18.05.05 Persönlichkeit und Gesundheit
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18.05.05 Persönlichkeit und Gesundheit
Persönlichkeit und Gesundheit Seminar 12665: Einführung in die Psychologie des Gesundheitsverhaltens Benjamin Schü Schüz www.fuschuez www.fu-berlin.de/gesund/ berlin.de/gesund/schuez • Persönlichkeit als Risikofaktor (Typ APersönlichkeit etc.) • Persönlichkeit als Schutzfaktor ÆBeide Ansätze schwierig in Interventionen umzusetzen • Persönlichkeitseigenschaften (Profile) und ihre Beziehung zu Gesundheit Wirkmechanismen Wirkmechanismen • Physiologische Reaktionen • Verhaltensfolgen: – Persönlichkeitseigenschaften können mit gesundheitsrelevanten physiologischen Reaktionen einhergehen – Optimisten schätzen z.B. bestimmte Situationen als weniger bedrohlich ein – Positive Erwartungen an Situationen gehen mit besseren Immunparametern einher (bes. im Hinblick auf chronischen Stress) – Persönlichkeitseigenschaften gehen mit Verhaltensmustern einher – Feindseligkeit geht z.B. mit erhöhtem Nikotinkonsum und weniger Schlaf einher – Gewissenhaftigkeit geht mit mehr Gesundheitsverhalten einher – Indirekte Folgen: Aktives Bemühen um Problemlösung, dies kann belastende Situationen verkürzen 1 Wirkmechanismen Wirkmechanismen • Selektion von Umwelten • Krankheitsverhalten: – Persönlichkeitseigenschaften bedingen z.B. Berufswahl – Selbstwirksame wählen eher anspruchsvolle Berufe, die Anerkennung versprechen, die zu besserem Befinden führt – Gewissenhafte planen möglicherweise so gut, dass stabile Umwelten geschaffen werden – Persönlichkeitseigenschaften könnten mit dem Umgang mit Krankheiten zusammenhängen – Neurotizismus geht mit einer erhöhten Neigung, körperliche Symptome zu berichten, einher – Mangelhafte Wahrnehmung und Berichten von körperlichen Symptomen Wirkmechanismen Einschätzungen und Erwartungen • Persönlichkeit als Haupteffekt? • Interaktion: Persönlichkeit interagiert mit der jeweiligen Situation als Puffer oder Akzelerans • Gemeinsame Ursache von Gesundheit und Persönlichkeit: gemeinsame genetische Prädisposition • Persönlichkeit als Folge gesundheitlicher Beeinträchtigungen ÆWahrscheinlich Interaktion von allen Mechanismen • Dispositionaler Optimismus/Pessimismus (Carver & Scheier) • Generalisierte Erwartung, z. B. dass in allen Lebenslagen schwierige Situationen eine positive Wendung nehmen werden (z.B. mit LOT erhoben) • Optimisten erholen sich schneller von einer OP und haben während einer OP weniger Komplikationen (Scheier, Carver & Matthews, 1989) 2 Life Orientation Test (Scheier & Carver, 1985) Attributionsstil • • • • • • • • • • I'm always optimistic about my future. In uncertain times, I usually expect the best. I always look on the bright side of things. If something can go wrong for me, it will. It's easy for me to relax. I hardly ever expect things to go my way. I enjoy my friends a lot. It's important for me to keep busy. I rarely count on good things happening to me. I'm a believer in the idea that "every cloud has a silver lining." • I don't get upset too easily. • Things never work out the way I want them to. • Optimistischer Attributionsstil: Selbstwirksamkeit Allgemeine Selbstwirksamkeit • Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung, Verhalten auch im Angesicht von Schwierigkeiten durchführen zu können (Kontrollüberzeugung) • Allgemeine vs. Spezifische Selbstwirksamkeit • Konzeptionell eng verwandt mit anderen Kontrollüberzeugungen, z.B. seelischer Gesundheit (Becker) oder Kohärenzsinn (Antonovsky) „Perceived self-efficacy is defined as people's beliefs about their capabilities to produce designated levels of performance that exercise influence over events that affect their lives.“ (Bandura, 1994) – Externale, variable und spezifische Interpretation negativer Ereignisse • Pessimistischer Attributionsstil: – Internale, stabile und globale Interpretation negativer Ereignisse • Zusammenhänge von v.a. pessimistischem Attributionsstil und Gesundheit, heterogene Ergebnisse für optimistischen Attributionsstil 3 Barrieren überwinden: Selbstwirksamkeit- Effekte „Kein Mensch schafft eine Meile unter 4 Minuten" 0:04:02 0:03:58 0:03:53 Zeit • Einschätzung von Selbstwirksamkeit bedingt, ob (Bewältigungs-)verhalten ausgeübt wird, wie viel Anstrengung investiert wird und wie lange Problemen widerstanden wird • Im Rahmen von Selbstregulation beeinflusst SWE Zielsetzung und Zielumsetzung 0:03:49 0:03:45 0:03:40 0:03:36 ´54 ´54 ´57 ´58 ´62 ´64 ´65 ´66 ´67 ´75 ´75 ´79 ´80 ´81 ´81 ´85 ´93 Jahr nach Bandura, 1997, S. 396 Einflußgrößen auf körperliche Aktivität bei Senioren im Alter von 65 bis 92 Jahren Aktivität (38% Varianzaufklärung) Dieting (Calorie Reduction) 30 50 28 40 26 .39 30 24 20 Low Risk High Risk Low Risk High Risk 22 .20 .14 10 .13 20 Low .08 (ns) 0 Nutrition Self-Efficacy From: Leppin, A. (1994). Bedingungen des Gesundheitsverhaltens (S. 193). Weinheim: Juventa. Gesundheit spezifische Selbstwirksamkeit Ergebniserwartung Einkommen nie im Leben geraucht High Diet.pr4 Diet.prs Quelle: Conn, V. S. (1997). Older Women: Social cognitive theory correlates of health behavior. Women & Health, 26(3), 71-85. 4 Selbstwirksamkeitserwartung Kompetenzerwartung 140 120 100 80 60 40 Raucher Bandura, A. (2000). Cultivate self-efficacy for personal and organizational effectiveness. In E. A. Locke (Ed.), Handbook of principles of organizational behavior. Oxford: Blackwell. Motivierte Rückfällige Kurzentsager Langentsager Abbildung 6. Kompetenzerwartung in fünf Stadien der Raucherentwöhnung (nach DiClemente et al., 1985, S. 196). Selbstwirksamkeit- Effekte Experiment von Litt (1988) • Niedrige Selbstwirksamkeit geht Depression, Ängstlichkeit und Hoffnungslosigkeit einher • Diese Effekte zeigen sich nicht nur zwischen Individuen, sondern auch innerhalb von Personen über Zeit und Versuchsbedingungen • Experiment zur Schmerztoleranz • Vortest: Schmerzschwelle für Eiswasser • Manipulation von Selbstwirksamkeit durch simulierte Rückmeldung: Hoher oder niedriger Perzentil der VP. Æ VPn mit hohem Perzentil tolerierten länger Eiswasser 5 Experiment von Litt (1988) • Zweite experimentelle Phase: Umkehren der simulierten Rückmeldung ÆWieder Effekte in der Richtung, dass höhere SWE höhere Schmerztoleranz bedingt ÆSWE hat so sogar frühere Erfahrung mit dem Verhalten als Prädiktor übertroffen Selbstwirksamkeit Placebo-Medikament Kontrollgruppe 0 10 20 30 40 50 60 Schmerztoleranz Experiment in Bandura (1997) Bandura, A. (1997), Self-Efficacy: The Exercise of Control. New York: Freeman, S. 271 Selbstwirksamkeitserwartung Kompetenzerwartung 5 Entsager 4 3 Rückfällige 2 1 Vor Nach 6 Wochen 1 Jahr Allgemeine vs. Spezifische Selbstwirksamkeit • Überzeugung in eigene Kompetenz kann je nach Gebiet variieren • Zur Vorhersage von spezifischem Verhalten sollten spezifische SWE herangezogen werden • Globale Überzeugung für Verhalten und SWE in neuen oder unerwarteten Situationen Abbildung 7. Verläufe der Kompetenzerwartung für erfolgreiche Entsager und für rückfällige Raucher über ein Jahr (nach Mudde et al., 1989). 6 Allgemeine Selbstwirksamkeit Prediction of Nutrition Behavior Self-Efficacy • • • • • • • • • • Wenn sich Widerstände auftun, finde ich Mittel und Wege, mich durchzusetzen. Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich darum bemühe. Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Absichten und Ziele zu verwirklichen. In unerwarteten Situationen weiß ich immer, wie ich mich verhalten soll. Auch bei überraschenden Ereignissen glaube ich, daß ich gut mit ihnen zurechtkommen kann. Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil ich meinen Fähigkeiten immer vertrauen kann. Was auch immer passiert, ich werde schon klarkommen. Für jedes Problem kann ich eine Lösung finden. Wenn eine neue Sache auf mich zukommt, weiß ich, wie ich damit umgehen kann. Wenn ein Problem auftaucht, kann ich es aus eigener Kraft meistern. .37** .29** -.22* -.46** Outcome Expectancies (neg.) .17 * Intention Behavior .50** .33** .58** Outcome Expectancies (posit.) Risk Perception .18* Wave 1 Neurotizismus Typ-A-Verhalten • Generelle Neigung zu negativen Emotionen, Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle, niedriges Selbstwertgefühl • Wirkung auf Gesundheit vor allem über das Krankheitsverhalten und symptom reporting • Keine Beziehung zu erhöhter Morbidität oder Mortalität, eventuell durch Depressionen mediiert • • • • • • • Wave 2 Ehrgeiziges Leistungsstreben Konkurrenzdruck Zeitdruck Ungeduld Aggressivität Feindseligkeit Selbstwertrelevante Attribution bei Misserfolgen 7 Typ A-Persönlichkeit: Wirkmechanismen Persönlichkeit und Gesundheit Psychologische Variablen Anzahl von Studien Effektgröße r auf KHK Typ A 59 ,07 - ,20 Ärger 7 ,14 Feindseligkeit 11 ,17 Aggression 6 ,06 Depression 11 ,23 Extraversion 15 ,07 Ängstlichkeit 14 ,14 • Typ A-Personen könnten sich öfter in stressreiche Situationen begeben • Erhöhte Stressreagibilität, d.h. nicht nur öfter gestresst sondern auch noch überschießend darauf reagieren • Western Collaborative Group Study. Von 3154 ursprünglich gesunden Männern wiesen Typ A-Männer nach 8 Jahren eine 1,9fach erhöhte Erkrankungsrate an KHK auf als Typ BPersonen • Erfassung über Interviews oder Fragebogen Metaanalyse von Booth-Kewley & Friedman (1987) Anteil Verstorbener in % Lungenkrebstodesfälle in % Typ I 35 Typ II 30 Typ III 25 Typ IV 16 14 12 Raucher 10 20 8 15 6 10 4 5 2 0 Nichtraucher 0 Krebs Herzinfarkt Sonstiges Todesursachen (nach Daten von Eysenck, 1991) andere Typen Typ I Persönlichkeitstypen 8