Effektive Klassenführung

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Effektive Klassenführung
Effektive Klassenführung
Dr. Walter Kowalczyk
Effektive Klassenführung
So viele Ideen
Aus der Forschung
Klassenführung heißt …
Klassen entwickeln sich
Fünf wichtige Elemente
Fortbildung hilft, wenn …
Das Angebot der Beratungsstelle
Literatur
So viele Ideen
Aus der Forschung
„Die internationale Forschung zeigt, dass kein anderes
Merkmal so eindeutig und konsistent mit dem
Leistungsniveau und dem Leistungsfortschritt
verknüpft ist wie die Klassenführung. Die effiziente
Führung einer Klasse ist eine Vorausbedingung für
anspruchsvollen Unterricht: Sie optimiert den
zeitlichen und motivationalen Rahmen für den
Fachunterricht.“
Quelle: Helmke, Andreas (2003): Unterrichtsqualität: Erfassen, bewerten, verbessern.
Seelze: Kallmeyer, S. 78.
Längsschnittuntersuchungen zeigen eine deutliche
Klimaverschlechterung von der Grundschule bis zur
Sekundarstufe II aus Sicht der Schülerinnen und
Schüler. Schülerinnen und Schüler beurteilen im
Klassendurchschnitt mit zunehmender
Schulerfahrung das Lehrer-Schüler-Verhältnis
schlechter, das Unterrichtsverhalten der
Lehrkräfte negativer und sie registrieren eine stärkere
Tendenz zur Konkurrenz zwischen den Schülern (vgl.
Eder 1996).
Christine Schaefers fasst die Ergebnisse neuerer
empirischer Studien zur Lehrerausbildung in
Deutschland folgendermaßen zusammen:
„Übereinstimmend wird in allen Studien der defizitäre
Praxisbezug des Lehramtsstudiums als zentrale
Schwachstelle genannt … laut Befragten besteht ein
gravierendes Defizit in der unzureichenden Vermittlung
sozialer Kompetenzen für den qualifizierten Umgang
mit Klassen, Schülern, Kollegen und Eltern“ (Schaefers,
2002, 69).
Klassenführung heißt …
Umgang mit problematischem Schülerverhalten
Marzano & Marzano (2003) fanden in ihrer Analyse
einschlägiger Forschungsarbeiten, dass es günstig ist,
wenn Lehrkräfte über ein breites Repertoire
unterschiedlicher Interventionsformen verfügen. Dazu
gehören neben Ermahnungen, Sanktionen und persönlichen Gesprächen auch nonverbale Verhaltensweisen,
z. B. Blickkontakt, nahes Herangehen an den störenden
Schüler oder Gesten mit einer bestimmten
Signalwirkung (siehe auch Stage & Quiroz, 1997).
Effektive Organisation des Unterrichtsablaufes
Seit den wegweisenden Forschungen von Jacob Kounin
(1970) ist Folgendes bekannt: „Effektive Organisation
des Unterrichtsablaufes ist dann gewährleistet, wenn
dem Lehrer ein situationsangemessener und
schwungvoller Wechsel zwischen verschiedenen
Unterrichtsphasen und Formen der Arbeit gelingt“
(Bromme, 1992, 76).
Etablierung eines Regelsystems
Die beste Prävention von Unterrichtsstörungen ist die
Vermittlung klarer Verhaltensregeln sowie die
Einführung von Strukturen - Rituale und Routinen -, die
Halt geben. (Evertson & Harris, 1999).
„Klassenmanagement wird aus dieser Sicht vor allem
als vorausschauendes Lehrerhandeln begriffen, das
potenzielle Störungsquellen durch die Etablierung von
Verhaltenserwartungen und durch organisatorische
Maßnahmen minimiert“ (Ophardt & Thiel, 2007, 134).
Klassen entwickeln sich
Hilfreich ist es, eine Teamuhr mit
beweglichem Zeiger im
Klassenzimmer aufzuhängen. Die
momentane Befindlichkeit kann
über die Uhrzeit abgefragt
werden: Wie spät ist es gerade in
eurer Klasse?
Dadurch wird den Schülern das
Einnehmen der Metaebene
ermöglicht, was den Umgang mit
Konflikten erleichtert.
Fünf wichtige Elemente
Fünf wichtige Elemente
Kennenlernen
Regeln
Klassenrat
Feedback
Caring
Partner-Interview
Jeder Teilnehmer sucht sich einen Partner. Die Paare sollen nun ca. 10 Minuten lang
spazieren gehen oder sich zusammensetzen. Während dieser 10 Minuten interviewen
sich die Partner gegenseitig. Nach Ablauf der Zeit kommen alle Paare wieder im
Plenum zusammen und jeder Teilnehmer stellt der Gruppe seinen Partner anhand der
Informationen vor, an die er sich erinnern kann.
Beispielfragen für die Partnerinterviews Name, Alter, Geschwister (Platz), Wohnort,
schulischer und beruflicher Werdegang, Geburtsort. Dann stellt A allen B vor,
anschließend B allen A, indem der ganzen Gruppe vier Einzelheiten über die Person
berichtet werden, die der Berichterstatter am interessantesten fand. Eine Einzelheit
soll dabei „gelogen" (erfunden) sein. Die ganze Gruppe soll dann raten, welches die
erfundene Information war.
Die „heimlichen“ Regeln
Bei dieser Übung sollen sich die Schüler Gedanken machen über die Regeln, die in ihrer Klasse
gelten, obwohl sie nie direkt ausgesprochen wurden.
Folgende Situation kann den Schülern als Einstieg in die Übung aufgezeigt werden:
„Stell dir vor, jemand kommt neu in eure Klasse. Du magst diese Person gern und du möchtest
ihr alle wichtigen Informationen zukommen lassen, die man braucht, um in eurer Klasse kein
Außenseiter zu werden. Es geht hier nicht um die offizielle Schulordnung oder das, was die
Lehrkräfte verlangen, sondern um „heimliche“ Regeln.
Erster Durchgang
Schreibe deine Meinung zu den folgenden drei Punkten auf:
Bei den meisten in der Klasse kommt es gut an, wenn …
Gerade noch akzeptiert wird, wenn …
Die meisten in der Klasse würden es gar nicht gut finden, wenn ...
Zweiter Durchgang
Setzt euch in kleinen Gruppen zusammen und tauscht eure Ergebnisse aus. Findet gemeinsame
Punkte, die möglichst von allen so eingeschätzt werden.
Dritter Durchgang
Tragt eure Gruppenergebnisse in der Klasse zusammen. Stellt dann gemeinsam eine Liste auf,
die ihr einem neuen Schüler als „Empfehlung“ in die Hand drücken könntet.
Der unbekannte Freund
Material/Raumbedarf: Zettel in der Anzahl der Klassenmitglieder mit den Namen (pro Blatt ein Name)
Das Experiment soll allen in der Klasse helfen, sich akzeptiert und geschätzt zu fühlen.
Grundlage dieser Methode ist eine besondere Art des Wichtelns.
Jeder zieht einen Zettel mit dem Namen eines Mitschülers oder einer Mitschülerin. In einem Zeitraum, der
festgelegt wird (z.B. drei Wochen), ist er dann der „unsichtbare Freund" für denjenigen, dessen Name auf dem
Zettel steht. In dieser Zeit soll er oder sie dem anderen mindestens drei Mal eine Freude bereiten.
Dafür gelten bestimmte Regeln:
Man darf sich nicht zu erkennen geben und auch keinem anderen sagen, wen man „gezogen" hat.
Es ist der eigenen Phantasie überlassen, auf welche Weise man dem anderen eine Freude macht.
(Hier kann ein gemeinsames Brainstorming im Vorfeld weiterhelfen. Die Ergebnisse könnten festgehalten und
in der Klasse ausgehängt werden.) Bedingung ist, dass nur ganz wenig Geld ausgegeben werden darf (etwa 50
Cent oder 1 Euro).
Im Verlauf der drei Wochen soll beobachtet werden, wie der Beschenkte reagiert.
Nach Ablauf der Zeit gibt es ein Gespräch (ohne Nennung der Namen). Folgende Fragen könnten dabei zur
Sprache kommen:
Ist es leicht gefallen, anderen eine Freude zu machen?
Habe ich Reaktionen beobachten können?
Spielte es eine Rolle, ob ich denjenigen schon vorher gut kannte?
Habe ich die für mich bestimmten „Freundlichkeiten" wahrgenommen?
In diesem Gespräch sollte auch thematisiert werden, ob das Experiment später wiederholt werden sollte.
Fortbildung hilft, wenn …
Nachhaltiges Lehren, nachhaltiges Lernen: Ein Weg aus der
Routinefalle
„Günstiger Zeitpunkt“: ist erreicht, wenn die Teilnehmer in
workshopartigen Phasen künftiges Handeln detailliert geplant
oder wenn sie es in Simulationen systematisch vorgeübt haben.
„Vorsatzbildungen“ (zugleich Erinnerungshilfe): Jede Person
füllt einen entsprechenden Vordruck aus – zum Beispiel mit der
Überschrift „Meine nächsten Schritte“ – und formuliert darin den
Entschluss (als Ausdruck des spezifischen, eigenen Lernweges),
eine bestimmte Handlung zu einem bestimmten Zeitpunkt in
einer bestimmten Lerngruppe auszuführen.
„Blindes Probieren“: lässt sich dadurch vermeiden, dass
parallel zur Erprobung präzise Selbstbeobachtungen
gemacht werden oder Rückmeldungen eingeholt
werden: vom Tandempartner, vom Supervisor oder von
den Schülern; das Motto lautet: Die Effekte der
gewählten Handlungsalternativen überprüfen.
„Flankierende Maßnahmen“: Allein auf sich gestellt
ist jeder Reformator der pädagogischen Szenerie
eher schlecht ausgerüstet für den Marsch durch
schwieriges Gelände. Praxis-Kleingruppen und
Praxis-Tandems bieten konkrete Hilfen und sozialemotionale Unterstützung. Motto: „Mit social
support vom Wissen zum Handeln“. Eine solche
„Lernwegflankierung“ hilft zu vermeiden, dass die
Veränderungsprozesse – wie häufig zu
beobachten – stagnieren oder abgebrochen
werden.
Das Angebot der Beratungsstelle
Modul 1
Gruppenentwicklung und Interaktionsübungen
Gesprächsführung und Feedback
Rituale, Regeln und Konsequenzen
Konfliktmanagement
Schwierige Situationen
Fallbesprechung
Umfang: 3 Ganztage, 4 Halbtage
Modul 2
Selbstbeobachtung mit der Videokamera
Umfang: Nach Vereinbarung
Modul 3
Mobbing
Umgang mit Krisensituationen
Kooperation mit den Fachlehrern
Kooperation mit Eltern
Möglichkeiten der außerschulischen Unterstützung
Fallbesprechung
Umfang: 3 Ganztage, 4 Halbtage
Literatur
Dubs, Rolf: Caring – Schüler gezielt unterstützen und Chancengleichheit befördern. – In:
Kowalczyk, Walter (Hrsg.): Schwierige Schüler in den Klassen 5 bis 10. – Berlin: Raabe
(Loseblattsammlung mit CD) 2009.
Eichhorn, Christoph: Classroom-Management. – Stuttgart: Klett-Cotta 22009.
Fitzner, Susanne & Kowalczyk, Walter: Mit Schülerinnen und Schülern in den Dialog treten –
Eine Feedbackkultur entwickeln. – In: Lernchancen, 75/76, 2010, S. 27- 31.
Grewe, Norbert & Köpsel, Heidi: Kommunikation – Interaktion – Kooperation
in Schule und Unterricht - Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung . – Im Internet
veröffentlicht unter: http://www.uni-hildesheim.de/psychologie/kik/forschung.html.
Havers, Norbert: Lässt sich effiziente Klassenführung lehren? – In: Abel, Jürgen & Faust,
Gabriele (Hrsg.): Wirkt Lehrerbildung? Antworten aus der empirischen Forschung. Münster:
Waxmann, 2010.
Kowalczyk, Walter & Ottich, Klaus: Mit Schülern zusammenarbeiten – Klassen professionell
führen. – Berlin: Cornelsen Scriptor, 2009.
Kowalczyk, Walter & Deister, Winfried: 99 Tipps Störungsfreier Unterricht. – Berlin: Cornelsen
Scriptor 22010.
Krowatschek, Dieter & Wingert, Gordon: Schwierige Schüler im Unterricht. – Dortmund:
Borgmann 2010.
Wahl, Diethelm: Nachhaltige Wege vom Wissen zum Handeln. – In: Beiträge zur Lehrerbildung.
19 (2), 2001, S. 157 – 174.