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Die Ungleichheitsmaschine
Rainer Rilling 06.09.2014
Eine Übersicht zu "Capital" von Thomas Piketty
Der Kapitalismus ist eine Ungleichheitsmaschine. Unerlässlich für ihr Funktionieren ist, dass sie ständig durch
Beigaben eines "neuen Sinns für Gerechtigkeit" [1] (Stefan Kaufmann) geölt wird. Dazu hat die Publikation "Capital
in the twenty- first century [2] von Thomas Piketty offenbar beträchtlich beigetragen. Was steckt dahinter?
Hat man viel, so wird man bald
Noch viel mehr dazubekommen.
Heinrich Heine, Weltlauf
Sicherlich hat die überwältigende Resonanz primär in den USA, generell im angloamerikanischen Raum, auch in
Frankreich und - deutlich weniger - in Deutschland und anderen europäischen Ländern mit der Krise der
neoliberalen Situation zu tun, die sich in den USA mit anderen spezifischen Krisen verband: dem
Zusammenbruch des imperialen Triumphalismus [3] des unilateralen Kriegertums der Bush-Zeit (und auch der
späten Clinton-Zeit), der dazu führte, dass die ein Jahrzehnt andauernde Debatte über das US-amerikanische
Empire 2006 abrupt beendet [4] wurde und damit zugleich die Kraft einer machtvollen, imaginären
Gemeinschaftlichkeit. Dann die Dot-com-Krise, welche die technologische, und die große Krise seit 2007/8,
welche die ökonomische Illusion der US-Suprematie beschädigten. Die Obama-Enttäuschung links und die
Stagnation der Teaparty rechts. Endlich in der Folge die Occupy-Wall-Street-Revolte, die mit dem "we are the
99%" auch die "1 %" [5] in die politische Öffentlichkeit brachte.
Das Thema Ungleichheit, das schon in den 80ern unter Reagan zeitweise eine neue Rolle [6] spielte, trat nun in
den Vordergrund und verschwand nicht mehr - ein Reflex auf eine Krisenbewältigung, die im letzten Jahrfünft zu
einer massiven Beschleunigung des Einkommens- und Reichtumszuwachses aller Spitzengruppen des
Elitenspektrums führte. Eine "Recovery" der eigenen Art. Kaum ein Land, in dem mittlerweile die rich list nicht ein
eigenes Medienformat geworden wäre.
In dieser Situation beginnt sich das Gleichheitsversprechen als die eigentliche große, integrative Sozialerzählung
des Kapitalismus aufzulösen und die Matrix der liberalen [7] Rechtfertigungen der Ungleichheit gleich dazu. Das
gilt auch für das einschlägige große "Märchen" (Piketty) in den US-Wirtschaftswissenschaften, das 1953 der
damalige Präsident der American Economic Association Simon Kuznets ("Economic Growth and Income
Inequality" [8]) formulierte, wonach die wachsende Ungleichheit in der Entstehungszeit des Kapitalismus von einer
gleichsam ewigen Phase zunehmender Gleichheit abgelöst worden sei - eine Erzählung, die gut in die kalte Zeit
der Systemkonkurrenz passte. Bekanntlich hat an diese Annahme eine überwiegende Menge gerade
US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler sehr dauerhaft geglaubt (und tut es immer noch), damit sie nicht
aus dem Gleichgewicht kommt, um das ihre Disziplin so hartnäckig kreist.
Natürlich sind Märchen wie Versprechen (und Zusatztexte wie die vom "sozialen Aufstieg" oder den
"Generationsversprechen") nicht verschwunden, aber ihre Wirksamkeit nach drei Jahrzehnten Erfahrung
wachsender Einkommensungleichheit ist deutlich geschwächt. Um 1987 begann sich in den USA die Kritik der
ökonomischen Ungleichheit neu zu verbreiten, hatte ihren Höhepunkt 1996 und stieg nach 2007 erneut an. Zwei
Drittel der US-Amerikaner gehen mittlerweile davon aus, dass ihre Gesellschaft immer ungleicher wird (Pew
Research Center) und die Rede von den undeserving rich (Leslie McCall [9]) breitet sich aus. Die Nennung von
"Ungleichheit" in den Medien vervielfachte [10] sich. Gleichheit wurde immer mehr zum Thema [11]
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Auch international diagnostizieren plötzlich der Internationale Währungsfonds IWF ("Die wachsende Ungleichheit
schadet der Wirtschaft") oder die OECD als die globale Kernorganisation des Industriestaatenneoliberalismus
("Seit den 80er Jahren nimmt in allen Industrieländern die Ungleichverteilung bei Einkommen und Vermögen zu")
das glatte Gegenteil ihrer jahrzehntelangen Analysen und Ratschläge. Die OECD publizierte im Mai 2014 die
Studie Focus on Top Incomes and and Taxation in OECD Countries: Was the crisis a game changer? [12] und
teilte ihr Erschrecken mit: Zwischen 1975 und 2007 sei die Hälfte des Einkommenszuwachses in den USA an die
Top 1 % gegangen. Das "trickle-down"-Versprechen verkehrte sich in eine in der Regel sehr wohlfeile "trickleup"-Schelte. Präsident Obama ernannte gar vor wenigen Wochen die Ungleichheit zur "defining challenge of our
time" - kaum denkbar, einen vergleichbaren Satz von der bundesdeutschen Kanzlerin zu hören.
Es scheint doch kein "happy end about inequality and capitalism" [13] (Piketty) zu geben. Gleichgültig zunächst, ob
sich hinter diesem neuen Lob der Gleichheit von denen da oben ein deutlicher Kurswechsel, eine korrigierende
Anpassung, ein Konkurrenzmanöver der Obama-Administration gegenüber der republikanischen Partei oder
politische Rhetorik verbergen - derlei Verschiebungen stehen für eine breitere Reaktion auf die aktuelle
Ungleichheitslage in der überwiegenden Zahl der "reichen" westlichen Industriestaaten (Chartbook of economic
inequality [14], 2014), in die hinein Publikation, Marketing und Debatte des Capital-Buches [15] von Piketty kamen.
Das Erscheinen der spanischen, deutschen, portugiesischen, chinesischen und japanischen Ausgaben steht noch
aus.
Reaktionen
I think the problem is that everybody wants to write about the book. It is very nice. The problem is that
some people who write about the book have not read it at all. You see the problem?
Piketty [1]
Kaum amüsiert die Reaktionen auf der politischen Rechten, die Piketty quasi als "mentally unstable foreign
communist" [16] (Brad DeLong) qualifizierten und die Marketingtour Pikettys für "Capital" im Frühjahr 2014 als
bloßes Moment des Wahlkampfs der Demokratischen Partei für die Novemberwahlen 2014 charakterisierten [17]
(Thomas Ferguson). Nicht wenige Linke haben sich zunächst etwas verwirrt an der Frage abgearbeitet, ob Piketty
Marxist sei (John Judis [18], Russell Jacoby [19]), statt den Defiziten in den eigenen Analysen der
Verteilungsverhältnisse nachzugehen.
Sie waren damit nicht allein, so stellte das "Handelsblatt" am 27.Mai 2014 die quälende Frage: "...ist er wirklich
der bessere Marx?" Oder gar der "neue Marx" [20] (Focus)? Der österreichische "Kurier" stellte ein Quiz [21] zur
richtigen Zuordnung von 14 Zitaten bereit: Marx oder Piketty? Sicherlich fruchtbarer dann die Frage, ob und
wieweit sich Pikettys Capital von Marx' Kapital unterscheide (z.B. Christian Fuchs [22], David Harvey [23], Alex
Callinicos [24], Thomas Palley [25], allesamt mit einhellig bejahender Antwort).
Auch Piketty selbst hat sich dazu mehrfach geäußert [26]. Seine eigenen Bezüge [27] zu Marx bzw. dem "Kapital"
zeigen viel Distanz, gute Teilkenntnis zu einigen Fragen, oft oberflächliches Wissen und deutliche
Fehlinterpretationen. Die Tradition und Gegenwart der marxistischen Debatten sind ihm wenig vertraut oder
geben für seine Fragen nicht viel her. Zum Zweck einer Selbstverständigung ist das alles sinnvoll (wenngleich
zuweilen angestrengt), zumal hier auch eine Reihe substantieller theoretisch begründeter Kritiken an Capital
formuliert wurden, die in der liberalen und rechten publizistischen Debatte keine Rolle spielten. Sie bezogen sich
im Wesentlichen auf den wissenschaftlich-theoretischen Hintergrund des Verfassers (grundsätzlich treffend
Heiner Flassbeck / Friederike Spiecker [28], Robert Boyer [29], Paul Mason [30], Benjamin Kunkel [31]), zu einzelnen
Schlüsselfragen weiter auch Jack Rasmus [32], Michael Robert [33], Michael Husson [34], Doug Henwood [35], Mick
Brooks [36], Dean Baker [37], seine zentrale Annahme (Esteban Maito [38]), die Schranken der vorgeschlagenen
Politik der Umverteilung (Richard Wolff[39]), kaum jedoch auf den historisch-empirischen Gehalt eines Buches
(aber: What Piketty leaves out [40] von Robert Kuttner).
Piketty selbst formulierte in einem sehr informativen Interview [41] Mitte Mai:
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Es ist ja eigentlich mehr ein Geschichtsbuch als ein Wirtschaftsbuch. Es geht um die Geschichte des
Besitzes.
Piketty
Kurz gesagt: Capital ist ein Buch, das im "Niemandsland" zwischen Ökonomie und Geschichte wandert und vom
Autor bemerkenswerterweise der "politischen Ökonomie" zugerechnet wird. Die Assoziation zu Marx' Kapital
hinterlässt viele Spuren in Pikettys Text. Sie ist symbolisch, trendy, auch wirklichkeitsnah - mehr nicht.
Worum also geht es im Capital? Das Buch behandelt einen Aspekt von Ungleichheit - mehr nicht. Der Text
beansprucht keineswegs eine "unified field theory of inequality" (wie dies Paul Krugman formulierte [42]. Erst recht
geht es nicht um eine "allgemeine Theorie" [43] des "Kapitals" oder des "Kapitalismus" (Branko Milanovic [44]),
auch nicht um einen historisch begrenzteren aktuellen Text über Neoliberalismus oder einen "Kapitalismus des
21. Jahrhunderts" [45].
In Capital (und dem Appendix [46] des Bandes) werden besondere Ungleichheitsverhältnisse in Frankreich,
England und anderen westeuropäischen Staaten, weiter den USA und Kanada untersucht. Auch
Untersuchungsergebnisse zu BRIC-Staaten und weiteren Ländern werden herangezogen. Historisch greift der
Band aus bis zur Frage der Ungleichheit im Altertum. Fragen und zentrale Antworten des Buches lassen sich in
zahlreichen Studien [47] und Vorlesungen bis hin zu Pikettys tatsächlich methodisch und historisch durchaus
bahnbrechenden Studie Les hauts revenus en France au XXe siecle: Inegalités et redistribution [48] (2001)
zurückverfolgen, die Aufstieg, Fall und erneuten Aufstieg der Hocheinkommens- und Reichtumsgruppen in
Frankreich behandelte und auch untersuchte, welche Rolle Erbschaften dabei spielen. Die Fragen haben er und
Facundo Alvaredo 2009 in einer Publikation [49] bei der Charakterisierung eines Forschungsprogramms des
damals schon über zwei Dutzend WissenschaftlerInnen zählenden internationalen Forschungsnetzwerkes
umrissen, das sich im letzten Jahrzehnt herausbildete:
Did income distribution become more unequal or more equal over the course of the years? When did
income inequality increase and when did it decrease? What income fractiles were most affected by these
trends? Which are the differences and similarities across countries? The second objective is to
understand these facts. What are the economic mechanisms and processes that allow us to understand
the way income concentration evolved?
Immer mehr aber hat sich dieses Programm auf die Frage nach Vermögen oder Reichtum (wealth) verschoben,
was keineswegs selbstverständlich ist - und doch auch für Liberale wie Krugman naheliegt [50]: "Over time,
extreme inequality in income leads to extreme inequality of wealth."
Konvergenz und Divergenz von Reichtum und die damit verknüpfte Ungleichheit stehen im Zentrum, politisch
aber geht es Piketty weder um radikalegalitäre Politiken, in deren Resultat "there would be no more
entrepreneurs" (572) oder gar um die Beseitigung des Privateigentums. In einem FAZ-Gespräch [51] Ende Mai
waren sogar krass kapitalismusenthusiastische Töne zu hören:
Ich bewundere den Kapitalismus, ich bewundere das Privateigentum und ich bewundere die
Marktwirtschaft. Natürlich sehe ich, dass Wirtschaftswachstum vornehmlich im Kapitalismus entsteht.
Natürlich hänge ich am Privateigentum, weil es eine Grundlage unserer Freiheit darstellt. Es gab noch
niemals so viel Kapital wie heute. Ich war 18 Jahre alt, als die Berliner Mauer fiel. Ich gehöre einer
Generation an, die niemals Sympathie für den Kommunismus besaß.
Piketty
Von Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit an hat Piketty somit über die Einkommensanalyse hinausgehende
Fragerichtungen verfolgt [52]:
It was natural and important to me to ask the question: What can we say about inequality and social
justice and the dynamics of distribution under capitalism? Why is it that people thought at some point
that communism was necessary?
Piketty
Und in Capital:
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I have no interest in denouncing inequality or capitalism per se— especially since social inequalities
are not in themselves a problem as long as they are justified... By contrast, I am interested in
contributing, however modestly, to the debate about the best way to organize society and the most
appropriate institutions and policies to achieve a just social order.
Piketty
Sein Interesse [53] sei also weit begrenzter:
Inequality is not bad, per se. It is, actually, it can be useful and it is useful to some extent for growth,
innovation and the kind of fantastic increase in living standards that we have seen over the past two
centuries. Now the question is until what point is it useful? And you know, what I worry about is extreme
inequality.
Piketty
Ungleichheit ja - aber moderat. Wann Ungleichheit aber extrem werde - dafür gibt es nach Piketty "keine
Formel" [54], aber historisch das Exempel des Europa bis 1914, aktuell die USA und - in Zukunft - womöglich der
ganze Rest des Planeten. Extreme Ungleichheit kann, so Piketty, unter bestimmten Bedingungen äußerst
gefährlich für das Überleben des Kapitalismus sein - was ihn als jemand ausweist, der für manche entschiedene
Linke zum abscheulichen Lager der Kapitalismusretter [55] gehört. Die politische Motivation [56] Pikettys ist
gleichwohl eng an ein Forschungsinteresse gekoppelt, das sich definitiv von den gängigen Herangehensweisen in
seiner Zunft unterscheidet:
I wanted to understand how wealth, or super-wealth, is working to increase the inequality gap. And
what I found (...) is that the speed at which the inequality gap is growing is getting faster and faster. You
have to ask what does this mean for ordinary people, who are not billionaires and who will never be
billionaires. Well, I think it means a deterioration in the first instance of the economic wellbeing of the
collective, in other words the degradation of the public sector. You only have to look at what Obama’s
administration wants to do - which is to erode inequality in healthcare and so on - and how difficult it is to
achieve that, to understand how important this is. There is a fundamentalist belief by capitalists that
capital will save the world, and it just isn't so. Not because of what Marx said about the contradictions of
capitalism, because, as I discovered, capital is an end in itself and no more.
Piketty
Hier zeigt sich, dass Piketty sich der paradoxen Situation [57] wohl bewusst ist, in die hinein ihn die große
Resonanz seines Buches und das daraus erzielte Einkommen [58] von geschätzt ca. 3 Mio. € gestellt hat:
Die gleichen Leute, die hart um jeden Euro mit ihrem Reinigungspersonal oder ihren
Niedriglohnarbeitern verhandeln, bieten mir 100.000 Euro für einen einstündigen Vortrag. Wenn ich
ablehne, verdoppeln sie das Angebot. Es braucht eine gewisse Zeit, bis sie verstehen, dass das "Nein"
wirklich als Nein gemeint war. Und diese Leute wollen andere Leute ökonomische Vernunft lehren? Sie
kontrollieren schlicht zu viele Ressourcen.
Piketty
Interessant sind die Ergebnisse seiner Analyse nicht, weil sie aus dem Mainstream der neoklassischen Ökonomie
kommen und - wenig überraschend - theoretisch nach den Kriterien einer kritischen politischen Ökonomie
defizitär sind. Vielmehr interessieren Daten, ihre Konstruktion, Messung, Verarbeitung und die daran verknüpften
Schlussfolgerungen, gerade weil sie auch aus dem Mainstream kommen und womöglich weiterreichende
Verschiebungen im ideologischen Feld andeuten oder ermöglichen. Die vier Hauptkapitel des Buches behandeln
"Income and Capital", dann historisch angelegt "The Dynamics of the Capital/Income Ratio", weiter datengespickt
"The Structure of Inequality" und schließlich politisch-programmatisch "Regulating Capital in the 21st Century".
Was ist bemerkenswert an der Analyse?
Big data about the very rich
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Es ist zunächst die klassische Betrachtung der funktionalen Verteilung von Einkommen, also der Aufteilung des
Einkommens auf Kapital und Arbeit. Vor allem aber steht im Zentrum die empirisch-historische Analyse der
Entwicklung der "Hocheinkommen" und des damit verknüpften Reichtums. Die Arbeit durchkreuzt damit den
Durchschnittshabitus der Reichen, ihren Reichtum möglichst unsichtbar zu machen.
Die internationale Forschungsgruppe, auf deren Arbeit der Band aufbaut, beansprucht, die aktuell umfangreichste
Datenbasis der historischen Einkommens- und Vermögensforschung erstellt zu haben. Sie hat seit Anfang der
letzten Dekade 22 Länderstudien publiziert und 45 weitere in Arbeit. Die frei zugängliche World Top Income
Database [59] (WTID) kompiliert Vermögensdaten aus zwei und Einkommensdaten aus einem Jahrhundert. Die
Zeitschrift Science, die im Mai 2014 der "Science of Inequality" ein Schwerpunktheft über die "Haves and
have-nots" [60]" widmete, verglich die WTID mit dem Gral naturwissenschaftlicher Datenwelt, dem Human
Genome Project. Eine aktuelle Übersicht zu Analysen über Einkommens- und Reichtumsentwicklung findet sich
bei Salvatore Morelli u.a. [61] (2014).
Capital greift deutlich breiter in die Geschichte zurück. Der Band behandelt die letzten 250 Jahre und sein
Schwerpunkt liegt im 20. und 21. Jahrhundert. Methodisch zeichnen sich die Analysen dadurch aus, dass sie (wie
mittlerweile weithin üblich) die klassische Arbeit mit Samples oder selbstberichteten Einkommensangaben oder
die Begrenzung auf Haushaltsdecile ("die top ten") hinter sich lassen (siehe die Arbeiten von Emmanuel Saez [62],
Thomas Palley [63], James Galbraith [64], Edward Wolff [65], Branko Milanovic [66], Philip Vermeulen [67], Anthony
Atkinson [68]). Sie greifen auf Steuerdaten bzw. die entsprechenden Erklärungen zurück, da diese als einzige
relativ konsistente lange Reihen ermöglichen. Von diesen schließen sie auf Einkommen (Dividenden, Zinsen,
Vermietung etc.) aus Kapital und bewerten es nach Marktpreisen, wobei - falls vorhanden - auch andere Quellen
herangezogen werden, so dass Aussagen über die Reichtumsentwicklung getroffen werden können.
Methodologisch eine besondere Rolle spielte dabei Pikettys Beitrag (gemeinsam mit E.Saez) über "Income
Inequality in the United States, 1913-1988" [69] (2003). Eine ins wissenschaftliche Detail gehende Übersicht zu
Begriffen, Verfahren und Resultaten der Arbeiten in diesem Zusammenhang gibt der Aufsatz Top Incomes in the
Long Run of History" [70] (Anthony B. Atkinson, Thomas Piketty, Emmanuel Saez, 2011).
Die bisherige Kritik hat sich mit einer Ausnahme sehr anerkennend auf die empirische Arbeit von Capital bezogen
(s. als Ausnahme die kritische Polemik von Chris Giles [71] in der Financial Times (auch hier [72]) und Pikettys
ebenso ausführliche wie höfliche Replik [73] (auch hier [74]) und weitere Kommentare dazu von Konczal [75],
Krugmann [76], Gongloff [77], O'Brien [78], Cassidy [79], Winship [80]. Womöglich weit gewichtiger für die Haltbarkeit
der Schlüsselthesen des Bandes ist die Auseinandersetzung mit der Rolle des von Piketty weitgehend als Kapital
definierten Immobiliensektors von Bonnet [81]. (dagegen Brooks [82]: "Only those who buy houses in order to live
off the rents can regard their housing wealth as capital"), der Fakt, dass die Steuerdaten die Guthaben für die
Altersvorsorge nicht berücksichtigen und, natürlich, dass Praxen der Steuervermeidung (Zucman [83], 2014)
riesige Dimensionen angenommen haben.
Der neue Blick
Der Wert des "Geschichtsbuchs" liegt in dem substantiellen Wandel des Blicks auf die Geschichte der
Ungleichheit des Kapitalismus, den Piketty aus der Bearbeitung seiner Datenreihen vorschlägt: Er formuliert die
Gegenthese zu der großen Erzählung [84] seines eigentlichen Inspirators und Kontrahenten Simon Kuznets [85]
(Shares of Upper Income Groups in Income and Savings [86], 1953), wonach die Ungleichheit der Einkommen mit
zunehmender Industrialisierung zunächst steige, dann aber nachhaltig abnehmen würde.
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Piketty setzt dagegen, dass die Vergrößerung der Einkommens- und Vermögensungleichheit im Kapitalismus
nicht Ausnahme, sondern Normalität sei. Zwar gebe es Regionen und Zeiträume, in denen die Ungleichheiten
zurückgehen - so grosso modo in Europa in der Zeit zwischen 1914 und Anfang der 70er Jahre, wovon dann das
Alltagsbewusstsein wie die wissenschaftlichen Leitkonzeptionen geprägt und die zwei großen Erzählungen vom
"Zeitalter der Katastrophen" (bis 1945) und vom folgenden "goldenen Zeitalter" (Hobsbawn) hegemonial wurden.
Für Piketty sind dies (soweit von Ungleichheit die Rede ist) große Täuschungen, Abweichungen, Ausnahmen,
"seltene Umstände" [87] - keine neue Normalität. Trotz allen Gewichts und historischer Dauer stehen sie für keine
systemische Normalität. Als Argument ruft Piketty nicht eine Diagnose anhaltender oder wachsender absoluter
Verelendung auf, sondern verweist auf die Nachhaltigkeit der Akkumulation und -konzentration des Reichtums.
"Inequality is a feature of capitalist economies, not a bug" (Geier [88]) - insoweit also gute Nachrichten für die
Großeigentümer und ihre Banken wie der Bank of America Merrill Lynch [89], aus denen manche freudige Stimme
über diese Schützenhilfe aus der politischen Ökonomie kam, die ihnen für das laufende Jahrhundert gute
Aussichten auf vergleichsweise hohe Returns auf ihr Kapital verkündet. Keine gute Nachricht für sie aber, was die
Revision des einst so fest verankerten optimistischen egalitären Kapitalismusbildes angeht.
Die Wende zur Reichtumsanalyse
Pikettys Verständnis von Kapital hat mit dem Mar'schen Kapitalbegriff nichts zu tun. "In this book", schreibt er,
"capital is defined as the sum total of nonhuman assets that can be owned and exchanged on some market.
Capital includes all forms of real property (including residential real estate) as well as financial and professional
capital (plants, infrastructure, machinery, patents, and so on) used by firms and government agencies." (46, auch
48). Insofern betont er in einem Interview in Juncture [90], er wolle der "Multidimensionalität von Kapital" gerecht
werden:
The history of real estate is not the history of land, it is not the history of financial assets or business
assets, or the public debt; all these different assets come with different power relationships, and with
different social compromises to determine their rate of return, and the labour return that is used together
with these assets.
Piketty
Auch die komplizierte Frage, wie ein so definierter Kapitalstock jeweils gemessen und bewertet werden soll,
beantwortet er klar:
All forms of wealth are evaluated in terms of market prices at a given point in time. This introduces an
element of arbitrariness (markets are often capricious), but it is the only method we have for calculating
the national capital stock: how else could one possibly add up hectares of farmland, square meters of
real estate, and blast furnaces?
Piketty
Galbraith [91] hat in seiner deutlich hastigen Diskussion des Bandes von einer "terrible confusion" gesprochen:
Piketty setze Kapital, Reichtum und Vermögen gleich. "Wealth" sind für ihn Güter und Dienste, die auf Märkten
geldwert getauscht werden (Alexander Field [92]) bzw. wie ein Haus oder ein Kunstwerk voraussichtlich Geld
erbringen werden. Pikettys "Capital" ist nicht bloß stock (Bestand), sondern auch eine für den Kapitalismus nicht
spezifische soziale Kategorie, für Marx dagegen ist das "Kapital" ein in sich widersprüchliches, sich krisenhaft
reproduzierendes gesellschaftliches Verhältnis zwischen gesellschaftlichen Gruppen, das sich vermittels
Produktion, Aneignung, Exklusion und Kommando realisiert. In Bilanzen und Einkommenssteuererklärungen
kommen diese Welten nicht sonderlich vor. Unter "wealth" versteht Marx eine Akkumulation von
Gebrauchswerten, die Kapitalform annehmen kann oder nicht - die Dutzende von Millionen US-Dollar schweren
Jachten, welche die Milliardäre dieses Planeten zu sammeln pflegen, sind insofern kein Kapital - für Piketty aber
sehr wohl.
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Piketty interessiert sich seit seiner ersten Publikation für die Verteilung von Einkommen und die damit
zusammenhängenden Ungleichheitsprobleme. In "Capital" jedoch macht er gegenüber der Analyse der
Entwicklung der Einkommen die Entwicklung und Struktur des Reichtums ("wealth") stark, denn
Reichtumsungleichheit wiegt in einer Langzeitanalyse weit mehr als Einkommensungleicheit (Collins [93]). Die
historisch ansetzenden Hocheinkommens- und Vermögensanalysen (USA, Frankreich, England, Europa,
BRIC-Staaten) unterscheiden sich von methodisch anders vorgehenden Langzeituntersuchungen, die im
Wesentlichen die Einkommensunterschiede zwischen Staaten bzw. innerhalb von Staaten betrachten (jüngst Jan
Luiten van Zanden [94], 2013) oder mit dem Gini-Koeffizienten arbeiten, dabei aber nur zu sehr allgemeinen und
vagen Resultaten kommen. Die Vorgehensweise von Piketty vermittelt demgegenüber eine konkretere
Vorstellung einer zentralen Struktur der Gesellschaft, die in den üblichen Armuts- und Reichtumsberichten oder
den Armutsforschungen [95] der Mittelklassensozialwissenschaft weitgehend ausgeklammert wurde und wird diese blickte jahrzehntelang fast immer erschreckt nach unten, nicht nach oben. Ganz anders dagegen etwa
Rainer Land / Ulrich Busch [96].
Vor allem am Beispiel der USA (mittlerweile aber auch anhand von zwei Dutzend weiteren Ländern)
diagnostizieren Piketty, Saez und andere Autoren eine massiv beschleunigte Konzentration des Einkommens und
Vermögens (Primäreinkommen, vor Steuern und Transfers( s. Piketty/Saez in Science [97]). Allgemein gilt, dass
die Reichtumskonzentration durchgängig wesentlich höher ist als die Konzentration der Einkommen (bei 60-90 %
bzw. bei 30-50 %). Der Anteil der unteren Hälfte liegt bei weniger als 5 % des Vermögens und bei 20-30 % des
Einkommens. Der Anteil der oberen 10 % am Vermögen in den USA lag zwischen 1917 und 2012 nach
Saez/Zucman [98] (2014) nie unter 60 %. Seit 1987 ist dieser Anteil um rund 10 Prozentpunkte auf ca. 75 %
kontinuierlich angestiegen, in Europa liegt er bei knapp 65%. Doch mittlerweile sind die Einkommensunterschiede
zwischen den Top-0,1% und dem Rest der oberen 10 % weitaus größer geworden als die zwischen den obersten
10 % und dem Durchschnittseinkommen.
Betrachtet man die "Top 1%" dann zeigt sich, dass deren Anteil zwischen 1978 und 2013 von knapp 25 % auf rd.
40 % angestiegen ist, also deutlich stärker zugenommen hat. Die "middle rich" (Top 10-Top 1 %) dagegen sind
seit Mitte der 70er Jahre um fast 10 % auf 35 % gefallen. Nach aktuellen Daten [99] zogen in den USA die "Top
1%"-Haushalte in der Periode Obama seit 2009 95 % des gesamten Einkommenszuwachses an sich; das waren
in der Bush-Zeit (2001-2008) 65 % und unter Clinton 1993-2000 "nur" 45 %. Im Zeitraum 1977 bis 2007 hatten
sich die Top 1 % fast 60 % des Gesamtwachstums des US-amerikanischen Nationaleinkommens anegeeignet. Im
Verlauf der letzten drei Jahrzehnte wurde damit ein Anteil von mehr als 15 % des Nationaleinkommens in den
USA von den unteren 90 % auf das oberste Zehntel verlagert.
Nicht nur in den USA setzt sich dieser Trend ungestört vom Rauschen über die Regulierung der Finanzmärkte
fort. Zwei aktuelle Beispiele: Die 1000 reichsten Briten konnten 2013 ihr Vermögen von 637 Milliarden Euro um
15,4 % gegenüber dem Vorjahr steigern [100] - und damit gegenüber 2009 verdoppeln. "Ich habe noch nie einen
so sagenhaften Anstieg von Privatvermögen gesehen wie bei den reichsten 1000 Briten im vergangenen Jahr",
zitiert [101] die "Sunday Times" den Autor des Reichen-Rankings der Zeitung. Der aktuelle "Wealth Report [102] der
Boston Consulting Group vermerkt für 2013 einen Anstieg des globalen Privatvermögens um 14,6 Prozent auf
152 Billionen Dollar (2012: + 8,7 %), die Zahl der Millionärshaushalte wuchs in 2013 auf 16,3 Mio. (2012: 13,7).
Sie hielten damit 42 % des privaten Vermögens (2012: 39 %) - ein Betrag, viermal so groß wie das BSP der USA.
Die in diesem Bericht erfasste Spitzengruppe der "Ultra-high-net-worth (UHNW)-Haushalte" (die Haushalte mit
mehr als 100 Mio.$) hielt in 2013 5,5 % des gesamten privaten Reichtums (8,4 Billionen), ein Anstieg um 19,7 %
gegenüber 2012; die Verfasser rechnen mit einem Zuwachs auf 13 Billionen (6,5 %) bis Ende 2018. Der
verbreitete Hinweis auf den Aufstieg der Mittelklassen in den BRIC-Staaten oder globale Angleichungen der
Durchschnittseinkommen trifft das zunehmende Auseinanderklaffen der Vermögen nach Piketty [103] nicht: "Die
Vermögen der weltweit reichsten Menschen wachsen dreimal so schnell wie die Durchschnittseinkommen."
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Die Untersuchung der Konzentration der Einkommen und des Vermögens in den USA führte mittlerweile zu einer
Relativierung der Formel von den "1%", denn die Musik spielt bei der Verteilung innerhalb [104] der 1 %: Zwischen
1960 und 2012 haben die reichsten 0,1 % der US-Haushalte ihren Anteil an Vermögen von weniger als 10 % auf
über 20 % verdoppelt. Dass die "Ein Prozent" ihren Anteil am Vermögen in dieser Zeit steigern konnten, geht weit
überwiegend auf die Zunahme des Anteils der obersten 0,1 % zurück - und mehr noch: während der Anteil der
1-0,1%-Gruppe (die "merley rich" mit zw. 4 und 20 Mio $) seit Ende der 70er Jahre nur geringfügig zunahm, hat
sich der Anteil der obersten 0,01 % (ca. 16.000 Haushalte mit mehr als 100 Mio.$) am Reichtum in den USA in
diesem Zeitraum - den letzten 35 Jahren - von 4 % auf 11 % (2013) vervierfacht (Pikett [105]). Die Top 400 der
"rich list" der Zeitschrift Forbes (=0,00025 %) verdreifachten ihren Anteil am Vermögen zwischen 1983 und 2013
von gut 1 % auf über 3 % und die 0,1 % der Vermögenden von knapp 4 % auf 11 %: "Einige wenige Reiche
könnten", so Piketty [106], "rein theoretisch in 30 bis 40 Jahren fast das komplette weltweite Vermögen besitzen."
Von der aktuellen Krise seit 2007/8 wurde diese 0,1% - Gruppe (und sogar ihr Finanzsektor) nur kurzzeitig und
geringfügig tangiert (Salvatore Morelli [107], 2014). Diese Spitzengruppe der "Superreichen" dürfte sich mit der
Gruppe der "Ultra High Net Worth Individuals" (UHNWI) und ihren Untergruppen vielfach überschneiden und
ebenso mit jenen Gruppen, die in der sich langsam entwickelnden soziologischen Reichtumsforschung (Hans
Jürgen Krysmanski [108], Michael Hartmann [109], Ueli Mäder [110] u.a.) identifiziert werden. Interessante
Parallelisierungen und womöglich ein Grund, die berechtigte Skepsis gegenüber historisch-politisch
problematisch aufgeladenen und analytisch wenig vertieften Kategorien wie "Oligarchie" oder "Plutokratie" zu
überdenken.
Immerhin bemerkenswert, dass mittlerweile die Rede von den "Reichen" oder den "rich" nicht mehr prompt in die
Bahnen wissenschaftlicher Korrektheit zurückverwiesen und daran erinnert wird, dass es sich hierbei doch
unzweifelhaft um "Kapital" handele - so zumeist die Mahnungen von linker Seite. Dadurch freilich erübrigt sich
eine kritische Auseinandersetzung mit Reichtum als eigenem gesellschaftlichen Verhältnis von Herrschaft und
Souveränität . Eine ernsthafte Auswertung [111] der rich-lists und wealth reports, die im Kontext der Strategien des
private wealth managements der Finanzindustrie generiert werden, nimmt Piketty nicht vor (430ff.), doch jenseits
von seiner Analyse werden Verdichtungen wie z.B. aus dem partiellen Zusammenfall der Gruppen der
Hocheinkommensbezieher und der Besitzer von Großvermögen (Superreiche) - in ersten Ansätzen [112]
rekonstruiert und lassen ein durchaus eigenes Sozialprofil erkennen (Lisa A. Keister [113] - und natürlich den
Kampf innerhalb der Klasse - den "centil struggle" (Piketty, Boyer). Piketty vermerkt immerhin, dass der Anteil des
Finanzsektors in den Top-0,1 % der Einkommensbezieher in den USA mittlerweile auf 20 % angestiegen ist
(Juncture [114]). Ungeachtet der Vorarbeiten der Autorengruppe und anderer ist jedoch ein konsequent globaler
Ansatz in der Reichtums- und Einkommensanalysen noch nicht vorhanden - realistische und komplexe Strukturund Handlungsprofile der global UHNWI fehlen weitgehend und damit auch eine Grundlegung für die
Untersuchung der Veränderungen globaler Herrschaft und Souveränität.
Patrimonialer Kapitalismus
Auch die wachsende Bedeutung des vererbten Vermögens bringt Piketty wieder neu ins Spiel. Allein die vier
Mitglieder der Familie Walton (Wal Mart) belegen die Plätze 9,10,11 und 12 der Bloombergschen Liste [115] der
"Global Rich" und besitzen mittlerweile mehr ererbtes Vermögen als die unteren 50 Millionen Familien in den USA
zusammengenommen. Bereits aktuell machen vererbte Vermögen rund ein Drittel der "Forbes 400" aus - nicht
gerade ein Beleg für die Dominanz der "working rich", die sich bekanntlich äußerst leistungsgerechte
Hocheinkommen reservieren.
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In Ländern wie vor allem Frankreich, aber auch Deutschland, etwas weniger auch England und die USA ist im
letzten Vierteljahrhundert der Anstieg der Hocheinkommen und des Reichtums durch Vererbung erneut zu einer
Schlüsselfrage geworden - zum Beispiel Frankreich: "Inherited wealth represents 80- 90 percent of total wealth in
France in the nineteenth century; this share fell to 40- 50 percent during the twentieth century, and might return to
80- 90 percent during the twenty- first century."(402) Bereits 2010 machte vererbtes Kapital in Frankreich zwei
Drittel des privaten Kapitals aus. Erbschaftspolitik und die Entwicklung der Erbschaftssteuern werden in den
nächsten Jahrzehnten ein zentrales Feld der Verteilungs- und Gerechtigkeitspolitik werden, denn in einer Reihe
von Ländern wird Kapital aus Erbschaften oder unter Familien- und Klankontrolle zu einem noch weit zentraleren
politischen Akteur werden, als es heute schon der Fall ist - ungeachtet der Form des Kapitals, wie das Beispiel
China zeigt. Für die in den 60er und 70er Jahren Geborenen gilt dies bereits heute weit mehr als für die
Generation ihrer Eltern.
Allerdings sind der krasse Anstieg der Hocheinkommen, die Reichtumskonzentration und das Ansteigen der
Erbschaften (s. Facundo Alvaredo [116], 2013) in den USA und einigen anderen Ländern (Piketty nennt ihn
"plutokratischen Extremismus") offenbar auch dadurch entstanden, dass ein großer und wachsender Teil der
Unternehmensgewinne an die "Supermanager" (wie auch die Aktionäre) weitergegeben worden ist, während z.B.
in der BRD diese im Unternehmen verblieben und insofern die Vermögen - das Kapital - der reichen Haushalte
vergrößern, ohne als Einkommen aus Arbeit gerechnet zu werden. Freilich fällt auch in Deutschland dem 1% mit
dem höchsten Einkommen rund 13 % der Einkommen zu - mehr als in Schweden, Frankreich oder England.
Im Einzug der "working rich" in die Kategorie der "Supergehälter" und der "Supermanager" sieht Piketty keine
Spaltung zwischen "working rich" und "coupon-clipping rentiers", sondern Cohabitation und Konkurrenz - "a race
between supermanagers and rentiers, to the detriment of those who are neither" (417). Dass die "Supermanager"
der Finanzindustrie zu einer neuen Sozialkategorie der Rentiers werden (304) und langsam hegemonial werden,
deutet er immerhin an (303). Ob deren Aufstieg freilich Anlass für sinnvolle Debatten über Effizienz oder
Qualifikation sein muss, sei dahingestellt. Nachhaltiger dürfte die soziale und kulturelle Verfestigung von
ökonomischer Macht sein, die eine solche Wiederkehr des vererbten Reichtums und der Supermanager mit sich
bringt (die letztlich erneut zu Kandidaten neuer Erbschaftsfälle werden, wie die aktuelle Entwicklung in der
Top-Gruppe [117] der Hedge-Fonds zeigt). Und: er ist auf Dauer angelegt, der patrimoniale Kapitalismus wirft einen
langen Schatten. Auch jenseits der Großvermögen steigt unter den "merely rich" oder "affluent" (klassisch grob
formuliert: in der upper middle class) die Bedeutung des Einkommens aus Kapital für die Einkommen (Marcelo
Medeiros/Pedro H. G. Ferreira de Souza [118]).
Capital is back: r > g
Was ist der Hintergrund dieser Entwicklungen? Das Top-Medium des Marktradikalismus - der britische Economist
- hat Pikettys Kernthese in dem Satz zusammengefasst: "Reichtum wächst schneller als die gesamte Wirtschaft."
Piketty sieht hier "the fundamental force for divergence" (25), eine "principal destabilizing force" (571), eine
"historische Norm" [119] und gar "the central contradiction of capitalism" (571). Auf lange Zeit - also im
Kapitalismus (und davor) - wachse die Rendite auf Kapital (Vermögen) tendenziell schneller als die
Wachstumsrate der Einkommen aus Arbeit und Kapital bzw. Wertschöpfung (g) (s.a. Dan Kervick [120]) und es
konzentrierten sich Einkommen und Vermögen immer mehr an der Spitze der Gesellschaftspyramide.
Piketty folgt hier der verbreiteten Annahme, dass steigende Produktivität durch technologischen Fortschritt und
zunehmendes Bevölkerungswachstum die eigentlichen Treiber des Wirtschaftswachstums seien. Bei stark
wachsenden Renditen auf Kapital (vor Steuern, s. Schaubild 10.9 auf Seite 354 oder Pikettys Tabelle [121] auf S.
10.3. sowie Lindner [122]) oder sinkendem (auch Bevölkerungs-) Wachstum erhöht sich die Ungleichheit. Rund die
Hälfte des Wachstums des GDP ging im letzten Jahrhundert auf das Bevölkerungswachstum zurück - ein Trend
der für Piketty/Zucman [123] beendet ist: "capital is back because low growth is back."
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Die wachsende Ungleichheit geht auf die Zunahme des Einkommens zurück, das in Form von Profiten,
Mieteinkommen oder Zinsen in das Kapital fließt und dort nur zu einem geringen Anteil konsumiert wird, sondern
nach Neuanlage als Kapital sucht. Nehme die allgemeine Wachstumsrate ab, dann müsse irgendwann auch das
Wachstum des Einkommens aus Kapital fallen - aber im Zweifel langsamer. Nicht die Bewegung des
Einkommens aus Arbeit, sondern das Einkommen aus Kapital ist der große Treiber der Ungleichheit (Timothy
Noah [124]). Innerhalb dieser Einkommensarten widerum gibt es zahlreiche, von Piketty allerdings kaum
behandelte Wirkfaktoren:
In the case of unequal incomes from labor, these mechanisms include the supply of and demand for
different skills, the state of the educational system, and the various rules and institutions that affect the
operation of the labor market and the determination of wages. In the case of unequal incomes from
capital, the most important processes involve savings and investment behavior, laws governing
gift-giving and inheritance, and the operation of real estate and financial markets.
Piketty (243)
Großer Reichtum wird also nicht als Arbeitseinkommen erarbeitet, sondern entsteht als Einkommen aus
Vermögen und zunehmend aus vererbtem Vermögen:
The entrepreneur inevitably tends to become a rentier, more and more dominant over those who own
nothing but their labour. Once constituted, capital reproduces itself faster than output increases. The past
devours the future.
Piketty (504)
Die Rendite auf Kapital (r), also die Ertragsrate auf Sach- und Finanzvermögen, lag in den letzten 250-300 Jahren
bei ca. 4-5 % / Jahr gegenüber dem Wachstum aus dem gesamten Einkommen, also des Bruttoinlandsprodukts
(g), das zwischen 1 % und 2 % in den reichen Ländern im Jahr zunahm. Jedediah Purdy hat in seiner
Besprechung [125] in der Los Angeles Review of Books die Konsequenz veranschaulicht:
Wealth begets wealth: at a five percent rate of return, the value of capital doubles every 14 years, while
at a two percent rate, the economy doubles in size after 35 years. That means that over a century and
change, wealth coming from capital would have doubled seven times, to 128 times its starting size, while
the overall economy would be only eight times larger.
Jedediah Purdy
Anders formuliert: Die Ertragsrate auf Sach- und Finanzvermögen ist also in the long run deutlich höher als die
Ertragsrate auf den Besitz der Arbeitskraft. Piketty folgert: "the more perfect the capital market (in the economist's
sense), the more likely r is to be greater than g." (27) Was Piketty zu einer (letztlich bloß beschreibenden!) Formel
(r > g) verdichtet, wird von ihm - anders als seine Kritiker häufig unterstellten - vorsichtig als "Wahrscheinlichkeit"
oder "Tendenz" [126] beschrieben. In einem Interview [127] Ende Juni 2014 formulierte er:
Ich behaupte nicht, dass es genau so und nicht anders kommen wird. Eine Prognose über die
kommenden Jahrzehnte ist mit vielen Unsicherheiten behaftet. Die Kapitalrenditen müssen nicht so hoch
bleiben und das Wirtschaftswachstum kann wieder zulegen und damit die Ungleichheit reduzieren. Aber
es gibt ein Risiko, dass sie weiter steigt, dessen müssen wir uns bewusst sein.
Piketty
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Und er schließt Ausnahmen nicht aus - im Gegenteil: Die zentrale Ausnahme war die Zeit zwischen dem Beginn
des 1. Weltkriegs und der zweiten Hälfte der 70er Jahre, als zunächst nicht etwa die Renditen aus Kapital durch
die Rooseveltsche Politik des New Deal reduziert worden seien, sondern Kapital in großem Maßstab durch Kriege
zerstört, durch Inflation und Krisen entwertet oder enteignet wurde und die hohen Steuerquoten die Rendite
beträchtlich schmälerten ("To a large extent, it was the chaos of war, with its attendant economic and political
shocks, that reduced inequality in the twentieth century", 275) bzw. nach dem Krieg (1950 ff.) hohe
Wachstumsraten erzielt wurden, die eine korporative Aufteilung des Einkommens einschlossen, Einkommen aus
Kapital und das Erwerbseinkommen also ungefähr die gleiche Steigerungsraten hatten. Es war dann die Zeit, die
in Frankreich "les trente glorieuses" (1945-75) und in der Bundesrepublik Deutschland in den 50ern und frühen
60ern das "Wirtschaftswunder" genannt wurde, mit Branko Milanovic könnte man sie auch eine "spezielle
Periode" in der Geschichte des Kapitalismus nennen - eine Periode, in der aus r < g nunmehr g > r wurde.
A concatenation of circumstances (wartime destruction, progressive tax policies made possible by the
shocks of 1914-1945, and exceptional growth during the three decades following the end of World War
II) thus created a historically unprecedented situation […]. All signs are, however, that it is about to end.
[…]
Piketty (356)
Während Anfang der 70er Jahre in allen reichen Ländern der Wert des Privatvermögens zwischen 200% und 350
% des jährlich entstandenen Volksvermögens lag, ist dieser Wert Anfang des jetzigen Jahrzehnts auf 400 % bis
über 700 % gestiegen. Sicherlich sind die Erklärungen für die über ein halbes Jahrhundert andauernde lange
Ausnahme, die Piketty bietet, sagen wir - recht unterkomplex [128] (und er untergewichtet den Zusammenbruch
der Preise für Land / Landwirtschaft seit Ende des vorletzten Jahrhunderts bei seiner Erklärung des "Kollapses"
des Kapitals wie auch deren Transformation in die urban rent in den letzten Jahrzehnten und die Frage von Karl
Smith [129], ob sich die Landlords zu einer zukünftigen globalen Plutokratie entwickeln). Allerdings gilt dies
offenbar auch für die Behandlung der Ungleichheitsfrage in der auch kritischen Geschichtsschreibung und auch in
der aufschwingenden Weltgeschichtsschreibung, die beide unter dem Blick, den Piketty hier nahelegt, durchaus
defizitär erscheinen. Piketty resümiert:
To sum up: the inequality r > g has clearly been true throughout most of human history right up to the
eve of WorldWar One, and it will probably be true again in the 21st century. Its truth depends, however,
on the shocks to which capital is subject, as well as on what public policies and institutions are put in
place to regulate the relationship between capital and labor.
Piketty
Er hält an dieser Annahme auch gegen die oft angeführten Prozesse der Reduzierung globaler Ungleichheit
zwischen reichen und armen Ländern fest:
In terms of per capita GDP the top of the distribution of wealth at the global level has been rising a lot
larger than the per capita income or output or wealth at the global level. This convergence - although
they are very strong, they have been less strong than this "r bigger than g" at the global level.
Piketty [1]Piketty
Und er formuliert in seinem Buch:
Ich habe die vorliegenden demographischen und wirtschaftlichen Wachstumsprognosen verwendet...,
laut denen die Weltproduktion in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts schrittweise von derzeit 3
Prozent jährlich auf nur 1,5 Prozent sinken wird. Ich nehme auch an, dass sich die Sparquote langfristig
bei etwa 10 Prozent stabilisieren wird. Unter diesen Annahmen... wird das globale Kapital-EinkommenVerhältnis logischerweise weiter ansteigen und könnte vor Ende des 21. Jahrhunderts 700 Prozent
erreichen, oder ungefähr das Niveau, das in Europa vom 18. Jahrhundert bis zur Belle Époque
beobachtet wurde. Mit anderen Worten könnte 2100 der gesamte Planet wie Europa an der Wende zum
20. Jahrhundert aussehen, zumindest was die Kapitalintensität angeht.
Piketty (195f.)
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Auffällig im Übrigen, dass die ökologischen Implikationen dieser Annahme (und generell der r > g-Formel) von
Piketty nicht debattiert werden, sein Fokus auf Wachstum alten Typs ist offenbar völlig ungebrochen. Derlei auch
von wohlwollenden Anhängern (Brad DeLong [130]) nicht geteilte Aussichten auf einen patrimonialen Downton
Abbey-Kapitalismus oder das Mark Twainssche vergoldete Zeitalter (Gilded Age) der Zeit nach dem
US-Bürgerkrieg bis 1914 laufen auf einen low-growth-capitalism mit hoher Ungleichheit, ein paar
Sozialstaatsresten und niedriger sozialer Mobilität hinaus. Einheirat auf hohem Kapitalisierungsniveau empfiehlt
sich. Piketty erinnert - etwas übertrieben (342f.) - in einem Interview [131] an das Paris des Jahres 1913:
Ein Prozent besaßen 70 Prozent des Vermögens. Und zwei Drittel der Bevölkerung hatten bei ihrem
Tod so wenig Besitz, dass ihre Beerdigungskosten davon nicht bezahlt werden konnten.
Piketty
Richistan also, ein Land der Höflinge, Schranzen, Schmeichler und Familiendynastien als das Land der Zukunft?
Ein solcher "patrimonialer Kapitalismus" (Piketty) müsse verhindert werden. Auch bei hohem Wachstum und
durch politische Eingriffe gemindertem Return auf Kapital sei zwar weniger Ungleichheit erreichbar, aber die
Zeiten eines fordistisch-keynesianistischen golden age (Hobsbawn) seien vorbei. Was Piketty entgeht: was hier
anstünde, wäre ein Richistan 2.0. eines gated capitalism, wo Märkte und Finanzialisierung eine historisch
unerhörte Verallgemeinerung von Ungleichheit, Macht und Subalternität erlauben und erfordern, demgegenüber
die viktorianisch-wilhelminisch Downton Abbey-Zeit so betulich erscheint, wie uns dies der britische ITV-Sender in
seiner Soap über die zerfallenden Parallelgesellschaften des britischen Niedrigadels ja auch so fabelhaft vorführt.
Immerhin: "I have proved", erklärt Piketty begeistert dem Observer [132], "that under the present circumstances
capitalism simply cannot work." Das ist seine Bilanz der Studie:
The overall conclusion of this study is that a market economy based on private property, if left to
itself…contains powerful forces of divergence, which are potentially threatening to democratic societies
and to the values of social justice on which they are based.
Piketty (571)
Intervention ohne Ende
Ohne politische Intervention kann für Piketty die Dynamik der großen Divergenz nicht gebrochen werden. Er
thematisiert drei politische Konsequenzen, skizziert aber nur eine starke Intervention.
Erstens den Zusammenhang von ökonomischer und politischer Ungleichheit, also die Frage nach der
bürgerschaftlichen Demokratie, die für ihn durch die skizzierte Grundtendenz des Kapitalismus letztlich
ausgehebelt wird - "So the market and private property should be the slave of democracy rather than the
opposite" (Piketty [133]). Um politische Interventionen in den neuen Reichtumskomplex durchsetzen zu können,
sind schrittweise institutionelle Umbauten notwendig:
Warum verbinden die Bürger in Europa Brüssel mit einem technokratischen Moloch? Weil es genau
das ist. Europa muss demokratischer werden. Der Ecofin-Rat und der Europäische Rat der Staats- und
Regierungschefs sind keine demokratischen Institutionen. Ein Land wie Deutschland mit 80 Millionen
Einwohnern kann nicht nur mit einer Stimme im Ministerrat präsentiert werden. Wir leben in der Illusion,
dass unser EU-Parlament, der Ministerrat, die EU-Kommission funktionierende Institutionen sind. Das ist
aber nicht wahr. Die politische Architektur der EU ist ein Monster.
Piketty [1]
Zweitens geht es um die Frage nach einer politischen Perspektive Europas in Differenz zu den USA. Die USA
stehen für die Dynamik einer großen Divergenz: von einem "neuen" Kapitalismus, der zu Beginn des letzten
Jahrhunderts als deutlich weniger ungleich angesehen werden konnte als die kapitalistischen Hauptländer
Europas hin zu einem global dominanten Kapitalismus mit rasant sich vertiefender Ungleichheit. Die Entwicklung
in Europa ist in dieser Hinsicht differenzierter. Während sich die USA und auch England auf einen Zustand hin
bewegen, in dem auf das oberste Zehntel 50 % des Einkommens entfallen, sind es bei Frankreich und
Deutschland bislang rund 35 %; was im Falle der BRD mit dem faktischen Wegfall der Steuern auf Vermögen und
mit dem vergleichbar schwächeren Wachstum der riesigen Einkommen der "Supermanager" zu tun hat.
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Zum bundesdeutschen Modell des Finanzmarktkapitalismus gehört keineswegs eine Begrenzung des
langandauernden Vermögenswachstums. Mittlerweile hat sich die jährliche Zunahme der Vermögen an der Spitze
in diesen Ländern weitgehend auf 5-7% angeglichen. Nicht erst neuerdings wird eine Fülle von Daten ins Feld
geführt, wonach die Zeit der wachsenden Kluft in der Einkommens- und Vermögensstruktur zwischen Europa und
den USA zu Ende zu gehen scheint. Die Widersprüche aus der Dynamik der "großen Divergenz" sind keine
kontinentale Erscheinung, sondern reflektieren übergreifende, vor allem transatlantisch zunehmend parallel
verlaufende Prozesse, deren wechselseitige Beförderung diese Divergenz vertiefen werden - keine erfreuliche
Aussicht.
Drittens liefert Piketty im Rahmen der neoklassischen Argumentationen Daten, Annahmen und in gewissem
Umfang auch Erklärungen für wachsende Ungleichheit sowie Einkommen aus Kapital als Begründung für die
dringende Notwendigkeit einer Regulierung vor allem durch deutliche und (noch komplizierter!) absehbar globale
und dauerhafte Besteuerung von Hocheinkommen und Großvermögen um die Ungleichheitsdynamik zu bremsen,
so dass Steuerpolitik und die dazu gehörende Ermächtigung der Politik ganz neu in den Vordergrund kommen.
Mit Bezug [134] auf den Zusammenhang zwischen Steuererhöhungen (ob Erbschaftssteuer, Einkommenssteuer,
Vermögenssteuer oder Steuern auf Unternehmensgewinne) und Verringerung der obersten Hocheinkommen
schließt Piketty [135]:
Eine Vermögensteuer wäre deshalb aus meiner Sicht wesentlich wichtiger als die Einkommensteuer.
Die progressive Einkommensteuer ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, ich glaube, dass man im 21.
Jahrhundert über eine Neudefinition der progressiven Vermögensteuer nachdenken muss.
Piketty
Um so etwas realisieren zu können, ist Transparenz [136] eine Schlüsselfrage:
I think if we, in order to have a proper wealth tax we will need a more serious fight against tax havens.
More automatic transmission of information from banks to each country's government so that we know
who owns what where. We will need to go toward a global registry of financial assets so that we have a
much better knowledge of cross border assets than we have now. And then we will see with this
transparency our democratic institutions will be better able to decide which tax rate should be adopted.
Piketty
Für Piketty steht dies - durchaus auch in der Tradition der liberalen Mainstreamökonomie - im Zentrum des
Bestrebens einer "Kontrolle des Kapitalismus" (532) und des Bemühens "to regulate capitalism" (518). Es geht
um Finanzmarktregulierung, Finanzmarkttransparenz, Unternehmens-, Vermögens- und Einkommenssteuern, es
geht aber auch um ein Grundanspruch des Politischen: "Without taxes, society has no common destiny, and
collective action is impossible." (493). Er stellt sich in Juncture [137] in die Tradition des britischen Ökonomen
James Meade ("The Intelligent Radical's Guide To Economic Policy", 1975):
James Meade, just like me, believed that progressive taxation and the development of other forms of
property relationships and of other forms of governance are complementary institutions. In the book I
probably place too much emphasis on progressive taxation, but I do talk about the development of new
forms of governance and property structure, but probably not sufficiently (...) progressive taxation of
wealth will always be necessary even if we manage to develop these other alternative forms of property.
Also, progressive taxation of wealth comes with increased financial transparency - transparency of
assets and company accounts - and that is very important, because if you want workers to be involved in
the management of their company, and if you want people more generally to be involved in the
management of the economy, then you want access to information. (...) So I think that taxation is always
about more than taxation: it’s a way to produce legal categories to produce financial transparency and
democratic accountability.
Piketty
07/09/2014 15:44
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Über die damit zusammenhängende Frage der auch in liberaler Sicht thematisierten Aneignungsmacht der
Superreichen durch Politik (Martin Gilens [138], Jacob Hacker/Paul Pierson [139], Larry M.Bartels u.a. [140])
verbreitet er sich nicht weiter, sieht man von knappen und sichtlich zaghaften Ausnahmen [141] andernorts ab.
Fuchs [142] hat übrigens daran erinnert, dass die von Piketty ebenfalls geforderte progressive Einkommenssteuer
auch bei Marx und Engels Thema waren - ein Blick auf den Forderungskatalog im Kommunistischen Manifest
kann als Beleg reichen. Die Größenordnungen, die ihm vorschweben, sind allerdings alles andere als
konfiskatorisch - aber sie sollten realistisch davon ausgehen, dass die Eindämmung eines dreifach stärkeren
Wachstums des Reichtums der Spitzengruppe (in den USA, in Europa, global) dieses Wachstum in ein
sukzessives Absinken verwandelt, die kapitalistische Ökonomie nicht einmal im Entferntesten in eine
Krisensituation bringen könnte, die beispielsweise mit der Krise 2007/8ff. vergleichbar wäre.
Betrachtet man die Größenordnungen am Beispiel der EU, dann sind die zu erwartenden Effekte doch
beträchtlich. Das BSP der EU betrug 2013 14.700 Milliarden € und das Privatvermögen der Haushalte in der EU
lag bei etwa 70.000 Mrd €, wobei auf die reichsten 1 % dabei 17,500 entfielen; die folgenden 9 % besaßen
24,500 Mrd € wie auch die nächsten 40 %. Die verbleibenden 50 % der EU-Haushalte hatten 3,500 Mrd €. Eine
Vermögenssteuer von 1 % auf die reichsten Europäer würde das Jahresbudget der Europäischen Kommission
von ca. 145 Mrd. € um rund 30 Mrd. € übertreffen (Toussaint [143]).
Offenbar geht es auch nicht nur um handfeste Umverteilungsgrößen, sondern um die Zerstörung der Kultur der
Gier, die sich die neue Elitengruppen der Supermanager, Großreichtümer und ihre Verschmelzungen zu privaten
Souveränen arrangiert hat - ein Einstiegsprojekt also. Ergänzend argumentiert Piketty in der FAZ, dass eine
deutliche Besteuerung der Vermögen auch eine adäquate Methode zur Verringerung der Staatsverschuldung sein
könne:
Wir können die Kosten der Bekämpfung der Staatsverschuldung nicht den Lohn- und
Gehaltsempfängern aufdrücken, solange es großen internationalen Konzernen gelingt, keine oder wenig
Steuern zu zahlen und solange es gelingt, auch Privatvermögen in Steueroasen zu verlagern. Man muss
anerkennen, dass gerade die Vereinigten Staaten gegen die Steueroasen vorgehen. Davon profitieren
auch Länder wie Frankreich und Deutschland. Was die Gewinnverlagerung internationaler Konzerne
angeht, ist aber noch nichts erreicht worden. Unsere europäischen Institutionen sind zu schwach, mit
diesem Problem umzugehen. Daher müssen wir sie stärken.
Piketty
Ob und wie im Verfolgen einer solchen Steuerpolitik zu guter Letzt sogar "a capitalism without capitalists" (138)
entstehen würde, lässt Piketty ebenso offen wie die von ihm offenbar völlig ignorierte Frage nach den konkreten
Akteuren, die eine solche politische Intervention aufbauen sollen und könnten. Der Verlauf der großen Krise des
Neoliberalismus seit 2007/8 lässt wenig Hoffnung für die Annahme, dass sich - ähnlich wie zu Zeiten des New
Deal - Elitengruppen herausbilden, die auch nur für eine andere strategische, eingreifende Entwicklungsoption
der Verteilungspolitik optieren würden. Andere gängige verteilungs- oder gar produktionspolitische Interventionen
spielen keine Rolle: Eingriffe in die Primärverteilung (Löhne), Abbau der Arbeitslosigkeit, massiver Ausbau der
öffentlichen Investitionen in die gesellschaftlichen Commons und öffentlichen Güter, ökologischer Umbau etc.
In dieser verengten Sichtweise zeigt sich das Problem des Pikettyschen Kapitalbegriffs. Das natürlich von Marx,
aber auch schon von Adam Smith aufgerufene "Kommando des Kapitals" und damit die untrennbar mit dem
Kapitalverhältnis verknüpfte Herrschaftsbeziehung kommt hier nicht in den Blick. R > g bedeutet eben auch
wachsende Macht über mehr Menschen (Naidu [144]). Bei Piketty geht es mit einigen Ausnahmen (169,228) nur
um Verhandlungs- oder Staatsmacht.
Ausbruch
Vor der politischen Radikalität, die sein historischer Blick von der desaströsen Zukunftsfähigkeit des
Gegenwartskapitalismus abfordert, schreckt Piketty zurück. Sie steht aber, mit und nach Piketty, dringlicher auf
der Tagesordnung denn je - und natürlich ist diese Tagesordnung auch nur einer nachhaltigen Revision der
kapitalistischen Verteilungsverhältnisse in keiner Weise ein Bestandteil der Tagesordnung der kapitalistischen
Macht.
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Der große historische Rekurs Pikettys auf die ganze kapitalistische Zeit beansprucht nicht nur, einer der
machtvollsten Erzählungen dieser Zeit Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit zu nehmen. Er platziert mit neuem
Nachdruck eine globale Problemsituation, die sich (folgt man seiner Argumentation) durch den weiteren Gang der
Dinge auch noch deutlich verschärft und nicht auflöst: Das Zentralmoment des Reichtums bricht mit hoher
Dynamik aus den vielen Achsen der Ungleichheitsverhältnisse aus. Ein Prozess, den viele Autoren in der sich
etablierenden Reichtumsforschung im letzten Jahrzehnt auf sehr unterschiedliche Weise beschrieben - oder
abgestritten! - haben, aber keine vergleichbare historische Dimension gegeben haben. In der heutigen
Kombination von Marktgesellschaft und Einkommens- wie Vermögensungleichheit hat sich soziale Macht in
einem historisch neuen Ausmaß in einer vergleichsweise kleinen Gruppe verdichtet, weshalb eine kritische
Diskurspolitik auf das Begriffspaar "Kapital" und "Reichtum" zurückgreifen muss. Befeuert durch Globalisierung,
Hocheinkommensaufbau und die Wiederkehr des patrimonialen Kapitalismus, massiv geschützt, gepflegt und
legitimiert durch die politischen Dienstklassen hat sich dieser Prozess des plutokratischen Extremismus seit der
neoliberalen Zeit eine Eigendynamik zugelegt, deren Bändigung und mittelfristige Beseitigung eine radikal
intervenierende Politik der Gleichheit auf Dauer verlangt.
Und plötzlich wird die Zeit knapp; aber wir wissen nicht, wie knapp. Parallelen zur Klimapolitik drängen sich auf.
Klar scheint nur, will man Piketty glauben, dass die Freisetzung und Entgrenzung des Reichtumsaufbaus in der
neoliberalen Zeit "nicht immer so weitergehen kann". Der Zeitrahmen, der für den Aufbau einer solchen stabilen
Kontra-Intervention zur Verfügung steht, ist also knapp. Die Richtung, in die sie gehen muss, ist unausweichlich:
eine lange historische Periode der Transformation von r > g in r < g einzuleiten, die auf den Umbau der
Reichtumsmatrix zielt. Die Intervention in Verteilungs-, Eigentums- und Machtverhältnisse steht dabei im Zentrum.
Das Feld der Akteure, die hier gefordert sind, geht über die klassische Linke weit hinaus.
Für eine historische politische Ökonomie hat Pikettys Buch für viele einen aufregenden und irritierenden Anstoß
gegeben. "Capital" hat jetzt schon die Reichtumsfrage neu politisiert.
I also believe in the power of ideas and books - and this (book) can also contribute to the diffusion of
information, and can try to contribute to a wider political mobilisation.
Piketty [1]
Ob Piketty sich hier an den Compte rendue du Roi (1781) den Rechenschaftsbericht/Finanzbericht des damaligen
Finanzministers Jacques Necker und dessen verschlungene Impulse für die Französische Revolution erinnerte?
Politisch wird der "mainstream social democrat" (New Statesman [145]) vor allem die sozialdemokratische Debatte
treffen und deren Politik womöglich unter Stress setzen. Spannend genug. Was also tun mit r > g, Linke?
Rainer Rilling, Jg.1945, Soziologe, ist Fellow am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung
und Hochschullehrer an der Universität Marburg. Zuletzt erschien von ihm "Transformation als Futuring", in:
Futuring. Perspektiven der Transformation im Kapitalismus über ihn hinaus", 440 S., August 2014 als E-Book
im Volltext [146]; Über die Rolle der USA bei der Herausbildung des modernen Kapitalismus, in: Das Argument
305 /2013; Was ist Geopolitik? [147] Ein Streifzug, in: Wissenschaft u (W&F) 1/2013.
Anhang
Links
[0] http://www.ippr.org/juncture/juncture-interview-thomas-piketty-on-capital-in-the-twenty-first-century
[0] http://thenextrecession.wordpress.com/2014/04/23/a-world-rate-of-profit-revisited-with-maito-and-piketty/
[0] http://thenextrecession.files.wordpress.com/2014/04/maito-esteban-the-historical-transience-of-capitalthe-downward-tren-in-the-rate-of-profit-since-xix-century.pdf
[0] http://www.epw.in/system/files/pdf/2014_49/25/Capitalist_Dynamics_and_the_Plutocrats.pdf
[0]
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[0] http://www.amazon.com/The-Great-Divergence-Americas-Inequality/dp/1608196356
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[19]http://www.newrepublic.com/article/118024/piketty-and-marx-where-they-disagree
[20]http://www.focus.de/finanzen/news/politik-der-neue-marx_id_3834527.html
[21]http://kurier.at/wirtschaft/finanzen/piketty-mania-so-ungerecht-ist-die-welt/73.378.619
[22]http://triple-c.at/index.php/tripleC/article/view/575
[23]
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[43]http://www.challengemagazine.com/extra/084_096.pdf
[44]http://mpra.ub.uni-muenchen.de/52384/1/MPRA_paper_52384.pdf
[45]http://www.social-europe.eu/2014/05/c21c/
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[49]http://www.rrojasdatabank.info/05_RPPLAC_ID.pdf
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[52]
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[75]http://www.nextnewdeal.net/rortybomb/ft-gets-pikettys-capital-argument-wrong
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[79]http://www.newyorker.com/online/blogs/johncassidy/2014/05/parsing-piketty-is-wealth-inequality-rising-in-theus.html
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[106]http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-06/piketty-europa-vermoegen-ungleichheit/komplettansicht
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[135]http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article127887922/Wir-sollen-alle-Kapitalistenwerden.html?config=print#
[136]http://www.truth-out.org/news/item/24041-thomas-piketty-the-market-and-private-property-should-be
[137]http://www.ippr.org/juncture/juncture-interview-thomas-piketty-on-capital-in-the-twenty-first-century
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[147]http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?artikelID=1835
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