Orale Antidiabetika - schlehen
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Orale Antidiabetika - schlehen
Adam Wille, Schlehen-Apotheke Leipzig – 07.01.2009 Orale Antidiabetika im Klinikalltag • immer mehr Wirkstoffe werden allerdings als Generika verfügbar (Patent hält “nur” 20 Jahre) und daher meist nach Wirkstoff benannt: Diabetes Typ II – Orale Antidiabetika …Insulin erst zur Nachspeise • Bsp.: statt Siofor®: Metformin ratiopharm® statt Amaryl®: Glimepirid Hexal® usw. wichtiger als Handelsnamen daher Wirkstoffnamen! Angriffspunkte oraler Antidiabetika Orale Antidiabetika im Klinikalltag Acarbose • gebräuchliche Handelsnamen von oralen Antidiabetika: gastrointestinale KH-Resorption • Glucobay® Metformin • Siofor® hepatische GlukoseProduktion • Maninil®, Amaryl® • NovoNorm®, Starlix® Sulfonylharnstoffe Hyperglykämie InsulinSekretion periphere Glukose-Aufnahme • Actos®, Avandia®, Avandamet® Glitazone • Januvia®, Janumet®, Xelevia®, Galvus®, Eucreas® Metformin Glinide Angriffspunkte oraler Antidiabetika Acarbose (Glucobay®) Weiterwandern des Nahrungszuckers in tiefere Acarbose Darmabschnitte gastrointestinale KH-Resorption Metformin Sulfonylharnstoffe hepatische GlukoseProduktion Hyperglykämie Glinide InsulinSekretion bakterielle Zersetzung durch Darmflora des Patienten (Gärung - mit oder ohne Alkoholentstehung?) Entstehung von Gas, das für hohe Nebenwirkungsrate verantwortlich ist (Blähungen, Unwohlsein, ...) periphere Glukose-Aufnahme Glitazone Metformin fast Hälfte der Patienten bleibt nicht bei einmal begonnener Acarbose-Einnahme auf Dauer! Acarbose (Glucobay®) Hemmung zuckerspaltender Enzyme im Darm ungespaltener Mehrfachzucker in Nahrung wird nicht zu Glucose gespalten & nicht in Blutkreislauf aufgenommen Zucker in Nahrung “wandert durch Patient” ohne Blut zu erreichen • Auswirkung auf Nüchternblutzucker? • Auswirkung auf postprandialen Blutzucker? Acarbose (Glucobay®) Angriffspunkte oraler Antidiabetika Metformin (Glucophage®, Siofor®, Metformin XYZ®, …) • analoge Wirkung auf Fettsäurestoffwechsel in Leber: Acarbose gastrointestinale KH-Resorption – Metformin hepatische GlukoseProduktion Sulfonylharnstoffe – Glinide körpereigene Fettsäurebildung wird gehemmt körpereigene Fettsäureverstoffwechselung wird angekurbelt Hyperglykämie InsulinSekretion Gewichtsverlust? • periphere Glukose-Aufnahme Glitazone typische Nebenwirkungen: – Übelkeit, Durchfall (gastrointestinale Probleme allgemein) – metallischer Geschmack – Laktatazidose !? Metformin Metformin (Glucophage®, Siofor®, Metformin XYZ®, …) Metformin (Glucophage®, Siofor®, Metformin XYZ®, …) • Wirkweise auch nach Jahrzehnten nur Vermutung • • körpereigene Zuckerneubildung (Gluconeogenese) wird gehemmt Vorteile: – Erreichen einer physiologischen Stoffwechsellage bezüglich Blutzucker – insulinsparend (weniger gespritztes Insulin nötig) • körpereigene Glucosefreisetzung aus Speicherform – Senkung von einigen Blutfettwerten („Zuckerreserve“) wird gehemmt – Infarktprophylaxe ist nachgewiesen! • gleichzeitig Verbesserung der Glucoseverwertung in Muskeln und Zielorganen • Appetitzügelung! orales Antidiabetikum der ersten Wahl (v.a. bei Übergewichtigen) Metformin und Laktatazidose – der Wolf im Schafspelz? Metformin und Laktatazidose – der Wolf im Schafspelz? • Laktatazidose: • Gefahr der Laktatazidose durch Metformin dennoch relativ gering, wird in Praxis selten gesehen • Übersäuerung des Blutes mit Milchsäure, damit lebensgefährliche Stoffwechselentgleisung möglich • ständige Diskussionen, ob die 48 eingehalten werden • tritt v.a. auf wenn Ausscheidung von Metformin über Niere nicht ausreichend erfolgt (Niereninsuffizienz) müssen, ob überhaupt Zeitdauer eingehalten werden muss, etc. oder weitere Laktat-erhöhende Umstände vorliegen hausinterne Standards beachten! Metformin und Laktatazidose – der Wolf im Schafspelz? Angriffspunkte oraler Antidiabetika • darum: Acarbose gastrointestinale KH-Resorption • Absetzen 48h vor und nach CT oder anderen Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmittel − Grund: Kontrastmittel kann Niere akut sehr beeinträchtigen • Absetzen 48h vor und nach einer Operation Metformin hepatische GlukoseProduktion Sulfonylharnstoffe Hyperglykämie InsulinSekretion periphere Glukose-Aufnahme − Grund: Glitazone durch OP evtl. zusätzliche Minderdurchblutung von Metformin Gewebe und vermehrte Laktatfreisetzung Glinide Sulfonylharnstoffe/Glinide (Maninil®, Amaryl®, Novonorm®) Sulfonylharnstoffe/Glinide (Maninil®, Amaryl®, Novonorm®) • „Ausquetschen“ der insulinproduzierenden • Krisenbild Unterzuckerung: Pankreaszellen (noch vorhandene Rest-Insulinproduktion für Wirkung – innere Unruhe (Nervosität) zwingend notwendig!, Typ 2-Diabetes!)) – Verwirrtheit – Schweißausbrüche • oft beobachteter Wirkungsverlust mit der Zeit: Körper kommt mit Insulinproduktion nicht hinterher – Blässe – Frieren – Müdigkeit • auch “wirksam” bei normaler Stoffwechsellage am – cerebrale Problematik in allen Facetten gesunden Nichtdiabetiker! was passiert bei diesem bei Einnahme? • Verschleierung all dieser Symptome bei gleichzeitiger Einnahme von Betablockern möglich! Sulfonylharnstoffe/Glinide (Maninil®, Amaryl®, Novonorm®) Sulfonylharnstoffe/Glinide (Maninil®, Amaryl®, Novonorm®) • Unterschied Sulfonylharnstoffe <-> Glinide: • Krisenbild Unterzuckerung/Hypoglykämie: – Glinide mit schnellerem Wirkeintritt (Einnahme kurz vor Essen möglich!) – Rettungsdienst verständigen – bis dessen Eintreffen: Vitalzeichen unter Kontrolle behalten – Glinide mit kürzerer Wirkdauer, damit geringere Gefahr einer Hypoglykämie • Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid (Maninil®) gelten als überholt, weil Gefahr von Hypoglykämien zu groß – bewussten Patienten zuckerhaltige Getränke zuführen – ggf. bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage (keine Glucose!) Medikamentöse Maßnahmen durch Arzt – Therapie mit Insulin-Gegenspieler Glucagon – Therapie mit Glucose • besser: Glimepirid (Amaryl®) • zunächst intravenös • später bei Wachsein oral (10-15g!) geringere Hypoglykämiegefahr, einmal täglich Gabe Angriffspunkte oraler Antidiabetika Glitazone Acarbose • Nebenwirkungen: gastrointestinale KH-Resorption Metformin hepatische GlukoseProduktion Sulfonylharnstoffe Hyperglykämie Glinide InsulinSekretion – Gelenködeme – Gewichtszunahme durch ödematöse Wassereinlagerungen – erhöhtes Frakturrisiko bei Frauen periphere Glukose-Aufnahme Glitazone Metformin Glitazone – wahrscheinlich: erhöhtes Herzinfarktrisiko! Stufentherapie Diabetes Typ II nach aktueller Leitlinie • Insulinwirkung an Zielorganen wird erhöht indem Empfindlichkeit der Zellen für „Insulinreiz“ ansteigt • mehr Aufnahme von Blutglucose in Verbraucherzellen Überarbeitete Leitlinie 2008 • damit höhere Effektivität des Insulin/GlucoseZusammenspiels und Senkung des Blutzuckerspiegels • fast immer in Kombination eingesetzt, meist Metformin Metformin erste Therapie alle weiteren oralen Antidiabetika ebenbürtig rascher Umstieg auf kombinierte Therapie mit Insulin im Falle von Therapieversagen Einnahmehinweise Unterschiede zur Behandlung des Typ I-Diabetes • Acarbose: mit erstem Bissen der Mahlzeit, Wirkung hängt direkt mit zeitgleich aufgenommener Nahrung zusammen • aufgrund insulinabhängiger Wirkung von Sulfonylharnstoffen und Glitazonen: − kein Effekt bei Einsatz in der Therapie von Diabetes Typ 1 • Metformin: • aufgrund nicht insulinabhängiger Wirkung von prinzipiell egal wie es genommen wird, Acarbose und Metformin: ist für Wirkweise unbedeutend − Einsatz bei Diabetes Typ 1 möglich, hin und wieder auch vonnöten JEDOCH: Nebenwirkungen auf Darmflora deutlich seltener bei Einnahme zur Mahlzeit, daher streng empfohlen! Einnahmehinweise • Sulfonylharnstoffe/Glinide: Einnahme vor Mahlzeiten (15-30min), da Wirkung bereits eingetreten sein muss, wenn Glucose aus Nahrung im Blut ankommt was wenn dann keine Nahrungsaufnahme geschieht? • Glitazone: Einnahmezeitpunkt egal solange regelmäßig, da Wirkung unabhängig von Nahrungsaufnahme und Nebenwirkungen ebenfalls nicht hiervon abhängig − sinnvoller jedoch: Versuch der weitestgehenden Einstellung der Stoffwechsellage mit Insulin allein, reicht fast immer! Exubera® - ein Ausflug in die Pharma-Geschichte... Januar 2006: Fa. Pfizer zahlt 1.6 Milliarden $ an Fa. Sanofi-Aventis für die Patentrechte am inhalativen Insulin Exubera® Exubera® - ein Ausflug in die Pharma-Geschichte... Weitere Diabetes-Typen • Diabetes Typ 3: – Überbegriff zahlreicher eher seltener Erkrankungen 24. Januar 2006: – Gendefekte Exubera® bekommt die Erlaubnis für den europäischen Markt – Pankreaserkrankungen – Erkrankungen sonstiger Drüsen – medikamentös induziert (Glucocorticoide!) – durch Infektionen verursacht 15. Mai 2006: – ... Exubera® kommt auf den deutschen Markt Exubera® - ein Ausflug in die Pharma-Geschichte... – keine spezifische Therapie Weitere Diabetes-Typen • Schwangerschaftsdiabetes (Typ 4): – Häufigkeit aller betroffenen Schwangeren etwa 2-4% (US-Amerikanische Häufigkeit) – Therapie mit oralen Antidiabetika ist nicht geeignet: vielfach embryotoxische Wirkungen! Kontraindiziert! 16. Januar 2008: Exubera® wird mit Information vom 18. Oktober 2007 in Deutschland und europaweit wieder vom Markt genommen... – alleinige Therapie mit Insulin Blickpunkt Diabetes Blutzucker ist immer nur Messwert, nie typische Krankheitssymptome und gefürchtete Auswirkungen vergessen!