Orale Antidiabetika

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Orale Antidiabetika
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG – FOLGE 334
CME DER MMW
–
Dr. med. Thorsten Siegmund
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie
Städtisches Klinikum München GmbH
Klinikum Bogenhausen
Koautorin: Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger
In Zusammenarbeit mit der
Bayerischen Landesärztekammer
Teilnahme unter www.springermedizin.de/
kurse-mmw
Orale Antidiabetika
So treffen Sie die richtige Wahl
Die derzeit verfügbaren oralen Antidiabetika greifen an unterschiedlichen Ansatzpunkten in der Pathogenese des Typ-2-Diabetes
an. Welches sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Substanzen?
Welche Kombinationsmöglichkeiten bestehen?
Der Diabetes mellitus Typ 2 ist eine
heterogene chronisch progrediente Erkrankung. Kern der pathophysiologischen Defekte ist eine Insulinresistenz
in Muskeln und Leber sowie ein chronisch progredientes Betazellversagen.
Mit zunehmender Evidenz rückt der
Betazellausfall in den Vordergrund, da
dieser häufig viel früher auftritt und
schwerwiegender ist als bisher angenommen.
Neben der Problematik der Muskel-,
Leber- und Betazellen kommen weitere
relevante Störungen hinzu, z. B. Prob­
leme der Fettzellen (beschleunigte Lipolyse), des Gastrointestinaltrakts (Inkre­
tinmangel/-resistenz), der Alphazellen
(Hyperglukagonämie), der Niere (gesteigerte Glukoserückresorption) und des
Gehirns (zentrale Insulinresistenz) [1].
Aus pathophysiologischer Sicht er­
geben sich hieraus für die Therapie folgende Ansätze:
Eine Kombination mehrerer Medikamente ist sinnvoll, um die vielfältigen
pathophysiologischen Defekte zu korrigieren.
R elevant ist die Behandlung der
Stoffwechselpathologie und nicht
einfach nur des Blutzuckers bzw. des
HbA1c.
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E mpfehlenswert ist ein möglichst
frühzeitiger Therapiebeginn, um das
progressive Betazellversagen zu verzögern bzw. das „glykämische Gedächtnis“ günstig zu beeinflussen.
Therapiealgorithmus
Pathophysiologische Überlegungen sind
in den aktuellen Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft nur zum
Teil abgebildet [2]. Zur antihyperglyk­
© sturti / istockphoto.com
_
Jedem Patienten sollten Sie erklären, wie
orale Antidiabetika einzunehmen sind.
ämischen Therapie des Typ-2-Diabetes
mellitus wird neben der Basistherapie
(Ernährung, Bewegung, Schulung) zunächst umgehend der Beginn einer medikamentösen Therapie mit Metformin
empfohlen (Abb. 1).
Bei Nichterreichen des individuellen
HbA1c-Ziels muss die Therapie intensiviert werden. Bei einem HbA1c < 7,5%
wird ein zusätzliches orales Antidiabetikum (OAD) oder ein GLP-1-Analogon
empfohlen, bei einem HbA1c ≥ 7,5% der
Beginn einer Insulintherapie nahegelegt.
Patienten, die über den OAD-Pfad
vorangeschritten sind, gelangen bei einer ggf. notwendigen weiteren Intensivierung zur Insulintherapie. Diejenigen,
die mit Insulin behandelt werden und
das individuellen HbA1c-Ziel nicht erreichen, werden weiter intensiviert in
Richtung intensivierte konventionelle
Therapie, soweit dies umsetzbar scheint.
Die Leitlinie empfiehlt individuelle
Vorgehensweisen und Therapieentschei­
dungen. Bis auf Metformin erfolgt keine
klare Priorisierung bestimmter Medikamente. Pathophysiologisch sinnvoll wäre die Kombination von Metformin mit
einem Medikament aus der Gruppe der
inkretinbasierten Therapien (DPP-4Hemmer und GLP-1-Rezeptor-Agonisten), darüber hinaus die Kombina­
tion mit dem Thiazolidindion Pioglitazon. Letzteres wird jedoch seit Mitte
2011 nicht mehr empfohlen, weil es im
Verdacht steht, die Rate an Blasenkrebs
zu erhöhen [3].
MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 2 / 2012 (154. Jg.)
FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
Therapieziele
In der Praxisleitlinie der deutschen Diabetes-Gesellschaft für Typ-2-Diabetes
mellitus werden relevante ideale Therapieziele definiert [5]. Eine glukozent­
rische Betrachtungsweise gehört bereits
lange der Vergangenheit an. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wird eine zielwertgetriggerte, multimodale Therapie
der zumeist kombiniert vorliegenden
Risikofaktoren Hyperglykämie, Dyslipoproteinämie und Bluthochdruck sowie
weiterer Faktoren adressiert (Tab. 1).
Änderung des Lebensstils
Besonders relevant und bei Weitem
nicht ausreichend genutzt sind die Lebensstilmaßnahmen. In der Leitlinie
wird auf die nicht pharmakologischen
Interventionen Schulung, Ernährung
und Bewegung verwiesen mit dem Hinweis auf evidenzbasierte, endpunktbezogene, positive Ergebnisse. Wir sollten
uns vergegenwärtigen, dass neuen Studien zufolge allein durch eine konsequente Ernährungsumstellung, Kalo­
rien­reduktion und Bewegung zumindest vorübergehend eine Rever­s ion
eines Prädiabetes bzw. eines neu mani­
fes­tierten Typ-2-Diabetes einschließlich
der begleitenden pathophysiologischen
Ursachen möglich scheint [6].
Das Dilemma der Diabetologie besteht jedoch in einer häufig mangelnden
bzw. nicht kontinuierlich andauernden
Compliance der Betroffenen. Somit
rückt die medikamentöse Therapie in
den Mittelpunkt, gewünscht ist eine insbesondere effektive Therapie von Anbeginn, um das „gykämische Gedächtnis“
möglichst optimal zu beeinflussen.
sowohl auf die Nüchtern- als auch auf
die postprandialen Blutzuckerwerte.
Der HbA1c wird in Monotherapie im
Schnitt um 1–1,5% gesenkt.
Indikation
Metformin ist das Mittel der Wahl bereits bei der Diagnosestellung des Typ2-Diabetes, in Kombination mit einer
Lebensstilmodifikation. Dies begründet
sich auf umfangreichen Daten mit
Nachweis von positiven Effekten auf
makrovaskuläre Endpunkte, einem eher
günstigen Effekt auf das Körper­gewicht,
einer sehr geringen Hypoglykämiegefahr sowie weiteren positiven Effekte auf
Komponenten des metabolischen Syndroms (Lipidparameter, hsCRP, PAI-1,
Thrombozytenhyperaktivität). In den
letzten zwei bis drei Jahren wurden
mehrfach günstige Daten hinsichtlich
eines protektiven Effekts bei Karzinomen publiziert, was die Subs­tanz noch
interessanter macht [8].
Metformin wird auch bei Patienten
mit Normalgewicht empfohlen, da auch
hier eine vergleichbar gute Effektivität
nachgewiesen werden konnte [8].
Metformin kann mit allen gängigen
oralen Antidiabetika kombiniert werden. Die wiederholt kritisch wegen eines
fraglich erhöhten Mortalitätsrisikos hinterfragte Kombination mit Sulfonylharnstoffen ist nicht abschließend geklärt und nur schwierig zu prüfen. Möglicherweise ist die Mortalitätsrate ab-
– Abbildung 1
Antihyperglykämische Therapie des Typ-2-Diabetes
Diagnose Typ-2-Diabetes
Schulung, Ernährungstherapie, Bewegungstherapie, Metformin
Bei KI/UV für Metformin und HbA1c > 6,5% nach 3−6 Monaten unter nicht pharmakologischer
Therapie: α-Glucosidase-Inhibitoren, Pioglitazon, Repaglinid, SH (alphabetische Listung)
HbA1c < 7,5%
OAD-Kombinationstherapie
bzw. OAD/GLP-1-AnalogaKombinationstherapie
- Metformin/Acarbose
- Metformin/DPP-4-Inhibitor
- Metformin/Pioglitazon
- Metformin/GLP-1-Analoga
- Metformin/SH
- Metformin/SHA
HbA1c
≥ 6,5%
nach
3−6 Mon.
HbA1c
≥ 6,5%
nach
3−6 Mon.
HbA1c ≥ 7,5%
OAD/InsulinKombinationstherapie
OAD (insbes. Metformin) +
Basalinsulin
andere Option:
OAD (insbes. Metformin) +
prandiale Insulintherapie
(alphabetische Listung)
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HbA1c
≥ 6,5%
nach
3−6 Mon.
Evidenbasierte Leitlinie der DDG, Fassung 2011 [2]
Metformin
Metformin gehört zur Substanzgruppe
der Biguanide (Tab. 2). Es besitzt eine
Vielzahl metabolischer Effekte. Auf zellulärer Ebene verbessert es die Insulinempfindlichkeit, d. h. die Insulinresis­
tenz wird reduziert. Der Haupteffekt erfolgt durch Reduktion der hepatischen
Glukoseproduktion, zum geringeren
Teil durch Reduktion der peripheren Insulinresistenz [7].
Die Substanz wirkt sich positiv auf
das gesamte Blutzuckerprofil aus, d. h.
Intensivierung der Insulintherapie
- ICT
- CT, falls ICT nicht möglich/nicht indiziert
- Jeweils Kombination mit Metformin, falls KI/UV
- Weitere Option: Kombination mit Pioglitazon, falls keine KI/UV
- Weitere Option: CSII, falls Therapieziel mit ICT nicht erreicht wird
KI = Kontraindikation; UV = Unverträglichkeit; SH = Sulfonylharnstoff; OAD = orale Antidiabetika;
SHA = Sulfonylharnstoff-Analoga; CSII = Kontinuierliche subkutane Insulininfusion, Insulinpumpentherapie
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FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
Tabelle 1
1
HbA1C < 6,5%, unter Vermeidung von Hypoglykämien und
ausgeprägter Gewichtszunahme
2
Blutzucker nüchtern und präprandial: 90–120 mg/dl (5,0–6,7 mmol/ l)
3
Gesamtcholesterin < 180 mg/ dl (< 4,7 mmol/l)
4
LDL < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/l), bei KHK < 70 mg /dl (< 1,8 mmol/l)
HDL bei Männern > 40 mg/dl (> 1,1 mmol/l), bei Frauen > 50 mg /dl (> 1,3 mmol/l)
Triglyzeride < 150 mg/dl (< 1,7 mmol/l)
5
Albuminurie < 20 mg/l; Progressionshemmung bei bestehender Nephropathie
6
Blutdruck systolisch zuverlässig < 140 mmHg, diastolisch 80 mmHg
7
Nikotinverzicht
8
Bei Übergewicht/Adipositas Gewichtsreduktion anstreben
9
Korrektur eines evtl. vorliegenden prothrombotischen Zustands
10
Monitoring und Langzeitkontrolle
hängig vom verwendeten Sulfonylharnstoff. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt nicht die Umstellung
aller mit dieser Kombination behandelten Patienten. Die Indikation der Kombination sollte bei Neueinstellungen
streng geprüft werden. Bei Patienten mit
KHK sollte eher davon abgesehen bzw.
ggf. neuere Substanzen (z. B. Glimepirid
statt Glibenclamid) eingesetzt werden.
Metformin sollte zudem bei jeder
Form der Insulintherapie fortgeführt
werden. Neben einem Einspareffekt bei
der Insulindosis und der effektiven
HbA1c-Senkung wurden Vorteile bei der
Gewichtsentwicklung nachgewiesen [11].
Kontraindikationen
Die Hauptgefahr bei Metformin ist die
Entwicklung einer Laktatazidose. Die
Inzidenz ist gering (0–0,084 Fälle/1000
Patientenjahre), jede dritte Laktatazidose
endet allerdings tödlich. Fast alle Fälle
traten bei Patienten auf, bei denen
Kontraindikationen, insbesondere
Nieren- und Herzinsuffizienz, nicht
beachtet wurden. Vermutlich ist die Rate
an Laktatazidosen bei Beachtung der
Kontraindikationen nicht höher als mit
anderen OAD [9]. Hinsichtlich der
Niereninsuffizienz ist nicht der Kreatinin­
wert entscheidend, sondern die glomeruläre Filtrationsrate, die über 60 ml/min
liegen sollte. Vermutlich ist die Substanz
auch bei geringeren Filtrationsraten
sicher.
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Des Weiteren sind hypoxische Zustände mit schlechter Sauerstoffversorgung der Gewebe relevant. Hierzu gehören Erkrankungen mit fortgeschrittener
respiratorischer Insuffizienz sowie
schwere Herzinsuffizienz (NYHA III–
IV). Eine stabile KHK ist per se keine
Kontraindikation. Außerdem ist die
Substanz kontraindiziert bei schwerer
Leberinsuffizienz, Pankreatitis, Alkoholismus, konsumierenden Erkrankungen,
hohem Lebensalter sowie Abmagerungskuren (< 1000 kcal/d).
Nebenwirkungen
Nebenwirkungen treten in ca. 10–15% der
Fälle auf. Typische Nebenwirkungen sind
Praxisleitlinie der DDG, Fassung 2011 [5]
Multimodale Therapieziele bei Typ-2-Diabetes
Übelkeit, Magendruck, Blähungen,
Durchfälle sowie ein metallischer Mundgeschmack. Das Absetzen der Substanz ist
bei nur ca. 5% der Patienten notwendig.
Oftmals kann eine Dosisreduktion eine
Besserung der Beschwerden herbeiführen.
Wichtig ist eine Dosis­titration beginnend mit 1(–2) x 500 mg/d. Bei guter
Verträglichkeit kann die Dosis nach einigen Tagen auf 2 x 1000 mg/d gesteigert werden. Dies ist die nachgewiesenermaßen effektivste Dosis [10]. Eine
weitere Dosissteigerung ist kaum effektiver, jedoch nehmen die Nebenwirkungen deutlich zu.
Thiazolidindione
Pioglitazon, ein Thiazolidindion (Insulinsensitizer), verbessert die Insulinsensitivität über multiple Mechanismen, die
durch eine Aktivierung des PPAR-γRezeptors ausgelöst werden (Tab. 3).
Pioglitazon steht auf der zweiten
Ebene der Therapiekaskade. Wegen des
Verdachts, vermehrt Blasenkrebs auszulösen [3], wird aktuell empfohlen, Pio­
glitazon nicht neu anzusetzen. Eine bereits bestehende Therapie könnte formal
fortgesetzt werden, allerdings haben alle
gesetzlichen Krankenkassen die Erstattung des Präparats ausgesetzt. Nur ein
Einzelantrag kann Erfolg haben.
Alpha-Glukosidase-Hemmer
Die in Deutschland verfügbaren AlphaGlukosidase-Hemmer sind Acarbose
Tabelle 2
Tabelle 3
_
Thiazolidindione
Metformin
Kontraindikationen: Niereninsuffizienz (GFR < 60 ml/min), Herzinsuffizienz (NYHA III–IV), fortgeschrittene Lungengerüsterkrankung
_
Einschleichend beginnen mit 1(–2)
x 500 mg/d; sinnvolle maximale
Dosis: 2 x 1000 mg/d
_
Kombinationen mit allen gängigen
oralen Antidiabetika möglich,
unter Insulintherapie Metformin
beibehalten
_
_
Senkt Nüchtern- und postpran­
diale Blutzuckerspiegel
Positive Daten zu makrovaskulären
Endpunkten
_
Wegen des Verdachts auf erhöhte
Raten an Blasenkarzinomen nicht
neu ansetzen
_
Kombination mit einem Diuretikum sowie regelmäßige Gewichtskontrollen sind empfehlenswert
_
_
Kontraindikation: Herzinsuffizienz
(NYHA I–IV)
Bei Niereninsuffizienz bis zu einer
GFR von 25 ml/min ohne Dosis­
anpassung möglich
_
_
Senkt Nüchtern- und postpran­
diale Blutzuckerwerte
Günstige Effekte auf kardiovaskuläre Endpunkte nachgewiesen
MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 2 / 2012 (154. Jg.)
FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
und Miglitol (Tab. 4). Alpha-Glukosidase-Hemmer führen zu einer kompetitiven Hemmung der Alpha-Glukosidase-Enzyme, die für die Aufspaltung von
Oligo- und Disacchariden in Mono­
saccha­r ide im Darm verantwortlich
sind. Es kommt somit zu einer verzögerten Resorption der Kohlenhydrate. Ein
sehr geringfügiger Teil der Kohlenhydrate verbleibt im Darm. Die Subs­tanz
wird gezielt vor den Mahlzeiten eingenommen und führt zu einer Reduktion
der postprandialen Blutzuckerspitzen.
Ein Einfluss auf den Nüchternblutzucker ist kaum nachweisbar. Die Substanzen führen nur zu einer mäßigen HbA1cSenkung (0,2–0,5%).
Positive Eigenschaften sind die Kombinierbarkeit mit anderen Wirkprinzipien und die Gewichtsneutralität. Es
besteht keine Hypoglykämiegefahr bzw.
nur dann, wenn die Subs­tanz mit Sulfonylharnstoffen oder mit Insulin kombiniert wird. Wichtig ist die Aufklärung
der Patienten, dass bei einer Hypoglykämie nur einfache Kohlenhydrate (Glukose) zu einer schnellen Anhebung des
Blutzuckers führen.
Positive harte Endpunktdaten bei
Dia­betes mellitus gibt es nicht [12]. Dagegen wurde bei Patienten im Stadium
der gestörten Glukosetoleranz eine Reduktion der Rate an Herzinfarkten
nachgewiesen [13].
Maximaldosis bei deutlich reduzierter
Rate an Nebenwirkungen.
Sulfonylharnstoffe
Gebräuchliche Sulfonylharnstoffe sind
Glimepirid, Glibenclamid, Gliclazid und
Glipizid. In Deutschland kommen am
häufigsten Glibenclamid und Glimepirid zum Einsatz (Tab. 5).
Sulfonylharnstoffe binden am Sulfonylharnstoffrezeptor (SUR-1) der Betazelle. Hierdurch kommt es zu einer
Hemmung der ATP-regulierten Kaliumkanäle in der Plasmamembran der Betazellen mit der Folge einer gesteigerten
Insulinsekretion, unabhängig von der
aktuellen Blutzuckerkonzentration.
Die verschiedenen Substanzen führen in Monotherapie zu einer durchschnittlichen HbA1c-Senkung von ca.
1–1,5% [14]. Für Glibenclamid und
Gliclazid liegen die umfangreichsten
Daten vor, insbesondere der Nachweis
für die Reduktion mikrovaskulärer Endpunkte. Für Glimepirid liegen nahezu
keine harten Endpunktdaten vor.
Ein Vorteil von Glimepirid ist die
Einmalgabe. Glibenclamid wird in der
Regel auf zwei Tagesdosen verteilt.
Indikation
Kontraindikationen sind Schwangerschaft, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Niereninsuffi­zienz ab
einer GFR < 25 ml/min.
Der Einsatz von Sulfonylharnstoffen ist
wie bei allen anderen Substanzen der
zweiten Ebene möglich als Monotherapie, falls Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten gegen Metformin vorliegen. Kombiniert werden können sie
mit Metformin, Pioglitazon, Alpha-Glukosidase-Hemmern und DPP-4-Hemmern.
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
Häufige (über 50% der Patienten) Nebenwirkung der Substanzen sind gastrointestinale Beschwerden, in der Reihenfolge Blähungen, Diarrhöen und Bauchschmerzen.
Durch ein langsames schrittweises
Einschleichen der Substanzen (über
zwei bis drei Wochen) sowie eine Titration bis höchstens zur halbmaximalen
Dosis (z. B. 3 x 50 mg Acarbose) werden
Alpha-Glukosidase-Hemmer häufig akzeptabel toleriert. Die halbmaximale
Dosis ist nur wenig ineffektiver als die
Kontraindikationen sind Typ-1-Diabetes mellitus, komplettes Sekundärversagen, Pankreatektomie, eingeschränkte
Nierenfunktion (Ausnahme Gliquidon),
schwere Leberfunktionsstörungen,
Schwangerschaft und Stillzeit.
Kontraindikationen
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Nebenwirkungen
Nebenwirkungen bzw. Nachteile sind
die Gewichtszunahme sowie die Gefahr
für Hypoglykämien, auch schwere Hypoglykämien. Pro Jahr sind ca. 1,4% der
Behandelten davon betroffen [15].
Tabelle 4
_
_
_
Alpha-Glukosidase-Hemmer
In Monotherapie möglich bei
Kontraindikation gegen Metformin
Gute Kombinierbarkeit mit anderen oralen Antidiabetika
Geringe HbA1c-senkende Aktivität,
Einfluss primär auf postprandiale
Blutzuckerspiegel
_
_
_
Keine Hypoglykämiegefahr
Bei Niereninsuffizienz bis zu einer
GFR von 25 ml/min möglich
Langsam einschleichende Titration
bis zur halbmaximalen Dosis, um
Nebenwirkungen zu reduzieren
Tabelle 5
_
_
Sulfonylharnstoffe
In Monotherapie möglich bei
Kontraindikation gegen Metformin
Kombination mit allen gängigen
oralen Antidiabetika sind möglich;
Ausnahmen: Glinide (nicht effektiv), Kombination mit Metformin
bei KHK eher vermeiden
_
_
_
ewichtszunahme, Hypoglykämie­
G
gefahr (v. a. bei Niereninsuffizienz)
Krankheitsprogression ist im Vergleich zu Metformin beschleunigt
Reduzieren mikrovaskuläre Endpunkte
Schwere Hypoglykämien treten zumeist
bei Patienten mit bereits eingeschränkter
Nierenfunktion auf, sodass hier besondere Vorsicht geboten ist. Es gibt Hinweise darauf, dass die Zahl an Hypo­
glykämien unter Glimepirid geringer als
unter Glibenclamid sein könnte [16].
Kommt es jedoch zu einer schweren,
prolongierten Hypoglykämie, ist der
Verlauf bei beiden Substanzen vergleichbar.
Formal sind Glimepirid und Glibenclamid bis zu einer GFR von 30 ml/min
zugelassen, allerdings zeigt die klinische
Erfahrung, dass bereits deutlich früher
von den Substanzen Abstand genommen werden sollte. Eine Alternative bei
Niereninsuffizienz ist die Verwendung
des Sulfonylharnstoffs Gliquidon.
Der Verdacht, dass Sulfonylharnstoffe
kardiovaskuläre Ereignisse fördern
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© stefanolunardi / shutterstock
FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
Blutzucker ok? Das sollten die Patienten
regelmäßig prüfen.
könnten, ist in Studien nicht regelhaft
bestätigt worden. Allerdings gibt es Hinweise, dass verschiedene Sulfonylharnstoffe, u. a. Glibenclamid, ungüns­tige
Auswirkungen auf die ischämische Präkonditionierung sowie EKG-Veränderungen haben könnten [17]. Aktuelle
Reviews zeigen im Vergleich zu anderen
oralen Antidiabetika eine höhere Rate an
kar­dio­vaskulären Ereignissen und eine
erhöhte Mortalitätsrate [4].
Glinide (Sulfonylharnstoff-Analoga)
Zu den Gliniden zählen Repaglinid und
Nateglinid (Tab. 6). Beide Substanzen
binden am gleichen Rezeptor wie die
Sulfonylharnstoffe, jedoch an einer anderen Untereinheit. Die Halbwertszeit
ist deutlich kürzer als bei Sulfonylharnstoffen, sodass diese Substanzen jeweils
gezielt vor den Hauptmahlzeiten (15–30
Minuten) eingenommen werden sollten.
Indikation
Beide Substanzen gehören ebenfalls in
die zweite Ebene der Therapiekaskade.
Bei Kontraindikationen gegen Metformin ist Repaglinid eine Alternative. Beide Substanzen sind für eine Kombina­
tionstherapie mit Metformin zugelassen.
Der antihyperglykämische Effekt der
Substanzen beträgt in Monotherapie
durchschnittlich ca. 1%. Repaglinid senkt
den HbA1c effektiver, dies kommt neben
der postprandialen Blutzuckersenkung
durch eine geringe zusätzliche Senkung
des Nüchternblutzuckers zustande. End-
50
punktstudien existieren für Repaglinid
nicht. Unter Nateglinid wurde in einer
Endpunktstudie der Nachweis der Reduktion harter Endpunkte verfehlt [19].
Die Dosierung sollte einschleichend
erfolgen. Repaglinid beginnt man üblicherweise mit 0,5–1 mg pro Mahlzeit,
die maximale Einzeldosis beträgt 4 mg.
Die sinnvolle maximale Dosis beträgt 3
x 2 mg. Es kann auch bei eingeschränkter
Niereninsuffizienz bis zu einer GFR von
30 ml/min verabreicht werden. Wichtig
bei Niereninsuffizienz ist das vorsichtige
Titrieren des Wirkstoffs.
Kontraindikationen
Bei den Kontraindikationen muss unter
Repaglinid auf eine Kombination mit
Gemfibrozil verzichtet werden, da beide
Substanzen über das gleiche Cytochrom
(CYP2C8) metabolisiert werden und
sich aufgrund der verlängerten Halbwertszeit die Hypoglykämiegefahr erhöht. Für beide Substanzen gelten die
Kontraindikationen Typ-1-Diabetes,
Pankreatektomie, schwere Lebererkrankungen, operative Eingriffe, Schwangerschaft und Stillzeit.
Nebenwirkungen
Nachteil bzw. Hauptnebenwirkung der
Glinide sind Hypoglykämien, die Rate ist
geringer als bei Sulfonylharnstoffen. Seltene Nebenwirkungen sind Übelkeit und
Völlegefühl. Für Nateglinid sind seltene
Fälle von allergischen Reaktio­nen sowie
Leberwerterhöhungen beschrieben. Die
Gewichtszunahme ist unter Repaglinid
stärker ausgeprägt [18].
DPP-4-Inhibitoren
Inkretinbasierte Therapien sind eine relativ neue Option für die Behandlung
von Patienten mit Typ-2-Diabetes. Diese
Therapien versprechen die Überwindung der traditionellen Probleme der
Behandlung, nämlich Gewichtszunahme und Hypoglykämien.
Hinsichtlich der Pharmakologie lassen
sich zwei Gruppen unterscheiden, Glucagon-like-Peptid-1-Rezeptor-Agonisten
(GLP-1-Rezeptor-Agonisten) und Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (DPP-4Hemmer). GLP-1-Rezeptor-Agonisten
haben den Vorteil gegenüber den DPP-4Inhibitoren, dass sie effektiver blutzuckersenkend sind und bei zwei Drittel der
Betroffenen zu einer Gewichtsreduktion
führen. Bei beiden Gruppen treten keine
Hypoglykämien auf.
Derzeit verfügbare DPP-4-Inhibitoren sind Sitagliptin, Vildagliptin und
Saxagliptin (Tab. 7). Sie hemmen das
Schlüsselenzym Dipeptidyl-Peptidase-4,
das für die Degradation des Inkretinhormons GLP-1 verantwortlich ist [20].
Damit wird die Konzentration an endogenem GLP-1 erhöht, die Effekte sind
eine streng nahrungsabhängig gesteigerte Insulinsekretion sowie eine reduzierte
Glukagonsekretion.
Hinsichtlich der Effektivität, d. h. der
HbA1c-Senkung, sind die Substanzen bis
auf kleine Unterschiede vergleichbar, das
Niveau der HbA1c-Senkung liegt zwischen 0,6–0,9 Prozentpunkte, vergleichbar mit Sulfonylharnstoffen oder Pioglitazon. Ebenfalls ähnlich sind positive
Auswirkungen auf die Betazellfunktion
Tabelle 6
Tabelle 7
_
_
_
_
DPP-4-Hemmer
_
Gewichtsneutralität
Glinide
In Monotherapie möglich bei Kontraindikation gegen Metformin
Kombinationen mit OAD möglich,
bis auf Sulfonylharnstoffe
Hypoglykämiegefahr, nur mäßige
Gewichtszunahme
Repaglinid möglich bei Nieren­
insuffizienz bis zu einer GFR von
30 ml/min
Häufige Einnahmefrequenz (kann
bei unregelmäßiger Nahrungsaufnahme auch von Vorteil sein)
_
Kombinationen mit Metformin,
Glitazonen und Sulfonylharnstoffen möglich; nur zum Teil in
Monotherapie oder in Kombina­
tion mit Insulin zugelassen
_
Fast keine Hypoglykämiegefahr,
sofern die Substanz nicht mit Sulfonylharnstoffen kombiniert wird
_
_
Möglich bei Niereninsuffizienz in
reduzierter Dosis
MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 2 / 2012 (154. Jg.)
FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
Tabelle 8
Fazit für die Praxis
Einsatz von Antidiabetika bei chronischer Nierenerkrankung
Stadium
I
II
III
IV
V
> 90
90–60
< 60–30
< 30–15
< 15
Acarbose
+
+
+
bis 25
–
Metformin
+
+
–
–
–
Sulfonylharnstoffe
Glibenclamid
Glimepirid
+
+
+
–
–
+
+
+
–
–
Glinide
Repaglinid
Nateglinid
+
+
+1
+
+
+
+1
+1
–
–
+
+
+
+
bis 4 ml/
min
GFR nach MDRD
[ml/min]
Glitazone
Pioglitazon
DPP-4-Hemmer
Sitagliptin
Vildagliptin
Saxagliptin
Inkretinmimetika
Exenatid
Liraglutid
GFR < 50 ml:
+ (100 mg) + (100 mg)
+ (50 mg)
+ (25 mg)
+ (25 mg)
+ (2 x 50 mg) + (2 x 50 mg) + (1 x 50 mg) + (1 x 50 mg) + (1 x 50 mg)3
(5 mg)
+ (5 mg)
+ (2,5 mg)
–
–
Die zunehmende Prävalenz, die vari­
able Pathogenese, die Progression der
Erkrankung und in der Folge die Komplikationen des Typ-2-Diabetes unterstreichen die dringende Notwendigkeit
für optimierte Behandlungsstrategien.
Sinnvoll ist eine multimodale Therapie,
die nicht nur den Blutzucker senkt,
sondern auch weitere Risikofaktoren
wie Dyslipoproteinämie und Hypertonie positiv beeinflusst. Die Therapie
sollte mit einer Änderung des Lebensstils und der Einnahme von Metformin
beginnen. Bei Nichterreichen der
HbA1c-Zielwerte ist die Kombination
mit weiteren Antidiabetika möglich. Bis
zur individualisierten Therapie, d. h. der
gezielten pathophysiologischen Kombination verschiedener neuer oraler
Antidiabetika, werden allerdings noch
einige Jahre vergehen.
Keywords
+
+
+
+
+2
+3
–
–
–
–
1
Vorsichtige Einstellung empfohlen, Dosisanpassung könnte erforderlich sein.
Vorsichtige Dosisanpassung bei GFR 50–30 ml/min empfohlen.
3
Es liegen nur begrenzte Erfahrungen vor.
2
und die neutrale Wirkung auf das Körpergewicht. Alle DPP-4-Inhibitoren zeigen kein erhöhtes Hypoglykämie­risiko.
Indikation
Indiziert sind die Substanzen insbesondere dann, wenn das Therapieziel nicht
erreicht und gleichzeitig eine Hypoglyk­
ämievermeidung (Berufstätigkeit, Begleiterkrankungen, Patientensicherheit)
Relevanz besitzt.
Sitagliptin (1 x 100 mg), Vildagliptin
(2 x 50 mg) und Saxagliptin (5 mg) sind
in der oralen Kombinationstherapie mit
Metformin, Glitazonen und Sulfonylharnstoffen zugelassen. Die Kombina­
tion mit Sulfonylharnstoffen zeigt eine
zusätzlich effektive Blutzuckersenkung,
jedoch sollte bedacht werden, dass die
pathophysiologisch günstigen Eigenschaften, insbesondere die annähernde
Hypoglykämiefreiheit, durch diese
Kombination verloren gehen.
Eine dreifache orale Kombination
mit Metformin und Sulfonylharnstoffen
ist nur für Sitagliptin zugelassen. Für
MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 2 / 2012 (154. Jg.)
Sita­gliptin und Saxagliptin existiert auch
eine Zulassung als Add-on zu Insulin.
Für Vilda­gliptin ist die Zulassung zur
Kombina­t ion mit Insulin beantragt.
Eine Monotherapie mit Sitagliptin oder
Vildagliptin ist möglich bei Unverträglichkeit oder Kontraindika­t ionen von
Metformin.
Für alle DPP-4-Hemmer besteht seit
Kurzem die Möglichkeit, in reduzierter
Dosis bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz zu behandeln (Tab. 8). Die Daten
für Vildagliptin sind bei Patienten mit
terminaler Niereninsuffizienz jedoch
klein, sodass hier Vorsicht geboten ist,
für Saxagliptin besteht bei terminaler
Niereninsuffizienz keine Zulassung.
Nebenwirkungen
Ansonsten zeigt sich eine sehr gute Verträglichkeit, die annähernd vergleichbar
ist mit der von Placebo, wie die 3-JahresDaten zeigen [21].
Aufgrund der erst kurzen Verfügbarkeit kann derzeit keine Aussage über das
Nutzen-Risiko-Verhältnis in der Lang-
Oral antidiabetics: how you take the
right choice
Antihyperglycemic therapy – indication – contraindications – adverse
effects – combination therapy
zeitanwendung gemacht werden. Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Pankreatitis in der Vorgeschichte.
Literatur unter mmw.de
Für die Verfasser:
Dr. med. Thorsten Siegmund
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie
und Angiologie, Städt. Klinikum München
GmbH, Klinikum Bogenhausen, Engl­
schalkinger Straße 77, D-81925 München
E-Mail: [email protected]
■ Die Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstel-
lung des Beitrages von keinen wirtschaftlichen
Interessen leiten ließen. Sie legen folgende potenzielle Interessenkonflikte offen: Vortragshonorare,
Teilnahme an Adboards, Unterstützung wissenschaftlicher Projekte innerhalb der letzten zwei
Jahre durch Berlin-Chemie, MSD Sharp & Dohme,
Boehringer Ingelheim, Lilly, Novartis, NovoNordisk,
Sanofi-Aventis. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen
Gutachtern geprüft wurde. Werbung in dieser
Zeitschriftenausgabe hat keinen Bezug zur CMEFortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CMEFortbildung sowie die CME-Fragen frei sind von
werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für
Präparate, die zur Therapie des dargestellten
Krankheitsbildes geeignet sind.
51
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG – CME-FRAGEBOGEN
www.springermedizin.de/kurse-mmw
FIN: MM1224xy
Diese CME-Fortbildungseinheit ist von der Bayerischen
Landes­ärztekammer mit zwei bzw. drei Punkten
zur zertifizierten Fort­bildung anerkannt.
gültig bis 5. Juli 2012
CME-Herausgeber- und Review-Board: Prof. Dr. A. Berghaus, Prof. Dr. M. Blumenstein, Prof. Dr. Dr. h.c. Th. Brandt,
Prof. Dr. K. Friese, Prof. Dr. H. S. Füessl, Prof. Dr. B. Göke, Prof. Dr. M. Graw, Prof. Dr. H. Holzgreve, Prof. Dr. A. Imdahl, Prof. Dr. K.-W. Jauch,
Prof. Dr. K. Krüger, Prof. Dr. H.-J. Möller, Prof. Dr. Dr. h.c. Th. Ruzicka, Prof. Dr. A. Schneider, Prof. Dr. Ch. Stief, U. Weigeldt.
Um die Fragen zu beantworten, gehen Sie auf www.springermedizin.de/eAkademie und geben Sie die FIN in die Suchmaske ein.
Sie gelangen direkt zur gesuchten Fortbildung. Weitere Informationen sowie die Teilnahmebedingungen finden Sie auf Seite 37f.
Orale Antidiabetika
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⃞⃞
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⃞⃞
Welches pathophysiologische Prob­
lem liegt bei Typ-2-Diabetes in der
Regel nicht vor?
Inkretinmangel/-resistenz
Hyperglukagonämie
Erhöhte Insulinsensitivität
Progredientes Betazellversagen
Erhöhte hepatische Glukoseproduktion
??
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Welche Aussage zur antihyperglykämischen Therapie des Typ-2-Diabetes
trifft laut Empfehlung der Deutschen
Diabetes Gesellschaft zu?
Metformin ist zusammen mit einer
Änderung des Lebensstils Mittel der
ersten Wahl bei Typ-2-Diabetes.
Metformin und Sulfonylharnstoffe
sind beide Mittel der ersten Wahl bei
Typ-2-Diabetes.
Metformin wird i. d. R. auf der zweiten
Therapieebene erst nach Durchführung
von Lifestyle-Maßnahmen eingesetzt.
Metformin sollte nach dem Beginn einer Insulintherapie abgesetzt werden.
Die Kombination von Metformin und
DPP-4-Inhibitoren wird nicht empfohlen.
??
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Welche orale Substanz wird derzeit
von den gesetzlichen Krankenkassen
nicht erstattet?
Pioglitazon
Saxagliptin
Exenatide
Gliquidon
Repaglinid
??
Ab welchem HbA1c-Schwellenwert
(gemäß Leitlinie zur Diabetestherapie) sollte bei Patienten, die mit Metformin vorbehandelt wurden, an den
Start einer Insulintherapie gedacht
werden?
⃞⃞ HbA1c ≥ 7%
⃞⃞ HbA1c ≥ 7,5%
52
⃞⃞ HbA1c ≥ 8%
⃞⃞ HbA1c ≥ 8,5%
⃞⃞ HbA1c ≥ 9%
??
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Um durchschnittlich wie viel Prozent
senkt Metformin in Monotherapie den
HbA1c?
0,2–0,5%
0,4(–0,7)%
1(–1,5)%
(1,5)–2%
(2)–2,5%
??
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Als Startdosis von Metformin wird zumeist empfohlen?
500 mg, 0–0–1
500 mg, 1–1–1
850 mg, 1–0–1
850 mg, 1–1–1
1000 mg, 1–0–1
??
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⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Welche Aussage zur inkretinbasierten
Therapie trifft zu?
GLP-1-Rezeptor-Agonisten und DPP4-Hemmer senken den Blutzucker vergleichbar stark.
Unter DPP-4-Hemmern treten weniger
Hypoglykämien auf als unter GLP-1Rezpetor-Agonisten.
Der günstige Effekt auf das Gewicht ist
bei GLP-1-Rezeptor-Agonisten stärker
ausgeprägt als bei DPP-4-Hemmern.
Bei zwei Drittel der Patienten zeigt sich
eine signifikante Gewichtsabnahme
unter DPP-4-Hemmern.
GLP-1-Rezeptor-Agonisten sind auch
bei einer Niereninsuffizienz im Stadium
IV (GFR < 30–15 ml/min) zugelassen.
??
Welche Aussage zu Sulfonylharnstoffen ist nicht korrekt?
⃞⃞ Sulfonylharnstoffe sorgen nach Einnahme für eine Zunahme der Insulinsekretion unabhängig von der aktuellen
Blutglukosekonzentration.
⃞⃞ Die in Deutschland am häufigsten gebräuchlichen Sulfonylharnstoffe sind
Glimepirid und Glibenclamid.
⃞⃞ Unter Glimepirid treten schwere Hypoglykämien möglicherweise seltener auf
als unter Glibenclamid.
⃞⃞ In retrospektiven Analysen zeigt sich
unter Sulfonylharnstofftherapie eine
höhere Rate an kardiovaskulären
Ereignissen als unter anderen oralen
Antidiabetika.
⃞⃞ Eine fortgeschrittene Niereninsuffizienz
(Stadium III–IV) ist unter allen Sulfonylharnstoffen tolerabel.
??
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
Welche Aussage zu Alpha-Glukosi­
dase-Hemmern ist korrekt?
3 x 100 mg Acarbose wird von allen
Patienten gut vertragen.
Für Acarbose liegen positive Endpunktdaten für die Reduktion kardialer Endpunkt bei manifestem Diabetes vor.
Die durchschnittliche HbA1c-Senkung
unter Acarbose beträgt 1–1,5%.
Durch eine langsame Titration bis
maximal 3 x 50 mg lassen sich Nebenwirkungen unter Acarbose deutlich
reduzieren.
Acarbose wirkt primär auf die Nüchternglukose.
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⃞⃞
⃞⃞
⃞⃞
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Was ist keine Kontraindikation für
Metformin?
Niereninsuffizienz mit einer GFR < 60
ml/min
Schwere Herzinsuffizienz (NYHA III–IV)
Schwere Leberinsuffizienz (Child-PughStadium C)
Schwere Lungengerüsterkrankung mit
Heimsauerstofftherapie
KHK
MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 2 / 2012 (154. Jg.)
FORTBILDUNG – ÜBERSICHT
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