Jahresrückblick 2008 - Schulbauernhof Ummeln
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Jahresrückblick 2008 - Schulbauernhof Ummeln
2008 SCHULBAUERNHOF UMMELN Bielefeld, im Januar 2009 Mittagessen vor 25 Jahren Liebe Mitglieder, liebe Freunde und Förderer des Schulbauernhofs Ummeln, wir möchten Sie wie gewohnt an dem teilhaben lassen, was sich auf dem Hof im letzten Jahr getan hat. Am 20. September haben wir unser Jubiläumsfest gefeiert: 25 Jahre Schulbauernhof Ummeln! Oberbürgermeister Eberhard David überbrachte die Glückwünsche der Stadt Bielefeld und nannte den Hof ein Vorzeigeprojekt der Stadt Bielefeld und wir hatten die Gelegenheit, der Stadt zu danken, denn wir haben immer, über die Jahre hinweg und über alle Parteigrenzen hinweg, ein offenes Ohr für unsere Anliegen gefunden. Dass der Schulbauernhof Ummeln pädagogisch erfolgreich arbeiten kann, hängt nicht zuletzt von der günstigen personellen Situation ab, und bei der 1 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 Finanzierung der Personalstellen helfen seit Jahren eben die Stadt, die Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft als Sponsor und die v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Ansonsten arbeiten wir wirtschaftlich solide und legen jährlich eine ausgeglichene Bilanz vor, was man von manchen angeblich ausgewiesenen Finanzexperten in diesen Zeiten ja nicht immer sagen kann. Zurück zum Fest: Schön war es, dass viele frühere Mitarbeiter, Zivildienstleistende und Praktikant/innen, oft nach vielen Jahren, wieder den Weg zum Hof gefunden haben, dass man sich austauschen konnte über alte Zeiten, dass es für sie aber auch Neues gab, das uns in der täglichen Arbeit schon wieder selbstverständlich geworden ist. VielManfred Hofmeister und Oberbürgermeister David leicht gehört das ja auch zum Erfolgskonzept des Hofes: Bewährtes zu erhalten und Modernisierungen behutsam umzusetzen, ohne den Charakter des alten Bauernhofes zu beeinträchtigen. Es gab u.a. – ein Experiment für uns – Schwein am Grill. Anfangs stand der Grill (wie würde das Wetter sein?) unter einer Jurte. Diese Idee war nicht so gut, denn der gleichzeitige Brand einer großen Menge von Buchenscheiten entwickelte eine derartige Hitze, dass die Jurte nur knapp zu retten war. Und da der Motor des Grills der Belastung durch ein ganzes Schwein auch nicht lange gewachsen war, war das gute alte Prinzip der Handarbeit wieder gefragt: Danke an unseren Zivi Oliver, der Spießbraten im Handbetrieb ausdauernd gedreht hat. 2 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 Eine besondere Spende hatte sich Hans Wilhelm Lümkemann, der Schulleiter der von Bodelschwingh Schulen, einfallen lassen. Für das erste Tierbein sollte es einen halben Cent geben und für das jeweils nächste jeweils einen halben mehr in arithmetischer Folge. Das ergab eine Spende von 321,31 Euro. Die Mathematiker oder die Knobler unter Ihnen können ja jetzt versuchen, die Gesamtzahl der damals auf dem Schulbauernhof vorhandenen Tierbeine auszurechnen. Heute sind es weniger wegen der weihnachtlichen Metamorphose zu Enten-, Gänse- und Lammkeulen. Das Spendenversprechen hatte den zusätzlichen Effekt, dass wir erst einmal zählen mussten, denn die Zahl der Schafe und Schweine ist zwar stets bekannt, für die Hühner und Enten gilt das aber nicht unbedingt, zumal, wenn es manchmal überraschende Entwicklungen gibt: Eine der Flugenten hatte es sich angewöhnt, eine Öffnung in der Giebelwand der Deele, die früher wohl einmal für Tauben gedacht war, anzupeilen und zu unserem Erstaunen sich dort festzukrallen und hindurchzuschlüpfen. Wenige Tage vor dem Jubiläumsfest erschien sie wieder, flog zu Boden und stieß mütterliche Lockrufe aus. Die Folge: Ein Küken nach dem anderem erschien in der Öffnung, sprang aus gut vier Meter Höhe, knallte zu unserem anfänglichen Entsetzen auf die Betonsteine, sprang wie ein Tischtennisball einen halben Meter in die Höhe und lief dann schleunigst zur Mutter, dreizehn an der Zahl. Dann folgte unsererseits die bewährte „Eimer-Methode“: Um die Küken in der ersten Zeit in der sicheren Voliere unterzubringen, werden sie in einem Eimer gesteckt und mit diesem piepsenden Eimer wird dann die wütende Mutterente in die Voliere gelockt. Alle haben diesen leider notwendigen menschlichen Eingriff gut überstanden. Einen Rekord eigener Art hat kurz vor Weihnachten unsere Zuchtsau Hannah aufgestellt. Von dem Wurf von ursprünglich 20 Ferkeln haben 16 überlebt, und da die Muttermilch nicht reicht und wir eben so sind, wie wir sind, wird zugefüttert. Das Geflügel muss wegen der Gefahr der Vogelgrippe wieder einmal im Stall gehalten werden. Da ist es dann wenigstens sicher, denn vor kurzem hat offensichtlich ein jagdfreudiger Hund elf unserer Pommernenten, davon einige eines seltenen Farbschlages, in einer Nacht getötet. Eines können wir nach 25 Jahren Erfahrung ganz sicher sagen: Eine unproblematische Tierhaltung gibt es nicht! Glück haben wir wieder einmal mit den Menschen: Wir hatten und haben ein sehr gutes Team von Zivildienstleistenden und z.Z. einer Teilnehmerin am Freiwilligen Ökologischen Jahr. Dass ein Kandidat so spät, dass wir die Stelle nicht anders 3 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 besetzen konnten, ohne uns Bescheid zu sagen eine Stelle an der See angenommen hat, hat uns anfangs sehr geärgert. Dieser Wegfall wird aber inzwischen mehr als kompensiert: Kanako Adachi aus Japan, die vor fünf Jahren mal kurz vorbeischauen wollte und dann mehrere Wochen geblieben ist, ist diesmal zum Jubiläumsfest gekommen mit der Folge, dass sie ein Jahr bleibt. Die Aufenthaltserlaubnis ist erteilt (auch hier: Danke an die Stadt!), die Versicherungsfragen sind geklärt. Das hat bei Gabi Ankewitz dazu geführt, dass sie auch hinsichtlich behördlicher Vorgänge immer fitter wird. Kanako KanakoAdachi lernt fleißig Deutsch und ich bin manchmal gezwungen, nach über 40 Jahren rudimentäre Reste meines Schulenglisch zu reaktivieren. Und ich habe dazugelernt: Da Kanako sich um einen Igel kümmert, weiß ich jetzt, wie „Igel“ auf Englisch heißt. Das ist auch gut so, denn die Anfangskommunikation war nicht frei von adlerhaften Missverständnissen. 25 Jahre Schulbauernhof heißt auch, dass diejenigen, die dieses Projekt weit vor ihrer potentiellen Midlife-Krise schwungvoll in Angriff genommen haben, in die Jahre gekommen sind, und das Ende der beruflichen (nicht ehrenamtlichen) Arbeit ist absehbar. Wir sind daher froh, dass uns die Kollegin Antje Vergin seit dem neuen Schuljahr unterstützt und ganz offensichtlich viel Freude an der neuen Arbeit hat. Hier sei ein großer Dank an unseren Schulleiter ausgesprochen, der mitdenkt und handelt, wenn es um die Zukunft des Hofes geht. Die ausgesprochen positive Resonanz an unserer Schule auf das Stellenangebot hat Befürchtungen, wir könnten vielleicht einmal keine Nachfolger finden, ausgeräumt, und da die Nachfrage der Klassen und Gruppen weiterhin groß ist und auch die Einsicht, dass wir nicht alle Klassen in den Lieblingsmonaten Mai und September unterbringen können, sehen wir der Zukunft „unseres“ Schulbauernhofes sehr optimistisch entgegen. Von der Sache her tun wir das ohnehin. Manchmal meint man ja, man unterläge einem Modernisierungsdruck. Warum eigentlich? An der Arbeit mit den Kindern hat sich seit 25 Jahren eigentlich nichts verändert. Wir sind natürlich geübter geworden 4 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 in den Abläufen, für die Kinder ist alles neu und spannend. Wir werden darauf zu achten haben, dass Arbeiten nicht einfach nur erledigt werden, sondern dass wir geduldig erklären und mit immer neuen Schwung anleiten, jeden Tag neu ein Vorbild sind. „Natürlich“ ist der Hof inzwischen im Internet erreichbar und hat das, was man eine homepage nennt („Homepage“ kennt jeder, headgehog (=Igel) kaum einer). Aber müssen wir uns zumüllen lassen mit E-Mails? Muss die homepageArbeitsgruppe für die Präsentation des Hofes im Netz soviel Zeit und Nerven lassen? Andererseits: Die Arbeit hat sich gelohnt und wir präsentieren uns im Netz sehr attraktiv (www.schulbauernhof-ummeln.de). Wir leben ja in einer realen Welt, und diese reale Welt hat in den letzten Monaten erkennen müssen, dass letztlich nur in einer realen Welt auch reale Werte geschaffen werden und dass Spekulationsblasen einige Wenige kurzzeitig extrem reich werden lassen, andere aber ins Unglück stürzen und eben das sind, wie sie heißen: Blasen. Jahrelang hat man uns eingeredet, dieser Gesellschaft mangele es an Geld. Jetzt scheint es ja da zu sein. Warum bringt die Weltgemeinschaft nicht 500 Milliarden für den Klimaschutz auf, der ein reales Problem in einer realen Welt ist? Ich fürchte, dass auf unsere in virtuellen Welten sozialisierten Kinder ungeheuer große reale Probleme zukommen werden, die sie bewältigen müssen, wir dann Antje Vergin ja nicht mehr. Aber so 5 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 etwas kann man lernen: Problem und Problemlösung. Wir können da nur kleine Schritte anbieten: Wie füttere ich die Tiere und womit? Wie ernte ich Kartoffeln? Wie pikiere ich Pflanzen? Wie spalte ich Holz? Wie filze ich Wolle? Wie arbeite ich mit Ton? Wie koche ich? … Ja, und das gehört auch dazu: Wie putze ich ein Klo? Die Bedürfnisse, dies alles zu schaffen, sind da, und auch wenn elementare Bedürfnisse z.Z. medial überlagert sind, so werden sie bleiben. Etwas zu schaffen, macht, gerade wenn es mühsam ist, stolz und ist gut für das SelbstBewusstsein. Ich denke, dass das die Attraktivität des Lern- und Arbeitsortes Schulbauernhof ausmacht. Wenn wir als Erwachsene zurückdenken an die 50er und 60er Jahr: Welchen Moden sind wir da eigentlich nachgelaufen? Ich glaube, dass es bald „cool“ sein wird, kein Handy zu haben, der neue Luxus, nicht erreichbar zu sein als Zugewinn an Autonomie. Viel zu oft tun wir so, als wenn wir nur etwas für andere machen. Felix, ein „Ex-Zivi“ und Motorradfahrer, der Geflügelfütterung damals, vor vielen Jahren, schon so kreativ war, ein Motorrad, in Einzelteile zerlegt, vor unseren Augen verborgen im Kotten unterzubringen und es dort wieder zusammen zu schrauben (gut, dass wir’s nicht gewusst haben, denn eine mehrstündiges Hofgespräch und ein anschließendes Verbot wären – wahrscheinlich – die Folge gewesen), Felix also wollte sich auf dem Jubiläumsfest eigentlich auch öffentlich bedanken, hat aber irgendwie den Zeitpunkt verpasst. Er macht Zirkus, mit Kindern und für Kinder, und beim abendlichen Gespräch hat er uns gesagt, dass die Impulse für diese Arbeit auch vom Schulbauernhof ausgegangen seien und dass sein Dienst sein Leben mit geprägt habe. 6 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 Liebe Mitglieder, liebe Freunde und Förderer des Schulbauernhofs Ummeln, in dem Schreiben des vergangenen Jahres hatte ich angedeutet, es würden vielleicht bauliche Veränderungen bevorstehen. Die stehen immer noch bevor, aber eine Entscheidung ist gefallen und der Anfang ist gemacht: Das Dachgeschoss über dem Haupthaus (ca. 120 mÇ) wird ausgebaut. Es entstehen ein Büro, in dem auch ohne dauernde Störung gearbeitet werden kann, zwei Praktikant/innen / FÖJ-Zimmer, ein Mehrzweck/Besprechungsraum, Dusche/WC und ein separates WC. Die neuen Dachfenster sind schon eingebaut und bringen das ersehnte Licht auf den Einbau der Dachflächenfenster Boden (und eröffnen überraschend neue Blicke auf das ganze Hofgelände: Wenn jetzt jemand seinen Spaten vor dem Geräteschuppen nicht ordentlich sauber macht, sieht man das von weitem und kann das korrigieren …), es ist jetzt schon abzusehen, dass das einfach schön wird. Das Ganze kostet viel Geld, das der Schulbauernhof Ummeln aus eigener Kraft nicht aufgebracht hätte, nicht einmal einen Eigenanteil, denn wir kommen mit dem laufenden Betrieb gerade so hin. Wir danken deshalb an dieser Stelle der Ida und Richard Kaselowsky Stiftung als Eigentümerin des Hofes Meier zu Ummeln, wir danken Frau Maja Oetker für ihre großzügige Unterstützung des Schulbauernhofes, für ihre Ideen und den Willen und die Bereitschaft, sich auch in Details hineinzudenken, wir danken Herrn Krause, der ein so engagierter Bauleiter ist, wie man sich ihn nur wünschen kann, und wir danken dem Architekten, Herrn Kirchhoff, der, den rustikalen Charme des alten Dachbodens beibehaltend, etwas Neues und Schönes schafft, das die Arbeit erleichtert und Platz schafft für Menschen, ohne die diese Arbeit nicht denkbar wäre. 7 JAHRESRÜCKBLICK SCHULBAUERNHOF UMMELN 2008 Am 12. Januar geht es weiter und es wird gut werden. Das ehemalige Praktikantenzimmer im Erdgeschoss wird dann frei, z.B. für Janny Vogelhuber, die nach ihrer Verrentung regelmäßig mitarbeiten will und Kindern das Färben von Wolle mit Naturfarbstoffen beibringen wird. Denn darum geht es ja: Lernend zu arbeiten und arbeitend zu lernen. In diesem Sinne Ihr Manfred Hofmeister Merken Sie sich bitte vor: Mitgliederversammlung (nur für Mitglieder) am Samstag, dem 28. März 2009, 15.00 Uhr Herbstfest (für alle) am Erntedanktag, Sonntag, dem 04.10.2009 ab 11.00 Uhr (Mithilfe erwünscht). Noch etwas: Die Pappeln zwischen Garten und Feuchtgebiet bzw. zwischen Streuobstwiese und Feuchtwiese sollten gefällt werden, eigentlich seit Jahren schon, denn herunterbrechende Äste, dick wie Bäume, sind eine Gefahr. Die milden Winter (Klima?) haben immer wieder zu einem Aufschub geführt. Jetzt ist der Beschluss gefallen, sie definitiv zu fällen, Flurschäden hin oder her. Und was geschieht? Er ist derartig kalt geworden (neue Eiszeit?), dass die beschlossene Fällung auf dem tiefgefrorenen Boden nicht viel Unheil anrichten wird. Wir haben mal wieder Glück gehabt – und das seit 25 Jahren. 8