3 340 Millionen Euro für den Zeitraum 1994-1999, und mit 1 079 Millionen Euro an der KMU-Initiative für denselben Zeitraum. Innerhalb beider Initiativen wurde ein beträchtlicher Teil des Budgets an Ziel-1-Regionen vergeben, der im Rahmen der KMU-Initiative 840 Millionen Euro (fast 80 %) betrug. 227 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Tabelle 6.8 Mittelvergabe innerhalb der KMU-Initiative und ADAPT nach Ländern (% des Gesamtbudgets), 1994-1999 KMU-Initiative Österreich Belgien Dänemark Finnland Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg Niederlande Portugal Spanien Schweden Vereinigtes Königreich Gesamt 0,8 1,2 0,2 1,0 5,5 17,8 23,7 2,7 18,1 0,03 1,0 11,8 7,9 1,5 6,5 % % % % % % % % % % % % % % % 100,0 % ADAPT 0,7 2,4 1,9 1,4 17,0 15,7 17,9 1,7 13,4 0,02 4,3 1,3 2,0 0,8 19,5 % % % % % % % % % % % % % % % 100,0 % Quelle: Europäische Kommission, Die Strukturfonds in 1997, Neunter Jahresbericht, Brüssel, 1999 Während der Ausnutzungsgrad der Fördermittel innerhalb von ADAPT bis Ende 1998 recht hoch war (z. B. 95 % in Dänemark, 91 % in Deutschland, 92 % in Finnland und 100 % im Vereinigten Königreich, wo noch eine weitere (dritte) Ausschreibung für Projekte durchgeführt wurde um sicherzustellen, daß alle verbleibenden Mittel vergeben werden), wurde innerhalb des gleichen Zeitraumes ein nur sehr kleiner Anteil der Mittel für die KMU-Initiative ausgeschöpft (26 % in Dänemark, 55 % in Deutschland (Thüringen) und 47 % in Finnland). In vielen Ländern, beispielsweise in Österreich, Finnland und Schweden, ergaben sich beträchtliche Verzögerungen bei der Einführung der KMU-Initiative, die zu einem verspäteten Projektbeginn führten, was den verhältnismäßig niedrigen Ausschöpfungsgrad erklären könnte. 6.4.2 Barrieren und Hindernisse Barrieren und Hindernisse für die Teilnahme von KMU an den Gemeinschaftsinitiativen KMU und ADAPT können mit den unterschiedlichen Arten der Einbeziehung von KMU in diese Programme zusammenhängen. Einerseits bilden KMU die Hauptzielgruppe der Projekte, die von lokalen und regionalen Stellen, sozialpartnerschaftlichen Organisationen, Wirtschaftskammern, Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, Dienstleistungsorganisationen, etc. getragen werden und können von der Teilnahme an diesen Projekten profitieren (was der ursprünglichen Absicht beider Initiativen entspricht). Andererseits können KMU aber auch Fördermittel als Projektträger beantragen, womit sie für die Durchführung der Projekte verantwortlich sind. Zum Beispiel geben bei ADAPT einige Mitgliedstaaten (z. B. Belgien und Griechenland) Projekten Vorrang, die von KMU getragen werden. Die Barrieren und Hindernisse, die im Rahmen dieses Abschnitts behandelt werden, beziehen sich grundsätzlich auf die Teilnahme von KMU an den von den entsprechenden Institutionen implementierten Projekten; ihre Rolle als Projektträger findet nur insofern Berücksichtigung, als sie Mittel für ihre eigenen Bedürfnisse beantragen können (dies ist nicht in allen Ländern möglich, wie beispielsweise bei der KMU-Initiative in Finnland). 228 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft Die Gründe für KMU, sich gegen eine Teilnahme an Projekten zu entscheiden, die von intermediären Organisationen getragen werden, können mit den spezifischen Charakteristika von KMU zusammenhängen. Mangel an Zeit und Ressourcen aufgrund von „Anforderungen des Tagesgeschäftes”, beispielsweise, scheint ein verbreiteter Grund für die Abneigung von Unternehmen gegenüber der Teilnahme an Projekten zu sein, die im Rahmen der KMU-Initiative und ADAPT lanciert werden, wie vor allem in Deutschland, Dänemark, Finnland und dem Vereinigten Königreich erwähnt wurde. KMU neigen auch dazu, nur sehr ungern Mitarbeiter für Weiterbildungszwecke, vor allem für langfristige Programme im Bereich der Humanressourcenentwicklung freizustellen, die in ihren Augen keine unmittelbar für die Geschäftstätigkeit umsetzbaren Ergebnisse liefern. In Deutschland lösten die Projektträger dieses Problem dadurch, daß sie sowohl besonders langfristige Kurse in kürzere Lerneinheiten und flexiblere Kurszeiten zerlegten, als auch externe Seminare durch interne ersetzten, die in Zeiten, in denen die Kapazitätsauslastung des Unternehmens gering ist, wahrgenommen werden können. Insbesondere wenn man die Teilnahme von KMU an der Entwicklung von Projekten betrachtet, stehen einige dieser „unternehmensbezogenen” Hindernisse in engem Zusammenhang mit den spezifischen Besonderheiten bei der Durchführung des entsprechenden Programms, vor allem mit der zeitlichen Verzögerung zwischen Antragstellung und Projektbeginn. Im Hinblick auf den Bottom-upAnsatz, der eigentlich ein spezifisches Merkmal beider Initiativen darstellt und eine nachfrageorientierte Entwicklung von Projekten sicherstellen soll, erfordert diese zeitliche Verzögerung eine langfristigere Planung auf Seiten der KMU-Manager für die Entwicklung ihrer Ausbildungs- und Geschäftsziele und wirkt der Absicht entgegen, Lösungen zu sehr unmittelbaren Problemen zu finden, was vor allem in Dänemark, Finnland, Deutschland und den Niederlanden erwähnt wurde. Abbildung 6.6 verdeutlicht die relativ große Bedeutung dieses Hindernisses in beiden Initiativen. Während die meisten Probleme für die Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft (wie in Abschnitt 6.3.3 beschrieben) auch für die KMU-Initiative und ADAPT gelten, unterscheiden sie sich beträchtlich in ihrer Bedeutung und Reihung innerhalb dieser beiden Initiativen. Insbesondere im Rahmen der KMU-Initiative scheint die Informationsbeschaffung ein Haupthindernis für die Teilnahme von KMU darzustellen, was vor allem in Österreich, Deutschland, Griechenland und Irland hervorgehoben wurde; aber auch in bezug auf ADAPT wurde in den meisten Mitgliedstaaten mangelnde Kenntnis der Möglichkeiten, die die Initiative bietet, identifiziert. Dieser Informationsmangel kann jedoch auch eng mit den nur beschränkt verfügbaren Mittel für die Bewerbung und Vermarktung von Projekten zusammenhängen, die die Teilnahme von KMU stimulieren könnte, wie vor allem von Finnland betont wurde. In Spanien, beispielsweise, wird das Fehlen einer verantwortlichen öffentlichen Stelle für die Bewerbung von Projekten als Hauptproblem angesehen. Desweiteren scheinen die komplizierten Antragsverfahren und administrativen Anforderungen vor allem im Rahmen der KMU-Initiative KMU daran zu hindern, an diesem Programm teilzunehmen. Dies stellte eine besonders hohe Barriere in Dänemark, Spanien, Portugal, Griechenland und Irland dar. In Deutschland ist es den Programmverantwortlichen im Rahmen der KMU-Initiative in Thüringen, bei der einer der Maßnahmenbereiche die Förderung von Umweltmanagement und Öko-Audits vorsieht, gelungen, KMU fast vollständig von administrativen Aufgaben zu befreien, indem diese Tätigkeit an Mitarbeiter des Umwelt-Innovation-Centers (UIC) übertragen wurde, die die ökologischen Bedürfnisse interessierter KMU analysieren und gegebenenfalls den Förderantrag in ihrem Auftrag stellen. Die Berichtlegung und weitere administrative Tätigkeiten werden von den Beratern des Rationalisierungskuratoriums der deutschen Wirtschaft (RKW) übernommen, die 229 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht KMU auch bei der Durchführung des Öko-Audits unterstützen. Da die UIC unter Beteiligung der Industrie- und Handwerkskammern (IHK) und weiterer KMUVerbände gegründet wurde, bringen die KMU ihnen ein hohes Maß an Vertrauen entgegen. Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es in beiden Initiativen Beispiele erfolgreicher Projekte. Eines, ein ADAPT-Projekt im Textilsektor in Dänemark, ist in der folgenden Fallstudie kurz beschrieben. Der Erfolgsfaktor dieses Projektes lag höchstwahrscheinlich in einem unmittelbareren Bedarf an neuen Qualifikationen innerhalb des betreffenden KMU sowie in der Tatsache, daß der Manager des KMU über Erfahrungen und gute Kenntnisse im Umgang mit Förderprogrammen der Gemeinschaft verfügte. Abbildung 6.6 Die Bedeutung der Schwierigkeiten für die Teilnahme von KMU an der KMU-Initiative und ADAPT* 5 4 3 2 1 Informationsbeschaffung Finden von Partner Antragsverfahren Administrative Anforderungen Zeitliche Verzörgerung zwischen Antragstellung und Projekbeginn Berichtlegung KMU-Initiative ADAPT * 1= von großer Bedeutung, 5= keine Bedeutung. Quelle: Persönliche Interviews mit den nationalen Verantwortlichen der KMU-Initiative und ADAPT in Österreich, Belgien, Dänemark, Finland, Deutschland, Griecheland, Irland, Italien, den Niederlanden und Spanien. Fallstudie: Ein erfolgreiches ADAPT-Projekt in Dänemark Projektnehmer dieses ADAPT-Projektes war ein KMU aus dem Textilsektor, das seit einigen Jahren mit zunehmender Konkurrenz aus den Niedriglohnländern konfrontiert war. In Folge änderte das Unternehmen seinen Produktionsprozeß und stellt heute nur noch Prototypen her, während es die hauptsächliche Produktion in Niedriglohnländer auslagert. Während des Übergangs zu diesem System waren etliche strukturelle Änderungen innerhalb des Betriebes erforderlich. Beispielsweise wurden Mitarbeitern, die zuvor in der Produktion tätig waren, andere Verantwortlichkeiten übertragen, die eine regelmäßige Interaktion mit den Unterlieferanten erforderten. Diese Herausforderung wurde in dem KMU durch die Einführung von Schlüsselelementen einer lernenden Organisation und die Implementierung autonomer Arbeitsgruppen angenommen. Das ADAPT Programm hat sich für dieses KMU als wertvoll erwiesen, da das Unternehmen heute in der Lage ist, leichter Informationen über andere Kulturen zu beschaffen und die Kommunikation mit den ausländischen Partnern zu verbessern. Quelle: Arbejdsmarkedets Center for Internationale Uddannelsesaktiviteter (ACIU). 230 Zugang zu Programmen der Gemeinschaft 6.4.3 Maßnahmen, um die Teilnahme von KMU an der KMUInitiative und ADAPT zu verbessern Es wurden zahlreiche Maßnahmen von den nationalen Verantwortlichen und Evaluatoren der entsprechenden Programme vorgeschlagen, um die Teilnahme von KMU an der KMU-Initiative und ADAPT zu stimulieren. Dabei ließen sich einige Schlüsselfaktoren identifizieren, die in diesem Zusammenhang von größter Wichtigkeit erscheinen, wobei sich einige vor allem auf ADAPT beziehen und andere besondere Relevanz für die KMU-Initiative haben. • In bezug auf die Gemeinschaftsinitiative ADAPT betonten viele Länder die Wichtigkeit der Einbindung von KMU und Institutionen, die mit der Geschäftsabwicklung in KMU vertraut sind, in die Entstehungsphase von Projekten, um eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Projekte sicherzustellen. Eigentlich hätte dies durch den geforderten Bottom-up-Ansatz gewährleistet sein sollen. Diese Bedingung scheint jedoch bei der Genehmigung und Durchführung von Projekten nicht strikt genug befolgt zu werden, was zur Entstehung von angebotsorientierten Projekten führt, die sich an jenen Dienstleistungen ausrichten, die von den jeweiligen Institutionen angeboten werden können, anstatt sich auf die tatsächlichen Bedürfnisse und Anforderungen von KMU zu konzentrieren. Insbesondere in kleineren Ländern wie Österreich, Dänemark, Portugal und den Niederlanden scheint dies ein großes Hindernis für die Teilnahme von KMU an ADAPT darzustellen. Daher könnte eine verstärkte Ausrichtung an der Bottom-up-Bedingung bei der Genehmigung von Projekten zu einer höheren Teilnahme von KMU an ADAPT-Projekten beitragen. • In bezug auf die KMU-Initiative beschwerten sich viele Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Österreich, Irland, die Niederlande, Spanien, und bis zu einem gewissen Grad auch Italien, über eine mangelnde Berücksichtigung der regionalen Strukturen ihrer Länder von Seiten der Kommission bei der Festlegung der Richtlinien für die Einführung der Initiative. Dies stellte beispielsweise in Österreich auch einen der Hauptgründe für den verzögerten Beginn der Projekte im Rahmen der KMU-Initiative dar. Es wird davon ausgegangen, daß die Initiative von einer Dezentralisierung profitieren könnte, d. h. durch die verstärkte Vergabe von Kompetenzen an nationale und regionale Stellen in bezug auf die Auswahl der für ihre Region am besten geeigneten politischen Maßnahmen. Zusätzlich wurde betont, daß die Tatsache, daß nur KMU in bestimmten Regionen förderungsberechtigt sind, die Durchführung von Projekten für Verbände und Arbeitnehmerorganisationen erschwert, da diese die Entwicklung von Projekten vorziehen, die sich an alle ihre Mitglieder richten, nicht nur jene, die in einer bestimmten Region angesiedelt sind. Allerdings müssen Überlegungen in diese Richtung mit den politischen Absichten der Initiative abgewogen werden. • Weitere Vorschläge für die Steigerung der Teilnahme von KMU an beiden Initiativen beziehen sich auf zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Informationsbereitstellung und Kommunikation über Fernsehen, Internet, Zeitungen und regionale Informationsseminare oder Konferenzen. In Finnland wurde beispielsweise eine Homepage der KMU-Initiative eingerichtet, die Basisinformationen über das Programm und die Antragsverfahren anbietet sowie erfolgreich laufende Projekte unter den verschiedenen Maßnahmen präsentiert. In einer Erhebung bei Projektträgern über den Bekanntheitsgrad der finnischen KMUInitiative wurden Broschüren und regionale Repräsentanten als die erfolgreichste Informationsquelle genannt.1 Im Rahmen des deutschen ADAPT 1 Small Business Institute, Turku School of Economics and Business Administration, Suomen SME-yhteisöaloiteohjelman väliarvionnin loppuraportti (Evaluation der Finnischen KMU-Initiative), Turku, 1999. 231 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht Programms erwiesen sich persönliche Gespräche zwischen Vertretern der Wirtschaftskammern oder Aus- und Weiterbildungsverbänden und KMU-Managern als die effektivste Weise, um die Teilnahme von KMU zu fördern. In diesem Zusammenhang wurde von den Mitgliedstaaten auch eine verstärke Einbindung der bestehenden Netzwerke von KMU-Intermediären (Sozialpartner, KMU-Verbände und regionale und lokale industriepolitische Institutionen) vorgeschlagen. • Vor allem im Rahmen von ADAPT könnte eine Veränderung der Richtlinien in Richtung geringerer Anforderungen in bezug auf die transnationalen Partner (was auch zu einer Verringerung des Zeithorizonts führen würde) die Teilnahme von KMU erhöhen, wie vor allem von Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland betont wurde. Diese Länder bezweifeln, daß der Output durch große internationale Kooperationen die von den KMU dafür eingesetzten Ressourcen rechtfertigt. Zusätzliche Probleme entstehen, wenn KMU in einer bereits bestehenden Partnerschaft Fördermittel beantragen, die Projekte jedoch nicht in allen entsprechenden Ländern genehmigt werden. Ähnliche Überlegungen wurden in bezug auf die Anforderungen bezüglich der ‘Innovativität’ der Projektaktivitäten angestellt. Obwohl diese eines der wesentlichsten Merkmale von ADAPT darstellt, wird sie verstärkt als Barriere für die Teilnahme von KMU betrachtet, da es vielen Beschäftigten in sehr kleinen Unternehmen an Kenntnissen selbst in Basisbereichen wie etwa Word oder Excel mangelt, wodurch es ihnen erschwert wird, offen für innovativere Ideen zu sein. Dennoch sollte eine entsprechende Neugestaltung natürlich nicht den politischen Intentionen des Programms entgegenwirken. 6.5 Beste Verfahren für die Förderung der Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft Zahlreiche Elemente vorbildhafter Verfahren für die Verbesserung des Zugangs von KMU zu Programmen der Gemeinschaft lassen sich in den einzelnen Ländern der EU identifizieren. Zusätzlich zu den One-Stop-Shops, den Europäischen Informationszentren und den Sondierungsprämien, die innerhalb des Vierten und Fünften Rahmenprogramms für FTE eingeführt wurden, beinhalten diese Elemente: Vereinfachungen der Antragsverfahren, Informationsbereitstellung, Dezentralisierung auf die regionale/lokale Ebene und angemessene Bewerbung und Vermarktung der Programme. Einige gute Beispiele auf diesen Gebieten wurden bereits erwähnt. Die beiden folgenden Fälle verdeutlichen dabei noch detaillierter die Bedeutung dieser Faktoren für die Stimulierung der Teilnahme von KMU an Programmen der Gemeinschaft. Wachstums- und Umweltprogramm in Finnland1 Das Wachstums- und Umweltprogramm des Europäischen Investitionsfonds (EIF) wurde eingeführt, um Umweltinvestitionen in Klein- und Mittelunternehmen durch die Übernahme von Bürgschaften für Kredite an KMU zu fördern. Die Bürgschaften decken bis zu 50 % der von den Finanzinstitutionen der Mitgliedstaaten (normalerweise Banken) gewährten Kredite. In Finnland wird dieses Programm von Finnvera plc. verwaltet, die auf die Unterstützung von Wachstum und Entwicklung, 1 232 Quelle: Finnvera plc. Zugang zu Programmen der Gemeinschaft inländische Aktivitäten, Export und Internationalisierung finnischer Unternehmen spezialisiert sind. Finnvera plc. bewirbt dieses Programm auf unterschiedliche Arten: über Internet, Broschüren, sowie Werbung im Radio und in Zeitungen. Außerdem hat Finnvera plc. 15 Büros in Finnland, in denen Unternehmen Informationen erhalten können. Dementsprechend war die Inanspruchnahme dieser Kredite in Finnland sehr hoch. Insgesamt profitierten seit Januar 1998 38 KMU von diesem Programm. Im Gegensatz dazu wurden bis dahin in Dänemark, wo das Programm überhaupt nicht beworben wird und KMU nur dann Information erhalten, wenn sie bewußt danach fragen, lediglich 5 Kredite bewilligt. Jedoch erscheint der Mechanismus des Wachstums- und Umweltprogramms in Dänemark selbst den für die Einführung verantwortlichen Institutionen nicht sehr interessant, was in einer ebenfalls niedrigen Nutzung durch KMU resultiert. Aids for Preparing Community Proposals – APC (Beihilfen für die Erstellung von Projektanträgen für Gemeinschaftsprogramme) in Spanien1 Das Centre for Industrial Technological Development (CDTI) führt ein Programm durch, das Fördermittel für die Erstellung von Antragsunterlagen für Europäische FTEProgramme vergibt. Das Ziel des APC-Programms ist es, die Teilnahme von Erstantragstellern für Projekte des Vierten Rahmenprogramms in internationalen Konsortien zu fördern. Sobald die Ausschreibung im Amtsblatt veröffentlich ist, kann das an einer Beteiligung interessierte Unternehmen CDTI kontaktieren, die Unterstützung bei der Suche nach Partnern und der Vorbereitung und Finanzierung von Vorschlägen anbieten. Das APC-Programm stellt in Folge zinslose Kredite zur Verfügung, die nur dann zurückzuzahlen sind, wenn der Vorschlag durch die Kommission genehmigt wird. Förderbar sind spanische KMU, die zuvor noch nicht an Projekten im Rahmen des 4. RP teilgenommen haben und eine Beteiligung im Umfang von 10 % oder mehr des gesamten Projektbudgets anstreben. Von 1995 bis Juli 1998 erhielt CDTI 1 307 förderbare Ansuchen von KMU, von denen 646 genehmigt wurden. Die Europäische Kommission finanzierte schließlich 236 dieser Projekte. Die verbleibenden 410 KMU mußten jedoch ihre Kredite nicht zurückzahlen. Erfolgsfaktoren des APC-Programms beinhalten sehr einfache Antragsverfahren (ein 2-seitiges Informationspaket und 7 Seiten Antragsformulare, die Auskunft über den Antragsteller und den Projektvorschlag erfordern) sowie attraktive Zahlungskonditionen für KMU (z. B. Auszahlung der Mittel innerhalb von 15 Tagen). 6.6 Politische Empfehlungen Eine Vielzahl von Hindernissen, die KMU von einer Teilnahme an Europäischen Förderprogrammen abhalten, wurde in diesem Kapitel identifiziert. Maßnahmen für eine Verbesserung des Zugangs von KMU zu Programmen der Gemeinschaft sollten deshalb darauf abzielen, KMU bei der Überwindung dieser Barrieren zu helfen. Die Tatsache, daß die durchschnittliche Größe von Unternehmen, die an Programmen der Gemeinschaft teilnehmen, höher ist als die jener, die an nationalen oder regionalen Förderprogrammen teilnehmen, veranschaulicht die größeren Schwierigkeiten, die kleinere KMU haben, diese Hindernisse zu bewältigen. Das sollte bei der Festsetzung entsprechender Maßnahmen berücksichtigt werden, beispielsweise durch das Ansprechen von vor allem Kleinst- oder Kleinbetrieben. In jedem Fall scheinen jedoch Vereinfachungen insbesondere in den 1 Quelle: Centre for Industrial Technological Development (CDTI). 233 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU — Sechster Bericht folgenden Bereichen notwendig, um den Zugang von KMU zu Programmen der Gemeinschaft zu erleichtern: • Bekanntheitsgrad: Die mangelnde Bekanntheit hat sich als bedeutendste Barriere für die Teilnahme von KMU an Förderprogrammen herausgestellt. In bezug auf die Bekanntmachung sollte vermehrter Gebrauch von Medien wie Fernsehen, Internet, Broschüren und bestehenden Netzwerken von KMU-Intermediären (Wirtschafts- und Handelskammern, Banken und Interessenvertretungen) gemacht werden. Auch hat sich die Bildung persönlicher Beziehungen zu Managern von KMU auf regionaler oder lokaler Ebene in vielen Mitgliedstaaten als eine sehr effektive Methode erwiesen, um die Bekanntheit zu erhöhen. Zusätzlich scheint ein verstärkter Bedarf für die Bewerbung von Programmen zu bestehen, die selbstverständlich zusätzliche Mittel für Werbung, Marketing, etc. erfordert. Die Überwachung der Effizienz des gesamten Prozesses kann dabei die ökonomischste Verwendung derartiger Budgets fördern. • Informationsbereitstellung: Sobald Bekanntheit besteht, hat sich mangelnde Information über die entsprechenden Teilnahmemöglichkeiten als die größte Schwierigkeit (bei teilnehmenden sowie bei nicht teilnehmenden Unternehmen) erwiesen. Die Notwendigkeit, die Qualität der Informationen, die von der Europäischen Kommission bereitgestellt werden, zu verbessern, wurde weiter oben bereits erwähnt. Der Vorzug sollte dabei möglicherweise einem einzigen Repräsentanten auf regionaler oder lokaler Ebene gegeben werden, der in allen Phasen des Programms (Definition, Bewerbung, Durchführung und Bewertung) eingebunden ist, um die Effektivität des Informationsverbreitungsprozesses zu erhöhen. Dies ließe sich in Form einer Partnerschaft mit den Projektverantwortlichen durchführen. Desweiteren könnte die Einführung von Erfolgsprämien einen zusätzlichen Impuls geben. In jedem Fall sollten die Informationen den Zielgruppen angepaßt werden und die Sprache der Adressaten berücksichtigen. • Antragsverfahren und administrative Anforderungen: Um die Antragsverfahren zu vereinfachen, könnten Standardformulare auf unterschiedlichen Medien verwendet werden. Kürzere und geeignetere Formulare würden es einer größeren Anzahl von KMU ermöglichen, sich zu bewerben und die Zeit für administrative Verfahren verringern sowie zu einer Reduktion der Bürokratie beitragen. Zusätzlich wären laufende Projekteinreichfristen und technische Hilfe für Antragsteller nützlich für KMU. Schlußendlich sollten die Erfordernisse in bezug auf die Berichtlegung nicht zu detailliert sein und keine vertraulichen Informationen von den Unternehmen verlangen. 234 7 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Koordination: Aprodi (Association pour la Promotion et le Développement Industriel) DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Vereine, gemeinnützige Organisationen und Stiftungen sind überwiegend in den Bereichen Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, Erziehung und Ausbildung, Sport, Kultur, Menschenrechte und Umwelt tätig. Sie spielen eine zunehmend bedeutendere wirtschaftliche Rolle, insbesondere in bezug auf ihren Anteil an der Beschäftigung. • Zumindest ebenso bedeutend ist ihr Beitrag zur Entwicklung der Demokratie, aktiver Bürgerbeteiligung und sozialer Kohäsion. • In Europa-19 unterscheiden sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Bestimmungen für Vereine und Stiftungen in den einzelnen Ländern deutlich voneinander. • Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der allgemeinen politischen Maßnahmen gegenüber diesem Bereich, die sich weitgehend aus den grundsätzlichen Beziehungen zwischen Regierungen und Vereinen und Stiftungen entwickelt haben. Dies trifft insbesondere auf die Bereiche Erziehung, Gesundheit und Sozialpolitik zu. • In vielen Ländern setzen die nationalen oder lokalen Behörden spezifische Instrumente ein, um Einkommen für Vereine und gemeinnützige Organisationen zu generieren und zu sichern. Solche Instrumente sind hauptsächlich öffentliche Lotterien und Steuerbegünstigungen für private Spenden. • Obwohl durchaus Bemühungen unternommen werden, Freiwilligenarbeit zu fördern und zu empfehlen, fehlt in den meisten Ländern eine klare Definition. • Jene europäischen Länder, die eine hohe Arbeitslosenrate haben, und wo die Politik dem Potential der Sozialwirtschaft für die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie ihrer Bedeutung für die soziale Integration große Aufmerksamkeit schenkt, haben spezifische Beschäftigungsinitiativen entwickelt, die sich nur auf gemeinnützige Organisationen beziehen. Es muß aber betont werden, daß in den meisten Fällen das primäre Ziel dieser Programme nicht die Unterstützung gemeinnütziger Unternehmen ist, sondern die Bereitstellung von Beschäftigungs- und Ausbildungsplätzen für besondere Kategorien arbeitsloser Personen. • Im Durchschnitt scheinen öffentliche Mittel die hauptsächliche Einnahmequelle für Vereine und Stiftungen darzustellen. Allerdings bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen einzelnen Ländern und Tätigkeitsbereichen, ebenso wie zwischen Organisationen unterschiedlicher Größe. • In den meisten Ländern haben notwendige Budgeteinsparungen, die Einführung neuer Regeln für die Vergabe öffentlicher Mittel (wie z. B. das 235 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht System der Kofinanzierung), wie auch (in einigen Fällen) die Absicht der Organisationen, die eigene Unabhängigkeit zu bewahren, die gemeinnützigen Organisationen dazu gezwungen, sich um zusätzliche, private Finanzmittel zu bemühen. In diesem Zusammenhang wurden neue Instrumente entwickelt, wie z. B. das „Produits partage”, „ethische” Finanzierung oder Versuche, die Beziehungen mit privaten Spendern auf eine langfristige Basis zu stellen. • Kleinere Organisationen haben erhebliche Schwierigkeiten bei der Sicherung ihrer finanziellen Ressourcen. Dabei handelt es sich um Informationsmängel, fehlende oder zu geringe jährliche finanzielle Unterstützungen durch die öffentliche Hand, Bürokratie, inkonsistente Regelungen, Verzögerungen beim Eingang öffentlicher Mittel, zunehmende Konkurrenz um private Spenden und den schwierigen Zugang zu Bankkrediten. • Es haben sich eine Reihe von europäischen Partnerschaften und Netzwerken gemeinnütziger Organisationen entwickelt, die sehr aktiv „Lobbying” betreiben, Informationen austauschen, gemeinsame Forschungsprojekte durchführen und voneinander lernen (beste Verfahren). • Nichtsdestoweniger bestehen noch viele Barrieren für grenzüberschreitende Kooperation. Die bedeutendste Barriere ist die fehlende Harmonisierung von Regelungen und Politiken für Vereine und Stiftungen in vielen Ländern. 7.1 Einleitung Überall in Europa entwickeln Männer und Frauen mit vereinten Kräften, Wissen und finanziellen Mitteln gemeinsame Aktivitäten für die Förderung von Zielen, die dem Gemeinschaftsinteresse oder speziellen Gruppen benachteiligter Menschen, wie Minderheiten, Behinderten, älteren Personen, Arbeitslosen, Obdachlosen, etc. dienen. In allen Ländern des EWR und der Schweiz und oftmals seit hunderten von Jahren haben Menschen solche Organisationen wie Vereine, auf freiwilliger Mitarbeit aufgebaute, gemeinnützige Organisationen und Stiftungen gegründet. Es ist Ziel dieses Kapitels, in Übereinstimmung mit der Mitteilung der Euopäischen Kommission zur Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen1 und auf der Basis der Ergebnisse früherer vergleichendender Studien Themen zu untersuchen, die von besonderer Bedeutung für diesen Teil der Sozialwirtschaft sind2. Vereine und Stiftungen spielen eine wichtige Rolle in Europa, und insbesondere die Erklärung, die dem Vertrag von Amsterdam beigefügt wurde, „erkennt an, daß die freiwilligen Dienste einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der sozialen Solidarität leisten”3. 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 2 Sozialwirtschaft, definiert als der aus Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereinen und Stiftungen (GGVS) bestehende Sektor, war bereits im Vierten Jahresbericht des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU Gegenstand eines eigenen Kapitels. 3 Europäische Gemeinschaften, Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Erklärung zu freiwilligen Diensten, Luxemburg, 1997. 236 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft 7.2 Die Bedeutung der Vereine und Stiftungen geht weit über ihr wirtschaftliches Gewicht hinaus Vereine und (gemeinnützige) Freiwilligenorganisationen werden im Rahmen dieses Berichtes als private Organisationen definiert, die die folgenden Hauptkriterien erfüllen: • Sie sind in erster Linie Vereinigungen von Personen und nicht von Kapital; • Sie verfolgen ein anderes Ziel als die Erzielung von Gewinn; • Sie sind unabhängig von öffentlichen und politischen Behörden1, und • Sie beruhen auf freiwilliger Mitgliedschaft und einem zweckgemäßen, freiwilligen Beitrag. Stiftungen sind hier definiert als private Organisationen, vollkommen unabhängig von öffentlichen Behörden, die auf einer gemeinützigen Basis errichtet wurden und die ihre Vermögenswerte auf Dauer einem öffentlichen Nutzen verschrieben haben2. Vereine und Stiftungen sind in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft tätig. Obwohl entsprechend der unterschiedlichen Geschichte, aus kulturellen und politischen Gründen, Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen, kann gesagt werden, daß im Durchschnitt in Europa Vereine und Stiftungen besonders in den folgenden Bereichen wichtig sind: Gesundheitsdienste, soziale Dienste, Sport und Erholung, Kultur, Erziehung und Ausbildung, Wohltätigkeit und Entwicklungszusammenarbeit, sowie in den Bereichen Umwelt, Menschen- und Bürgerrechte3. In Frankreich wird geschätzt, daß jene 120 000 Vereine, die unselbständig Beschäftigte haben, Arbeitsplätze für 1 200 000 Menschen (das entspricht in etwa 800 000 Vollzeitarbeitsplätzen) bereitstellen, und daß 1995 ein Drittel aller neuen Arbeitsplätze im privaten Bereich durch Vereine geschaffen wurde4. In Island schätzte man, daß im Jahr 1996 Vereine 4 % aller Arbeitsplätze bereitstellten5. Wie eine französische Studie6 zeigt, gibt es im europäischen Durchschnitt rd. 4 Vereine je 1 000 Einwohner, wobei das Spektrum von 21 Vereinen je 1 000 Einwohner in Finnland, dem sogenannten Paradies der Vereine, bis zu nur 0,3 in Luxemburg reicht. Die Bedeutung der Vereine in einem Land kann auch daran gemessen werden, wieviel Prozent der Bevölkerung Mitglied bei zumindest einem Verein sind. Dieser 1 Unabhängigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, daß Vereine und Stiftungen auf die Initiative privater Personen hin gegründet und privat geführt werden. Öffentliche Behörden greifen weder in ihre strategische Planung noch in die operative Führung direkt ein. Dies heißt aber nicht, daß öffentliche Behörden nicht im Aufsichtsrat vertreten sind oder diesen Organisationen keine Unterstützungen zukommen lassen können. 2 In vielen Ländern oder Studien, auch auf europäischer Ebene, werden Vereine und Stiftungen synonym u. a. als NGOs (Non-governmental organisations - Nicht-RegierungsOrganisationen), NPOs (Non-profit organisations - gemeinnützige Organisationen) oder CSOs (Civil society organisations) bezeichnet. 3 Siehe auch: Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 4 INSEE, UNEDIC und CNIS in DIES, Vie associative et associations. Etudes et données (Vereinsleben und Vereine. Studien und Daten), Paris, 1999. 5 National Economic Institute of Iceland. 6 Französisches Außenministerium, L’Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 237 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Anteil beträgt in Schweden z. B. 90 %, in der Schweiz 65 %, in Frankreich 39 % und in Italien 23 %1. Das wachsende und erneute Interesse von Politikern und Forschern für Vereine und Stiftungen in den letzten Jahren ist in erster Linie auf die wichtige Rolle, die dieser Sektor als Teil der Volkswirtschaften spielt, zurückzuführen. Insbesondere die Tatsache, daß dieser Bereich in vielen Ländern einen zunehmenden Anteil der Arbeitsplätze bereitstellt, und daß die Beschäftigung in diesem Sektor ständig zugenommen hat, während sie in anderen Sektoren zurückgegangen ist, hat das Interesse an diesem Bereich erhöht. Das Johns Hopkins-Projekt (Johns Hopkins Comparative Non-Profit Sector Project – JHCNP) hat die Bedeutung des gemeinnützigen Bereichs am Beispiel seines Beitrags zum Bruttoinlandsprodukt und zur Beschäftigung in westlichen, entwickelten Ländern demonstriert2 (siehe Tabelle 7.1). Da in diesem Kapitel Vereine und Stiftungen neben anderen Kriterien auch durch das Kriterium der „Nicht-Gewinn-Orientiertheit” definiert sind, können Daten über den gemeinnützigen Sektor insgesamt sinnvolle Hinweise auf die Bedeutung der Vereine und Stiftungen im Rahmen der Wirtschaft geben. Obwohl die Definition im Johns Hopkins-Projekt nicht genau mit der „europäischen” übereinstimmt und sich das Verständnis von Vereinen und Stiftungen in vielen Ländern davon unterscheidet, ist das Johns Hopkins-Projekt eine der wichtigsten Quellen für zwischen Ländern vergleichbare Daten. Das Johns Hopkins-Projekt definiert gemeinnützige Organisationen als: Organisationen (sie sind institutionalisiert und verfügen über eine Struktur), privat (sie sind keine staatlichen Organisationen), „nicht gewinnverteilend” (Gewinne kommen nicht ihren Managern oder Eigentümern zugute), selbstverwaltend (sie kontrollieren im wesentlichen ihre eigenen Angelegenheiten) und freiwillig (Mitgliedschaft ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, und Mitglieder beteiligen sich mittels freiwilliger Zuwendungen in der Form von Zeit oder Geld). Im Gegensatz zur Definition der Sozialwirtschaft und des dritten Sektors schließt die Definition des gemeinnützigen Sektors im Johns Hopkins-Projekt die meisten Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, aber auch Vereine aus. Wegen der wichtigen Rolle, die Vereine in vielen europäischen Ländern, insbesondere in Italien und im Vereinigten Königreich spielen, sind sie in der Definition, die für dieses Kapitel gewählt wurde, miteingeschlossen. Es muß betont werden, daß im Rahmen eines Forschungsprojektes eine bessere Vergleichbarkeit von Daten zwischen den einzelnen Ländern vielfach durch geringe Übereinstimmung mit der einzelstaatlichen Sichtweise erkauft wird. Kapitel 1 dieses Berichtes enthält Daten über die Zahl von und die Beschäftigung in Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften und gemeinnützigen Organisationen. Die im folgenden dargestellten Zahlen über gemeinnützige Organisationen basieren auf statistischen Schätzungen des Umfangs aller Arten von Organisationen im gemeinnützigen Bereich. Aus diesem Grund ergeben sich Unterschiede zu den Daten in Abschnitt 1.4, die auf registrierte gemeinnützige Organisationen Bezug nehmen. 1 Frankreich: Fourel, C., und J.P Loisel, Huit Français sur dix concernés par la vie associative (Acht von zehn Franzosen betrifft die Existenz der Vereine), CREDOC, Consommation et modes de vie, No. 133, Paris, 20. Februar 1999; Italien, Schweden und Schweiz: http://www.civicus.org (Stand am 13. Juli 1999). 2 Salamon, L.S., H.K. Anheier et al., The emerging sector revisited (Der aufstrebende Sektor: Folgeuntersuchung), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, Centre for Civil society studies, 1998, und Salamon, L.S., H.K. Anheier, S.W. Sokolowski et al., The emerging sector: a statistical supplement (Der aufstrebende Sektor: eine statistische Beilage), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, 1996. Siehe dazu auch die nationalen Studien im Rahmen des JHCNP. 238 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Tabelle 7.1 Beschäftigung im gemeinnützigen Bereich, absolut und in Prozent der Gesamtbeschäftigung (Vollzeitäquivalente), in 11 europäischen Ländern, Japan und den Vereinigten Staaten, 1990 und 1995 1990 (1) Belgien Deutschland Finnland Frankreich Irland Italien Niederlande Österreich Schweden Spanien Vereinigtes Königreich EU-9 Gesamt Japan Vereinigte Staaten 1995 (2) Absolut In % der Gesamtbeschäftigung Absolut n.v. 1 017 945 n.v. 802 619 n.v. 418 128 n.v. n.v. 82 558 n.v. 945 883 n.v. 1 440 228 7 130 823 n.v. 3,7 % n.v. 4,2 % n.v. 1,8 % n.v. n.v. 2,5 % n.v. 4,0 % n.v. 2,5 % 6,9 % 357 802 1 330 350 62 848 959 821 118 664 n.v. 642 323 143 637 n.v. 475 179 1 415 743 5 506 367 2 164 533 8 554 900 In % der Gesamtbeschäftigung 10,5 % 4,5 % 3,0 % 4,9 % 11,5 % n.v. 12,4 % 4,5 % n.v. 4,5 % 6,2 % 6,9 % 3,5 % 7,8 % Anmerkung: Prozentsätze wurden gerundet. Quelle: (1) Ausnahmen Italien (1991) und Schweden (1992); Salamon, L.S., H.K. Anheier und S.W. Sokolowski et al., The emerging sector: a statistical supplement (Der aufstrebende Sektor: Eine statistische Beilage), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, 1996; (2) Salamon, L.S., H.K. Anheier et al., The emerging sector revisited (Der aufstrebende Sektor: Folgeuntersuchung), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, Centre for Civil society studies, 1998. Im Jahr 1990 wurde geschätzt, daß gemeinnützige Organisationen in der Schweiz 3,7 % bzw. 147 800 Arbeitsplätze hatten1. Diese Zahlen für die Schweiz sind mit den Ergebnissen des Johns Hopkins-Projekts vergleichbar, da sie auf der selben methodologischen Grundlage beruhen. Nichtsdestoweniger weisen Vereine und gemeinnützige Organisationen in Europa regelmäßig darauf hin, daß sie nicht wirklich ‘Unternehmen’ sind und unterstreichen, daß ihr primäres Ziel nicht die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen ist, sondern daß ihre wirtschaftlichen Aktivitäten den Zielsetzungen, für die sie gegründet wurden, dienen. Die Fallstudie des BASTA-Projekts in Schweden ist eine gute Illustration für dieses Konzept. Fallstudie: Das BASTA-Projekt in Schweden BASTA begann 1992 als ein gemeinsames Projekt der National Association for Aid to Drug Abusers (RFHL) und von vier Stadtverwaltungen. Ziel war die Schaffung einer Produktionsgenossenschaft, in der frühere Drogenabhängige die Rehabilitation von Drogenabhängigen unterstützen. Prinzipien der Arbeit, Solidarität, Qualität, Ökologie, Unabhängigkeit und die Bedeutung guten Beispiels bildeten die ideologische Basis. BASTA wird ausschließlich von früheren Drogenabhängigen geleitet, ohne die Einbindung von professionellem Personal aus dem Bereich der Drogenrehabilitation. Es ist eine Produktionsgenossenschaft, die Rehabilitation mit der Erzeugung von Produkten und Dienstleistungen für den privaten Markt verbindet. Es ist beabsichtigt, daß die Institution zu einem späteren Zeitpunkt Gewinn erwirtschaftet, und daß dadurch die Rehabilitation weniger von öffentlicher Förderung abhängig wird. Quelle: Hansson, J.H., und P. Wijkstrom, BASTA! Beskrivning och analys av Basta Arbetskooperativ (BASTA! Beschreibung und Analyse der Basta Produktionsgenossenschaft), Sköndalsinstitutet, 1997. 1 Wagner, A., Profiling the civic sector: National report on Switzerland (Profil des Zivilsektors: Länderbericht Schweiz), http://www.civicus.org (Stand am 13. Juli 1999). 239 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Vereine und Stiftungen wollen, daß ihre Rolle in der modernen Gesellschaft in vollem Umfang anerkannt wird, insbesondere hinsichtlich ihrer Bedeutung für aktive Bürgerbeteiligung, die Entwicklung der Demokratie, die Verteidigung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit, die Förderung und die Unterstützung von Beschäftigungsprogrammen und sozialer Kohäsion, sowie ihres Beitrags zur Schaffung eines sozialen Europas und eines Europas der Bürger1. Die folgende Fallstudie ist ein gutes Beispiel für ihre gesellschaftliche Bedeutung. Fallstudie: Die ONCE-Stiftung in Spanien Mitte der 80er Jahre gelang es der nationalen spanischen Blindenorganisation (Organización Nacional de Ciegos de Espana: ONCE), mehr als 10 000 Menschen in die Organisation zu integrieren, weil auch nicht-blinde Behinderte als Verkäufer von Lotterielosen (Blindenlotterie) einbezogen werden konnten. Die ONCE-Stiftung (Fundación ONCE – Fundosa –) wurde 1988 gegründet. In der Stiftung sind die vier größten nationalen Behindertenorganisationen in Spanien vertreten. Ziel der Stiftung ist es, die Zusammenarbeit und die soziale Integration behinderter Personen durch Programme (die entweder selbst durchgeführt oder veranlaßt werden) zu fördern und Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. ONCE wird zu 93 % aus dem Bruttoerlös des Verkaufs von Lotterielosen finanziert. ONCE hat seit 1988 mehr als 540 Millionen Euro in Aktionen und Programme für die Unterstützung der Behinderten investiert. Kürzlich wurde ein sehr wichtiges Projekt gestartet: Der „Plan 5 000”, der darauf abzielt, 5 000 Behinderte in den Jahren 1997 bis 2000 anzustellen. Das Ziel, Behindertenarbeitsplätze zu schaffen, soll dadurch erreicht werden, daß Arbeitsplätze in der Verwaltung sowohl des Fonds als auch seiner angeschlossenen Unternehmungen, in den Organisationen und Verwaltungen der Behindertenorganisationen, im INSERTA-Progamm, das auf ad hoc-Vereinbarungen mit privaten Unternehmungen beruht, in den öffentlichen Verwaltungen, entweder durch die Besetzung freier Stellen oder indirekt durch (neue) Arbeitsplätze, die Behinderte dadurch schaffen, daß sie entsprechende Güter und Dienstleistungen konsumieren und schließlich durch Selbständigkeit geschaffen werden. Nach Auskunft der Stiftung konnten bereits im ersten Jahr der Umsetzung des Plans 1 500 Arbeitsplätze für Behinderte geschaffen werden. Quelle: 7.3 IKEI. Unterstützende Maßnahmen In allen 19 Ländern, auf die sich dieser Bericht bezieht, wird die Freiheit der Vereine entweder durch die Verfassung oder – manchmal ungeschriebene – Grundrechte anerkannt. Nichtsdestoweniger bestehen viele Unterschiede hinsichtlich der allgemeinen Politik gegenüber dem „Sektor”, die hauptsächlich von der Art der Beziehung der öffentlichen Verwaltung mit Vereinen und Stiftungen, insbesondere in den Bereichen Erziehung, Gesundheit und soziale Dienste, abhängen. Der Spielraum reicht dabei vom skandinavischen Konzept der Wohlfahrtsgesellschaft (der dritte Sektor ergänzt in diesem Konzept in erster Linie öffentliche Dienstleistungen, abgesehen davon, daß er (auch) Ausdruck demokratischer Verhaltensformen ist) bis zur Einstellung in Belgien und Deutschland als Verwirklichung des Subsidiaritätsprinzips, wo im Gegensatz zum Konzept der Wohlfahrtsgesellschaft öffentliche Dienstleistungen als Ergänzung der gemeinnützigen Organisationen gesehen werden (siehe auch Abschnitt 7.4). 1 Siehe insbesondere die Dokumente der CEDAG (European Council for Voluntary Organisations) und der Platform of European Social NGOs. 240 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Die hauptsächlichen politischen Instrumente auf nationaler Ebene zur Förderung von Vereinen und Stiftungen sind: • Spezielle gesetzliche Bestimmungen; • Begünstigungen im Steuersystem, die den nicht auf Gewinn gerichteten Charakter dieser Organisationen berücksichtigen; • Finanzielle Unterstützung in der Form von direkten Zuwendungen (Subventionen, Darlehen) und, indirekt, Anreize für private Spender; • Unterstützung, um Freiwilligenarbeit zu fördern; • Unterstützung, um die Schaffung von Arbeitsplätzen anzuregen. Darüberhinaus unterstützen die Behörden Vereine und Stiftungen indirekt durch die Zurverfügungstellung öffentlicher Infrastruktur, wie z. B. Gebäude oder Sportplätze. Diese Art von Unterstützung wird in erster Linie durch lokale Behörden gewährt. Die Organisation von Unterstützungsmaßnahmen In den meisten Ländern sind die wichtigen und zentralen Ministerien1 die für den Sektor politisch zuständigen Behörden. Natürlich haben in Ländern, die stark dezentralisiert sind, wie z. B. Deutschland, Spanien oder die Schweiz, auch regionale und lokale Behörden wichtige politische Kompetenzen in bezug auf Vereine und Stiftungen. Tatsächlich wurden nur in Frankreich, dem Vereinigen Königreich und Italien spezielle Behörden für die Koordinierung der nationalen Politik für diesen Sektor geschaffen. • In Frankreich ist die DIES (Délégation Interministérielle à l’Economie Sociale/Interministerieller Ausschuß für die Sozialwirtschaft), im Zuständigkeitsbereich des Premierministers, nicht nur für Vereine, sondern für die gesamte Sozialwirtschaft zuständig. DIES wurde 1982 gegründet; 1998 wurden seine Aufgaben ausgeweitet, um den gesamten Vereinssektor abzudecken. • Im Vereinigten Königreich besteht die „Active Community Unit (ACU)” innerhalb des Innenministeriums, das als zentrale Regierungsabteilung mit all jenen Angelegenheiten befaßt ist, die den gemeinnützigen Bereich betreffen. Die ACU wirkt als Koordinator für gemeinnützige Organisationen und beobachtet die öffentlich finanzierten Agenturen, wie die Flüchtlingsagentur, die Agentur zur Unterstützung von Opfern krimineller Aktivitäten, die Aktionsgruppe „Kinder in Armut”, die „Low Pay Unit” (Einheit zum Schutz unterbezahlter Personen) und die nationale Vereinigung für die Betreuung und Rehabilitierung von Gesetzesübertretern. • In Italien wurde durch das Gesetz 662/19962 festgelegt, daß vor dem 31. Dezember 1997 eine Behörde für den dritten Sektor errichtet werden soll3. 1 D. h. Ministerien für Justiz, innere Angelegenheiten, Arbeit, Gesundheit, soziale Angelegenheiten, Unterricht, Kultur, Sport, Jugend etc. Quellen: ENSR Partner und Französisches Außenministerium, L´Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 2 Durch dieses Gesetz wird das Budget der Regierung für das nächste Jahr genehmigt. Es enthält, neben anderen Themen, Aussagen zur regionalen Entwicklung und zum dritten Sektor. 3 Diese Behörde wird eine begleitende Funktion unter Aufsicht des Premierministers und des Finanzministers ausüben. Sie soll durch Rat, Empfehlungen und detailliertere Ausführungen sicherstellen, daß das Gesetz betreffend der Anforderungen und der notwendigen Rahmenbedingungen für alle unter ONLUS (Organisazzione Non Lucrative di Utilità Sociale) zusammengefaßten Organisationen in gleicher Weise angewendet wird. Diese Institution soll dem Parlament einen jährlichen Bericht über die Entwicklung der Sozialwirtschaft vorlegen. Es soll darüberhinaus Verhalten und Mißbräuche jener Organisationen, die durch Werbeeinschaltungen versuchen, Spenden zu sammeln, beobachten. 241 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Diese Behörde wurde noch nicht gegründet, und es wurde weder eine Entscheidung über den Sitz noch die Mitglieder dieser Behörde getroffen. Eine Entscheidung muß noch 1999 getroffen werden. Die Zusammenarbeit mit Vertretern des Sektors zum Zweck der Diskussion politischer Fragen, die den Sektor betreffen, wurden nur in wenigen Ländern formalisiert: In Frankreich wurde durch Beschluß aus dem Jahr 1983 ein beratendes Komitee, das CNVA (Conseil National de la Vie Associative/Nationaler Rat des Vereinssektors) eingerichtet. Die 66 Mitglieder sind Vertreter von Vereinen aus allen Bereichen. CNVA ist verantwortlich für die Erstellung einer jährlichen Bewertung des Vereinssektors und führt Studien durch, die für die Entwicklung des Sektors und allfällige Reformbemühungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen nützlich erscheinen. Auch in Irland nehmen Vereine, die im sozialen Bereich tätig sind, an der Entwicklung der Sozialpolitik aktiv teil. 7.3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen, Regulierungen und Steuersysteme Die beträchtlichen Unterschiede in den rechtlichen Rahmenbedingungen - Gesetzgebung für die Errichtung, mögliche Rechtsformen, Eintragungserfordernisse, etc. in den verschiedenen Ländern sind in erster Linie auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen und Rechtsquellen zurückzuführen. Dabei sind Länder mit einer Tradition kodifizierten Rechts (wie z. B. Frankreich) und Länder mit einer Tradition des gesprochenen Rechts (Gewohnheitsrechts), wie z. B. das Vereinigte Königreich oder Norwegen, zu unterscheiden. Diese Unterschiede wurden im Detail in verschiedenen vergleichenden Studien untersucht, und sind insbesondere in einer Mitteilung der Europäischen Kommission1 gut dokumentiert. Dies trifft auch auf die Steuerpolitik zu, soweit sie Vereine und Stiftungen betrifft. Aus diesem Grund werden im folgenden nur die Veränderungen, die seit Erscheinen dieser Mitteilung vorgenommen wurden, aufgezählt: • Spanien: Das Ziel des Gesetzes/6 zur „Gemeinnnützigen-Bewegung” vom 15. Januar 1996 ist es, die Beteiligung spanischer Bürger an privaten oder öffentlichen, gemeinnützigen, freiwilligen Organisationen zu unterstützen und zu erleichtern. Zu diesem Zweck definiert das Gesetz, was unter einer gemeinnützigen Organisation zu verstehen ist. Dies insbesondere im Zusammenhang mit jenen Tätigkeitsbereichen, die unter dem Gemeinnützigkeits- und Freiwilligenbegriff eingeordnet werden können. Das Gesetz definiert auch ausdrücklich den Begriff des Freiwilligen zusammen mit den Rechten und Pflichten einer solchen Person. Außerdem werden durch das Gesetz verschiedene Anreize für gemeinnützige Organisationen und Freiwillige selbst geschaffen, wie Ermäßigungen im öffentlichen Transport oder bei der Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen. Im Gesetz ist ausdrücklich festgelegt, daß die öffentliche Verwaltung die Schaffung von Unterstützungsprogrammen für solche Organisationen z. B. durch technische Hilfe, Ausbildungsprogramme oder Informationsdienste und Medienverbreitung fördern soll. Das Gesetz hat einen nationalen Plan für die Unterstützung von freiwilligen Aktivitäten in der Periode von 1997 bis 2000 ermöglicht, dessen hauptsächliches Ziel es ist, allgemein verbindliche Rahmenbedingungen festzulegen, innerhalb derer öffentliche Förderrichtlinien 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel, und Französisches Außenministerium, L’Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 242 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft und Koordinationsmechanismen für den spanischen gemeinnützigen Sektor errichtet werden können1. • In Belgien wurde 1996 eine neue Rechtsform eingeführt. Vereine2, die der Sozialwirtschaft angehören, aber eine größere Zahl kommerzieller Aktivitäten durchführen, können zu einer kommerziellen Rechtsform wechseln und trotzdem ihr gemeinnütziges Ziel beibehalten: „Société Commerciale à Finalité Sociale/Vennootschap met Sociaal Oogmerk” (SFS/VSO)’. In Wallonien wird diese neue Rechtsform bereits allgemein genutzt. Mit der Einführung dieser Rechtsform wird der spezielle Charakter von Unternehmen in der Sozialwirtschaft anerkannt. Belgien kann in dieser Hinsicht als Pionier bezeichnet werden. Jene französischen Vereine, die bedeutende wirtschaftliche Aktivitäten haben, verlangen ebenfalls die Einführung einer solchen Rechtsform (Unternehmen mit einer sozialen Aufgabe: „l’entreprise à but social”)3. • In Italien4 wurde eine neue Rechtsform, ONLUS (Organizzazioni Non Lucrative di Utilità Sociale) durch die gesetzliche Verordnung 460/1997 geschaffen. Ziel war es, einen klareren Bezugsrahmen für die Anwendung von steuerlichen Vorschriften zu schaffen. Die Organisationen, die den ONLUS zugeordnet werden können, sind Vereine, Stiftungen und Genossenschaften, die in den Bereichen Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen, Wohltätigkeit, Erziehung und Ausbildung, Breitensport, Förderung und Erhaltung künstlerischen und historischen Erbes, Bürgerrechte und wissenschaftliche Forschung tätig sind5. Der Verkauf von Dienstleistungen, die dem hauptsächlichen Ziel eines Vereines, der bestimmte soziale Ziele verfolgt, dienen, werden demnach, im Gegensatz zu früher, nicht mehr als kommerzielle Aktivitäten betrachtet. Gewinne aus solchen Aktivitäten, die direkt mit dem sozialen Ziel verbunden sind, sind nicht steuerpflichtiges Einkommen6. • In Frankreich7 wird ab Januar 2000 ein neues Steuergesetz wirksam, das die steuerliche Situation von Vereinen, insbesondere in bezug auf ihre wirtschaftlichen Aktivitäten, klarstellen soll. Das Gesetz bestätigt eindeutig, daß die Befreiung von Vereinen von Unternehmenssteuern die Regel und eine Steuerpflicht die 1 IKEI. Normalerweise dürfen Vereine keine wirtschaftlichen Aktivitäten durchführen, es sei denn fallweise und unregelmäßig und nicht als ihre Hauptaufgabe. Dies bedeutet, daß die meisten Vereine in der Sozialwirtschaft, deren Ziel es ist, Arbeitslose auszubilden oder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, indem ihnen regelmäßige wirtschaftliche Arbeitserfahrung geboten wird, oder die gegen eine Gebühr ihr Wissen hinsichtlich der Wiedereingliederung schwer anstellbarer Personen anbieten, in einer gesetzlichen Grauzone operieren. 3 Für mehr Informationen über SFS siehe http://www.econosoc.org. Die Rechtsform SFS/VSO ist eine kommerzielle Rechtsform. Vereine, die zu dieser Rechtsform wechseln, verlieren demnach ihre frühere Rechtsform als Verein und viele ihrer Steuervorteile, weil sie ab diesem Zeitpunkt dem regulären Unternehmensbesteuerungssystem unterliegen. Dies ist der Grund, warum der Vereinssektor nach wie vor eine geeignetere Rechtsform verlangt, die es einer Organisation erlaubt, als Verein weiter zu bestehen und trotzdem wirtschaftliche Aktivitäten wie Handel und Produktion durchzuführen. 4 Centro Studi Cicogna, Bocconi University. 5 Gemeinnützige Organisationen und Genossenschaften mit sozialer Zielsetzung gehören automatisch zu ONLUS. 6 Eine andere Neuigkeit ist die Vereinfachung der administrativen Verfahren für die Annahme von Erbschaften und die Befreiung von Erbschaftsteuern. Diese Verordnung wurde stark kritisiert, weil die Definitionen und die damit verbundenen Sachverhalte zu kompliziert sind. Derzeit ist es noch nicht möglich, die methodischen Probleme, die entstehen können, zu beurteilen, weil die Verordnung noch nicht eingeführt wurde. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß diese Verordnung den Willen der Regierung zeigt, die Regelungen für den dritten Sektor zu verbessern. 7 Premierminister, Circulaire relative au développement de la vie associative (Mitteilung betreffend die Entwicklung des Vereinswesens), Paris, 16. September 1998, und Rede des Premierministers vom 21. Februar 1999 zum Abschluß der „Assises Nationales de la Vie Associative” (nationale Konferenz zum Vereinswesen), Paris, 1999. 2 243 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Ausnahme ist. Dieses Gesetz wurde erlassen, um kleine Vereine zu schützen und sollte den Wünschen der Vertreter dieser Vereine entsprechen. Nichtsdestoweniger sind die Vereine nicht gänzlich zufrieden, weil das Gesetz schwierig zu verstehen und umzusetzen ist. Aus diesem Grund wurde seine Einführung von 1999 auf 2000 verschoben; im Rahmen des Finanzgesetzes 2000 wird dem Parlament ein Vorschlag unterbreitet, der vorsieht, daß die zahlreichen Vereine, die neben ihrer Haupttätigkeit nichtkommerzieller Art kleinere wirtschaftliche Aktivitäten haben (mit einem Umsatz von maximal 38 125 Euro) von solchen Steuern befreit werden. 7.3.2 Spezifische Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Finanzierung Zusätzlich zu den üblichen Formen finanzieller Unterstützung für Vereine und gemeinnützige Organisationen, wie z. B. Entschädigung für Dienstleistungen, begünstigte Mehrwertsteuersätze, andere Steuerbefreiungen, Verteilung von Zuschüssen, haben nationale oder lokale Behörden besondere Instrumente geschaffen, um Vereine und gemeinnützige Organisationen zu finanzieren. Stark verallgemeinernd kann man sagen, daß die Länder im Norden Europas private Spenden durch öffentliche Lotterien fördern, während die südlichen Länder eine Mischung spezieller Fonds und der Förderung privater Spenden durch Steuerbefreiung bevorzugen. In einer Zwischenposition befindet sich das Vereinigte Königreich, das alle möglichen Instrumente entwickelt hat, während Griechenland kaum über Instrumente in diesem Bereich verfügt. In nahezu allen Ländern von Europa-19 werden die Einkommen von nationalen oder öffentlichen Lotterien und Glückspielen dazu verwendet, Wohltätigkeit, Vereine, gemeinnützige Organisationen oder andere gute Zwecke zu finanzieren. In einigen Fällen scheinen Lotterie- und Glückspielerlöse eine bedeutende Quelle für die Finanzierung des dritten Sektors darzustellen. Dies ist insbesondere in Finnland der Fall, wo zwei Systeme angewandt werden: Erstens werden die Erträge der nationalen Lotterie (Oy Veikkaus Ab) dem Unterrichtsministerium zur weiteren Verteilung an Organisationen, die in den Bereichen Kunst (51 % der verfügbaren Mittel), Sport (23 %), Forschung (20 %) und Jugendarbeit (6 %) tätig sind, übergeben (insgesamt 333 Millionen Euro für 1998, das waren 7,5 % des gesamten Budgets des Ministeriums im Jahr 1999)1. Zweitens gründete der finnische Staat 19382 zusammen mit acht Wohltätigkeitsorganisationen RAY (ein Glückspielautomatenverein), die ein gesetzliches Monopol als Glückspielveranstalter hat, und deren grundsätzliche Aufgabe es ist, Mittel für die Unterstützung gemeinnütziger Gesundheits- und Wohltätigkeitsorganisationen zu beschaffen. Die Glückspielmaschinenverordnung legt fest, daß das Einkommen von RAY an eingetragene gemeinnützige Organisationen und Stiftungen zu verteilen ist, deren Zweck es ist, die allgemeine Gesundheit zu fördern, Unterstützung für die Wohlfahrt von Kindern zu geben, die Pflege von Personen mit Behinderungen, die Altenpflege, die Entwicklung von Jugendarbeit, den Schutz menschlichen Lebens, Rettungsaktivitäten in Katastrophenfällen, die Beschaffung oder Haltung von allge- 1 Small Business Institute, Turku School of Economics and Business Administration und Finnisches Unterrichtsministerium, http://www.minedu.fi/ministry/finance (Stand am 21. Juli 1999). 2 Die ersten Glückspielautomaten wurden in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in Finnland aufgestellt und wurden anfangs von privaten Firmen betrieben. Wegen Klagen, daß private Firmen in Ausnützung des „Spieltriebs” der Bevölkerung Gewinne erzielten, erließ der Staat bereits 1933 eine Verordnung, die Wohltätigkeitsorganisationen das ausschließliche Recht einräumte, solche Automaten zu betreiben. Die 1937 erlassene neue Verordnung, die zur Gründung von RAY führte, war eine Konsequenz der Konkurrenz zwischen den Wohltätigkeitsorganisationen. RAY, http://www.ray.fi/englishE/presse/press.htm (Stand am 21. Juli 1999). 244 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft meinzugänglichen Erholungseinrichtungen oder ähnlicher Erholungsmöglichkeiten und die „Mäßigkeit” oder Pflege für Alkohol- und Drogenabhängige zu fördern. 1998 erreichte der Gewinn von RAY 302 Millionen Euro (das waren 65 % des Umsatzes von RAY) der zu 76 % dazu verwendet wurde, Projekte von 1 009 Gesundheits- und Wohlfahrtsorganisationen zu finanzieren und zu 24 %, um die Betriebskosten von Pflegeheimen und die Rehabilitierung von Kriegsversehrten zu decken1. In Belgien2 geht der gesamte Gewinn der Nationallotterie hauptsächlich an die direkt vom Gesetz bezeichneten Nutznießer (wie z. B. Zusammenarbeit für die Entwicklung von Unterstützungsprogrammen, die König Baudouin-Stiftung und die ‘Caisse Nationale des Calamités’) und dient in zweiter Linie der Unterstützung weiterer gemeinnütziger Zwecke3. Demnach können gemeinnützige Organisationen Unterstützungen erhalten, wenn sie in den folgenden Bereichen tätig sind: soziale und berufliche Integration von Behinderten, Schulen für behinderte Schüler, Unterbringung und Pflege von älteren Personen, Kampf gegen Armut und Unterstützung für Obdachlose, Unterstützung und Schutz Jugendlicher, Mutter-Kind-Schutz, Sport, Tourismus und Jugendaktivitäten, Entwicklung der Künste, Kinoförderung, Literatur und Kultur im allgemeinen, Erhaltung von Denkmälern und historischen Erbes, Natur- und Umweltschutz, wissenschaftliche Forschung, Tierschutz, soziale und humanitäre Aktivitäten, soziale Integration von Einwanderern und poltitischer Flüchtlinge. 45,6 % der Lotteriegewinne des Jahres 1998 (81 309,1 Millionen Euro) wurden für diese Zwecke ausgegeben. Im Vereinigten Königreich4 wurde die nationale Lotterie 1994 durch das Parlament eingeführt, ausdrücklich, um Geld für gute Zwecke zu beschaffen. Sechs solcher guten Zwecke wurden definiert: Kunst, Sport, Wohltätigkeit, historisches Erbe, die Millenniumsfeiern und die neuen Entwicklungen in den Bereichen Gesundheit, Erziehung und Umwelt5. 28 % des Einkommens der nationalen Lotterie wird für diese sechs guten Zwecke verwendet. Der Betrag wird folgendermaßen verteilt: Kunst, Sport, Wohltätigkeit und historisches Erbe erhalten jeweils 16,67 %, die Millenniumskommission 20 % und der „New Opportunities Fund” 13,3 %6. 1997/98 wurden beispielsweise 519,38 Millionen Euro an Wohltätigkeitsvereine verteilt. In Norwegen belaufen sich die Gewinne der norwegischen Nationallotterie, die an Vereine verteilt werden, auf ungefähr 230 Millionen Euro7. In der Schweiz erlaubt das Gesetz nur Lotterien, deren Gewinne vollständig an gemeinnützige Organisationen verteilt werden. Es bestehen vier Dachorganisationen für Lotterien: die Interkantonale Landeslotterie (ILL) und die Seva Lotteriegenossenschaft Bern im deutschsprachigen Teil, die Lotterie Suisse Romande im 1 Small Business Institute, Turku School of Economics and Business Administration und RAY: http://www.ray.fi/englishE/presse/press.htm (Stand am 21. Juli 1999). 2 Die belgische Nationallotterie, http://wwwloterie.national.be (Stand am 23. September 1999). 3 Siehe Gesetz zur Nationallotterie vom 22. Juli 1991 und die Novellierung durch das Gesetz vom 21. Dezember 1994. 4 De Montfort University, The UK National Lottery, http://www.nationallottery.co.uk/causes/index.html (Stand am 13. Juli 1999) und the National Lottery Charities Board, Annual Report 1997/98. 5 Es gibt zwölf Verteilerinstitutionen, die verantworlich für die Verteilung von Zuschüssen für die guten Zwecke sind (die Arts Councils of England, Scotland, Wales and Northern Ireland, die Sports Councils of England, Scotland, Wales and Northern Ireland, der National Charities Board, der Heritage Lottery Fund, die Millennium Commission und der New Opportunities Fund). 6 Die Millennium Commission besteht bis zum 31. Dezember 1999, danach wird ihr Anteil dem „New Opportunities Fund” zugeschlagen. 7 Französisches Außenministerium, L’Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 245 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht französischsprachigen Teil und die Swisslotto im Gesamtgebiet der Schweiz. Alle Gewinne werden entweder direkt oder indirekt durch die Kantonsverwaltungen an Vereine verteilt, die in den Bereichen soziale Dienstleistungen, Kunst, Kultur, Umwelt oder Forschung tätig sind. 1998 wurden insgesamt 220,26 Millionen Euro verteilt: 49,97 Millionen Euro der Lotterie Suisse Romande, 16 Millionen Euro der Seva, 20,35 Millionen Euro der ILL und 133,94 Millionen Euro der Swisslotto. In Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich wurden spezielle Fonds für die Finanzierung gemeinnütziger Organisationen entwickelt. Im Jahr 1982 wurde in Frankreich der „Fonds National Développement de la Vie Associative” (FNDVA, Nationaler Fonds für die Entwicklung des Vereinssektors) gegründet, der in erster Linie Ausbildung von Vereinsfunktionären und Freiwilligen (ehrenamtlichen Mitarbeitern) finanziert. FNDVA wird finanziert aus einem Aufschlag auf Pferdewetten (System PMU). Sowohl die französischen Vereine als auch die Regierung sind der Meinung, daß das Budget der FNDVA (3,66 Millionen Euro pro Jahr seit 1997) zu klein ist, und daß der Fond nicht effizient verwaltet wird. Aus diesen Gründen hat der Premierminister am 16. September 1998 zunächst eine Reform des Verwaltungssystems, und dann, im Februar 1999 eine Erhöhung des Budgets (auf 6,1 Millionen Euro) bekanntgegeben1. Ebenfalls in Frankreich wurde 1964 der FONJEP (Fonds de Coopération de la Jeunesse et de l’Education Populaire/Fonds für die Jugend- und Volksbildung) gegründet. Dieser Fonds, der gemeinsam von Ministerien und Vereinen verwaltet wird, finanziert einen Teil der Kosten der ständig Beschäftigten, die Koordinationsoder Managementaufgaben erfüllen und bei Jugendbewegungen und Vereinen, die in den Bereichen öffentliche Bildung und soziale Aktion tätig sind, beschäftigt werden. Im Jahr 1999 finanzierte das Ministerium für Jugend und Sport durch FONJEP 3 215 Arbeitsplätze mit einem Gesamtbetrag von 22,056 Millionen Euro. In Spanien wird seit 1979 ein kleiner Anteil (0,52 %) des Einkommensteueraufkommens für Kirchen und Vereine, die im sozialen Bereich tätig sind, zweckgebunden. Diese Mittel werden für die Finanzierung von Ausbildungsprogrammen und die Unterstützung von gemeinnützigen Tätigkeiten verwendet. Schätzungen zufolge belief sich der Betrag 1996 auf 195 Millionen Euro, von denen knapp 58 % den Vereinen zugute kamen2. In nahezu allen Ländern, mit der Ausnahme von Island und, bis zu einem bestimmten Ausmaß, auch Schweden und Norwegen, wo Steuerbefreiungen nur in sehr eingeschränkter Form existieren, werden steuerliche Anreize eingesetzt, um private Spenden an Vereine, gemeinnützige Organisationen und Stiftungen anzuregen. In einigen Ländern (z. B. Frankreich) werden diese Steueranreize regelmäßig neu definiert (durch das Finanzgesetz), in anderen Ländern (z. B. Portugal3) wurden sie kürzlich reformiert. Aus diesem Grund und obwohl diese steuerlichen Anreize im Detail in der Mitteilung der Kommission4 dargestellt wurden, wird diesem Kapitel eine diesbezügliche Übersichtstabelle als Anhang angefügt. Wie diese Tabelle zeigt, unterscheiden sich die Systeme, Bestimmungen und Stärken der Anreize in den einzelnen Ländern deutlich. 1 Bericht des Senats zum Finanzgesetzvorschlag für 1999, Premierminister, Circulaire relative au développement de la vie associative (Mitteilung betreffend die Entwicklung des Vereinswesens), Paris, 16. September 1998, und Rede des Premierministers vom 21. Februar 1999 zum Abschluß der „Assises Nationales de la Vie Associative” (nationale Konferenz zum Vereinswesen), Paris, 1999. 2 IKEI und Französisches Außenministerium, L’Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 3 Wohltätigkeitsspendengesetz 1997 (IAPMEI). 4 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 246 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Der Wirkungsgrad von Steueranreizen wird neben seiner direkten, formalen Definition auch von anderen Faktoren bestimmt. Erstens spielt das allgemeine System der Einkommensteuersätze eine Rolle. In Frankreich wirken die Steueranreize z. B. nur auf Personen mit einem relativ hohen Einkommen, da nur 50 % der Haushalte Einkommensteuer bezahlen. In Irland etwa werden Unternehmen durch die Anreize kaum motiviert zu spenden, weil der Körperschaftsteuersatz für viele Unternehmen nur 10 % beträgt. Zweitens müssen die Unterschiede, die hinsichtlich der Ansuchen für die Gewährung der Steuererleichterung bestehen, berücksichtigt werden. Dies kann an Hand der gegensätzlichen Beispiele von Griechenland bzw. dem Vereinigten Königreich und Dänemark verdeutlicht werden. In Griechenland scheint das Gesetz 2459/97 zur Abschaffung von Steuerausnahmen private Spenden zu komplizieren. Dieses Gesetz hat einen Steuerselbstbehalt von 20 % hinsichtlich von Geldgeschenken an gemeinnützige Organisationen eingeführt und macht die Steuerbefreiung davon abhängig, daß die jährliche Spende den Betrag von 306 Euro übersteigt1. Im Vereinigten Königreich2 haben die Bürger verschiedene Möglichkeiten, gemeinnützigen Organisationen Spenden zu geben und von Steuerbefreiungen zu profitieren: die vertraglich vereinbarte Spende, das „gift aid”-Programm und schließlich „Payroll giving”. Das erstgenannte Programm bezieht sich auf Spender, die eine rechtlich verbindliche Verpflichtung eingehen, für eine Periode von über drei Jahren regelmäßig bestimmte Spenden für einen wohltätigen Zweck zu geben, wobei weder ein minimaler noch ein maximaler Betrag vorgeschrieben ist. „Gift aid” ist ein Programm für einmalige Spenden für einen gemeinnützigen Zweck, die ein Minimum von 390 Euro übersteigen, wobei der Betrag auf einmal einbezahlt werden muß3. Angestellte können das sogenannte „payroll giving” in Anspruch nehmen. Dies bedeutet, daß sie ihren Arbeitgeber authorisieren, wohltätige Spenden von ihrem Gehalt abzuziehen, wobei ein Maximum von 1 872 Euro pro Jahr nicht überschritten werden darf. Der Arbeitgeber leitet die Spenden an eine Wohltätigkeitsagentur weiter, die durch die Finanzbehörden authorisiert ist, und die ihrerseits diese Spenden jenem wohltätigen Zweck zuweist, der von den Angestellten ausgewählt wurde4. 1 In diesem Fall müßte z. B. ein Rentner mit einem zu versteuernde Einkommen von 9 174 Euro, der 460 Euro an eine gemeinnützige Organisation gespendet hat, 90 Euro Steuer bezahlen und mehrere Monate warten, bevor der Steuerrabatt von 70 Euro zurücküberwiesen wird. University of Piraeus. 2 Her Majesty’s Treasury, Review of charity taxation consultation document, London, März 1999. 3 Im Budget 1998 wurde zusätzlich eine spezielle Art von ‘Gift Aid’ eingeführt, das ‘Millennium Gift Aid’, zweckgebunden für Spenden an Wohltätigkeitsvereinigungen im Bereich Erziehung und Armutsprojekten in den ärmsten Ländern der Welt. Das untere Limit für solche Spenden beträgt 156 Euro, die in Raten bezahlt werden können, aber insgesamt bis zum Jahresende 2000 einbezahlt sein müssen. 4 Das vertragliche Spenden und „Gift Aid” funktionieren auf ähnliche Weise, d. h., der Betrag, der vom Spender bezahlt wird, wird als Nettobetrag nach Abzug des Basissatzes der Einkommensteuer behandelt, den die Wohlfahrtsorganisation von den Finanzbehörden einfordern kann. Zum Beispiel eine 1 000 Pfund Spende entspricht 1 000 Pfund plus dem Basiseinkommensteuersatz von 23 %, dies entspricht daher 1 299 Pfund. Wenn der Spender einen höheren Steuersatz (40 %) bezahlt, kann er eine höhere Rückvergütung in der Selbstveranlagung beantragen (in diesem Fall zusätzlich 220,83 Pfund bzw. 17 % von 1 299 Pfund). Spender, die weniger Steuer bezahlen als den Basissatz oder keine Steuer, müssen dies der Finanzbehörde bekannt geben, so daß insgesamt der Betrag der Steuererleichterung korrekt wiedergegeben werden kann. Im Fall des „payroll giving” erhalten die spendenden Angestellten Steuererleichterungen jeweils im Ausmaß des von ihnen bezahlten höchsten Steuersatzes, weil die Spenden abgezogen werden, bevor das zu versteuernde Einkommen berechnet wird, und es gibt kein Risiko für die Spender, im Zusammenhang mit der Spende gegenüber den Finanzbehörden steuerpflichtig zu werden. 247 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Auch in Dänemark können sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen langfristige Spendenverträge zugunsten von Vereinen abschließen, d. h., sich selbst (üblicherweise für 10 Jahre) dazu verpflichten, einen jährlichen Betrag zu spenden und dadurch Steuerbefreiungen von maximal 15 % ihres steuerpflichtigen Einkommens oder bis zu höchstens 2 018 Euro beanspruchen1. 7.3.3 Maßnahmen im Bereich der freiwilligen (ehrenamtlichen) Mitarbeit2 Freiwillige, ehrenamtliche Tätigkeit stellt einen Schlüsselfaktor für die Entwicklung der gemeinnützigen Organisationen dar. Tabelle 7.2 zeigt den Anteil der Bevölkerung, der in gemeinnützigen Organisationen mitarbeitet. Tabelle 7.2 Anteil der Bevölkerung, der freiwillig (ehrenamtlich) in gemeinnützigen Organisationen mitarbeitet (in 13 europäischen Ländern, Mitte der 90er Jahre) Land Anteil der Bevölkerung Belgien Dänemark Deutschland Frankreich Irland Italien Luxemburg Niederlande Österreich Schweden Spanien Vereinigtes Königreich Schweiz 32 28 30 23 25 13 17 25 13 36 13 48 Frauen: 41 Männer: 25 % % % % % % % % % % % % %, % Keine Zahlen sind für Griechenland, Finnland, Portugal, Liechtenstein, Norwegen und Island verfügbar. Quellen: Österreich und Schweiz: Profiling the civic sector, http://www.civicus.org (Stand am 13. Juli 1999); Belgien, Dänemark, Irland und Schweden: Gaskin, K., und J.D. Smith, A new civic Europe? A study of the extent and role of volunteering (Ein neues Europa der Bürger? Eine Studie über Ausmaß und Bedeutung der Freiwilligenarbeit), Volunteer Centre, UK, 1995; Frankreich: ArchambauL, T. E., und J. Boumendil J., Les dons et le bénévolat en France (Private Spenden und Wohltätigkeit in Frankreich), Fondation de France, Paris, 1997; Deutschland: Umfrage der IPSOS Mannheim (November 1997) zitiert in ETW, New solidarity in Europe (Neue Solidarität in Europa); Italien: IREF, Rapporto sull’associazionismo sociale 1995 (Bericht zum sozialen Vereinswesen 1995), 1995; Luxemburg: CEPS/INSTEAD, 1997; Niederlande: NOV, the Dutch Volunteer Centre, Utrecht, 1998; Vereinigtes Königreich: Institute for Volunteer Research, 1997 national survey of volunteering in the UK (Erhebung der Freiwilligenarbeit im Vereinigten Königreich 1997), 1998. 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel, und Französisches Außenministerium, L’Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 2 Zusätzlich zu den Informationen, die die Partnerinstitute im ENSR zur Verfügung gestellt haben, basiert dieser Teil vor allem auf: EUR-volunteer information pool, http://www.eurovolunteer.org/issues (Stand am 5. Juli 1999); A new civic Europe? A study of the extent and role of volunteering (Ein neues Europa der Bürger? Eine Studie über Ausmaß und Bedeutung der Freiwilligenarbeit), Volunteer Centre, UK, 1995; Profiling the civic sector, http://www.civicus.org (Stand am 13. Juli 1999); Halba, B., und M. Le Net, Bénévolat et volontariat dans la vie économique, sociale et politique (Gemeinnützige Arbeit und Volontariat im wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Leben), La Documentation Française, Paris, 1997. 248 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Politische Maßnahmen, die auf eine Anerkennung, Ermöglichung und Verbesserung freiwilliger und gemeinnütziger Arbeit abzielen, sind von entscheidender Bedeutung für den gemeinnützigen Sektor. Speziell in jenen Ländern, hauptsächlich im Süden Europas (einschließlich Frankreich), in denen der Freiwillige noch nicht im vollen Umfang kulturell oder professionell anerkannt wird (im Gegensatz zum Vereinigten Königreich und den skandinavischen Ländern). Verschiedene Arten politischer Instrumente bestehen auf diesem Gebiet: Ehrenamtliche Tätigkeit kann z. B. dadurch unterstützt werden, daß Angestellte, freie (bezahlte) Tage für diesen Zweck erhalten (wie z. B. in Frankreich), oder indem Aufwandsentschädigungen, die die Freiwilligen bei der Ausübung ihrer Mission erhalten, steuerbefreit werden (wie z. B. in Deutschland im Sportbereich und in den Niederlanden). Es wurden verschiedentlich Vorkehrungen dafür getroffen, daß Arbeitslose Freiwilligenarbeit leisten können, soweit sie das nicht von der Arbeitssuche abhält (z. B. in Frankreich und Deutschland). In vielen Ländern werden freiwillige oder gemeinnützige Arbeiten durch die Behörden unterstützt. In Dänemark wurden z. B. 50 Büros eingerichtet, die die Aufgabe haben, die Möglichkeiten für Freiwilligenarbeit bekanntzumachen und darzustellen. Diese Büros werden durch den Staat mit ungefähr 1,1 Millionen Euro pro Jahr unterstützt. Darüber hinaus besteht ein Sozialprogramm auf Gemeinde- und Bezirksebene, das denselben Zweck verfolgt und jährlich mit 13,5 Millionen Euro unterstützt wird1. In verschiedenen Ländern, wie z. B. Frankreich, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich, bestehen nationale Zentren für Freiwillige. In einigen Ländern2 gibt es auch Programme, die eine „Quelle” von Freiwilligen für den gemeinnützigen Bereich darstellen. So können z. B. junge Männer in Finnland, Frankreich und Italien aus Gewissensgründen den Militärdienst ablehnen und an seiner Stelle Sozialdienst leisten. Sowohl in Frankreich als auch in Italien war es lange Zeit schwierig, den Militärdienst abzulehnen. In Italien3 muß ein junger Wehrpflichtiger seit der Reform des Militärdienstes (Gesetz 230/1998) nunmehr lediglich seine Anschauungen darstellen und bestätigen und wird in der Folge automatisch von einer sozialen Organisation (anstelle des Militärs) beschäftigt. Dies hat die Zahl von Freiwilligen für den dritten Sektor dramatisch erhöht. In Frankreich, wo die Wehrplicht 2002 abgeschafft wird, haben junge Männer und auch Frauen die Möglichkeit, sich freiwillig an einem öffentlichen Dienst zu beteiligen, entweder in Frankreich im Rahmen eines Vereins, der im Bereich soziale Kohäsion oder Solidarität tätig ist, oder im Ausland bei einer französischen Organisation, die im Bereich Entwicklungszusammenarbeit oder humanitäre Hilfe4 tätig ist. Im Vereinigten Königreich zielt die „New Deal” Maßnahme darauf ab, junge Menschen, die sechs Monate oder länger arbeitslos waren, darin zu unterstützen, eine geförderte Anstellung zu finden. Jeder der Ansuchenden erhält einen Berater, der mögliche Anstellungen identifiziert. Wenn der Ansuchende solche Anstellungsmöglichkeiten ablehnt, ist er oder sie verpflichtet, in Umweltprojekten mitzuarbeiten oder Freiwilligenarbeit in der Gemeinde zu leisten. 1 DTI: Interview mit einem Abteilungsleiter des Ministeriums für Soziale Angelegenheiten. Auch die Europäische Kommission hat ein Volontärsprogramm für junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren eingeführt. 3 Centro Studi Cicogna, Bocconi University. 4 Dies hat aber viele Fragen unter den Vereinen aufgeworfen, insbesondere muß die Entschädigung, die diesen Freiwilligen gebührt, von den Organisationen selbst aufgebracht werden. Auch ist es fraglich, ob sich Vereine auf die Verfügbarkeit vieler Volontäre verlassen können. Halba, B., und M. Le Net, Bénévolat et volontariat dans la vie économique, sociale et politique (Gemeinnützige Arbeit und Volontariat im wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Leben), La Documentation Française, Paris, 1997. 2 249 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht 7.3.4 Unterstützung im Bereich Arbeitsplatzschaffung In jenen europäischen Ländern, die eine hohe Arbeitslosenrate haben und wo die verantwortlichen Politiker dem Potential des dritten Sektors oder der Sozialwirtschaft zur Schaffung von Arbeitsplätzen große Bedeutung beimessen und ihre Bedeutung hinsichtlich sozialer Integration anerkennen, wurden einige spezifische Maßnahmen zur Arbeitsplatzschaffung entwickelt, die sich nur auf gemeinnützige Organisationen beziehen. Es muß dabei betont werden, daß die Zielsetzung dieser Maßnahmen in den meisten Fällen weniger die Unterstützung gemeinnütziger Organisationen, als die Schaffung von Beschäftigung und Ausbildungsstellen für bestimmte Kategorien von Arbeitslosen ist. In einigen Fällen, wie z. B. in Belgien und Frankreich, zielen solche Maßnahmen auch auf die Entwicklung neuer Dienstleistungen bzw. die Befriedigung von Bedürfnissen, die durch gewerbliche Anbieter nicht hinreichend gedeckt werden1. In Finnland2 hat das Arbeitsministerium in den Jahren 1994 bis 1998 drei neue Programme eingeführt, die speziell auf Vereine und Stifungen abzielen und versuchen, deren Beschäftigungskapazität zu erhöhen. In einem dieser Programme (yhdistelmätuki) werden Organisationen unterstützt, die Langzeitarbeitslose anstellen, um deren Qualifikationen zu entwickeln und verbessern. Die monatliche Unterstützung von ungefähr 841 Euro wird für maximal zwölf Monate gewährt. In einem anderen Programm (projektituki) können Projekte unterstützt werden, die darauf abzielen, Beschäftigung zu schaffen und der sozialen Ausgrenzung von Arbeitslosen entgegenzuwirken, indem Tätigkeiten für Arbeitslose angeboten werden. Mit dieser finanziellen Unterstützung können Vereine und Stiftungen Lohn- und Reisekosten von Projektmitarbeitern sowie Gebühren für externe Experten und andere Verwaltungskosten decken. Die Unterstützung kann maximal 75 % der anerkannten Projektkosten betragen. Eingetragene Vereine und andere nicht eingetragene Vereine und Stiftungen, die Arbeiten unterstützen, die auf Initiativen von Arbeitslosen beruhen oder die andere Maßnahmen zur Schaffung von Beschäftigung unterstützen, haben die Möglichkeit, eine Unterstützung für sog. unabhängige Initiativen zu erhalten (omatoimisuusavustus). Der Zweck dieser Unterstützung besteht darin, die Einführungskosten von Maßnahmen von Vereinen und Stiftungen zu unterstützen. Die Unterstützung unabhängiger Initiativen kann z. B. dafür verwendet werden, Mietkosten und Ausbildungskosten und die Gehaltskosten des Leiters zu decken. Die Beihilfe beläuft sich auf maximal 80 % der anerkannten Gesamtkosten. Jedoch können die gesamten Gehaltskosten des Leiters eines Vereines, der von Arbeitslosen gegründet wurde, finanziert werden. In Frankreich3 sind verschiedene der Maßnahmen, die die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen, für Dienstgeber des nicht-gewerblichen Sektors reserviert, d. h. betreffen hauptsächlich gemeinnützige Vereine, Stiftungen, öffentliche Einrichtungen und lokale Behörden. Der solidarische Arbeitsvertrag (Contrat Emploi Solidarité/CES) fördert die berufliche Integration von Personen, die wegen fehlender Qualifikationen Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche haben, durch Vermittlung von Know-how und die Entwicklung von Maßnahmen, die der Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse dienen. CES ist ein befristeter Teilzeitbeschäftigungsvertrag. Der Beschäftigte erhält den Mindestlohn (SMIC) und der Staat übernimmt, teilweise oder zur Gänze, die 1 2 3 250 Siehe auch Kapitel 10 dieses Berichtes. Small Business Institute, Turku School of Economics and Business Administration. Französisches Ministerium für Beschäftigung und Solidarität. Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Bezahlung des Lohns, je nachdem zu welcher Kategorie der Begünstigte gehört. Desweiteren wird der Dienstgeber von der Bezahlung des Dienstgeberanteils zu den Sozialabgaben (mit Ausnahme der Abgabe für die Arbeitslosenversicherung) befreit. Der Staat kann außerdem die Bezahlung von Kosten für Ausbildungen übernehmen, die der Angestellte außerhalb der Arbeitszeit besucht. Nach Beendigung des CES können jene Begünstigten, die die größten Schwierigkeiten haben und denen keine alternative Beschäftigung oder Ausbildung offensteht, im Rahmen eines sogenannten konsolidierten Arbeitsvertrages (Contrat Emploi Consolidé/CEC) beschäftigt werden. Der CEC wird auf unbestimmte Zeit oder zumindest für einen Zeitraum von zwölf Monaten abgeschlossen. Es kann sich dabei um eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung handeln. Die Unterstützung des Staates subventioniert einen Teil des Lohns, und der Arbeitgeber ist von einem Teil der Sozialabgaben befreit. Sowohl CES als auch CEC werden durch den Europäischen Sozialfonds kofinanziert. Im Durchschnitt waren bei 37 % der CES-Verträge und 44 % der CEC-Verträge die Dienstgeber Vereine. In der Periode 1993/97 machten die im Rahmen von CES- und CEC-Verträgen Angestellten einen Anteil von 7 % der insgesamt von Vereinen angestellten Personen aus1. In jüngerer Zeit wurden durch das Gesetz 97-940 sogenannte Jugendbeschäftigungsprogramme (‘emplois jeunes’) für die Entwicklung von Maßnahmen für die Beschäftigung junger Menschen geschaffen. Es ist Ziel des Gesetzes, neu entstehende oder ungedeckte Bedürfnisse durch die Einführung von gemeinnützigen Maßnahmen zu befriedigen, oder Maßnahmen in den Bereichen Kultur, Sport, Umwelt und Nachbarschaftsdienste zu ergreifen, und 350 000 Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen. Das Programm schließt junge Arbeitslose bis zum Alter von 26 Jahren, in bestimmten Fällen bis zu 30 Jahren, ein und ist im Prinzip für junge Leute mit einem relativ niedrigen Ausbildungsniveau reserviert. Förderbare Dienstgeber sind lokale Behörden, öffentliche Einrichtungen, die nationale Polizei (Innenministerium), das öffentliche Unterrichtswesen (Vorschule, Volks- und Pflichtschulen) und private gemeinnützige Organisationen. Die Verträge können auf unbestimmte Zeit oder auf fünf Jahre abgeschlossen werden. Das Gehalt muß zumindest dem Mindestgehalt (SMIC) entsprechen. Die staatliche Unterstützung besteht aus einer Subvention, die einen Teil des Bruttogehalts abdeckt. Per Ende 1998 stellten Vereine 60 % der Arbeitgeber, insbesondere wurden die Maßnahmen von kleinen, lokalen Vereinen angewendet2. In Belgien3 werden gemeinnützige Vereine (ASBL/VZW) auf verschiedene Weise unterstützt, wenn sie Personen aus Risikogruppen anstellen, das sind Arbeitslose mit einem niedrigen Ausbildungsniveau, Langzeitarbeitslose, junge und ältere Arbeitslose, und gemeinnützige Aktivitäten, die soziale, öffentliche oder kulturelle Bedeutung haben, entwickeln oder Bedürfnisse befriedigen, die anderenfalls nicht befriedigt werden würden. Die Unterstützung besteht aus Gehaltssubventionen durch die Bundes- bzw. regionale Regierungen und/oder einer Befreiung von lohnbezogenen Bundessteuern. 1 Französisches Ministerium für Beschäftigung und Solidarität, Bilan de la politique de l’emploi en 1997 (Evaluierung der Beschäftigungspolitik 1997), Les Dossiers de la DARES, No. 1-2, Ed. La Documentation Française, Paris, Dezember 1998. 2 Ministerium für Beschäftigung und Solidarität, Rapport au Parlement sur la mise en œuvre de la Loi No. 97-940 du 16 octobre 1997 relative au développement d’activités pour l’emploi des jeunes (Bericht an das Parlament zur Einführung des Gesetzes Nr. 97-940 vom 16. Oktober 1997, betreffend die Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung), Februar 1999. 3 Die Programme: DAC, PBW, IBF, Gesco, BKO-gesco, WEP & WEP-gesco-plus, Sociale Maribel-logistieke assistent, Sociale werkplaatsen, Tewerkstelling art 60.7 und PWA. 251 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht In Deutschland fördert die Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) die Schaffung zusätzlicher, zeitlich befristeter Arbeitsplätze im gemeinnützigen Sektor. Die Aufgaben müssen öffentliche Dienstleistungen betreffen, z. B Maßnahmen in den Bereichen des Umweltschutzes oder sozialer Dienste und dürfen nicht mit Arbeitsplätzen im gewerblichen Arbeitsmarkt in Konkurrenz stehen. Um Anreize für Langzeitarbeitslose, die an den ABM teilnehmen, zur Rückkehr in den gewerblichen Arbeitsmarkt zu setzen, erhalten diese normalerweise maximal 80 % des Gehaltes für vergleichbare, nicht-unterstützte Tätigkeiten, wobei drei Viertel der Arbeitskosten durch die Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden und der Rest durch die jeweilige Organisation. ABM waren von besonderer, wenngleich nunmehr abnehmender Bedeutung in den Neuen Ländern: 1998 wurden 210 800 Personen im Rahmen von ABM angestellt, 151 800 davon in Ostdeutschland, und 66,2 % der Personen wurden durch gemeinnützige Organisationen angestellt (in den Neuen Ländern 69,3 %). In Irland organisiert das Ministerium für Unternehmen, Handel und Beschäftigung Gemeindebeschäftigungsprogramme („Community Employment Schemes – CE schemes”), deren primärer Zweck es ist, Ausbildung und Anstellungsmöglichkeiten für Arbeitslose bereitzustellen. Teilnehmer der CE schemes können in Projekten von gemeinnützigen und Gemeindeorganisationen eingesetzt werden. 7.4 Zugang zu Finanzmitteln Entschädigungen für Dienstleistungen und Aktivitäten, Mitgliedsbeiträge, (lokale, regionale, nationale oder internationale) Subventionen und Beihilfen und private Spenden sind die wichtigsten Finanzquellen für Vereine. Entsprechend der in diesem Kapitel verwendeten Definition, finanzieren sich Stiftungen in erster Linie aus dem Einkommen aus der Veranlagung ihrer eigenen Mittel. Dennoch haben auch für Stiftungen die Finanzierung durch Subventionen und private Spenden Bedeutung. Es sind kaum quantitative Informationen zu diesem Thema verfügbar. Für vier Länder liegen immerhin Informationen über den Anteil der Bevölkerung, der Geld für wohltätige und gute Zwecke ausgibt, vor: Irland (85 %), Vereinigtes Königreich (50 %), Frankreich (45 %) und Deutschland (43 %)1. 7.4.1 Die Bedeutung öffentlicher und privater Finanzmittel Traditionellerweise versuchen Studien über die Finanzierung des gemeinnützigen Sektors, die relative Wichtigkeit öffentlicher und privater Finanzmittel abzuschätzen. Das Johns Hopkins-Projekt (JHCNP) zeigt einige interessante Vergleichsdaten für verschiedene europäische Länder, Japan und die Vereinigten Staaten (siehe Tabelle 7.3). Unter öffentlichen Finanzmitteln sind dabei nicht nur Subventionen zu verstehen, sondern auch Entschädigungen für Aktivitäten, die Organisationen im Rahmen subsidiärer Aufgaben oder aufgrund eines Vertrages mit dem Staat durchführen. 1 Frankreich und Deutschland: Archambault E., und Boumendil, J., Les dons et le bénévolat en France (Private Spenden und Wohltätigkeit in Frankreich), Fondation de France, Paris, 1997; Irland: Profiling the civic sector, http://www.civicus.org (Stand am 13. Juli 1999); Vereinigtes Königreich: NCVO, 1997. 252 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Tabelle 7.3 Einnahmequellen des privaten, gemeinnützigen Sektors in 11 europäischen Ländern, Japan und den Vereinigten Staaten, 1990 und 1995 1990 (1) 1995 (2) Öffentlicher Gebühren u. Private Sektor Beiträge Spenden Belgien Deutschland Finnland Frankreich Irland Italien Niederlande Österreich Spanien Schweden Vereinigtes Königreich EU-9 Durchschnitt Japan Vereinigte Staaten n.v. 68 % n.v. 60 % n.v. 40 % n.v. n.v. n.v. 27 % 40 % n.v. 38 % 30 % n.v. 28 % n.v. 34 % n.v. 55 % n.v. n.v. n.v. 64 % 48 % n.v. 60 % 52 % n.v. 4% n.v. 7% n.v. 5% n.v. n.v. n.v. 9% 12 % n.v. 1% 19 % Öffentlicher Gebühren u. Private Sektor Beiträge Spenden 77 % 64 % 36 % 58 % 78 % n.v. 60 % 50 % 32 % n.v. 47 % 56 % 34 % 30 % 18 % 32 % 58 % 35 % 15 % n.v. 38 % 44 % 49 % n.v. 45 % 37 % 62 % 57 % 5% 3% 6% 8% 7% n.v. 2% 6% 19 % n.v. 9% 7% 3% 13 % Anmerkung: Prozentsätze wurden gerundet. Quelle: (1) Ausnahmen Italien (1991) und Schweden (1992); Salamon, L.S., H.K. Anheier und S.W. Sokolowski et al., The emerging sector: a statistical supplement (Der aufstrebende Sektor: Eine statistische Beilage), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, 1996; (2) Salamon, L.S., H.K. Anheier et al., The emerging sector revisited (Der aufstrebende Sektor: Folgeuntersuchung), The Johns Hopkins University, Institute for Policy Studies, Centre for Civil society studies, 1998. In Ergänzung zu Tabelle 7.3 kann auf Schätzungen für Norwegen verwiesen werden, die zu dem Ergebniss kommen, daß Subventionen und Mitgliedsbeiträge jeweils 40 % des Einkommens der Vereine ausmachen, die verbleibenden 20 % stammen aus Verkaufserlösen und anderen Aktivitäten, wie z. B. den privaten Lotterien1. Die verfügbaren Zahlen zeigen, daß die Bedeutung öffentlicher Finanzmittel in den einzelnen Ländern stark schwankt. Dies ist im wesentlichen auf zwei miteinander verbundene Gründe zurückzuführen: einerseits die Verteilung der Vereine und Stiftungen über die Tätigkeitsbereiche, und andererseits die Unterschiede im allgemeinen Aufbau der politischen Maßnahmen. Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sind öffentliche Mittel in der Form von Entschädigungen für die entsprechenden Dienstleistungen in Belgien und Deutschland2 für Organisationen im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen, Wohlfahrt und Erziehung (die den Sektor dominieren) von großer Bedeutung. Die hauptsächlichen Finanzquellen unterscheiden sich, je nachdem in welchem Bereich eine Organisation tätig ist, beträchtlich. Sportvereine sind beispielsweise in erster Linie von Mitgliedsbeiträgen (Privatmittel) abhängig, während Kulturvereine 1 Französisches Außenministerium, ‘L’Europe: Paradis de la vie associative?’ (Europa: Paradies fürs das Vereinswesen?), Paris, März 1999. 2 Ausgehend von der katholischen Soziallehre wurde nach dem 2. Weltkrieg das Prinzip der Subsidiarität zum Leitmotiv für die Entwicklung des deutschen Wohlfahrtsstaates: Güter und Dienstleistungen sollten im sozialen Bereich vorzugsweise nicht durch staatliche Organisationen, sondern komplementär durch die ‘Träger der freien Wohlfahrtspflege’ bereitgestellt werden, die für diese Tätigkeiten im öffentlichen Interesse beträchtliche öffentliche Mittel erhalten. Staatliche Behörden sollen auf jenen Gebieten keine eigenen Behörden einrichten, in denen es schon ausreichend (private) gemeinnützige Wohlfahrtsorganisationen gibt. 253 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht in den meisten Fällen in einem hohen Maß mit öffentlichen Subventionen finanziert werden. Auch Tabelle 7.4 zeigt die Finanzierungsunterschiede zwischen den einzelnen Ländern, aber auch innerhalb der Länder (auch wenn die methodologischen Unterschiede und die unterschiedlichen Informationsquellen die Vergleichbarkeit der Spalten in Tabelle 7.4 und auch die Vergleichbarkeit mit Tabelle 7.3 einschränken). Die Tabelle zeigt, daß Wohltätigkeit in den Niederlanden in erster Linie durch private Quellen finanziert wird, ebenso wie die nicht-staatlichen Entwicklungshilfeorganisationen in Frankreich. Gerade im letzteren Fall muß auch darauf hingewiesen werden, daß ein großer Teil der Subventionen aus internationalen Quellen stammt, insbesondere dem europäischen ECHO-Programm. Tabelle 7.4 Einkommensquellen des gemeinnützigen Sektors in 4 europäischen Ländern, in Prozent Frankreich (1996): Private Entwicklungshilfe (NGOS) Öffentliche Mittel Davon: nationale Beihilfen Regionale & lokale Beihilfen Internationale Beihilfen Gebühren und Verträge (Nationale) Lotterien Private Mittel Davon: Individuelle Spenden Andere private Beiträge Gebühren & Erlöse (Verkauf) Sonstiges 44 19 4 68 9 n.d. 56 66 8 15 11 Niederlande (1997): ‘Gute Zwecke Vereinigtes Königreich (1997): Allgemeine Wohlfahrt 39 41 64 61 36 61 90 10 37 2 59 34 7 25 34 Vereinigtes Königreich (1996/97): Top 500 Wohlfahrtsorganisationen Schweiz (1992): 67 Wohlfahrtsorganisationen 48 12,5 17 9,5 57 4 52 63 36 n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. 64 94 30 6,5 6 Quellen: Eigene Berechnungen durch APRODI auf der Basis von: Frankreich: Commission Coopération Développement, Argent et organisations de solidarité internationale (Geld und internationale Solidarorganisationen), Paris, November 1998; Niederlande: Consumentenbond, de Consumentengids (Konsumentenführer), Den Haag, Dezember 1998; Vereinigtes Königreich: NCVO, The UK voluntary sector almanac 1998-99 (Almanach des gemeinnützigen Sektors im Vereinigten Königreich 1998-99), und Pharoah, C., Dimensions of the voluntary sector 1998 (Umfang des gemeinnützigen Sektors 1998), Charities Aid Foundation, Juni 1998; Schweiz: Untersuchung zitiert in Wagner, A., Profiling the civic sector: National report on Switzerland (Profil des Zivilsektors: Länderbericht Schweiz, (Stand vom 13. Juli 1999). Die Bedeutung einzelner Finanzquellen hängt auch von anderen Faktoren wie z. B. der Größe der Organisationen ab, wie die Finanzierung der britischen Wohlfahrt zeigt. Trotz der beschränkten Stichprobengröße bieten auch die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 19991 hinsichtlich der Finanzierung von Vereinen und Stiftungen interessante und vergleichbare Informationen. Tabelle 7.5 zeigt, daß öffentliche Mittel nur für 19 % der Vereine die Haupteinnahmequelle sind, wobei lokale bzw. regionale Behörden die wichtigere Rolle spielen. Private Finanzierungsprogramme sind für Stiftungen eine wichtige Finanzierungsquelle. 1 Siehe Anhang I zu diesem Bericht: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. Die Stichprobe umfaßt 74 Vereine und 75 Stiftungen. 254 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Tabelle 7.5 Hauptfinanzierungsquellen für die Errichtung der Organisation, Europa-19 Hauptfinanzierungsquelle Vereine Eigene Mittel Bankkredite Mittel von Verwandten und Freunden Mittel aus privaten Finanzierungsprogrammen Mittel von lokalen/regionalen Regierungen Mittel von nationalen Regierungen Mittel aus europäischen Programmen Gesamt (inklusive ‘keine Antwort’) 60 10 1 5 11 7 1 100 Quelle: % % % % % % % % Stiftungen 46 1 1 39 4 8 0 100 % % % % % % % % Alle Befragten 71 21 3 1 1 0 0 100 % % % % % % % % ENSR Enterprise Survey 1999. In den meisten Ländern sind die gemeinnützigen Organisationen durch Restriktionen der öffentlichen Budgets, neue Regeln für die Verteilung öffentlicher Mittel, z. B. das System der Kofinanzierung, und bisweilen auch zum Schutz ihrer Unabhängigkeit gezwungen, mehr private Finanzquellen zu erschließen. Insbesondere setzen mehr und mehr Organisationen spezifische Marketingmaßnahmen ein, um Spenden von Einzelpersonen zu sammeln. Neben traditionellen Instrumenten, wie Straßensammlungen und Mailings, wurden neue Instrumente entwickelt, von denen angenommen wird, daß sie effizienter und mit niedrigeren Kosten arbeiten: • Die großen Wohlfahrtsorganisationen im Vereinigten Königreich versuchen das oben beschriebene „payroll giving” und die Akquisition von Spenden über Internet weiterzuentwickeln. • In Frankreich wird das sog. „produits partage” vermehrt angewendet: Vereine und Stiftungen schließen Vereinbarungen mit Erzeugern/Händlern gut eingeführter Marken, denen zufolge ein Teil des Verkaufspreises dem Verein zugute kommt. Generell versucht eine zunehmende Zahl von Organisationen, Spenden von Unternehmen zu erlangen, weil hier größere Summen verfügbar sind bzw. dadurch relativ langfristige Projekte finanziert werden können. • In Belgien, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich wird das sog. „ethic finance” entwickelt. Die am weitesten verbreitete Form sind sogenannte „Ethik Konten” und „Ethik-Fonds”. Im ersten Fall verzichtet der Eigentümer eines Kontos auf einen Teil der Zinsen zugunsten einer gemeinnützigen Organisation. Im zweiten Fall besteht ein gemeinsamer Fonds, wobei wiederum auf einen Teil der Zinsen (oder einen Prozentsatz des gesamten Gewinnzuwachses) zugunsten einiger Organisationen, die durch die jeweilige Bank oder Finanzinstitution gefördert werden, verzichtet wird. 7.4.2 Hauptprobleme im Bereich der Finanzierung Eine Erhebung, die im Auftrag der Europäischen Kommission in Zusammenhang mit ihrer Mitteilung1 bei gemeinnützigen Organisationen und Stiftungen durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, daß nahezu 80 % der Vereine und Stiftungen einen Bedarf nach zusätzlichen Finanzmitteln haben. Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 (siehe Tabelle 7.6) zeigen, daß der Zugang zu Finanzmitteln in der jüngeren Vergangenheit für 13 % der Vereine und 5 % der Stiftungen die größte Barriere dargestellt hat. Daraus kann natürlich nicht geschlossen werden, daß die übrigen Vereine keinerlei Probleme im Finanzierungsbereich hatten. 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 255 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 7.6 Hauptbeeinträchtigungen der Geschäftstätigkeit 1998/99, Europa-19 Hauptbeeinträchtigung Vereine Zugang zu Finanzierung Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Administrative Vorschriften Einführung neuer Technologien Infrastruktur Qualitätssicherung Änderung der Produktionsorganisation Einführung des Euro Andere Faktoren* Keine Hindernisse Gesamt (inklusive „keine Antwort”) 13 8 33 0 0 0 0 0 20 26 100 % % % % % % % % % % % Stiftungen 5 1 10 0 2 1 0 0 2 79 100 % % % % % % % % % % % Alle Befragten 14 9 11 4 3 2 1 1 30 23 100 % % % % % % % % % % % * Diese Gruppe wird in der Analyse nicht weiter aufgegliedert bzw. beschrieben. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Die verschiedenen nationalen Dokumente und Expertenmeinungen1 machen deutlich, daß die Unterschiede hinsichtlich des Zugangs zu Finanzmitteln zwischen den einzelnen Ländern beträchtlich sind: Verglichen mit der Situation für griechische Vereine befinden sich beispielsweise britische gemeinnützige Organisationen in einer beneidenswerten Situation. Zweitens unterscheidet sich die Situation auch zwischen großen, weithin bekannten Vereinen wie z. B. das Rote Kreuz, die Caritas oder große Wohlfahrtsorganisationen im Vereinigten Königreich, die nahezu keine finanziellen Probleme haben, und kleinen, lokalen Vereinen, deren Tätigkeiten bereits gefährdet werden, wenn erwartete (zugesagte) Mittel zu spät eintreffen. Die Hauptschwierigkeiten für Vereine im Bereich der öffentlichen Finanzmittel können wie folgt zusammengefaßt werden: • Insbesondere kleinere Vereine haben Schwierigkeiten, Informationen über verfügbare Finanzmittel zu erhalten. • Viele Organisationen haben Schwierigkeiten, Programme zu planen und Projekte zu organisieren, die durch jährliche Budgets finanziert werden. Finanzielle Unterstützung, die auf der Basis von Projektförderung, im Gegensatz zu institutioneller Förderung, gewährt wird, führt zu Unsicherheiten hinsichtlich des zukünftigen öffentlichen Geldflusses und behindert dadurch eine kontinuierliche, langfristige Planung. • Komplizierte und zeitintensive Vorschriften für die Ansuchen werden häufig als Problem genannt, ebenso die verspätete Auszahlung der Mittel bzw. allfälliger Teilzahlungen. • Ebenso wurden in einigen Fällen die folgenden Probleme genannt: fehlende klare Kriterien von Regierungsabteilungen und Behörden in bezug auf die Anspruchs- 1 Neben den von den ENSR Partnern beigestellten Informationen, beruht dieser Abschnitt vor allem auf: The Department of Social Welfare, Supporting Voluntary Activity: A Green Paper on the Community and Voluntary Sector and its Relationship with the State (Unterstützung gemeinütziger Tätigkeiten: Grünbuch zum gemeinnützigen Sektor und seiner Beziehung zum Staat), Stationery Office, Dublin, 1997, und Donoghue, F., Researching Voluntary Action in Ireland (Gemeinnützige Tätigkeit in Irland), in: Voluntary Action in Ireland, North and South. Report of Research Symposium, Trinity College Dublin, 16. Mai 1997, Centre for Voluntary Action Studies, University of Ulster, 1998; Lunaria, New employment opportunities in the third sector (Neue Beschäftigungsmöglichkeiten im tertiären Sektor), 1999; Zimmer, A., Vereine – Basiselement der Demokratie, 1996; Meyer, D., Das System der Freien Wohlfahrtspflege aus ordnungspolitischer Sicht, in: ORDO, Jg. 49, 1998. 256 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft berechtigung, was zu fehlender Transparenz führt, sowie unterschiedliche Behandlung durch die einzelnen Behörden hinsichtlich der Berichtspflichten. • In Irland ist in einigen Fällen unklar, welche Regierungsabteilung für bestimmte gemeinnützige und Gemeindeaktivitäten zuständig ist. Wenn die Tätigkeitsbereiche über Abteilungsgrenzen hinausgehen oder keine eindeutige Beziehung mit einer Abteilung besteht, wird der Zugang zu Finanzierungen schwierig. • In Irland und im Vereinigten Königreich wird auch die Art der Verteilung der Mittel aus der Nationallotterie kritisiert. Auch bei privater Finanzierung betreffen die Probleme in erster Linie die kleineren Vereine: Das Hauptproblem ist die zunehmende Konkurrenz der verschiedenen Organisationen um private Spenden. Nur relativ große Organisationen verfügen über die personellen und finanziellen Ressourcen, die notwendig sind, um die entsprechenden Aktivitäten durchzuführen. Erfolge bei der Sammlung privater Beiträge sind von oft arbeitsintensiven und umfangreichen Verhandlungen und Kontakten mit privaten Einzelpersonen bzw. Unternehmen abhängig. Nur in wenigen Ländern (z. B. Frankreich, Griechenland) wird der Zugang kleinerer Organisationen zu Bankkrediten durch die Existenz besonderer Finanzinstitutionen, die selbst Teil der Sozialwirtschaft sind und die Vereinen relativ einfache Finanzierungsmöglichkeiten für die Entwicklung ihrer Projekte anbieten, erleichtert. Auch die Europäische Kommission unterstützt Vereine und Stiftungen. Neben der früheren Generaldirektion XXIII, die die Zuständigkeit für die Sozialwirtschaft insgesamt hatte, entwickelten viele Generaldirektionen Programme und/oder boten gemeinnützigen Organisationen Zugang zu ihren Mitteln: die frühere GD V beispielsweise für soziale, private Organisationen, die früheren GD I und VIII im Rahmen der Programme LIEN, TACIS, PHARE und MEDA und für private Entwicklungshilfeorganisationen insbesondere ECHO (1998 standen 412,1 Millionen Euro zur Verfügung), die frühere GD XI für Umweltschutzorganisationen (ungefähr 2,65 Millionen Euro, 1999), die frührere GD X im Bereich Sport und Kultur, die frühere GD XXII für Jugendvereine und im Ausbildungsbereich (z. B. Leonardo) und die frühere GD XXIV für Konsumentenvereine (7,14 Millionen Euro wurden 1999 zugesagt). Dennoch ist der Zugang zu Informationen1 bzw. zu den meisten europäischen Programmen gerade für kleine Vereine schwierig. Diese leiden insbesondere unter der großen Bürokratie sowie den komplizierten Antragsformalitäten, dem „EU-Jargon”, Zahlungsverzögerungen und den Berichtspflichten, die nicht immer den eigenen Berichtspflichten bzw. Rechnungswesen entsprechen. 7.5 Grenzüberschreitende Kooperation2 Die Entwicklung von Kooperationsbeziehungen und grenzüberschreitenden Aktivitäten zwischen europäischen Vereinen und Stiftungen ist angesichts der Erweiterung der Europäischen Union, der Senkung der Arbeitslosigkeit und der Vermeidung sozialer Ausgrenzung ein wichtiges Thema. Dadurch sollten für Organisa1 Es muß in diesem Zusammenhang auf die ausgezeichnete Arbeit von ECAS hingewiesen werden, die einen sehr verständlichen und vollständigen Führer herausgibt: Guide to European Union funding for NGOs. Your way through the Labyrinth (Führer der EU-Finanzierungen für nichtstaatliche Organisationen: Der Weg durch das Labyrinth), Brüssel, 5. Auflage, 1999. 2 Dieser Abschnitt beruht weitgehend auf Informationen, die die ENSR Partner im Rahmen von Interviews mit Vertretern gemeinnnütziger Organisationen in ihren Ländern erhoben haben. 257 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht tionen in der Sozialwirtschaft zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden, ihre Aktionsradien auszuweiten, voneinander zu lernen (beste Verfahren) sowie einen Beitrag zur Konvergenz und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu leisten. Dies sollte auch zur Entwicklung eines Europas der Bürger beitragen. Bedauerlicherweise sind Informationen über solche Aktivitäten nur in geringem Ausmaß und unsystematisiert verfügbar. Nach unserem Informationsstand wurden weder systematische Erhebungen noch Studien in diesem Bereich durchgeführt. Die Ergebnisse einer Erhebung, die für die Europäische Kommission durchgeführt wurde1, zeigen immerhin, daß 50 % der Antwortenden gemeinsame Aktivitäten mit europäischen Partnern entwickelt hatten, und daß 46 % beabsichtigen, in Zukunft solche Partnerschaften fortzusetzen oder zu beginnen. Die Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 zeigen, daß 32 % der befragten Vereine (aber nur 7 % der Stiftungen) in den letzten fünf Jahren ihre internationalen Beziehungen weiterentwickelt hatten2. Es ist schwierig, die Bedeutung grenzüberschreitender Kooperationen quantitativ zu bestimmen, immerhin können aber die folgenden Schlußfolgerungen festgehalten werden: • Viele Vereine und Stiftungen sind relativ groß. Einige können als internationale Organisationen bezeichnet werden (wie z. B. das Rote Kreuz, die Caritas) und andere haben Filialen in mehreren europäischen Ländern eingerichtet, wie z. B. „Ärzte ohne Grenzen” oder „Handicap international”. Darüber hinaus üben viele Vereine aufgrund ihres Zwecks europäische oder internationale Tätigkeiten aus. • In Grenzregionen haben Vereine oftmals seit langer Zeit mit Vereinen jenseits der Grenze zusammengearbeitet. Dies trifft vor allem auf Kultur- und Sportvereine zu, aber auch auf Vereine im Sozialbereich. • Zusätzlich zu offiziellen Netzwerken, die im Rahmen der Arbeit der Europäischen Kommission gegründet wurden – der Beratende Ausschuß Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen, die European Platform of Social NGOs, das EU Development NGOs Liasion Committee – gibt es eine eindrucksvolle Zahl europäischer Netzwerke von Vereinen und Stiftungen, die z. T. ihrereits wieder Mitglied der offiziellen Netzwerke sind. Es würde unmöglich sein, alle bestehenden Netzwerke zu nennen, einige Beispiele sind: CEDAG (European Council for Voluntary Organisations), ECAS (Euro-Citizen Action Service), EAPN (European Anti-Poverty Network), ESAN (European Social Action Network), etc. Es wird bisweilen darauf hingewiesen, daß Vereine lange vor den normalen Unternehmen europäische Partnerschaften und Netzwerke entwickelt haben. Diese Netzwerke sind sehr aktiv im Lobbying, Austausch von Informationen, gemeinsamen Forschungsprojekten, Austausch von besten Verfahren, etc. • Andererseits ist der Tätigkeitsbereich vieler Vereine und kleiner Stiftungen lokal beschränkt, und daher fühlen diese Organisationen weder die Notwendigkeit, noch haben sie ein Interesse an einer Einbindung in „europäische” Aktivitäten. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die Europäische Kommission scheinbar die einzige Behörde ist, die die Entwicklung von Kooperationen zwischen Vereinen und Stiftungen direkt oder indirekt fördert. Wie bei den KMU3, gibt es relativ wenige nationale 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 2 In der Gesamtstichprobe betrug dieser Anteil 24 %. 3 Siehe Kapitel 3 „Grenzüberschreitende Kooperation zwischen KMU” im Fünften Jahresbericht des europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 258 Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft Initiativen, abgesehen von jenen, die durch Dachorganisationen entwickelt wurden. Die folgende Fallstudie beschreibt die Aktivitäten einer solchen Dachorganisation. Fallstudie: Die Unterstützung der Finnish Federation for Social Welfare and Health zur Entwicklung grenzüberschreitender Kooperationen Die Finnish Federation for Social Welfare and Health (Finnische Vereinigung für soziale Wohlfahrt und Gesundheit) hat in den Jahren 1990 bis 1996 eine Initiative namens European Project for Social and Health Associations (Europäisches Projekt für Sozialund Gesundheitsvereine) entwickelt. Ziel des Projektes war es, Abläufe und Know-how in Sozial- und Gesundheitsvereinen zu entwickeln, damit diese besser in der Lage sind, mit der europäischen Integration umzugehen und den Vereinen zu helfen, grenzüberschreitende Aktivitäten zu entwickeln. Im Rahmen des Projektes bot die Finnish Federation for Social Welfare and Health den Vereinen Fortbildung, Beratung und Hilfe bei der Gründung von Partnerschaften. Das Projekt hatte guten Erfolg. Es half vielen Sozial- und Gesundheitsvereinen, gemeinsame Projekte, Informationsnetzwerke und Informationsaustausch mit europäischen Sozialund Gesundheitsvereinen zu entwickeln. Das Projekt wurde großteils im Rahmen von RAY (80 %) und durch Einnahmen aus eigenen Aktivitäten (20 %) finanziert. Nach 1996, dem Projektende, setzte die Finnish Federation for Social Welfare and Health ihre Aktivitäten zur Unterstützung grenzüberschreitender Kooperationen fort, und heute ist dies eine ihrer Haupttätigkeiten. Quelle: Small Business Institute, Turku School of Economics and Business Administration. Nach wie vor scheinen jene Barrieren und Hemmnisse die Entwicklung grenzüberschreitender Kooperationen zu behindern, die bereits im Rahmen einer Untersuchung für die Europäische Kommission1 festgestellt wurden. Dies sind: • Schwierigkeiten bei der Suche nach einem adäquaten Partner. Wie für „normale” Unternehmen, ist es auch für Vereine einfacher, gemeinsame Projekte mit einem bereits bekannten Partner zu entwickeln. • Die unterschiedlichen gesetzlichen, administrativen und steuerlichen Bestimmungen in den verschiedenen Ländern. • Kulturelle Unterschiede und Kommunikationsprobleme. In kleinen Vereinen fehlt es, wie in vielen KMU, an Sprachkenntnissen, insbesondere in einigen Ländern, wie z. B. Frankreich, Italien, Portugal und Spanien. • Fehlende Harmonisierung sozialer Konzepte und politischer Maßnahmen. So werden z. B. behinderte Personen nicht in allen Ländern gleich definiert, was die Zusammenarbeit zwischen den in diesem Bereich tätigen Vereinen erschwert. • Fehlende Unterstützung für die Entwicklung solcher Aktivitäten in vielen Ländern. • Fehlender Zugang zu Informationen über verfügbare europäische Förderungen, die bereits erwähnten Schwierigkeiten mit der europäischen Bürokratie und den Antragsformalitäten, ebenso wie die mangelnden Ressourcen kleiner Vereine für die Teil- oder Vorfinanzierung von Projektkosten. 1 Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel. 259 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht 7.6 Politische Empfehlungen Vereine und Stiftungen sind zweifellos wichtige wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Akteure. Obwohl ihre wirtschaftliche Bedeutung auf nationaler und europäischer Ebene zunehmend anerkannt ist, wird ihre gesellschaftliche und politische Bedeutung noch nicht voll gewürdigt. Vereine und Stiftungen könnten eine wichtige Rolle bei der Errichtung eines politischen und sozialen Europas spielen, die wiederum das Ziel eines vereinigten Europas sind. Wenn Europa mehr als ein gemeinsamer Markt werden soll, sollten die Vereine und Stiftungen, wie die politischen Repräsentanten und die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, in den europäischen politischen Entscheidungsprozeß einbezogen werden. Vereine und Stiftungen sind auch wichtige Repräsentanten der einfachen Bürger. Ihre Erfahrung im Kampf gegen Armut, Rassismus, soziale Ausgrenzung oder hinsichtlich der Entwicklung von Demokratie und aktiver Bürgerbeteiligung sollten verstärkt genutzt werden. Dies ist von besonderer Bedeutung angesichts der Erweiterung der Europäischen Union um die mittel- und osteuropäischen Länder, ist aber auch wichtig, wenn die EU beabsichtigt, im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit eine bedeutende Rolle zu spielen. Der Zugang zu Finanzmitteln und insbesondere öffentlichen Mitteln scheint in vielen Ländern ein Problem zu sein und sollte erleichtert werden, vor allem durch die Festlegung klarer politischer Grundsätze und Programme, die den besonderen Charakter dieses Sektors berücksichtigen. Vor allem die Tatsache, daß Vereine und Stiftungen soziale Innovationen durchführen, sollte anerkannt werden. Dies bedeutet, daß sie nicht mit den selben Effizienzkriterien wie normale Unternehmen arbeiten können. Wie bei innovativen KMU, muß das Risiko berücksichtigt, ausreichend Zeit für die Entwicklung der Projekte eingeräumt und ein „Recht auf Fehlschläge” anerkannt werden. Dies bedeutet u. a., daß Finanzierungen auf einer mehrjährigen Basis entwickelt werden sollten. Es müssen Lösungen für manche Widersprüchlichkeiten im Verhältnis zu den Vereinen und Stiftungen gefunden werden. Es ist nicht logisch, von diesen Organisationen die Entwicklung neuer (nicht-kommerzieller) Dienstleistungen oder einen Beitrag zur Senkung der Arbeitslosigkeit zu verlangen, ohne sie gleichzeitig mit den entsprechenden finanziellen Mitteln auzustatten. Ebenso wenig sollten sie dazu aufgefordert werden, die Qualität ihrer Dienstleistungen und ihre Rentabilität zu steigern und gleichzeitig Arbeitsplätze für die am schwierigsten vermittelbaren Gruppen von Arbeitslosen zur Verfügung zu stellen. Ganz allgemein sollten Freiwilligenarbeit gefördert und berufliche Fertigkeiten, die im Rahmen der gemeinnützigen Tätigkeit erworben wurden, anerkannt werden. Es sollte auch betont werden, daß aktive Beteiligung in Vereinen ein sinnvoller Weg zur Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten sein kann. Die verschiedenen Behörden sollten auf nationaler und europäischer Ebene eine kohärente Politik und einheitliche Kriterien gegenüber Vereinen und Stiftungen anwenden. Vereine und Stiftungen könnten noch stärker am europäischen Einigungsprozeß teilnehmen, wenn sie die Möglichkeiten hätten, mehr grenzüberschreitende Projekte und Tätigkeiten zu entwickeln. Tatsächlich könnten nicht nur finanzielle Fragen, sondern auch andere Probleme, wie z. B. rechtliche Aspekte, durch die Annahme des schon seit langem erwarteten Statuts über den „europäischen Verein” gelöst werden. 260 Mindest-/Maximalbetrag: DKK 500 / 5 000 (67/670 Euro); Abzug von der Einkommenssteuer Abzüge vom steuerpflichtigen Einkommen; Höchstbeträge schwanken zwischen 5 und 10 % je nach Begünstigtem Berechtigte Organisationen Liste der begünstigten Organisationen wird jährlich durch das Finanzministerium veröffentlicht Registriert oder durch Gesetz bestimmt Liste von Organisationen, die durch die Steuerbehörde festgelegt wird Öffentliche Dienste, die durch die Steuerbehörde anerkannt werden Religiöse und wohltätige Organisationen, registrierte Sport- und humanitäre Vereine, Ausbildungsvereine, die Stipendien verteilen Anerkannte öffentliche Dienstleistungen Begünstigte Einzelpersonen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen Einzelpersonen und Unternehmen Land A B DK D EL E Abzug von der Einkommenssteuer im maximalen Ausmaß von 20 % der Steuerbasis Jährlicher Mindestbetrag per Organisation: GDR 100 000 (306 Euro). Abzug vom steuerpflichtigen Einkommen Mindestbetrag: BEF 1 000 (24,79 Euro); Spenden können vom steuerpflichtigen Einkommen bis zu 10 % und einem Betrag von maximal BEF 10 Millionen (255 530,5 Euro) abgezogen werden Mindestbetrag: ATS 1 000 (72,67 Euro) Maximal 10 % des steuerpflichtigen Einkommens Regelungen für Einzelpersonen Steueranreize für private Spenden an Vereine und Stiftungen in 16 europäischen Ländern* Überblick über Steueranreize Tabelle 1 Anhang Abzug von der Körperschaftsteuer mit einem Limit von 10 % oder 30 % der Steuerbasis Spenden im Ausmaß von maximal 0,2 % des gesamten Umsatzes plus der Lohnund Gehaltssumme Mindest-/Maximalbetrag: DKr 500 / 5 000 (67/670 Euro); Abzug vom Gewinn vor Steuer Spenden können bis zu 5 % der Nettogewinne und bis zu einem maximalen Betrag von BEF 20 Millionen (451 061,01 Euro) abgezogen werden. Regelungen für Unternehmen Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft 261 262 Abzug von der Körperschaftsteuer im Ausmaß von FIM 5 000 bis zu 15 000 (840,94 bis 2 522,82 Euro) Abzug vom steuerpflichtigen Einkommen, Minimum/Maximum: IEP 100 / 10 000 (126,97 / 12 697,38 Euro) Liste gemeinnütziger Vereine mit wissenschaftlichem oder kulturellem Charakter, die von der Steuerbehörde anerkannt werden Liste des Revenue Commissioner (Finanzminister) (Finance Act for 1998). Kunst und Ausbildung nur für Einzelpersonen Einzelpersonen: ONLUS (1); gesetzlich anerkannte gemeinnützige Vereine und Stiftungen in der Erhaltung des historischen Erbes und authorisiert durch das Kulturministerium (2); gesetzlich anerkannte gemeinnnützige Vereine und Stiftungen im Bereich Unterhaltung (3); Unternehmen: (1); (3); Entwicklungshilfe NGO (4); Ausbildung, Freizeit, Kultur, Sozialhilfe, wissenschaftliche Forschung (5) Anerkannte öffentliche Dienstleistungen Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen FIN IRL I L Minimum: LUF 5 000 (123,95 Euro); Obergrenze: 10 % des Nettoeinkommens und LUF 10 000 000 (255 530,5 Euro) Abzüge betreffen die Einkommenssteuer; maximale Beträge: 19 % for (1) & (2) bzw. ITL 4 Millionen (2 065,83 Euro) für (1), (2) und 2 % für (3) Abzüge von der Einkommenssteuer: (1): 50 % der Spenden bis zu 6 % des steuerpflichtigen Einkommens; (2): 50 % der Spenden, bis zu 1,75 % des steuerpflichtigen Einkommens; (3): 60 % der Spenden, bis zu maximal FF 2 000 (304,90 Euro). Anerkannte öffentliche Versorgungsbetriebe, religiöse und wohltätige (1), gemeinnützige und Organisationen, die neuen Unternehmern finanzielle Unterstützung gewähren (2), Organisationen, die Essen, Krankenpflege, Unterkunft für Arme und Obdachlose zur Verfügung stellen (3) Einzelpersonen und Unternehmen F Regelungen für Einzelpersonen Berechtigte Organisationen Begünstigte Land Wie bei Einzelpersonen Abzüge vom steuerpflichtigen Gewinn; maximaler Abzug: 2 % Für ONLUS: Maximum ITL 4 Millionen (2 065,83 Euro) oder 2 % des Gewinns Abzug vom steuerpflichtigen Gewinn Min./ Max.: IEP 100 / 10 000 (126,97/12 697,38 Euro); für Kunst & Ausbildung: IEP 250 / 10 000 (317,43/12 697,38 Euro) Abzug von der Körperschaftsteuer mit einem Limit von 0,225 % des Umsatzes (2) bzw. mit einem Limit von 0,325 % des Umsatzes (1) Regelungen für Unternehmen Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Gemeinnützige Organisationen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen Einzelpersonen und Unternehmen NL P UK LI CH Abzüge vom steuerpflichtigen Einkommmen Zusammenstellung von APRODI auf Basis von: Europäische Kommission, Die Förderung der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa, KOM(97) 241 endg., 6. Juni 1997, Brüssel; Französisches Außenministerium, ´L´Europe: Paradis de la vie associative? (Europa: Paradies für das Vereinswesen?), März 1999, und Informationen der ENSR-Partner. Anmerkung: Informationen, die sich von jenen Informationen, die die Kommission im Anhang zu ihrer Mitteilung publiziert hat, unterscheiden oder die hier zusätzlich angeführt werden, sind kursiv geschrieben. Quelle: Abzüge zur Gänze oder mit Obergrenzen, von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Spenden an Vereine sind bis zu einer gewissen Höhe wie Kosten abzugsfähig Gleiche Bestimmungen Abzug von der Einkommensteuer bei Spendenverträgen (deed of covenant) und Spenden von mehr als GBP 250 (siehe Hauptteil) Abzüge vom steuerpflichtigen Einkommen von CHF 100 bis 10 000 (62 to 6 200 Euro) Spenden werden als Kosten betrachtet, wenn sie 0,8 % (Art 2) und 0,5 % (Art 3) des Umsatzes nicht überschreiten. Wenn Spenden als besonders relevant für den jeweiligen Zweck angesehen werden, gelten die genannten Obergrenzen nicht Minimum NLG 500 (226,89 Euro). Abzüge beziehen sich auf den steuerpflichtigen Gewinn bis zu maximal 6 % Regelungen für Unternehmen Abzug von 25 %, aber maximal 15 % des steuerpflichtigen Einkommens. Minimum: 1 % des Einkommens vor Steuern, oder NLG 120 (54,45 Euro) Maximum: 10 % des Einkommens vor Steuern Steuerabzüge sind möglich im Fall von jährlichen, gleich großen und notariell auf mindestens 5 Jahre verbrieften Spenden Regelungen für Einzelpersonen * Schweden, Norwegen und Island sind nicht einbezogen, weil es in diesen Ländern keine derartigen Steueranreize gibt. Öffentliche Dienstleistungen Einzelpersonen: ausschließlich Wohltätigkeitsvereine; Unternehmen: alle Arten von Vereinen Wohltätigkeitsorganisationen Organisationen, die im Maecenas Gesetz bezeichnet sind (Art. 5 für Einzelpersonen, Art. 2 und 3 für Unternehmen) Berechtigte Organisationen Begünstigte Land Vereine und Stiftungen in der Sozialwirtschaft 263 TEIL III UNTERNEHMENSPOLITISCHE MASSNAHMEN 8 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Koordination: Istituto Guglielmo Tagliacarne DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Die neuen Entwicklungen in der KMU-Politik stehen in Zusammenhang mit der allgemein anerkannten Fähigkeit der KMU, Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Mehr noch als in der Vergangenheit scheinen die Probleme der KMU eine breite Berücksichtigung zu finden, die sich in spezifischen Politiken in bezug auf die Vereinfachung der Verwaltung, die Finanzierung, die Internationalisierung, die Förderung technologischer Innovation und die Verbreitung unternehmerischer Kultur ausdrückt. • Die Modernisierung der Verwaltung ist in den meisten Ländern eines der Schlüsselelemente für die Förderung der Entwicklung von KMU. Es wurden Maßnahmen gesetzt, um die Kostenbelastung durch den mit Steuerwesen, Sozialversicherung und Statistik verbundenen Verwaltungsaufwand zu senken und die Bürokratie in Zusammenhang mit der Gründung und Erweiterung von Unternehmen zu vereinfachen. Dieser Prozeß umfaßt auch Maßnahmen zur Dezentralisierung und Rationalisierung des Verwaltungapparats und zur Entwicklung von ‘One-stop-shops’ für Dienstleistungen für Unternehmen. • Die Schwierigkeiten der KMU hinsichtlich des Zugangs zu den Finanzmärkten erfordern politische Maßnahmen, welche die Gründung neuer Unternehmen unterstützen und das Kapital bestehender Betriebe durch den Rückgriff auf Finanzierungsinstrumente (Risikokapital, Startkapital, usw.) sowie steuerliche Anreize stärken. • Die Internationalisierung der KMU wurde durch spezifische Maßnahmen zur Bereitstellung von Informationsdiensten und Hilfestellung bei der Marktforschung sowie durch Beihilfen und andere Fördermaßnahmen (häufig durch spezialisierte Agenturen) begleitet, um Produkte und Unternehmen zu vermarkten und die Suche nach Auslandspartnern und Auslandsinvestitionen zu unterstützen. • Das sich aus der Globalisierung ergebende neue Wettbewerbsumfeld hat sich auf die Maßnahmen zur Unterstützung von F&E sowie die Verbreitung von Innovationen unter den KMU ausgewirkt, obwohl die Programme in diesem Bereich sehr häufig nicht speziell auf kleine Unternehmen ausgerichtet sind. Es existieren Instrumente, welche die Gründung innovativer KMU fördern sollen (Finanzierungsinstrumente und Gründerzentren) sowie direkte (Beihilfen) und indirekte Anreize (Programme für Kooperation und Technologietransfer zur Belebung nationaler Innovationssysteme) und schließlich Maßnahmen in bezug auf die Anwendung innovativer Technologien. Darüber hinaus wurden – neben zahlreichen Bemühungen, die Qualität des Humankapitals zu verbessern – rechtliche Veränderungen hinsichtlich des Einsatzes und der Kosten des Faktors Arbeit durchgeführt. • Um die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen zu stärken und die Arbeitslosigkeit durch Begünstigungen für Selbständige zu senken, fördern viele Länder unternehmerische Kultur und Kenntnisse durch die Einführung spezieller 267 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Lehrgänge innerhalb des Schulsystems sowie neues Unternehmertum in jenen gesellschaftlichen Bereichen, die besonders von Ausgrenzung betroffen sind (junge Menschen, Frauen und Arbeitslose). 8.1 Einleitung Die Anstrengungen zur Erreichung der Maastricht-Kriterien haben für die Regierungen der EU-Länder den Spielraum auf dem Gebiet der KMU-Politik beträchtlich eingeschränkt. Dies hat jedoch den Bedarf nach neuen, stimulierenden Maßnahmen insbesondere für KMU nicht verringert und in einigen Fällen die Regierungen veranlaßt, den Rahmen ihrer Unternehmenspolitik zu erweitern. Gleichzeitig lenkte die Notwendigkeit, die Effizienz der nationalen Maßnahmen zur Verbesserung des Unternehmensumfelds und zur Unterstützung der Unternehmen zu erhöhen, die Aufmerksamkeit der Kommission darauf, die diesbezüglichen Erfahrungen auszutauschen und die Ergebnisse verschiedener Verfahren zu untersuchen. Dieses Kapitel bietet einen Überblick nach Ländern über neue Entwicklungen1 in der nationalen KMU-Politik, wobei bereits implementierte und geplante Maßnahmen in den fünf Bereichen des Mehrjahresprogramms2 für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Europäischen Union (1997-2000) (Unternehmensumfeld; Finanzielles Umfeld; Internationalisierung und Informationsdienste; Innovation und F&E, Arbeitskräfte und Ausbildung; Förderung des Unternehmergeistes) analysiert werden. Es wurde auch der Versuch unternommen, auf der Grundlage von Experteninterviews, Literaturanalysen und Evaluierungen beste Verfahren in diesen fünf Maßnahmenbereichen zu identifizieren – eine Vorgangsweise, die bereits im Fünften Jahresbericht angewendet wurde. 8.2 Aktuelle Entwicklungen der Politik in KMUspezifischen Bereichen Ein Bestandteil des Integrierten Programms für die KMU und das Handwerk3 sind die „Konzertierten Aktionen” (dieser Ausdruck beschreibt den Konsultationsvorgang der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission), welche den Austausch von besten Verfahren zwischen den EU-Ländern fördern. Die Konzertierten Aktionen sollen die Effizienz der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verbesserung des Unternehmensumfelds und zur Unterstützung von KMU durch den Austausch von Erfahrungen und die Untersuchung der Ergebnisse verschiedener Verfahren erhöhen. Daher ist es sehr wichtig für die Kommission, erfolgreiche Verfahren zu identifizieren und bekannt zu machen und das Endziel, nämlich die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des KMU-Sektors und die Stimulierung von Wachstum und Arbeitsplatzschaffung, zu erreichen. Der Austausch von besten Verfahren zwischen den Ländern wurde auch von der Task Force Vereinfachung des Unternehmensumfelds (BEST) als Priorität erkannt, 1 In diesem Bericht des Beobachtungsnetzes werden nur Maßnahmen und Programme berücksichtigt, die nach Mai 1997 eingeführt wurden. Frühere Zeiträume werden in den vorhergehenden Berichten abgedeckt. Darüber hinaus behandelt dieser Bericht auch geplante Maßnahmen, d. h. Maßnahmen, die bis Ende 1999 in Kraft treten sollen. 2 97/15/EG: Beschluß des Rates vom 9. Dezember 1996; Abl. Nr. L 006 vom 10/01/1997, S. 25-31. 3 KOM(96) 329 endg. 268 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik deren Bericht1 festhält: „Auch das Verfahren, mit dem vorbildliche Beispiele ermittelt und ausgetauscht werden, wäre zu verstärken ...”. Der im Rahmen der Konzertierten Aktionen gewählte Ansatz entspricht in hohem Maß dem Ziel, unnötige Regulierung zu vermeiden und den Grundsatz der Subsidiarität zu achten. Im Zusammenhang mit den Konzertierten Aktionen wird Fortschritt eher durch Transparenz und Beispielwirkung erreicht als durch erzwungene Vereinheitlichung und läßt so Raum für Flexibilität. Unter Berücksichtigung dieser Erfordernisse wurde eine Analyse der Maßnahmen und Programme für jedes Land durchgeführt, in der auf breiter geographischer Ebene (d. h. auf EU-Ebene) gemeinsame Merkmale (und gleichzeitig auch Unterschiede) hervorgehoben werden. Angesichts der Komplexität und Vielfalt der regionalen Maßnahmen für KMU beziehen sich die in diesem Kapitel beschriebenen neuen Entwicklungen ausschließlich auf Maßnahmen, die auf nationaler und Bundesebene eingeführt wurden. Seit der Veröffentlichung des Vierten und Fünften Berichtes hat sich die Ausrichtung der KMU-Politik in den einzelnen Ländern leicht geändert. Dies dürfte nicht nur darauf zurückzuführen sein, daß die sozioökonomischen Bedingungen einheitlicher geworden sind, sondern wahrscheinlich auch darauf, daß in der EU eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber den Empfehlungen und Leitlinien der Kommission herrscht. Wie in Tabelle 8.1 dargestellt, haben fast alle Länder neue Maßnahmen eingeführt, bestehende modifiziert oder planen, dies jedenfalls zu tun. Tabelle 8.1 Eingeführte und geplante nationale Maßnahmen nach Bereichen und Ländern, Mai 1997 - Ende 1999 Unternehmensumfeld Land A B DK D EL E F FIN IRL I L NL P S UK IS LI NO CH Quelle: Finanzielles Umfeld Administrative Zahlungs- Belastungen rückstände Finanzierung Internationalisierung & Arbeitskräfte, Ausbildung Förderung Information & Innovation des Unternehmer- Internationalisierung Information Ausbildung F&E v. Arbeitskräften Innovation geistes X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X Nur allgemeine Wirtschaftspolitik; keine Unterstützungsmaßnahmen direkt für KMU X X X X X X X X X X X X X X ENSR, 1999. Anmerkung: X steht für eingeführte oder geplante Maßnahmen. 1 Bericht der Task Force Vereinfachung des Unternehmensumfelds, Teil I und II (1998). 269 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Maßnahmen zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen sind in praktisch allen Ländern anzutreffen. Die Bemühungen aller Länder spiegeln eine besondere Berücksichtigung von Aspekten des finanziellen Umfelds und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriesystems durch Technologie wider. In den Ländern besteht auch eine etwas stärkere Ausrichtung auf die Förderung der Internationalisierung, was auf die zunehmende Außenhandelsintegration innerhalb der EU sowie auf das Erfordernis, neue Märkte außerhalb Europas zu erreichen, zurückzuführen sein könnte. 8.3 Nationale Maßnahmen für KMU und Handwerk Dieser Abschnitt des Kapitels behandelt die neuen Entwicklungen auf nationaler bzw. Bundesebene in den fünf Bereichen des Mehrjahresprogramms. Die neuen Maßnahmen für KMU werden Land für Land vorgestellt, und gegebenenfalls wird eine Beschreibung von besten Verfahren eingefügt. Belgien1 Es wurden verschiedene Arten von Maßnahmen gesetzt, um die Finanzierungsstruktur der KMU zu stärken und die Eigenkapitalfinanzierung von Investitionen zu fördern: • Um die Eigenfinanzierung von Investitionen durch KMU anzuregen und ihre Kreditfähigkeit zu verbessern, wurde 1997 eine Steuergutschrift für KMU und selbständige Akademiker für Kapitalerhöhungen eingeführt2. • Im Jahr 19973 wurde für professionelle Investoren ein neuer Markt für nicht an der Börse notierende Anteile geschaffen, um KMU bei der Beschaffung von Risikokapital zu unterstützen. Um KMU anzuregen, sich auf den Aktienmarkt zu wagen, wurden eine Senkung der Steuer auf Dividendenerträge von 25% auf 15% sowie die Befreiung von Eintragungsgebühren für jene KMU eingeführt, die im Zuge des Einstiegs in den Aktienmarkt ihr Kapital erhöhen4. 1 Es wird darauf hingewiesen, daß die Politik in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Arbeitslosigkeit (mit Ausnahme der Arbeitslosenunterstützung und Senkungen von Sozialabgaben), Innovation und Forschungsförderung in Belgien nunmehr in regionale Verantwortung übergegangen ist, und die Bundesebene auf diesen Gebieten nicht tätig werden darf. Diese Politikbereiche werden in diesem Abschnitt nicht berücksichtigt, da an dieser Stelle – wie schon in der Einleitung dargelegt – ausschließlich nationale und bundespolitische Maßnahmen behandelt werden. 2 Das Gesetz vom 20. Dezember 1995 enthält mehrere Bestimmungen finanzieller Natur. Eine davon bezieht sich auf Erträge aus dem Jahr 1996 (Steuerjahr 1997) und stellt eine Steuergutschrift für kleine und mittlere Unternehmen im Ausmaß von 7,5 % auf Kapitalerhöhungen (Nominale) im Vergleich zur Kapitalhöhe in den letzten drei Jahren (mit einem Höchstbetrag von 19 831,48 Euro) bzw. eine Steuergutschrift für Einzelunternehmer und Selbständige in akademischen Berufen von 10 % der Erhöhung des Nettovermögenswertes im Vergleich zu den letzten drei Jahren (mit einem Höchstbetrag von 3 718,40 Euro) dar. 3 Gesetz vom 4. Dezember 1990 über Finanztransaktionen und -märkte, Gesetz vom 6. April 1995 über Sekundärmärkte, Investitionsgesellschaften und Vermittler, ‘Arrêté royal’ vom 18. April 1997 über Institutionen, die in Unternehmen mit nicht börsennotierten Anteilen und wachsende Unternehmen investieren. Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 33 und 34. 4 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 33 bis 36. ‘Arrêté royal’ vom 28. Mai 1999, worin das Inkrafttreten der Artikel 35 und 36 des Gesetzes vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen festgelegt wird. 270 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik • Seit Anfang 1999 sind Familienunternehmen nicht mehr zu Formen der Steuerhinterziehung verleitet, wenn sie den Betrieb auf die jüngere Generation übertragen wollen. Es wird nun eine Schenkungssteuer von 3 % angewendet, die wesentlich niedriger ist als die üblichen Erbschafts- und Schenkungssteuern. Voraussetzung ist dabei, daß das Unternehmen nach der Übertragung für wenigstens 5 Jahre weitergeführt wird1. • Ab Januar 1999 wird das Risiko für Kredite an Neugründungen, die in Anlagevermögen investieren wollen, zwischen den Finanzinstitutionen und dem öffentlichen Beteiligungsfonds geteilt. Letzterer stellt eine Teilgarantie für derartige Kredite zur Verfügung, und es ist zu hoffen, daß dies die Banken ermutigen wird, Neugründungen mehr Kredite zu gewähren2. Die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren bedeutet eine beträchtliche Senkung von verborgenen Kosten für KMU. Es wurde eine Behörde zur Vereinfachung von Verwaltungsprozessen eingerichtet, deren Aufgabe es ist, die Kosten von administrativen Vorschriften zu berechnen und Möglichkeiten zu ihrer Senkung vorzuschlagen3. Um die KMU bei der Einführung des Euro zu unterstützen und ihnen bei der Anpassung an das neue Buchführungssystem zu helfen, wurde das interaktive Multimediasystem ‘Eurochallenger’ entwickelt und bereitgestellt4. Angesichts des Potentials der KMU zur Schaffung von Arbeitsplätzen wurden einige spezielle Schritte unternommen, um eine Zunahme der Beschäftigung in KMU zu fördern: • Seit Januar 1997 erstreckt sich der reduzierte Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung für den ersten eingestellten (vorher arbeitslosen) Beschäftigten auch auf den zweiten und dritten aufgenommenen Beschäftigten5. Diese Senkungen gelten seit April 1999 ohne weitere Bedingungen auch dann, wenn der Beschäftigungslose in den vorangegangenen 3 Monaten einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber hatte6. • Um die Kosten für KMU möglichst gering zu halten, wird das Recht von Beschäftigten, eine Karrierepause einzulegen, auf KMU flexibler angewendet, oder es wird eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung 1 Gesetz vom 22. Dezember 1998 über steuerliche und andere Beschlüsse. Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 28; ‘Arrêté royal’ vom 1. Dezember 1998 zur Umsetzung von Artikel 74, Abs. 1,6° des Gesetzes vom 28. Juli 1992 über Steuer- und Finanzierungsbestimmungen sowie ‘Arrêté royal’ vom 9. Dezember 1998 zur Festsetzung der Höchstgrenze des Beteiligungsfonds gem. Artikel 74, Abs. 1,6°. 3 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 40 bis 44, sowie ‘Arrêté royal’ vom 23. Dezember 1998 über die Agentur für die Vereinfachung der Verwaltung. 4 Ministère des Classes Moyennes et de l’Agriculture. 5 ‘Arrêté royal’ vom 14. März 1997 betreffend spezifische Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung in KMU gem. Artikel 7 des Gesetzes vom 26. Juli 1996 zur Förderung der Beschäftigung und Sicherung des Wettbewerbs; Gesetz vom 13. Februar 1998 betreffend Bestimmungen zur Beschäftigungsförderung. 6 Belgischer Aktionsplan für Beschäftigung 1998 und verschiedene Verordnungen (angenommen vom Ministerrat am 9. Dezember 1998) und Gesetz vom 26. März 1999 betreffend den Belgischen Aktionsplan für Beschäftigung 1998 und verschiedene Verordnungen, Artikel 74 und 75. 2 271 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht gewährt1. Aus demselben Grund wurde das System des „Bildungsurlaubs” für KMU modifiziert2. • Um die Schaffung von Arbeitsplätzen für wenig qualifizierte Personen im allgemeinen und für ungelernte Arbeiter in stark dem Wettbewerb ausgesetzten Branchen zu fördern, wurden die Senkungen der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung ab Juli 1997 verstärkt und auf weitere (kleinbetriebliche) Sektoren ausgeweitet3. Im April 1999 wurden die Senkungen der Arbeitgeberbeiträge ein weiteres Mal modifiziert und sind jetzt von der Beschäftigungsart, der Lohnhöhe und dem Arbeitsausmaß und nicht mehr von der Branche abhängig4. • Neue Steuervergünstigungen für Gewinne werden seit April 19985 gewährt, wenn KMU mit weniger als 11 Beschäftigten gering qualifizierte Personen zusätzlich einstellen, sowie auch, wenn zusätzlich ein Export- oder Qualitätsmanager aufgenommen wird (seit 19986). Zahlreiche Maßnahmen wurden gesetzt, um die Anzahl erfolgreicher Unternehmensgründungen zu erhöhen. Ein Teil der Maßnahmen versucht, die Attraktivität der Selbständigkeit in bezug auf den Sozialversicherungsstatus von Firmeneignern und Geschäftsführern von Unternehmen zu steigern (z. B. größere Annäherung der Sozialleistungen an jene der Arbeitnehmer7, Fortdauer des Rechts auf bestimmte Sozialleistungen im Fall eines Konkurses8 bzw. auf Arbeitslosenunterstützung für Arbeitslose, die eine selbständige Tätigkeit begonnen haben9). Eine zweite Gruppe von Maßnahmen soll die Erfolgsrate von Jungunternehmern durch 1 a) KMU mit weniger als 10 Beschäftigten müssen eine Person, die eine Berufsunterbrechung einlegt, nicht ersetzen (Belgischer Aktionsplan für Beschäftigung 1998, angenommen vom Ministerrat am 9. Dezember 1998), in Kraft seit 1. Januar 1999. b) In KMU mit weniger als 50 Beschäftigten sind normalerweise nur Vollzeit-Berufsunterbrechungen gestattet. Wünscht ein Beschäftigter eine Teilzeit-Berufsunterbrechung, benötigt er die Zustimmung des Arbeitgebers, der in diesem Fall eine Senkung des Arbeitsgeberbeitrags zur Sozialversicherung für die Ersatzperson in Anspruch nehmen kann, falls es sich dabei um einen Arbeitslosen handelt. In Kraft seit 1. Januar 1999. 2 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 26, und ‘Arrêté royal’ vom 20. Juli 1998 zur Festlegung spezieller Regeln für Bildungsurlaube von KMU-Beschäftigten. Im Fall von KMU müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dem Weiterbildungskurs von höchstens 100 Stunden außerhalb der normalen Arbeitszeit zustimmen. Der Beschäftigte erhält eine Vergütung, aber keine zusätzliche Arbeitsfreistellung (höchstens 1 660 Euro). Die Hälfte dieser Vergütung und die darauf entfallenden Sozialabgaben werden vom Ministerium für Arbeit und Beschäftigung rückerstattet, wobei diese Zahlung binnen 4 Quartalen nach Antragstellung erfolgen muß. 3 ‘Arrêté royal’ vom 24. Dezember 1993, Gesetz vom 22. Dezember 1995, sowie ‘Arrêté royal’ vom 8. August 1997. 4 Gesetz vom 26. März 1999 betreffend den Belgischen Aktionsplan für Beschäftigung 1998 und verschiedene Verordnungen. 5 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 29, und ‘Arrêté royal’ vom 19. März 1998. 6 Gesetz vom 27. Oktober 1997 betreffend steuerliche Anreize für Export und Forschung. 7 Das Pensionssparsystem erstreckt sich jetzt auch auf Zeiträume mit geringem Einkommen sowie Ehefrauen von Selbständigen: Gesetz vom 25. Januar 1999 über Sozialverordnungen (in Kraft seit April 1999). 8 Im Fall eines Konkurses besteht seit dem 1. Juli 1997 eine Sozialversicherung, wodurch das Recht auf Familienbeihilfe und Krankenversicherung für 4 Quartale verlängert wird; für einen Zeitraum von zwei Monaten werden auch die Lebenskosten getragen. Diese Rechte wurden durch das Gesetz vom 14. Januar 1999 (in Kraft ab 1. Januar 1999) auch auf Selbständige in akademischen Berufen ausgedehnt. 9 ‘Arrêté royal’ vom 12 März 1999, durch den Arbeitslose, die eine selbständige Tätigkeit aufgenommen haben, ihr Recht auf Arbeitslosenunterstützung nach Einstellung dieser Tätigkeit für den Zeitraum von 9 Jahren beibehalten. 272 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Erhöhung der Qualifikationsanforderungen1, eine neue „stagiaire indépendant”Bestimmung2 und eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge im entscheidenden vierten Betriebsjahr3 verbessern. In einigen Berufen und im Handel wurden die Regeln modernisiert und transparenter gemacht (Berufsethik in einigen Berufen, Praktikum, Berufszugang, Stellung von Berufsorganisationen; im Handel die nächtlichen Öffnungszeiten4, das Betreiben von Ständen auf öffentlichen Märkten5, gelegentlicher Privatverkauf von gebrauchten Gegenständen6). Dänemark Jüngst wurden energische Schritte unternommen, um bestmögliche Bedingungen für wirtschaftliche Expansion zu schaffen und das Wachstum der KMU zu fördern. Diese Initiativen beinhalten allgemeine Aspekte wie etwa die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Verwaltungsvereinfachungen sowie spezifischere Maßnahmen, die auf die Steigerung von Know-how und Produktivität abzielen, wie etwa F&E, Innovationen in der Finanzierung und Kooperation zwischen der Wirtschaft und Forschungs- und Entwicklungsinstitutionen. Maßnahmen zur Vereinfachung wurden durch das – nach einem Versuchszeitraum 1996/97 – im Herbst 1997 eingerichtete „Test Panel” ermöglicht. Dieses besteht aus einer Auswahl von 500 Unternehmen, die durch eine Vorab-Prüfung von Gesetzesentwürfen dazu beitragen, administrative Belastungen und ihre Folgen für KMU zu erkennen. Im Jahr 1998 richtete die EU auf Ersuchen Dänemarks ein ähnliches Panel ein. Das dänische Panel wird in der Praxis von der Danish Agency for Trade and Industry innerhalb des Danish Ministry of Business and Industry verwaltet. Im Jahr 1998 wurde ein Pilotprojekt (Industrie-Service-Konzept) initiiert, um für 200 ausgewählte KMU einen Anreiz zu bieten, den Auslagerungsgrad von Dienstleistungen zu erhöhen. Es wurde ein Gesetzesantrag betreffend eine staatliche Zulassung von Industriedienstleistern eingebracht, der per Ende 1999 verabschiedet werden soll. Im Jahr 1998 wurde eine Regulierungs-Checkliste eingeführt, um die Qualität von Normen zu verbessern und die administrativen Belastungen zu reduzieren. 1 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 3 bis 18, sowie ‘Arrêté royal’ vom 21. Oktober 1998 (ab 1. Januar 1999 müssen alle Gründer Kenntnisse der Unternehmensführung nachweisen). 2 Gesetz vom 10. Februar 1998 zur Förderung unabhängiger Unternehmen, Artikel 19 bis 22; ‘Arrêté royal’ vom 10. August 1998; ‘Arrêté royal’ vom 30. Oktober 1998 setzt die Mindestvergütung für den stagiaire fest. 3 ‘Arrêté royal’ vom 28. September 1998 betreffend die Beiträge von Selbständigen, wodurch der ‘Arrêté royal’ vom 19. Dezember 1967 abgeändert wird, welcher die soziale Stellung der Selbständigen regelt: Im 4. Betriebsjahr wird, wenn die Ausgleichszahlungen für das Vorjahr fällig werden, der Beitrag für vier Quartale um 15 % – bei einer Höchstgrenze von 123,9 Euro – gesenkt. An dieser Stelle sei angemerkt, daß vor 1997 nur Jungunternehmer unter 35 Jahren nicht bestraft wurden, wenn ihre Steuervorauszahlungen für die (erwarteten) gewerblichen Einkünfte in den ersten 3 Jahren ihrer Geschäftstätigkeit im Verhältnis zu den tatsächlichen gewerblichen Einkünften unzureichend waren. Seit 1997 erstreckt sich diese Bestimmung auf alle Jungunternehmer (Gesetz vom 6. Juli 1997). 4 Gesetz vom 17. Dezember 1998 in Abänderung des Gesetzes vom 24. Juli 1993 betreffend die Festlegung der abendlichen Schließzeiten für Handels-, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe. ‘Arrêté royal’ vom 11. Juli 1999 zur Umsetzung des Gesetzes vom 17. Dezember 1998. 5 ‘Arrêté royal’ vom 29. April 1996 in Abänderung des ‘Arrêté royal’ vom 3. April 1995 zur Umsetzung des Gesetzes vom 25. Juni 1993 betreffend den Straßenhandel und öffentliche Märkte (in Kraft seit 19. Mai 1996). 6 ‘Arrêté royal’ vom 30. April 1999 in Abänderung des ‘Arrêté royal’ vom 3. April 1995 zur Umsetzung des Gesetzes vom 25. Juni 1993 betreffend den Straßenhandel und öffentliche Märkte. 273 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Die Bemühungen zur Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds, in dem die KMU tätig sind, konzentrierten sich auf eine Senkung der administrativen Kosten. Zu diesem Zweck erstellte die Regierung einen Jahresbericht, der Möglichkeiten zur Senkung dieser Kosten diskutierte. In bezug auf Maßnahmen im Bereich der Finanzierung hat in den 90er Jahren ein Übergang von direkten Unternehmensbeihilfen und Krediten zur Innovationsförderung mit Hilfe selektiven Einsatzes von Risikokapital zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der KMU stattgefunden. Besonderes Schwergewicht wird auf die Schaffung eines Marktes für Risikokapital gelegt. „Business Development Finance” vergibt Risikokredite für KMU-Entwicklungsprojekte in bezug auf F&E, Internationalisierung und Qualifikationsentwicklung. Außerdem verwaltet „Business Development Finance” eine Anzahl von Entwicklungsgesellschaften, die in wachstumsorientierte, innovative KMU investieren und diese beraten. Der Staat übernimmt eine Garantie für diese Gesellschaften. Darüber hinaus unterstützt die Regierung die Entwicklung eines Kapitalmarkts für nachrangiges Fremdkapital und hat – mit Hilfe von Analysen – zur Schaffung mehrerer autorisierter Märkte für nicht börsennotierte Anteile (d. i. eine Alternative zum Aktienmarkt) beigetragen. Schließlich initiierte die Regierung eine Marktanalyse für ein Netzwerk von Business Angels in Dänemark. Die Internationalisierungspolitik sieht 35 verschiedene Maßnahmen vor, um das Exportvolumen zu steigern und Auslandsinvestitionen dänischer Unternehmen zu fördern (Export Development Programme, 1997). Die wichtigsten Maßnahmen sind ein Exportgarantiefonds (deckt politische und wirtschaftliche Risiken der Exporteure), ein Exportentwicklungsprogramm (dabei soll unerfahrenen Unternehmen das nötige Export-Know-how zur Verfügung gestellt werden) sowie das „Private Sector Programme” (unterstützt die Kooperation zwischen Unternehmen) in Zusammenhang mit dem dänischen Entwicklungshilfeprogramm. Die Entwicklung und Verbreitung von Wissen und Fähigkeiten sind grundlegende Elemente der dänischen Unternehmenspolitik im Innovationsbereich (obwohl nicht speziell für KMU eingerichtet). Die beiden wichtigsten Elemente sind die „Technological Service Institutes” (GTS, siehe Kasten) und die „Centre Contracts“ (gemeinschaftliche Entwicklungsprogramme von F&E-Einrichtungen, GTS-Instituten und in verschiedenen Branchen tätigen Unternehmen). Bestes Verfahren in Dänemark: Das GTS-Netzwerk Das GTS-Netzwerk ist ein Netz von 14 zugelassenen Technological Service Institutes (Serviceeinrichtungen für Technologie), die dänische Unternehmen mit modernstem Wissen und technologischer Beratung versorgen. Die Institute des GTS-Netzwerks spielen eine entscheidende Rolle in der Innovationspolitik, indem sie den Informationsfluß zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen sicherstellen. Im Zusammenhang mit dem GTS-Netzwerk wurde 1997 eine Initiative gestartet, die KMU anregen soll, mehr technische Beratung in Anspruch zu nehmen, indem KMU ein Rabatt für die erste Inanspruchnahme des GTS-Netzwerks gewährt wird. Auch wenn diese Initiative nicht KMU-spezifisch ist, ist das GTS-Netzwerk doch von besonderer Bedeutung für KMU. Eine im Jahr 1998 durchgeführte Erhebung zeigte, daß 25 % aller KMU über die Existenz des GTS-Netzwerks Bescheid wissen und 20 % der KMU das Netzwerk zumindest einmal in Anspruch genommen haben. Das GTS-Netzwerk wird von der Danish Agency for Trade and Industry, Ministry of Business and Industry, koordiniert. 274 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Es existieren auch Programme zur Erhöhung der Flexibilität der Unternehmensorganisation. Insbesondere werden Beratungen und Dienstleistungen zur Verbesserung der Qualität, beruflichen Qualifikation, Managementkompetenz und Organisation in KMU unterstützt (vgl. Increasing the Use of Technical Advice in SMEs [Steigerung der Inanspruchnahme technischer Beratung in KMU], 1997; LOK, 1998). Auf dem Gebiet der Förderung des Unternehmertums wurden im Frühjahr 1998 sechs neue Innovationszentren eingerichtet, die als Grundlage für die Erhöhung der Unternehmenszahl in hochtechnologischen und hochproduktiven Branchen dienen sollen. Die Innovationszentren dienen als Brücke zwischen F&E-Einrichtungen, innovativen Unternehmern und Finanzinstituten. Außerdem initiierte die Regierung ein Programm zur Förderung des Unternehmergeistes und zur Unterstützung der Entwicklung einer unternehmerischen Kultur in den dänischen Schulen aller Ebenen sowie innerhalb eines breiten Spektrums von Ausbildungseinrichtungen. Deutschland Die deutschen Bundesländer haben starken Einfluß auf die KMU-Politik, obwohl eine enge Verbindung zwischen den Unterstützungsprogrammen des Bundes und der Länder besteht. Im Untersuchungszeitraum wies die KMU-orientierte Politik die folgenden Hauptmerkmale auf: Aktionen der Bundes- und Länderregierungen zur Erhöhung der Transparenz und Verbesserung der Koordination von Maßnahmen für kleine Unternehmen, Abschaffung ineffizienter, Modifizierung bestehender sowie Einführung neuer Maßnahmen und schließlich die „Vermarktung” KMUorientierter Politik. Zur Verbesserung des Unternehmensumfeldes wurden Maßnahmen zur Deregulierung und Vereinfachung administrativer Verfahren im Bereich der Handwerksordnung sowie auch zur Verbesserung der steuerlichen Behandlung der KMU gesetzt. Mit 1. Januar 1998 wurden lokale Steuern auf das Kapital abgeschafft. Am 28. Oktober 1997 erfüllte die Bundesregierung in enger Zusammenarbeit mit den Ländern eine Vereinbarung nach dem Koalitionsvertrag zwischen den damaligen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP betreffend eine Steigerung der Konsistenz und Transparenz der Unterstützung für KMU. Eines der Ergebnisse war der Aufbau einer Datenbank über KMU-Unterstützung, die im Internet veröffentlicht wurde1. Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu erhöhen, wurden per 1. Januar 1999 Senkungen der Steuern auf gewerbliche Einkünfte und Körperschaftsgewinne eingeführt, mit dem Versprechen, nach dem Jahr 2000 weitere Reduzierungen folgen zu lassen. Die Dezentralisierung führt zu größerer Transparenz und besserer Koordinierung der KMU-Politik, wobei beabsichtigt ist, vermehrt gemeinsame Maßnahmen der Bundes- und Länderregierungen durchzuführen. Ein Beispiel dafür ist das gemeinsame Programm des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen, der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) und der Investitionsbank NRW für die Gründung neuer Unternehmen (NRW-Gründungs- und Wachstumsprogramm) vom Mai 1998. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz verursachen hohe administrative Kosten für deutsche Unternehmen. Staatliche Behörden (vor allem auf Länder- 1 http://www.bmwi.de (Stand am 27. Oktober 1999). Diese Datenbank wird ständig aktualisiert und enthält alle Informationen über Bundes-, Länder- und EU-Maßnahmen und -Programme. 275 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht oder Regionalebene) sowie branchenspezifische Unternehmensverbände sind zu Betriebsinspektionen berechtigt. Eine neue Rechtsnorm (das Arbeitsschutzgesetz vom August 1996) sieht vor, daß die Unternehmen über Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen in Kenntnis zu setzen sind, und befreit Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten von der Pflicht, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken zu dokumentieren1. Zur Unterstützung von Unternehmen mit 10-200 Beschäftigten halten die staatlichen Gewerbeaufsichtsämter im Land Nordrhein-Westfalen eintägige, kostenlose Informationsveranstaltungen für Unternehmer ab und ermöglichen es ihnen so, den neuen Gesetzen besser zu entsprechen (im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe). Im April 1999 führte die Bundesregierung eine Umweltsteuer mit einer Energieverbrauchsabgabe als Fixpunkt ein. Die Einnahmen aus dieser Steuer wurden verwendet, um eine Senkung der Abgaben auf Lohnkosten zu kompensieren. Im Endergebnis wurde eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge erreicht. Die steigenden Insolvenzen unter deutschen Unternehmen veranlaßten das Bundesministerium für Justiz im Januar 1999 zu einer Reform der Insolvenzordnung. Der Gesetzgeber erkennt nunmehr ausdrücklich an, daß in vielen Fällen die Gläubigerinteressen am effektivsten geschützt werden, wenn das Unternehmen erhalten wird, anstatt dieses zu liquidieren. Maßnahmen sind geplant in bezug auf Zahlungsverzug, Finanzierung von Unternehmensgründungen sowie finanzielle Unterstützungen. Die erste Lesung des neuen Gesetzes über Zahlungsverzug erfolgte Ende September 1999. Einer der wichtigsten Punkte der KMU-Politik ist die von Institutionen des Bundes wie auch der Länder angebotene finanzielle Unterstützung für Personen, die ein Unternehmen zu gründen beabsichtigen (z. B. das EKH-Programm des Bundes). Mehrere Länder haben Unterstützungsprogramme für KMU entwickelt, bei denen Führungskräfte, die sich aus dem Berufsleben zurückgezogen haben, ihre Erfahrungen weitergeben. Ein landesweiter Internetservice wurde eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen Business Angels und neuen Unternehmen zu vereinfachen. Im Dezember 1996 startete das Land Nordrhein-Westfalen sein „Modellprojekt Gründercoaching”, das junge Unternehmen bei Inanspruchnahme von Beratungen durch vorher arbeitslose, qualifizierte Führungskräfte finanziell unterstützt. Im Januar 1999 rief das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das Programm „Public-Private Partnership: Co-operation With German Enterprises” zur Förderung der Internationalisierung ins Leben. Auch die einzelnen Länder unterstützen die Internationalisierung durch Maßnahmen der Exportförderung. Außerdem werden Beratungsdienste für Marketing, Management, usw. angeboten. Darüber hinaus regen die Länder Auslandsinvestitionen an, indem Kredite und Kostenbeiträge für Unternehmen mit Investitionsprojekten in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt werden. Die Bundesstelle für Aussenhandelsinformation unterstützt die transnationale Zusammenarbeit zugunsten von KMU. Im Jahr 1997 unterstützte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Marketingaktivitäten von Unternehmen in den Neuen Ländern. Klein- 1 Es besteht die Verpflichtung, eine Gefahrenevaluation durchzuführen, nicht jedoch, diese zu dokumentieren. 276 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik unternehmen in diesen Ländern, die sich vorwiegend in Privatbesitz befinden (mindestens zu 75 %), erhielten Zugang zu speziellen Beratungsdiensten für die Errichtung von Filialen im Ausland. Um die Internetnutzung zu verbreitern, können Unternehmen in den neuen Ländern eine Finanzierung für ihre Websites erhalten. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördert auch Kontakte mit ausländischen Firmen und Investitionen im Ausland („KfW-Mittelstandsprogramm Ausland”). Seit März 1999 unterstützt die Regierung Gründungsprojekte ausländischer, in Deutschland ausgebildeter Fachleute in ihren Heimatländern in Afrika, Asien, Südamerika sowie in Mittel- und Osteuropa (die Programme werden durch die DEG, eine öffentliche Finanzierungs- und Beratungseinrichtung auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, durchgeführt). Die Bundesstelle für Aussenhandelsinformation startete ein Hilfsprogramm für ausländische Unternehmen, die Handelsbeziehungen mit deutschen Firmen pflegen. Darüber hinaus erfolgt die Vermarktung der deutschen Wirtschaft auch über einen virtuellen Markt, der über das Internet zugänglich ist. Die deutsche Politik widmet auch Innovation und F&E große Aufmerksamkeit und verfolgt hier mehrere Maßnahmen, wie etwa Programme zu Technologieförderung, Gründungshilfe, Information und Berufsausbildung. Mit der Idee der „Leitprojekte” entwickelte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einen innovativen Ansatz zur Förderung der Kooperation im Bereich F&E. Im Februar 1997 startete das BMBF einen Ideenwettbewerb in vier als strategisch wichtig erkannten Technologiebereichen mit dem erklärten Ziel der Entwicklung von Kooperationsnetzwerken zwischen Unternehmen, Universitäten und Forschungszentren. Im Frühjahr 1998 wurden insgesamt 21 Gruppen ausgewählt und erhielten öffentliche Gelder in Höhe von etwa 305 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren. KMU erhielten die Möglichkeit, an aus größeren Unternehmen und Forschungseinrichtungen bestehenden Gruppen teilzunehmen; schlußendlich waren 25,8 % der 365 an den 21 Projekten teilnehmenden Partner KMU. Neben diesen 21 Projekten werden derzeit weitere 15 Vorhaben in drei anderen Technologiebereichen ausgewählt. Der Schutz geistigen Eigentums und der Erwerb von gewerblichem Eigentum sind Teil eines Projekts zur Verbreitung von Innovationen in KMU. Die Länder haben Schritte gesetzt, um den Zugang von KMU zu Industriepatenten zu verbessern. Das Unterstützungsprogramm „INSTI” besteht aus sechs unterschiedlichen Bereichen: Überprüfung des Stands der Technik, Analyse der Technologiekosten/-möglichkeiten, Beratung, Unterstützung der Exploration, Rechtsberatung und Beratung zum Technologietransfer. Um die Arbeitslosigkeit bei Personen unter 25 Jahren zu senken, wurde 1998 in Deutschland ein Berufsausbildungsprogramm initiiert. Das Programm wurde gemeinsam von der Bundesregierung, der Bundesanstalt für Arbeit und der Europäischen Kommission finanziert. Darüber hinaus wurden Programme („Exist”, „Junior”, „GO!” usw.) gestartet, um die unternehmerische Kultur zu stärken und Grundkenntnisse für die unternehmerische Tätigkeit zu vermitteln. Diese Programme umfassen etwa Gründungsprojekte an Universitäten, Beratung von Studenten in den Bereichen Kommunikationswissenschaften und Kommunikationstechnologie sowie Unterstützungen. 277 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Finnland Bis 1999 beruhte die KMU-Politik in Finnland auf dem SME Policy Programme 1996 (KMU-politisches Programm), das vom Ministerium für Handel und Industrie (Ministry of Trade and Industry - MTI) durchgeführt wurde. Die allgemeinen Zielsetzungen sind (MTI 1996, KTM 1999): • Verbesserung der Geschäftsbedingungen für KMU; • Entwicklung der Arbeitsplatzbedingungen in KMU; • Verbesserung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit von KMU. Die neue Politik der Regierung soll die Methoden verbessern, nach denen die Maßnahmen für Unternehmen evaluiert werden und gleichzeitig die Investitionspolitik zur Unterstützung kleiner Unternehmen modernisieren. Das im Regierungsprogramm enthaltene Projekt zum Unternehmertum wird vermutlich in Zukunft auch Erklärungen und Empfehlungen zur finnischen KMU-Politik einschließen, da kein eigenes Arbeitspapier zur finnischen KMU-Politik erstellt werden wird. Allerdings wird die finnische KMU-Politik vermutlich entsprechend der bestehenden KMU-politischen Leitlinien fortgesetzt bzw. diese erweitern. 1996 initiierte Maßnahmen zur Verbesserung des Unternehmensumfeldes umfassen etwa die Vereinheitlichung und Vereinfachung von Steuern, die Vereinfachung der Sozialversicherungsbeiträge sowie die Senkung der Lohnnebenkosten. Ein Beispiel dafür ist das KMU-Service-Zentrum („Pientyönantajien palvelukeskus Kymen työvoimapiirissä”), das 1995 als Pilotprojekt gestartet wurde, um Unternehmen – insbesondere Kleinstunternehmen – Beratungsdienste zu Fragen der Beschäftigung und Veranlagung anzubieten. Im Frühjahr 1999 begann das National Board of Patents and Registration and Taxation Authorities mit der Vereinheitlichung von Verfahren betreffend von Unternehmen vorzulegende Anmeldungs- und Finanzunterlagen. Dieses Vorhaben sollte per Ende 2000 abgeschlossen sein. Im Herbst 1997 wurden die Regionalbüros der drei Ministerien für Handel und Industrie, Arbeit und Landwirtschaft zusammengelegt, was die Dezentralisierung der KMU-Politik auf regionaler Ebene durch die Schaffung von 15 Zentren für Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung („Työvoima ja elinkeinokeskukset”) stärkte. Die Zentren fungieren als „One-stop-shops“, die Dienstleistungen für Weiterbildung, Beratungen usw. anbieten und den Zugang zu öffentlichen Mitteln erleichtern. „Kotitalouden tuki” (Beihilfen für Haushalte) ist ein Programm für das gesamte Jahr 1999, das jenen Familien steuerliche Erleichterungen gewährt, die Haushaltsdienstleistungen benötigen, und in den östlichen und westlichen Regionen einen öffentlichen Beitrag für Unternehmen der Haushalts- und persönlichen Dienstleistungen leistet. Eine Vermehrung des Risikokapitals wird durch öffentliche Fonds wie den Finnischen Industrieinvestitionsfonds („Suomen Teollisuussijoitus Oy”) und Sitra (Finnischer Nationalfonds für Forschung und Entwicklung) sichergestellt. Erstere Einrichtung ist ein „Fonds für Fonds”, der Mittel an regionale Risikokapitalfonds weiterleitet. Die zweite Einrichtung finanziert Unternehmensgründungen sowie die kommerzielle Verwertung technologischer Innovationen. Im Mai 1998 schlug ein Ausschuß mehrere Entwicklungsmaßnahmen für den Risikokapitalmarkt vor, wozu u. a. die Idee zählt, Teile der Pensionsfonds in Risikokapitalfonds für KMU zu investieren. 278 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Eine Verbesserung auf dem Gebiet der Garantien ergab sich aus der Fusion zweier wichtiger Einrichtungen in diesem Bereich – von Kera Ltd. und dem Finnish Guarantee Board – zu Finnvera Plc. Die Programme „Finnvera takaus” (FinnveraGarantie) und „Pienyritystakaus” (Garantie für kleine Unternehmen) bieten Garantien für von KMU aufgenommene Darlehen, während das Programm „Pääomatakuu” (Kapitalgarantie für Investoren) aus dem Jahr 1996 technologische Innovationen in KMU fördern soll. Bestes Verfahren in Finnland: Das Kleinkreditprogramm „Pienlaina” Das Kleinkreditprogramm „Pienlaina” wurde 1996 unter der Verwaltung von Finnvera Plc. gestartet. Dabei handelt es sich um einen zinsgünstigen Kreditplan für bestehende KMU und Neugründungen, die Probleme mit dem Zugang zu regulären Finanzierungsinstrumenten haben, wobei das Programm speziell auf Unternehmen im Industrie- und Dienstleistungssektor mit weniger als 5 Beschäftigten ausgerichtet ist. Die Ausgaben pro neuem Arbeitsplatz betrugen 3 350-5 050 Euro, wobei ein Beschäftigungseffekt von 1,2 neuen Beschäftigten je Kleinkreditprojekt erzielt wurde.1 Die Internationalisierungspolitik sieht Aktionen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU vor. Mit der Hilfe öffentlicher Einrichtungen (Finpro – der frühere Finnische Außenhandelsverband, das Ministerium für Handel und Industrie, Tekes – das Zentrum für Technologische Entwicklung, Finnvera Plc, Fintra – das Finnische Institut für Internationalen Handel, der Finnische Exportkredit sowie das Innenministerium) wurden Beihilfen bereitgestellt und Dienstleistungen für KMU entwickelt, um deren Internationalisierungsstrategien zusammen mit einigen Finanzierungsinstrumenten zu unterstützen. Im Jahr 1997 richteten die Zentren für Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung Web-Seiten zum Zweck der Informationsverbreitung ein. Bestes Verfahren in Finnland: „TE-keskusten palvelupiste” Das Programm „TE-keskusten palvelupiste” wurde 1999 unter der Führung der Zentren für Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung gestartet, um KMU mit maßgeschneiderten Informationen über Internationalisierung, Zugang zu EU-Finanzierungen und Weiterbildung versorgen zu können. Die Zentren verfügen über Internetzugang, um auf die Archive der National Boards of Patents and Registration zugreifen zu können. KMU-Investitionen in Projekte der Produkt- und Verfahrensinnovation werden durch Darlehen unterstützt (d. i. das 1996 unter der Leitung des Technologieentwicklungszentrums Tekes, einer Behörde des Ministeriums für Handel und Industrie, gestartete Programm „Tuotekehityslaina”). 1 Quelle: Stenholm, P., Evaluation of Micro loan and Micro loan for women entrepreneurs (Evaluierung des Mikrokredits sowie des Mikrokredits für Unternehmerinnen), unpublished research report, Small Business Institute – Turku School of Economics and Business Administration, Turku, 1999. 279 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Die Neufassung des Gesetzes über Arbeitsverträge („Työsopimuslaki”) sollte mit Ende 19991 in Kraft treten und sieht für alle Unternehmen mehr Flexibilität im Bereich der Beschäftigung vor. Ein anderes Programm („Työpaikkakoulustuki”) wird Barrieren bei der Personalaufnahme durch bessere Möglichkeiten für die Ausund Weiterbildung der eingestellten Mitarbeiter reduzieren. Zusätzliche Anstrengungen werden für KMU im Bereich der Förderung und Stärkung der unternehmerischen Kultur unternommen, wobei ein für die Gründung neuer Kleinunternehmen günstiges Umfeld geschaffen werden soll (Jahrzehnt des Unternehmertums, Programm 1995-2005). Frankreich Die französische Industriepolitik sieht auch Aktionen für KMU und das Handwerk vor. Diese Aktionen betreffen alle Bereiche des Mehrjahresprogramms. Ein Ziel der französischen Politik ist es, Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und Einschränkungen zu reduzieren, um die Beziehungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu verbessern („Faciliter la Vie des Petites et Moyennes Entreprises”, Das Leben der KMU vereinfachen, 1997 unter der Führung des Ministers für KMU, Handel und Handwerk gestartet). Das Hauptziel besteht darin, die Verfahren für KMU zu vereinfachen und so Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu stimulieren. Die Maßnahmen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Neugestaltung der Anmeldung neuer Unternehmen, Vereinfachung von administrativen, buchhalterischen und steuerlichen Verfahren, vermehrter Einsatz von Minitel, EDI und Internet zur Übermittlung von Verwaltungsdokumenten und Steuerveranlagungen. Ein weiteres Programm vereinfacht die Übergabe kleiner Unternehmen von einer Generation an die nächste („Faciliter la transmission d’entreprise”, 1998 unter der Führung des Ministers für KMU, Handel und Handwerk ins Leben gerufen). Um die Investitionen in neue, innovative Unternehmen zu erhöhen, sind Maßnahmen geplant, die es Beschäftigten ermöglichen, Anteile an ihren Unternehmen zu erwerben, die das Finden von Business Angels2 erleichtern und die die Verfügbarkeit von Risikokapital steigern sollen (die entsprechenden Programme heißen „Bons de souscription de parts de créateurs d’entreprise/BSCPE”, „Report d’imposition pour l’investissement dans le jeunes entreprises” und „Le fonds public pour le capital risque”, unter der Verwaltung des Ministeriums für Wirtschaft, Finanzen und Industrie). Um die Entwicklung von neuen Hochtechnologienunternehmen zu fördern, werden Mittel für neue Gründerzentren bereitgestellt, und im Jahr 1999 wurde im Rahmen des Innovationsgesetzes zinsfreies Startkapital ermöglicht („Appel à propositions pour la mise en place d’incubateurs et de fonds d’amorçage au profit d’entreprises technologiques”). Um den Zugang zu Krediten für Handwerksbetriebe zu erleichtern, wurden das Darlehenssystem neugestaltet und das Bürgschaftssystem vereinfacht („Faciliter l’accès au financement”, 1998 als Teil der Initiative für Handwerksunternehmen unter der Führung des Ministers für KMU, Handel und Handwerk ins Leben gerufen). 1 Unter den bereits beschlossenen Veränderungen findet sich die Bestimmung, daß ab 1. Februar 1999 nicht organisierte Unternehmen (d. h. Unternehmen, die keiner Arbeitgebervereinigung angehören, vor allem KMU) berechtigt sind, bestimmte Regelungen betreffend Gehaltszahlungen während des Krankenstandes, Rücktrittsbestimmungen sowie einige Regelungen betreffend den Jahresurlaub und diesbezügliche Gehälter und Studienurlaube, welche in den Kollektivverträgen enthalten sind, anzuwenden. 2 Investoren, die Unternehmen in der Gründungs- oder Wachstumsphase Kapital zur Verfügung stellen. 280 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Um Auslandsinvestitionen anzuregen, wurden Garantien für Kapital und Bankkredite an Unternehmen bereitgestellt, die in ausgewählte Länder expandieren wollen („FASEP-Garantie”, angekündigt im Jahr 1999 und von „Agence Française de développement” sowie COFACE & SOFARIS verwaltet). Darüber hinaus erhalten KMU Unterstützung für die Entwicklung von Kooperationspartnerschaften im Bereich Internationalisierung und für die Erschließung neuer Märkte („Appel à projets/Partenaires pour gagner”, unter der Zuständigkeit des Ministers für Industrie). Ein im Juli 1998 begonnenes Zweijahresprogramm unterstützt Unternehmen – insbesondere KMU –, die Interesse an Instrumenten der Informationstechnologie wie z. B. Internet zeigen, um ihre internationale Geschäftstätigkeit zu erweitern („Exportateurs sur la toile”, unter der Zuständigkeit des Ministers für Außenhandel). Seit 23. Oktober 1998 existiert eine spezielle Förderung, die auf eine Steigerung der Exporte von Handwerksunternehmen abzielt („Aider les entreprises artisanales à s’ouvrir au commerce extérieur”, 1998 als Teil des Nationalen Programms für Handwerksunternehmen vorgelegt). Mit dem Budget 1999 wurden für einen Zeitraum von fünf Jahren wieder Steuergutschriften für Forschungsausgaben eingeführt. Im Mai 1998 wurden Bemühungen gestartet, um Innovationen1 in KMU der Sachgütererzeugung, welche Internettechnologien zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und zur Entwicklung neuer Märkte einsetzen, zu unterstützen. Das Programm ist auf Projekte beschränkt, die von Gruppen von KMU oder Berufsverbänden, von Forschungseinrichtungen oder Handelskammern im Namen von KMU vorgelegt werden. Einzelprojekte werden nicht unterstützt. Im Januar 1999 legte das Ministerium für Bildung, Forschung und Technologie ein Programm zur Förderung der Kooperation zwischen Privatunternehmen und öffentlichen Forschungseinrichtungen vor („Développer les collaborations entre la recherche publique et les entreprises“). Im März 1999 setzte die französische Regierung eine Maßnahme zur Förderung der technischen Entwicklung und der entsprechenden Schnittstellen, um den elektronischen Handel unter KMU zu unterstützen und auszuweiten („Espoirs du commerce électronique”). Im Oktober 1998 wurde ein Programm zur Unterstützung von Innovationen und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Handwerksunternehmen vorgelegt („Soutenir le développement des entreprises artisanales en matière d’innovation”). Das Budget 1999 sieht die allmähliche Abschaffung der Steuer auf Honorare vor, was sich auf die KMU günstig auswirken wird („Loi de Finances pour 1999”). Auf dem Gebiet der Berufsausbildung werden Handwerksbetriebe, die verstärkt Lehrlinge einsetzen wollen, unterstützt („Aider les entreprises artisanales à mieux recruter en valorisant l’aprentissage”). Seit 1999 werden bestimmte Gruppen von Personen (Arbeitslose unter 26 Jahren und Langzeitarbeitslose) von den Regionalbüros des Arbeitsministeriums verstärkt 1 „Utilisation collective d’internet par les PME-UCIP”. 281 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht ermutigt, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Dabei werden zinsfreie Kredite angeboten, die erst nach fünf Jahren rückzahlbar sind (EDEN). Ein anderes Programm zur Erhöhung der Unternehmensgründungen bezieht sich auf Wissenschaftler im öffentlichen Sektor („Faciliter la création de entreprise par les chercheurs”). Im März 1999 wurde ein Programm gestartet, das neue Hochtechnologieunternehmen auf den Gebieten der Biotechnologie, Informationstechnologie und Umwelttechnik fördern soll. Sieger regionaler Wettbewerbe erhalten bedingungslose Zuschüsse („Concours création d’entreprises de technologies innovantes”). Griechenland Das Programm „KMU in benachteiligten Gebieten” sieht Dezentralisierungen zugunsten von KMU vor, um engere Kontakte zwischen Verwaltung und Unternehmen in den wirtschaftlich benachteiligten Gebieten des Landes sicherzustellen. Dieses Programm unterstützt KMU der Sachgütererzeugung in diesen Gebieten durch eine Subvention, welche auf der Grundlage eines von den Unternehmen vorgelegten Geschäftsplans gewährt wird. Die Maßnahme 1246/98 des Finanzministeriums bezieht sich auf nicht erfüllte Verpflichtungen gegenüber staatlichen Finanzbehörden. Es besteht eine Höchstgrenze von 15 % für die Erhöhung diskontierter, nicht erfüllter Verpflichtungen. Gilt der Schuldner als zuverlässig, erhält er zusätzliche Entlastungen. KMU können über innovative Einrichtungen finanziert werden, z. B. Bürgschaftsgemeinschaften, Risikokapitalfonds und Kreditgenossenschaften. Die Bürgschaftsgemeinschaften (SMG) stellen Garantien für Kredite aus, während der Rückbürgschaftsfonds einen Teil des von der SMG eingegangenen Risikos unter der Aufsicht der griechischen Nationalbank abdeckt. Risikokapitalfonds sind für die Landwirtschaft, Industrie, den Bergbau und Handel vorgesehen. Die Maßnahmen im Bereich des Risikokapitals zielen auf die Erhöhung dieser Mittel durch die Finanzierung des Grundkapitals neuer Risikokapitalgesellschaften sowie bestehender Gesellschaften nach den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 2367/95 ab. In städtischen Gebieten bieten Kreditgenossenschaften ihren Mitgliedern Darlehen, Bürgschaften, bestimmte Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen. Beihilfen an Kreditgenossenschaften sollen diese in echte Genossenschaftsbanken umwandeln und so stärken. Die Kammern für kleine und mittlere Unternehmen bewerben KMU und ihre Produkte sehr aktiv im Ausland. Diese Einrichtungen sollen u. a. die Geschäftsmöglichkeiten griechischer KMU in Osteuropa und auf dem Balkan durch die Organisation von Seminaren, bilateralen Zusammenkünften, Marktstudien und Strategievorschläge erhöhen. Die Kammer für kleine und mittlere Unternehmen von Thessaloniki ist ein Gründungsmitglied des Europe CIRCLE-Netzwerks, das die Kooperationsbemühungen von Unternehmen in verschiedenen Ländern koordiniert. Griechische KMU expandieren vor allem auf die Märkte Rumäniens, Albaniens, Bulgariens und des ehemaligen Jugoslawien. Um KMU-Exporte stärken und effizienter gestalten zu können, wurden Freizonen ebenso wie eine Exportförderungsorganisation geschaffen, die KMU der Sachgütererzeugung im Ausland unterstützt. 282 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Die Maßnahme ‘KMU-Netzwerk-Cluster’ entwickelt Netzwerke zwischen Unternehmen, um spezifische Probleme in den Bereichen Unternehmensführung, Produktion, Marketing, Logistik und technologische Produkt- und Verfahrensinnovation zu lösen. 28 Netzwerke mit 315 Mitgliedsunternehmen wurden bereits genehmigt. Staatliche Subventionen wurden zum Teil für die Ausbildung von Führungskräften in den betreffenden KMU gewährt. Bestes Verfahren in Griechenland: Das Netzwerk SOLARNET Das Netzwerk SOLARNET besteht aus Unternehmen, die Heißwasserzisternen erzeugen, die an Solarheizungen angeschlossen sind. Das Projekt ist auf wirtschaftliche, Handelsund Produktentwicklung in diesem Sektor ausgerichtet. Die acht teilnehmenden Unternehmen werden ein Programm abstimmen, um nötiges Know-how zu erwerben, neue Produkte zu planen und Mitarbeiter einzustellen und auszubilden. „Stärkung von Genossenschaften und unternehmerischer Kooperation” bezieht sich auf Probleme von KMU beim Zugang zu Krediten und bei der technologischen Anpassung. Im August 1998 wurden gesetzliche Maßnahmen beschlossen, die mehr Flexibilität in der Beschäftigung hinsichtlich Arbeitsstunden und Teilzeitarbeit – teilweise zugunsten der KMU – vorsehen. Die Maßnahmen betreffen auch die Gestaltung von Arbeitsverträgen in bezug auf Arbeitszeit, Beihilfen für die Beschäftigung von Personen in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit sowie die Errichtung privater Stellenvermittlungsbüros. Das vom Ministerium für Entwicklung verwaltete Regionale Unternehmensprogramm soll die Organisation lokaler Produktionsstätten modernisieren. Die Unternehmen erhalten öffentliche Beihilfen für zwei Arten von Investitionsprojekten: Erwerb von Ausrüstung zur Modernisierung von Produktionsverfahren sowie zur Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz und Unterstützung für die Rationalisierung des Maschineneinsatzes. Das Programm ist für KMU in der Sachgütererzeugung, die seit wenigstens 3 Jahren aktiv sind, offen. Maßnahmen für Jungunternehmer („Neol Epixeirimaties”) bieten Schulungen und Informationen an und helfen bei der Gründung von KMU. Bislang wurden 620 Anträge angenommen. Irland In Irland ist die KMU-Politik grundsätzlich eine Kompetenz des Department of Enterprise, Trade and Employment (Ministerium für Unternehmen, Handel und Beschäftigung), das über eine spezielle Abteilung für kleine Unternehmen („Small Business Services Division”) verfügt. Die Vereinfachung administrativer Verfahren geht vor allem auf die Empfehlungen der 1994 eingerichteten Arbeitsgruppe „Task Force on Small Business” zurück. Die seit 1997 gesetzten Maßnahmen umfassen die Einsetzung eines neuen Parlamentsausschusses für kleine Unternehmen (Joint Oireachtas Committee), die Vereinfachung der Steuerbelastung für kleine Unternehmen, die Vereinheitlichung von steuerlichen und Sozialversicherungsmitteilungen an Unternehmen, die Erleichte- 283 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht rung statistischer Berichtspflichten von Unternehmen und die Aufhebung der gesetzlichen Buchprüfungspflichten für Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 127 000 Euro. Im Juni 1999 nahm die irische Regierung ein Programm zur Regulierungsreform an, das insbesondere die administrativen Belastungen kleiner Unternehmen verringern soll. Eine weitere wesentliche Entscheidung bestand in der Senkung der Steuern auf Körperschaftsgewinne von 36 % auf 28 %. Gleichzeitig wurde die Steuer von 28 % auf die ersten 63 500 Euro Gewinn auf jetzt 25 % für die ersten 127 000 Euro Gewinn gesenkt. „Enterprise Ireland”, eine neue, aus der Zusammenlegung dreier Behörden entstandene Einrichtung, unterstützt Unternehmen in den Bereichen Investitionen, Beschäftigung, F&E, Unternehmensentwicklung, Marketing und Ausbildung. Im Jahr 1997 wurden gesetzliche Bestimmungen zum Zahlungsverzug im öffentlichen Bereich erlassen (Prompt Payment of Accounts Act). Das Operational Programme for Industrial Development 1994-1999 (Programm für die industrielle Entwicklung) umfaßte eine Maßnahme betreffend Startkapital und Risikokapital. Im Jahr 1997 wurde festgestellt, daß junge Unternehmen mit Finanzierungslücken einen größeren Bedarf an Finanzdienstleistungen aufweisen, weshalb ein spezieller Gründungsfonds, der Enterprise 2000 Fund, geschaffen wurde. Auf dem Gebiet der Internationalisierung gewährt „Enterprise Ireland” finanzielle und andere Formen der Unterstützung für Export, Kooperation, Vernetzung und Informationsdienstleistungen. Im Jahr 1997 wurde ein Programm von Seminaren und Informationsdiensten zur Exportförderung initiiert (New Exporter Programme unter der Führung von „An Bord Trachtala”, eine der 1998 in „Enterprise Ireland” aufgegangenen Behörden). Das 1995 veröffentlichte Small Business Operational Programme sah u. a. 1997 begonnene Maßnahmen vor, die den Zugang kleiner Unternehmen (mit weniger als 50 Beschäftigten) zum öffentlichen Auftragswesen vereinfachen sollten. Zwei Leitfäden wurden veröffentlicht: Der erste trug den Titel „Starting Your Own Business” (Die Gründung des eigenen Unternehmens), der zweite „Finance Your Business” (Die Finanzierung des eigenen Unternehmens). Auf dem Gebiet der Innovation und F&E erhalten KMU Finanzierungen und Unterstützung, wozu auch Hilfe bei Projekten, Unterstützung beim Erwerb von Technologien, Beihilfen für technologische Überprüfungen und für die Einstellung von technischem Personal zählen. Ein auf finanziellen Förderungen basierendes Programm (koordiniert von „Enterprise Ireland”) wurde 1997 gestartet, um Unternehmen mit F&E-Aktivitäten finanziell zu unterstützen (RTI). Im Mai 1997 veröffentlichte die Regierung ein Weißbuch über die Entwicklung der Humanressourcen. Darin wurde hervorgehoben, daß KMU wenig in Ausbildung investiert hätten, und entsprechend ein Bedarf an Instrumenten für die Anregung und Unterstützung der Ausbildung in den für KMU bedeutendsten Bereichen bestünde. 284 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Das Programm „Small Firms Company Development Cluster” (Entwicklung von Kleinunternehmensclustern) soll nunmehr kleinen Unternehmen helfen, ihre Wettbewerbsvorteile durch die Verbesserung ihrer Unternehmensführung zu vergrößern. Das neue Pilotprogramm Training Networks (Ausbildungsnetzwerke) unterstützt Unternehmen bei der Identifizierung und Deckung ihrer gemeinsamen Ausbildungserfordernisse. Dieses Programm ist auf die Identifizierung gemeinsamer Probleme und den Austausch bester Verfahren zwischen großen und kleinen Unternehmen ausgerichtet. Seit einiger Zeit werden auf nationaler wie lokaler Ebene Programme verfolgt, die den Unternehmergeist – insbesondere in der Jugend – fördern sollen (z. B. das Programm „Young Entrepreneurs”, verwaltet von „Enterprise Ireland”). Die ‘National Enterprise Awards’ (nationale Unternehmerpreise) wurden 1997 eingeführt, um erfolgreichen Unternehmern Anerkennung zukommen zu lassen und das Image kleiner Unternehmen zu heben. Island Neue wirtschaftsrechtliche Bestimmungen, im Zuge derer Genehmigungen abgeschafft und die Ladenöffnungszeiten liberalisiert wurden („Log um verslunarfrelsi”), traten am 1. Januar 1999 in Kraft. Mit dem Jahr 1999 wurden die Erfordernisse für Einzelfirmen für die Einreichung von Steuererklärungen vereinfacht. Größere Unternehmen können ihre Erklärungen auf elektronischem Weg übermitteln. Ab dem Jahr 2000 werden auch die Zollformulare elektronisch gehandhabt. Im Jahr 1997 wurden die Kollektivverhandlungen dezentralisiert, und zum Zweck weiterer Vereinfachung werden die Sozialversicherungssätze für den Zeitraum 1997-2000 vereinheitlicht, was für KMU im Dienstleistungssektor von Vorteil ist. Mit 1. Januar 1998 nahmen eine Handelsbank („Fjàrfestingarbanki atvinnulifsins”, Isländische Investitionsbank) sowie ein Risikokapitalfonds („Nyskopunarsjoour atvinnulifsins”) ihre Tätigkeit auf, mit dem Ziel, die Wirtschaft zu stärken und das Wachstum und die Internationalisierung der isländischen Unternehmen zu fördern. Der Fonds erwirbt Anteile, gewährt Darlehen und Garantien, unterstützt F&E und beteiligt sich an Vorprojekten zu Investitionen. Ein Informationstechnologiefonds wurde für Investitionen in neue Unternehmen im ländlichen Raum sowie in Informationstechnologie- und Hochtechnologiesektoren geschaffen. Darüber hinaus wurde ein Fonds eingerichtet, der bei der Entwicklung von Vermarktungsstrategien für Projekte und Produkte helfen soll. Es bestehen spezielle Büros für Kreditgarantien, Schadenersatzansprüche, Dienstleistungen sowie Investitionen und Ausrüstungen für den Export von Produkten und Dienstleistungen. Außerdem werden Garantien für Investitionen gewährt. Ein Pilotprojektfonds wurde 1997 eingerichtet, um Darlehen an Unternehmerinnen abzusichern („Lànatryggingarsjoour kvenna”). Im März 1999 wurde IMPRA als „One-stop-shop” am Technology Institute of Iceland eingerichtet, um Informations- and Beratungsdienste über Unterstützungsmaßnahmen im Bereich Innovation für KMU anzubieten. IMPRA veröffentlicht Leitfäden für junge Unternehmen und berät kleine Unternehmen hinsichtlich finanzieller und technologischer Machbarkeit. Auch hilft es Unternehmern bei der 285 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Aufbringung von Risikokapital für innovative Projekte, fördert Unternehmerinnen, unterstützt Innovationen, betreibt spezielle Programme für Frauen und fördert die Unternehmensgründung. Die Universität Island unterstützt die Weiterentwicklung sowie spin-off-Produkte der akademischen Forschung. Das Schwergewicht liegt auf der Kooperation zwischen wenig F&E-orientierten Firmen und Wissenschaftlern in der Hochtechnologie. Ein Beispiel ist der Wissenschaftspark, in dem die Regierung neue Hochtechnologieunternehmen fördert. Im Januar 1998 richtete die Regierung einen Ausschuß mit dem Hauptziel ein, die Mittel für Aktivitäten des Handwerks zu erhöhen und ein Zentrum für Technik und Marketing für diesen Sektor zu schaffen. Seit April 1999 besteht auch ein Leichtmetallzentrum am Technology Institute. Es wurde durch Aluminiumunternehmen und das Ministerium für Industrie und Handel eingerichtet, um technologische Beratung anzubieten und ein Kooperationszentrum für die Industrie zu schaffen. Italien Mit dem Gesetz 266/97 entwickelte die italienische Regierung ein Projekt für die Reorganisation aller Maßnahmen zur Förderung der Gründung und Entwicklung von KMU und für die Verbesserung und gegenseitige Abstimmung der Verfahren in bezug auf die Unterstützungsleistung, die Zielsetzung und die Definition der Adressaten. Das Gesetz sieht auch vor, daß das Ministerium für Industrie eine jährliche Evaluierung über das Anreizsystem in Form eines Berichtes erstellt; dieser wurde im Juni 1998 und Juni 1999 veröffentlicht. Mehrere Maßnahmen wurden ergriffen, um das Rechtssystem zu vereinfachen und die Verwaltungskosten für Unternehmen zu senken. Den Anfang machte das Gesetz 59/97, das die folgenden allgemeinen Ziele verfolgt: Reduzierung der Anzahl der Ministerien und der strukturellen Kosten zentraler Verwaltungsstellen, Dezentralisierung von Aufgaben – wie etwa der Verwaltung verschiedener KMU-Fördermaßnahmen – vom Staat auf die Regionen, Schaffung von „One-stop-shops” in ganz Italien, um Unternehmen bei den Verwaltungsverfahren für neue Anlagen behilflich zu sein und die erforderliche Zeit für die Erteilung von Genehmigungen drastisch zu verkürzen. Bestes Verfahren in Italien: Gesetze 341/95 und 266/97 (Paragraph 8) Die Gesetze 341/95 und 266/97 stellen Steuerbegünstigungen dar, die eine Steuergutschrift für Investitionen in neue Anlagen sowie für Modernisierungen, Restrukturierungen, Umwandlungen, Wiederinbetriebnahmen und Übertragungen bestehender Anlagen vorsehen. Das Gesetz 341/95 richtet sich nicht nur an KMU, aber die meisten betroffenen Unternehmen sind KMU. Dieses Gesetz sieht Gutschriften nur für Unternehmen vor, die in den Zielgebieten 1, 2 und 5b oder in 92.3.c-Gebieten tätig sind. Das Gesetz 266/97, Par. 8, entspricht weitgehend dem Gesetz 341/95, richtet sich aber ausschließlich an KMU, wobei die Gutschriften auf dem gesamten Staatsgebiet gewährt werden. Diese Maßnahmen traten 1997 in Kraft. Die Gestaltung dieser Maßnahmen entspricht sehr gut den Bedürfnissen der KMU. Das Verfahren für die Antragstellung ist automatisiert und sehr einfach, und für das Investitionsprojekt muß kein Geschäftsplan vorgelegt werden. Die Rückmeldung wird sehr schnell erteilt. Steuervergünstigungen sind eine Hauptanforderung der KMU gegenüber der Wirtschaftspolitik, da der Steuerdruck insgesamt bereits 43,6 % der Wertschöpfung beträgt. 286 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik In den letzten Jahren werden finanzielle Zuwendungen und automatische Anreize zur Förderung der Unternehmensinvestitionen und der Kapitalbildung gewährt, die für kleine Unternehmen höhere Maximalsätze der Beihilfen vorsehen. Das Gesetz 488/92, das 1996 in Kraft trat und in den nachfolgenden Jahren zusätzlich dotiert wurde, sieht Zuschüsse für Investitionsprojekte in den Bereichen Bergbau, verarbeitendes Gewerbe und in einigen Dienstleistungssparten vor (nach 1999 insbesondere Tourismus). Beihilfen sind für neue Anlagen und Investitionen in bestehende Anlagen in benachteiligten Gebieten vorgesehen, wobei jedoch das Investitionsprojekt zuerst von einem Bankinstitut genehmigt werden muß. Projekte, die diese erste Hürde überwinden, werden unter Zugrundelegung objektiver Indikatoren, die auf den Bilanzergebnissen und dem Investitionsplan des Unternehmens beruhen, nach ihrem Nutzen gereiht. Die Projekte werden dann entsprechend dieser Reihung finanziert, bis die vorhandenen Mittel erschöpft sind. Die Regeln sind für KMU besonders günstig, da sie einen größeren Anteil der Unterstützung als größere Unternehmen beanspruchen können. Außerdem können kleinere Investitionsprojekte vereinfachte Geschäftspläne vorlegen, die Zuschüsse werden schnell gewährt, und das Auswahlverfahren ist transparent. Auch im Bereich der Besteuerung gab es Bemühungen (Verordnung 466/97 über doppelte Einkommenssteuer), um die Kapitalbildung in Unternehmen durch geringere Steuern auf reinvestiertes Kapital zu fördern. Eine neue Maßnahme (Gesetz 133/99) bietet zusätzliche Steuererleichterungen für die Reinvestition von Gewinnen in den Jahren 1999 und 2000. Es existiert ein zentraler Garantiefonds, der nach den Bestimmungen des Gesetzes 662/96 Anreize für KMU im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor bietet. In den letzten Jahren wurden Maßnahmen zur Exportsteigerung unternommen. Die Vermarktungsaktivitäten von ICE1 wurden mit zusätzlichen Finanzmitteln zur Erweiterung des Netzwerks im Ausland verstärkt. Auch wurden Maßnahmen gesetzt, um die Aktivitäten von SACE2 in bezug auf die Abdeckung neuer Arten von Exportrisiken zu intensivieren und den Zugang für KMU zu erleichtern sowie die Tätigkeit von SIMEST3 auf neue Formen der Unterstützung von Auslandsinvestitionen auszudehnen. Das Gesetz 1326/654, wie auch die Besicherung von Exportkrediten, die Erweiterung des internationalen Leasing und der Einsatz von Zuschüssen an Handwerksbetriebe zum Zweck der Internationalisierung5, wird vermutlich auf ausländische Käufer ausgedehnt werden. Bestes Verfahren in Italien: Das D.I.T.-Programm (Verbreitung Technologischer Innovation) Dieses Programm wird vom Istituto G. Tagliacarne koordiniert und verwaltet und von Unioncamere und dem Ministerium für Universitäten und wissenschaftliche und technologische Forschung gefördert. Über das Netz der Handelskammern in Süditalien führt das Institut ein komplexes Maßnahmenbündel für Ausbildung, Information und technische Hilfe durch, mit dem Ziel der Entwicklung innovativen Verhaltens seitens der KMU (insbesondere im Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich) sowie der Stärkung qualifizierter Organisationen auf diesem Gebiet (Universitäten und Zentren für Innovationstransfer). In den beiden seit 1990 abgewickelten Phasen und in der derzeit laufenden dritten Phase wurden mehr als 2 000 KMU bei der Umsetzung von Initiativen zur Entwicklung technischer und Marketinginnovationen unterstützt. Außerdem nahmen 3 000 Unternehmen an Seminaren und Ausbildungskursen über Innovation im Produktionsprozeß und über Produktqualität teil. Das Gesamtbudget des Programms beträgt 23,2 Millionen Euro. 1 2 3 4 5 Institut für Außenhandel. Eine öffentliche Gesellschaft, die Firmen gegen Exportrisiken versichert. Eine öffentliche Gesellschaft, die die Internationalisierung von Unternehmen unterstützt. Dieses Gesetz schafft Anreize für Unternehmen, die neue Produktionsmaschinen erwerben. Die Zuschüsse werden von Artigiancassa gewährt. 287 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Die Innovationstätigkeit wurde durch neue Instrumente wie das Gesetz 140/97 gefördert, das vom Ministerium für Industrie verwaltet wird und für KMU und große Industrieunternehmen in ganz Italien Steuergutschriften für Investitionen in innovative Produkt-, Verfahrens- und Organisationsprojekte vorsieht. KMU können ihr Interesse an der Einbeziehung in die Entwicklung innovativer Verfahren bekunden, die dann auf ihre Eignung für spätere Zuschüsse nach der Bereitstellung öffentlicher Mittel geprüft werden. Das Gesetz 196/97 gewährt Zuschüsse für KMU, die Universitätsabgänger sowie Personen mit höherer akademischer Ausbildung auf Zeit für Forschungsprojekte beschäftigen, und ermöglicht es auch, Forschungspersonal auf Zeit von öffentlichen Forschungseinrichtungen abzustellen. Der Lehrlingsvertrag ist das wichtigste Instrument, durch das KMU Jugendliche für firmenspezifische, neben ihrer eigentlichen Arbeit laufende Ausbildungsprogramme aufnehmen und damit erhebliche Vergünstigungen bei den Sozialversicherungsabgaben erlangen können.1 Bestes Verfahren in Italien: Unterstützung für die Entwicklung des Unternehmertums Die Gesetze 95/95 und 215/92 sollen die Gründung neuer Unternehmen durch junge Menschen bzw. die Gründung von vor allem von Frauen geleiteten Unternehmen fördern. Das Gesetz 95/95 trat 1996 in Kraft und wird von I.G. SpA, einem Unternehmen des Ministeriums für Finanzen, Budget und Wirtschaftsplanung verwaltet (das Unternehmen wurde kürzlich in „Sviluppo Italia”, eine neue Agentur für Regional- und Unternehmensentwicklung, integriert). Das Gesetz sieht Kapitalzuschüsse, technische Hilfe bei der Umsetzung von Geschäftsideen, Betriebszuschüsse für die ersten fünf Geschäftsjahre sowie Informationsdienste für junge Menschen vor, die sich selbständig machen wollen. In den letzten beiden Jahren wurden 150 Anträge mit insgesamt 24 350 neuen Arbeitsplätzen genehmigt. Das Gesetz 215/92 sieht Kapitalzuschüsse (oder Steuergutschriften) und günstige Darlehen für die Gründung neuer, vor allem von Frauen geführter Kleinbetriebe sowie auch für den Erwerb von Echtzeit-Dienstleistungen für die unternehmerische Ausbildung, technische und Managementberatung usw., vor. In den letzten beiden Jahren wurden 487 Anträge, denen voraussichtlich 10 609 neue Arbeitsplätze entsprechen, genehmigt. Das Gesetz 608/96 zielt auf die Förderung alternativer Beschäftigungsformen ab und sieht Unterstützungen („Kredit auf Ehrenwort”) und technische Hilfe für junge Menschen vor, die sich selbständig machen wollen. Liechtenstein Liechtenstein verfügt über keine direkten Unterstützungsmaßnahmen für KMU, und die Regierung betreibt keine aktive KMU-Politik. Die Wirtschaftspolitik macht keinen Unterschied zwischen kleinen und großen Unternehmen, vielmehr werden alle Unternehmen gleich behandelt. 1 Das Lehrlingssystem besteht offiziell seit 1955, wurde jedoch durch das Gesetz 196/97 grundlegend reformiert und real wirksam. 288 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Ein Beschluß eines Liechtensteinischen Gerichts (VBI)1, der 1999 in Kraft trat, dürfte Auswirkungen in bezug auf die Vereinfachung des Unternehmensumfelds haben. Das Gericht befand, daß es infolge des EWR-Vertrags nicht mehr nötig sei, daß der Geschäftsführer eines EWR-Unternehmens seinen Wohnsitz in Liechtenstein haben müsse. Dies wird vermutlich zur Gründung mehrerer neuer Unternehmen im Land führen. Luxemburg Es wurde eine konzertierte nationale Initiative mit dem primären Ziel eingeleitet, eine Reihe von administrativen Hindernissen zu beseitigen und so das Wachstum der und die Kooperation zwischen KMU zu fördern. Die Regierung und die nationalen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter haben darüber hinaus für mehr Flexibilität im Bereich Arbeit und Beschäftigung gesorgt, um neue unternehmerische Initiativen anzuregen. Verwaltungsbestimmungen wurden in dem Bemühen, die Belastungen für KMU zu mildern, verbessert und vereinfacht. Einige Gesetze wurden geändert oder sollen bald geändert werden (ein neues Insolvenzrecht, neue Buchführungsregeln sowie ein Zentrum für Unternehmensbilanzen), und einige Wirtschaftssektoren wurden liberalisiert (in bezug auf geringere Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Berufen). Außerdem hat das „Comité de coordination tripartite” eine Strategie zur Steigerung der Beschäftigung durch spezielle Anreize für Arbeitgeber und Investitionen entwickelt („Plan d’action national en faveur de l’emploi”). Derzeit wird der „Nationale Plan zur Förderung der KMU” umgesetzt. Er umfaßt 10 Punkte, wozu auch die Förderung von Unternehmensgründungen und der Übernahme bestehender Unternehmen, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren zählen. Als Teil dieses Plans wurde 1998 ein Programm ins Leben gerufen, das alle Verwaltungseinrichtungen verpflichtet, vorab eine Evaluierung der Auswirkungen von geplanten Gesetzen und Verordnungen auf KMU zu erstellen. Im März 1999 wurde mit der Einführung von zwei „One-stop-shops” („Centres de formalités PME”) begonnen, um Unternehmen in der Gründungsphase im Umgang mit Verwaltungsverfahren zu unterstützen. Das Projekt wird von der Chambre des Métiers und der Chambre de Commerce in enger Zusammenarbeit mit dem Ministère des Classes Moyennes und einem Netz öffentlicher, in die betroffenen Verfahren involvierter Verwaltungseinrichtungen koordiniert. Im Mai 1996 wurden Maßnahmen der Steuervergünstigung eingeführt, um Investitionen anzuregen; weitere Aktionen folgten 1997. Insbesondere wurden die Gemeindesteuern auf Kapitaltransaktionen abgeschafft, die Gewinnsteuer gesenkt und Freibeträge für reinvestierte Gewinne gewährt („Loi portant modifications de certaines dispositions en matière d’impôts directs et indirects”). Im Juni 1998 wurde die „Société luxembourgeoise de capital-développement pour les PME (CD-PME)” geschaffen, um Unternehmen bei innovativen Projekten zu unterstützen und neue Arbeitsplätze durch die Vergabe von Darlehen – ohne direkte Einflußnahme auf die Geschäftsführung – zu schaffen. Diese Maßnahme ist speziell auf KMU ausgerichtet. 1 GWK-Magazin, Gewerbe- und Wirtschaftskammer, April 1998. 289 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Seit Februar 1999 wurde das im Rahmen von LEADER II initiierte Projekt „Guichet Unique PME” weiterentwickelt mit den Zielen, das Unternehmenswachstum durch die direkte Beratung junger Unternehmen zu fördern, Wirtschaftstudien in Ziel-5bRegionen durchzuführen, finanzielle und technische Hilfe bei der Entwicklung neuer Projekte zu leisten, den Austausch von Know-how zu fördern, Hilfestellung bei der Entwicklung von Strategien für ländliche Gebiete und Informationen über europäische Programme anzubieten. Das Programm „Gemeinsame unternehmerische Initiative zur Förderung der KMU im Ausland” wurde gleichfalls im Jahr 1999 unter der Aufsicht des Ministère des Classes Moyennes entwickelt, um inländische Unternehmen und Produkte im Ausland zu vermarkten. Eine neue F&E-Agentur („Luxinnovation GIE”) wurde eingerichtet, um neue Synergien zur Durchführung innovativer Projekte zu erzeugen, Berufsausbildungsprogramme im Innovationsbereich zu aktualisieren und die Organisation in KMU zu verbessern. Niederlande Im Zeitraum 1996-1999 beruhte die KMU-Politik auf dem politischen Programmdokument „Werk door ondernemen” (Arbeit durch Unternehmen). Dieses Dokument spiegelt eine Verlagerung von einer spezifischen KMU-Politik hin zu einer Betonung des Unternehmertums, insbesondere der Unternehmensgründung und des Unternehmenswachstums, wider. Der Grund für diesen neuen Ansatz bestand darin, daß die KMU-Dimension und Größenaspekte bereits in die wichtigsten Politikbereiche wie Besteuerung, Arbeitsmarkt, Technologie- und Innovationspolitik sowie die Regulierungsreform Eingang gefunden hatten. Im September 1999 legte das Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ein neues Programmdokument mit dem Titel „De ondernemende samenleving” (Die unternehmerische Gesellschaft) dem Parlament zur Annahme vor. In den nächsten Jahren wird die Politik auf die Förderung des Wettbewerbs und eine Erleichterung des Marktzugangs, die Verringerung der Regulierungen und administrativen Belastungen für Unternehmen, die Verbesserung der Qualität öffentlicher Dienste und die Förderung eines produktiven Wirtschaftsklimas abzielen, insbesondere in den Bereichen Technologie und Innovation, Finanzierung, Berufsausbildung, Arbeitsmarkt, lokale und regionale Entwicklung und Export. In den letzten fünf Jahren wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um die administrativen Verpflichtungen von KMU zu mindern. Im Jahr 1998 wurde ein vom Statistischen Amt initiiertes Projekt eingeleitet, um Überschneidungen bei Unternehmenserhebungen zu vermeiden. Im selben Jahr wurde eine Kommission („Commissie Slechte”) eingesetzt, um Hindernisse bei Verwaltungsverfahren zu identifizieren und die Anforderungen zu reduzieren. Ein weiterer wichtiger Schritt war das Großprojekt „Marktwerking, Deregulering en Wetgevingskwaliteit (MDW)” (Funktionieren des Markts, Deregulierung und Gesetzesqualität). Im Rahmen dieses Projekts wurden die Auswirkungen aller bestehenden und neuen Verordnungen und Gesetze auf den Wettbewerb bewertet. Die Ergebnisse fanden Eingang in ein neues Wettbewerbsgesetz, das u. a. zu einer Liberalisierung bei Genehmigungen und einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten führte. Die bestehenden Steuervergünstigungen waren bereits vor dem hier gewählten Untersuchungszeitraum in Kraft. Eine 1998 durchgeführte Evaluierung der steuerlichen Anreize führte zu mehreren Empfehlungen zur Steigerung der Effizienz und 290 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Senkung administrativer Hürden. Diese Empfehlungen wurden bei der Entwicklung des neuen niederländischen Steuersystems berücksichtigt, welches 2001 in Kraft treten soll. Die wichtigste neue Entwicklung im Bereich Finanzierung ist die zusätzliche Zuteilung von Mitteln für das Garantieprogramm für KMU (BMKB). Auf dem Gebiet der Internationalisierung werden zwei Arten von Maßnahmen durchgeführt. Das 1998 gestartete und von den Handelskammern umgesetzte Programm „Subsidieregeling exportmedewerkers MKB” gewährt staatliche Subventionen für die betriebliche Weiterbildung der im Export beschäftigten Mitarbeiter. Exportförderung ist die Aufgabe des 1999 ins Leben gerufenen Starters Buitenland-Programms, das Beihilfen für Exportberatung, Marktstudien und die Teilnahme an Messen gewährt. Zwei Informationsorganisationen, die Institutes for Small and Medium-sized Enterprises (IMK) und die Innovations Centres (ICs), wurden zu einer einzigen Agentur namens Syntens zusammengeführt, die über Regionalbüros verfügt, die KMU, insbesondere in der Gründungsphase, in Fragen der Technologie und des Wachstums beistehen. Verschiedene Maßnahmen wurden entwickelt, um F&E-Informationen und Unterstützung in den diversen Innovationsphasen (F&E, Produktion, Verbreitung und Anwendung technologischen Know-hows) zur Verfügung zu stellen. Insbesondere fördert das „Twinning”-Programm aus dem Jahr 1998 die Gründung neuer KMU auf dem Gebiet der Informationstechnologie durch Beratungsdienste, fertig ausgestattete Räumlichkeiten, Darlehen und Beteiligungen am Kapital. Das 1998 gestartete Programm „Voorlichting en doorlichting schoner produceren” (Umweltfreundlichere Produkte: Information und Bewertung) gewährt Beihilfen für Beratungs- und Unterstützungsorganisationen im Bereich der umweltfreundlichen Produktion zugunsten von KMU. Das 1998 gestartete „Energy Efficiency Programme” gewährt direkte Subventionen an KMU, wenn diese Beratungen über ökologisch verträgliche Energienutzung und Senkung der Umweltbelastung in Anspruch nehmen. Norwegen Neue Unterstützungsmaßnahmen für KMU sind vor allem im Rahmen des Aktionsplans für kleine Unternehmen der Regierung angesiedelt. Es wurde ein KMUAusschuß eingesetzt, dem 8 KMU-Manager und Unternehmer sowie 5 Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter angehören und dessen Aufgabe die Überwachung des Aktionsplans und die Entwicklung von Ideen für neue Aktionen/Prioritäten ist. Zu den Maßnahmen der norwegischen Regierung zählen Bemühungen zur Verbesserung des Unternehmensumfeldes. Das „Regnskapsloven” (Rechnungslegungsgesetz) senkt die Verwaltungskosten für kleine Unternehmen. Es wurde im Januar 1999 verabschiedet und steht in der Zuständigkeit des Ministeriums für Finanzen und Zollangelegenheiten, aber die Einzelbestimmungen müssen erst noch angenommen werden. Spezielle Maßnahmen wurden auf dem Gebiet der Finanzierung gesetzt, um die Zusammenarbeit zwischen Norwegen, dem nordwestlichen Rußland und Mittelund Osteuropa zu fördern. Diese Maßnahmen beziehen sich auf die Finanzierung von Projekten, wobei sowohl Unternehmensgründungen als auch die Entwicklung bestehender Firmen unterstützt werden. 291 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Das im Mai 1998 eingeführte „Bedin-Projekt” wird vom Technology Institute for Industry in Northern Norway (VINN) durchgeführt. Es bietet, den Plänen des Ministeriums für Handel und Industrie entsprechend, eine Telematik-Site im Internet mit für Betriebe nützlichen Informationen. Das „BIT-programmet” (sektorspezifische Informationstechnologie) entwickelt branchenspezifische Softwarepakete und richtet sich damit an die KMU in den verschiedenen Sektoren. Das Programm wurde 1994 gestartet und wird vom Norwegian Research Council administriert. Das „SMB-programmet” (KMU-Programm), das vom Norwegian Trade Council verwaltet wird, bietet Unterstützungen für den Export durch KMU in Form von Beratungsdiensten durch den Norwegian Trade Council in 40 Ländern. Außerdem soll auch die „Norges Eksportskole” (Exportschule des Norwegian Trade Council) Hilfestellungen leisten. Bestes Verfahren in Norwegen: Das FRAM-Programm Das FRAM-Programm (steht für „Focused, Realistic, Accepted, Measurable” – konzentriert, realistisch, angenommen, meßbar) wurde ursprünglich für den Zeitraum 19931997 geschaffen und ist Norwegens bestes Verfahren im Bereich der Berufsausbildung und Unterstützung von KMU. 1 508 Unternehmen nahmen in diesem Zeitraum an dem Programm teil, das nun bis 2001 verlängert wurde und weiterhin vom Norwegischen Industrie- und Regionalfonds verwaltet wird. Das Ziel des Programms, das sich an Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten wendet, ist die Steigerung der Rentabilität der Unternehmen durch eine Kombination bezahlter Seminare und Beratungsdienste zu unternehmensspezifischen Problemen. Das 1994 unter der Führung des Norwegian Research Council ins Leben gerufene TEFT-Programm fördert den Austausch zwischen KMU und F&E-Einrichtungen durch die Bereitstellung eines „technischen Attaché”-Dienstes sowie von Zuschüssen für gemeinsame Technologieprojekte von Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Österreich Die Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beziehen sich vor allem auf die Modernisierung von Regulierungen. Die Gewerbeordnungsnovelle trat am 1. Juli 1997 in Kraft. Die Änderungen beinhalten eine Verbesserung des Zugangs zu vielen Gewerben hinsichtlich der Qualifizierungserfordernisse, insbesondere durch die Einführung der „verbundenen Gewerbe” sowie der „Teilgewerbe”. Ersteres ermöglicht es einem für ein bestimmtes Gewerbe qualifizierten Unternehmer, Leistungen zu erbringen, die für ein anderes, verbundenes Gewerbe charakteristisch sind. Außerdem enthält die Novelle auch Vereinfachungen und Erleichterungen betreffend die Genehmigung von Betriebsanlagen. Darüber hinaus wurden in jüngster Zeit mehrere Maßnahmen eingeführt bzw. sollen in nächster Zukunft eingeführt werden, deren Ziel die Förderung der Gründung neuer KMU ist. Im August 1998 wurde durch eine Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz die Mindestbemessungsgrundlage für Beiträge von Selbständigen an die Sozialversicherung für die ersten drei Betriebsjahre gesenkt. Im Mai 1999 trat das Neugründungs-Förderungsgesetz in Kraft. Durch dieses 292 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Gesetz werden Jungunternehmer von staatlichen Gebühren in Zusammenhang mit der Unternehmensgründung befreit und durch eine Senkung der Lohnnebenkosten im ersten Betriebsjahr begünstigt. Zur Erleichterung der Unternehmensübertragung wird schließlich für solche Fälle ab Januar 2000 ein Freibetrag zur Erbschaftsteuer bis zu einer Bemessungsgrundlage von 363 364 Euro Substanzwert eingeführt. Eine weitere Maßnahme auf dem Gebiet des Unternehmensumfelds ist die Abänderung der Bestimmung, nach der KMU verpflichtet sind, statistische Informationen zur Verfügung zu stellen. Mit Januar 1998 trat eine Verordnung zum Bundesstatistikgesetz in Kraft, die Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten von der Übermittlung monatlicher Statistiken gänzlich befreit und Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten diesbezüglich Erleichterungen gewährt. Die Verbesserung des finanziellen Umfelds für Unternehmen wird als Schlüsselelement in der KMU-Politik betrachtet. Österreich verfügt über ein sehr gut entwickeltes System im Bereich der Fremdfinanzierung, wogegen Übereinstimmung besteht, daß auf dem Gebiet der Eigenfinanzierung weitere Verbesserungen erforderlich sind. Die Eigenfinanzierung scheint insbesondere für die Finanzierung schnell wachsender Unternehmen sowie technologieorientierter Gründungen geeignet. Außerdem werden direkte finanzielle Unterstützungen aufgrund des Umfangs der erforderlichen Geldmittel und beträchtlicher Mitnahmeeffekte als weniger effizient betrachtet. Daher sehen die Aktionen vor allem indirekte Unterstützung vor. Dazu zählen folgende Maßnahmen: • Erweiterung der von der Bürges und der ÖHT verwalteten Garantielinien für KMU im Dezember 1998 (Novelle zum KMU-Förderungsgesetz). • Einführung einer Eigenkapitalgarantie im Juli 1997 mit dem Ziel, die Investitionen in KMU zu erhöhen. • Einführung des „Gewinnwertpapiers” im Juni 1999, das einen Gewinnanteil an einem KMU darstellt. Die Investition des Käufers wird von der Bürges-Bank bis zu einer Höhe von 18895 Euro durch eine Garantie abgesichert und senkt daher das Risiko des Investors. • Start des Programms „I2-Ideen X Investment”, das die Erfahrungen älterer Unternehmer jungen Kollegen zugänglich machen und neue Unternehmen finanzieren helfen soll. Das Programm wird von der Innovationsagentur durchgeführt und wurde im Dezember 1996 gestartet. Im Rahmen der Internationalisierungspolitik soll die im Juli 1997 initiierte „Exportoffensive” die österreichische Exporttätigkeit verstärken. Die Maßnahme ist auf die Verbesserung der finanziellen und institutionellen Rahmenbedingungen für Unternehmen ausgerichtet und wendet sich vor allem an drei Zielgruppen: Kooperationen, bereits exportierende Unternehmen und nicht-exportierende Unternehmen, die über Exportpotential verfügen. KMU-spezifische Maßnahmen sind etwa: (1) strategische Beratung in der Erschließung bestimmter Exportmärkte und (2) technische Hilfe bei der Bildung von KMU-Clustern zur Überwindung von größenbedingten Nachteilen bei internationalen Aktivitäten. Mehrere Schritte sind geplant, um Österreichs F&E-System zu verbessern und Programme zur Förderung der Entwicklung und Anwendung neuer Technologien zu forcieren, wie etwa die „Technologieoffensive” (ein nicht speziell auf KMU ausgerichtetes Programm, das von 1997 bis 2005 läuft). Die Technologieoffensive 293 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht fördert zum Beispiel die Errichtung sogenannter „Kompetenzzentren”, in denen u. a. die Kooperation zwischen Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft verstärkt werden soll. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative „Technology Marketing Austria – TecMA”, die auf die Vermarktung österreichischen Know-hows und österreichischer Patente abzielt. Außerdem dienen einige dieser Maßnahmen dazu, die Unterstützung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu intensivieren, vermehrt Anreize für den Technologietransfer zu setzen und die Zahl neuer Hochtechnologieunternehmen zu steigern. Im Zuge der „Lehrlingsoffensive” hat die österreichische Regierung die Rahmenbedingungen für die Lehrlingsausbildung durch mehrere Novellen zu verschiedenen Gesetzen verbessert. Zum Beispiel ist es nun leichter, Lehrlingsausbilder zu werden. Außerdem wurde ein Steuerfreibetrag eingeführt, und die Lohnnebenkosten wurden gesenkt. Die Umsetzung von Aktionen zur Verbesserung des Unternehmerimages im allgemeinen sowie zur Förderung von Unternehmensneugründungen („Gründungsoffensive”) sind Maßnahmen zur Stärkung des Unternehmertums. Der im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten im November 1997 eingerichtete „Gründerservice“ bietet Zugang zu unterstützenden Dienstleistungen und hilft Unternehmen in der Gründungsphase bei administrativen Fragen. Ein weiteres wichtiges Element dieser Maßnahmen besteht in der Schaffung von Kontakten zwischen Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft. Portugal Im Rahmen des Entwicklungsplans für 1999 wurden Verwaltungsverfahren vereinfacht und modernisiert, um die Beziehungen zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor zu verbessern. Das Ziel besteht in der Senkung des allgemeinen und administrativen Aufwandes von Unternehmen, insbesondere KMU. Die Hauptausrichtung besteht in der Beseitigung von administrativen Hindernissen, welche die Gründung neuer Unternehmen erschweren. Dabei wurden zwei Maßnahmen ergriffen: zum einen Verfahrensvereinfachungen und zum anderen die Bereitstellung von Informationen und Dienstleistungen zur Unternehmensgründung. Dies wurde durch die Einrichtung eines „One-stop-shop” („Centros de Formalidades das Empresas”, CFE) realisiert, in dem Unternehmer eine komplette Palette von Diensten für die Abwicklung administrativer Verfahren und die nötigen Informationen zur Unternehmensgründung vorfinden. Im April 1999 wurde mit einer Maßnahme begonnen, die KMU bei der Einführung des Euro unterstützen soll.1 Die Steuerreform im Jahr 1997 war darauf ausgerichtet, das Steuersystem gerechter und weniger anfällig für Steuerhinterziehung zu machen. Die Formulare für einige Verbrauchssteuern wurden vereinfacht, und 1997 wurde ein SteuerOmbudsman bestellt. Seit 1998 ist eine Regelung in Kraft, die für unbeglichene Geschäfte eine Rückvergütung der Mehrwertsteuer vorsieht. Bemühungen zur Verbesserung des finanziellen Umfeldes führten auch zur Umsetzung von Maßnahmen zugunsten der KMU. Dies erfolgte im allgemeinen in 1 Novo Regime de Apoio à Adaptação das PME ao Euro e ao Ano 2000, Gesetzesentwurf vom 30. April 1999. 294 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Form von Garantien für Risikokapitalinvestitionen sowie durch steuerliche Anreize für Eigenfinanzierung und Kapitalbildung. Gleichzeitig wurden Kombinationen aus Sparen und Investition gefördert, um den Kontakt zwischen KMU und Finanzinstitutionen zu verbessern („PME Excelência”, siehe Kapitel 4). Bestes Verfahren in Portugal: Elektronische Zahlung und Dokumentenübermittlung Im Jahr 1998 wurden zwei Bestimmungen eingeführt, um die Beziehungen zwischen Unternehmen und Verwaltung zu verbessern. Die erste ist ein neues System der elektronischen Zahlung für Gerichts-, Anmeldungs- und Notariatsgebühren sowie Geldstrafen im Zuge der Auflösung des Monopols der „Caixa Geral de Depósitos” (Nationalbank). Die zweite Bestimmung ermöglicht es Unternehmen, Urkunden und Dokumente, die bei Außenhandelsgeschäften von den Behörden benötigt werden, per E-Mail zu übermitteln. Mit Hilfe von KMU-Förderinstitutionen wurden die finanzielle Leistungsfähigkeit und das strategische Potential der Unternehmen erhoben. Als Ergebnis erhielten die Unternehmen wichtige Begünstigungen in bezug auf Finanzierung und Bedingungen im Zugang zu Finanzdienstleistungen und Beratern. Zur Förderung der Rationalisierung und Modernisierung wurden Maßnahmen für die Finanzierung von Wachstum und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit durch Übernahmen und Zusammenschlüsse (SIRME, Plan zur Revitalisierung und Modernisierung von Unternehmen) geschaffen. Seit 1999 umfaßt die Internationalisierungspolitik Informationsmaßnahmen, die KMU die zusätzlichen Möglichkeiten auf neuen Märkten verdeutlichen sollen („Incentivo à Internacionalização das Empresas Portuguesas”). Mehrere Schritte wurden gemacht, um KMU mittels Informationsdiensten zu unterstützen, welche die Kontakte zwischen den Unternehmen fördern sollen („Programa de Dinamização do Acesso à Informação” – SinMPE). Bestes Verfahren in Portugal: Das Contacto@ICEP-Programm Das Contacto@ICEP-Programm wurde 1997 gestartet und 1998 und 1999 unter der Aufsicht von ICEP („Investimentos, Comércio e Turismo de Portugal”) neu aufgelegt. Es handelt sich um ein Lehrlingsprogramm für junge Menschen, das eine Ausbildung außerhalb des Landes vorsieht, und bei dem der junge Arbeitnehmer dann von einem Unternehmen eingestellt wird, das die außerhalb Portugals erworbenen Qualifikationen nutzen kann. NETFIN ist der Name einer Website, die KMU-Führungskräfte mit Neuigkeiten und Informationen aus der Finanzwelt versorgt und die Möglichkeit bietet, Erfahrungen auszutauschen und Online-Unterstützung zu erhalten. Die Industriepolitik zielt darauf ab, die technologischen Kapazitäten der Unternehmen zu erhöhen und umweltverträgliches Wachstum durch reduzierten Ener- 295 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht gieverbrauch zu fördern. Es bestehen Anreize für Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungszentren mit dem Ziel der Erhöhung des Technologiegehalts der Produkte („Apoio à Inovação Tecnológica das PME”). Um mehr Unternehmen in F&E-Projekte einzubinden, wurde ein Konsortium von Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen geschaffen. Außerdem wird „PME 2000 – Preparação das empresas portuguesas para o século XXI” Kooperationsaktivitäten zwischen Unternehmen und öffentlichen F&E-Einrichtungen anregen. Die Berufsausbildung ist ein strategische Frage für lokale Unternehmen, und Portugal hat einen nationalen und regionalen Plan für Beschäftigung, Berufsausbildung und Arbeitsplatzschaffung erstellt. Zu den Zielsetzungen zählt der Versuch, junge Menschen in den Arbeitsmarkt einzubinden, die gesellschaftlich-berufliche Integration zu fördern, die Langzeitarbeitslosigkeit und Ausgrenzung zu reduzieren und laufende Berufsausbildungsprogramme für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu nützen („Medida Rotação Emprego-Formação”). Die 1999 gestartete Maßnahme „Incentivo Fiscal à Criação de Emprego para Jovens” gewährt Steuervergünstigungen für Unternehmen, die junge Menschen unter 30 Jahren anstellen. Politische Anreize im Bereich der Unternehmenskultur sind Aufgabe einer öffentlichen Einrichtung, die zur Unterstützung der KMU gegründet wurde (IAPMEI). Die Zielsetzung liegt in der Förderung von neuen Geschäftszweigen, Firmengründungen und in der Unterstützung von Gründerzentren. Technische Hilfe und Beratung sollen jungen Menschen jene Kenntnisse und Qualifikationen vermitteln, die sie als Unternehmer benötigen. Schweden Im Januar 1999 wurde eine Verordnung1 für ein System zur Evaluierung der Auswirkungen geplanter Verwaltungsvorschriften auf Unternehmen eingeführt. Die Regierung startete eine jährliche Erhebung unter KMU, um die Beziehungen zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor zu untersuchen und Vorschläge zur Vereinfachung von Verwaltungsverfahren zu unterbreiten. Im Februar 1999 richtete die Regierung eine spezielle Abteilung im Ministerium für Industrie, Beschäftigung und Kommunikation ein, um die Vereinfachung der Verwaltung zu koordinieren. Weitere Maßnahmen wurden im Bereich Arbeit getroffen. Zum Beispiel initiierte die Regierung im Juni 1998 ein Projekt zur Einführung eines einzigen Anmeldungsformulars sowie einer einzigen Kontaktstelle für die Anmeldung einer Firma. Im selben Monat begann die Regierung auch mit der Prüfung von Genehmigungsverfahren, mit dem Ziel, diese zu vereinfachen. Darüber hinaus wurde eine Studie über die Möglichkeiten einer Vereinfachung des derzeitigen Steuersystems durch vereinfachte Steuererklärungen für kleine, von nur einem Eigentümer geführte Dienstleistungsbetriebe erstellt.2 Die Einkommenssteuererklärungen wurden in ein einziges Mehrwertsteuerformular integriert. Alle Steuern werden mittels eines einzigen Abrechnungsdokuments beglichen. Das National Council for Vocational Safety and Health, die zentrale Behörde für Maßnahmen betreffend Arbeitplatz und Arbeitszeit, prüft alle seine Bestimmungen, um diese bis zum Jahr 2000 zu reduzieren und/oder zu vereinfachen. 1 SFS 1998: 1828. Die Studie wurde vom Committee on Simplification of Taxation Rules for Small Enterprises erstellt. 2 296 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Das 1996 eingerichtete Right of Priority Committee unterstützt die Restrukturierung von Unternehmen, mit dem Ziel, Konkurse zu vermeiden. Das Programm des Startkapitalfonds („Såddfinansiering”) bestand bereits vor 1997 und unterstützt die Vorstufen von technologieorientierten Entwicklungsprojekten durch die Beteiligung an Risikokapitalinvestitionen für Neugründungen. Die verantwortliche Institution ist das Swedish National Board for Industrial and Technical Development (NUTEK). Das CapTech-Programm hilft kleinen und jungen Unternehmen bei der Suche nach Risikokapital und leitet Ideen und Vorschläge an Business Angels, Risikokapitalgeber und Finanzierungsgesellschaften weiter. Der Schwedische Exportrat („Exportrådet”) und die Handelskammern („Handelskammaren”) haben ein Dienstleistungspaket für kleine, am Export interessierte Unternehmen entwickelt, das den Firmen Informationen und Leistungen anbietet, um den Erfahrungsmangel der KMU auszugleichen. Spezielle Zentren sollen helfen, die Unternehmens- und die universitäre Forschung zu verbinden. Zum Beispiel ist das multidisziplinäre Zentrum am KTH, dem Royal Institute of Technology, ein anwenderorientiertes Zentrum für technisches Design. Im Bereich der Mobilität der Arbeitskräfte wurde jene gesetzliche Bestimmung verändert, die vorsah, daß im Fall einer Unternehmenskrise die zuletzt eingestellte Person zuerst entlassen werden müsse. Das Parlament modifizierte diese Bestimmung Ende April 1999 insofern, als kleine Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten nun zwei Beschäftigte von diesem Grundsatz ausnehmen dürfen. Die Zielsetzung besteht darin, die Beschäftigung jüngerer Menschen zu sichern. Diese Novellierung wird in der ersten Hälfte des Jahres 2000 in Kraft treten. Mit 1. Oktober 1999 erhalten Langzeitarbeitslose mehr Unterstützung. Arbeitgeber, die Personen anstellen, die zumindest drei Jahre als arbeitslos gemeldet waren oder an Arbeitsmarktprogrammen teilnahmen, erhalten eine öffentliche Subvention. Im Frühjahr 1999 startete die Regierung Informationskampagnen, um das Allgemeinwissen über genossenschaftliche Unternehmen, insbesondere von Frauen, Einwanderern und jungen Menschen, zu steigern. Seit 1998 besteht ein umfangreiches Programm zur Förderung der unternehmerischen Kultur in der jungen Generation. Ein Projekt von NUTEK zur Förderung des Unternehmergeistes in Schulen verfolgt das generelle Ziel, langfristige institutionelle Beziehungen zwischen dem Schulwesen und der Industrie aufzubauen. Mehrere Universitäten bieten Kurse für angehende Unternehmer an. Schweiz Die geplanten Maßnahmen zur Vereinfachung von Verwaltungsverfahren zielen auf die Beschleunigung von Verfahren, verbesserte zwischenbehördliche Koordination, erhöhte Transparenz der Gesetzgebung, weniger Vorschriften und eine stärkere Kundenorientierung ab und werden bis zum Jahr 2000 in Kraft treten. Um die Kompatibilität geplanter Gesetze und Verordnungen mit einer effizienten Verwaltung zu prüfen, wurde 1998 ein KMU-Forum (eine nationale Expertenkommission) eingerichtet, deren Mitglieder Eigentümer/Geschäftsführer von KMU sind. 297 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Dieses Forum kommentiert geplante Gesetze und Verordnungen und hält Kontakt zu staatlichen Behörden, die Empfehlungen formulieren. Im Jahr 1998 richtete das Staatssekretariat für Wirtschaft die „Task Force KMU” mit dem Ziel ein, die Bevölkerung über die nationale KMU-Politik zu informieren, die verschiedenen nationalen Politikbereiche zu koordinieren und ein Zentrum für Expertise in für KMU besonders bedeutenden Bereichen zu schaffen. Die Hauptprojekte betrafen bislang die Finanzierung von KMU generell (einschließlich Risikokapital) sowie den Einsatz des Internet durch KMU. Im Zuge der Reform der Körperschaftsteuer wurden proportionale Steuersätze eingeführt. Positive Auswirkungen für KMU ergaben sich im Rahmen der Gewinnbesteuerung, durch die Abschaffung der Vermögensteuer und die Senkung der Stempelgebühren1. Außerdem wurde die Grenze für die Mehrwertsteuerbefreiung erhöht. Die „Bürgschaft 2000” trat Anfang 1999 in Kraft. Dabei handelt es sich um ein neustrukturiertes Netzwerk mit einem Zentralbüro und einer Reihe unabhängiger regionaler Genossenschaften, die durch Kooperationsverträge eng miteinander verbunden sind. Die regionalen Bürgschaftsgenossenschaften sind berechtigt, gegen Hinterlegung einer Besicherung für bis zu 93 780 Euro zu bürgen; außerdem können sie ihr Zentralbüro ersuchen, einer möglichen Verlustübernahme bis zu weiteren 218 820 Euro zuzustimmen. Das Geld ist binnen eines Zeitraums von maximal zehn Jahren rückzuerstatten. Ein Bundesbeschluß über Steuervergünstigungen für Risikokapitalgesellschaften wurde vom Parlament angenommen und sollte neuen Unternehmen mit innovativen, international ausgerichteten Projekten auf dem Produktions- und Dienstleistungssektor den Zugang zu Risikokapital erleichtern.2 Die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung (OSEC) bietet KMU Hilfestellung auf Auslandsmärkten. Das organisatorisch integrierte „Euro-Info-Centre” liefert Informationen über die Märkte in der Europäischen Union. Seit 1998 regt die Swiss Development Finance Corporation (SDFC) (Schweizerische Gesellschaft für Entwicklungsfinanzierung) private Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländer über Beteiligungen an joint ventures an. Die KTI (Kommission für Technologie und Innovation) ist das Schlüsselinstrument der eidgenössischen Technologiepolitik für KMU. Sie fördert Kooperationen zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Universitäten oder Polytechnika, teilfinanziert innovative Projekte, beteiligt sich an der Erstellung von Machbarkeitsstudien und führt Ausbildungsprogramme durch. Mit Hilfe der neuen Möglichkeiten der virtuellen Kooperation sind Unternehmer in der Lage, ihre Unabhängigkeit zu erhalten und Kapital in strategische Bereiche zu investieren. Es bestehen mehrere etablierte wie auch Pilotprojekte auf diesem Gebiet.3 1 Bundesgesetz über die Reform der Unternehmensbesteuerung, in Kraft getreten am 1. Januar 1998. 2 Gesetz über Risikokapitalgesellschaften. 3 Dazu gehören die „Genossenschaft virtuelle Unternehmen der Region Basel”, die virtuelle Fabrik „Euregio Bodensee” und das Pilotprojekt „Virtuelles Unternehmen Haustechnik” (das es kleinen Unternehmen auf dem Gebiet der Gebäudeerhaltung ermöglicht hat, in einer Zeit, in der Übernahmen und Fusionen auf diesem Sektor vorherrschen, ihre Unabhängigkeit zu bewahren). 298 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Auf der Grundlage des Bundesbeschlusses über Maßnahmen zur Förderung von Lehrstellen II wird die Eidgenossenschaft im Zeitraum 2000-2003 etwa 62,5 Millionen Euro zur Lösung quantitativer und struktureller Probleme des Lehrstellenmarktes bereitstellen. Dieser Beschluß zielt auf die Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten in anspruchsvolleren Berufen ab und soll für weniger qualifizierte junge Menschen den Eintritt in den Arbeitmarkt erleichtern. Die Maßnahme ist nicht speziell auf KMU ausgerichtet. Tatsächlich sind jedoch 75 % der Firmen, die Lehrstellen anbieten, KMU. Um die unternehmerische Kultur auf universitärer Ebene zu fördern, wurden Initiativen wie das Programm „Lust auf eine eigene Firma?” der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich entwickelt, die so zur Bildung des Unternehmergeistes beitragen sollen. Spanien Kürzlich (1996) schuf Spanien unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen ein Generaldirektorat für KMU-Politik, das zwei Hauptziele verfolgt: Die Entwicklung einer horizontalen Politik und die Unterstützung des Wachstums kleinerer Unternehmen1. Verschiedene Veränderungen im Steuersystem haben die Steuerpflichten und -lasten der KMU reduziert. Außerdem wurden Maßnahmen eingeführt, um Beschäftigung und Unternehmensgründungen anzukurbeln. Diese Maßnahmen wenden sich insbesondere an Kleinst- und kleine Unternehmen ohne spezifische Rechtsform (Schätzung der Zielgrößen mit Hilfe von Indikatoren in der Einkommensteuer). Zu den Vereinfachungen im Bereich der Besteuerung zählen die Beseitigung der geschätzten Gewinnkennzahlen sowie eine Senkung des Einkommenssteuergrundtarifs und der Vermögenssteuer für KMU. Darüber hinaus dürfen KMU immaterielle Vermögenswerte vorzeitig abschreiben und Doppelbesteuerung auf ausländische Geschäfte absetzen (Erlaß des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen vom Februar 1998 sowie Gesetz 67/97). Das Gesetz 67/97 sieht eine Vereinfachung der Steuererklärungen für KMU vor. RD 37/98 gestattet einen Nachlaß bei der Mehrwertsteuer bei bestimmten Käufen von KMU. Auf dem Gebiet der Vereinfachung des Unternehmensumfeldes ist vor allem der Plan für administrative Vereinfachung zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit der KMU (1999) zu nennen. Im Zuge dieses Plans wurde eine Reihe einzelner „guichets” für Unternehmen eröffnet, die es gestatten, alle Gründungsformalitäten an einem Ort durchzuführen. Erwähnenswert ist auch die Verbesserung der Verwaltungsverfahren in Zusammenhang mit den Sozialversicherungspflichten für KMU durch elektronische Dokumentenübertragung (RED-Projekt, 1997). Im Jahr 1997 schuf DGPYME ein „SME Centre Information Area”, das Unternehmern und Führungskräften persönliche Beratung bietet und zu einer wichtigen Quelle spezialisierter Informationen geworden ist. Die Dienste des Zentrums sind im persönlichen Gespräch, über Fax, Post, E-Mail und Telefon verfügbar und versorgen die KMU mit maßgeschneiderter Information, Hilfe und Beratung. Die spanische Verwaltung ist sich der Herausforderungen der Umstellung auf den Euro wie auch des Jahr-2000-Problems bewußt und führt landesweite Informa1 Direcciòn General de Politica de la Pyme (DGPYME). 299 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht tions- und Sensibilisierungskampagnen durch (Programm zur Sensibilisierung der KMU für die Einführung des Euro, 1997, und Programm zur Sensibilisierung der KMU für Y2K-Probleme im Bereich Informationssysteme, 1998-1999). Bestes Verfahren in Spanien: Gesetz 1/1999 Das Gesetz 1/1999 legt den gesetzlichen Bezugsrahmen für Einrichtungen fest, die sich an Risikokapital beteiligen, und definiert die Verfahren für entsprechende Genehmigungen, Kontrollen und Sanktionen. Zusammen mit dem ausdrücklichen Verbot an diese Unternehmen, Anteile an Finanzierungsgesellschaften zu erwerben, wird dies das Risikokapitalgeschäft auch für KMU erfolgreicher gestalten. Bestimmte Finanzierungsinstrumente und -maßnahmen werden den Zugang von KMU zu langfristigen Krediten verbessern. Dazu zählen etwa niedrigverzinste Darlehen für die Finanzierung von Investitionsprojekten (ICO1-KMU-Linien, 19981999), Konsortialkredite und Beteiligungen an Risikokapital (Programm „Konsortialkredite” der ENISA2 sowie Gesetz 1/1999) und die Gewährung von Garantien für KMU-Kredite (Bürgschaftsförderungsprogramm der Cersa3). Die Programme GIEX und FIEX – gemäß Gesetz 67/97 – sehen Garantiefonds für Investitionen von Unternehmen im Ausland vor. Das ähnlich gestaltete Programm FONPYME ist speziell auf KMU ausgerichtet. Für technische Forschung in Unternehmen (CDTI-Kredite, verwaltet vom Ministerium für Industrie und Energie) sowie für die Entwicklung innovativen Designs (Programm zur Entwicklung von Design und Innovation, 1997-1998) ist, zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU Unterstützung in Form von Krediten vorgesehen. Bestes Verfahren in Spanien: Das PIPE 2000-Programm Das Programm soll spanische KMU auf dem internationalen Markt positionieren, indem im Zeitraum 1998-2000 Auslandsinvestitionen und Exporte gefördert und spanische Produkte im Ausland beworben werden. Geleitet von ICEX (dem Spanischen Institut für Außenhandel), dem Obersten Rat der Handelskammern, autonomen Gemeinden und Handelskammern, bietet das Programm Beratungen, Subventionen, Information, Ausbildung und Vermarktungsförderung. Das wichtigste Ausbildungsprogramm soll ein nationales System der Berufsausbildung schaffen, die Kooperation zwischen Unternehmen und Universitäten anregen, das Ausbildungssystem an europäische Standards angleichen und Ausbildung in Bereichen anbieten, in denen besondere Probleme beim Zugang zum Arbeitsmarkt bestehen (Nationales Programm für Berufsausbildung, Zeitraum 1998-2001, koordiniert vom Ministerium für Arbeit und soziale Angelegenheiten). 1 2 3 300 Instituto de Crédito Oficial. Empresa Nacional de Inovaciòn. Compañia Española de Refinanzamiento SA. Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Bestes Verfahren in Spanien: Das ATYCA-Programm Dieses Programm ist das Instrument des Ministeriums für Industrie und Energie zur Unterstützung von Unternehmen im Bereich F&E. Es besteht aus drei Unterprogrammen, die von der Förderung technologischer Innovationen in der Industrie, über Qualität und Sicherheit bis zu F&E im Energiesektor reichen. Unter anderem werden Zuschüsse und Darlehen zur Unterstützung von Maßnahmen, wie etwa gemeinsame Nutzung technologischer Infrastruktur, innovative Netzwerke, Verbreitung von Technologien und Berufsausbildung in KMU (Durchführung zwischen 1997 und 1999), gewährt. Zahlreiche Maßnahmen sind geplant, um die Beschäftigung junger Menschen, von Arbeitnehmern über 45, Frauen und benachteiligten Personen im allgemeinen zu fördern. Es bestehen Regelungen, die den Unternehmen Anreize bieten, Teilzeitarbeitsplätze in Vollzeitstellen umzuwandeln (Gesetz 63/97). Auch die Bestimmungen für Teilzeitarbeit wurden geändert. Bestes Verfahren in Spanien: Die KMU-Initiative Die KMU-Initiative ist ein multisektorales Programm für KMU, das 1997-1999 unter der Zuständigkeit des Generaldirektorats für KMU-Politik in Zusammenarbeit mit den autonomen Gemeinden umgesetzt wurde. Seine Ziele sind die Förderung von Kontakten und Kooperationsnetzwerken unter KMU, die Entwicklung elektronischer/telematischer Kommunikationsnetzwerke, die Förderung innovativen Designs, die Unterstützung des Zugangs zu Krediten durch Finanzinstrumente wie Garantiefonds und Konsortialkredite und die Schaffung eines Netzwerks von Intermediären für Innovationsdienstleistungen. In Spanien sind mehrere Maßnahmen vorgesehen, um das Unternehmertum zu stärken und die Gründung neuer kleiner Unternehmen zu fördern (Beschäftigungsplan, 1998, Ministerium für Arbeit und soziale Angelegenheiten). Die Maßnahmen umfassen die Senkung der Verwaltungskosten und der Steuerbelastung, die Verbreitung bester Verfahren, die Bereitstellung spezieller Dienste für technologische und Handelskooperationen sowie die Stärkung von unternehmerischen Projekten. Außerdem bestehen spezielle Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in Form von Geldpreisen für die Verbreitung bester Verfahren in der Unternehmensführung (Prinz-Felipe-Preis für hervorragende Leistungen von Unternehmen, 1998; Jungunternehmerpreis, dotiert vom Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, dem Ministerium für Industrie und Energie und dem Ministerium für Arbeit und soziale Angelegenheiten) sowie in den Bereichen Ausbildung/Dienstleistungen (REDEPYME, 1997) und zwischenbetriebliche Kooperation (Lateinamerikanische Unternehmenskooperation, 1998). Vereinigtes Königreich Im Jahr 1999 legte die britische Regierung KMU als prioritäre Zielgruppe ihres Plans, das Gesellschaftsrecht zu reformieren und deregulieren, fest und kündigte die Schaffung der „Small Business Services” (SBS) mit drei Zielsetzungen an: a) den KMU eine starke Stimme innerhalb der Regierung zu verleihen, b) die Kohärenz und Qualität der Unternehmensförderung zu verbessern und c) kleinen Unter- 301 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht nehmen im Bereich der Regulierung behilflich zu sein. Eine Arbeitsgruppe (Better Regulation Task Force) wurde 1997 bestellt, um die Rolle der KMU im Deregulierungsprozeß zu stärken, was u. a. zur Beseitigung von Einschränkungen im Sonntagsgeschäft und zur Veröffentlichung von Grundsätzen der Gestaltung staatlicher Regulierung führte. Im November 1997 wurde das „Direct Access”-Regierungsprogramm unter der Zuständigkeit der „Better Regulation Unit” des Cabinet Office initiiert und eine Internetsite mit einer Datenbank eingerichtet, um Unternehmer mit Informationen und technischer Hilfe bei der Erfüllung administrativer Anforderungen zu versorgen. Die Schaffung lokaler Partnerschaften als Gelegenheit für Kontakte zwischen örtlicher Verwaltung und Unternehmen wurde gefördert, und „Business Link”, das landesweite Netzwerk von Informationszentren, wird weiterhin von der Regierung unterstützt. Eine weitere Maßnahme führte zur Vereinheitlichung der Steuer- und Sozialversicherungsverwaltung ab 1999. In den Budgets für 1998 and 1999 kündigte die Regierung Steuervergünstigungen für KMU im Bereich der Gewinnsteuer, zeitliche Verschiebungen bestimmter Steuerzahlungen und Steuergutschriften für Investitionen in F&E an. Darüber hinaus verbesserte die Regierung die Zahlungssituation durch ein 1998 angenommenes Gesetz über den Verzug bei der Begleichung von Geschäftsschulden. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten können sich auf eine Bestimmung berufen, die sie in bezug auf verspätete Zahlungen vor Großunternehmen und dem öffentlichen Sektor schützt. Ein Vorschlag des Weißbuchs über Wettbewerb aus dem Jahr 1998 betraf die Schaffung eines aus einem nationalen und einem regionalen Teil bestehenden Unternehmensfonds, der den bestehenden Kreditgarantieplan für KMU (Loan Guarantee Scheme, LGS) sowie neue Initiativen unterstützen soll. Im Jahr 1998 wurde die Vereinheitlichung des Enterprise Investment Scheme (Unternehmensinvestitionsplan) und der Kapitalgewinnsteuer angekündigt, um so das Kapitalangebot für kleinere und risikoreichere Unternehmen zu verbessern. Im Februar 1999 wurde das National Business Angels Network (NBAN) geschaffen, um die Kontakte zwischen Business Angels und Unternehmen zu vereinfachen. Im Rahmen des Projektes Business Connect, das 1996 in Wales eingeführt wurde und von der Welsh Development Agency verwaltet wird, wurde ein Projekt namens „Xenos” gestartet, um Business Angels zu finden. Außerdem wurde der SMART-Plan 1997 wieder aufgelegt, um finanzielle Anreize für ausgewählte innovative Projekte zu bieten. Dieses Programm wird vom Ministerium für Handel und Industrie verwaltet. Das 1998 initiierte und vom Ministerium für Handel und Industrie durchgeführte Programm „University Challenge Fund” bietet Universitäten im Rahmen eines Wettbewerbs Geldpreise an, um es ihnen zu ermöglichen, eigene Gründungsfonds zur kommerziellen Verwertung innovativer Ideen einzurichten. Im Jahr 1999 wurde die Absicht angekündigt, alle Wirtschaftsförderungsaktivitäten von DTI und FCO im Rahmen einer neuen, gemeinsamen Aktion mit dem Titel „British Trade International„ zu verbinden. Einige Maßnahmen sollten Exporte kleiner, unerfahrener Unternehmen in westliche Märkte (Programm „Export 302 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Explorer”) fördern, die Absatzmöglichkeiten auf dem US-Markt für innovative Hersteller erhöhen (‘Export USA’), den Einsatz des Internet zur Entdeckung neuer Chancen und neuer Absatzmärkte verstärken („Internet Based Leads Service”), Handelsmissionen unterstützen und eine Sektor/Absatzgebiet-Matrix schaffen, damit KMU effiziente Strategien zur Wahrnehmung der Chancen im Ausland entwickeln können. Initiativen wurden gestartet, um den Zugang zu Informationen über und den Erfolg auf Auslandsmärkten zu verbessern. Im Jahr 1997 wurde eine Informationsund Beratungs-Site im Internet eingerichtet, die Informationen für KMU über Finanzierungsfragen und Technologie wie auch Export enthält. Das Programm „Information Society Initiative” (ISI), begonnen im Februar 1996 als Partnerschaft zwischen Industrie und Regierung, zielt darauf ab, das Wissen über und den Einsatz von Informationstechnologien durch die Unterstützung von Forschungsprojekten und Dienstleistungen für Unternehmen zu verbreiten. Ein Schlüsselelement sind dabei die lokalen Unterstützungszentren, ein Netzwerk für kleine Unternehmen, das ein Servicepaket anbietet (Beratung, Ausbildung usw.). Die ISI Interforum and Commerce Awards sind Preise für beste Verfahren im Einsatz des elektronischen Handels seitens kleiner Unternehmen. Im Bereich Innovation und Ausbildung ist etwa die Stiftung „National Endowment for Science Technology and the Arts” (NESTA) hervorzuheben, die jene unterstützt, die Mittel benötigen, um Geschäftsideen umzusetzen. Desweiteren fördert „Women Into Science and Technology” (WISE) die Chancengleichheit, und es wurden einige Finanzierungsprojekte, wie etwa das Programm „Investors in People”, eingerichtet, um die Ausbildung und Beschäftigung junger Menschen zu fördern. Außerdem sind die Finanzierung für laufende Ausbildungen in neuen Technologien zu nennen und ebenso die Einrichtung eines Preises zur Stimulierung des Austausches zwischen Universitäten und Unternehmen und die finanzielle Unterstützung für KMU, die in Berufsausbildung investieren. Wichtig sind auch die Koordinierung und Förderung von Gründerzentren in Form eines 1998 als Public-Private-Partnership initiierten Programms (UK Business Incubation Centre) sowie ein Programm für die Entwicklung möglicher Zukunftsszenarios als Orientierung für die strategischen Entscheidungen von KMU (Foresight Programme). Das Projekt „University for Industry” ist für das Jahr 2000 geplant und soll den Zugang zu Kursen und Ausbildungsprogrammen (auch für Telematik) erleichtern, damit Betriebsleiter und Unternehmen ihre Ausbildungsbedürfnisse und deren Deckung besser erkennen können. Das „Teaching Company Scheme” bietet über hochqualifizierte Mitarbeiter Zugang zu neuen Technologien für einen Zeitraum von zwei Jahren an. Im selben Rahmen wurde ein Programm initiiert, das den Technologietransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen stimulieren soll („College-Business Partnerships”). Ein Austauschprogramm (STEP, „Shell Technology Enterprise Programme”) zielt darauf ab, das Interesse von Studenten technischer Studienrichtungen an einer Arbeit in KMU zu steigern, indem sie angehalten werden, die Sommerferien für eine erste Erfahrung in diesem Bereich der Arbeitswelt zu nutzen. Darüber hinaus werden Neugründungen durch die Weitergabe von Kenntnissen der Unternehmensführung an junge Menschen gefördert („Young Enterprise Programme”). 303 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht 8.4 Schlußfolgerungen Die Tabellen 8.2, 8.3 und 8.4 wurden auf Grundlage der in den einzelnen Ländern durchgeführten Maßnahmen erstellt1 und fassen die am weitesten verbreiteten Zielsetzungen und politischen Instrumente zugunsten von KMU in den verschiedenen Ländern2 zusammen. Tabelle 8.2 Wesentliche Zielsetzungen und wichtigste Instrumente aktueller Entwicklungen in der KMU-Politik auf dem Gebiet des Unternehmensumfelds Zielsetzungen Instrumente Länder Vereinfachung und Reduktion administrativer Anforderungen an Unternehmen, insbesondere in bezug auf neue Anlagen und Dokumente Elektronische Abgabe von Erklärungen und vereinheitlichte Formulare und Dokumente A, CH, E, F, FIN, I, IS, P Vereinfachung der statistischen Berichtspflichten und von Verwaltungsdokumenten A, CH, D, DK, E, F, FIN, I, IRL, IS, L, NL, NO, P, S, UK „One-stop-shops” für die Abwicklung administrativer Angelegenheiten, insbesondere für neue Unternehmen E, F, I, L, P Bereitstellung von Informationen für Unternehmen, insbesondere betreffend administrative Erfordernisse „One-stop-shops” für Informationen, auch im Internet A, CH, D, DK, E, F, FIN, IRL, L, NO, P, UK Durchführung von Studien über administrative Belastungen, um politischen Entscheidungsträgern Verbesserungsvorschläge machen zu können Öffentliche Forschung über die Auswirkungen von Regulierungen auf KMU und Vorschläge zur Verbesserung der Regulierungssysteme B, CH, D, DK, E, FIN, IRL, L, NL, NO, P, S Senkung und Befreiung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben für KMU Gesetzesreform zur Vereinfachung des Steuer- und Sozialversicherungssystems E, F, FIN, I, IS, IRL, L, P, S Gesetzesreform zur Verringerung der Steuer- und Sozialversicherungslasten, insbesondere für Neugründungen A, B, CH, D, E, FIN, I, P, UK Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen Reorganisation und Zusammenführung von Ministerien, öffentlichen Einrichtungen und Behörden CH, F, FIN, I, IRL, NO, UK Milderung der Konsequenzen von Insolvenzen auf die berufliche Tätigkeit Reformen des Insolvenzrechtes, die es dem gescheiterten Unternehmer ermöglichen, ein neues Unternehmen zu gründen oder den Konkurs zu vermeiden A, B, D, NL, P Vereinfachung der Unternehmensübertragung Gesetzesreformen, Steuererleichterungen oder Anreize für die Übergabe von Unternehmen A, B, F, I Quelle: Quelle: ENSR, 1999. 1 Diese Tabellen berücksichtigen ausschließlich nationale und bundesweite politische Maßnahmen. Aus diesem Grund sind regionale Maßnahmen (zum Beispiel in Belgien jene im Bereich von Unterricht und Ausbildung, Arbeitslosigkeit, Innovation und Forschung) hier nicht enthalten. 2 In einigen Ländern wurden entsprechende Maßnahmen bereits vor Mitte 1997 eingeführt. Solche Maßnahmen werden deshalb hier nicht aufgeführt. 304 Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Tabelle 8.3 Wesentliche Zielsetzungen und wichtigste Instrumente aktueller Entwicklungen in der KMU-Politik auf den Gebieten des finanziellen Umfelds, der Internationalisierung und der Informationsdienste Zielsetzungen Instrumente Länder Finanzielles Umfeld Entwicklung innovativer Finanzierungsmechanismen für Gründung und Wachstum von KMU, insbesondere in den Bereichen Innovation und Kapitalbildung Gesetzliche Maßnahmen; Einrichtung von und Anreize für Risikokapital- und Gründungskapitalfonds oder Business Angels A, CH, D, DK, E, EL, F, FIN, IRL, IS, P, NO, S, UK Einrichtung von und Anreize für Mezzaninfinanzierungen, Konsortialkredite und -darlehen A, D, DK, E, F, FIN, I, L, NL, NO Programme der Garantieleistung für KMU-Verbindlichkeiten, Umschuldung und zur Senkung von Verbindlichkeiten A, B, CH, D, E, F, FIN, I, NL, UK Maßnahmen bei Zahlungsrückständen EL, I, IRL, UK Nationale Programme zur direkten Unterstützung von KMU Finanzielle Anreize für KMUInvestitionen A, B, D, E, EL, I, IRL, P, UK Institutionelle Reformen Schaffung von Aktienmärkten für nicht börsennotierte KMU A, B, DK Vereinfachter Zugang zu Krediten für KMU und Verbesserung ihrer Finanzierungsstruktur Internationalisierung und Informationsdienste Förderung der KMU-Präsenz auf ausländischen Märkten Incentive-Programme für Marktforschung und Beteiligung an Branchenmessen A, CH, D, DK, E, EL, I, IRL, L, NL, NO, UK Einrichtung nationaler, privater oder öffentlicher Agenturen zur Förderung des Außenhandels CH, EL, IRL, IS, NL, UK Finanzielle Anreize und technische Unterstützung, oft durch Marketingagenturen, bei der Suche nach ausländischen Partnern und Abschluß von Verträgen, joint ventures A, CH, D, DK, EL, F, I, IRL, L, NL, NO, P, UK Finanzielle Anreize für Direktinvestitionen im Ausland A, D, DK, E, F, FIN, I, IS, NL Verbreitung von Informationen von speziellem Interesse für KMU (Unternehmensführung, Handel, Finanzen usw.) Schaffung spezifischer Informationsstellen und Websites A, B, CH, D, E, F, FIN, S, IRL, L, NO, P, UK Aufwertung der organisatorischen Kapazität der Unternehmen zur Bearbeitung ausländischer Märkte Ausbildungsprogramme für Führungskräfte, Beschäftigte oder Unternehmer A, B, D, DK, E, I, IRL, L, NL, NO, P Unterstützung internationaler Kooperationsaktivitäten und Schaffung größerer Netzwerke für nationale KMU Quelle: ENSR, 1999. 305 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 8.4 Wesentliche Zielsetzungen und wichtigste Instrumente aktueller Entwicklungen in der KMU-Politik auf den Gebieten F&E, Beschäftigung und Ausbildung, Förderung des Unternehmergeists und der Unternehmerkultur Zielsetzungen Instrumente Länder Verbesserter Zugang zu F&E; Beschäftigung und Ausbildung Gründung hochinnovativer neuer KMU Einrichtung von Gründerzentren CH, DK, F, FIN, I, IS, NL, UK Finanzierungsinstrumente für die CH, D, DK, F, FIN, Schaffung von hochtechnologischen IS, L, NL, S und hochproduktiven Branchen (Gründungskapital, Risikokapital) Unterstützung bestehender KMU im Betreiben von F&E oder in der Aufnahme von Innovationen von außen Verbesserung des nationalen Forschungssystems zur Verbreitung technologischer Innovationen, u. a. an KMU Verbesserung des Verhältnisses zwischen Qualifikation und Humankapitalkosten in KMU Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Arbeitslose, insbesondere zu KMU 306 Kooperationsprogramme zwischen KMU und öffentlichen Forschungszentren oder zwischen mehreren KMU A, CH, D, DK, E, EL, F, FIN, IS, L, NL, NO, P, S, UK Finanzielle und steuerliche Anreize für innovative Investitionen oder Umsetzung von Systemen zur Qualitätszertifizierung A, D, DK, E, EL, F, I, IRL, L, UK, Innovationsprogramme des öffentlichen Sektors für bestimmte Bereiche (IT und Internet, elektronischer Handel, Biotechnologie) A, CH, F, I, NO, P Incentive-Programme für die kommerzielle Verwertung öffentlicher Forschungen A, D, F, UK Schaffung neuer Forschungs- und Technologietransferstrukturen oder Stärkung der Leistungsfähigkeit bestehender Strukturen A, E, FIN, I, IRL, IS, L Förderungsaktivitäten, Ausbildung oder Beratungsprogramme für die Diffusion neuer Technologien A, CH, D, DK, FIN, I, IRL, IS, L, NL, P, UK Berufsausbildungsprogramme zur Deckung der Unternehmensbedürfnisse B, CH, D, E, EL, F, FIN, I, IRL, IS, L, NO, UK Senkung der Kosten für die Einstellung von Auszubildenden und jungen Universitätsabgängern A, CH, D, E, F, I, NL, P, UK Senkung der Kosten für die Einstellung von wissenschaftlichem Personal oder qualifizierten Führungskräften B, D, DK, I Modifizierung der nationalen Arbeitsmärkte, um größere Flexibilität zu sichern A, B, E, EL, F, FIN, I, IS, L, P, S Anreize für die Beschäftigung Arbeitsloser B, D, E, F, FIN, L, P, S Neue Entwicklungen in der KMU-Politik Zeilsetzungen Instrumente Länder Förderung des Unternehmergeists und der Unternehmerkultur Weiterentwicklung des Trends zur Selbständigkeit, insbesondere unter jungen Menschen und in gesellschaftlichen Bereichen, die am stärksten von der Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt bedroht sind Erhöhung des Wissensstandes betreffend Unternehmensführung und Arbeitnehmer, teilweise für zukünftige Anstellung in Unternehmen Anreize für die Gründung neuer Unternehmen durch junge Menschen, Frauen und Arbeitslose B, D, DK, E, F, I, IS, L, NL Kurse für angehende Selbständige A, CH, D, E, EL, FIN, I, P, S, UK Kurse zu betriebswirtschaftlichen Themen, Praktika und Unternehmensplanspiele für Studenten B, CH, DK, FIN, I Quelle: ENSR, 1999. Die Lösungen für vergleichbare Probleme sind oft ähnlich, wenn auch mit spezifisch nationalen Merkmalen, und reichen von Informationsinstrumenten, Rationalisierung der Beziehungen zwischen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, Erhöhung der technologischen und Innovationsfähigkeit kleinerer Unternehmen (teilweise zusammen mit öffentlichen Forschungseinrichtungen), Ausbildung und Aufwertung der Humanressourcen bis zu innovativen Finanzinstrumenten für die Entwicklung der KMU. Die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen für die Produktion und die Schaffung von Arbeitsplätzen ist für die europäischen Volkswirtschaften so groß, daß zahlreiche Maßnahmen, die das Wachstum der KMU fördern sollen, zu tiefgreifenden Veränderungen in den Systemen im allgemeinen führen: Strukturreform der öffentlichen Verwaltung, der nationalen Arbeitsmärkte sowie des Unterrichts-, Berufsausbildungs- und Forschungswesens. 307 TEIL IV SPEZIALTHEMEN 309 9 Berufliche Bildung und KMU Koordination: IKEI, Instituto Vasco de Estudios e Investigación DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Politische Entscheidungsträger, Arbeitgeber und Arbeitnehmer widmen der lebensbegleitenden allgemeinen und beruflichen Bildung besondere Aufmerksamkeit. Der Erfolg der europäischen Wirtschaft hängt aufgrund der neuen Herausforderungen durch den Wettbewerb in einer globalen Wirtschaft, der Entwicklung der Informationsgesellschaft sowie des unaufhaltsamen wissenschaftlichen und technischen Fortschritts immer stärker von der Steigerung der Qualifikation ihrer Arbeitskräfte ab. • Die berufliche Weiterbildung (BWB) umfaßt alle Formen der nach der Erstausbildung empfangenen Ausbildung und des lebensbegleitenden Lernens, die Berufstätige entweder auf eigene Initiative oder auf Initiative eines Unternehmens in Anspruch nehmen. Die Bereitstellung von beruflicher Weiterbildung hängt direkt mit der Unternehmensgröße zusammen. Demnach wächst der Anteil der Unternehmen, die ihren Beschäftigten Weiterbildung anbieten, mit der Größe der Betriebe. Dieser Einfluß der Unternehmensgröße, der durch zahlreiche nationale und europäische Studien belegt wird, bezieht sich auch auf die Art der Weiterbildung selbst, wobei sich zeigt, daß formell organisierte Weiterbildungsprogramme um so häufiger durchgeführt werden, je größer das betreffende Unternehmen ist. • Trotz dieses Effekts der Unternehmensgröße zeigt sich, daß die Aufwendungen für Weiterbildung, ausgedrückt in Prozent der gesamten Lohnkosten, in allen Unternehmensgrößen ähnlich ist; die einzige Ausnahme stellen die Unternehmen ohne Beschäftigte dar. In jedem Fall hängt die Wirksamkeit von Investitionen in berufliche Weiterbildung nicht nur von der Menge der dafür bereitgestellten Ressourcen, sondern auch von anderen Faktoren, wie etwa einer gut durchdachten und umgesetzten allgemeinen Unternehmensstrategie oder einer kohärenten Weiterbildungspolitik ab. • Berufliche Weiterbildung in KMU ist oft insofern informeller Art, als es sich um interne Aktivitäten handelt, die von Beschäftigen des Unternehmens selbst durchgeführt werden. KMU nehmen den externen Weiterbildungsmarkt dann in Anspruch, wenn es darum geht, spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die im Unternehmen nicht verfügbar sind. • KMU sind eher an speziell auf sie zugeschnittenen, genau den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechenden, Kursen interessiert als an allgemeinen Veranstaltungen. Allerdings sind solche speziellen Kurse verhältnismäßig teurer und werden daher von KMU, insbesondere von sehr kleinen Unternehmen, nicht als erste Option betrachtet. • Die von Arbeitgebern (Interessen des Unternehmens) und Arbeitnehmern (berufliche Mobilität, höhere Löhne) in der Weiterbildung verfolgten Zielsetzungen sind oft sehr unterschiedlich. Dieser Konflikt stellt eine wesentliche Barriere für die Finanzierung von Weiterbildungsaktivitäten durch das Unternehmen dar. 311 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht • KMU – insbesondere sehr kleine Unternehmen – sind durch spezifische interne Barrieren behindert, die es ihnen erschweren, Weiterbildungsaktivitäten zu entwickeln. Zu diesen internen Barrieren zählen die durch die Abwesenheit der Arbeitnehmer während der Weiterbildung verursachten hohen Belastungen, „mentale Widerstände” bei den KMU-Führungskräften, ein Mangel an Professionalität sowie Probleme bei der Erkennung und Definition der tatsächlichen Weiterbildungsbedürfnisse. • Diese Schwierigkeiten hängen mit dem Umstand zusammen, daß KMU sehr häufig die Weiterbildung eher als Kostenpunkt denn als Investition betrachten, was sich vor allem aus der Tatsache ergibt, daß die Zusammenhänge zwischen Weiterbildung und Leistung insbesondere kurzfristig schwer zu messen und zu erkennen sind. Die Weiterbildung ist eine Aktivität, die eine langfristige Perspektive und soziale Verantwortung erfordert. • Darüber hinaus sind mehrere externe Hindernisse auszumachen, die die Durchführung von beruflicher Weiterbildung in KMU erschweren und einschränken. Zu diesen Hindernissen zählen die hohen direkten und indirekten Kosten der Weiterbildung, Belastungen durch administrative Anforderungen sowie ein Mangel an Transparenz hinsichtlich eines Großteils des europäischen Weiterbildungsmarktes. • Externe finanzielle Unterstützung für die Weiterbildung wird als um so entscheidender betrachtet, je kleiner das betreffende Unternehmen ist. • Unabhängig von der Unternehmensgröße steht die Teilnahme an externer beruflicher Weiterbildung in direktem Zusammenhang mit dem bereits erreichten Bildungsgrad der Beschäftigten. • Die Weiterbildung von KMU-Führungskräften muß deren jeweiligen persönlichen Bedürfnisse entsprechen, um attraktiv zu sein. Daher nehmen KMU-Führungskräfte nur dann an Weiterbildungsmaßnahmen teil, wenn sie sich konkreten Problemen gegenübersehen. Eine weitere Voraussetzung ist, daß die erworbenen Kenntnisse und Ergebnisse schnell in der täglichen Arbeit umgesetzt werden können. • Führungskräfte in KMU ziehen meist andere Methoden als formelle Weiterbildungsaktivitäten vor, um Kenntnisse und Kompetenzen zu erwerben, z. B. die Inanspruchnahme externer Beratung, Vernetzung, Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften oder Unternehmervereinigungen. • Die meisten KMU-Führungskräfte sehen sich bei der Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen Problemen gegenüber, die sich aus dem Delegieren von Aufgaben und aufgrund von Zeitmangel ergeben, da sie nicht zu lange vom Unternehmen abwesend sein können. Außerdem sind die meisten KMUFührungskräfte unsicher über den Fortgang der Geschäfte und wollen sich daher nicht schon Monate im voraus für Weiterbildungsveranstaltungen anmelden. Diese Schwierigkeiten schaffen einen klaren Bedarf nach kurzen und flexiblen Kursen. Im Vergleich zu anderen Fragen wie Ort, Dauer oder Inhalt des betreffenden Lehrgangs scheinen die damit verbundenen Kosten ein weniger bedeutsames Hindernis für die Weiterbildung von KMU-Managern zu sein. • Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eröffnen interessante Perspektiven im Bereich des lebensbegleitenden Lernens. Trotz dieser Möglichkeiten legen die wenigen verfügbaren empirischen Daten den Schluß nahe, daß KMU diese IKT derzeit nur sehr begrenzt für Weiterbildungszwecke einsetzen. Hier stellen die allgemein geringe Nutzung von IKT durch KMU, die geringe Geschwindigkeit der Kommunikation, die hohen IKT-Kosten, die Schwierigkeiten in der Unterscheidung zwischen den unzähligen Anbietern, der häufige Wandel der Technologien und schließlich der Mangel an Kenntnissen Hindernisse für die erfolgreiche Nutzung des vollen IKT-Potentials dar. 312 Berufliche Bildung und KMU • Die politischen Akteure in Europa widmen der Frage der beruflichen Weiterbildung in Unternehmen immer größere Aufmerksamkeit, vor allem durch die Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung von Weiterbildungsaktivitäten für Arbeitnehmer. Dennoch kann gesagt werden, daß diese Unterstützungsprogramme die spezifischen Bedürfnisse von KMU in bezug auf berufliche Weiterbildung nicht ausreichend berücksichtigen, weshalb die Unternehmen keinen uneingeschränkten Nutzen daraus ziehen. 9.1 Einleitung Investitionen in Humankapital werden heute in Europa als eines der wichtigsten Mittel betrachtet, um die Herausforderungen durch den Wettbewerb in einer globalen Wirtschaft, die Entwicklung der Informationsgesellschaft und den unaufhaltsamen wissenschaftlichen und technischen Fortschritt erfolgreich meistern zu können1. Einerseits führt das Anwachsen der wissenschaftlichen Kenntnisse im allgemeinen und ihre Anwendung in der Produktionstechnologie im besonderen zu einem radikalen Wandel im Wesen der Arbeits- und Produktionsorganisation. Andererseits übt die Beseitigung der Grenzen nicht nur im Handel und auf den Finanzmärkten, sondern auch zwischen den Arbeitsmärkten immer größeren Druck auf das „Europäische Sozialmodell” aus. Diese Entwicklungen führen zu einer zunehmenden Bedeutung des menschlichen Faktors sowie zu einer stärkeren Abhängigkeit des Erfolgs der europäischen Wirtschaft von der Qualifikation ihrer Arbeitskräfte2. Die europäische Strategie der Produktion von qualitativ hochwertigen und wertschöpfungsintensiven Waren und Dienstleistungen mit Hilfe von Produkt- und Verfahrensinnovationen, hoher Arbeitsproduktivität und hoher Löhne, kann nur durch die ständige Weiterentwicklung bestens ausgebildeter und geschulter Arbeitskräfte aufrechterhalten werden. Nach der Europäischen Kommission „kann eine Hochlohnpolitik nur erfolgreich sein, wenn Möglichkeiten zur Reproduktion und ständigen Erhöhung der Qualifikation der Arbeitskräfte gegeben sind”3. Vom Standpunkt der Arbeitnehmer wird die Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten nicht nur als Basis für neue Arbeits- und Karrieremöglichkeiten betrachtet, sondern auch als hervorragende Absicherung gegen den Verlust des Arbeitsplatzes. Einige Autoren sind der Ansicht, daß in Europa Arbeitslosigkeit vor allem für jene Personen ein Problem darstellt, die nicht über die vom Arbeitsmarkt und der neuen „Wissensgesellschaft” geforderten Qualifikationen oder Kenntnisse verfügen4. In der Vergangenheit wurden allgemeine und berufliche Bildung als fixe Grundausstattung betrachtet, die im späteren Leben keiner Ergänzung mehr bedarf. Dieses Bild der allgemeinen und beruflichen Bildung hat sich jedoch geändert in Richtung einer Neudefinition der Ausbildung als lebensbegleitender Prozeß5. Nach 1 Europäische Kommission, Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung, Brüssel, November 1995. 2 Einige Autoren haben dieses neue Modell als „Wissensgesellschaft” bezeichnet, in der die Vermehrung von Wohlstand an die Produktion und Verbreitung von Wissen gebunden ist. 3 Europäische Kommission, GD III, Panorama der EU-Industrie 95/96, Brüssel, 1995, S. 92. 4 Münk, D., Lipsmeier, A., Objectives, Realisation and Organisation of Continuing Vocational Education and Training (Zielsetzungen, Umsetzung und Organisation von beruflicher Aus- und Weiterbildung), in: CEDEFOP, Vocational Education and Training - The European Research Field, Background Report, Thessaloniki, 1998, S. 53. 5 O’Connell, P. J., Adults in Training: An International Comparison of Continuing Education and Training (Erwachsene in der Weiterbildung: Ein internationaler Vergleich der Ausund Weiterbildung), OECD, Paris, 1999 [Ref. CERI/WD(99)1]. 313 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Meinung der UNESCO führen die schnellen Veränderungen in der Produktion und deren Organisation zu einem schnellen Verfall des erworbenen Wissens und zu starken Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt. Nach Schätzungen der UNESCO werden heutzutage 80 % des Wissenstandes einer Person binnen eines Jahrzehnts obsolet, wodurch beispielsweise ein junger Akademiker gezwungen wäre, den Inhalt seiner beruflichen Tätigkeit bis zu siebenmal im Laufe seines Lebens zu verändern1. Darüber hinaus zeigt Kapitel 3 dieses Berichts, daß neue Arbeitsplätze eher in wissens- und kenntnisintensiven Berufsfeldern des Dienstleistungs- und Produktionssektors entstehen. Diese Tätigkeiten verlangen aber nach hohen Qualifikationen und entsprechenden Kenntnissen. In Anbetracht dieser Entwicklungen ist es nicht verwunderlich, daß politische Entscheidungsträger auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene den Fragen der lebensbegleitenden allgemeinen und beruflichen Bildung immer mehr Aufmerksamkeit schenken. Folglich wurde das Ziel des lebensbegleitenden Lernens und der lebensbegleitenden Bildung ausdrücklich in den Amsterdamer Vertrag aufgenommen, was die Entschlossenheit der Union widerspiegelt, durch breiten Zugang zur Bildung und deren ständiger Aktualisierung das höchstmögliche Ausbildungsniveau der Bürger Europas zu fördern. Außerdem enthalten die Beschäftigungspolitischen Leitlinien für das Jahr 1998 eine Reihe von Empfehlungen, die die Förderung und Stärkung der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen betreffen. Darin werden verschiedene Wege zur Erneuerung von Qualifikationen innerhalb von Unternehmen vorgeschlagen, wie etwa die Beseitigung steuerlicher und anderer Hemmnisse, welche eine Steigerung der Investitionen in Humanressourcen und unternehmensinterne Weiterbildung behindern2. In unserer modernen Gesellschaft können Investitionen in Humankapital üblicherweise drei Formen annehmen. Die Hauptinvestition findet durch das formelle Ausbildungsssystem eines Landes statt, das den wichtigsten Weg zum Erwerb grundlegender analytischer und strategischer Fähigkeiten für Leben und Arbeit darstellt3. Der zweite Weg besteht in der Weiterbildung nach Durchlaufen des vorgenannten Ausbildungssystems. Diese Art der Bildung dient im wesentlichen als Instrument für die Anpassung der vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnisse an die sich verändernden Erfordernisse des Produktionssystems. Die dritte Form stellt schließlich die praktische Weiterbildung am Arbeitsplatz dar, also die in der täglichen Arbeitspraxis erworbenen beruflichen Erfahrungen. Vor dem Hintergrund dieses konzeptionellen Rahmens konzentriert sich dieses Kapitel vor allem auf das Thema der beruflichen Weiterbildung (BWB) in KMU. Der hier verwendete Begriff der beruflichen Weiterbildung umfaßt alle Formen der nach der allgemeinen Ausbildung empfangenen Weiterbildung und des lebensbegleitenden Lernens (in organisierter und nicht-organisierter Form, im Rahmen 1 UNEVOC, Vocational Education and Training in Europe on the Threshold of the 21st Century (Berufliche Aus- und Weiterbildung in Europa an der Schwelle zum 21. Jahrhundert), UNESCO, Berlin, 1999. 2 Dieser Vorschlag entspricht weitgehend den Schlußfolgerungen des Weißbuches zur allgemeinen und beruflichen Bildung, das die Gleichstellung von materiellen Investitionen und Investitionen in die Weiterbildung empfiehlt. 3 In diesem Sinne ist ein Blick auf die Unterschiede zwischen den Ländern in bezug auf den Humankapitalstock – gemessen am erreichten Bildungsniveau oder direkt durch die Erwachsenenalphabetisierung – sehr aufschlußreich. Für eine weitergehende Diskussion dieses Themas auf europäischer Ebene siehe Europäische Kommission, Beschäftigung in Europa 1998, Teil 1, Abschnitt 5, Brüssel, 1999, sowie für einen internationalen Vergleich: OECD, Human Capital Investment: An International Comparison (Investitionen in Humankapital: Ein internationaler Vergleich), Paris, 1998. 314 Berufliche Bildung und KMU einer Schule oder am Arbeitsplatz), welche in Unternehmen1 beschäftigte Personen entweder auf eigene Initiative oder auf Initiative des Unternehmens hin in Anspruch nehmen2. Diese Abgrenzung impliziert, daß andere zentrale, die Berufsausbildung betreffende Fragen auf der politischen Tagesordnung Europas wie z. B. die Ausbildung Langzeitarbeitsloser, die Beschäftigung Jugendlicher, Ungleichgewichte zwischen den Geschlechtern, der Übergang von der Schule zum Berufsleben, etc. in diesem Kapitel nicht behandelt werden3. 9.2 Weiterbildungsaktivitäten für Arbeitnehmer in KMU In diesem Abschnitt werden die Aktivitäten beruflicher Weiterbildung für Beschäftigte in europäischen KMU behandelt, ungeachtet der Funktion der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens. Es werden verschiedene Themen angesprochen wie etwa der Entwicklungsstand von beruflicher Weiterbildung in KMU (Prozentsatz der im Bereich BWB aktiven Unternehmen; die Art der angebotenen Weiterbildung; Art des Personals, das ausgebildet wird; eingesetzte Ressourcen). Diese Ergebnisse werden durch einen Überblick über die wesentlichen Charakteristika der Weiterbildungsaktivitäten (formell/informell, maßgeschneiderte/allgemeine Veranstaltungen, hauptsächliche Anbieter, etc.) sowie eine Zusammenschau der wichtigsten Anreize und Barrieren, welche berufliche Weiterbildung in den europäischen KMU fördern bzw. behindern, vervollständigt. Diese Informationen werden (soweit möglich) nach Unternehmensgröße differenziert dargestellt. 9.2.1 Aktivitäten beruflicher Weiterbildung in KMU Es gibt empirische Evidenz für einen deutlichen Größeneffekt in bezug auf die berufliche Weiterbildung, und zwar in dem Sinn, daß das Ausmaß der Weiterbildung in kleinen Unternehmen geringer ist als in großen Unternehmen. Dieses, durch die Literatur auf nationaler wie internationaler Ebene bestätigte, Ergebnis unterstreicht das Vorliegen spezifischer, unternehmensinterner wie -externer, größenbedingter Probleme, die die Ursache für die eher begrenzten Weiterbildungsaktivitäten in KMU darstellen. In der Folge werden detaillierte Ergebnisse aus dem ENSR Enterprise Survey 19994, der die aktuellsten vergleichbaren Daten zu diesem Thema liefert, präsentiert. Wie der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigt, steigt die Wahrscheinlichkeit, daß innerhalb eines KMU Maßnahmen beruflicher Weiterbildung für die Mitarbeiter durchgeführt werden mit der Größe des Unternehmens (siehe Abbildung 9.1). Etwa 30 % der europäischen KMU waren 1998 in Weiterbildungsaktivitäten für ihre Beschäftigten engagiert, wobei dieser Prozentsatz von 19 % für Unternehmen ohne Beschäftigte, 38 % für Kleinstunternehmen, 63 % für kleine Unternehmen bis 79 % für mittlere Unternehmen reicht. 1 Im Rahmen dieses Kapitels sind damit KMU gemeint. Diese Definition entspricht weitgehend der Definition der Europäischen Kommission. Für eine weitergehende Diskussion siehe: Europäische Kommission, Bericht über den Zugang zur beruflichen Weiterbildung (Empfehlung des Rates vom 30. Juni 1993), KOM(97) 180 endg., Brüssel, 1997. 3 Das Thema Ausbildung und Humankapital wurde teilweise bereits in Kapitel 5, „Beschäftigung und Humankapital” des Zweiten Jahresberichts des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU behandelt. Außerdem finden sich auch in Kapitel 3 dieses Sechsten Berichts Bezugnahmen zum Thema der beruflichen Weiterbildung. 4 Eine ausführliche methodische Erläuterung zu dieser Erhebung findet sich in Anhang I dieses Berichts: Die Erstellung und Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999. 2 315 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 9.1 Anteil der KMU, die 1998 berufliche Weiterbildung für ihre Beschäftigten anboten, nach Unternehmensgröße, in Prozent, Europa-19 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Unternehmen ohne Beschäftigte Quelle: Kleinstuntemehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen ENSR Enterprise Survey 1999. Dieser Einfluß der Unternehmensgröße wird auch durch andere europaweite Studien zu diesem Thema bestätigt. Eine Erhebung von Eurostat1 zeigt, daß der Anteil der Unternehmen, die ihren Beschäftigen Weiterbildung anbieten, von 52 % bei kleinen Unternehmen kontinuierlich bis auf nahezu 100 % bei den größten Unternehmen steigt. Eine Leonardo-Erhebung2 unter KMU kommt zu dem Ergebnis, daß 56 % der europäischen KMU berufliche Weiterbildung für ihre Beschäftigten anbieten, wobei dieser Prozentsatz von 27 % bei Kleinstunternehmen auf 56 % bzw. 84 % bei kleinen und mittleren Unternehmen ansteigt. Beide Studien zeigen auch, daß der Anteil der an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilnehmenden Beschäftigten unmittelbar mit der Unternehmensgröße zusammenhängt. So zeigt beispielsweise die Untersuchung von Eurostat, daß der Prozentsatz der Beschäftigten, die an BWB-Veranstaltungen teilnehmen, von 13 % bei kleinen Unternehmen auf bis zu 43 % bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ansteigt. Dieser Einfluß der Unternehmensgröße wird auch durch zahlreiche empirische Studien auf nationaler Ebene bestätigt (siehe Tabelle 9.1). 1 Eurostat, Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen 1994 (CVTS), Luxemburg, 1994. Diese Erhebung wurde auf Basis einer repräsentativen Stichprobe von Unternehmen mit 10 oder mehr Beschäftigen durchgeführt. 2 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. Diese Erhebung wurde unter 840 KMU in 11 europäischen Ländern durchgeführt. Unternehmen ohne Beschäftigte wurden nicht berücksichtigt. 316 Berufliche Bildung und KMU Tableau 9.1 Entwicklung beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in KMU: Zusammenfassung von Ergebnissen aktueller nationaler Erhebungen und Untersuchungen, die nach Unternehmensgröße differenzierte Informationen enthalten Land und Quelle Hauptergebnisse Dänemark Institut für Konjunktur-Analyse, „Det danske kursusmarked. Kompetenceudvikling i dansk erhvervsliv 1999” (The Danish Market for Courses and Conferences. Competence Development in Danish Businesses 1999), Copenhagen, March 1999. Der Prozentsatz der für berufliche Weiterbildung aufgewendeten Lohnkosten nimmt mit der Unternehmensgröße zu. Kleine Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten gaben 1998 großteils höchstens 6 700 Euro für Kurse und berufliche Weiterbildung aus, während Unternehmen mit 20-99 Beschäftigten meist bis zu 13 400 Euro aufwendeten. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten hatten Ausgaben von über 671 800 Euro. Die Beteiligung an Kursen und BWB nimmt allgemein in allen Beschäftigtenkategorien mit der Unternehmensgröße zu, wobei Angestellte grundsätzlich jene Beschäftigtengruppe sind, die in allen Unternehmensgrößen am häufigsten an beruflicher Weiterbildung teilnimmt. Deutschland Düll, H., Bellmann, L., Betriebliche Weiterbildungsaktivitäten in Westund Ostdeutschland, in: Mitteilungen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1998, Nürnberg, 1998. Der Anteil der Unternehmen, die berufliche Weiterbildung anbieten, hängt unmittelbar mit ihrer Größe zusammen und reicht von 32 % bzw. 67 % bei Kleinstunternehmen und kleinen Unternehmen bis zu 93 % bei Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten (Daten für Westdeutschland). Finnland Blomqvist, I., Niemi, H., u. Ruuskanen T., Adult Education Survey 1995. Participation in Adult Education and Training in Finland (Erhebung zur Erwachsenenbildung 1995. Beteiligung an Aus- und Weiterbildung für Erwachsene in Finnland), Education 1998/8, Statistics Finland, Helsinki: Edita Oy, 1998. Je größer ein Unternehmen ist, desto größer ist der Anteil der Beschäftigten, die an vom Arbeitgeber finanzierten Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. In Unternehmen mit 500 oder mehr Beschäftigten nehmen die Mitarbeiter fast doppelt so oft an Weiterbildungsmaßnahmen teil als in Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten. Frankreich AGEFOS-PME, Perspectives 99. L’emploi et la formation dans les PME (Perspektiven 1999. Beschäftigung und Weiterbildung in KMU), Paris, 1998. In größeren Unternehmen sind Weiterbildungsprogramme stärker verbreitet als in kleinen Unternehmen. Für französische KMU sind elektronische Datenverarbeitung (EDV) und technische Bereiche die häufigsten Weiterbildungsgebiete. Frankreich CEREQ, Les très petites entreprises. Pratiques et représentations de la formation continue (Kleinstunternehmen: Methoden und Darstellungen in der beruflichen Weiterbildung), Cereq Bref, Marseille, September 1996. Unabhängig von der Stellung der Beschäftigten nehmen der Weiterbildungsaufwand und die Beteiligung an beruflicher Weiterbildung mit der Unternehmensgröße zu. Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten fallen nicht mehr unter eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung (siehe Abschnitt 9.5). Irland Fox, R., Company Training in Ireland 1993 (Betriebliche Weiterbildung in Irland 1993), Dublin FAS, 1995. Die Studie enthält Schätzungen über das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten in 7 600 Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern, wobei diese Unternehmen insgesamt 496 000 Personen beschäftigen. Das wichtigste Ergebnis in bezug auf die Unternehmensgröße ist darin zu sehen, daß kleine Unternehmen häufiger extern durchgeführte Weiterbildungskurse in Anspruch nehmen, während für größere Unternehmen das Gegenteil gilt. Fortsetzung 317 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Fortsetzung Land und Quelle Hauptergebnisse Island Universität Island, The Situation of Vocational Training in Iceland (Zur Lage der beruflichen Bildung in Island), Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften, Reykjavik, April 1999. Weiterbildungsmaßnahmen sind in größeren Unternehmen häufiger als in kleineren. So erhielten in Kleinstunternehmen 30,1 % der Beschäftigten Schulungen mit Bezug zu ihrer Tätigkeit, während der entsprechende Prozentsatz bei kleinen Unternehmen 41,8 %, bei mittleren Unternehmen 43,5 % und bei Großunternehmen 55,6 % betrug. Niederlande Statistics Netherlands, Bedrijfsopleidingen 1993 (Betriebliche Weiterbildung 1993), Voorburg/Heerlen, 1995. Der Anteil der geschulten Beschäftigten nimmt mit der Unternehmensgröße zu und reicht von 10 % bei Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten bis zu 30 % bei Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten. Die Weiterbildungskurse verteilen sich gleichmäßig auf Veranstaltungen über allgemeine Unternehmensführung und Kurse mit einer spezifischeren Orientierung auf die vom jeweiligen Unternehmen angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Norwegen NOU Ny kompetanse, Grunnlaget for en helhetlig etter- og videreutdanningspolitikk. (Offizieller Norwegischer Bericht 1997:25, Neue Kompetenz. Grundlage für eine ganzheitliche Politik der Fort- und Weiterbildung), Oslo, 1997:25. Die Gruppe der Unternehmen ohne Weiterbildungsmaßnahmen wird von kleinen Unternehmen (<50 Beschäftigte) dominiert. Formell organisierte Weiterbildungsprogramme nehmen mit der Unternehmensgröße zu. Externe Schulungen, die aufgrund der Nachfrage der Beschäftigen durchgeführt werden, sind um so häufiger, je kleiner das Unternehmen ist. Österreich Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen IBW, Erhebung zur Weiterbildungsteil- Unternehmensgröße und betrieblicher Weiterbilnahme, Wien, 1997. dung. So führen 61,5 % der Unternehmen mit weniger als 6 Beschäftigten zumindest eine Weiterbildungsmaßnahme durch, während dieser Prozentsatz bei Unternehmen mit 30 bis 99 Beschäftigten auf fast 98 % steigt (über 99 Beschäftigte: 100 %). Portugal Ministério para a Qualificação e Emprego Departamento de Estatística, Inquérito ao Impacto das Acções de Formação Profissional nas Empresas – 1994/1996 (Erhebung über die Auswirkungen beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen – 1994/1996), Lissabon, 1999. Der Anteil portugiesischer Unternehmen, die im Bereich der Weiterbildung aktiv sind, hängt unmittelbar mit der Unternehmensgröße zusammen. Je größer die Unternehmen sind, desto höher ist dieser Anteil. Ein Vergleich für den Zeitraum 1994-1996 zeigt, daß der Anteil der in BWB aktiven Unternehmen in allen Größenklassen und insbesondere unter den größten Unternehmen zugenommen hat. Beschäftigte großer Unternehmen erhalten sowohl Schweden Statistics Sweden’s Survey (Erhebung von in bezug auf den Zeitaufwand als auch in bezug auf den Anteil der beteiligten Mitarbeiter mehr WeiterStatistics Sweden), Stockholm, 1998. bildung als ihre Kollegen in kleinen Unternehmen. So erhalten in Kleinstunternehmen 19 % der Belegschaft Weiterbildung, wobei diese Betriebe dafür 0,9 % der gesamten Arbeitszeit aufwenden. Bei größeren Unternehmen steigen diese Prozentsätze auf 40 % bzw. mehr als 3 %. Große Unternehmen sehen auch längere Zeiträume für Schulungen vor. Fortsetzung 318 Berufliche Bildung und KMU Fortsetzung Land und Quelle Hauptergebnisse Schweiz Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger, 1998. Diese unter 1 256 Schweizer Betrieben der Sachgütererzeugung durchgeführte Umfrage zeigt, daß 71 % der Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten in berufliche Weiterbildung investieren. In der Größenklasse von 20-99 Beschäftigten steigt dieser Anteil auf 89 %, während alle Unternehmen mit mehr als 99 Beschäftigten BWB-Aktivitäten für ihre Arbeitnehmer fördern oder durchführen. Spanien CEOE-CEIM, Necesidades de Formación en las Empresas (Weiterbildungsbedarf in Unternehmen), Madrid, 1996. Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Weiterbildungsaktivitäten. Allerdings wenden spanische, in BWB aktive Kleinunternehmen im Durchschnitt mehr Stunden pro Person für solche Aktivitäten auf als dies größere Unternehmen tun. Vereinigtes Königreich Cosh, A., and Hughes, A., Growth, Innovation and Public Policy in the Small and Medium Sized Enterprise Sector 19941997 (Wachstum, Innovation und Wirtschaftspolitik in kleinen und mittleren Unternehmen 1994-1997), ESRC Centre for Business Research, Cambridge, 1998. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und dem Anteil der Firmen, die ihren Beschäftigten Zugang zu Weiterbildung ermöglichen. Ältere, innovative und wachsende Unternehmen bieten eher Schulungen an als junge, nicht-innovative und stagnierende/schrumpfende Betriebe. Die Aufwendungen von Kleinstunternehmen für Weiterbildung liegen - verglichen mit jenen von kleinen und mittleren Unternehmen häufiger unter 1 % und relativ seltener im Bereich zwischen 1 % und 3 % der gesamten Personalkosten. Aufwendungen von mehr als 3 % sind allerdings bei Kleinstunternehmen gleich häufig anzutreffen wie bei größeren KMU. Die Inanspruchnahme aller Arten von Weiterbildungsanbietern nimmt mit der Unternehmensgröße zu. Quelle: Durch das ENSR recherchierte Studien, Auswertung durch IKEI. Dieser Einfluß der Unternehmensgröße scheint auch für die Erklärung der unterschiedlichen Methoden der beruflichen Weiterbildung in europäischen KMU relevant zu sein. Gemäß der Ergebnisse des ENSR Enterprise Survey 1999 verfügt ein bedeutender Teil der in BWB aktiven europäischen KMU über schriftliche Weiterbildungspläne (39 %), demgegenüber erfolgt die Weiterbildung in 33 % bzw. 26 % der Unternehmen ohne formellen Weiterbildungsplan auf Initiative der Mitarbeiter bzw. des Unternehmens1. Bleiben die Unternehmen ohne Beschäftigte unberücksichtigt, ist festzustellen, daß die Verbreitung formell organisierter Weiterbildung mit der Unternehmensgröße zunimmt. Insofern sind formell organisierte Weiterbildungspläne häufiger in größeren, in BWB aktiven Unternehmen anzutreffen2, während umgekehrt Weiter- 1 Es ist möglich, daß sich Beschäftigte in manchen Fällen auf eigene Initiative (d. h. auf eigene Kosten) weiterbilden, ohne dies dem Arbeitgeber bekanntzugeben. Solche Fälle sind im ENSR Enterprise Survey 1999 nicht berücksichtigt. 2 Ein ähnliches Ergebnis ergab sich für portugiesische Unternehmen in: Ministério para a Qualificação e Emprego - Departamento de Estatística, Inquérito às Necessidades de Formação Profissional das Empresas - 1996/1999 (Erhebung des Bedarfs an beruflicher Weiterbildung aus Sicht der Unternehmen - 1996/1999), Lissabon, 1997. 319 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht bildung auf Initiative des Unternehmens oder der Beschäftigten (ohne formellen Weiterbildungsplan) umso häufiger vorkommt, je kleiner die Unternehmen sind (siehe Abbildung 9.2). So verfügen 36 % der in beruflicher Weiterbildung aktiven europäischen Kleinstunternehmen im Vergleich zu 45 % bzw. 62 % der kleinen und mittleren Unternehmen über einen formellen schriftlichen Weiterbildungsplan. Hingegen führen 31 % bzw. 32 % der in BWB aktiven Kleinstunternehmen ihre Weiterbildungsaktivitäten ohne formellen Plan entweder auf Wunsch des Unternehmens oder der Beschäftigten durch, während diese Prozentsätze bei mittleren Unternehmen auf 18 % bzw. 20 % sinken. Abbildung 9.2 Art der Weiterbildung in KMU, Europa-19 70 60 50 40 30 20 10 0 Weiterbildungsprogramm durch Unternehmen initiiert, regelmäßig, nach schriftlichem Weiterbildungsplan Unternehmen ohne Beschäftigte Weiterbildungsprogramm durch Unternehmen unterstützt externe Unternehmen intiiert, Anlaß-bezogen, Lehrgänge nur auf Wunsch der ohne schriftlichen Weiterbildungsplan Beschäftigten Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Anmerkung: Die Daten beziehen sich ausschließlich auf KMU mit BWB-Aktivitäten. Antworten der Kategorie „Weiß nicht/Keine Angabe” wurden nicht berücksichtigt. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Hinsichtlich der Aufwendungen für Weiterbildung zeigen die vorliegenden Daten des ENSR Enterprise Survey 1999, daß in allen Größenklassen mit Ausnahme der Unternehmen ohne Beschäftigte mehr oder minder ähnlich hohe Ressourcen für Weiterbildungsmaßnahmen eingesetzt werden1 (siehe Tabelle 9.2). Immerhin 23 % der Unternehmen ohne Beschäftigte investieren mehr als 7,5 % ihrer gesamten Lohnkosten in Weiterbildung, während dieser Anteil für die restlichen Größenklassen deutlich kleiner ist2 (11 % für Kleinstunternehmen, 10 % für kleine Unternehmen und 11 % für mittlere Unternehmen). 1 Es ist zu beachten, daß die Wirksamkeit jeglicher Investitionen in BWB nicht nur vom Ausmaß der eingesetzten Ressourcen, sondern auch von anderen Faktoren wie etwa einer gut durchdachten und umgesetzten allgemeinen Unternehmensstrategie oder einer kohärenten Weiterbildungspolitik (Definition des Weiterbildungsbedarfs, Auswahl der Zielgruppe, Umsetzung, Evaluierung der Maßnahmen, etc.) abhängt. Siehe dazu etwa: Sáez, F., Formación Continua: Una Evaluación de Estrategias (Weiterbildung: Eine Evaluierung von Strategien), in: Ekonomi Gerizan, Nr. 6, S. 245-260, Federación de Cajas de Ahorro Vasco-Navarras, Vitoria-Gasteiz, 1999. 2 Dieses Ergebnis könnte durch den Umstand beeinflußt sein, daß Unternehmer ohne Beschäftigte möglicherweise Probleme haben, den eigenen „Unternehmerlohn” zu bestimmen. 320 Berufliche Bildung und KMU Tabelle 9.2 Für Weiterbildungsaktivitäten eingesetzte Ressourcen (in Prozent der gesamten Lohnkosten), nach Unternehmensgröße, Europa-19 Größenklasse Unternehmen ohne Beschäftigte Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Gesamt <3% 3-7.5 % > 7.5 % 54 56 58 58 56 23 33 33 31 30 23 11 10 11 15 Anmerkung: Die Daten beziehen sich ausschließlich auf KMU, die BWB-Aktivitäten durchgeführt und ihre Weiterbildungskosten quantifiziert haben. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Interessanterweise bestehen bezüglich der Weiterbildungsaktivitäten nicht nur Unterschiede nach Unternehmensgröße, sondern auch zwischen den einzelnen Ländern (siehe Tabelle 9.3). Grundsätzlich ist der Anteil der KMU die berufliche Weiterbildung anbieten in den nordischen und den Alpenländern (d. h. in Finnland, Norwegen, Liechtenstein, Österreich, Island, Schweden und der Schweiz) am höchsten, während einige der südlichen Länder Europas (Italien, Portugal und Tabelle 9.3 Anteil der KMU, die 1998 in beruflicher Weiterbildung für ihre Beschäftigten aktiv waren, und damit verbundene Aufwendungen, nach Ländern Anteil der in der beruflichen Weiterbildung aktiven KMU, in Prozent Belgien Dänemark*** Deutschland Finnland Frankreich Griechenland Irland Island Italien Liechtenstein Luxemburg Niederlande Norwegen Österreich Portugal Schweden Schweiz Spanien Vereinigtes Königreich Gesamt 23 21 27 58 35 13 33 45 23 49 32 32 56 47 19 43 41 28 38 30 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % Anteil der KMU in Prozent, die weniger als 3 % ihrer Lohnkosten für Weiterbildung aufwenden* Anteil der in BWB aktiven KMU, die über einen formellen, schriftlichen Weiterbildungsplan verfügen, in Prozent** 49 68 38 66 55 86 44 82 65 56 63 56 53 67 57 51 62 75 49 56 36 32 41 15 57 28 37 20 26 16 34 23 39 24 36 21 46 49 41 39 % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % % * Die Daten beziehen sich ausschließlich auf KMU, die BWB-Aktivitäten durchgeführt haben und ihre Weiterbildungskosten quantifizieren konnten. ** Die Daten beziehen sich ausschließlich auf KMU mit BWB-Aktivitäten. *** Gemäß ENSR Enterprise Survey 1999 ist in Dänemark im Vergleich zum Europa-19-Durchschnitt ein nur kleiner Teil der KMU in der beruflichen Weiterbildung aktiv. Dieses Ergebnis steht nicht in Einklang mit den Ergebnissen der Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen (CVTS) von Eurostat, die zeigt, daß dänische KMU in diesem Bereich besonders aktiv sind. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. 321 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Griechenland) diesbezüglich den niedrigsten Anteil aufweisen. Diese Länderdifferenzen könnten Ausdruck unterschiedlicher Strukturen und Auffassungen in Bezug auf die berufliche Weiterbildung sein1. Diese länderspezifischen Unterschiede zeigen sich auch bei einem Blick auf den Anteil jener in beruflicher Weiterbildung aktiven KMU, die weniger als 3 % ihrer Lohnkosten für solche Maßnahmen aufwenden. Länder mit einem diesbezüglich relativ hohen Anteil sind – in dieser Reihenfolge – Griechenland, Island und Spanien, während umgekehrt die KMU im Vereinigten Königreich, in Belgien, Irland und Deutschland vergleichsweise viel für Weiterbildung aufwenden. Formelle Weiterbildungspläne sind relativ häufig in französischen, spanischen und Schweizer KMU anzutreffen, vergleichsweise selten hingegen in Schweden, Island, Liechtenstein und Finnland. Hinsichtlich der Mitarbeiterkategorien, die in der beruflichen Weiterbildung durch ihre Unternehmen unterstützt werden, zeigt der ENSR Enterprise Survey 1999 eine positive Beziehung zwischen dem Qualifikations- und Ausbildungsniveau und der Teilnahme an Weiterbildung im Laufe der beruflichen Karriere. Die einzige Ausnahme bildet hier die Kategorie „Geschäftsführung und Management”2 (siehe Tabelle 9.4). Eine Erklärung für dieses in mehreren gesamteuropäischen3 und nationalen Studien aus Spanien4, der Schweiz5 und dem Vereinigten Königreich6 bestätigte Ergebnis könnte darin liegen, daß gut ausgebildete Mitarbeiter eher formell organisierte Schulungen in Anspruch nehmen, während geringer qualifizierte Arbeitskräfte häufiger informelle und innerbetriebliche Ausbildung erhalten7. Eine weitere mögliche Erklärung zeigt eine Studie der OECD8, wonach die Teilnahme an allgemeiner und beruflicher Weiterbildung eng mit dem Niveau der Erstausbildung zusammenhängt, da gut ausgebildete Personen Bildungsfragen gegenüber aufgeschlossener sind als Menschen, die eine weniger gute Ausbildung erhalten haben. Unabhängig davon zeigt eine nach Größenklassen differenzierte Analyse des ENSR Enterprise Survey 1999, daß in allen Mitarbeiterkategorien die Teilnahme an Weiterbildung mit der Unternehmensgröße zunimmt9. 9.2.2 Allgemeine Merkmale der Weiterbildung Ziel dieses Abschnittes ist die Beschreibung der wesentlichen Merkmale der Weiterbildungsaktivitäten in europäischen KMU. Zu den hier analysierten Aspekten zählen etwa die wichtigsten Anbieter von Weiterbildungsdienstleistungen, die Art der durchgeführten Kurse (kundenspezifische/allgemeine Veranstaltungen) sowie schließlich der Ort der Veranstaltungen. 1 Ähnliche geographische Muster zeigten sich auch in einschlägigen Eurostat- und Leonardo-Erhebungen. 2 Dieses Ergebnis ergibt sich bei Betrachtung der einzelnen Größenklassen und unter Außerachtlassung der Unternehmen ohne Beschäftigte (siehe Tabelle 9.4), die aus naheliegenden Gründen die Ergebnisse verzerren. 3 Eurostat, Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen 1994 (CVTS), Luxemburg, 1994. 4 CEOE-CEIM, Necesidades de Formación en las Empresas (Weiterbildungsbedarf in spanischen Unternehmen), Madrid, 1996. 5 Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger, 1998. 6 Curran, J., et al., Establishing Small Firms’ Training Practices, Needs, Difficulties and Use of Industry Training Organisations (Ausbildungsmethoden, Bedarf, Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Bildungs-Organisationen in kleinen Unternehmen), DfEE Research Studies RS17, HMSO, London, 1996. 7 Eine weitergehende Diskussion dieser Frage findet sich in Abschnitt 9.2.2. 8 O’Connell, P. J., Adults in Training: An International Comparison of Continuing Education and Training (Erwachsene in der Weiterbildung: Ein internationaler Vergleich der Ausund Weiterbildung), OECD, Paris, 1999 [Ref. CERI/WD(99)1]. 9 Ähnliche Ergebnisse finden sich in anderen nationalen Studien (siehe dazu Tabelle 9.1). 322 Berufliche Bildung und KMU Tabelle 9.4 Anteil der Beschäftigten die an Weiterbildung teilgenommen haben, nach Mitarbeiterkategorie und Unternehmensgröße, Europa-19 Hilfsarbeiter, ungelernte Arbeitskräfte Größenklasse 0 Beschäftigte* 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt * 14 26 33 33 23 Angelernte Arbeitskräfte % % % % % 13 31 39 47 27 % % % % % Techniker, Ingenieure 23 28 37 47 28 % % % % % Büropersonal, Verwaltungsangestellte 16 25 35 48 24 % % % % % Vorarbeiter, Werkmeister 13 16 27 40 17 % % % % % Geschäftsführer und Manager 41 20 23 31 28 % % % % % Es könnte erwartet werden, daß in dieser Größenklasse ausschließlich „Geschäftsführer und Manager” zu finden sind. Allerdings scheint es auch auf Grundlage der Ergebnisse plausibel, daß sich ein großer Prozentsatz dieser Unternehmer selbst anderen Kategorien zuordnet. Anmerkung: Die Daten beziehen sich ausschließlich auf KMU mit BWB-Aktivitäten. Die Zeilensumme kann 100 % übersteigen. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Vorab muß hervorgehoben werden, daß Weiterbildung in KMU sehr häufig in informeller Weise erfolgt1. Dieser informelle Charakter kann verschiedene Ausprägungen annehmen, wie z. B. „Learning by Doing”, Coaching, Mentoring, Lernen durch Beobachten der Kollegen oder Job-Rotation2. Gemäß einer britischen Studie3 ist für mehr als 50 % der KMU-Beschäftigten die im Zuge ihres Arbeitsverhältnisses erhaltene Weiterbildung vor allem informeller Natur. Dieses Ergebnis entspricht weitgehend den empirischen Erhebungen auf europäischer Ebene. Eine Umfrage im Rahmen des Leonardo-Programms4 zeigt, daß, nach Weiterbildungszentren bzw. -organisationen, die Beschäftigten des Unternehmens selbst der zweithäufigste Anbieter für Weiterbildung in europäischen KMU sind, wobei diese „interne” Weiterbildung im allgemeinen unternehmensspezifischer Art ist. Eine umfassende britische Studie des ESRC Centre for Business Research5 zeigt, daß Unternehmen am häufigsten ihre eigenen Mitarbeiter einsetzen, um angelernte und ungelernte Beschäftigte auszubilden, während externe Weiterbildung vor allem für technisches Personal und Facharbeiter, insbesondere für die am höchsten qualifizierten, in Anspruch genommen wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Schweizer Studie6, die zusätzliche Informationen über die wichtigsten internen und externen Weiterbildungsinstrumente bietet (siehe Tabelle 9.5). Dieses Ergebnis deutet darauf hin, daß KMU dann den Weiterbildungsmarkt in Anspruch nehmen, wenn sie spezialisierte Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen, die im Unternehmen selbst nicht verfügbar sind. 1 Metsä-Tokila, T., Tulkki, P., Tuominen, P., Ammattitaito, koulutus ja työ (Qualifikation, Weiterbildung und Arbeit), ESR-julkaisut 37/98, Helsinki: Edita Oy, 1998. 2 Cambridge Small Business Research Centre, The State of British Enterprise (Die Lage der britischen Unternehmen), Department of Applied Economics, University of Cambridge, 1992. 3 Curran, J., et al., Establishing Small Firms’ Training Practices, Needs, Difficulties and Use of Industry Training Organisations (Ausbildungsmethoden, Bedarf, Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Bildungs-Organisationen in kleinen Unternehmen), DfEE Research Studies RS17, HMSO, London, 1996. 4 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 5 Cosh, A., Hughes, A., Growth, Innovation and Public Policy in the Small and Medium Sized Enterprise Sector 1994-1997 (Wachstum, Innovation und Wirtschaftspolitik in kleinen und mittleren Unternehmen 1994-1997), ESRC Centre for Business Research, Cambridge, 1998. 6 Sattes, I., et al. (Hrsg.), Erfolg in kleineren und mittleren Unternehmen, 2. Auflage, Zürich, VdF Hochschulverlag AG, 1998. 323 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 9.5 Instrumente interner und externer Weiterbildung in Schweizer KMU Instrumente der internen Weiterbildung • • • • • • • • • Interner Unterricht Interne Job-Rotation Ausbildung am Arbeitsplatz Technische Literatur, Multimedia-Techniken, Computer-Based Training (CBT) Produktpräsentationen Vorträge von Beschäftigten über neue Entwicklungen in ihrer Tätigkeit Gegenseitige Bewertung innerhalb einer Arbeitsgruppe Einbeziehung von Beschäftigten in Projekte außerhalb ihres üblichen Tätigkeitsfeldes Verschiedene Formen interner Kommunikation Quelle: Instrumente der externen Weiterbildung • • • • Externe Seminare oder Kurse Konferenzen Kunden- oder Lieferantenbesuche Externe Job-Rotation mit Kunden oder Lieferanten • Besuch von und Teilnahme an Messen • Ehemalige Beschäftigte Sattes, I., et al. (Hrsg.): Erfolg in kleineren und mittleren Unternehmen, 2. Auflage, Zürich, VdF Hochschulverlag AG, 1998. Hinsichtlich der von europäischen KMU in erster Linie in Anspruch genommenen Art von Schulungsveranstaltungen zeigen die verfügbaren Informationen, daß KMU stärker an speziell auf sie zugeschnittenen Kursen als an allgemeinen, offenen Lehrgängen interessiert sind1. Verschiedene Studien belegen, daß KMU, die Weiterbildungsleistungen zukaufen, nach Inhalten suchen, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind2. Dennoch sind maßgeschneiderte Kurse relativ teuer und werden daher von KMU – insbesondere von den kleinsten Unternehmen – nicht als erste Präferenz betrachtet. Daher ist es nicht verwunderlich, daß unter den in der Weiterbildung aktiven mittleren Unternehmen 45 % speziell auf sie zugeschnittene Kurse einsetzen, während dies auf nur 37 % der Kleinstunternehmen zutrifft3. In bezug auf den Ort der Weiterbildung sind Veranstaltungen außerhalb des Betriebsgeländes – im Vergleich zur Weiterbildung auf dem Unternehmensareal – die häufigere Form von Schulungsaktivitäten. Interessanterweise findet Weiterbildung umso eher auf dem Firmengelände statt, je größer das Unternehmen ist (siehe Abbildung 9.3). Dieses Ergebnis kann zumindest teilweise sowohl durch die größere Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins spezieller Einrichtungen oder Weiterbildungsabteilungen in mittleren Unternehmen als auch durch die Tatsache erklärt werden, daß größere Unternehmen über eine höhere Zahl von auszubildenden Personen verfügen und daher externe Anbieter von Weiterbildungsleistungen vermehrt innerhalb des Unternehmens tätig werden. Schließlich zeigen die verfügbaren Untersuchungen über die Anbieter beruflicher Weiterbildung, daß – abgesehen von unternehmensintern erbrachter Weiterbildung – privatwirtschaftliche Organisationen und private Berater die diesbezüglich bedeu- 1 Bernard Brunhes Consultants, Le développement de la formation continue dans les petites et moyennes entreprises. Analyse comparative des dispositifs allemands et français (Entwicklung der beruflichen Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen. Eine vergleichende Analyse deutscher und französischer Instrumente), La lettre du Groupe Bernard Brunhes, Nr. 34, Paris, Mai 1997. 2 Metsä-Tokila, T., Tulkki, P., Tuominen, P., Ammattitaito, koulutus ja työ (Qualifikation, Weiterbildung und Arbeit), ESR-julkaisut 37/98, Helsinki, Edita Oy, 1998. 3 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 324 Berufliche Bildung und KMU Abbildung 9.3 Verteilung der Unternehmen nach dem vorrangigen Durchführungsort der Weiterbildungsaktivitäten, Anteile in Prozent, nach Unternehmensgröße, Europa-19 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Kleinstunternehmen Auf dem Gelände Quelle: Kleine Unternehmen Außerhalb des Geländes Mittlere Unternehmen Beides in gleichem Maß IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. tendsten externen Anbieter sind. Andere, für die Erbringung von Weiterbildungsdiensten bedeutsame Institutionen, sind darüber hinaus Unternehmens- und Handelsverbände, Lieferanten von Anlagen und Technologiezentren/Universitäten1. Dennoch müssen die großen Unterschiede hervorgehoben werden, die diesbezüglich zwischen den verschiedenen Ländern Europas bestehen. Diese spiegeln die unterschiedlichen historischen und institutionellen Traditionen dieser Länder sowie die unterschiedliche Finanzierungsstruktur der Anbieter von Weiterbildungsleistungen wider2. Beispielsweise scheinen öffentliche Einrichtungen vor allem in Dänemark eine besondere Rolle als Anbieter beruflicher Weiterbildung zu spielen3, während etwa in der Schweiz das Gegenteil der Fall zu sein scheint4. Gemeinnützige, nicht gewinnorientierte Unternehmen sind hingegen die wichtigsten Anbieter von Weiterbildungsleistungen für spanische KMU – ein Aspekt, der direkt mit der Art und Weise zusammenhängt, in der die diesbezügliche Politik gestaltet und 1 Eurostat, Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen 1994 (CVTS), Luxemburg, 1994, und IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 2 Cosh, A., Hughes, A., Growth, Innovation and Public Policy in the Small and Medium Sized Enterprise Sector 1994-1997 (Wachstum, Innovation und Wirtschaftspolitik in kleinen und mittleren Unternehmen 1994-1997), ESRC Centre for Business Research, Cambridge, 1998. 3 Statistics Denmark, Statistical Information on Education and Culture (Statistische Informationen zu Erziehung und Kultur), Kopenhagen, 1998:6. In Dänemark wird ein beträchtlicher Teil der gesamten Erwachsenen- und beruflichen Aus- und Weiterbildung öffentlich finanziert, wobei Rahmen und Inhalte von den Behörden in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern geplant werden. 4 Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger 1998. 325 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht umgesetzt wird1. In einigen Ländern (z. B. in Norwegen2) scheint eine klare Rollenverteilung zwischen öffentlichen und privaten Leistungserbringern zu bestehen. Lehrgänge, die auf die Entwicklung individueller Fähigkeiten abzielen und die zur Erlangung einer offiziellen Qualifikation führen, werden vor allem vom staatlichen Bildungssystem bereitgestellt, während Weiterbildung, die sich auf praktische Anwendung und stark arbeits- und berufsbezogene Inhalte konzentriert, meist von unabhängigen privaten oder halb-privaten Organisationen angeboten wird. 9.2.3 Anreize und Barrieren für berufliche Weiterbildung in KMU Anreize für berufliche Weiterbildung in europäischen KMU Im allgemeinen kann gesagt werden, daß innerhalb der KMU sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sich der Bedeutung der beruflichen Weiterbildung immer stärker bewußt werden. Berufliche Weiterbildung wird als Instrument gesehen, das nicht nur die in der Schulausbildung gewonnenen Kenntnisse vervollständigt, sondern es vor allem auch ermöglicht, mit neuen technischen Entwicklungen, zunehmendem Wettbewerb und organisatorischen Veränderungen, die die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens beeinflussen, Schritt zu halten3. Verschiedene in Dänemark4, Finnland5, Deutschland6, Island7 oder Spanien8 durchgeführte nationale Studien belegen die positive Einstellung sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer gegenüber beruflicher Weiterbildung. Auch gesamteuropäische Studien bestätigen diese Ergebnisse. In einigen Ländern dürften interessanterweise die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Arbeitsmarktes für die Unternehmen einen Anreiz bilden, ihre Aktivitäten in der beruflichen Weiterbildung zu verstärken. Dies scheint etwa in Schweden der Fall zu sein, wo der eher restriktive Arbeitnehmerschutz sowie die Gestaltung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen die Möglichkeiten für Unternehmen einengen, Personalstand und Löhne an Veränderungen am Markt anzupassen. Daher ergibt sich für schwedische Unternehmen der Anreiz, das Qualifikationsniveau ihrer Beschäftigten anzuheben und langfristig deren Vielseitigkeit zu erhöhen. Deshalb stellt die Weiterbildung der Beschäftigten eine der wichtigsten Maßnahmen dar, mit deren Hilfe sich schwedische Unternehmen an Veränderungen ihres wirtschaftlichen Umfelds anpassen9. 1 CEOE-CEIM, Necesidades de Formación en las Empresas (Weiterbildungsbedarf in spanischen Unternehmen), Madrid, 1996. 2 NOU Ny kompetanse. Grunnlaget for en helhetlig etter- og videreutdanningspolitikk (Offizieller Norwegischer Bericht 1997:25, Neue Kompetenz. Grundlage für eine ganzheitliche Politik der Fort- und Weiterbildung), Oslo, 1997. 3 Nieuwenhuis, A.F.M., Steijvers, J.R.L., Opleiding en ontwikkeling (Ausbildung und Entwicklung), 1995. 4 Dänisches Institut für Konjukturanalyse (Institut for Konjunktur-Analyse), The Danish Market for Courses and Conferences. Competence Development in Danish Businesses 1999 (Der dänische Markt für Lehrgänge und Konferenzen. Qualifikationsentwicklung in dänischen Unternehmen 1999), Kopenhagen, März 1999. 5 Suomen kuvalehti, 1999, Aikuiskoulutuksen outo yhtälö (Die bizarre Gleichung in der Erwachsenenbildung), Nr. 3, Helsinki, 22.1.1999. 6 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berichtssystem Weiterbildung VI, Integrierter Gesamtbericht zur Weiterbildungssituation in Deutschland, Bonn, 1996. 7 Universität Island, The Situation of Vocational Training in Iceland (Zur Lage der beruflichen Bildung in Island), Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften, Reykjavik, April 1999. 8 Moreno, F., Los Empresarios ante la Formación Continua (Unternehmer und berufliche Weiterbildung), in: Revista del Ministerio de Trabajo y Asuntos Sociales Economía y Sociología, Nr. 1, Madrid, 1997. 9 OECD, OECD Economic Surveys 1997-1998, Sweden. Special features: Education, training and labour market reform (OECD Wirtschaftsberichte 1997-1998, Schweden. Schwerpunktthemen: Aus- und Weiterbildung und Arbeitsmarktreform), Paris, 1998. 326 Berufliche Bildung und KMU Barrieren für berufliche Weiterbildung in europäischen KMU Obwohl wesentliche Anreize für berufliche Weiterbildung in KMU bestehen, zeigen die empirischen Daten, daß der Anteil der Unternehmen, die ihre Beschäftigten weiterbilden, direkt mit der Unternehmensgröße zusammenhängt1. Dieses Ergebnis läßt vermuten, daß KMU – insbesondere die sehr kleinen Unternehmen – spezielle Hindernisse vorfinden, die die Durchführung von Weiterbildungsaktivitäten erschweren. Auf Basis der vorhandenen Literatur zum Thema können diese Barrieren in „unternehmensinterne” und „unternehmensexterne” eingeteilt werden. In diesem Zusammenhang sollte jedoch beachtet werden, daß berufliche Weiterbildung nicht von allen KMU als grundsätzlich notwendig betrachtet wird. Der Großteil der in Weiterbildung nicht aktiven KMU geben als Grund für diese Entscheidung an, mit den bestehenden Qualifikationen ihrer Beschäftigten zufrieden zu sein2. In bezug auf die „unternehmensinternen” Barrieren sind in der Literatur die folgenden Ergebnisse zu finden: • Wegen ihrer geringen Größe sind KMU nicht in der Lage, eine größere Anzahl ihrer Mitarbeiter für Weiterbildungszwecke abzustellen, ohne beträchtliche negative Auswirkungen auf den Betriebsablauf im Unternehmen hinnehmen zu müssen. Mit anderen Worten: Die durch die Abwesenheit der Beschäftigten während ihrer Weiterbildung – insbesondere bei Schulungen außerhalb des Arbeitsplatzes – verursachten Belastungen sind zu hoch3. Wie eine finnische Studie zeigt, kann die dadurch fehlende Arbeitsleistung unersetzlich sein, die Güter- und Leistungserstellung stellt für Unternehmen jedoch stets die Hauptaufgabe dar4. • Häufig wird argumentiert, daß KMU (und insbesondere die sehr kleinen Unternehmen) Weiterbildung eher als Kostenfaktor denn als Investition betrachten5. Dies vor allem, weil der Zusammenhang zwischen Weiterbildung und Leistung – insbesondere kurzfristig – schwer zu messen und zu erkennen ist6. So werden Ausgaben für Ausbildung und Wissenskapital meist als laufende Betriebskosten in Ansatz gebracht, da die Regeln der Finanzbuchhaltung und Rechnungslegung die Darstellung des Wertes des Lernens und Wissenskapitals als Aktivposten mit langfristigem Wert nicht zulassen7. Es überrascht nicht, daß KMU häufig auf andere Mittel zur Beschaffung externen Wissens zurückgreifen, wie etwa die Anstellung bereits voll ausgebildeter Mitarbeiter oder die Vergabe von Aufgaben außer Haus8. 1 Für eine weitergehende Diskussion dieser Frage siehe Abschnitt 9.2.1. Fox, R., Company Training in Ireland 1993 (Betriebliche Weiterbildung in Irland 1993), Dublin, FAS, 1995. 3 Storey, D., und Westhead, Management Training and Small Firm Performance: A Critical Review (Managementtraining und Entwicklung kleiner Unternehmen: Eine kritische Übersicht), Warwick Business School Centre for SMEs, Working Paper Nr. 18, 1994. 4 Metsä-Tokila, T., Tulkki, P., Tuominen, P., Ammattitaito, koulutus ja työ (Qualifikation, Weiterbildung und Arbeit), ESR-julkaisut 37/98, Helsinki, Edita Oy, 1998. 5 CEREQ, Les très petites entreprises. Pratiques et représentations de la formation continue (Sehr kleine Unternehmen. Praktiken und Darstellungen in der beruflichen Weiterbildung), Cereq Bref, Marseille, September 1996. 6 Rensujeff, K., Nyyssölä, K., Ammattipassi painossa (Gram) (Paß zur Beschäftigung in der Presse), ESR-julkaisut (ESF-Publikationen) 43/99. Työministeriö (Arbeitsministerium), Helsinki, Edita Oy, 1999. 7 OECD, Technology, Productivity and Job Creation: Towards Best Policy Practice (Technologie, Produktivität und Schaffung von Arbeitsplätzen: Auf dem Weg zu besten Praktiken), Interim Report, Paris, 1997. 8 Ritsilä, J., Alueellisen osaamistarve-ennakoinnin kolme ulottuvuutta. HENKOOSTA-hankkeen välitaportti. (Drei Dimensionen der Prognose regionaler Qualifikationsbedürfnisse), ESF-Publikationen 23/1998, Arbeitsministerium, Helsinki, Edita Oy, 1998. 2 327 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht • Mit dem vorhergehenden Punkt hängt der Umstand zusammen, daß die meisten KMU kurzfristige Unternehmensstrategien verfolgen, die es sehr erschweren, Weiterbildungsprogramme zu entwickeln, da dafür eine langfristige Perspektive und soziale Verantwortung nötig sind1. • Verschiedene Studien weisen darauf hin, daß berufliche Weiterbildung um so weniger professionell durchgeführt wird, je kleiner das Unternehmen ist2. So zeigt der ENSR Enterprise Survey 1999, daß Weiterbildungspläne häufiger in größeren Unternehmen anzutreffen sind, wobei etwa 61 % der europäischen KMU über keinerlei Weiterbildungspläne verfügen. Dieser Mangel an Professionalität hängt mit dem Umstand zusammen, daß Weiterbildung in KMU – wie bereits dargelegt – sehr häufig informeller Natur ist und unternehmensintern erfolgt, wobei das Schwergewicht auf Weiterbildung „am Arbeitsplatz” und auf „Learning by Doing” liegt. • Einige KMU-Führungskräfte haben bedeutende „mentale” Barrieren in bezug auf die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. So sind KMU-Arbeitgeber aufgrund der Gefahr, daß der betreffende Beschäftigte leicht von der Konkurrenz „abgeworben” werden könnte, häufig nicht bereit, in Mitarbeiter zu investieren3. Diese Zurückhaltung ist um so größer, je häufiger es zu Personalwechseln innerhalb eines Unternehmens kommt4. KMU haben aber die Möglichkeit, Maßnahmen zu setzen, die diese Gefahr verringern. Zum Beispiel müssen die Mitarbeiter in 67,8 % der Schweizer Unternehmen mit mehr als 99 Beschäftigten einen Teil der Kursgebühren rückerstatten, wenn sie das Unternehmen kurz nach einem Lehrgang verlassen5. • Die mit der Weiterbildung verfolgten Ziele sind sehr häufig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedlich6. So leiten die Arbeitgeber das letztendliche Ziel der Weiterbildung von den Interessen ihres Unternehmens ab, während sich für die Arbeitnehmer ihre Bereitschaft zur Teilnahme vor allem aus ihren eigenen Interessen ergibt (Beruf, Mobilität, höhere Entlohnung, Weiterbildung während der Arbeitszeit, etc.)7. KMU sind meist nicht daran interessiert, allgemeine Fähigkeiten ihrer Beschäftigten zu verbessern, weshalb die erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen in engem Bezug zu den wahrgenommenen besonderen Bedürfnissen des Unternehmens stehen müssen8. • Storey9 argumentiert schließlich, daß die Zurückhaltung kleiner Unternehmen gegenüber Weiterbildung gleichermaßen die Einstellungen der Arbeitgeber wie 1 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 2 Münk, D., Lipsmeier, A., Objectives, Realisation and Organisation of Continuing Vocational Education and Training (Zielsetzungen, Umsetzung und Organisation von beruflicher Aus- und Weiterbildung), in: CEDEFOP, Vocational Education and Training - The European Research Field, Background Report, Thessaloniki, 1998. 3 Curran, J., et al., Employment and Employment Relations in the Small Service Sector Enterprise – A Report (Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen in kleinen Dienstleistungsbetrieben – Ein Bericht), ESRC Centre for Research on Small Service Sector Enterprises, Kingston Business School, 1993. 4 Nieuwenhuis, A.F.M., Steijvers, J.R.L., Opleiding en ontwikkeling (Ausbildung und Entwicklung), 1995. 5 Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger, 1998. 6 Gids voor de Opleidingspraktijk (Führer für die Ausbildungspraxis), Van Loghum Slaterus, Amsterdam, 1998. 7 De Koning, a.o., Bedrijfsopleidingen, omvang, aard, verdeling en effecten (Betriebliche Weiterbildung, Ausmaß, Arten, Anteile und Wirkungen), RVE Adviescentrum Volwasseneneducatie, Rotterdam, 1991. 8 Metsä-Tokila, T., Tulkki, P., Tuominen, P., Ammattitaito, koulutus ja työ (Qualifikation, Weiterbildung und Arbeit), ESR-julkaisut 37/98, Helsinki, Edita Oy, 1998. 9 Storey, D.J., Understanding the Small Business Sector (Kleine Unternehmen verstehen), Routledge, London, 1994. 328 Berufliche Bildung und KMU jene der Arbeitnehmer widerspiegeln dürfte. Karrierestufen sind in kleinen Unternehmen seltener, weshalb ehrgeizige Arbeitnehmer eher dazu tendieren, zwischen Unternehmen als innerhalb der Organisation zu wechseln. Nachdem also der Arbeitnehmer in einem kleinen Unternehmen davon ausgeht, daß er seine nächste Arbeitsstelle vermutlich in einem anderen kleinen Unternehmen finden wird, schreibt er der Weiterbildung nicht jenen Mehrwert zu, den diese für einen Beschäftigten eines großen Unternehmens hat, der eine Karriere innerhalb dieser Firma plant. Neben den besprochenen „unternehmensinternen” Barrieren können auch verschiedene externe Hindernisse, welche die Umsetzung von Weiterbildungsaktivitäten in KMU behindern und erschweren, festgestellt werden. Zunächst sind die hohen Kosten der Weiterbildung für die meisten KMU vermutlich eine der größten Schwierigkeiten, insbesondere wenn man die traditionell schwache finanzielle Ausstattung solcher Unternehmen berücksichtigt1. Beispielsweise stellen die hohen Kosten für Lehrgänge die von den in der Weiterbildung aktiven europäischen KMU bei weitem am häufigsten genannte Barriere dar2. Schätzungen für die Schweiz3 zeigen, daß die Pro-Kopf-Kosten für berufliche Weiterbildung (direkte Kosten wie Kursgebühren, Reisespesen oder Unterrichtsmaterial sowie indirekte Kosten aufgrund von Produktionsausfällen oder Kosten für den Ersatz von Arbeitskräften) umso höher sind, je kleiner das Unternehmen ist (siehe Tabelle 9.6). Tabelle 9.6 Kosten pro Person für berufliche Weiterbildung in Schweizer Unternehmen, nach Unternehmensgröße (in Euro) Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten mit 20-99 Beschäftigten Direkte Kosten Indirekte Kosten Gesamtkosten Quelle: 343 243 586 237 250 487 mit 100 oder mehr Beschäftigten 275 212 487 Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger, 1998. Es ist daher nicht verwunderlich, daß manche Autoren der Ansicht sind, viele kleine Unternehmen seien ohne Unterstützung kaum in der Lage, ihre Weiterbildungskosten zu tragen4. Dieses Ergebnis wird auch durch eine Untersuchung im Rahmen des Leonardo-Programms bestätigt, die zeigt, daß externe Finanzhilfen umso stärker als entscheidender Faktor angesehen werden, je kleiner das Unternehmen ist5 (siehe Abbildung 9.4). 1 Achermann, S., et al., KMU Weiterbildungsförderung, KTI-Projekt, Muttenz 1997. Siehe auch Hauser, H.-E., Das statistische Gewicht des Mittelstandes in Deutschland 1996, in: Jahresschrift 1998 des Instituts für Mittelstandsforschung, Bonn, 1997. 2 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 3 Wüst, P., Betriebliche Weiterbildung in der Schweizer Industrie, Chur/Zürich, Rüegger, 1998. 4 Welch, B., Developing Managers for the Smaller Business: A Report on Training and Development Needs (Ausbildung von Managementpersonal für kleine Unternehmen: Ein Bericht über Schulungs- und Entwicklungsbedarf), Institute of Management, 1996. 5 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 329 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Abbildung 9.4 Bedeutung externer Unterstützung für die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen, nach Unternehmensgröße* 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen * Nur Unternehmen mit Weiterbildungsaktivitäten. Von 0 (Unterstützung hat keine Bedeutung) bis 100 (Unterstützung hat sehr große Bedeutung). Quelle: IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. Dieses Kostenproblem wird zum Teil dadurch verstärkt, daß KMU das bestehende Weiterbildungsangebot als zu theoretisch und kaum KMU-orientiert betrachten und daher zunehmend nach speziell auf sie zugeschnittenen Angeboten suchen (die offensichtlich wesentlich teurer sind als standardisierte Lehrgänge)1. Weitere bedeutende externe Barrieren sind etwa der Verwaltungsaufwand2 und der Mangel an Transparenz auf dem Großteil der europäischen Märkte für Ausund Weiterbildung. Diese sind durch eine Vielfalt von Institutionen und Lehrgängen gekennzeichnet, die es KMU, die nicht über die Ressourcen oder die Zeit für eine entsprechende Analyse verfügen, erschwert, den nötigen Überblick zu gewinnen3. Dieses Problem wird durch den Umstand verstärkt, daß KMU häufig Schwierigkeiten haben, ihren Weiterbildungsbedarf und ihre Anforderungen an Kurse oder ein Weiterbildungsprogramm vorherzusehen und genau zu definieren. KMU sind deshalb in Bezug auf die Weiterbildung eher reaktiv als 1 Bernard Brunhes Consultants, Le développement de la formation continue dans les petites et moyennes entreprises. Analyse comparative des dispositifs allemands et français (Entwicklung der beruflichen Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen. Eine vergleichende Analyse deutscher und französischer Instrumente), La lettre du Groupe Bernard Brunhes, Nr. 34, Paris, Mai 1997. 2 AGEFOS-PME, Perspectives 99. L’emploi et la formation dans les PME (Perspektiven 1999. Beschäftigung und Weiterbildung in KMU), Paris, 1998. 3 Keep, E., Mayhew, K., The British System of Vocational Education and Training: A Critical Analysis (Das britische System der beruflichen Aus- und Weiterbildung: Eine kritische Analyse), Oxford: Oxford University Press, 1995. 330 Berufliche Bildung und KMU proaktiv1. Diese Haltung weist auf die Notwendigkeit externer Beratung und Anleitung bei der Formulierung des Bildungsbedarfs in KMU hin2. 9.3 Weiterbildungsaktivitäten für Manager und Eigentümer von KMU Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit beruflicher Weiterbildung von KMU-Managern und Eigentümern3. Dieser Punkt ist insofern von Interesse, als üblicherweise der beruflichen Weiterbildung der Arbeitnehmer die größte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Tatsächlich sind die verfügbaren empirischen Informationen zur Weiterbildung von KMU-Führungskräften auf europäischer Ebene sehr begrenzt. Allerdings sollte die Schlüsselrolle nicht übersehen werden, die der Unternehmer – sehr häufig ist dieser zugleich Eigentümer und Geschäftsführer – für die Entwicklung des KMU4 spielt. Es ist kaum überraschend, daß gemäß einer niederländischen Untersuchung die Teilnahme von KMU-Arbeitnehmern an beruflicher Weiterbildung in hohem Maß von der Qualifikation der Unternehmer abhängt, insbesondere von deren unternehmerischen und Managementfähigkeiten5. Die verfügbaren empirischen Untersuchungen6 deuten zunächst darauf hin, daß Führungskräfte von KMU in geringerem Ausmaß an Weiterbildungsaktivitäten beteiligt sind als andere Beschäftigtenkategorien. Der ENSR Enterprise Survey 1999 zeigt weiterhin, daß der Anteil weitergebildeter Führungskräfte direkt mit der Unternehmensgröße zusammenhängt, wobei dieser Anteil 19 % in den europäischen Kleinstunternehmen, 23 % in den kleinen und 33 % in den mittleren Unternehmen beträgt (siehe Abbildung 9.5). Im allgemeinen scheinen Führungskräfte von KMU gegenüber ihrer eigenen Weiterbildung eine positive Einstellung zu haben. Einige Beispiele: Schweizer Manager vertreten die Ansicht, daß Weiterbildung für Managementpersonal auf dem Gebiet der Unternehmensführung von höchster Bedeutung sei, um bestehende Stärken zu erhalten oder zu verbessern7. Für 75 % der britischen geschäftsführenden Eigentümer ist Management-Fortbildung wichtig für den Unternehmenserfolg8, und mehr als die Hälfte einer Stichprobe irischer Unternehmen erachtet Management- 1 Bernard Brunhes Consultants, Le développement de la formation continue dans les petites et moyennes entreprises. Analyse comparative des dispositifs allemands et français (Entwicklung der beruflichen Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen. Eine vergleichende Analyse deutscher und französischer Instrumente), La lettre du Groupe Bernard Brunhes, Nr. 34, Paris, Mai 1997. 2 Dänische Agentur für Industrie und Handel, The Role and Opportunities of the CVT System in the Danish Innovative System (Rolle und Chancen des Systems der beruflichen Weiterbildung für das dänische Innovationssystem), Kopenhagen, Juli 1997. 3 In diesem Abschnitt fallen Unternehmenseigentümer ebenfalls unter die Bezeichnung „Manager” bzw. „Führungskräfte”. 4 Eine Diskussion dieses Themas findet sich in Kapitel 5 des Vierten Jahresberichts des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU. 5 Van den Tillaart, H., Warmerdam, J., Sectoral training policies towards small and medium-sized enterprises (Sektorale Weiterbildungspolitik für kleine und mittlere Unternehmen), ITS, Nijmegen, 1997. 6 Siehe dazu die Literaturverweise in Abschnitt 9.2. 7 Aschoff, U., Nutzung von Weiterbildungsangeboten und Implementierung von Weiterbildungsinhalten für KMU Führungskräfte im internationalen Vergleich, Dissertation, Universität St. Gallen, 1995. 8 Barclays Bank Small Business Survey (Untersuchung der Barclays Bank über kleine Unternehmen), London, Mai 1998. 331 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Abbildung 9.5 Anteil der europäischen KMU mit Weiterbildungsaktivitäten für deren Führungskräfte, in Prozent, nach Unternehmensgröße, Europa-19 35 30 25 20 15 10 5 0 Kleinstunternehmen Kleine Unternehmen Mittlere Unternehmen Die Daten beziehen sich ausschließlich auf Unternehmen mit BWB-Aktivitäten. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. training als bedeutend für den Erfolg des Unternehmens1. Allerdings könnte diese positive Einstellung gegenüber der Weiterbildung in gewisser Weise vom Bildungshintergrund abhängen. So meinen „Selfmade-Unternehmer” meist, ihr Wissen durch praktische Arbeit und Erfahrung zu erwerben2, zeigen jedoch im Vergleich zu Führungskräften und Unternehmern mit hohem Ausbildungsniveau eine geringere Bereitschaft, auf externe Weiterbildung zurückzugreifen3. Weiterbildung für Unternehmer und Führungskräfte von KMU muß Rücksicht auf deren spezifische persönliche Bedürfnisse nehmen, um wirklich attraktiv zu sein. So haben KMU-Führungskräfte eine eher kurzfristige Perspektive in bezug auf die Weiterbildung, da die schnelle Umsetzung der erworbenen Kenntnisse und Ergebnisse in der täglichen Arbeit eine Voraussetzung für ihre Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme ist4. Daten deutscher Weiterbildungseinrichtungen weisen darauf hin, daß KMU-Führungskräfte mehrheitlich nur dann an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, wenn sie sich konkreten Problemen gegenübersehen5. 1 Burke, T., Management Development: Final Report (Managemententwicklung: Endbericht), EU Structural Funds Industry Evaluation Unit, Dublin, 1996. 2 Cannon, F., Business Driven Management Development: Developing Competencies which Drive Business Performance (Unternehmensorientierte Managemententwicklung: Entwicklung von Kompetenzen zur Steuerung des Unternehmenserfolgs), Journal of European Industrial Training, 19:2, 1995, und Gibb, A.A., Small Firms’ Training and Competitiveness - Building Upon the Small Business as a Learning Organisation (Weiterbildung und Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen - Der Ansatz des kleinen Unternehmens als lernende Organisationen), International Small Business Journal, 15:3, 1997. 3 CEDEFOP, Estrategias para el Acceso de los Empresarios de las Pyme a la Formación (Strategien für den Zugang von KMU-Führungskräften zur Weiterbildung), Berlin, 1994. 4 Aschoff, U., Nutzung von Weiterbildungsangeboten und Implementierung von Weiterbildungsinhalten für KMU-Führungskräfte im internationalen Vergleich, Dissertation, Universität St. Gallen, 1995. 5 O.V., Paßgenaue Konzepte sind gefragt, Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, in: idw Nr. 5 vom 4.2.1999. 332 Berufliche Bildung und KMU Dieser kurzfristige Ansatz führt in einigen Ländern (z. B. Finnland) zu immer stärker maßgeschneiderten Inhalten und Programmstrukturen, um den Bedürfnissen eines bestimmten Teilnehmers bzw. einer bestimmten Organisation zu entsprechen1. Darüber hinaus weisen mehrere französische Studien2 darauf hin, daß für KMU-Unternehmer auch andere Methoden als formell organisierte Weiterbildung bedeutend sind, um Kenntnisse und Kompetenzen zu erwerben, so z. B. die Inanspruchnahme externer Beratung, Netzwerke und Unternehmervereinigungen. Dieses Ergebnis wird durch Untersuchungen im Vereinigten Königreich3 und in den Niederlanden4 bestätigt, nach denen geschäftsführende Firmeneigentümer gerne aus dem Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften lernen. Diese informellen Methoden, sei es im Austausch mit Kollegen aus der gleichen oder aus anderen Branchen, werden von Unternehmern und Führungskräften von KMU sehr geschätzt5. Geschäftsführende Eigentümer von KMU sehen sich bei der Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen Schwierigkeiten und Hindernissen gegenüber, die die geringere Häufigkeit der Inanspruchnahme von – insbesondere formell organisierter – Weiterbildung durch diese Personengruppe erklären könnten. Diese Barrieren lassen sich ebenso wie im vorhergehenden Abschnitt in „unternehmensinterne” und „unternehmensexterne” aufteilen. Innerhalb der unternehmensinternen Barrieren bezieht sich das vielleicht größte Hindernis auf die zentrale Rolle, welche die meisten Führungskräfte und Unternehmer für ihre Organisation spielen. Die meisten Unternehmer und Führungskräfte von KMU haben Schwierigkeiten mit dem Delegieren von Aufgaben und aufgrund von Zeitmangel6, da sie dem Unternehmen nicht zu lange fernbleiben können. Beispielsweise haben Schweizer KMU-Manager mit Arbeitsüberlastung – durchschnittlich 55,8 Arbeitsstunden pro Woche – zu kämpfen7. Es überrascht daher nicht, daß Schweizer Führungskräfte ihre Weiterbildungsaktivitäten, wenn möglich, auf die Wochenenden beschränken. Diese mit der Delegation von Aufgaben und mit Zeitmangel verbundenen Probleme, bestätigen sich bei einem Blick auf die Anzahl der Tage, die geschäftsführende Firmeneigentümer im Vereinigten Königreich der externen Weiterbildung widmen (siehe Tabelle 9.7). Die Daten zeigen, daß diese Führungskräfte um so mehr Tage für externe Weiterbildung nützen, je größer das betreffende Unternehmen ist8. 1 Hytti, U., Yliopistollisen täydennyskoulutuksen strategiat ja kilpailuvaltit (Strategien und Wettbewerbsvorteile in der Weiterbildung durch Universitäten), Publikationen der Turku School of Economics and Business Administration, C 3/1999, Turku, 1999. 2 Diese Studien sind zusammengefaßt in Ducheneaut, B., Les dirigeants de PME (KMUFührungskräfte), Ed. MAXIMA, Paris, 1996. 3 Stanworth, J., Gray, C. (Hrsg.), Bolton 20 years on (20 Jahre Bolton), in: The Small Firm in the 1990s (Das Kleinunternehmen in den neunziger Jahren), Paul Chapman Publishing, London, 1991. 4 Nieuwenhuis, A.F.M., Steijvers, J.R.L., Opleiding en ontwikkeling (Ausbildung und Entwicklung), 1995. 5 The Foundation for Manufacturing and Industry et al., The Middle Market - How They Perform: Education, Training and Development (Der ‘mittlere’ Markt - wie er sich entwickelt: Ausbildung, Weiterbildung und Entwicklung), Gemeinschaftsbericht der Foundation for Manufacturing and Industry, Coopers & Lybrand und Warwick Business School, 1997. 6 Ducheneaut, B., Les dirigeants de PME (KMU-Führungskräfte), Ed. MAXIMA, Paris, 1996. 7 Füglistaller, U., KMU und ihre Dienstleistungen, Schweizerisches Institut für gewerbliche Wirtschaft, St. Gallen, 1998. 8 Curran, J., et al., Establishing Small Firms’ Training Practices, Needs, Difficulties and Use of Industry Training Organisations (Ausbildungsmethoden, Bedarf, Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Bildungs-Organisationen in kleinen Unternehmen), DfEE Research Studies RS17, HMSO, London, 1996. 333 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 9.7 Zahl der für externe Weiterbildung geschäftsführender Firmeneigentümer in den letzten 12 Monaten genutzten Tage, Verteilung der Unternehmen in Prozent, nach Unternehmensgröße, Vereinigtes Königreich Anzahl der Beschäftigten 1-9 Beschäftigte 10-24 Beschäftigte 25-49 Beschäftigte 50-199 Beschäftigte 1 Tag oder weniger 2-5 Tage 6-15 Tage Mehr als 15 Tage Weiß nicht/Keine Angabe Quelle: 23 % 48 % 20 % 4% 6% 26 % 39 % 36 % 9% 1% 10 % 48 % 29 % 13 % 0% 8% 48 % 34 % 8% 2% Curran, J., et al., Establishing Small Firms’ Training Practices, Needs, Difficulties and Use of Industry Training Organisations (Ausbildungsmethoden, Bedarf, Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Bildungs-Organisationen in kleinen Unternehmen), DfEE Research Studies RS17, HMSO, London, 1996. Außerdem können die meisten Unternehmer und Führungskräfte von KMU die Geschäftsentwicklung nicht mit Sicherheit vorhersehen, und sind daher selten bereit, sich Monate im vorhinein für einen Lehrgang einzuschreiben1. Dies führt offensichtlich zu einer Nachfrage nach kurzen und flexiblen Veranstaltungen, die – wenn möglich – innerhalb des Unternehmens stattfinden. So zeigt beispielsweise eine 1996 unter geschäftsführenden Firmeneigentümern im Vereinigten Königreich durchgeführte Erhebung2, daß 75 % der Führungskräfte in den letzten 12 Monaten an Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen hatten. Diese Veranstaltungen erfolgten meist im Unternehmen, nur 33 % der Eigentümer besuchten externe Kurse. Es gibt noch einige weitere interne Barrieren, die es Führungskräften erschweren, Management-Fortbildung in Anspruch zu nehmen. Diese haben vor allem mit der persönlichen Einstellung der Unternehmer und Manager zum Thema Weiterbildung – wie sie bereits weiter oben in diesem Kapitel dargelegt wurde – zu tun. Beispiele für solche internen Barrieren sind etwa bereits gemachte negative Erfahrungen, Skepsis bezüglich des Nutzens der Weiterbildung oder das vermeintliche Risiko, daß die geschulten Führungskräfte von anderen Unternehmen abgeworben werden3. Schließlich sind KMU-Führungskräfte auch von einigen der externen Barrieren, die den Zugang von Arbeitnehmern zur Weiterbildung behindern, betroffen. Beispiele dafür sind etwa der Mangel an Information für die Auswahl geeigneter Kurse oder der Mangel an für KMU relevanten Veranstaltungen und geeigneten Anbietern4. Dagegen scheinen die Kosten als Barriere für die Weiterbildung von Führungskräften weniger relevant (obwohl zweifellos wichtig) zu sein. So weisen empirische Untersuchungen in Deutschland darauf hin, daß für Unternehmer und Führungskräfte von KMU Dauer und Ort der Lehrgänge entscheidender sind als der Preis der Veranstaltungen5. Für 1 Aschoff, U., Nutzung von Weiterbildungsangeboten und Implementierung von Weiterbildungsinhalten für KMU-Führungskräfte im internationalen Vergleich, Dissertation, Universität St. Gallen, 1995. 2 Curran, J., et al., Establishing Small Firms’ Training Practices, Needs, Difficulties and Use of Industry Training Organisations (Ausbildungsmethoden, Bedarf, Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Bildungs-Organisationen in kleinen Unternehmen), DfEE Research Studies RS17, HMSO, London, 1996. 3 Burke, T., Management Development: Final Report (Managemententwicklung: Endbericht), EU Structural Funds Industry Evaluation Unit, Dublin, 1996. 4 Storey and Westhead, Management Training and Small Firm Performance: A Critical Review (Managementtraining und Entwicklung kleiner Unternehmen: Eine kritische Übersicht), Warwick Business School Centre for SMEs, Working Paper Nr. 18, 1994. 5 O.V., Nicht alle sind wissensdurstig, Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, in: idw Nr. 13 vom 1.4.1999, Köln. 334 Berufliche Bildung und KMU niederländische Manager und Unternehmer ist außerdem auch bedeutsam, daß in dem Lehrgang berufsspezifische Themen angesprochen werden und/oder der Trainer über praktische Erfahrung im betreffenden Beruf verfügt1. 9.4 Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Weiterbildung in KMU Die Entwicklung und immer weiter verbreitete Anwendung der sogenannten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist wahrscheinlich eines der Hauptmerkmale unserer modernen Gesellschaft, obwohl, wie die Europäische Kommission hervorhebt, die Geschwindigkeit, mit der diese Technologien eingeführt werden, in den verschiedenen Ländern, Regionen, Sektoren, Branchen und Unternehmen sehr unterschiedlich ist2. Die IKT haben verschiedene, tiefgreifende Auswirkungen auf die allgemeine und berufliche Bildung: • Einerseits verändern die IKT die Arbeitsorganisation innerhalb der Unternehmen sowie die Struktur der Fähigkeiten und Qualifikationen, die heute von den Unternehmen benötigt werden3. Unser durch ständige Innovation gekennzeichnetes gegenwärtiges technologisches Umfeld verlangt Arbeitgebern wie Arbeitnehmern permanente Lernfähigkeit ab, was auch dazu führt, daß gewisse nicht ausreichend qualifizierte Gruppen Gefahr laufen, allmählich aus dem Arbeitsmarkt und somit aus der Gesellschaft ausgegrenzt zu werden4. • Andererseits bieten IKT neue Chancen als Instrumente der Weiterbildung. Beispiele für diese neuen Chancen sind etwa gemeinschaftliches und interaktives Lernen mit multimedialen Unterrichtsinstrumenten oder die Möglichkeit des weltweiten Zugriffs auf große Informationsmengen über Datennetzwerke5. Außerdem werden IKT heute als wirkungsvolles Weiterbildungsinstrument für Gruppen betrachtet, die nur schwer Zugang zu gängigen Lernmethoden finden6. Beispiele für solche Gruppen sind etwa Behinderte, Kranke oder in anderer Form an das Haus gebundene Menschen, schlecht qualifizierte Jugendliche, Menschen in abgelegenen Gebieten oder – was interessant aus der Sicht von KMU ist – Beschäftigte in Unternehmen, die nicht über firmeninterne Weiterbildungseinrichtungen verfügen7, sowie KMU-Führungskräfte, die wenig Zeit für Weiterbildung haben. 1 Nieuwenhuis, A.F.M., Steijvers, J.R.L., Opleiding en ontwikkeling (Ausbildung und Entwicklung), 1995. 2 Europäische Kommission, Grünbuch - Leben und Arbeiten in der Informationsgesellschaft: Im Vordergrund der Mensch? KOM(96) 389 endg., Brüssel, 1996. 3 Europäische Kommission, Eine europäische Informationsgesellschaft für alle. Abschlußbericht der Gruppe hochrangiger Experten, Brüssel, April 1997. 4 Europäische Kommission, Die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Informationsgesellschaft: Nutzung des Potentials der Informationsrevolution, Bericht an den Europäischen Rat, KOM(98) 590 endg., Brüssel, 1998. 5 Europäische Kommission, Working Document on the Social and Societal Aspects of the Information Society (Arbeitspapier über die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte der Informationsgesellschaft), Brüssel, 1995. Siehe auch Europäische Kommission, Technologies for Knowledge and Skills Acquisition, Proposal for a Research Agenda (Technologien zur Aneignung von Wissen und Fähigkeiten, Vorschlag für ein Forschungsprogramm), Oktober 1997. Dieses Dokument ist unter: http://www2.echo.lu/telematics/education/en/interact/bul_5th2.html#tech2 (Stand am 24. Juli 1999) zu finden. 6 UNEVOC, Vocational Education and Training in Europe on the Threshold of the 21st Century (Berufliche Aus- und Weiterbildung in Europa an der Schwelle zum 21. Jahrhundert), UNESCO, Berlin, 1999. 7 Wie in einem der vorhergehenden Abschnitte ausgeführt, ist der Mangel an unternehmensinternen Einrichtungen für Weiterbildung typisch für die meisten europäischen KMU. 335 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Der Einsatz von IKT bietet enorme Chancen für Unterrichtende und Lernende, nicht nur in traditionellen Kursformen, sondern insbesondere für Menschen in anderen Lernumfeldern wie etwa im Fernunterricht (siehe Tabelle 9.8). In letztgenanntem Bereich kann eine Vielzahl von IKT eingesetzt werden, wie etwa sprachbasierte Technologien (Echtzeit, Voice-Mail), Videotechnologien (Bänder, Live-Übertragung, Kabelfernsehen, Telekonferenzen), CD-ROMs und interaktive Instrumente auf Compact-Disk, computergestützte Technologien und schließlich das Internet1. Tabelle 9.8 Die wichtigsten Vor- und Nachteile des Fernunterrichts für Unternehmen Die wesentlichsten Vorteile: • Organisatorische Aspekte wie flexible Zeiteinteilung, Dezentralisierung des Lernprozesses außerhalb des Unterrichtsorts, ständige Verfügbarkeit der Lehrgänge oder die Möglichkeit, auch geographisch verstreute Teilnehmergruppen zu erreichen; • Geringere Kosten aufgrund des geringeren Zeitaufwandes für Reisen von und zum Unterrichtsort, niedrigerer Transferkosten (Reise, Unterkunft, etc.) und der Möglichkeit, eine große Zahl an Personen auf Basis einer fixen Investition in das Design des Kurses weiterzubilden. Zu diesem Zweck sollte sich freilich der Inhalt nicht ändern und der Kurs von einer großen Anzahl von Unternehmen genutzt werden. • Unterrichtsbezogene Aspekte wie die gleichzeitige Vermittlung der Inhalte an alle Teilnehmer, Anpaßbarkeit an unterschiedliche Gewohnheiten und Lernrhythmen, Möglichkeit einer auf den Lernenden zugeschnittenen Form des Unterrichts und des Eingehens der Trainer auf den einzelnen Teilnehmer. Die wesentlichsten Nachteile: • Schwierigkeiten beim vertiefenden Studium bestimmter Lerninhalte; • Schwierigkeiten beim Gedanken- und Ideenaustausch sowie Isolationsprobleme. Diese Probleme werden teilweise durch die neuen Kommunikationstechnologien beseitigt. • Schwierigkeiten bei der Schaffung von Feed-back-Mechanismen; • Schwierigkeiten in der Erreichung von Lernzielen im Bereich von sozialen oder praktischen Fähigkeiten; • Schwierigkeiten gering qualifizierter Arbeitskräfte und schwach motivierter Teilnehmer, mit dem Lernstoff Schritt zu halten; • Die gegenwärtig nur geringe Menge an Unterrichtsmaterialien, die auf die Weiterbildungsbedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten sind. Daraus entsteht die Notwendigkeit maßgeschneiderte, aber kostspielige Lernmaterialien anzuschaffen. Quelle: AECS (Association of European Correspondence Schools), XV European Congress of Distance Training, Minutes Book (XV. Europäischer Kongreß für Fernunterricht, Konferenzdokumentation), 1996, entnommen aus: Rubio Hurtado, M., und Escofet Roig, A., La Formación a Distancia en la Pequeña y Mediana Empresa. Usos y Posibilidades (Fernunterricht in KMU, Anwendungen und Möglichkeiten), in: Capital Humano, Nr. 118, 1999. Darüber hinaus führt die Verschmelzung zwischen Multimedia- und Telekommunikationstechnologien zu vielfältigen Möglichkeiten im Bereich des Fernunterrichts wie etwa interaktive Klassen, laufende Aktualisierung der Lernmaterialien, auf dem Fernweg abgehaltene Prüfungen, etc2. In den letzten Jahren wurden beträchtliche 1 Neue Entwicklungen im IKT-Bereich werden auch in Kapitel 5 dieses Berichts behandelt. Auch die Europäische Kommission hat sich mit den von den IKT im Weiterbildungsbereich eröffneten Möglichkeiten befaßt. So hat die Kommission innerhalb des 4. Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung das Programm „Telematikanwendungen” eingerichtet. Eine der wichtigsten Aktionslinien war das Teilprogramm „Aus- und Weiterbildung”, das das Ziel verfolgte, die Verbesserung des Zugangs zum lebensbegleitenden Lernen für Unterrichtende, Lernende, Ausbilder und Auszubildende gleichermaßen durch den Einsatz der neuen Technologien zu unterstützen. Das 5. Rahmenprogramm (1998-2002) beinhaltet die Leitaktion III, „Multimedia-Inhalte und -Werkzeuge”, mit denselben Zielsetzungen. 2 336 Berufliche Bildung und KMU Fortschritte in der Quantität und Qualität des Angebots an Multimediaprodukten und -dienstleistungen für die allgemeine und berufliche Bildung gemacht1, wobei diese Produkte in einigen Fällen auch von den KMU selbst entwickelt wurden2. Fallstudie eines KMU, das erfolgreich neue, interaktive Lernprodukte entwickelt Boxer Technology AS in Kristiansand, Norwegen, ist ein Unternehmen mit 40 Beschäftigten, das auf die Entwicklung von IT-gestützten Programmen für interaktives Lernen spezialisiert ist. Der Ausgangspunkt waren speziell für Großunternehmen in der Ölbranche, Schiffahrt und Luftfahrt entwickelte Simulationsprogramme. Das gegenwärtige Produktsortiment enthält auch standardisierte Lernprogramme für Softwareanwendungen, die von großen wie kleinen Unternehmen eingesetzt werden. Quelle: Agder Research Foundation. Es liegen nur wenige veröffentlichte Informationen bezüglich des Einsatzes von IKT zu Weiterbildungszwecken in KMU vor, wobei der Großteil dieser Informationen als „theoretisch” bezeichnet werden kann3. Dennoch haben sich verschiedene Studien mit dem Thema auch aus empirischer Perspektive beschäftigt. Daten aus Dänemark zeigen, daß die Nutzung von IKT für Fernunterricht und Selbststudium direkt mit der Unternehmensgröße zusammenhängt, wobei der Einsatz von IKT für die Weiterbildung mit der Firmengröße zunimmt4. Die Mehrzahl der dänischen Unternehmen stellte fest, daß ihre Erwartungen an die Anwendung von IKT für die Weiterbildung erfüllt wurden. Mehrere österreichische und britische Studien zeigen, daß KMU stark daran interessiert sind, Computer-Based Training (CBT) in ihren Unternehmen einzuführen. So sind gemäß der österreichischen Studie 74 % der befragten KMU an CBT interessiert (vor allem wegen der Vorteile im Zusammenhang mit Fernunterricht), obwohl nur 18 % in der Stichprobe CBT bereits verwendet und erst 7 % CBT an ihrem Firmenstandort eingesetzt haben5. Der Größeneffekt ergibt sich zum Teil aus der Tatsache, daß Kleinunternehmen beim Einsatz von IKT als Hilfsinstrument6 im allgemeinen zurückliegen, wobei die meisten KMU Informations- und Kommunikationstechnologien lediglich für grundlegende Funktionen wie Textverarbeitung oder Finanzverwaltung einsetzen. Die Mehrzahl der KMU zieht daher Weiterbildung durch IKT zwar theoretisch in Erwägung, wendet es in der Praxis aber kaum an. Außerdem muß auf die bestehenden 1 SCIENTER, Multimedia Educational Software Observatory (MESO), Final Report - European Overview (Multimedia Lern-Software, Endbericht - Überblick Europa), GD XXII, Brüssel, 1998. 2 Fournet, M., Bedin, V., L’Ingénierie de Formation entre Traditionalisme et Modernisme (Gestaltung der Bildung zwischen Traditionalismus und Moderne), Formation Emploi, Nr. 63, Paris, 1998. 3 Siehe dazu etwa Straka, G., Stöckl, M., New Learning Formats and Venues in the Context of Information and Communication Technologies (Neue Muster und Orte des Lernens im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologien), in: CEDEFOP, Vocational Education and Training - The European Research Field, Background Report, Thessaloniki, 1998. 4 Information technology for training purposes in private enterprises (Informationstechnologie für Weiterbildung in der Privatwirtschaft), Erhebung durchgeführt von IFKA für Centre for Technology Supported Learning, Februar 1999. Diese Fragebogenerhebung wurde unter einer repräsentativen Auswahl dänischer Privatunternehmen durchgeführt. 5 „Tele-Lernen”, unveröffentlichter Bericht, Dezember 1996 - November 1997, TelelernenProjekt, S. 11. 6 Für eine ausführliche Diskussion dieses Themas siehe Kapitel 8 über Informationstechnologien in KMU im Vierten Bericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU, Zoetermeer, 1996. 337 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht nationalen Unterschiede hinsichtlich des Zugangs zu Computern hingewiesen werden1, ein Aspekt der deren Einsatz für die Weiterbildung natürlich beeinflußt. KMU führen mehrere Barrieren für den Einsatz von IKT für Fernunterricht und Selbststudium ins Treffen. Für die österreichischen KMU2 scheinen neben den technischen Schwierigkeiten in Zusammenhang mit den Lernprogrammen insbesondere die Probleme der sozialen Isolation und des Mangels an menschlichen Kontakten3 große Bedeutung zu haben. Hingegen sehen die britischen KMU4 vor allem in den hohen Kosten von IKT, der schwierigen Unterscheidbarkeit zwischen den vielen Anbietern5 und den häufigen technologischen Veränderungen6 die größten Hindernisse. Umgekehrt geben dänische KMU, die IKT nicht für Weiterbildungszwecke eingesetzt haben, an, daß ihre Entscheidung eine in hohem Maß bewußte Wahl darstelle, da ihre Weiterbildungsbedürfnisse besser auf andere Art und Weise abgedeckt würden und wirtschaftliche Hindernisse nicht entscheidend seien7. Portugiesische Fallstudie zum erfolgreichen Einsatz von IKT in der KMU-Weiterbildung Die Initiative ‘Formação à Distância’ (Fernunterricht) im Rahmen des Unterprogramms ‘Formação PME’ (KMU-Weiterbildung), das von AIPortuense (Industrieverband Porto) betreut wird, ist eine interessante Fallstudie über den erfolgreichen Einsatz der Informationstechnologie für Weiterbildungszwecke in KMU. Die eine Vielzahl von Themen (z. B. Zeitmanagement, Verkauf, Finanzverwaltung, Qualitätssysteme oder Arbeitsbedingungen) umfassenden Lehrgänge, werden jeweils rund um eine Teilnehmergruppe organisiert. Die Lehrgänge beinhalten eine Einführungsveranstaltung, bei welcher der Lehrgang vorgestellt und die Formen der Teilnahme und Kommunikation erklärt werden, eine Online-Konferenz zwischen Teilnehmern und Trainer, ein Kommunikationssystem zwischen Trainer und Teilnehmern sowie eine Abschlußveranstaltung mit Kursevaluierung. Das Kommunikationssystem ermöglicht Rückmeldungen im Unterrichtsprozeß mittels elektronischer Post. Jeder Lehrgang enthält eine interaktive Multimedia-CD-ROM, ein Lernvideo und ein Lehrbuch als Unterrichtsmaterialien. Quelle: Associação Empresarial de Portugal. 1 Eine ausführliche Diskussion dieser Frage findet sich in: OECD, Information Technology Outlook 1997 (Informationstechnologie - Ein Ausblick), Paris, 1997. Auch Kapitel 5 des vorliegenden Berichtes befaßt sich mit einigen Aspekten dieses Themas. 2 Thum-Kraft, M., Einsatz neuer Medien in der betrieblichen Weiterbildung, in: Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, Lebensbegleitendes Lernen - Aktuelle Beiträge zur beruflichen Weiterbildung in Österreich, Wien, 1997. 3 Dieser Punkt ist insofern bedeutsam, als ein Hauptvorteil der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien mit der Erwartung verbunden ist, daß Form, Ausmaß und Radius der möglichen Sozialkontakte dadurch zunehmen sollten. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die persönliche Interaktion durch „parasoziale Interaktion” in den neuen Medien ersetzt werden kann. Diese Überlegung findet sich in Straka, G., Stöckl, M., New Learning Formats and Venues in the Context of Information and Communication Technologies (Neue Muster und Orte des Lernens im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologien), in: CEDEFOP, Vocational Education and Training - The European Research Field, Background Report, Thessaloniki, 1998. 4 Howard, K., IT Means Business? A Survey of Attitudes in Smaller Businesses to Information and Technology (Bedeutet IT geschäftlichen Erfolg? Eine Erhebung über die Einstellung kleinerer Unternehmen zu Information und Technologie), Institute of Management, 1997. 5 Dieses Ergebnis wird auch in Kailer, N. (Hrsg.), Innovative Weiterbildung durch Computer Based Training - Ergebnisse einer europaweiten Studie, Wien, Signum, 1998, bestätigt. 6 Es überrascht daher nicht, daß bis zu 21 % der britischen KMU meinen, die sich aus IT ergebenden Vorteile würden überschätzt. 7 Information technology for training purposes in private enterprises (Informationstechnologie für Weiterbildung in der Privatwirtschaft), Erhebung durchgeführt von IFKA für Centre for Technology Supported Learning, Februar 1999. 338 Berufliche Bildung und KMU Isländische Daten weisen auf mehrere bedeutende Barrieren für die Verbreitung von IKT im allgemeinen hin1. Diese Hindernisse umfassen etwa den eingeschränkten Zugang und die begrenzten Kenntnisse der Kunden in technischen Fragen, die bestehenden technischen Schwierigkeiten in bezug auf die Geschwindigkeit der Kommunikation, die Verfügbarkeit der geeigneten Infrastruktur, die hohen Kosten des IKT-Einsatzes, den geringen Umfang an Lehrbüchern und schließlich den Mangel an Lehrkräften. Desweiteren weisen andere Autoren auf die Hindernisse in Zusammenhang mit dem Erwerb der erforderlichen Kenntnisse für die erfolgreiche Nutzung von IKT (als Teilnehmer wie als Lehrkraft) hin2. Der ENSR Enterprise Survey 1999 liefert einige interessante Informationen über den Einsatz von IKT zu Weiterbildungszwecken. Hauptsächlich werden traditionelle Instrumente wie schriftliche Unterlagen und Bücher von den europäischen KMU zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter verwendet, während andere, neue und innovativere Instrumente weniger verbreitet sind (siehe Tabelle 9.9). Bis zu 66 % der befragten, in beruflicher Weiterbildung aktiven europäischen KMU verwenden schriftliche Unterlagen für die Weiterbildung, während dieser Prozentsatz bei anderen, innovativeren Medien wie Videos, CD-ROMs oder Internet weit geringer ist (24 %, 25 % bzw. 22 %)3. Allerdings scheinen die neuen innovativen Medien wie Internet und CDROMs, aus der Perspektive der Entwicklungsdynamik, im Vergleich zu den traditionellen Weiterbildungsinstrumenten immer mehr an Bedeutung zu gewinnen4. Tabelle 9.9 Einsatz verschiedener Medien durch KMU für die Weiterbildung, Europa-19 Größenklasse Internet 0 Beschäftigte 1-9 Beschäftigte 10-49 Beschäftigte 50-249 Beschäftigte Gesamt 20 22 26 23 22 % % % % % CD-ROM 24 25 30 34 25 % % % % % Video 16 26 32 39 24 % % % % % Schriftliche Unterlagen 65 66 65 66 66 % % % % % Weiß nicht/ Keine Angabe 24 15 15 12 18 % % % % % Anmerkung: Die Daten beziehen sich lediglich auf KMU, die BWB-Aktivitäten durchführen. Die Zeilensumme kann 100 % übersteigen. Quelle: ENSR Enterprise Survey 1999. Andererseits ist es interessant, daß mit Ausnahme des Internet und herkömmlicher schriftlicher Unterlagen eine positive Beziehung zwischen der Unternehmensgröße und dem Einsatz der Medien für die Weiterbildung, etwa bei CD-ROMs oder Videos, besteht. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, daß KMU in der Anwendung des Internet heute nicht mehr so wie noch vor einigen Jahren hinter den Großunternehmen nachhinken. 1 VMA (Verkmenntaskólinn á Akureyri), Hör∂ur Ágústsson, Reykjavik, April 1999. Roberts, J.M., Keough, E.M. (Hrsg.), Why the Information Highway? Lessons from Open and Distance Learning (Warum der Informations-Highway? Lehren aus dem offenen und dem Fernunterrricht), Trifolium Books Inc, Toronto, 1995. 3 Dieses Ergebnis wird auch durch eine spanische Studie bestätigt, die zeigt, daß fortschrittliche Telematik-Instrumente für den Fernunterricht von spanischen Unternehmen kaum eingesetzt werden, während schriftliche Unterlagen weit verbreitet sind. Der geringe Entwicklungsgrad des CBT-Angebots wird hier als Hauptursache dafür angegeben. Eine ausführliche Diskussion findet sich in Rubio Hurtado, M., und Escofet Roig, A., La Formación a Distancia en la Pequeña y Mediana Empresa. Usos y Posibilidades (Fernunterricht in KMU, Anwendungen und Möglichkeiten), in: Capital Humano, Nr. 118, S. 42-48, 1999. 4 Howard, K., IT Means Business? A Survey of Attitudes in Smaller Businesses to Information and Technology (Bedeutet IT geschäftlichen Erfolg? Eine Erhebung über die Einstellung kleinerer Unternehmen zu Information und Technologie), Institute of Management, 1997. 2 339 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Für diesen Abschnitt kann abschließend die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die neuen Technologien bedeutende Perspektiven für das lebensbegleitende Lernen und die lebensbegleitende Bildung eröffnen können, falls so viele Menschen wie möglich Zugang zu ihnen erhalten und sie zu nutzen vermögen. Allerdings passen sich, wie die Studiengruppe Allgemeiner und Beruflicher Bildung betont1, die europäischen Aus- und Weiterbildungssysteme nur sehr langsam an diese neuen Anforderungen und technologischen Innovationen an, insbesondere soweit KMU betroffen sind. Deshalb muß Europa in den nächsten Jahren verstärkte Bemühungen und Anstrengungen unternehmen, um den Entwicklungsstand in anderen fortgeschrittenen Gebieten der Welt wie den USA oder Japan aufzuholen. 9.5 Politische Maßnahmen zur Förderung beruflicher Weiterbildung in KMU Die Vielfalt der bestehenden Maßnahmen und Systeme beruflicher Weiterbildung in Europa ist so groß, daß es äußerst schwierig ist, sich einen klaren allgemeinen Überblick zu verschaffen2. Diese Vielfalt ergibt sich aus dem Bestehen oder Fehlen verschiedener Elemente wie gesetzlicher Rahmen und Institutionen, Finanzierungsquellen oder politischer Programme, die auf die Förderung beruflicher Weiterbildung in Unternehmen abzielen. In Anbetracht dieser Situation betont Artikel 127 des Unionsvertrages, daß die EU ihre Aktivitäten auf die Unterstützung der nationalen Politiken der Mitgliedstaaten beschränken sollte. Der Artikel erklärt ausdrücklich, daß die Maßnahmen der Gemeinschaft in keiner Weise die Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten vorsehen, deren Zuständigkeit für die Inhalte von Programmen und die Organisation der Weiterbildung bestätigt wird. Trotz dieser Unterschiede können verschiedene Trends ausgemacht werden, die den nationalen Systemen der beruflichen Weiterbildung gemeinsam sind3. Zu diesen zählen etwa: • Die Verbindung zwischen beruflicher Erst- und Weiterbildung wird zunehmend verstärkt – ein Trend, der sich darin widerspiegelt, daß Berufsbildungseinrichtungen vermehrt in beiden Bildungsformen tätig werden. • Der Anrechnung von Qualifikationen und der Zertifizierung von Kompetenzen wird verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet, was sowohl die Qualität von Bildungssystemen erhöhen als auch die Anerkennung von Titeln und Ausbildungen innerhalb und zwischen den europäischen Staaten fördern soll. • Es besteht der Trend, die Bedeutung des Staates für Finanzierung und Angebot von Weiterbildungsaktivitäten zu vermindern und die Verantwortung der Sozialpartner und des einzelnen erwachsenen Lernenden zu erhöhen. Zuständigkeiten und Verantwortung für BWB werden also stärker zum Privatsektor verlagert. Ein gutes Beispiel dafür ist der Fall Spaniens, wo die Verwaltung der Budgets für BWB 1 Studiengruppe Allgemeiner und Beruflicher Bildung, Europa verwirklichen durch die allgemeine und berufliche Bildung, Europäische Kommission, Luxemburg, 1997. 2 Eine umfassende Darstellung der bestehenden nationalen Systeme der beruflichen Weiterbildung in den EU-Mitgliedstaaten findet sich in: Europäische Kommission, Continuing Vocational Training: Europe, Japan and the United States of America (Berufliche Weiterbildung: Europa, Japan und die Vereinigten Staaten von Amerika), Luxemburg, 1997. 3 Münk, D., Lipsmeier, A., Objectives, Realisation and Organisation of Continuing Vocational Education and Training (Zielsetzungen, Umsetzung und Organisation von beruflicher Aus- und Weiterbildung), in: CEDEFOP, Vocational Education and Training - The European Research Field, Background Report, Thessaloniki, 1998. 340 Berufliche Bildung und KMU seit 1993 in der Verantwortung der FORCEM-Stiftung liegt, welche sich aus dem wichtigsten spanischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaften zusammensetzt. • Es besteht eine starke Tendenz zur Dezentralisierung und Regionalisierung vor allem durch die Übertragung von Kompetenzen und Verantwortung von der zentralen auf die regionale bzw. lokale Ebene. Durch diesen Regionalisierungsprozeß sollen die bestehenden Bildungsangebote und -maßnahmen an die Bedürfnisse der lokalen Wirtschaft angepaßt werden. • In Zusammenhang mit dem vorgenannten Punkt steht schließlich, daß die Systeme der beruflichen Weiterbildung zunehmend auf die Bedürfnisse von KMU eingestellt werden. So empfiehlt auch die Europäische Kommission, die KMU in allen Mitgliedstaaten an die Spitze der politischen Agenda zu setzen1. In ganz Europa besteht eine Anzahl von politischen Programmen und Initiativen zur Förderung von allgemeiner beruflicher Weiterbildung unter besonderer Berücksichtigung der KMU. So startete die Europäische Kommission 1994 auf europäischer Ebene das Programm ‘Leonardo da Vinci’ für einen Zeitraum von fünf Jahren, 1995-1999. Das Programm ‘Leonardo da Vinci’ ist heute das Dachprogramm für die Bildungspolitik der EU. Sein wichtigstes Ziel besteht in der Unterstützung der Entwicklung von politischen Maßnahmen und innovativen Aktionen in den Mitgliedstaaten, insbesondere von transnationalen Partnerschaften zwischen verschiedenen im Bildungswesen engagierten Organisationen. Das Programm enthält fünf strategische Prioritäten, und zwar i) den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten; ii) die Schaffung engerer Verbindungen zwischen Schulen und Unternehmen; iii) den Kampf gegen Ausgrenzung; iv) die Förderung von Investitionen in Humanressourcen und schließlich v) den Einsatz der Informationstechnologie für den Aufbau der Lernenden Gesellschaft. Auf gesamteuropäischer Ebene sollten zudem die Aktivitäten von CEDEFOP in Thessaloniki (Griechenland) und der Euröpäischen Stiftung zur Förderung der beruflichen Bildung (European Training Foundation-ETF) in Turin (Italien) erwähnt werden. CEDEFOP (Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung) ist seit 1976 mit der Förderung und Entwicklung der Berufsbildung junger Menschen und der Weiterbildung Erwachsener befaßt, vor allem durch die europaweite Koordination von Analyse- und Forschungsaktivitäten. Die Euröpäische Stiftung zur Förderung der beruflichen Bildung soll die Zusammenarbeit und die Koordinierung der Hilfestellungen in Zusammenhang mit der Reform der Berufsbildungssysteme in Mittel- und Osteuropa, den Neuen Unabhängigen Staaten und der Mongolei und seit Juli 1998 in den Ländern des MEDA-Programms fördern. Im Dezember 1999 hat die Europäische Kommission zwecks Erforschung, Formgebung und Umsetzung des BENE-Netzes (Business Education Network) einen Vertrag unterzeichnet. BENE soll ein pan-europäisches Netz von Bildungsorganisationen, einschließlich bestehender Netze, werden, das sich direkt entweder der Lehre des Unternehmertums oder der Ausbildung von Unternehmern widmet, mit dem Ziel der Förderung des Erfahrungsaustausches, des Kultur-übergreifenden Lernens, komparativer Analysen und – soweit relevant – der Identifizierung von besten Verfahren. Auf nationaler Ebene werden in den Staaten Europas ebenfalls verschiedene politische Strategien zur Förderung der beruflichen Weiterbildung in KMU entwickelt. In einigen Fällen (z. B. Frankreich, Norwegen) sind alle Unternehmen (auch Selbständige und Freischaffende) verpflichtet, sich an der Finanzierung der Berufsbildung von Arbeitnehmern zu beteiligen. 1 Europäische Kommission, Bericht über den Zugang zur beruflichen Weiterbildung (Empfehlung des Rates vom 30. Juni 1993), KOM(97) 180 endg., Brüssel, 1997. 341 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Zu diesem Zweck müssen etwa französische Unternehmen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Bruttolohnsumme für die Finanzierung von berufsbildenden Aktivitäten zugunsten von Arbeitnehmern aufwenden, wobei die Höhe dieser gesetzlichen Verpflichtung von der Größe des Unternehmens abhängt. Wird der Betrag nicht für Weiterbildungszwecke ausgegeben, muß er in entsprechender Höhe jedenfalls in eine gemeinsame Kasse (OPCA und FONGECIF) einbezahlt werden, aus der die berufsbildenden Aktivitäten anderer Unternehmen im Rahmen des sogenannten Systems des „wechselseitigen Weiterbildungsfonds” finanziert werden. Auch ist interessant, daß Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten gesetzlich verpflichtet sind, ein schriftliches Dokument zur Darstellung ihrer jährlichen Aktivitäten in der beruflichen Weiterbildung vorzulegen. In Norwegen wird eine ähnliche Bestimmung durch ein Rahmenübereinkommen zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen geregelt. Andere europäische Länder haben unterschiedliche politische Konzepte zur Unterstützung beruflicher Weiterbildung in KMU entwickelt. Für Irland ist hier etwa das „Training Support Scheme” (TSS) zu nennen. Das TSS soll die Fähigkeiten von irischen KMUBeschäftigten auf allen Ebenen, vom Arbeiter bis zum Manager, verbessern. Die Unterstützung wird in Form von Beihilfen für anspruchsberechtigte Unternehmen gewährt, damit diese ihren Weiterbildungsbedarf auf dem Markt decken können. Am TSS teilnehmende Unternehmen müssen zu Beginn belegen, daß ihr Weiterbildungsbedarf klar definiert wurde und an einen Unternehmensplan oder eine Unternehmensstrategie gekoppelt ist. Die Höhe der Beihilfen hängt von der Unternehmensgröße ab, wobei Rahmenquoten festgesetzt wurden, um sicherzustellen, daß 50 Prozent der Mittel Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten zugute kommen. In anderen Ländern (z. B. den Niederlanden) wird Unterstützung durch Steuererleichterungen gewährt. Die niederländische „Extra scholingsaftrek in de winstsfeer” (Sondersteuerermäßigung vom Gewinn) soll einen Anreiz zu beruflicher Weiterbildung für Beschäftigte1 geben, wobei die Beschäftigten in KMU besonders berücksichtigt werden. Aus diesem Grund umfaßt diese Unterstützung eine zusätzliche Möglichkeit des Steuerabzugs neben dem üblichen Steuerabzug für Bildungszwecke. Es ist geplant, daß in Österreich mit der „Steuerreform 2000” ähnliche steuerliche Anreize eingeführt werden, wodurch Investitionen in Humankapital den gleichen Begünstigungen unterlägen wie andere Kapitalinvestitionen. Andere Länder haben Netzwerke zur Unterstützung beruflicher Weiterbildung eingerichtet. Im Fall Portugals soll durch das „Programa Piloto Formação PME” (Pilotprogramm für KMU-Weiterbildung) ein Bildungs- und Beratungsnetzwerk zur Unterstützung des Managements kleiner Unternehmen aufgebaut werden, mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe und das Qualifikationsniveau ihrer Beschäftigten zu verbessern. Dieses staatliche Programm bietet ein für Unternehmen kostenloses, kombiniertes Qualifikationsprofil aus Trainern und Beratern an. Eine ähnliche Idee wurde bereits früher im Vereinigten Königreich mit der Schaffung des National Centre for Vocational Qualification (NCVQ) (Nationales Zentrum für berufliche Qualifikation) und der im Jahr 1991 folgenden Einrichtung eines Netzwerks regionaler Training and Enterprise Councils (TECs) (Rat für Ausbildung und Unternehmen) realisiert. Diese sind verantwortlich für die Weiterbildung in kleinen Unternehmen und sollen die Umsetzung von Weiterbildungsaktivitäten administrieren. Trotz der gegenwärtigen Entwicklungen im Bereich politischer Maßnahmen, die auf direkte oder indirekte Förderung beruflicher Weiterbildung in KMU abzielen, 1 Die Definition der Teilnehmer an beruflicher Weiterbildung in den Niederlanden umfaßt sowohl Beschäftigte als auch Personen auf Arbeitssuche. 342 Berufliche Bildung und KMU zeigen die nur begrenzt verfügbaren empirischen Daten zu diesem Thema, daß in dieser Hinsicht noch viel Raum für Verbesserungen besteht. KMU erachten den Wert bestehender staatlicher Unterstützung für berufliche Weiterbildung als gering, was auch ihre nur begrenzte Nutzung der Programme erklären könnte. Eine in 11 europäischen Ländern durchgeführte Studie1 kommt zu dem Ergebnis, daß nur drei von zehn in beruflicher Weiterbildung aktiven europäischen KMU öffentliche Hilfe auf diesem Gebiet in Anspruch genommen haben. Die befragten europäischen KMU bewerteten die bestehenden staatlichen Programme zur Unterstützung beruflicher Weiterbildung im Durchschnitt mit 37,4 auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 100 (sehr gut). Diese Bewertung nahm mit der Größe der Unternehmen ab. 9.6 Politische Empfehlungen Entscheidungsträger in der Politik widmen dem Thema berufliche Weiterbildung zunehmende Aufmerksamkeit, vor allem durch die Entwicklung von Unterstützungsprogrammen zur Verbesserung der Qualifikation und der Beschäftigungschancen der Erwerbstätigen. Trotz dieses steigenden politischen Interesses können KMU keinen uneingeschränkten Nutzen aus diesem Hilfsrahmen für Bildungsaktivitäten ziehen. Dieses Kapitel hat gezeigt, daß KMU mit speziellen Barrieren im Bereich der Weiterbildung konfrontiert sind, die bei der Gestaltung einer erfolgreichen, KMU-orientierten Weiterbildungspolitik berücksichtigt werden müssen. Folglich sollte eine KMU-orientierte Weiterbildungspolitik, unabhängig von den bestehenden Unterschieden in den gesetzlichen und kulturellen Rahmenbedingungen innerhalb des Europa der 19, die folgenden Elemente in ausreichendem Maß berücksichtigen: • Vor allem müssen die staatlichen Stellen massive Anstrengungen zur Verbesserung der grundlegenden Qualifikationen unternehmen, die das allgemeine Bildungssystem vermittelt. Diese Fähigkeiten stellen die Basis sowohl für die Beschäftigungschancen als auch für das weitere lebensbegleitende Lernen dar. • Entscheidungsträger sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem privaten Bereich sollten die Idee der Aus- und Weiterbildung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer als lebenslanges strategisches Instrument der Unternehmensführung unterstützen. • Investitionen von KMU in die Qualifikationsentwicklung und Weiterbildung müssen von den öffentlichen Stellen speziell angeregt und stimuliert werden, da externe Unterstützung – wie in diesem Kapitel gezeigt wurde – als entscheidend für die Durchführung von Weiterbildungsaktivitäten betrachtet wird, insbesondere wenn es sich um kleinere Unternehmen und weniger qualifizierte Arbeitnehmer handelt. Diese Empfehlung kann auch auf jene Länder ausgeweitet werden, in denen über die Bildungsausgaben von den Sozialpartnern auf Sektor-/Branchenebene entschieden wird. • Berufliche Weiterbildung sollte vom Staat genauso wie jede andere Sachinvestition behandelt werden, damit könnten Bildungsmaßnahmen durch bestehende Anreize (z. B. Steuererleichterungen) gefördert werden. • In Zusammenhang mit dem vorhergehenden Punkt ist es von größter Wichtigkeit, bessere Methoden zur Bewertung langfristiger, immaterieller Vermögens1 IKEI u. ENSR, Training Processes in SMEs: Practices, Problems and Requirements (Weiterbildungsprozesse in KMU: Maßnahmen, Probleme und Anforderungen), Projekt finanziert durch das Leonardo-Programm, Donostia-San Sebastián, 1997. 343 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht werte (z. B. von Unternehmen durchgeführte Weiterbildungsaktivitäten) zu entwickeln. Während die Anschaffung neuer Maschinen nach den heutigen Methoden des Rechnungswesens als Investition betrachtet wird, gilt der Erwerb neuer Fähigkeiten und Kenntnisse zur Bedienung dieser Maschinen häufig als Kostenfaktor, dessen Wert „unsichtbar” bleibt. Diese Frage ist insofern entscheidend, da sie auch die Art und Weise der externen Unternehmensbewertung durch potentielle Investoren und Gläubiger beeinflussen kann. • Jede auf KMU ausgerichtete Unterstützung sollte nicht nur die direkten Kosten berücksichtigen, die mit der Weiterbildung verbunden sind (Kursgebühren, Unterrichtsmaterial, Reisekosten), sondern auch die indirekten Kosten (d. h. Kosten aufgrund von Produktionsausfällen oder für Ersatzarbeitskräfte), da solche Kosten für KMU besonders relevant sind. • Die Unterstützung von Beratungsdienstleistungen wurde in der Entwicklung von politischen Maßnahmen bislang meist ignoriert. Dieses Kapitel hat jedoch gezeigt, daß die Mehrzahl der KMU externe Beratung und Anleitung benötigen, um ihren Weiterbildungsbedarf erkennen und formulieren zu können. • Um die Weiterbildung von Unternehmern und Führungskräften von KMU zu fördern, sollten staatliche Stellen auch andere Maßnahmen als formelle Schulungsformen unterstützen. Dieses Kapitel hat gezeigt, daß Firmeneigentümer und Manager von KMU vorzugsweise aus dem Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften lernen. Die Schaffung solcher Unternehmervereinigungen und Foren für den Erfahrungsaustausch könnte eine wertvolle Hilfestellung für Weiterbildungszwecke darstellen. • Die staatlichen Stellen sollten die Nutzung der durch die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eröffneten Möglichkeiten für die Weiterbildung unterstützen. Zu diesem Zweck sollte der Verbesserung der bestehenden IKT-Infrastruktur und der Kenntnisse der Bevölkerung im Umgang mit Computern sowie der Senkung der Kosten für entsprechende Ausrüstung von Schulen besondere Aufmerksamkeit zukommen. • Öffentliche Unterstützung für berufliche Weiterbildung muß auf die administrativen Belastungen und Verwaltungskosten bedacht sein, da KMU dadurch besonders beeinträchtigt werden. Außerdem sollte der Wissens- und Informationsstand der KMU über die verfügbaren Weiterbildungsprogramme und maßnahmen erhöht werden. • Die öffentlichen Einrichtungen müssen Methoden zur Evaluierung des bestehenden Weiterbildungsangebots entwickeln bzw. verbessern, damit dessen Qualität laufend erhöht und an die aktuellen Bedürfnisse und Anforderungen der Unternehmen angepaßt werden kann. Zudem muß sichergestellt werden, daß starke Anreize für die Anbieter von Weiterbildungsleistungen bestehen, laufend Innovationen im Bildungsbereich zu entwickeln. • Die Anbieter von Weiterbildungsleistungen müssen danach trachten, ihr Angebot an die tatsächlichen Bedürfnisse der KMU anzupassen, da ansonsten jegliche staatliche Unterstützungsmaßnahme zur Intensivierung der beruflichen Weiterbildung in KMU vermutlich nur von geringem Erfolg gekrönt sein wird. • Schließlich sollte auch die Unterstützung einzelner Beschäftigter, die ihre eigenen Kenntnisse unabhängig vom Bedarf des Unternehmens auf den neuesten Stand bringen wollen, nicht vergessen werden. Das neue Paradigma des Wettbewerbs fordert vom Einzelnen, für die eigene Weiterbildung und die Aktualisierung der erworbenen Kenntnisse selbst verantwortlich zu sein. Spezielle Aufmerksamkeit sollten dabei Gruppen mit besonderen Schwierigkeiten im Zugang zu beruflicher Weiterbildung erhalten, d. h. Personen, die für Kinder sorgen müssen, ältere Beschäftigte oder behinderte Arbeitnehmer. 344 10 Neue Dienstleistungen Koordination: CREA ‘Furio Cicogna’, Bocconi University DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE • Die Mehrheit der neuen Unternehmen ist im Dienstleistungssektor entstanden und über 80 % aller neuen Arbeitsplätze, die in den letzten zehn Jahren in Europa geschaffen wurden, sind ebenfalls dem Dienstleistungssektor zuzuordnen. • Technologische Faktoren, wirtschaftliche Entwicklungen, soziokulturelle, soziodemographische und institutionelle Faktoren schaffen neue Bedürfnisse und ändern die Art und Weise, in der Geschäfte abgewickelt werden. Die dadurch entstehenden neuen Dienstleistungen bestimmen die Entwicklung des gesamten Dienstleistungssektors. Diese neuen Dienstleistungen sind aber aufgrund der hohen Entwicklungsdynamik statistisch schwer zu erfassen. • Neue Dienstleistungen und neue Formen bestehender Dienstleistungen spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung unternehmerischer Qualifikationen sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. • Zwei Veränderungen wirken sich besonders stark auf den Bereich der neuen Dienstleistungen aus. Erstens hat die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) die möglichen Charakteristika von Dienstleistungen und ihre räumlichen und zeitlichen Abhängigkeiten tiefgreifend verändert und Chancen für Innovationen bei neuartigen und erneuerten Dienstleistungen geschaffen, die oft mit einem Übergang von Dienstleistungen, bei denen das Wissen beim Anbieter liegt, zu solchen Dienstleistungen, bei denen ein gewisser Wissensgrad beim Konsumenten liegt, bzw. mit einem Übergang von arbeitsintensiven zu fast arbeitsfreien Dienstleistungen, verbunden ist. Zweitens steigt die Nachfrage nach persönlichen Dienstleistungen aufgrund verschiedener sozioökonomischer Veränderungen, wie etwa Einschränkungen bei vielen staatlichen Dienstleistungen, Entstehen von Familien mit Doppeleinkommen, einer zunehmend älteren Bevölkerung sowie des Trends zu einer auf Wissen aufgebauten Wirtschaft. Einige dieser Phänomene erzeugen ein Überangebot gering qualifizierter Arbeitskräfte mit relativ niedrigen Löhnen, die – manchmal mit Unterstützung staatlicher Maßnahmen – zu Tätigkeiten auf dem Gebiet der persönlichen und Haushaltsdienstleistungen wechseln könnten. • Die dargestellten Veränderungen wirken sich stark auf die Nachfrage nach Dienstleistungen aus. In diesem Sinn waren der nicht marktbestimmte Dienstleistungssektor, die unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie die Dienstleistungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie in bezug auf Beschäftigungswachstum und Unternehmensgründungen die dynamischsten Gruppen des Dienstleistungssektors in den letzten zehn Jahren. • Nach Meinung der nationalen Experten sind die hauptsächlichen Barrieren für Start und Wachstum neuer Dienstleistungen in der Reihenfolge ihrer Bedeutung: Zugang zu Finanzierung, administrative Belastungen und Vorschriften, Absatzhemmnisse, Mangel an Qualifikationen, Hemmnisse beim Erwerb von Betriebsmitteln und schließlich kulturelle Widerstände. Administrative Bela- 345 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht stungen und Absatzhindernisse werden bei den persönlichen Dienstleistungen als die wichtigsten Barrieren betrachtet, während für die technologieorientierten neuen Dienstleistungen finanzielle Schwierigkeiten und der Mangel an Qualifikationen als besonders relevant angesehen werden. • Im allgemeinen bestehen keine spezifischen politischen Maßnahmen, die Anreize für neue Dienstleistungen schaffen sollen, allerdings haben einige Politiken eine indirekte Wirkung in diesem Zusammenhang. Es sind einige generelle Trends in der Gestaltung politischer Maßnahmen auszumachen, welche die Entwicklung neuer Dienstleistungen beeinflussen, wie z. B. die Reduktion von administrativen Belastungen und bildungspolitische Offensiven, wodurch die Computerkenntnisse der Bevölkerung verbessert werden sollen. Im Fall der persönlichen Dienstleistungen berücksichtigt die Beschäftigungspolitik insbesondere die Selbständigen, und zur Förderung der Nachfrage nach persönlichen und Haushaltsdiensten werden auch einige Beihilfen gewährt. Bei jenen neuen Dienstleistungen, die wissensintegriert und wissenssepariert sind, gelten geistige Eigentumsrechte zum Schutz neuer Ideen und Systeme der Dienstleistungsdistribution als entscheidend. 10.1 Einleitung Es ist Ziel dieses Kapitels, einen allgemeinen Überblick sowohl über die Rolle der neuen Dienstleistungen für die Entwicklung der europäischen Volkswirtschaften als auch über die Rolle der Unternehmen bei der Schaffung und Verbreitung neuer Dienstleistungen in den verschiedenen Ländern Europas zu vermitteln. Politische Entscheidungsträger in Europa widmen ihre Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit dem Dienstleistungssektor gegenwärtig zwei wesentlichen Politikbereichen: • Dienstleistungen werden derzeit als wirksames Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums neuer und bestehender Unternehmen, sowohl der Sachgütererzeugung als auch der Dienstleistungsproduktion, angesehen. • Die europäischen Regierungen versuchen, alle durch verschiedene Dienstleistungsaktivitäten eröffneten Chancen zur Schaffung von neuen Beschäftigungsmöglichkeiten zu nützen. Mehr als 80 % aller in den letzten zehn Jahren in Europa neu geschaffenen Arbeitsplätze sind dem Dienstleistungssektor zuzuordnen1. Beispiele für diese positive Haltung gegenüber den Dienstleistungen finden sich in den Beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1998, im Rahmen derer die Mitgliedstaaten versuchen, Maßnahmen umzusetzen, die das Potential für die Schaffung von Arbeitsplätzen auf lokaler Ebene sowie in neuen Aktivitätsbereichen, die durch noch nicht vom Markt gedeckte Bedürfnisse ermöglicht werden, voll nützen sollen2. 1 Europäische Kommission, GD V, Beschäftigung in Europa 1997, Brüssel, 1997. Im selben Rahmen richtete die Kommission 1997 eine neue Pilotaktion, ‘Drittes System & Beschäftigung’ ein. Diese Aktion sollte das Beschäftigungspotential des Dritten Systems mit einem Schwerpunkt in den Bereichen der Sozial- und Nachbarschaftsdienste, Umwelt und Kunst sowie deren Verbreitung in der gesamten Europäischen Union untersuchen und erhöhen. Das Dritte System umfaßt den Bereich der Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen zusammen mit allen lokalen Beschäftigungsinitiativen, die durch die Erbringung von Waren und Dienstleistungen auf Bedürfnisse reagieren, die derzeit weder vom öffentlichen noch vom marktorientierten Sektor gedeckt werden. Mehr Informationen über den dritten Sektor bzw. die Sozialwirtschaft finden sich in Kapitel 7 dieses Berichtes. 2 346 Neue Dienstleistungen 10.2 Neue Dienstleistungen: Definition und wichtigste Trends Es muß betont werden, daß die Analyse des Dienstleistungssektors aufgrund der gegenwärtigen Verlagerung von der physischen Produktion zur Dienstleistungserbringung innerhalb von Unternehmen in anderen Sektoren (verarbeitendes Gewerbe, Bauwesen, Transport usw.) mit erheblichen statistischen Problemen zu kämpfen hat. Daher beruht die Analyse in diesem Abschnitt vor allem auf statistischen Daten über den Dienstleistungssektor insgesamt1. 10.2.1 Struktur und Entwicklung des europäischen Dienstleistungssektors Die europäische Wirtschaft kann als durch den Dienstleistungssektor dominiert bezeichnet werden, obwohl freilich bedeutende nationale Unterschiede bestehen. Im Jahr 1998 stellte der Dienstleistungssektor 75 % der bestehenden Unternehmen und war für 63 % der Gesamtbeschäftigung sowie für 73 % der Bruttowertschöpfung verantwortlich2. Die marktorientierten Dienstleistungen stellen wiederum den größten Anteil innerhalb der Dienstleistungen insgesamt, insbesondere in bezug auf Beschäftigung und Wertschöpfung (siehe Tabelle 10.1). Tabelle 10.1 Globale Sektorstruktur* in Europa-19 (privater nicht-primärer Sektor), 1998 Zahl der Unternehmen (1 000) Verarbeitendes Gewerbe Baugewerbe Dienstleistungen; davon: • Marktbestimmte Dienstleistungen • Nicht marktbestimmte Dienstleistungen Gesamt * Beschäftigung (1 000) Bruttowertschöpfung (Mio. EUR) Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem (EUR) 2 262 2 777 14 812 32 392 10 664 73 910 1 624 406 352 791 5 324 885 50 148 33 082 72 046 12 235 61 239 5 006 265 81 750 2 577 19 851 12 672 116 967 318 621 7 302 083 25 144 62 429 Der Dienstleistungssektor umfaßt folgende Teilsektoren: Einzelhandel, Großhandel, Reparaturgewerbe, Bankwesen, Versicherungswesen, Transport, Kommunikation, Tourismus, unternehmensbezogene Dienstleistungen, persönliche Dienstleistungen. Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD XXIII: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht, Brüssel/Luxemburg (erscheint demnächst). Im Vergleich zur Lage in den USA und Japan scheint Europa eine Zwischenposition einzunehmen. Unter Heranziehung der Beschäftigung als Indikator zeigt sich, daß der Anteil des Dienstleistungssektors an der Beschäftigung in den USA 75 % beträgt, während dieser Prozentsatz in Japan niedriger ist als in Europa (59 %)3. 1 Eurostat, Dienstleistungen in Europa, Luxemburg, 1999. Daten für Europa-19. Die Bezugsgrößen enthalten weder den primären Sektor noch öffentliche Unternehmen. 3 Daten für die USA beziehen sich auf 1994, jene für Japan auf 1995. 2 347 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Die Sektorstruktur unterscheidet sich auch zwischen den einzelnen europäischen Ländern sehr stark1. Länder wie das Vereinigte Königreich, Schweden, die Niederlande und Belgien weisen die höchsten Anteile von im Dienstleistungssektor beschäftigten Personen auf (Anteile von mehr als 71 % der Gesamtbeschäftigten in der Privatwirtschaft), während Länder wie z. B. Portugal, Griechenland oder Irland sich durch die niedrigsten Anteile auszeichnen (unter 58 %). Auch die relative Bedeutung von markt- bzw. nicht marktbestimmten Dienstleistungen unterscheidet sich stark zwischen den Ländern. Marktorientierte Sektoren sind besonders in Ländern wie den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Luxemburg von Bedeutung (die marktorientierten Dienstleistungen machen hier mehr als 75 % aller Dienstleistungsbeschäftigten aus), während die nordischen Länder wie Schweden, Dänemark oder Finnland und, interessanterweise, auch Griechenland am anderen Ende des Spektrums zu finden sind (weniger als 56 % der Dienstleistungsbeschäftigung ist marktbestimmten Tätigkeiten zuzuordnen). Abbildung 10.1 Verteilung der Beschäftigung im privaten Sektor in den 15 Mitgliedstaaten der EU, 1995 A B DK D EL E F FIN IRL I L NL P S UK EU 0% 20 % 40 % Landwirtschaft, Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe Quelle: 60 % Marktbestimmte Dienstleistungen 80 % 100 % Nicht marktbestimmte Dienstleistungen Eurostat, Dienstleistungen in Europa, Luxemburg, 1999. Innerhalb des im weitesten Sinn definierten Dienstleistungssektors können die folgenden Teilsektoren unterschieden werden: • Einzelhandel, Reparatur von Gebrauchsgütern: 18 % der Beschäftigten; • Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen: 16 % der Beschäftigten; 1 Die in diesem Absatz angeführten Daten beziehen sich lediglich auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und wurden entnommen aus: Eurostat, Dienstleistungen in Europa, Luxemburg, 1999. Die Daten beziehen sich auf alle Wirtschaftssektoren (einschließlich des primären Sektors). 348 Neue Dienstleistungen • Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen: 11 % der Beschäftigten; • Großhandel und Handelsvermittlung: 11 % der Beschäftigten; • Gastgewerbe: 9 % der Beschäftigten. Eine Analyse der zeitlichen Entwicklung kann interessante Aufschlüsse in bezug auf jene Sektoren vermitteln, die in diesem Jahrzehnt ein stärkeres Wachstum verzeichneten. Wie Tabelle 10.2 zeigt, verzeichneten die nicht marktbestimmten Dienstleistungen das stärkste Beschäftigungswachstum im Laufe dieses Jahrzehnts (20 %), deutlich über den marktbestimmten Dienstleistungen und dem Sektor verarbeitendes Gewerbe/Baugewerbe (3 % bzw.-9 %). Tabelle 10.2 Beschäftigung (in 1 000) im privaten nicht-primären Sektor, Europa-19 1988 Verarbeitendes und Baugewerbe Marktbestimmte Dienstleistungen, davon: Handel Gastgewerbe Verkehrsdienstleistungen Nachrichtenübermittlung Finanzdienstleistungen Sonstige marktbestimmte Dienstleistungen Nicht marktbestimmte Dienstleistungen Quelle: 47 59 24 6 6 2 4 14 10 463 214 575 839 032 482 794 492 544 1998 43 61 24 6 6 2 5 15 12 056 239 075 849 584 436 351 944 672 Wachstum 1988/1998 in % -9 3 -2 0 9 -2 12 10 20 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy auf Grundlage von: Eurostat, Arbeitskräfteerhebung, Luxemburg. Innerhalb der marktorientierten Dienstleistungen weisen die Teilsektoren Finanzund sonstige marktbestimmte Dienstleistungen1 die größten Beschäftigungszuwächse auf (12 % bzw. 10 %), während andere Teilsektoren ein deutlich geringeres oder sogar negatives Wachstum verzeichneten, wie etwa das Gastgewerbe, die Nachrichtenübermittlung (vor allem Postdienstleistungen) und der Handel (0 %, -2 % bzw. -2 %). Es ist bekannt, daß KMU im Dienstleistungssektor eine wesentliche Rolle spielen. Dies wird auch durch empirisches Datenmaterial bestätigt. Mit Ausnahme von sechs Teilsektoren (Schiffahrt, Forschung und Entwicklung, Kreditgewerbe, Versicherungsgewerbe, Luftfahrt und Nachrichtenübermittlung) beträgt der Anteil der KMU an der Gesamtbeschäftigung in allen Teilsektoren jeweils mehr als 60 %, in manchen Fällen beläuft sich dieser Anteil sogar auf mehr als 80 % (siehe Tabelle 10.3, Daten für 1998). Marktbestimmte Dienstleistungen scheinen eine viel höhere Produktivität aufzuweisen als nicht marktbestimmte Dienstleistungen (81 800 bzw. 25 100 Euro pro Beschäftigtem), was nicht nur unterschiedliche Produktivitätsstrukturen, sondern auch unterschiedliche Arbeitsbedingungen (in bezug auf Löhne und Gehälter) 1 Dieser Sektor umfaßt eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten, vor allem unternehmensbezogene Dienstleistungen (Forschung und Entwicklung, Datenverarbeitung und Datenbanken, Unternehmensberatung usw.) zusammen mit Miet- und Immobiliendienstleistungen. 349 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht Tabelle 10.3 Klassifikation der Teilsektoren im Dienstleistungsbereich nach dem Anteil der KMU an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung, Europa-19, 1998 Über 80 % • • • • • • • Grundstücks- und Wohnungswesen Kraftfahrzeughandel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen Erbringung von sonstigen Dienstleistungen Interessenvertretungen a. n. g. Mit dem Kredit- und Versicherungsgewerbe verbundene Tätigkeiten Gastgewerbe Handelsvermittlung und Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) Zwischen 70 % und 79 % • • • • Vermietung beweglicher Sachen Kultur, Sport und Unterhaltung Datenverarbeitung und Datenbanken Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen Zwischen 60 % und 69 % • • • • • Einzelhandel, Reparatur von Gebrauchsgütern Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen Landverkehr; Transport in Rohrfernleitungen Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr; Verkehrsvermittlung Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung Zwischen 30 und 59 % • Schiffahrt • Forschung und Entwicklung Zwischen 10 und à 29 % • Kreditgewerbe • Versicherungsgewerbe • Luftfahrt Weniger als 10 % • Nachrichtenübermittlung Quelle: Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht, Brüssel/Luxemburg (erscheint demnächst). widerspiegelt. Die Unterschiede zwischen den Teilsektoren innerhalb der jeweiligen Bereiche sind, wie zu erwarten, sogar noch größer. So weist innerhalb der marktbestimmten Dienstleistungen das Kredit- und Versicherungsgewerbe (einschließlich verbundener Tätigkeiten) eine Produktivität von 735 200 Euro pro Beschäftigtem auf, während das Gastgewerbe lediglich eine Produktivität von 20 800 Euro erreicht (siehe Tabelle 10.4). 10.2.2 Definition und Bezugsrahmen für die Analyse Shostack1 hat einen ersten Ansatz für einen gemeinsamen, marktorientierten Bezugsrahmen zur Analyse von Waren und Dienstleistungen entwickelt. Er reiht 1 Shostack, G. L., Breaking Free from Product Marketing (Lösung vom Produktmarketing), Journal of Marketing, April 1977. 350 Neue Dienstleistungen Tabelle 10.4 Produktivitätsniveaus im Dienstleistungssektor, Europa-19, 1998 Teilsektor Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem (EUR 1 000) Kreditgewerbe Mit dem Kredit- und Versicherungsgewerbe verbundene Tätigkeiten Versicherungsgewerbe Luftfahrt Vermietung beweglicher Sachen Schiffahrt Grundstücks- und Wohnungswesen Nachrichtenübermittlung Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr; Verkehrsvermittlung Handelsvermittlung und Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) Datenverarbeitung und Datenbanken Landverkehr; Transport in Rohrfernleitungen Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen Kraftfahrzeughandel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen Forschung und Entwicklung Einzelhandel, Reparatur von Gebrauchsgütern Gastgewerbe Marktbestimmte Dienstleistungen gesamt Kultur, Sport und Unterhaltung Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen Interessenvertretungen a. n. g. Erbringung von sonstigen Dienstleistungen Nicht marktbestimmte Dienstleistungen gesamt Dienstleistungen gesamt Quelle: 735,2 278,6 197,4 136,4 77,4 65,9 62,2 58,2 56,9 55,9 42,2 35,8 33,5 30,4 25,6 23,8 20,8 81,8 46,6 45,9 20,9 20,6 19,6 25,1 76,4 Schätzung von EIM Small Business Research and Consultancy; Ausgangsdaten stammen von Eurostat/GD Unternehmen: Unternehmen in Europa, Sechster Bericht, Brüssel/Luxemburg (erscheint demnächst). diese auf einer Skala von hochgradig materiell – z. B. Salz, das man lagern kann – bis hochgradig immateriell – z. B. Unterricht, der nur gegeben oder erfahren, aber nicht gelagert werden kann. Die Hauptmerkmale zur Unterscheidung von Dienstleistungen und Waren sind die folgenden: • Immaterialität; • Heterogenität (Verschiedenheit), z. B. speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Banktransaktionen, da alle Banktransaktionen Geldbewegungen mit sich bringen, jedoch jeder Kunde eine andere Art von Geldbewegung wünschen kann; • Vergänglichkeit des Produkts: Dienstleistungen können nicht gelagert werden, obwohl automatische Bankschalter die Relevanz dieses Punktes für das Bankwesen reduziert haben; • Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsum (Koproduktion), z. B. ist im Gesundheitswesen normalerweise die Begegnung zwischen Arzt und Patient unverzichtbar; • Stärkere Einbeziehung des Kunden in den Produktionsprozeß1. 1 Allerdings produziert das verarbeitende Gewerbe Waren (materielle Gegenstände), während der Dienstleistungssektor die nötigen Tätigkeiten erbringt (Stufen und Abfolgen eines Prozesses), um die Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Shostack, G.L., How to design a Service (Wie gestaltet man eine Dienstleistung), in The European Journal of Marketing, Jg. 16, Nr. 1, 1982, und Pellicelli, G., Il marketing dei servizi (Dienstleistungsmarketing), UTET, Turin, 1997. 351 Das Europäische Beobachtungsnetz für KMU - Sechster Bericht ‘Neue’ Dienstleistungen können als eine Form der Innovation betrachtet werden. Im allgemeinen wird ein Unternehmen, das nach seiner Gründung auf dem Markt einen unverwechselbaren Platz für