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Thomas Jasper / Stephan Wildner Zum Stand der Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen Finanzwirtschaftlich ist die betriebliche Altersvorsorge ein Lohn- und Gehaltssubs titut. Die Erteilung einer Zusage durch den Arbeitgeber führt trotz freiwilliger Begründung und langer Laufzeit zu einer „echten“ Schuld und nicht etwa zu einer „eigenkapitalähnlichen“ Finanzierung.1) Ein Teil des gesamten für die Mitarbeitervergütung in einem Jahr zur Verfügung stehenden Budgets wird vom Arbeitgeber einbehalten und erst nach Eintritt eines Versorgungsfalls, üblicherweise als Rente oder Einmalkapital/Raten, ausbezahlt. Dies erfolgt sichtbar bei beitragsorientierten Plänen (defined contribution plan), gedanklich aber auch bei leistungsorientierten Plänen (defined benefit plan). Geringes Interesse an Eigenvorsorge Alternativ und ungeachtet der Risikoverteilung könnte der Arbeitnehmer auch selbst privat vorsorgen, wenn ihm das gesamte Gehaltsbudget ausgezahlt würde. Allerdings fühlten sich nur zirka ein Drittel (35 Prozent) der im Rahmen der von Towers Watson 2010 durchgeführten Global Workforce Study Befragten wohl damit, die Sicherstellung ihrer finanziellen Versorgung im Rentenalter selbst zu verantworten.2) Unternehmen, die ihre Mitarbeiter über die betriebliche Altersvorsorge bei der finanziellen Absicherung in der Rentenphase unterstützen, liefern somit einen Mehrwert, der über den rein monetären Aspekt hinausgeht. Der hinzukommende demografische Wandel, der einen starken Rückgang des Erwerbstätigenpotenzials und einen höheren Anteil älterer Arbeitnehmer erwarten lässt, macht die betriebliche Altersvorsorge zu einem zentralen Element der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch auch, dass es sich bei der betrieblichen Al000 / S. 16 · 24 / 2011 Kreditwesen tersvorsorge (bAV) um ein vergleichsweise komplexes Vergütungselement handelt. Der erhebliche Umfang von Pensionsverpflichtungen in den Unternehmensbilanzen,3) die damit behafteten „unternehmensfremden“ Risiken und die zum Teil komplexen Rechungslegungsvorschriften können einen erheblichen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit (Rating) und folglich auf den Unternehmenswert ausüben.4) Aufgrund der mit Versorgungszusagen verbundenen Risiken ist seit einigen Jahren ein deutlicher Trend hin zur Ausfinanzierung (funding) von Pensionsverpflichtungen zu beobachten.5) Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die Entwicklung und Bedeutung der Ausfinanzierung von Pen sionsverpflichtungen aufzuzeigen, auf den Stand der Ausfinanzierungstechnik einzugehen sowie die finanzwirtschaftlichen Dr. Thomas Jasper, Leiter Retirement Solutions, und Dr. Stephan Wildner, Leiter General Consulting, beide Towers Watson Deutschland GmbH, Wiesbaden Angesichts der volatilen Entwicklung der Kapitalmärkte fällt es den Unternehmen immer schwerer, Versorgungszusagen einzuhalten beziehungsweise die damit verbundenen Risiken zu beherrschen. Seit Jahren registrieren die Autoren deshalb einen deutlichen Trend hin zur Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen. Sie zeigen die Entwicklung und Bedeutung dieses Funding auf, gehen auf den Stand der Ausfinanzierungstechnik ein und hinterfragen die finanzwirtschaftlichen Hintergründe und das Unternehmenswertsteigerungspotenzial von Ausfinanzierungen. Ihre Botschaft: Die Entscheidungen zur Bildung eines Pensionsvermögens sollten immer vor dem Hintergrund der konkreten Kapitalmarkt- und Unternehmenssituation gefällt werden. (Red.) Hintergründe und das Unternehmenswertsteigerungspotenzial von Ausfinanzierungen zu hinterfragen. Entwicklung, aktuelle Bedeutung und Stand der Technik Der Umfang der Pensionsverpflichtungen bei den Dax-Unternehmen ist 2010 stark von 223 Milliarden Euro auf 251 Milliarden Euro (Zuwachs: 13 Prozent) angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Geschäftsberichtsauswertung.6) Die zur Unterlegung der Pensionsverpflichtungen vorgehaltenen Planvermögen verzeichneten sogar einen leicht höheren Zuwachs von 145 Milliarden Euro auf 165 Milliarden Euro (Zuwachs: 14 Prozent). Der Deckungsgrad stieg damit leicht von 65 Prozent auf 66 Prozent. Lediglich unmittelbar vor der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2007 wurde ein höherer Deckungsgrad von 71 Prozent erreicht. Trotz dieser Entwicklung besteht eine s tarke Heterogenität der Ausfinanzierungs grade zwischen den Dax-Unternehmen. So lagen die Ausfinanzierungsgrade 2010 in einer beachtlichen Spanne zwischen 94 Prozent (SAP) und neun Prozent (Deutsche Telekom). Die Höhe des Ausfinanzierungsgrads darf jedoch zu keinem vorschnellen Urteil über die finanzielle Solidität eines Unternehmens verleiten. Bei der Frage der Aus finanzierung von Pensionsverpflichtungen spielen – wie noch zu zeigen ist – eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren, wie Liquiditätsbestand, Kapitalmarktsituation, Anteilseignerstruktur, interne Investitionsprojekte, eine Rolle. Darüber hinaus erfordern die Bildung und die Verwaltung von Pensionsvermögen eine spezifische Governance-Struktur. So bilden die meisten Unternehmen ein Investment Committee, das den Vorstand des Funding Vehikels bei der CTA und Pensionsfonds Beim CTA handelt es sich um ein doppelseitiges Treuhandverhältnis, das ohne Zusageänderung implementiert werden kann und steuerlich transparent ist. Da ein CTA aufsichtsrechtlich nicht reguliert ist, unterliegt es keiner Beschränkung der An lageoptionen. Die Auslagerung auf einen Pensionsfonds stellt demgegenüber eine Änderung des Durchführungswegs dar. Diese kann – je nach Ausgestaltung der arbeitsrechtlichen Grundlage und insbesondere bei der Aus lagerung des sogenannten Past Service11) aktiver Arbeitnehmer – zustimmungspflichtig sein.12) Bei Kapitalanlagen im Pensionsfonds sind die Anforderungen der Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung zu beachten. Zudem kann die Dotierung des Pensionsfonds lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig sein, wenn die gesetzlichen Grenzen überschritten werden.13) Ein wesentlicher finanzieller Vorteil des Pensionsfonds ist der gegenüber einer Direktzusage mit CTA 80 Prozent niedrigere Beitrag an den Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) für die Insolvenzsicherung. Mittels einer Kombination von CTA und Pensionsfonds können die jeweils spezifischen Vorteile beider Vehikel kombiniert und die Nachteile vermieden werden. 0% 10% 23% 21% 20% 30% 34% 40% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Pensionsrückstellungen zu bilden.15) Mit Umsetzung des BilMoG können nun – unter Abkehr vom strikten Stichtagsprinzip – auch in der HGB-Bilanz zum Beispiel In flations- und Karrieretrends antizipiert werden.16) Bewertet unter Einbeziehung eines durchschnittlichen langfristigen Marktzinssatzes17) kann somit auch in der deutschen Handelsbilanz nicht mehr von einer systematischen Unterbewertung der Verpflichtung gesprochen werden. Aufgrund der zwingenden Gleichheit der Bilanzsummen auf der Aktiv- und Passivseite muss den Pensionsverpflichtungen ein entsprechendes (gebundenes beziehungsweise liquides) Vermögen gegenüberstehen.18) Abgesehen von möglichen Bewertungsfehlern und vom Sonderfall eines negativen Eigenkapitals kann daher jede Pensions verpflichtung als ausfinanziert im weiten Sinne gelten.19) Grundsätzlich neutralisiert der mit der Bildung von Pensionsrückstellungen verbundene Aufwand Erträge und reduziert dadurch gewinnabhängige Auszahlungen.20) Die dadurch im Unternehmen gehaltene Liquidität kann zur Finanzierung betrieb licher Aktivitäten (Kapitalakkumulation) oder – sofern keine vorteilhaften Investi Abbildung 2: CTA und Pensionsfonds – Mittel der Wahl bei der Ausfinanzierung im engeren Sinne Auslagerung auf einen Pensionsfonds CTA – Doppelseitige Treuhand Arbeitgeber Versorgungszusage Versorgungsberechtigte Sicherungsversprechen Treuhandvereinbarungen Verwaltungstreuhand Vermögensanlage CTA Sicherungstreuhand Alternative Ausgestaltung: •Das Unternehmen erbringt die Versorgungsleistungen • Der CTA erstattet die Zahlungen Unternehmen Beiträge Im deutschen Handelsrecht und in der internationalen Rechnungslegung sind für Zusagen auf betriebliche Altersversorgung 9% 28% 67% 64% 64% 60% 59% 57% 55% 53% 49% 46% 94% 91% 90% 88% 87% 86% 86% 86% 86% 82% 81% 80% 78% 76% Quelle: Dax Geschäftsberichtsauswertung 2010 Dotierung Begriff und Formen der AusfinanzieAusfinanzierung: An Kapitalmärkten werden mitunter vor allem sogenannte ungedeckte (unfunded) Pensionsverpflichtungen negativ beurteilt.14) Dabei stellt sich jedoch die Frage, inwiefern es strukturell überhaupt ungedeckte Pensionsverpflichtungen geben kann. SAP Deutsche Bank Linde MAN Beiersdorf BMW BASF Henkel Commerzbank HeidelbergCement RWE E.ON Siemens Deutsche Börse Dt. Lufthansa Infineon Allianz Daimler Bayer Deutsche Post FMC K+S Münchener Rück. Metro Fresenius Merck Adidas Volkswagen ThyssenKrupp Deutsche Telekom Subsidiärhaftung Ausfinanzierung von Pensionsrückstellungen Abbildung 1: Ausfinanzierungsgrade der Dax-30-Unternehmen 20107) Versorgungszahlung Festlegung der Anlagestrategie sowie bei der Auswahl und der Kontrolle von Kapitalanlegern unterstützt.8) Unter den zur Verfügung stehenden Funding Vehikeln9) sind gegenwärtig Contractual Trust Arrangement (CTA) und Pen sionsfonds die Mittel der Wahl.10) Die typischen Strukturen der beiden Vehikel sind in Abbildung 2 aufgezeigt. Pensionsfonds Nicht versicherungsförmig Versorgungszahlung Versorgungsberechtigter Versicherungsförmig Kreditwesen 24 / 2011 · S. 17 / 000 Zum Stand der Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen Abbildung 3: Formen der Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen „Reservierung“ von Liquidität/Vermögen Ausfinanzierung im engeren Sinne Ohne Aufgabe der Verfügungsmacht über Liquidität/Vermögen Unspezifische Vermögensbildung Bildung einer Rückstellung ohne Zuordnung spezifischer Vermögenswerte Mit Aufgabe der Verfügungsmacht über Liquidität/Vermögen Bildung eines spezifischen „Pensionsvermögens“ Bildung einer Rückstellung und Zuordnung spezifischer Vermögenswerte Direktzusage tionen zur Verfügung stehen – zur Rückzahlung von Eigenkapital21) oder Schulden (Kapitalsubstitution) verwendet werden.22) Anders als „normales“ Fremdkapital können Pensionsverpflichtungen später nur in engen Grenzen getilgt (abgefunden) werden.23) Als Tilgungsersatz kommt daher eine Ausfinanzierung in Betracht. Im Zuge der Ausfinanzierung wird den Pensions verpflichtungen ein Pensionsvermögen gewidmet. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob 1. ein spezifisches Pensionsvermögen, das heißt ein auf die Pensionsverpflichtung abgestimmtes Pensionsvermögen, gebildet wurde und 2. die Verfügungsmacht über das Vermögen durch Auslagerung auf einen externen Versorgungsträger (Funding Vehikel) aufgegeben wurde. Drei Fälle für Ausfinanzierung Hierauf basierend lassen sich im weiteren Sinne drei Ausfinanzierungsfälle unterscheiden: Im Ergebnis ist bereits ohne Auslagerung jede Pensionsverpflichtung, für die eine Rückstellung in ausreichender Höhe gebildet wurde, ausfinanziert. Jedoch werden Verpflichtungen, für die kein Vermögen extern gebunden wurde, häufig als un gedeckt (unfunded) bezeichnet.24) Auf die drei Formen der Ausfinanzierung soll näher eingegangen werden. 000 / S. 18 · 24 / 2011 Kreditwesen Ausfinanzierung im weiteren Sinne Bildung eines extern gebundenen Pensionsvermögens Bildung spezifischer Vermögenswerte in einem Funding Vehikel + CTA Externe Durchführungswege Unspezifische Vermögensbildung: Ohne die Bildung eines spezifischen, auf die Struktur der Pensionsverpflichtungen abgestimmten Pensionsvermögens ist die bAV vor allem internes Fremdfinanzierungsins trument für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens.25) Als effizient ist dieser Finanzierungsweg dann zu werten, wenn die Renditeerwartung der Mitarbeiter zuzüglich des Beitrags an den Pensionssicherungs verein geringer ausfallen als die Konditionen einer Anleihe- oder Kreditfinanzierung. Mehrere Gründe können dies bewirken: – PSVaG-Beitrag niedriger als CreditSpread: Aufgrund der PSV-Sicherung kann angenommen werden, dass die Rendite erwartung der Mitarbeiter der Rendite lang laufender Bundesanleihen entspricht. Die Innenfinanzierung aus bAV ist unter diesen Umständen dann vorziehenswürdig, wenn der Beitrag an den PSVaG unter den am Markt zu zahlenden Credit Spreads26) liegt. Dies war bei Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit in den vergangenen Jahren bereits für Unternehmen mit einem AA Rating durchgängig der Fall.27) – Nettozinsvorteil durch vollständig nachgelagerte Besteuerung28): Der Aufwand für die Bildung der Pensionsrückstellung kann beim bilanzierenden Arbeitgeber sofort steuerlich geltend gemacht werden. Unter der Annahme ausreichend vorhandener Erträge erhält der Arbeitgeber faktisch eine Steuererstattung. Die Zahlungen an den Mitarbeiter und die damit verbundenen Steuerabflüsse erfolgen jedoch erst in der Rentenphase. Der Fiskus gewährt somit einen zinslosen Steuerkredit vom Rückstellungszeitpunkt bis zum Rentenzufluss. Der aus der gewinnbringenden Anlage dieses zinslosen Steuerkredits resultierende Nettozinsvorteil und gegebenenfalls auch ein Steuersatzvorteil29) können zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden. Ergänzend können auch nicht-monetäre Faktoren, wie eine unkomplizierte Sicherheitenstellung und die Vermeidung von Mitspracherechten externer Kapitalgeber für eine bAV-Finanzierung sprechen.30) Bildung eines spezifischen PensionsverPensionsvermögens: Pensionsverpflichtungen verlieren mit der Spezifizierung des Pensionsvermögens ihre Finanzierungsfunktion für das Kerngeschäft. Angestrebt werden soll somit offenbar eine ökonomische „Tilgung“ der Pensionsschuld. Für eine faktische Tilgung genügt es indes nicht, dass der Tilgungsbetrag zum Stichtag vorgehalten wird. Der eigentlich für die Tilgung vorgesehene Betrag muss vielmehr auf die Risiken aus der Pensionsverpflichtung abgestimmt investiert werden (liability driven investing, LDI).31) Die aus der Pensionsverpflichtung entstehenden Risiken werden auf diese Weise vermindert oder im Idealfall sogar beseitigt. Bei „Fälligkeit“ der Pensionsschuld, das heißt in der Leistungsphase, können die Rentenzahlungen aus den Cash-Flows des gebildeten Pensionsvermögens bedient werden. Eine externe Bindung des spezifischen Pensionsvermögens ist hierzu nicht notwendig. Die Wirkungen können grundsätzlich auch innerhalb der eigenen Bilanz erzielt werden. Eine rechtliche Tilgung wird dadurch jedoch nicht erreicht. Zum einen behält der Arbeitgeber die Verfügungsmacht über das Pensionsvermögen und kann dieses zum Beispiel im Falle eines dringenden Liquiditätsbedarfs anderweitig verwenden.32) Zum anderen haben im Insolvenzfall alle Gläubiger und nicht nur die Arbeitnehmer/ Pensionäre ein Zugriffsrecht auf das spezifische Pensionsvermögen. In der Praxis ist daher eine externe Bindung des Planvermögens verbreitet. Bildung eines extern gebundenen PensiPensionsvermögens: Bei einer Ausfinanzierung im engeren Sinne wird das Pensionsvermögen auf ein externes Finanzierungsvehikel ausgelagert. Der Arbeitgeber gibt die unmittelbare Verfügungsmacht über das (vergleichsweise liquide) Pensionsvermögen auf. Die Pensionsverpflichtung hat dann weder eine Finanzierungsfunktion für das Kerngeschäft noch dient das Pensionsvermögen als „Liquiditäts-/Sicherheitspuffer“. In Krisenzeiten kann sich durch die externe Mittelbindung deshalb das Insolvenzrisiko erhöhen,33) was aber letztlich für jede Kapitalrückzahlung der Fall ist. Damit sind für eine faktische Tilgung der Pensionsverpflichtung zwei Faktoren von ausschlaggebender Bedeutung: – Pensionsvermögen haftet im Insolvenzfall ausschließlich für die Ansprüche der Gläubiger der Pensionsverpflichtungen und – Pensionsvermögen wird auf die Pen sionsverpflichtung abgestimmt investiert (liability driven investing, LDI). Der zweite genannte Punkt ist vor allem auch deshalb von hoher Bedeutung, weil der auslagernde Arbeitgeber im deutschen Rechtskreis jederzeit subsidiär für die Erfüllung der Verpflichtung einsteht.34) Ein Pensionsvermögen, das sich wertmäßig (nahezu) im Gleichlauf mit der Pensionsverpflichtung verändert, reduziert das Risiko aus der gesetzlichen Subsidiärhaftung. Der durch die externe Bindung des Pensionsvermögens vollzogene weitere Schritt in Richtung einer Tilgung der Pensionsschuld kann in Bilanzen nach nationalen und internationalen Vorschriften durch Bilanzverkürzung berücksichtigt werden.35) Unternehmenswertsteigerung durch Ausfinanzierung? Unter der Grundannahme einer dem Shareholder-Value-Gedanken folgenden Unternehmensführung muss die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen im engeren Sinne durch Unternehmenswertsteigerungen gerechtfertigt werden. Zwei Ausfinanzierungsfälle können hier unterschieden werden: 1. Bindung vorhandener „Liquidität“: Die auf die Pensionsverpflichtungen abgestimmten oder abstimmbaren Finanzanlagen oder baren Mittel sind im Unternehmen bereits vorhanden. Diese werden nun in einem Funding Vehikel, zum Beispiel einem CTA oder Pensionsfonds, extern ge- bunden. Die Bilanz verkürzt sich, der Arbeitgeber steht jedoch auch weiterhin für die Erfüllung der Pensionsverpflichtung ein. Während sich die bilanzielle Kapitalstruktur somit verbessert, bleibt die ökonomische Kapitalstruktur unverändert. 2. Bindung neu beschaffter Liquidität: Das für das Hedging der Pensionsrisiken notwendige Pensionsvermögen ist nicht vorhanden und muss, zum Beispiel über eine Anleiheemission, in einem ersten Schritt zunächst beschafft werden. Im zweiten Schritt kann dann die externe Bindung erfolgen. In der Bilanz wird die Pensionsverpflichtung durch eine Finanzverbindlichkeit substituiert. Im Ergebnis bleibt die bilanzielle Kapitalstruktur hierdurch unverändert, während sich die ökonomische Kapitalstruktur – aufgrund der Subsidiärhaftung36) – verschlechtert. Auf vollkommenen und vollständigen Kapitalmärkten ziehen reine Veränderungen der Kapitalstruktur, wie sie bei den beiden Ausfinanzierungsvarianten zu beobachten sind, nach Modigliani/Miller keine Veränderung des Unternehmenswerts nach sich.37) Da die Werte und Risiken von Vermögensund Schuldpositionen annahmegemäß korrekt eingeschätzt werden, kann sich auch die Substitution der vermeintlich „unsicheren“ Pensionsverpflichtung durch die vermeintlich „sichere“ Finanzverbindlichkeit nicht auf den Unternehmenswert auswirken. Die empirischen Befunde zur Kapitalmarkteffizienz sind jedoch ambivalent.38) Die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen im engeren Sinne kann den Unternehmenswert nur dann steigern, wenn Aktienkäufer – ungewollten Pensionsrisiken, insbesondere Inflations-, Zinsänderungs- und Langlebigkeitsrisiken – anders als die gewollten Geschäftsrisiken – im Aktienkurs schlichtweg nicht vergüten (unrewarded risks);39) wendig. Mittels der externen Bindung des Pensionsvermögens in einem speziellen Finanzierungsvehikel (Ausfinanzierung im engeren Sinne) lässt sich die vorgenommene Absicherung der Pensionsrisiken dann jedoch in der Bilanz durch Bilanzkürzung für jeden Kapitalmarktakteur transparent machen.40) Konkrete Kapitalmarkt- und Unternehmenssituation beachten – Die bAV ist ein Vergütungselement, mithilfe dessen der Arbeitgeber die Arbeitnehmer bei der als schwierig empfundenen Aufgabe der Altersvorsorge unterstützt. Die bAV trägt damit zur Mitarbeitergewinnung und -bindung bei. – Deutsche Unternehmen machen in erheblichem Umfang vom Gehaltssubstitut bAV Gebrauch. Allein bei Dax-Unternehmen beliefen sich die Pensionsverpflichtungen 2010 auf 250 Milliarden Euro und waren zu zwei Dritteln mit extern gebundenen Vermögenswerten unterlegt. Finanzierungsvehikel der Wahl waren zumeist CTAs und Pensionsfonds beziehungsweise die Kombination dieser beiden. – Die externe Vermögensbindung in einem Funding Vehikel ist unterdessen nicht die einzige Form der Ausfinanzierung. Jede Pensionsverpflichtung, für die eine Rückstellung gebildet wurde, kann als ausfinanziert im weiteren Sinne angesehen werden. – Ohne Unterlegung mit spezifischen Vermögenswerten dienen Pensionsverpflichtungen der Finanzierung der Geschäfts tätigkeit des Arbeitgebers. Vorteilhaft kann der Mitarbeiterkredit insbesondere aufgrund einer vergleichsweise niedrigen Risikoprämie und des erzielbaren Netto zinsvorteils sein. – mangels ausreichender Informationen Schwierigkeiten haben, die Werte und Risiken von Pensionsvermögen und Pensionsverpflichtungen richtig einzuschätzen (Intransparenz). – Die Bildung eines spezifischen Pensionsvermögens dient ökonomisch der Tilgung der grundsätzlich nicht abfindbaren Pen sionsverpflichtung. Mittels externer Bindung des Pensionsvermögens in einem Finanzierungsvehikel kann die „Tilgung“ sichtbar gemacht werden. Es kommt zur Bilanzverkürzung. Die Bildung eines spezifischen, auf die Pensionsverpflichtung abgestimmten Pensionsvermögens kann dazu beitragen, die Pensionsrisiken zu reduzieren. Hierzu ist kein ausgelagertes Pensionsvermögen not- – Bei unvollkommenen Kapitalmärkten kann der Shareholder-Value mitunter sogar dadurch gesteigert werden, dass ein Pensionsvermögen durch Aufnahme einer Finanzverbindlichkeit gebildet wird. Kreditwesen 24 / 2011 · S. 19 / 000 Zum Stand der Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen – Eine ökonomische Risikoreduzierung wird durch die Bildung von Pensionsvermögen nur dann erreicht, wenn die Mittel abgestimmt auf die Verpflichtungen investiert werden und eine geeignete Governance-Struktur besteht. Die Entscheidungen zur Bildung eines Pensionsvermögens und zur externen Bindung dieses Pensionsvermögens sind somit immer vor dem Hintergrund der konkreten Kapitalmarkt- und Unternehmenssituation zu fällen. Allgemeingültige Aussagen zur Vorteilhaftigkeit, insbesondere von Ausfinanzierungen im engeren Sinne, sind nicht möglich. Die Autoren danken Dr. Uwe Demmler für seine Unterstützung und seine wertvollen Beiträge zu diesem Artikel. Fußnoten 1) Vgl. Sigloch, J., Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung), Seiten 4248 f., in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon, Band 8, 2006; Scheffler, E., Rückstellungen, Rz. 106 ff.; in: Beck‘sches Handbuch der Rechnungslegung – HGB und IFRS –, Band I, 2011. 2) Vgl. Towers Watson, Global Workforce Study 2010. 3) Bereits die auf steuerlichen Teilwerten basierende Bemessungsgrundlage für den PSVaG-Beitrag belief sich 2010 auf 289 Milliarden Euro (vgl. Pensions- Sicherungs-Verein, Bericht über das Geschäftsjahr 2010, Seite 22). 4) Vgl. zum Beispiel Spiegel Online vom 24. Februar 2003, S&P verpasst ThyssenKrupp Ramsch-Rating, http://www.spiegel.de/wirtschaft/a-237483.html. 5) Vgl. Towers Watson, Analyse der Geschäftsberichte der Dax-Unternehmen, 11. Aufl., 2010. 6) Vgl. Towers Watson, Analyse der Geschäftsberichte der Dax-Unternehmen, 11. Aufl., 2010. 7) Quelle: Towers Watson, Analyse der Geschäftsberichte der Dax-Unternehmen, 11. Aufl., 2010. 8) Vgl. Towers Watson, Studie „Pension-Risk-Management und Anlagestrategien multinationaler Konzerne“ 2010. 9) Hierzu zählen Contractual Trust Arrangement (CTA), Unterstützungskasse, Pensionsfonds und Pensionskasse (vgl. zu den Durchführungswegen zum Beispiel Buttler, A., Einführung in die betriebliche Altersversorgung, 5. Aufl. 2008). 10) So waren 2009 bei mindestens 21 der 30 DaxUnternehmen CTA, Pensionsfonds oder eine Kombination aus beiden im Einsatz (vgl. Neuhaus, S., Auslagerung betrieblicher Pensionszusagen bei den Dax-Unternehmen (BetrAV 2009), Seite 602). 11) Hierbei handelt es sich um bereits in der Vergangenheit erdiente Ansprüche der Arbeitnehmer. 12) Benachteiligungen können sich bei noch Aktiven vor allem aus dem Wechsel der Einkunftsart ergeben. Zuflüsse aus einem Pensionsfonds stellen keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) mehr dar, sondern sonstige Einkünfte (§ 22 EStG). Steuerpflichtige, die bereits vor der Übertragung Leistungen aus der Versorgungszusage erhalten haben, sind grundsätzlich zwar auch vom Wechsel der Einkunftsarten betroffen, allerdings gelten gemäß § 52 Abs. 34c EStG die „alten“ Pauschbeträge für Werbungskosten gem. § 9a EStG 000 / S. 20 · 24 / 2011 Kreditwesen und der Steuerfreibetrag gem. § 19 Abs. 2 EStG fort, sodass steuer liche Nachteile für Rentner ausgeschlossen sind. 13) Vorgaben für den „past service“: negative Differenz zwischen übertragenem Vermögen und übertragener Verpflichtung kann beim auslagernden Arbeitgeber nicht sofort, sondern nur verteilt über zehn Jahre als Aufwand steuerlich geltend gemacht werden, wenn beim Arbeitgeber/Rentner Lohnsteuerfreiheit erreicht werden soll (§ 3 Nr. 66 EStG i.V.m. § 4e Abs. 3 EStG). Vorgaben „future service“: Temporär einkommensteuerfrei sind pro Kalenderjahr grundsätzlich vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung zuzüglich 1 800 Euro (§ 3 Nr. 63 EStG). Sozialversicherungsfrei können jährlich lediglich vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung dotiert werden (Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV). 14) Vgl. zum Beispiel Standard & Poors zu Thyssen Krupp vom 16. April 2003, http://www2.standardandpoors.com/ spf/pdf/fixedincome/030521ThyssenKrupp FullAnalysisGermanFinal%20Formatted.pdf. 15) Vgl. § 249 Abs. 1 HGB; IAS 19.52 ff.; Für einen historischen Abriss zur Entwicklung in Deutschland vgl. Sigloch, J., Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung), Seite 4249, in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon, Band 8, 2006. 16) Vgl. Scheffler, E., Rückstellungen, Rz. 152, 225; in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung – HGB und IFRS –, Band I, 2011. Zur Antizipation künftiger Vergütungsniveaus in den IFRS vgl. IAS 19.83-87. 17) Vgl. § 253 Abs. 2 HGB. 18) Vgl. hierzu auch Heubeck, K./Seeger, N. „Ungedeckte“ Pensionsverpflichtungen im Rating von Unternehmen (DB 2004), Seite 994. 19) Vgl. Heubeck, K./Seeger, N. „Ungedeckte“ Pensionsverpflichtungen im Rating von Unternehmen (DB 2004), Seite 994. 20) Vgl. Sigloch, J./Egner, T./Wildner, S., Einführung in die Betriebswirtschaftslehre (2011), Seite 188. 21) Beispiele hierfür können der Kauf eigener Aktien, die Rücklagenausschüttung oder die Eigenkapitalherabsetzung sein. 22) Vgl. Sigloch, J., Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung), Seite 4252, in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon, Band 8, 2006. 23) Vgl. § 3 BetrAVG. 24) Vgl. zum Beispiel IAS 19.49; Standard & Poor‘s, How Unfunded Postretirement Benefits Could Weaken The Credit Quality Of Some U.S. Retailers, Ratings Direct vom 10. Juni 2009, Seite 2. 25) Dieser Finanzierungskanal kann bei unvollständigen Kapitalmärkten insbesondere in frühen Phasen des Unternehmenslebenszyklus von Bedeutung sein (vgl. Neuhaus, S., Renditeaspekte bei der Auslagerung betrieblicher Pensionszusagen (FB 2009), Seiten 185 f.). 26) Unter Credit Spread wird die Differenz zwischen der Rendite einer risikobehafteten Unternehmensanleihe und einem risikolosen, laufzeitaquivalenten Zinssatz verstanden (vgl. Pape, U./ Schlecker, M., Berechnung des Credit Spreads (FB 2008), Seite 658). 27) Vgl. Bloomberg, Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen zehn Jahre Laufzeit gegen Unternehmensanleihen zehn Jahre Laufzeit, AA-Rating. Vgl. zu den PSVaG-Beiträgen Pensions-Sicherungs-Verein, Bericht über das Geschäftsjahr 2010, Seite 22. Kritisiert wird auch die Pauschalität des PSV-Beitrags (vgl. FAZ vom 5. Juli 2011, Pensionssicherung wird etwas teurer, Seite 12; Gunkel, A., Perspektiven einer risikoorientierten PSVaG-Beitragsstruktur (BetrAV 2009), Seite 717 ff.). Dies führt zur Subventionierung von Unternehmen unterdurchschnittlicher Bonität durch Unternehmen überdurchschnittlicher Bonität. 28) Vgl. Sigloch, J., Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung), Seite 4253 f., in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon, Band 8, 2006 29) Ein Steuersatzvorteil ergibt sich, wenn der kombinierte Unternehmens-/Anteilseignersteuersatz, zu dem die Entsteuerung des Aufwandes stattfindet, höher ist als der Steuersatz des Rentners beim Zufluss in der Rentenphase. 30) Vgl. Sigloch, J., Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung), Seite 4252, in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon, Band 8, 2006. 31) Laut J. P. Morgan ist das am häufigsten verwendete LDI-Tool die Investition in langfristige Anleihen (vgl. Carter, D., Corporate pension plans jumping to LDI, Pensions & Investments v. 22. März 2010, http://www.pionline.com/article/20100322/ PRINTSUB/303229981). 32) Die Möglichkeit zur Liquiditätsbeschaffung auf einem liquiden Sekundärmarkt kann in der Praxis insbesondere bei einem sehr kurzfristigen Finanzmittelbedarf gegenüber einer Liquiditätsbeschaffung auf dem Primärmarkt hilfreich sein. 33) Eine kurzfristige Liquiditätsbeschaffung durch Veräußerung von Pensionsvermögen auf dem Sekundärmarkt scheidet aus. 34) Vgl. § 1 Abs. 1 Seite 3 BetrAVG. 35) Vgl. § 246 Abs. 2 Seite 2 HGB. Zu den Voraussetzungen für eine Verrechnung von Planvermögen und Pensionsverbindlichkeiten gemäß IFRS vgl. IAS 19.7. 36) Vgl. § 1 Abs. 1 Seite 3 BetrAVG. 37) Vgl. Modigliani/Miller, The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment, The American Economic Review. 48, No. 3, 1958, Seite 261–297; Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, 1999, 10. Aufl. Seiten 481 ff.; Moxter, Optimaler Verschuldungsumfang und ModiglianiMiller-Theorem, in: Forster/Schuhmacher (Hrsg.), Aktuelle Fragen der Unternehmensfinanzierung. Kurt Schmaltz zum 70. Geburtstag, 1970, Seiten 321–336; Süchting, Finanzmanagement, 1995, Seiten 479 ff. 38) Während die Eigenkapitalmärkte durchaus in der Lage zu sein scheinen, die verfügbaren Informationen bezügliche der Werte und Risiken des Planvermögens und der Pensionsverpflichtungen effizient zu verarbeiten (vgl. Bulow/Mørck/Summers, How Does the Market Value Unfunded Pension Liabilities? (1987), in: Bodie/Shoven/Wise (Eds.), Issues in Pension Economics National Bureau of Economic Research Project Report Series. University of Chicago Press, Chicago, Okkonois and London, UK, Seite 81 ff.; Jin/Merton/Bodie, Do a firm’s equity returns reflect the risk of its pension plan?, Journal of Financial Economics 81 (2006), Seite 1 ff.), scheint dies auf den Kreditmärkten nicht im gleichen Maße der Fall zu sein (vgl. Cardinale, Technical paper, Corporate Pension Funding and Credit Spreads, June 2005, http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm? abstract_id=892542). 39) Die Werte und Risiken werden in diesem Fall zwar richtig eingeschätzt, die auf Unternehmens ebene vorgenommene Diversifikation von Ge schäftsrisiken und Pensionsrisiken wird jedoch als störend empfunden und mit einem Wertabschlag geahndet. 40) Heubeck/Seeger weisen darauf hin, dass zumindest von den Ratingagenturen eine Bilanzverkürzung auch ohne Ausfinanzierung i.e.S. vorgenommen wird, sofern die entsprechende Liquidität vorhanden ist (vgl. Heubeck, K./Seeger, N., „Ungedeckte“ Pensionsverpflichtungen im Rating von Unternehmen (DB 2004), Seite 995).