Visitationsakten - Detailviews und PDF Export

Transcrição

Visitationsakten - Detailviews und PDF Export
Luthers Testament mit einem eigenhändigen
Vermerk Philipp Melanchthons
Signatur:
ThHStAW, EGA, Reg. N 182
Seitenangabe:
10r-14v
Datierung:
6. Januar 1542
Überlieferungsform:
Abschrift
Wichtige Orte:
Wittenberg
Verweis auf andere
Schaufensterdokumente:
Martin Luthers Hausrechnung über
Vermögen und Geldausgaben - [...]
Wichtige Personen:
Luther, Martin (* 1483 † 1546)
Bora, Katharina von (* 1499 † 1552)
Melanchthon, Philipp (* 16. Februar 1497 † 19. April 1560)
Bugenhagen, Johannes (* 24. Mai 1485 † 20. April 1558)
Cruciger, Caspar (* 1504 † 1548)
Johann Friedrich <Sachsen, Kurfürst, I.> (* 1503 † 1554)
Verweis auf andere Quellen:
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, EGA, Reg. N 182, Bl. 4v-5r [Luthers „erstes Testament“, aus der Erinnerung
niedergeschrieben von Johannes Bugenhagen, 1537].
D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel. 9. Bd. 1540 - 28. Februar 1542. Weimar 1941, Nr. 3699,
Beilage I, S. 574-576 [Luthers Testament im Wittenberger Gerichtsbuch vom 01.02.1544].
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, EGA, Reg. N 182, Bl. 92 [Kurfürst Johann Friedrichs Bestätigung des Testaments
Luthers vom 11.04.1546].
Historische Einordnung:
Im Jahr 1525 heiratete der Reformator Martin Luther die ehemalige Nonne Katharina von Bora, die im Jahr 1523 mit einigen
ihrer Mitschwestern aus dem Zisterzienserinnenkloster Nimbschen geflohen war. Hatte das frisch vermählte Paar anfangs
kaum Vermögen aufzuweisen, so vergrößerte sich der Besitzstand der Eheleute im Laufe der Jahre. Auch die Familie wuchs
beständig. So bekamen Katharina und Martin Luther zwischen 1526 und 1534 sechs Kinder, wobei eines der Mädchen bereits
im Alter von acht Monaten, eine weitere Tochter im September des Jahres 1542 im Alter von 13 Jahren verstarb.
Sicherlich wollte Martin Luther seine Ehefrau und seine Kinder immer gut versorgt wissen. Und da er in seinem Leben mit
verschiedenen Krankheiten zu kämpfen hatte, scheint es nicht verwunderlich, dass er auch über die Regelung seiner
Angelegenheiten für den Fall seines Todes nachdachte. Zudem war mit dem größer gewordenen Besitz der Familie einige
Jahre nach der Heirat auch die Notwendigkeit, die Verteilung des Vermögens im Erbfall festzulegen, gewachsen.
Im Jahr 1537 setzte sich Luther ein erstes Mal mit der Frage der Regelung seines Nachlasses auseinander. Er hielt sich
gerade in Schmalkalden auf, als er im Februar desselben Jahres wiederholt unter Nierenkoliken litt und sein Zustand kritisch
wurde. Auf der Heimreise vertraute er daher seinem Begleiter, dem Reformator Johannes Bugenhagen, vorsorglich seinen
letzten Willen an. Bugenhagen verschriftlichte dieses „erste Testament“ Luthers später aus seiner Erinnerung für den
sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich. Nachdem Luther 1541 erneut unter einer schweren Erkrankung gelitten hatte,
verfasste er im Januar des folgenden Jahres ein zweites Testament. Eine Abschrift desselben, die heute im Thüringischen
Hauptstaatsarchiv Weimar aufbewahrt wird, ist hier online zugänglich gemacht. Das Original befand sich zunächst einige
Zeit im Privatbesitz der Gelehrtenfamilie Carpzov, bevor es Anfang des 19. Jahrhunderts nach der Versteigerung des
Nachlasses Johann Benedict Carpzovs als Schenkung in die Sammlung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn nach
Budapest gelangte.
Behandelte Luthers „erstes Testament“ die Versorgung seiner Familie weniger ausführlich, so dachte Luther bei der
Abfassung seines Testaments von 1542 vor allem an die Absicherung seiner Frau Katharina. Nach geltendem Recht hätte
Luthers Ehefrau nach dessen Tod nur das am Morgen nach der Hochzeit von ihrem Mann gemachte Brautgeschenk und
einige persönliche Gegenstände, wie Kleidung oder Schmuck, behalten dürfen. Die anderen Besitztümer wären den Kindern
des Ehepaars zugefallen. Martin Luther wollte jedoch, dass seine Frau nach seinem Tod Alleinerbin seines Eigentums sein
sollte und setzte 1542 daher die hier vorliegende Verfügung auf. Um die erbrechtlichen Regelungen zu umgehen,
bezeichnete er die Übertragung seines Eigentums an seine Frau dabei als Schenkung bzw. als die Einräumung lebenslanger
Nutzungsrechte an seinen Besitztümern. Im Einzelnen überschrieb er ihr das Landgut Zülsdorf, welches er im Jahr 1540 von
seinem Schwager Hans von Bora erworben hatte. Außerdem sollte sie das Haus, das Luther 1541 dem Pfarrer Bruno Bauer
abgekauft hatte, sowie etliche Gold- und Silbergegenstände erhalten. Dieses Zugeständnis begründete Luther mit dem
treuen, respektvollen Verhältnis der Ehepartner zueinander. Zudem setzte er Katharina für den Fall seines Todes als
Vormund für die gemeinsamen Kinder ein. Denn er ging fest davon aus, dass sie ihren eigenen Kinder niemals schaden oder
diese übervorteilen würde, wohingegen er beispielsweise künftigen Schwiegersöhnen oder Schwiegertöchtern mögliche
Missgunst unterstellte. Hiermit wandte sich Luther bewusst gegen die bestehende Notwendigkeit, anderweitige Vormunde
für die Kinder einzusetzen. So räumte er in seinem Testament auch selbst ein, sich bei dessen Abfassung nicht an alle
juristischen Formalitäten gehalten zu haben.
Um seine Verfügung in Anbetracht der eigentlichen Rechtslage zusätzlich abzusichern, richtete Luther in derselben zugleich
einige Worte an den sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich und bat diesen, die Umsetzung seines letzten Willens
sicherzustellen. Im Februar 1544 ließ er die zugunsten Katharinas getroffenen Regelungen zudem ins Gerichtsbuch der Stadt
Wittenberg eintragen. Nachdem Luther am 18. Februar 1546, vier Jahre nach der Abfassung seiner letztwilligen Verfügung,
verstorben war, bekräftigte der Kurfürst am 11. April des gleichen Jahres schließlich Luthers Testament.
Übersetzung:
Luther’s testament with a handwritten note by Philipp Melanchthon, January 6, 1542
In 1525, reformer Martin Luther married former nun Katharina von Bora, who had fled the Cistercian convent in Nimbschen
with some of her fellow nuns in 1523. While the newlywed couple initially had little wealth, their possessions grew over the
years; as did their family. Katharina and Martin Luther had six children between 1526 and 1534. One of the girls died at the
age of eight months, followed by another daughter in September 1542 at the age of 13.
Certainly Martin Luther wanted to know his wife and children would be well taken care of - and since he struggled with
various ailments throughout his life, it is hardly surprising that he gave a great deal of thought to getting his affairs in order
for the event of his death. Moreover, the need to determine the distribution of assets upon inheritance had increased along
with the wealth of the family a few years after the wedding.
In 1537, Luther started looking into the question of settling his estate. He was in Schmalkalden at the time, when in February
of the same year he suffered from repeated attacks of renal colic and his condition became critical. On his way home, by
way of a precaution, he therefore entrusted his will to his companion, reformer Johannes Bugenhagen. Bugenhagen later put
Luther’s “first testament” in writing from memory for the Saxon Elector John Frederick. After suffering another severe illness
in 1541, Luther wrote a second will in January of the following year. A copy of this will, which is now kept in the Thuringian
State Archive in Weimar, is available online here. The original was initially in the private possession of the Carpzov family of
scholars before it came to Budapest as an endowment to the collection of the Evangelical Lutheran Church in Hungary at the
beginning of the 19th century after the auction of the estate of Johann Benedict Carpzov.
While Luther’s “first testament” addressed the provisions to be made for his family in less detail, when writing his will in
1542, Luther thought mainly about the welfare of his wife Katharina. Under the applicable law, after his death, Luther’s wife
would only have been allowed to keep the bridal gift she had received from her husband on the morning after the wedding
as well as personal items, such as clothing or jewelry. The other possessions would have fallen to the couple’s children.
Martin Luther, however, wanted his wife to be the sole heir of his property after his death and therefore drafted the present
provisions in 1542. To circumvent the rules of inheritance, he described the transfer of his property to his wife as a gift or
rather the granting of a lifelong usufruct concerning his possessions. Specifically, he signed over to her the Zülsdorf estate,
which he had acquired from his brother-in-law Hans von Bora in 1540. Furthermore, she was to receive the house that Luther
had bought from the priest Bruno Bauer, as well as several gold and silver items. Luther justified this concession by referring
to the mutually faithful and respectful relationship between the spouses. In the event of his death, he also appointed
Katharina as guardian of their children, for he was firmly convinced that she would never harm her own children or take
advantage of them, while he implied there might be some malevolence on the part of future sons or daughters-in-law, for
example. In this regard, Luther deliberately flouted the existing requirements regarding the appointment of other guardians
for the children. In his will, he himself admitted to have failed to comply with all legal formalities while drafting the
document.
In order to further safeguard his provisions in the light of the actual legal situation, Luther included a few words to the Saxon
Elector John Frederick, asking him to ensure the execution of his will. In February 1544, he also registered the arrangements
in favor of Katharina in the court register of Wittenberg. After Luther died on February 18, 1546, four years after writing his
last will, the Elector finally corroborated Luther’s will on April 11 of the same year.
Literatur:
Karin Bornkamm, „Gott gab mir Frau und Kinder.“ Luther als Ehemann und Familienvater, in: Wartburg-Stiftung Eisenach
(Hrsg.), Wissenschaftliches Kolloquium „Der Mensch Luther und sein Umfeld“ vom 2.-5. Mai 1996 auf der Wartburg.
(Wartburg-Jahrbuch, Sonderband.) Eisenach 1996, S. 63-83, hier S. 82.
Tibor Fabiny, Martin Luthers letzter Wille. Das Testament des Reformators und seine Geschichte. Berlin 1983.
Nachweis früherer Editionen:
D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel. 9. Bd. 1540 - 28. Februar 1542. Weimar 1941, Nr. 3699, S.
571-574.
Karl Eduard Förstemann [Hrsg.]: D. Martin Luther’s Testamente aus den Jahren 1537 und 1542, nebst urkundlichen
Nachrichten über des letzteren Vollstreckung im Jahr 1546 und über Luther’s Wittwe und Kinder. Zur dritten Säcularfeier des
Todes Luther’s. Nordhausen 1846, Nr. 2, S. 25-29.
Martin Luther, Briefe, Sendschreiben und Bedenken vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe,
aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Wilhelm Martin
Leberecht de Wette. 5. Teil. Luthers Briefe von Schließung der Wittenberger Concordia bis zu seinem Tode. Berlin 1828, S.
422-425.
Christian Franz Gottlieb Stang, Martin Luther. Sein Leben und Wirken. Leipzig/Stuttgart 1835, S. 895-896.
Bemerkung:
Englische Übersetzung: Claudia Jones.
Bearbeiter:
Scherer, Annette
Zugehörige Dokumente:
übergeordnete Akte | Testament, Tod und Begräbnis Martin Luthers
Nr.:
ThHStAW, EGA, Reg. N 182
Titel:
Testament, Tod und Begräbnis Martin Luthers
Zitieransicht:
Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, ThHStAW, EGA, Reg. N 182
Umfang:
5 Blatt
Laufzeit:
1537, 1542-1546