PharmaNews PharmaNews

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PharmaNews PharmaNews
PharmaNews
PharmaNews
Ausgabe 14 – Sommer 2013
Ausgabe 13 – Herbst/Winter 2012
Themen:
Themen:
„Deutschlands Top500“:
Multikanalmanagement
High Performance Business-Forschung auf den Punkt
Neues
Geschäftsmodell
für Forschung
Weiterhin
erfolgreich wachsen:
Perspektiven nach
und
Entwicklung
der Patentklippe
Kostenhebel
Risikomanagement
Next Generation
Shared Services
Transformation
Marketing
und Vertrieb
IT-Trends bieteninviele
neue Chancen
Interview:
undder
Herausforderungen
Interview: Chancen
Die Zukunft
forschenden Pharmaindustrie
im Onkologiemarkt
Consumer Healthcare: Sechs Branchentrends
SaaS-basiertes CRM in der Pharmaindustrie
„Deutschlands Top500“: High Performance Business-Forschung auf den Punkt
Einzigartige Sicht auf die
Wachstumsrezepte der Champions
Accenture hat zum wiederholten Mal untersucht, was die 500 größten Firmen in
Deutschland und der Schweiz und die 100 größten in Österreich so stark macht.
Deutlich wird allerorts: Wer dauerhaft Erfolg will, braucht kontinuierliche Transformation,
klare Werte, perfekte Informationstechnologie und finanzielle Feuerkraft.
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen zur aktuellen Ausgabe von
PharmaNews, dem Accenture-Newsletter
für die pharmazeutische Industrie.
Wir haben erneut interessante Trends und
Entwicklungen aus der Pharmabranche für
Sie zusammengetragen. In dieser SommerAusgabe bringen wir die Ergebnisse unserer
Accenture Top500-Studie für Sie auf den
Punkt und beleuchten die Wachstumsrezepte
der Champions. Zudem berichten wir über
Shared Services Modelle der nächsten Generation, die sogenannten „Integrated Business
Services“ (IBS), welche ein weitaus größeres
Prozessspektrum abdecken und neue innovative Services zur Verfügung stellen.
In einem weiteren Beitrag fassen wir die
Kern­ergebnisse unserer „Accenture Technology Vision 2012 for Life Sciences“-Studie
zusammen, welche aktuelle IT-Entwicklungen
der Pharmabranche in den Mittelpunkt stellt.
Des Weiteren berichten wir über Perspektiven
nach der Patentklippe und erläutern, mit
welchen Erfolgsrezepten Pharmaunternehmen die Herausforderung des Patentablaufs
erfolgreich bewältigen.
Dr. Heinz Riederer, Geschäftsführer Medizin & Gesundheitspolitik der Sanofi-Aventis
Deutschland GmbH, spricht in unserem Executive-Interview über die Zukunft der Phar­
mabranche und der Gesundheitsversorgung
in Deutschland. In einem weiteren Beitrag
diskutieren wir sechs Kerntrends der Con­
sumer Healthcare Branche und fassen hiermit die Ergebnisse unserer High Performance
Business Consumer Healthcare Studie für Sie
zusammen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und
verbleibe mit herzlichen Grüßen
Michael Brückner
Geschäftsführer
Die Top500/100-Studie untersucht, was die
Champions unterscheidet – und wie die erfolgreichsten Unternehmen dauerhaft überdurchschnittliches Wachstum sowie herausragende Profitabilität sichern. Bei der Analyse
der 500 umsatzstärksten deutschen Firmen
wurden wieder 25 Growth Champions identifiziert. Doch ist es offenbar nicht leicht, sich
dauerhaft als Wachstumsführer zu positionieren:
Nur zwölf der diesjährigen Top25 hatten es
auch in den beiden vorausgegangenen Studien in die Spitzengruppe geschafft, darunter
auch zwei Pharmaunternehmen. Letztes Jahr
dagegen zählten vier Pharmaunternehmen zu
den Wachstumssiegern.
Märkte, Trends und interne Prozesse ständig und fast in Echtzeit sammeln und auswerten. So bewahren sie den Überblick –
und können ihr Geschäft selbst in Krisenzeiten früher, schneller und vorausschauender als andere entwickeln.
Grundpfeiler für Spitzenleistung durch
kontinuierliche Transformation
Growth Champions sind offenbar Meister der
kontinuierlichen Transformation. Sie innovieren in immer kürzeren Zyklen, schneller und
vorausschauender als der Wettbewerb. Dazu
schaffen sie – erfolgreicher als andere – drei
Grundvoraussetzungen:
• Finanzielle Feuerkraft: Growth Cham­
pions bauen Substanz auf, verfügen
aber dennoch über hohe Renditen und
Liquidität. So erhalten sie sich auch finanziell jederzeit die Fähigkeit zu schnellen
strategischen Schwenks bei neuen Pro­
gnosen zur Geschäftsentwicklung. Sie
verfügen über die Finanzkraft, um in notwendige Anpassungen sofort investieren
zu können.
• Werte: Growth Champions setzen auf
Werte und leben eine Kultur der Antizi­
pation. Sie schätzen Mitarbeiter und
profitieren so von niedriger Fluktuation –
auch in oberen Führungsetagen. Wirklich
top sind tatsächlich Unternehmen mit
langer Verweildauer von Topführungs­
kräften im Konzern.
Bei einem führenden pharmazeutischen
Unternehmen zum Beispiel haben Werte
mit der Einführung des „UnternehmensVerhaltenskodex“ ganz neues Gewicht
gewonnen: Die Bindung an hohe ethische
Standards liefert Führungskräften und Mitarbeitern gemeinsame Bezugspunkte und
gute Gründe für hohe Einsatzbereitschaft.
• Perfekte Informationen: Growth Cham­
pions investieren in vernetzte IT und flexible Strukturen. Sie sind agil, weil sie mit
modernsten Systemen Informationen über
Die Pharma-Champions investieren Gewinne
in Forschung und Entwicklung, um S-Kurven
parallel statt sequenziell zu entwickeln.
Wachstumstreibend wirkt auch der Trend
zu flexiblen Kooperationen (statt Akquisi­
tionen), mit denen sich Kapazitäten schneller bedarfsgerecht verlagern lassen. Auch
geschickte Diversifikation über verschiedene
Regionen und Geschäftsfelder hilft, Risiken zu streuen und Unsicherheiten zu kompensieren.
So machen die Besten der Besten unter
Deutschlands Top500 vor, wie in einer volatilen und globalen Wirtschaft substanzielles
und kontinuierliches Wachstum möglich ist.
Ansprechpartner:
[email protected]
Accenture High Performance Business Studie 2012
Weiterhin erfolgreich wachsen: Perspektiven nach der Patentklippe
Viele Blockbuster-Produkte haben 2012 die Patentklippe überschritten. Die Pharmaindustrie ist dabei, sich auf die Situation einzustellen.
Es gilt, Innovation in den entwickelten Märkten mehr denn je auf Ergebnisse auszurichten und in den Wachstumsmärkten auf stetige
Entwicklung zu setzen. Tatsächlich gibt es eine Handvoll Pharmaunternehmen, die bereits heute einen erfolgreichen Anpassungsprozess
durchlaufen, so die aktuelle High Performance Business Studie 2012 von Accenture. Sie zeigen, wie profitables Wachstum auch in der
Post-Blockbuster-Zeit gelingen kann.
In der Pharmaindustrie gehören Patent­
abläufe seit geraumer Zeit zum Alltag. 2012
sind sie jedoch zur Bedrohung historischen
Ausmaßes angewachsen, als der Patentschutz für einen Verkaufsschlager nach dem
anderen wegfiel. Den Befürchtungen zum
Trotz gelang es der Branche aber, die erwarteten Ertragseinbrüche abzuschwächen: Obwohl Exklusivrechte für Medikamente im
Wert von etwa 70 Milliarden US-Dollar ausliefen, sanken die Erträge 2012 „nur“ um
knapp 39 Milliarden US-Dollar – also gut die
Hälfte. Zugute kam den Herstellern, dass
bestimmte Medikamente nicht signifikant
preiswerter anzubieten sind. Gleichzeitig
konnten sie ihre Portfolien deutlich verbessern und ihre Pipelines so aufwerten, dass
sie schon 2013 steigende Absätze erwarten.
Wenn dieser Trend sich bestätigt, werden
sie die Umsatzverluste durch ausgelaufene
Patente schon 2016 mit neuen Umsätzen
ausgeglichen haben.
Gute Prognosen – aber nur für wenige
Interessant ist, mit welchen Lösungen
Pharmaunternehmen die neuen Heraus­
forderungen – Wandel der Weltmärkte,
Preis- und Erstattungsveränderungen oder
Produktivitätsflauten in Forschung und Entwicklung – erfolgreich bewältigen. Um
das herauszufinden, untersuchte Accenture
in der aktuellen High Performance Business
Studie 16 Pharmaunternehmen, welche
mehr als drei Viertel ihres Einkommens
aus patentierten oder generischen bio­
pharmazeutischen Produkten generieren. In
die Bewertung flossen die folgenden Indikatoren ein: Umsatzwachstum, Profitabilität,
Entwicklung der Aktienrendite und Erwartungen an den künftigen Cashflow.
Dabei stellte sich heraus, dass die Mehrheit
der betrachteten Unternehmen auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückschaut: Elf
Branchenmitglieder konnten ihren Umsatz
seit 2010 kontinuierlich steigern – vier davon auch ihre Profitabilität. Und obwohl Finanzanalysten den meisten dieser Unternehmen für die kommenden Jahre (2013–2016)
stagnierendes oder gar negatives Wachstum
prognostizieren, sehen sie einige, denen sie
auch in nächster Zeit gute Chancen einräumen. Diese dürften, analog zum globalen
Markt, um vier bis fünf Prozent zulegen.
Erfolgsrezepte der Wachstumssieger
Accenture untersuchte in der Studie, was
diese Champions unterscheidet: Offenbar
stoßen sie vor allem substanzielle strate­
gische sowie operative Veränderungen an
und setzen auf Differenzierung in klar definierten Marktsegmenten. Dabei stellen sie
folgende Prinzipien in den Mittelpunkt:
Pharmaunternehmen, die diese Prinzipien
berücksichtigen, werden in Zukunft erfolgreicher sein als ihre Mitbewerber, so das
Fazit. Essenziell werden fokussierte Investi­
tionen in die eigenen Stärken bei gleichzeitigem Abbau der Aktivitäten, die die Strategie nicht unterstützen.
• rasche Markteinführung neuer Produkte,
vor allem in den Schwellenländern
Ansprechpartner:
[email protected]
• konkreter und schneller Wirksamkeitsnachweis gegenüber Patienten und
Behörden
Auszüge aus der Accenture Branchenstudie
„Beyond the Patent Cliff – Signs of Life in
Biopharma’s New Normal“
• konsequentes und leistungsfähiges
Multikanalmarketing
• Einsatz innovativer, vernetzter Forschungs- und Entwicklungsmodelle
Next Generation Shared Services
Kosten sparen
und Wertbeiträge
steigern
Shared Services – das hieß bisher vor allem
Standardisierung und Zusammenführung
einzelner transaktionaler Tätigkeiten für verschiedene Funktionsbereiche (HR, Einkauf,
Finanzwesen) in einer zentralen Leistungseinheit. Was bisher als Kostensenkungsinstrument gut funktionierte, soll jetzt auch helfen,
Wertbeiträge zu steigern: Integrated Business
Services (IBS) heißen die Shared Services
Modelle der nächsten Generation, die ein
weitaus größeres Prozessspektrum abdecken
und dabei nicht nur funktionenübergreifende,
operative Prozessketten von A bis Z abwickeln können, sondern auch neue innovative
Services zur Verfügung stellen. Für die Pharmaindustrie stehen insbesondere innovative
Services in Marketing & Sales, Supply Chain
und R&D im Fokus.
Die frühen Shared Service Center (SSC) konzentrierten sich darauf, transaktionale Tätigkeiten einzelner Funktionsbereiche isoliert zu
standardisieren und zu bündeln. Mit der Zusammenführung dieser „Single-Tower-SSCs“
unter einem organisatorischen Dach (MultiTower) konnten die Betreiber in den letzten
Jahren schon wichtige Synergien und Ein-
sparpotenziale vor allem bei der Infrastruktur
realisieren und erste Ansätze machen, Prozesse funktionsübergreifend (End-to-end) zu
betrachten.
Was andere Branchen mit Shared Services
für Verwaltungs- und zunehmend auch Kerngeschäftsprozesse erreichen, ist auch für die
Pharmaindustrie ein Thema: Die stärkere globale Vernetzung sowie zunehmend komplexe
und volatile wirtschaftliche Rahmenbedingungen erfordern eine nie da gewesene Qualität der Verwaltungs- und Kerngeschäfts­
prozesse sowie deutlich mehr Flexibilität und
Internationalisierung.
Ein Grund für Pharmaunternehmen, dem
Bei­spiel der Konsumgüter- und anderer Vorreiterbranchen zu folgen: Die sind schon
lange dabei, das SSC-Konzept zum Integrated
Business Services (IBS)-Modell weiterzuentwickeln. Sie haben den Shared Services Fokus
über die primär transaktionalen Verwaltungsprozesse hinaus auch und gerade auf die
wert­schöpfenden Funktionsbereiche und Prozesse (Handel, Vertrieb, Service etc.) erweitert – die sie in ihren IBS-Organisationen
Accenture Technology Vision 2012
for Life Sciences
IT-Trends bieten viele
neue Chancen
Einmal im Jahr bringt Accenture die neuesten Technologietrends auf den Punkt und
beleuchtet, welche Chancen und Heraus­
forderungen sich für spezifische Branchen
und Märkte daraus ergeben. Die Studie
„Accenture Technology Vision 2012 for Life
Sciences“ stellt folgende Entwicklungen in
den Mittelpunkt:
Kontext: Die Verbreitung von Mobilfunkund Sensortechnik ermöglicht Life-ScienceUnternehmen, Kontextinformationen ihrer
Endkunden (z.B. Informationen über die Person, ihre Aktivität und ihr körperliches Befinden) zu nutzen, um individuelle, kontextspezifische Dienstleistungen anzubieten.
Social Media: Soziale Netzwerke sind heute
nicht mehr nur Teil der privaten, sondern
auch der betrieblichen Kommunikation. Sie
werden sich zur zentralen Kommunikationsplattform zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Kunden entwickeln. Accenture
kooperierte beispielsweise mit der Alzheimer
Association, um ein Geschäftsmodell für
Comfort Zone zu entwerfen. Die Webapplikation ist speziell auf die Bedürfnisse von
Alzheimerpatienten abgestimmt und übermittelt unter anderem Standortinformationen in Notsituationen.
Flexibilität durch Platform-as-a-Service:
Damit Life-Science-Unternehmen Kontextinformationen und soziale Medien effektiv
nutzen können, müssen sie in eine neue, flexible IT-Plattform investieren. „As-a-service“
wird zum Schlüsselwort für eine agilere IT –
mit Cloud, SaaS und Datenplattformen als
integralen Bausteinen.
immer ganzheitlicher betrachten und struk­
tu­rieren. So sind die führenden Pharmafirmen
bereits dabei, einzelne Kerngeschäftsprozesse
zu integrieren. Ein Beispiel aus Marketing &
Sales ist die zentrale Aufbereitung digitaler
Inhalte für Multikanalstrategien über alle
Marken und Märkte hinweg. Ein Beispiel aus
dem Bereich Supply Chain ist die zentralisierte Unterstützung für die Absatzplanung.
Diese Beispiele zeigen, dass es in erster Linie
nicht mehr nur um Kosteneinsparungen geht,
sondern auch darum, bessere Ergebnisse zu
erzielen. In den genannten Beispielen sind
das eine signifikant höhere Planungsgenauigkeit in den Märkten respektive eine bessere
und konsistente Qualität der digitalen Inhalte
über alle Marken und Märkte hinweg. Dies
und ein neues Selbstverständnis als Dienstleister und Prozessinnovator für interne und
externe Kunden machen IBS zu einem Meilenstein der organisatorischen Entwicklung,
welcher auch der Pharmaindustrie dazu dient,
das angestrebte Wachstum zu unterstützen.
Ansprechpartner:
[email protected]
Für viele Unternehmen bedeutet dies eine
umfangreiche Transformation, deren Erfolg
auf drei Säulen ruht: der Nutzung von
industrialisierten Datendiensten für branchenweiten Datenaustausch und -management; der Nutzung von strukturierten und
unstrukturierten Daten im Rahmen einer
Konvergenz von Datenarchitekturen; und
der Schaffung von wirksamen, integrierten
analytischen Sicherheitskonzepten auf der
Ebene des einzelnen Datenelements.
Life-Science-Unternehmen, die diese Trends
früh verfolgen, erschließen sich zahlreiche
neue Chancen: Zum einen schaffen sie die
Grundlage für patientenzentrierte Dienstleistungen und Behandlungsmethoden, die
sogar ad hoc auf individuelle Bedürfnisse
zugeschnitten werden können. Zum anderen
legen sie die Basis für neue Kooperationsmodelle sowie vernetztes Arbeiten von
Pharmaforschung, -industrie, -handel und
Patienten.
Ansprechpartner:
[email protected]
Dr. Heinz Riederer über die Zukunft der forschenden Pharmaindustrie
Ein Land wie Deutschland braucht eine
erfolgreiche Gesundheitsindustrie
Dr. Heinz Riederer ist Geschäftsführer Medizin & Gesundheitspolitik der Sanofi-Aventis
Deutschland GmbH. Er spricht über die Entwicklung der Pharmabranche und der Gesundheitsversorgung in Deutschland.
Durch den Ablauf des Patentschutzes (z.B.
für Avapro®, Plavix® und Eloxatin® in den
USA) kam es 2012 auch bei Sanofi zu Umsatzrückgängen im klassischen Medikamentengeschäft. Wie beurteilen Sie die Zukunftsaussichten des Geschäfts mit
innovativen Arzneimitteln angesichts zunehmender regulatorischer Einschränkungen
und betriebswirtschaftlicher Risiken?
Das Geschäft wird sich zunehmend weg von
Blockbustern hin zu „Nichebustern“ verändern. Die Therapien werden individueller und
gezielter, Arzneimittel werden zunehmend
begleitet von „Companion Diagnostics“. Das
Risiko von Investitionen in die Forschung und
die regulatorischen Anforderungen werden
weiter zunehmen. Dem Schutz geistigen
Eigentums wird eine zentrale Bedeutung zukommen. Wir verkaufen keine Chemikalien,
sondern hochkomplexe Produkte. Sie bestehen aus einer Ware und vor allem aus Knowhow, das sich im Inhalt der Fachinformation
niederschlägt. Dieser Wert liegt selbst bei
hoch komplizierten biologischen Produkten
wie Antikörpern weit über dem Wert der
Chemikalie. Dem hohen Sicherheitsbedürfnis
der Gesellschaft, vor allem auch der Industrie
selbst, steht der Wunsch der Kranken gegenüber, raschen Zugang zu neuen Therapien zu
haben. Hier muss ein gangbarer Mittelweg
gefunden werden. Heute laufen wir Gefahr,
der Vermeidung kleinster Restrisiken den Vorzug zu geben vor dem Suchen neuer Chancen. Auch der verspätete Einsatz neuer Therapien kann durch Verhindern von Nutzen
Schaden verursachen. Solche Entscheidungen
kann man auch nicht mathematisieren. Die
klinische Erfahrung des Arztes, unterstützt,
aber nicht ersetzt, durch valide wissenschaftliche Evidenz, muss weiterhin die wichtigste
Rolle spielen.
Wie zahlreiche Konkurrenten setzt auch
Sanofi auf ein zunehmend diversifiziertes
Geschäftsmodell. In welche angrenzenden
Bereiche des traditionellen Pharmageschäfts
setzen Sie die größten Hoffnungen, und wie
ist Sanofi in diesen Märkten positioniert?
Neben hoffentlich auch künftig wichtigen
Produktinnovationen möchten wir auch zu
Prozessinnovationen zur Optimierung der Patientenversorgung mehr beitragen. Bei der
Diabetesbehandlung beispielsweise könnten
durch eine bessere Vernetzung von Patient,
Arzt, Pflegekräften, Serviceprovidern und
Krankenkassen Qualität und Kosteneffizienz
noch erheblich gesteigert werden. Sanofi
trägt dazu schon heute ein breites Angebot
an Arzneimitteln, Diagnostika und Hilfsmitteln wie Insulinpens und Blutzuckermess­
geräten inklusive dazugehöriger Apps zur
elek­tronischen Vernetzung bei.
Ein weiterer branchentypischer Wachstumsbereich von Sanofi ist das Geschäft in
Schwellenländern. In welche Märkte wird
derzeit hauptsächlich investiert, und wo sind
nach Ihrer Einschätzung langfristig die
größten Wachstumspotenziale zu erwarten?
Sanofi ist in allen wichtigen Wachstumsre­
gionen wie China, Indien, Brasilien etc. stark
vertreten. Unser besonderer Fokus auf die
Diabetesbehandlung rückt alle Länder in den
Vordergrund, in denen sich diese Wohlstandserkrankung endemisch ausbreitet. Andererseits spielen wir für die medizinische
Versorgung in den Low-Income-Countries mit
unseren maßgeschneiderten Programmen für
Infektionserkrankungen wie Malaria, Dengue­
fieber und Polio in Zusammenarbeit mit der
WHO und internationalen Hilfsorganisationen wie DNDi eine sehr wichtige Rolle.
Trotz geringerer Wachstumsraten bleibt
Deutschland ein wichtiger Markt. Welche
wesentlichen gesundheitspolitischen Herausforderungen beschäftigen Sanofi derzeit
auf dem deutschen Markt?
Deutschland ist ein wichtiger Referenzmarkt
für Sanofi, nicht nur als Heimatmarkt für die
Produkte, die wir in Frankfurt erforschen,
entwickeln und herstellen. Der deutsche Preis
geht in die Preisbildung vieler wichtiger
Exportländer ein, die Ergebnisse der Nutzenbewertung durch die deutschen Behörden
haben Leitfunktion weltweit. Das lernende
System AMNOG hat noch nicht alle Lektio-
nen gelernt, hier sind noch deutliche Verbesserungen in der praktischen Umsetzung notwendig.
Könnte durch neue Kooperationsformen
zwischen Krankenkassen, Ärzten und Indus­
trie eine bessere Finanzierbarkeit und Qualität der Versorgung sichergestellt werden?
Wenn ja, wie?
Hier liegen noch erhebliche Qualitäts- und
Effizienzreserven. Die Bereitschaft, spezifische Erfahrungen und das eigene Know-how
in ein gemeinsames Projekt einzubringen, ist
bei allen potenziellen Partnern noch steigerungsfähig, wenngleich erfreuliche Anfangserfolge verzeichnet werden können. Sanofi
konnte durch neuartige Versorgungsverträge
dazu beitragen, dass eine bessere Insulin­
therapie nicht zu höheren Kosten für die Kassen führt. Erhebliche weitere Verbesserungen
in der Patientenführung und damit hoffentlich im Therapieerfolg lassen sich durch den
gezielten und systematischen Einsatz aller
Instrumente von „eHealth“ erzielen, vor allem
in der Betreuung ländlicher Regionen.
Gibt es aus Ihrer Sicht weitere sinnvolle
Konzepte und Lösungsansätze, die eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung in
Deutschland zur Folge hätten?
Ein Land wie Deutschland braucht eine erfolgreiche Gesundheitsindustrie – sie ist nicht
das Problem, sondern ein wichtiger Teil der
Lösung. Sie steht für mehr Gesundheit der
Bevölkerung und für wirtschaftliche Stärke.
Es gibt noch immer zu viele nicht oder nicht
ausreichend therapierbare Erkrankungen. Die
Produkte der Gesundheitsindustrie werden
dringend gebraucht. Nachhaltiger Erfolg ist
an Innovation gebunden. Deutschland hat
alle Voraussetzungen, um auch in Zukunft
eine wichtige Rolle zu spielen. Wir müssen
aber sehr darauf achten, dass durch unbedachte oder kurzsichtige Maßnahmen das Innovationspotenzial nicht zu sehr geschwächt
wird – zum Nachteil der Patienten und des
Exportlandes Deutschland.
Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach die
Gesundheitsversorgung in Deutschland innerhalb der nächsten zehn Jahre verändern?
Mehr Prävention, mehr individualisierte Therapien, mehr Technik, mehr Vernetzung, mehr
Miteinander der unterschiedlichen Spieler im
System, hohe Bedeutung elektronischer Datensammlung, -übertragung und -analyse.
Aber hoffentlich nicht weniger, sondern mehr
Bedeutung für Arzt und Pflegekraft, die den
Patienten versorgen. Evidenz und eHealth
müssen rationale Grundlage und Hilfsmittel
bleiben, am Ende der Kette kann nur ein
Mensch entscheiden, was das Beste für den
Patienten ist.
Consumer Healthcare
Sechs Branchentrends – viele neue
Herausforderungen
Verschärfte Rahmenbedingungen, stagnierendes Wachstum und ein stark fragmentierter Markt: Was bringt die Zukunft, und
worauf kommt es an? Das untersuchte
Accenture mit der aktuellen High Performance Business Consumer Healthcare
Studie – und identifizierte sechs funda­
mentale Trends.
• Demografischer Wandel und Veränderungen im Kundenverhalten: Pharmaunternehmen müssen bei ihrer Strategiesetzung
die Alterung immer größerer Teile der
Weltbevölkerung sowie den steigenden
Wohlstand vor allem in Entwicklungsmärkten stärker als bisher berücksichtigen.
Dies erfordert im Kern maßgeschneiderte
Produkte und Serviceleistungen für sich
verändernde Zielgruppen.
• Mehr Auswahlmöglichkeiten: Neuartige
Inhaltsstoffe und Darreichungsformen
schaffen mehr Auswahl und Wettbewerb.
Beispielsweise brachte Johnson & Johnson Calcium-Kaubonbons als neuartige
Nahrungsergänzung auf den Markt. Der
an­haltende Trend zu Produktneuerungen
erfordert von Pharmaunternehmen, nachhaltig Kompetenzen und Innovations­
fähigkeiten auszubauen. Entscheidend ist
bei alldem, die Kundenanforderungen
genau zu verstehen und das Kundenerlebnis zu verbessern.
• Erweiterung des Distributionsnetzes:
Obwohl Apotheken und Drogeriemärkte
immer noch dominieren, steigt die Bedeutung neuer, digitaler Kanäle wie Internet,
Mobile oder „Variety Stores“. Für Unternehmen ist es wichtig, diese neuen Kanäle
wirksam und kundenspezifisch in einem
integrierten Multikanalansatz einzusetzen,
um so alle relevanten Kundengruppen
optimal zu erreichen.
• Mehr Wettbewerb im OTC-Segment
durch „Private Labels“, Generikahersteller
und Konsumgüterkonzerne: Nestlé stärkt
die Sparte „Health Nutrition“. Der Generikakonzern Teva setzt viel daran, seine
Position im Bereich Consumer Healthcare
auszubauen, um dabei etablierte Marken
anzugreifen. Führende Unternehmen investieren deshalb vermehrt in den Wechsel
von verschreibungspflichtigen Medikamenten hin zu OTC-Produkten. Damit
können sie den Produktlebenszyklus ver-
längern und tiefer in das OTC-Segment
vordringen.
• In diesem Zusammenhang ist der Trend zu
Akquisitionen im Consumer Healthcare
Segment ungebrochen. Entscheidend bleiben die konsequente Kundenzentrierung
und die Fähigkeit, Marken im komplexer
werdenden Branchenumfeld neu zu definieren und zu positionieren.
• Mehr Regulierung: Viele Gesundheitsprogramme können sich positiv auf Unternehmen auswirken. Häufig erschweren verhärtete gesetzliche Anforderungen jedoch das
Wirtschaften. Vorausschauende Strategien,
ein fortlaufender Dialog mit den Instanzen
und Compliance Management sind daher
gefragter denn je.
Unternehmen, denen es gelingt, Herausforderungen erfolgreich zu meistern, können
sich im weltweiten OTC-Wettbewerb langfristig als High Performer positionieren.
Ansprechpartner:
[email protected]
Über Accenture
Copyright © 2013 Accenture
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Accenture, its logo, and
High Performance Delivered
are trademarks of Accenture.
Accenture ist ein weltweit agierender
Managementberatungs-, Technologie- ­­
und Outsourcing-Dienstleister mit
261.000 Mitarbeitern, die für Kunden in
über 120 Ländern tätig sind. Als Partner
für große Business-Transformationen
bringt das Unternehmen umfassende
Projekt­­er­fahrung, fundierte Fähigkeiten
über alle Branchen und Unternehmens­
bereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten
Unternehmen in eine partnerschaftliche
Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein.
Accenture erwirtschaftete im vergangenen
Fiskaljahr (zum 31. August 2012) einen
Nettoumsatz von 27,9 Mrd. US-Dollar. Die
Internetadresse lautet www.accenture.de.
Impressum
Herausgeber:
Accenture GmbH
Campus Kronberg 1
61476 Kronberg
Druck:
Druckerei Lokay e. K.
64354 Reinheim
Verantwortlicher Redakteur:
Carsten Klobucar
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