Eine lahme Sache
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Eine lahme Sache
28 SPORT STEIRISCH Freitag, 1. Dezember 2006 Eine lahme Sache QUERPASS Harald Müllner Die Graz 99ers kommen in der Eishockey-Bundesliga nicht in Fahrt und befinden sich in der Tabelle derzeit ganz hinten. Warum ist das so? Am 7. Dezember werden die Karten auf dem Tisch liegen, dann wird Sturms Masseverwalter auch abschätzen können, ob es möglich sein wird, den Grazer Fußballklub wirtschaftlich zu retten. Der einstige Championsleague-Vorzeigeklub wird zwar sportlich von einer neuen Generation von Spielern am Leben erhalten, ob es aber Sturm in dieser Form auch im Frühjahr noch geben wird, muss abgewartet werden. Die Vorzeichen für einen Weiterverbleib in der Bundesliga stehen bestenfalls 50:50. Sturm ist im Grunde von der Bereitschaft Dutzender Gläubiger abhängig, die sich in deutlicher Mehrheit mit einem Fünftel ihrer teilweise hohen Forderungen zufrieden geben müssten. Es wird im Zuge des Konkursverfahrens auch die seltene Möglichkeit geben, einen klaren Blick auf die wahren Höhen der Gagen seit Ende der 90er Jahre zu werfen, als Sturm aus heutiger Sicht geradezu phantastische Summen eingespielt hat – und trotzdem noch viel phantastischere Ausgaben hatte. Ein wenig befremdlich war in Zusammenhang mit der Sturm-Insolvenz der Umstand, dass sich Hannes Kartnig wenige Tage nach seinem erzwungenen Abschied aus dem Präsidentenamt noch einmal groß feiern ließ – zu einem Zeitpunkt, als die Finanzbehörde längst einen Rohbericht mit offenbar viel aufklärungswürdigem Inhalt erstellt hatte. Immerhin hatte Kartnig wenige Wochen zuvor noch mit Tränen in den Augen den Gang zum Konkursrichter angekündigt. Wem letztlich wirklich zum Weinen zumute sein wird – die nahe Zukunft wird es zeigen, vermutlich wird auch erst ein Strafverfahren darüber wirkliche Klarheit bringen. it so vielen Vorschusslorbeeren wie noch nie sind die Graz 99ers heuer in die Eishockey-Bundesliga gestartet. Knapp vor Halbzeit der Meisterschaft hat sich aber in Graz die reine Unzufriedenheit breit gemacht. Die 99ers liegen auf dem letzten Platz und sind von einer Playoff-Teilnahme derzeit weit entfernt. Vor allem Präsident und Geldgeber Jochen Pildner-Steinburg darf sich ärgern. Wer seine Mannschaft im Sommer völlig umgebaut, zwölf neue Spieler und einen neuen Trainer verpflichtet und dafür eine ordentliche Stange Geld locker gemacht hat, darf sich mehr erhoffen, als nur der Prügelknabe der Liga zu sein. Immerhin ist den Grazern als Schlusslicht des vergangenen Jahres sogar ein zusätzlicher siebenter Legionärsplatz zugestanden worden. M Trainerwechsel Doch von Anfang an sind die Grazer nie in Schwung gekommen: Innerhalb von knapp drei Monaten haben sie vier Trainer (!) und drei Torleute verbraucht und sind vorerst dennoch auf keinen grünen Zweig gekommen. Begonnen hat das Dilemma sozusagen an der Spitze der sportlichen Hierarchie. Der im Vorfeld hoch gelobte Trainer Mike Bullard war als Coach klar überfordert, seine interimistischen Nachfolger Peter Znenahlik und Mike Shea konnten nur um Schadensbegrenzung bemüht sein. Nunmehr, mitten in der Saison, hatten die Steirer wenige Möglichkeiten, einen brauchbaren Trainer zu verpflichten: So versucht jetzt eben ein Schwede, auf der Spielerbank wieder für Ruhe und Zuversicht zu sorgen. Einen Skandinavier zu holen, war keine ideale Lösung, denn das Konzept der Grazer Mannschaft war mit sechs Nordamerikanern immer klar auf einen Trainer aus Übersee ausgerichtet gewesen. Und tatsächlich haben die Grazer unter Jim Brithen gleich wieder die ersten fünf Partien in Serie verloren. Genau 56 Spiele Dabei wird die Meisterschaft heuer – nicht nur für den Grazer Klub – ein harter und anstren- Die Graz 99ers sind derzeit am Boden. gender Gang sein. Weil mit dem slowenischen Champion Jesenice ein achter Klub mit dabei ist, muss schon im Grunddurchgang jeder gegen jeden acht Mal antreten, macht 56 Runden – und dann erst spielen die vier bestplatzierten Vereine im Playoff um den Titel. Ob der Grazer Klub dann noch mit dabei sein wird? Natürlich strapaziert der sportliche Durchhänger, der sich bereits zu Saisonbeginn breit ge- Dauerbrenner Zum 28. Mal ist heuer Robert Seegers Skiweltcup-Führer erschienen. Auf 320 Seiten sind zehntausende Zahlen und Daten über alle Rennen seit 1967 dokumentiert, der älteste Sieger, der größte Zeitvorsprung, Porträts der erfolgreichsten Rennläufer überhaupt. Das Büchlein ist unter der Adresse [email protected] zu bestellen oder unter der Telefonnummer 06 64/52 384 83. Der kleinformatige Ski-Guide enthält auch alle Informationen über Skigebiete und Weltcup-Veranstalter und gibt einen Überblick über alle Weltcup-Bewerbe dieses Winters, also auch über Wettkämpfe im Schispringen, Langlaufen oder Snowboarden. Robert Seegers Ski-Guide kostet inklusive aller Spesen 16 Euro. Foto: ©99ers2006/2007 macht hat, die Nerven der Spieler und Funktionäre. Auch die Anhänger werden sich langsam ihren Teil denken. Wer etwa eine teure Dauerkarte erworben hat, will irgendwann einmal seine Lieblinge auch gewinnen sehen. Es lässt sich knapp vor der Hälfte des Grunddurchganges nicht mehr wegleugnen: Zwar haben die Grazer einige ganz gute Legionäre in ihren Reihen, aber die Qualität der heimischen Spieler ist einfach nicht (mehr) ausreichend, um in der Meisterschaft vorne mitzuhalten. Zwei Drittel ihrer Spiele haben die Grazer nur mit ein bis zwei Toren Differenz verloren, was an sich ja für eine sehr ausgeglichene Liga spricht. Talfahrt ohne Ende Tatsache ist jedenfalls, dass sich die 99ers in den letzten vier Saisonen leistungsmäßig stets nach unten bewegt haben – schon im letzten Jahr ist unter sieben Vereinen nur der letzte Platz übrig geblieben. Heuer, in der Achter-Liga, scheinen die Grazer wieder nur am Tabellenende auf. Es besteht nun die Gefahr, dass die wenigen Hockey-begeisterten Geldgeber ihr Interesse an der Sache verlieren und der schnellste Mannschaftssport der Welt in Graz wieder einmal auf Sparflamme zurück geschraubt wird. Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (speziell Inserate) dieser Archivseite zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gültigkeit mehr aufweisen müssen!