Heft 02 / 2015 - Westfalenfleiß GmbH

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Heft 02 / 2015 - Westfalenfleiß GmbH
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Magazin der Westfalenfleiß GmbH Arbeiten und Wohnen
Jahreszeiten auf
Gut Kinderhaus
2 | 2015
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Di – Do: 12.00 – 20.00 Uhr
Fr:
12.00 – 22.00 Uhr
Sa + So: 10.00 – 22.00 Uhr
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VERKAUFSSTELLEN:
Westfalenfleiß-Zentrale Kesslerweg,
ISM Copyshop Rudolf-Diesel-Straße,
Café Gut Kinderhaus
„Ein Pionier der
Inklusion in NRW“
Westfalenfleiß feiert: 1925 wurde das Unternehmen gegründet.
Wie sehr sich Arbeiten, Wohnen und das gesamte Miteinander in
90 Jahren geändert haben, zeigt unser Schwerpunkt zum Jubiläum.
Editorial
Wir sind Westfalenfleiß!
Westfalenfleiß-Kalender 2016 » Best of«
Als Schwarz-Weiß-Druck
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Kontakt und Bestellung:
Westfalenfleiß GmbH
Martina Leifhelm
Kesslerweg 38
48155 Münster
Tel.: 0251 618 00-49
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Info und Kontakt:
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Wir freuen uns auf Dich!
Liebe Leserinnen und Leser,
das 90-jährige Bestehen der Westfalenfleiß GmbH hat uns dieses
Jahr in Bann gehalten. So steht
auch diese Ausgabe der „Westfalenfleiß erleben“ ganz im Zeichen
unseres Firmenjubiläums.
Den Auftakt zu unseren Feierlichkeiten bildete der offizielle
Festakt mit rund 150 Gästen aus
Politik und Verwaltung, Trägervertretern, Gremienmitgliedern,
Vertretern anderer Einrichtungen
der Behindertenhilfe und weiteren
geladenen Personen. Als Botschafter der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und als Festredner kam NRW-Justizminister Thomas Kutschaty. Lesen Sie
auf den Seiten 8 bis 10, was dieses Fest zu einem unvergesslichen
Ereignis machte.
Rund 100 Unternehmensvertreter waren im Mai der Einladung der Westfalenfleiß GmbH
zum „TreffPunkt - Tag des Kunden“ gefolgt. In einem Interview mit „Westfalenfleiß erleben“
berichten zwei Kunden exemplarisch, was sie besonders an der
Zusammenarbeit mit unserem
Unternehmen schätzen. Lesen Sie
dazu die Seiten 11 bis 13.
Der Höhepunkt des Jahres war
unzweifelhaft unser großer Jubiläumsball in der Halle Münsterland
im Juni. Rund 620 Beschäftigte
der Werkstatt und Bewohner des
Wohnverbundes, rund 460 Mitarbeitende der Westfalenfleiß und
der MDS GmbH, rund 80 Ehrenamtliche, die als Gremienvertreter
oder in der Begleitung von Men-
schen mit Behinderung
tätig sind, sowie die Mitglieder des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung
feierten zusammen ein stimmungsvolles Fest. Es
wurde herzlich gelacht
und ausgelassen getanzt.
Die Bilder auf Seite 14 und 15
zeigen, wie stimmungsvoll und
gelungen dieser Abend war.
Wie sich der Wohnverbund im Laufe der Jahre entwickelt hat und wie viele verschiedene und individuelle Wohnformen es heute gibt, lesen Sie ab
Seite 18. Die Sozialraumorientierung ist ein wichtiger Bestandteil zur Verwirklichung der Teilhabe der Bewohner am Leben in
der Gemeinschaft. Wie das umgesetzt wird, können Sie ab Seite 40
lesen. Dass uns die Mitwirkung
von Menschen mit Behinderung
schon immer ein großes Anliegen
war und wie diese bei uns weiterhin mit Leben gefüllt wird, erfahren Sie auf den Seiten 23 und 24.
Nach der Hochwasserkatastrophe im Juli vergangenen Jahres konnte im April das Café Gut
Kinderhaus in neuem Glanz und
mit verändertem Konzept, das
alle Aktivitäten und Erzeugnisse
des Hofs bündelt und Gut Kinderhaus zu einem lebendigen Ort
der Begegnung werden lässt, neu
eröffnen (Seite 34 bis 36).
Und schließlich stellen wir
Ihnen ab Seite 37 die Arbeit einiger Beschäftigter an einer tech-
nisch
anspruchsvollen
Maschine vor. Das ist
ein Beispiel dafür, dass
Westfalenfleiß hochqualifizierte Arbeit leistet.
Auch in Zukunft
wollen wir unsere Ausrichtung an den Kompetenzen und Fähigkeiten
unserer Beschäftigten und Bewohner/Nutzer weiter ausbauen. Die
im Inklusionsgedanken aufgewachsene Generation von Menschen mit Behinderung fordert
von uns eine stetige Anpassung
unserer Assistenzangebote an die
sich ändernde Gesellschaft und
die neuesten technischen Entwicklungen. Diesen Weg wollen
wir gerne gehen und sehen ihn als
Leitgedanken für unsere Arbeit in
den nächsten Jahrzehnten. Begleiten Sie uns dabei!
Und nun wünsche ich Ihnen
viel Spaß beim Lesen unserer
Jubiläumsausgabe, in der Sie ganz
nebenbei auch noch die Chronologie der Ereignisse bei Westfalenfleiß von der Gründung 1925 bis
heute verfolgen können.
Ihr
Hubert Puder
Sprecher der Geschäftsführung
IMPRESSUM
Westfalenfleiß erleben! erscheint
vierteljährlich für Beschäftigte, Angehörige,
Mitarbeiter, Förderer, Kunden und Freunde
der Westfalenfleiß GmbH in Münster.
Herausgeber:
Westfalenfleiß GmbH
Arbeiten und Wohnen
Kesslerweg 38-42, 48155 Münster
Telefon: 0251 61800-0
Telefax 0251 61800-55
E-Mail: [email protected]
www.westfalenfleiss.de
www.mds-muenster.de
Verantwortlich:
Geschäftsführung Westfalenfleiß GmbH
Redaktion:
Birgit Honsel-Ackermann, Pascal Hesse, Stefan Prott, Jörn-Jakob Surkemper, Oliver Mau,
Tatjana Hetfeld, Tobias Mühlenschulte, Hubert Puder, Gerda Fockenbrock, Christoph Rietmann, Frank Szypior
6
IN DIESER AUSGABE ...
Konzeption:
AMB Kommunikation
Leverkusener Straße 14, 45772 Marl
Tel. 0 23 65 / 50 45 29
Fax 0 23 65 / 50 45 29
[email protected]
DAS THEMA: 90 Jahre Westfalenfleiß
Grafik / Layout:
Peter Damm
Der Weg: Der Mensch steht immer im Mittelpunkt........................................................... 6
Der Festakt: Viel Lob aus berufenem Munde................................................................... 8
Fotos:
Birgit Honsel-Ackermann, Barbara Horwath,
Caroline Seidel, Freiwilligenagentur Münster,
Bistum Münster, Reiner Kruse, Marco Stepniak,
Michael Sandner, Matthias Ahlke, Peter Leßmann,
Westfalenfleiß GmbH
Produktion:
RDN Agentur für Public Relations GmbH & Co. KG
Anton-Bauer-Weg 6, 45657 Recklinghausen
Telefon: 02361 490491-10
Titelfoto:
Peter Leßmann
Der Tag des Kunden: Vertrauen und Qualität zahlen sich aus........................................... 11
Der Jubiläumsball: Impressionen............................................................................... 14
Der Wandel: So wohnt man heute ............................................................................. 16
14
Im Dialog: Frank Szypior und Christina Keller über Mitbestimmung bei Westfalenfleiß........... 23
Mein Standpunkt: Kommentar von Gerda Fockenbrock, Geschäftsführung.......................... 26
KURZ UND BÜNDIG
Anzeigen:
Westfalenfleiß GmbH
Birgit Honsel-Ackermann
Kesslerweg 38-42
48155 Münster
[email protected]
Nachrichten rund um Westfalenfleiß und die Tochterunternehmen .................................. 27
REPORTAGEN
Druck:
Griebsch & Rochol GmbH & Co. KG
Gabelsbergerstraße 1, 59069 Hamm
Ein Ort der Begegnung: Das neue Gut Kinderhaus.......................................................... 34
High-Tech bei Westfalenfleiß: Die Gruppe „Systempack 2-Skin“....................................... 37
Abo-Service:
Die Zeitschrift Westfalenfleiß erleben!
kann auch abonniert werden.
Vier Ausgaben inklusive Versand kosten € 16,00.
Einzelverkaufspreis: € 3,50
„Keine Insel“: Das Freiwilligenmanagement bringt Bewohner und Anwohner zusammen.... 41
KURZ UND BÜNDIG
Ausgabe September 2015, Auflage: 4.500
Wir danken allen Unternehmen,
die zur Finanzierung dieser Ausgabe
beigetragen haben.
Weitere Informationen
unter www.westfalenfleiss.de
34 42
Besondere Arbeitsplätze bei Westfalenfleiß und Gewinnspiel ...........................................42
16
Wenn in den folgenden Texten im Interesse der besseren Lesbarkeit in der Regel
die männliche Form gewählt wird, sind immer Männer und Frauen gemeint.
5
Der Mensch steht
immer im Mittelpunkt
90
Von der Schwer­
erwerbsbeschädigten­werkstatt
zur „Beschüt­
zenden Werkstatt“, von der „Werkstatt für
Behinderte“ zum modernen
Integrations- und Inklusions­
unternehmen: In 90 Jahren
Westfalenfleiß hat das Unter­
nehmen mehrfach einen
Wandel vollzogen und dabei
Umzüge, Wirtschaftskrisen, den
Krieg und die Zerstörung der
Werkstatt­gebäude gemeistert
– mit Erfolg. Heute bietet die
­Westfalenfleiß GmbH mit einem
breiten Spektrum an Wohn- und
Arbeitsangeboten Menschen mit
Behinderung ein Zuhause, eine
Arbeit und einen Platz in der
Gemeinschaft.
Zum Jubiläum erfahren Sie auf
den folgenden Seiten, warum
Westfalenfleiß als Pionier der
Inklusion in NRW gefeiert wird,
was Kunden an dem Integrations­
unternehmen schätzen,
wie modernes Wohnen bei
­Westfalenfleiß funktioniert und wie
Christina Keller und Frank Szypior
sich im Bewohnerbeirat bzw. im
Werkstattrat engagieren.
7
„Ein Pionier der Inklusion in NRW“
90
90 Jahre Westfalenfleiß – ein guter Anlass, das Erreichte zu würdigen und den
Blick in die Zukunft zu wagen. Beim Festakt in der Stadthalle Hiltrup feierten
200 Gäste das Jubiläum. Es gab viel Lob aus berufenem Munde: „Westfalenfleiß
ist ein Pionier der Inklusion in NRW“, lobte Justizminister Thomas Kutschaty.
Schon die Gästeliste spiegelte das
hohe Ansehen von West­falenfleiß.
Michael Scheffler (MdL) begrüßte
als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung die zahlreichen
Vertreter aus Politik und Verwaltungen, aus den Trägervereinen und aus anderen Einrichtungen der Behindertenhilfe – sowie
natürlich Bewohner und Beschäftigte von Westfalenfleiß.
1925
Das Stadtparlament
Münster beschließt
die Einrichtung einer Schwererwerbsbeschädigtenwerkstatt.
Am
13. November gründen Kreditgemeinschaft KAGESO, Landesfürsorgeverband Provinz Westfalen (Vorläufer des LWL) und Stadt die Westfalenfleiß GmbH, Gemeinnützige
Werkstätten Münster – nicht nur für
8
Oberbürgermeister
Markus Lewe würdigte „ein starkes
Unternehmen“ mit besonderem
Auftrag: „Heimat und Zukunft
verknüpfen, aber immer die Seelen der Menschen dahinter erkennen – dafür steht Westfalenfleiß“,
so Lewe. Der OB zeigte hohe
Wertschätzung für die Arbeit der
Beschäftigten: „Hier entstehen
Produkte, die wertvoll sind, län-
ger halten, die gut sind – ich gehe
gerne bei Ihnen einkaufen.“
Matthias Löb, Direktor des
Landschaftsverbands WestfalenLippe, erinnerte daran, dass seine
Institution in den Kindertagen
eines der Elternteile von Westfalenfleiß war – bis sie ihre Anteile
1975 an die Arbeiterwohlfahrt
abgab. Auch heute ist der LWL
einer der wichtigsten Finanzi-
Kriegsversehrte. Erste Produkte in
der Werkstatt Am Katthagen sind
Besen, Bürsten, Spulen und Schlaghölzer für die Textilindustrie sowie
Korb- und Stuhlflechterzeugnisse.
1926
30 bis 40 Personen
sind beschäftigt, die
Werkstatt wird zum überregionalen
Modell für Neugründungen anderer
ers und Partner geblieben. „Lassen Sie uns im Refomprozess eng
zusammenarbeiten“, bat Matthias Löb – um auch künftig „das
richtige Verhältnis von fördernder
und unterstützender Begleitung
der Menschen zu gewährleisten.“
Einen Ausblick in die Zukunft
gab NRW-Justizminister Thomas
Kutschaty, der in Vertretung von
Ministerpräsidentin
Hannelore
Kraft die Festrede hielt. „Es muss
unser Ziel sein, allen Menschen
unabhängig
von
Geschlecht,
Herkunft, ob mit Behinderung
oder ohne eine Teilhabe am Leben
zu ermöglichen.“ Westfalenfleiß
sei dabei weit vorangeschritten:
„Aus Betroffenen Beteiligte zu
machen – das gelingt hier: Westfalenleiß ist ein Pionier der Inklusion in NRW“, lobte der Minister.
Auch wenn viele Beschäftigte
in den Werkstätten besser aufgehoben seien als in der freien Wirtschaft, müsse man neue Wege der
Inklusion prüfen: „Wir denken
zum Beispiel an ein Budget für
Lohnzuschüsse, das Beschäftigung
im ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.“ Kutschaty griff die Ziele
des neuen Bundesteilhabegesetzes
auf und schloss mit einem Appell:
„Barrieren beseitigen beschränkt
sich nicht auf Gebäude – es
umfasst das gesamte gesellschaftliche Miteinander.“
Werkstätten im Land. Mögliche Beschäftigungen für die Hauptleidtragenden des Krieges: Radwächter vor
Stadtverwaltung, Post, Badeanstalt.
1927
Umzug in das neue
Gebäude am Münsteraner Hafen am Hafengrenzweg,
das über fünf Jahrzehnte – bis zum
Jahr 1981 – genutzt wurde.
„Barrieren beseitigen –
im gesamten Miteinander.“
„Für echte Mitbestimmung –
die Zeit ist reif dafür.“
Thomas Kutschaty,
NRW-Justizminister
Frank Szypior,
Vorsitzender Gesamt-Werkstattbeirat
Im Namen des Gesamt-Werkstattrates und der Bewohnerbeiräte sprach Frank Szypior
ein Grußwort, das zu den spannendesten Momenten des Tages
gehörte. In aller Ruhe faltete Szypior vor den gut 200 Gästen seine
Blätter mit dem Manuskript auseinander – und eröffnete formal
perfekt mit der Anrede des Ministers. Den ungewöhnlichen Namen
nutzte Szypior gleich für einen
Gag: „Vielleicht habe ich Ihren
Namen nicht ganz richtig ausgesprochen ... Frau Kraft wäre einfacher gewesen.“ Nach dem lockeren Einstieg wirkten Frank Szypiors Worte um so gewichtiger:
„Inklusion und Integration werden bei Westfalenfleiß immer groß
geschrieben – nach dem Motto:
Hier steht der Mensch im Mittelpunkt.“ Szypior erinnerte daran,
dass der erste Werkstattrat bereits
1991 installiert wurde und Mitwirkung lange vor der Gesetz­
gebung selbstverständlich war. An
die Politiker im Saal richtete er
eine Bitte: „Setzen Sie sich dafür
ein, dass endlich aus der Mitwirkung eine echte Mitbestimmung
wird – die Zeit ist reif dafür.“ Die
Werkstatträte hätten längst bewiesen, dass sie Verantwortung tragen können, sagte Szypior – und
erhielt viel Applaus.
1928
Westfalenfleiß beschäftigt erstmals
neben Kriegsbeschädigten auch andere Menschen mit körperlichen
oder geistigen Einschränkungen.
Ende des Jahres sind über 100 Beschäftigte angestellt, darunter 12
Tischler, 4 Drechsler, 11 Stuhlflechter, 56 Einzieher, 2 Verkäufer, 4
Tankwarte und 16 Fahrradwächter.
9
Für den perfekten Abschluss
des Festaktes sorgte der Gospelchor von Westfalenfleiß. Freude,
Stolz, ein wenig Aufregung spiegelte sich in über 40 Gesichtern.
Der Funke sprang schnell über:
Nach Klassikern wie „He‘s got
the Whole World“ hielt es spätestens bei „Atemlos“ niemanden
mehr auf den Stühlen. Der Chor
schuf eine wunderbar gelöste
Stimmung – voller Lebensfreude,
Respekt und herzlichem Miteinander. Typisch Westfalenfleiß!
1932
Wirtschaftskrise –
Die Werkstatt steht
vor dem Ruin. Es kommt zu größeren Entlassungen, nur 72 Beschäftigte können bleiben. Defizit:
24.000 Reichsmark
1933
Westfalenfleiß beschäftigt wieder
100 Personen. Neben Kriegsbeschä-
10
In einfachen Worten ...
Westfalenfleiß ist 90 Jahre alt geworden.
Zum Geburtstag sind viele wichtige Leute gekommen.
Die Gäste haben Westfalenfleiß gratuliert und gelobt:
Weil bei uns der Mensch im Mittelpunkt steht. Auch
Frank Szypior war zufrieden. Er wünscht sich noch mehr
Mitbestimmung für Menschen mit Behinderungen.
digten und -hinterbliebenen gibt
Geschäftsführer Blumensaat als
„andere Behinderte“ an: Unfallbeschädigte, Sieche und Blinde.
1934
Das Nazi-„Gesetz
zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ führt in
Münster zu 539 Zwangssterilisationen: Menschen mit Behinderung,
angebliche Asoziale, Suchtkranke.
Auch
Westfalenfleiß-Beschäftigte
sind betroffen. Der Geschäftsführer
Blumensaat wurde von den Nazis
offenbar akzeptiert und rettet das
Unternehmen vorm Konkurs.
1935
Übernahme der
KAGESO-Anteile
durch den Provinzialverband.
Fotos: Reiner Kruse
Vertrauen und Qualität
zahlen sich aus
90
Mehr als eineinhalb Jahrzehnte ist Matthias
Goeke mit seiner Full-Service-Agentur Klick
Design schon Kunde bei Westfalenfleiß –
Werner Hähnel van Schrick, Abteilungsleiter
Textilien bei der Westfalenstoffe AG, erst seit rund zwei
Jahren. Eines haben sie gemeinsam: Sie verlassen sich auf
die Leistungen der Westfalenfleiß GmbH – und das mit
Erfolg. Was sie besonders an der Zusammenarbeit schätzen,
haben sie beim Tag des Kunden am 8. Mai verraten.
Der Designer Matthias Goeke ist
seit 15 Jahren Kunde bei Westfalenfleiß und dem Industrie-Service Münster (ISM). Zustande
kam der Kontakt durch die Empfehlung einer Druckerei, mit der
Matthias Goeke und sein Team
schon seit langem zusammenarbeiten.
Zu den Hauptaufgabenfeldern
der Firma gehört die Konfektionierung verschiedenster Artikel.
Diese produziert Klick Design
1939
1941
Die „Euthanasie“Politik
beginnt.
zum Glück schützt der Status der
Kriegsbeschädigten auch andere
Westfalenfleiß-Beschäftigte vor der
Ermordung. Viele Eltern bringen ihre
Kinder tagsüber in die Werkstatt und
holen sie abends wieder ab –
so wird Westfalenfleiß zu einer
rettenden Insel im Meer von Gefahr.
Der Geschäftsführer
Blumensaat stirbt,
Albert Schluchtmann wird sein
Nachfolger. Er organisiert den
Vertrieb neu und erhält so die Produktion von Bürsten aufrecht.
Die größten Abnehmer 1940/41:
Reichswerke Hermann Göring,
Beleuchtungskörperfabrik Wattenscheid, private Unternehmen.
11
„Ich bin immer wieder
faszniniert davon, mit wieviel
Liebe, Präzision und Sorgfalt
diese Aufgaben ausgeführt
werden.“ Werner Hähnel van Schrick
Zahlen, bitte ...
100
Unternehmens­
vertreter waren der
Einladung zum „TreffPunkt –
Tag des Kunden“ gefolgt.
330 Unter­nehmen hatten zu­
dem im Vorfeld an einer Kun­
denbefragung teilgenommen.
Das Ergebnis: 54 Prozent der
befragten Kunden bewerteten
die Ausführung der Arbeiten /
Dienstleistungen von
Westfalenfleiß mit „sehr gut“,
44 Prozent mit „gut“.
hauptsächlich in kleinen und mittelgroßen Auflagen. „Aber wir
stellen auch Einleger oder Musterverpackungen her, die zusammengebaut werden müssen. Die meisten dieser Arbeiten übernehmen
schon seit vielen Jahren Mitarbeiter und Beschäftigte von Westfalenfleiß für uns. Auch unsere Lettershop-Arbeiten werden über
Westfalenfleiß versendet“, erklärt
Matthias Goeke. „Ein neuer Aufgabenbereich, der vor kurzem hinzugekommen ist, ist die Messeorganisation für unsere Kunden.
Hierfür lassen wir in der Schreinerei von Westfalenfleiß die entsprechenden hochwertigen Messemöbel bauen“, erklärt der 44-Jährige.
Zu Beginn der Zusammenarbeit mit Westfalenfleiß musste
Matthias Goeke bei seinen Kunden etwas Überzeugungsarbeit
leisten. „Es gab zunächst schon
den einen oder anderen Vorbehalt und die Sorge, ob Qualitätsstandards gehalten werden können, wenn ein Integrationsunternehmen an den Arbeitsabläufen
beteiligt ist“, erklärt der Designer. Doch die Bedenken ließen sich
schnell restlos ausräumen. „Die
Zuverlässigkeit und Sorgfalt, mit
der die Mitarbeiter von Westfalenfleiß unsere Aufträge erfüllt, ist
1944
Ein Kreisauflageprogramm tritt in
Kraft. Westfalenfleiß muss u.a. an
die Kreisleitung der NSDAP spenden.
Am 1. April wird die gesamte Fertigware beschlagnahmt, die Korbmacherei stillgelegt. Die zwölf Vertreter
müssen entlassen werden. Beim
Großangriff auf das Hafenviertel am
5. Oktober 1944 werden die Werk-
12
stattgebäude am Hafengrenzweg zu
70 Prozent zerstört.
beeindruckend. Qualität ist mir
und meinen Kunden wichtig, aber
da hat uns Westfalenfleiß restlos
überzeugt.“
Neben dem sozialen Charakter
der Westfalenfleiß GmbH waren
auch wirtschaftliche Gründe ein
Faktor dafür, dass Matthias Goeke
sich für eine Zusammenarbeit entschieden hat und dabei geblieben
ist: „Ich war auf der Suche nach
Im Bild (v. l. nach r.) Dr. Michael Kaven, Vorsitzender des Aufsichtsrates der
Westfalenfleiß GmbH; Michael Scheffler, MdL, Vorsitzender der Gesellschafterver­
sammlung der Westfalenfleiß GmbH; Thomas Marquardt, MdL; Michael Kempf,
Geschäftsbereichsleiter Produktion der Westfalenfleiß GmbH, Prof. Dr. Wolfgang
Wiegard; Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft­
lichen Entwicklung; Gerda Fockenbrock, Geschäftsführung der Westfalenfleiß
GmbH, Hubert Puder, Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH.
einem verlässlichen, regionalen
Partner, der ein exzellentes PreisLeistungs-Verhältnis bietet – und
den habe ich in der Westfalenfleiß
GmbH gefunden.“
Für die Westfalenstoffe AG ist
„Made in Germany“ nicht nur ein
bloßes Label, sondern Grundstein
der Firmenphilosophie. „Wir
sind bekannt dafür und stolz darauf, regional und qualitativ hochwertige Produkte zu produzieren“, erklärt Werner Hähnel van
Schrick, Abteilungsleiter Textilien bei der Westfalenstoffe AG.
„Wir weben Stoffe und konfektionieren sie in zwei bis sechs Meter
Ballen für unsere Kunden. Diese
Aufgabe übernehmen Mitarbeiter
und Beschäftigte der Westfalenfleiß GmbH. Sie falten aber auch
kleinere Stoffstücke für die Kundenpräsentation zu Fächern – und
wählen dabei genau die Stoffe
1945
1947
„Die Zuverlässigkeit und
Sorgfalt, mit der die Mitarbeiter von Westfalenfleiß
unsere Aufträge erfüllen, ist
beeindruckend.“ Matthias Goeke
Wiederaufbau – Dach, Türen und
Fenster werden wieder hergestellt,
die Produktion kann jedoch nicht
voll aufgenommen werden, weil
das Hauptstromkabel noch nicht
funktioniert. Die Beschäftigten –
elf Bürstenmacher, sieben Holzverarbeiter, 20 Radwächter – leisten
unterdessen wichtige Aufbauarbeit.
aus, die perfekt zusammenpassen.
Dabei bin ich immer wieder fasziiert davon, mit wieviel Liebe, Präzision und Sorgfalt diese Aufgaben ausgeführt werden“, erklärt
der gebürtige Münsteraner.
In einfachen Worten ...
Westfalenfleiß hat viele Kunden. Einige sind sogar
schon viele Jahre Kunden bei Westfalenfleiß. Zu ihnen
gehören auch Werner Hähnel van Schrick und Matthias
Goeke. Beide sind sehr zufrieden mit der Arbeit, die
Beschäftigte und Mitarbeiter von Westfalenfleiß leisten.
Westfalenfleiß tritt
dem Verein der gemeinnützigen Werkstätten NRW bei.
und neue Rehabilitationsmaßnahmen sinkt der Personalbestand bis
1960 auf 44 Betriebsangehörige.
1951
1962
Westfalenfleiß beschäftigt 68 Personen, darunter 11 Schwerkriegsgeschädigte und 43 Schwererwerbsbeschränkte. Durch die veränderte
Behandlung der Kriegsbeschädigten
Für das Unternehmen, das vor
kurzem sein 90-jähriges Bestehen gefeiert hat, war es wichtig,
einen regionalen und verlässlichen
Partner zu finden – „und das ist
uns mit Westfalenfleiß eindeutig
gelungen“, sagt Werner Hähnel
van Schrick. „Wenn wir unsere
Stofffächer zum Beispiel auf Messen präsentieren, ist der Zuspruch
von Kundenseite groß. Dann
erkläre ich oft, dass wir dafür mit
einem regionalen Integrationsunternehmen zusammenarbeiten
– das finden die Menschen toll.“
Auch wenn die Zusammenarbeit erst seit zwei Jahren besteht,
haben Qualität und Zuverlässigkeit überzeugt. In Zukunft sollen
darum noch weitere Aufträge an
die Westfalenfleiß GmbH übertragen werden.
Die Stadt Münster
macht sich Sorgen
um Westfalenfleiß. In einem Bericht
heißt es: „Das Liegenschaftsamt soll
gebeten werden, in der Frage der
Einrichtung von Rad- und Auto-
wachen in der Stadt Münster der
Westfalenfleiß GmbH besonderes
Entgegenkommen zu zeigen.“
13
Jubiläumsball 2015
/ 1965
Joachim
Herfert
folgt
Alfons
Schluchtmann als Geschäftsführer.
Westfalenfleiß genießt keine steuerlichen Vorteile und kämpft ums
Überleben. Um das Unternehmen zu
retten, steht die Intensivierung der
Produktion im Mittelpunkt. Bürsten
und Besen sollen mit maschineller
Unterstützung hergestellt werden.
14
1970
1968
Ein Durchbruch:
Im Mai erhält
Westfalenfleiß die Anerkennung als
„Beschützende Werk­statt“. Ziel ist
es, Menschen mit Behinderung umfassend zu fördern und sie zu einer
optimalen Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Fähigkeiten zu bringen. 50 Arbeitsplätze werden
fortan nach und nach besetzt.
1969
Pkw-Parkplatzbewachung:
Erste
Verträge mit der Stadt Münster.
Durchführung erster Ferienfreizeiten.
1973
Aufnahme von Garten- und Anlagenpflegearbeiten als Arbeitsbereich
der Werkstatt Westfalenfleiß.
1974
Aus der „Beschützenden Werkstatt“
wird eine „Werkstatt für Behinderte“ auf der Grundlage des Schwerbehindertengesetztes.
1975
Der Übergang zum
freien Träger: Der
LWL steigt als Gesellschafter aus
und überträgt seine Anteile (5/8)
an die Arbeiterwohlfahrt – das
ermöglicht die Trennung zwischen
Träger der Werkstatt und Kostenträger. Auch die Stadt Münster
steigt aus, ihre Anteile (3/8) übernimmt die Lebenshilfe Münster.
15
So wohnt
man heute !
Von der Heimunterbringung
zum selbstbestimmten Wohnen
90
Einheitsunterwäsche, kein Eigentum,
nachts
­
verschlossene
3-Bett-Zimmer.
Unglaublich, aber noch gar nicht so lange
her. 1990 übernimmt Westfalenfleiß von
der Westfälischen Klinik für Psychiatrie Münster das Gut Kinderhaus und findet diese Situation
vor. Danach werden aus „Langzeitpatienten“ „Bewohner“.
Westfalenfleiß setzt früh humanitäre Maßstäbe für das
Wohnen von Menschen mit Behinderung: Das 1976 angemietete Haus Wolbeck muss als erstes gemischtgeschlechtliches und gemeindeorientiertes Wohnheim in Münster
gegen Vorurteile ankämpfen. 1992 baut Westfalenfleiß die
erste Außenwohngruppe. Ab 2002 w
­ erden Doppelzimmer
zu Einzelzimmern. Über die Jahre entstehen neue innovative
Wohnformen, etwa das Dezentrale Stationäre Einzelwohnen in von Westfalenfleiß angemieteten Wohnungen, später das „Ambulant Unterstütze Wohnen“ und das integrative Wohnhaus Baumberger Hof. Individualität, geschützte
Bereiche, Rückzugsmöglichkeiten, Intimsphäre und Selbstbestimmung werden selbstverständlich. Wie die Bewohner
in diesen modernden Wohnformen leben, stellen wir auf
den folgenden Seiten vor.
1976
Beginn des Bereichs
Wohnen.
Wegen akutem Platzmangel wird
Haus Wolbeck mit 80 Arbeitsplätzen
und 40 Wohnheimplätzen angemietet – das erste gemischtgeschlechtliche und gemeindeintegrierte Wohnheim in Münster. Bis dahin lebten Menschen mit Behinderung nach Geschlechtern getrennt
16
Die Wohnformen bei Westfalenfleiß sind vielfältig:
Sascha Kästner etwa wohnt in einer von vier Wohngemeinschaften in einem ehemals besetzten Haus
(Seite 19).
auf Etagen, deren Türen nachts abgeschlossen wurden, damit „nichts
passieren konnte“.
1980
Gründung Zweigwerkstatt in Telgte
– mit Handwerk, serieller Aktenüberarbeitung, später Elektromontagen sowie serielle Montage- und
Verpackungsarbeiten.
1982
Einzug und sukzessive Umzüge aus
den Standorten Wolbeck, Buckstraße, Hafengrenzweg in das heutige
Hauptgebäude der Westfalenfleiß
GmbH am Kesslerweg. Eröffnungsfeier am 6. November. Beginn der
Betreuung
schwerstmehrfachbehinderter Menschen in einer Gruppe
mit vier Beschäftigten.
1984
Neubau der Wohnstätte Haus Gremmendorf für 88 Bewohner in drei
Reihenhausteilen (2/3 Doppelzimmer, 1/3 Einzelzimmer)
1985
Umbau von Haus
Wolbeck zur Wohnstätte mit 67 Wohnplätzen.
17
So wohnt
man heute !
So wohnt
man heute !
Im CD-Ständer in Elmar Ottens
Zimmer schmiegen sich Andy
Borg, Roy Black, Udo Jürgens
und Hans Albers aneinander.
Seit 1995 wohnt der 65-Jährige
in der Wohnstätte Gut Kinderhaus. Zusammen mit den anderen
fünf Mitbewohnern seiner Wohngruppe nimmt er dort an der
Tagessstruktur teil. Dazu gehört
Sascha Kästner wohnt in einer
Wohngemeinschaft. Vier WGs mit
zusammen 19 Bewohnern leben in
dem Haus an der Grevener Straße,
das eigentlich abgerissen werden
sollte. Doch Sascha Kästner und
seine Mitbewohner haben sich
gewehrt: „Durch Hausbesetzung
haben wir den Abriss verhindert.“
An den Wänden stehen Sprüche zu
sozialpolitischen Themen und die
Hausgemeinschaft hat einen Verein gegründet: Das „Alternative
Wohnprojekt Grevener Straße 31 –
selbstverwaltet und selbstbestimmt
„Am liebsten ruhe ich
mich draußen auf meinem
Lieblingsplatz aus. Das ist eine
Bank auf dem Hof.“ Elmar Otten,
len Leute zusammenzuwohnen.“
Nach der Arbeit in der Westfalenfleiß Werkstatt am Kesslerweg
ruht der 29-Jährige sich erstmal
aus. Dann räumt er das Geschirr
aus der Spülmaschine und geht seinen Mitbewohnern beim Kochen
zur Hand. Am Wochenende spielt
die vegan lebende WG Gesellschaftsspiele. „Am liebsten Rummikub“, sagt Sasche Kästner. Der
Fachdienst Ambulant Unterstütztes Wohnen assistiert ihm unter
anderem beim Wäsche waschen
und sortieren, beim Badputzen, bei
Arztbesuchen, bei der Erkundung
von neuen Wegen und Busverbindungen und bei seinen WG-Aufgaben wie zum Beispiel Altglas wegbringen und Müllentsorgung.
Zahlen, bitte ...
56 Nutzer nehmen den
Fachdienst Ambulant
Unterstütztes Wohnen mit
unterschiedlichen Leistungen
und Fachleistungsstunden in
Anspruch.
Wohnstätte Gut Kinderhaus
auch das Kochen. Elmar Otten
kann seine linke Hand zwar nicht
benutzen, packt aber trotzdem
mit an. „Mit dem Nicer Dicer
mache ich Möhren und Kartoffeln klein“, sagt er und holt das
Küchenutensil aus dem Schrank.
Auch das Tischdecken übernimmt
Elmar Otten. Am liebsten aber
ruht er sich aus. Auf einer Bank
im Hof sieht er dann dem Treiben
der Hofgäste zu. Oder er sitzt in
seinem roten Sessel im Gemeinschaftsraum und sieht fern. Schon
seit 1968 arbeitete er bei Westfa-
lenfleiß bis zu seiner Rente. In seinem Zimmer mit Blick ins grüne
Münsterland hängt eine Urkunde
zum 25-jährigen Dienstjubiläum
über dem Bett, daneben gemeinsame Fotos mit Mutter und Zwillingsschwester. Auf dem Regal
gegenüber stehen einige Schneekugeln. Elmar Otten mag es
behaglich. Jede der acht Wohngruppen der Wohnstätte Gut Kinderhaus verfügt über ein gemütliches Wohn- und Esszimmer und
eine gut ausgestattete Küche.
Zudem gibt es separate Räum-
1987
1989
Karl-Heinz Garbe
löst Werner Schüßler als Geschäftsführer ab.
1988
Eröffnung
einer
Zweigwerkstatt für
psychisch behinderte Menschen
(40 Plätze) im Mai – der Betrieb wird
ein Jahr später umbenannt in ISM –
Industrie-Service Münster.
18
Eröffnung
einer
Zahnstation
am
Kesslerweg mit Behandlungszimmer.
lichkeiten für Freizeitaktivitäten
und tagesstrukturierende Angebote sowie einen Gemeinschaftsgarten. Zum Angebot der Wohnstätte gehört eine 24-StundenBegleitung inklusive Nachtwache.
Zahlen, bitte ...
37
Einzelzimmer in acht
Wohngruppen und ein
Kurzzeitzimmer für ein vorüber­
gehendes Wohnangebot hat die
Wohnstätte Gut Kinderhaus.
1990
Erster Vertrag zwischen Geschäftsführung und Beschäftigtenvertretung über Mitwirkung: Am 21. März
tagt erstmals die Beschäftigtenvertretung als Vorläufer des Werkstattrates (Foto rechts). Westfalenfleiß
installierte somit lange vor der gesetzlichen Pflicht (erst 2001) die
Mitwirkung von Beschäftigten.
„Ich bin zu Hause ausgezogen,
weil ich unabhängig und
selbstständig sein wollte. Das
hat geklappt.“ Sascha Kästner,
Wohngemeinschaft Grevener Straße
wohnen in Münster“. Dieser Verein hat das Haus im April 2003
von der Stadt angemietet. 2013
ist Sascha Kästner aus Breckerfeld hergezogen, zu seiner Schwester, die im Stockwerk über ihm
wohnt. „Ohne sie hätte ich den
Schritt vermutlich nicht getan“,
sagt er. Aber er hat sich schnell
eingelebt: „Es ist toll, mit so vie-
1. April: Übernahme Gut Kinderhaus
samt landwirtschaftlichem Betrieb
und Wohnheimplätzen von der Westfälischen Klinik für Psychiatrie
Münster.
Hochzeit Werner Kohr
und Maria Franke als
erstes Ehepaar von Menschen mit
Behinderung bei Westfalenfleiß.
Ausgabe 0 der „ECHO“.
1991
19
So wohnt
man heute !
So wohnt
man heute !
Seit fünf Jahren wohnt Johannes
Rademacher in einem von Westfalenfleiß angemieteten Reihenhaus,
ganz in der Nähe der Wohnstätte
Haus Gremmendorf, in einer Fünfer-WG. „Wenn man von der
Arbeit zurückkommt, sitzt man
erstmal mit den anderen zusammen in der Küche, unterhält sich,
trinkt Kaffee“, erzählt der 29-Jährige. Bis zur Vorbereitung des
„Als ich acht Jahre alt war,
bin ich mit meinen Eltern
von Münster nach Ahlen
gezogen. Aber der Bezug zu
Münster ist geblieben und
irgendwann wollte
ich zurück.“
Johannes Rademacher,
Außenwohngruppe am
Erich-Greffin-Weg
Abendessens zieht er sich in sein
Zimmer zurück. Dort informiert
er sich am PC über das Weltgeschehen oder plant Urlaube. „Erst
letzte Woche habe ich Urlaub
an der Ostsee gemacht“, erzählt
Johannes Rademacher.
Im Oktober will er mit der
Familienbildungsstätte für drei
Tage nach Amsterdam fahren.
1992
Als zweite Geschäftsführerin für die Bereiche Wohnen und Soziales nimmt
Gerda Fockenbrock ihre Tätigkeit
auf. Westfalenfleiß geht beim Wohnen neue Wege und eröffnet am
Gustav-Tweer-Weg die erste Außenwohngruppe für sechs Bewohner –
Dezentrales Wohnen Haus Gremmendorf.
20
Wer in der WG für welche Aufgaben verantwortlich ist, wird in
einem gemeinsamen Haushaltsplan festgehalten. Jeden Dienstagnachmittag gibt es ein Gruppengespräch. Das Angebot in der
Wohngemeinschaft Erich-GreffinWeg ist vorwiegend auf berufstätige Personen ausgerichtet, die
zwar keine Assistenz in der Nacht
benötigen, bei Bedarf aber auf
die Nachtwache in der nahegelegenen Wohnstätte zurückgreifen
können. Johannes Rademacher
möchte noch unabhängiger werden: „Ich möchte demnächst ins
Ambulant Unterstützte Wohnen
wechseln.“ Dann würde er stundenweise Unterstützung erhalten,
etwa bei der Korrespondenz mit
Behörden.
Zahlen, bitte ...
5 Einzelzimmern auf drei
Etagen, ein Wohn-/Ess­
zimmer, eine Küche und einen
schönen Garten bietet die Außen­
wohngruppe am Erich-GreffinWeg.
1993
Dezentrales Wohnen
im Haus Wolbeck;
Fertigstellung Wohnstätte Telgte
für 27 Bewohner.
1996
1997
Start Qualitätsmanagement Werkstatt.
Erstes Dreschfest auf
Gut Kinderhaus.
Fareschta Sultanis Zimmer ist ein
Traum in Pink und Violett. Überall finden sich Schmetterlinge: auf
der Wand, auf der Uhr, als Lichterkette, aus Papier gebastelte
Girlanden. Zweifelsohne: Die
bunten Falter sind die Lieblingstiere der 29-Jährigen. „Weil sie
fliegen können“, sagt sie. Fareschta Sultani kam als Jugendliche
aus Afghanistan nach Deutschland. Vor drei Jahren war sie im
Westfalenfleiß Foto-Kalender als
orientalisches Model abgebildet.
Das schöne Schwarz-Weiß-Foto
hat sie sich über das Bett gehängt.
„Bei meinem Freund Stefan
im 1. Stock schaue ich am
Wochenende DVDs. Mein
Lieblingsfilm ist „High School
Musical“. Ich habe alle drei
Teile in der Schublade liegen.“
Farescha Sultani,
Wohngemeinschaft am Oedingteich
In der Regel steht sie an Werktagen um 6 Uhr morgens auf, ein
Assistent unterstützt sie dabei.
Um fünf nach sieben geht es zur
Arbeit. Fareschta Sultani hat auch
ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm: montags Kochkurs.
Dienstags bekommt ihre Wohngemeinschaft häufig Besuch von
Realschülern, die den Sozialführerschein machen. Mittwochs
Westfalenfleiß Gospelchor. Donnerstags stehen Übungen zur Förderung der Mobilität auf dem
Programm, freitags Physiotherapie. In ihrem Zimmer hört Fareschta Sultani Bravo-Hits und
Hörspiele von Hanni & Nanni.
Oder sie liest: „Ich liebe Pferdebücher“, sagt die 29-Jährige. Am
Wochenende schaut sie Filme mit
ihrem Freund Stefan, der eine
Etage über ihr wohnt – am liebsten „High School Musical“.
In den Wohngemeinschaften von Westfalenfleiß wohnen
Berufstätige, die eine Begleitung
im Lebensbereich Wohnen und
eine Nachtbereitschaft benötigen.
Zahlen, bitte ...
12
Bewohner in zwei
Wohngruppen auf zwei
Etagen, ein Wohn-/Esszimmer
eine gut ausgestattete Küche, ein
großer Garten – das ist die Wohn­
gemeinschaft am Oedingteich.
1998
Erste TÜV-Zertifizierung der Werkstatt.
Westfalenfleiß beteiligt sich an dem
EU-Projekt „Nadeshda“ (1998 bis
2000) für 29 jüdische Flüchtlinge
aus der ehemaligen Sowjetunion.
2001
Erste Außenarbeitsplätze: Beginn in der
LVM-Spülküche mit 8 Beschäftigten.
21
So wohnt
man heute !
„Wir wollen gemeinsam das
Zusammenleben hier gestalten“
90
„Mir gefällt eigentlich
alles hier.“
Carolin Wuth,
Wohngemeinschaft an der Meerwiese
den Sportkeller.“ Mal allein, mal
verabrede sie sich auch mit den
anderen Mitbewohnern. Je fünf
Personen leben insgesamt relativ
selbstständig in den beiden Haushälften. Mindestens ein Assistent ist aber immer vor Ort. Am
Wochenende werde gemeinsam
gekocht. Und alle fünf Wochen
habe immer einer für eine Woche
Küchendienst. Carolin Wuth ist
2001
Die Umbenennung
setzt Akzente: Aus
der „Werkstatt für Behinderte“ wird
die „Werkstatt für behinderte Menschen“. Westfalenfleiß geht online:
www.westfalenfleiss.de - und die
eigenen Kicker siegen: 1. Platz bei
der Deutschen Fußballmeisterschaft der Werkstätten für Menschen
mit Behinderung.
22
Heute gibt es zwei Werkstatträte
– Westfalenfleiß und ISM (Industrie-Service Münster) – und einen
Gesamt-Werkstattrat sowie fünf
stadtteilbezogene
Bewohnerbeiräte. Reicht das? Und wo konkret
können Beschäftigte und Bewohner mitreden? Westfalenfleiß erleben sprach mit dem Gesamtwerkstattrats-Vorsitzenden Frank
­Szypior und mit Christina Keller,
auch oft bei ihrem Freund auf
Gut Kinderhaus unweit der WG.
„Wir haben uns bei der Arbeit in
der Werkstatt an der Rudolf-Diesel-Straße kennengelernt.“
Dorthin laufen sie nun jeden
Tag zusammen. Seit 2007 wohnt
sie nun schon an der Meerwiese
und fühlt sich sehr wohl dort.
Bewohner wohnen
insgesamt in den beiden
Haushälften an der Meerwiese.
2002
Ein Meilenstein im
Bereich Wohnen –
die Doppelzimmer werden aufgelöst. Der gesamte Wohnverbund differenziert sich: Es wird umgebaut,
neu gebaut, Zimmer werden neu
eingerichtet und es entstehen innovative Wohnformen: Wohngemeinschaft, Appartementhaus oder integratives Wohnhaus.
Christina Keller: Mir macht es
Spaß, Informationen weiterzugeben, wenn etwa ein Sommerfest
ist. Oder Glückwunschkarten zu
versenden, wenn jemand Geburts-
5 Zahlen, bitte ...
10 Schriftführerin im Bewohnerbeirat
von Haus Gremmendorf.
Frau Keller, Herr Szypior, warum
engagieren Sie sich im Bewohnerbeirat und im Werkstattrat?
Zahlen, bitte ...
Fotos: Reiner Kruse
Ein Bett, ein kleiner Schreibtisch,
ein Kleiderschrank, zwei Regale.
An der Metalltafel darüber hängen Fotos von einem rothaarigen Jungen im Kindergartenalter.
„Das ist mein Patenkind“, sagt
Carolin Wuth. Ihr WG-Zimmer
hat sie nach ihren eigenen Vorstellungen eingerichtet. Dazu kann
sie auch noch den Garten und die
Gemeinschaftsräume des Hauses nutzen: Wohnzimmer, Küche,
Sport- und Kreativraum. „Dort
male ich, wenn ich sauer bin“,
sagt die 34-Jährige. „Und wenn
das nicht hilft, gehe ich radeln in
Bei der Mitwirkung der Bewohner und Beschäftigten nahm Westfalenfleiß schon
früh eine Vorreiterrolle ein. In den 1970er-Jahren fand sich in Haus Wolbeck der erste
Heimbeirat (heute: Bewohnerbeirat) als Vertretung für die Bewohner der Wohnstätte
zusammen. 1990 gründete sich in der Werkstatt die Beschäftigtenvertretung (heute:
Werkstattrat) – lange bevor die Mitsprache 2001 gesetzlich verankert wurde.
Bewohnerbeiräte, zwei Werkstatträte und ein GesamtWerkstattrat vertreten die
Interessen der Bewohner und
Beschäftigten bei Westfalenfleiß.
Frank Szypior und Christina Keller vertreten Beschäftigte und Bewohner.
2003
Das Integrationsunternehmen Münsteraner Dienstleistungsservice MDS
GmbH wird als 100-%ige Tochtergesellschaft der Westfalenfleiß gegründet. Eröffnung des Cafés Gut
Kinderhaus. Der Fachdienst „Ambulant Unterstütztes Wohnen“
(AUW) wird eingerichtet. Gründung
des Westfalenfleiß-Gospelchors.
23
Frank Szypior und Christina Keller engagieren sich
für die Beschäftigen und Bewohner
Frank Szypior ist seit 1984 bei
Westfalenfleiß und seit 1988 im
Werkstattrat vertreten. Seit 1993 ist
er Vorsitzender des Werkstattrates
Westfalenfleiß und seit zwei Jahren
Vorsitzender im achtköpfigen Gesamtwerkstattrat, der für rund 900
Beschäftige spricht und alle vier
Wochen tagt.
Christina Keller lebt seit
Mitte der 80er-Jahre im
Wohnverbund von
Westfalenfleiß. Im
fünfköpfigen Bewohnerbeirat von
Haus Gremmendorf vertritt sie seit Ende
der 80er-Jahre die
Interessen der rund
58 Bewohner im
Haupthaus und 18
Nutzer im Dezentralen Einzelwohnen. Die Bewohnerbeiräte tagen
alle zwei Wochen.
Mitglieder des Werkstattrates oder
Bewohnerbeirates erhalten regelmäßig Schulungen. So gibt es 2015
beispielsweise für die Mitglieder der
Bewohnerbeiräte zwei Schulungstage, die von den Assistenten der Beiräte vorbereitet werden. Beim ersten
Termin im Mai ging es zunächst um
das gegenseitige Kennenlernen und
die Aufgaben der Beiräte, da durch
die diesjährigen Neuwahlen einige
neue Mitglieder hinzugekommen sind. Ein zweiter Schulungstag
findet im Herbst
zum Thema Beschwerdemanagement statt.
Der Werkstattrat
hat im August dieses
Jahres eine Schulung zum Thema Öffentlichkeitsarbeit absolviert.
Bewohnerbeiräte
und Werkstatträte werden
alle vier Jahre
gewählt.
Abschluss der ersten
FAB-Absolventen:
Fünf Westfalenfleiß-Gruppenleiter
qualifizieren sich erfolgreich als
staatlich anerkannte „Fachkraft zur
Arbeits- und Berufsförderung“ (FAB)
Gründung Förderverein „Kultur und
Freizeit“ zur Fortsetzung und Erwei-
24
tag hat. Außerdem schreibe ich
gerne Protokoll.
Frank Szypior: Mir ist wichtig, für die Beschäftigten da zu sein
und ihnen helfen zu können.
Was machen Sie im Bewohnerbeirat und im Werkstattrat? An
welchen Entscheidungen sind Sie
beteiligt?
Frank Szypior: Ein großes Thema ist in der Werkstatt
immer das Mittagessen. Wenn es
Beschwerden gibt, nehmen wir
die auf, diskutieren darüber und
geben das an die Geschäftsführung weiter. Einmal im Monat
haben wir ein Treffen mit unserem Geschäftsführer, Herrn Puder.
Auch wenn es Unstimmigkeiten
zwischen Beschäftigten und Mitarbeitern oder unter den Beschäftigten gibt, kümmern wir uns
Gab es Fälle, wo Sie sich auch gegen die Geschäftsführung durchsetzen mussten?
„Wenn es Unstimmigkeiten
gibt, kümmern wir uns darum
und suchen gemeinsam nach
einer Lösung.“ Frank Szypior
Beginn des
Projektes „Sozialführerschein“ in Münster.
terung der kulturellen Angebote und
Freizeitaktivitäten für Menschen mit
Behinderung bei Westfalenfleiß.
Frank Szypior: Ja, mit dem Vorgänger von Herrn Puder gab es mal
eine Auseinandersetzung darüber,
dass unser Resturlaub mit Ablauf
eines Jahres verfallen sollte. Wir
haben dann erreicht, dass wir ihn
weiterhin noch im Januar des Folgejahres nehmen können. Das war
ein hartes Stück Arbeit.
Reicht die Mitbestimmung, oder
würden Sie gerne noch mehr mitreden können?
Frank Szypior: Es kommt vor,
dass ich einen Bereichsleiter auf
dem Flur treffe, der mir nebenbei erzählt, das und das wollen
wir machen. Ich sage dann immer:
„Es wäre schön, wenn wir vorher
informiert und gefragt würden.“
Es wird Zeit, dass wir bei der Mitwirkung einen Schritt weiter gehen
und die gleichen Rechte bekommen wie etwa ein Betriebsrat. Also
nicht nur ein Mitspracherecht, sondern ein echtes Mitbestimmungsrecht. Das müsste aber erst einmal
gesetzlich verankert werden, sodass
man wirklich sagen könnte: Ohne
uns geht nichts mehr. Dabei wollen wir nichts boykottieren. Wir
wollen gemeinsam das Zusammenleben hier gestalten und nicht
gegeneinander arbeiten.
Vielen Dank für das Gespräch!
In einfachen Worten ...
2009
2004
2005
„Wir sind Ansprechpartner
für alle Sorgen und Nöte der
Bewohner.“ Christina Keller
darum und suchen gemeinsam
nach einer Lösung.
Christina Keller: Wenn zum
Beispiel neue Mitarbeiter eingestellt werden, werden wir auch
dazu angehört. Wenn er oder sie
nicht zu den Bewohnern passt,
können wir dies sagen. Ansonsten
sind wir Ansprechpartner für alle
Sorgen und Nöte der Bewohner.
Zweimal im Jahr organisieren wir
eine Vollversammlung mit allen
Bewohnern des jeweiligen Bewohnerbeirates.
Wenn es Streit gibt oder das Essen nicht schmeckt, können
sich Bewohner von Westfalenfleiß an den Bewohnerbeirat
wenden. Beschäftigte in den Werkstätten können sich an
den Werkstattrat wenden. Westfalenfleiß ist es wichtig,
was Bewohner und Beschäftigte wollen und sagen.
Der Vorsitzende des Werkstattrates ist Frank Szypior.
Er findet, dass Beschäftigte noch mehr mitreden
können sollten.
2010
Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte mit Frank
Szypior als AWO-Delegiertem. Eröffnung des integrativen Wohnhauses
„Baumberger Hof“.
2015
Westfalenfleiß feiert
seinen 90. Geburtstag mit einer Reihe von Festen.
25
kurz und bündig
Kommentar
Mietkostenzuschuss für den Westfalenfleiß-Copyshop
Mein Standpunkt.
Von Gerda Fockenbrock, Geschäftsführerin der Westfalenfleiß GmbH in Münster
Die Geschichte der Westfalenfleiß
GmbH ist die Geschichte vieler
Menschen, mit und ohne Behinderungen, die sich über Jahrzehnte
mit diesem Unternehmen identifiziert und damit zu seiner
Erfolgsgeschichte beigetragen haben.
Das 90-jährige Jubiläum veranlasst uns innezuhalten und genauer
zu betrachten, wie diese
gemeinnützige
Gesellschaft sich zu dem entwickelt hat, was die Westfalenfleiß GmbH von heute ausmacht.
Von Anfang an ging es darum,
dass dieser Betrieb Menschen mit
Handicaps die Teilhabe an der
Gesellschaft ermöglichen sollte,
zunächst im Lebensbereich Arbeit
und seit 1976 auch in den Lebensbereichen Wohnen und Freizeit.
Zunächst waren es kriegsversehrte Menschen, denen Westfalenfleiß eine Beschäftigung bot.
Aufgrund Ihres Einsatzes im Krieg
genossen sie damals ein hohes
Ansehen.
Für Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung war die Situation bis zur Verabschiedung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) eine andere. Sie
galten als nicht bildbar und hat-
26
ten somit weder auf Schulbildung
noch auf Arbeit einen gesetzlichen
Anspruch. Das BSHG sicherte
Ihnen seit den 1960-iger Jahren
erstmalig das Recht auf Teilnahme
am Leben in der Gesellschaft zu. Ein Meilenstein
für Menschen mit Behinderungen, ihre Angehörigen und auch für die
Westfalenfleiß
GmbH,
die 1968 die Anerkennung als „beschützende
Werkstatt“ erhielt.
Als Folge der Psychiatrie – Enquete 1975 und der daraus
resultierenden
sozialpolitischen
Entwicklung nehmen seit den
1980-iger Jahren auch Menschen
mit einer psychischen Erkrankung
die Angebote des Bereichs Arbeit
in Anspruch.
Heute bietet der Arbeitsbereich
rund 900 Menschen mit Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen an verschiedenen Standorten und auf Außenarbeitsplätzen
berufliche Rehabilitation. Im Integrationsunternehmen MDS, dem
Tochterunternehmen der Westfalenfleiß GmbH, arbeiten darüber
hinaus rund 130 Menschen mit
und ohne Behinderung.
Im Bereich des Wohnens findet seit 1976 ebenfalls eine kontinuierliche Weiterentwicklung statt:
Der Wohnverbund bietet im stationären Bereich seit 2003 in den
verschiedenen Wohnformen 272
Bewohnern ausschließlich Einzelzimmer in kleinen Wohngruppen
an. Darüber hinaus assistiert der
Fachdienst des Ambulant Unterstützten Wohnens rund 60 Nutzern in ihren eigenen Wohnungen.
Seit Einführung des Bundessozialhilfegesetzes haben in unserem
Land Menschen mit Behinderungen als Nachteilsausgleich einen
Rechtsanspruch auf
Eingliederungshilfe.
Heute gilt es, sich dafür einzusetzen, dass auch weiterhin die
erforderlichen Ressourcen zur
Verfügung gestellt werden, damit
Menschen mit Behinderungen am
gesellschaftlichen Leben uneingeschränkt teilhaben können.
Hierfür wird sich die Westfalenfleiß GmbH auch in Zukunft
mit ganzer Kraft einsetzen.
Ihre
Gerda Fockenbrock
Geschäftsführerin
Der Westfalenfleiß-Copyshop an
der Rudolf-Diesel-Straße bietet
Arbeitsmöglichkeiten für rund 90
Menschen mit psychischer Erkrankung. „Wir haben uns bewusst für
diesen Standort in einem ehemaligen Autohaus entschieden. Die
Räumlichkeiten sind mit den vielen Fensterfronten hell und haben
eine gute Verkehrsanbindung. Das
hat in Münster seinen Preis. Deshalb freuen wir uns sehr, dass der
Landschaftsverband
WestfalenLippe uns mit einem Mietkostenzuschuss unterstützt“, erklärt Hubert
Puder, Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH. Ansgar Wischnewski, Beschäftigter im
Copyshop, bestätigt: „Ich arbeite
hier gern. Wir haben viel Platz und
die Atmosphäre ist
freundlich. Ich fühle
mich hier sehr wohl.“
Seit 2004 fördert der
LWL die 1.800 Quadratmeter große Werkstattfläche und hat
den Zuschuss nun
für weitere fünf Jahre
bewilligt.
„Wir planen einen
Umbau, damit wir noch mehr Möglichkeiten für Einzelarbeitsplätze
schaffen können“, erläutert der Leiter des Copyshops, Robin Perrefort.
„Ab Ende 2015 werden wir einen
Kartenscanner für Architektenpläne
sowie eine Kuvertier- und Falzmaschine für größere Mailing-Aktionen einsetzen.“ Die Papiersorte sei
bereits auf öko-effizientes Eukalyptuspapier umgestellt worden. Der
Copyshop habe damit ein nachhaltiges und noch breiteres Leistungsspektrum – vom Kopieren und Scannen über das Falten, Kuvertieren und
Versenden bis hin zum Konfektionieren. Abgerundet wird das Angebot
durch den integrierten DHL-Shop.
Sieger waren am Ende alle – integratives Badmintonturnier bei Westfalenfleiß
Ausgepowert, aber voller Stolz präsentierten sich die Teilnehmer der
Westfalenfleiß-Badmintongruppe
nach ihrem ersten Wettkampf. „In
den letzten Monaten kam die Idee
auf, sich mit einer anderen Mannschaft zu treffen und ein Turnier
zu veranstalten“, berichtet Grup-
penleiter Raimund Plieth. Mit seinem Kollegen Sebastian Stahl leitet er ehrenamtlich das Training
der Badminton-Gruppe, die schon
Ende der 90er Jahre ins Leben gerufen wurde. Etwa zwölf Teilnehmer
treffen sich jeden Donnerstag von
16 bis 18 Uhr in der Sporthalle, um
ihr gemeinsames Hobby
auszuüben.
„Da es aber
offenbar in
der näheren
Umgebung
keine andere
Werkstatt mit
einer BadmintonSportgruppe
gibt, habe
ich im letzten Jahr Kontakt aufgenommen mit der Jugendabteilung
des TV Friesen Telgte. Die Idee eines
gemeinsamen (integrativen) Turniers wurde dort sehr positiv aufgenommen und im April war es dann
endlich so weit“, erklärt Raimund
Plieth.
Mit acht Spielern und zwei Trainerinnen rückten die Telgter in der
Sporthalle am Kesslerweg an, um
sich mit den Münsteranern zu messen. Alle Partien wurden im Doppel ausgetragen und im Verlauf des
Nachmittags hatte jeder mit unterschiedlichen Gegnern zu tun. Am
Ende aber gab es nur einen Sieger: Alle! Die Reaktionen der Spieler
waren allesamt positiv. So positiv,
dass es noch in diesem Herbst ein
Wiedersehen in Telgte geben soll.
27
kurz und bündig
kurz und bündig
Dankeschön für Hochwasserhelfer auf Gut Kinderhaus
„Ihr Engagement ist für mich hoch
beeindruckend und ich bin stolz,
dass wir eine so gute Gemeinschaft
haben“, eröffnete Dr. Michael
Kaven, Vorsitzender des Aufsichtsrates im Namen der Gesellschafter der Westfalenfleiß GmbH seine
Dankesrede. Gerichtet war sie an die
Mitarbeiter, die bei dem verheerenden Hochwasser im Juli 2014 alles
stehen und liegen gelassen hatten, um die Folgen des Jahrhundert-Unwetters auf Gut Kinderhaus
zu beseitigen. „Die betroffenen
Menschen mit Behinderung konnten sich nur in sehr eingeschränktem Maße selbst helfen. Da war es
für Sie selbstverständlich, spontan
und ohne große Aufforderung zum
Gut Kinderhaus zu kommen und
mit anzupacken, wo es nötig war“,
so Dr. Kaven weiter. Fünf Mitarbeiter vom Gut Kinderhaus hatten
mit höchstem Einsatz in der ganzen Nacht des großen Regens dafür
Sorge getragen, dass die Bewohner
evakuiert und am nächsten Morgen
in anderen Häusern untergebracht
wurden. Am Tag nach dem Unwetter kamen noch weitere 32 Mitarbeiter vom Gut Kinderhaus und
aus verschiedenen anderen Bereichen der Westfalenfleiß hinzu, um
die durchnässten Möbel, Einrichtungsgegenstände und Kleidung
der Betroffenen aus den Zimmern
zu räumen. Inzwischen sind alle
Bewohner in ihre frisch renovierten Zimmer zurückgezogen, auch
das Café Gut Kinderhaus erstrahlt in
neuem Glanz. Der Alltag ist wieder
eingekehrt.
WestfalenfleißLaufgruppe startet beim
Leonardo Campus Run
4.000 Teilnehmer haben sich
beim diesjährigen „Leonardo-Campus-Run“ beteiligt. Bei dem vom
Hochschulsport jährlich organisierten Sportevent können Profi- und
Hobbyläufer in verschiedenen Laufdistanzen von 555 Metern bis zehn
Kilometern in verschiedenen Altersklassen an den Start gehen. Auch
die Laufgruppe der Westfalenfleiß
GmbH war wieder mit dabei. Sechs
Beschäftigte und ihre Begleiter gingen zusammen mit einigen Läufern
Mensch-ärgere-Dich-nicht-Turnier im Wohnverbund
Aufgeregtes Treiben herrschte im
Saal der Wohnstätte Haus Gremmendorf beim großen Mensch-ärgereDich-nicht-Turnier,
das
Christel Burmeister, Marianne Cherouny,
Ernst Raneberg und Renate Homann
vom Beirat Wohnen in Zusammenarbeit mit Anja Kinzinger und Anita
Heitmann vom Freundeskreis der
St. Ida-Pfarre ausgerichtet hatten.
Rund 25 Spielbegeisterte aus dem
Westfalenfleiß-Wohnverbund würfelten und setzten was das Zeug
hielt. Neben bunten Pokalen gab
es Taschen, Blumenvasen, Kerzenleuchter, Armbanduhren und viele
weitere kleine Preise zu gewinnen,
die Christel Burmeister, Vorsitzende
des Beirats Wohnen, mit finanzieller
Unterstützung durch den Förderverein Kultur und Freizeit sowie durch
Spenden der Firma Werner Voss
aus Nienberge, der Firma Selectric Nachrichtensysteme, der Volksbank Münster und der Westfälischen
Nachrichten
zusammengetragen
hatte. Christel Arand belegte letztlich den ersten Platz, dicht gefolgt
von Jochen Mühlbauer (2. Platz) und
Christoph Cherouny (3. Platz).
Musik kennt keine Grenzen – Gospelchor in der Erlöserkirche
Mit einer musikalischen Reise
durch Länder und Zeiten hat der
Gospelchor unter der Leitung von
Leo Michalke das Publikum beim
28. Westfalenfleiß-Konzert begeistert. Dabei traf klassische Musik auf
Pop, Musical Evergreens und Gospellieder. Auf dem Programm standen die „Habanera“ aus „Carmen“,
spanische Lieder von de Falla,
Musical-Highlights wie „Memory“
und „Don`t cry for me Argentina“
neben populären Schlagern und
Gospelsongs wie „Eviva Espana“,
„Frei wie der Wind“, „Over in the
Glory Land“ und „Amazing Grace“.
Von den gekonnt vorgetragenen
Liedern und der guten Stimmung
des Chors mitgerissen, sangen die
Gäste aus kräftiger Kehle mit. Bereichert wurde das Konzert durch die
Mitwirkung der Sopranistin Heike
28
Hallaschka und des Pianisten Clemens Rave, die mit brillant gespielten und gesungenen Soloeinlagen
sowie in gemeinsamen Auftritten
mit dem Chor das Publikum in ihren
Bann zogen. Abgerundet wurde das
Klangerlebnis durch das Stück „Over
in the Gloryland“, virtuos gespielt
von Christine Amendinck am Keyboard.
des Vereins Blau-Weiß-Aasee in verschiedenen Distanzen an den Start.
Die Fünf-Kilometerroute wurde von
vier Westfalenfleiß-Sportlern bewältigt, und zwei schafften sogar zehn
Kilometer.
„Da die Strecke meistenteils über
Kopfsteinpflaster geht, ist das Laufen
eher beschwerlich“, erklärte Sportlehrerin Konni Hüsing. „Umso stolzer waren wir, dass alle die Ziellinie erreicht haben.“ „Mir geht es
gar nicht darum, einen Pokal zu
gewinnen. Der Spaß am Mitmachen
steht an diesem Tag im Vordergrund.
Dabei sein ist schließlich alles“,
ergänzte 10 km-Läufer Bernd Witte.
Alle sind sich einig: „Im nächsten
Jahr sind wir wieder dabei!“
29
kurz und bündig
kurz und bündig
Gelungene Theater-Premiere der „Maniacs
Integrationsunternehmen MDS bildet aus
Die Premiere des inklusiven Theaterprojekts „Maniacs“, aufgeführt
im „Kleinen Bühnenboden“ an der
Schillerstraße, war ein voller Erfolg.
Das kleine Theater war bei der Aufführung des Stücks „Spiegelsplitter“
bis auf den letzten Platz besetzt. Das
Publikum honorierte die Leistungen der Schauspieler mit Szenenapplaus, am Ende gab es stehende
Ovationen. „Mich haben die Schauspieler mit ihren unterschiedlichen
Talenten und der Inhalt des Stücks
sehr beeindruckt“, so eine Zuschauerin. Und: „Schließlich wurde auch
uns als Publikum ein Spiegel vorge-
Gleich vier neue Auszubildende
haben ihre berufliche Karriere bei
der MDS GmbH gestartet. Drei junge
Menschen absolvieren eine Ausbildung als „Fachpraktiker Küche“ und
eine junge Frau eine Ausbildung
zur Hauswirtschafterin. „Alle Azubis werden erst einmal an unserem
Hauptstandort am Gustav-Stresemann-Weg eingearbeitet“, berichtet Manfred Dreyer, Fachbereichsleitung Küche, Bistros und Betriebs-
halten. Ich habe mich in so mancher Szene selbst wiedererkannt.“
„Theater Maniacs“ ist eine inklusive Theatergruppe von Menschen
mit und ohne Behinderung. Einige
von ihnen arbeiten in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung
oder auf einem Außenarbeitsplatz
der Westfalenfleiß GmbH. Initiiert
wurde das Projekt von einigen Teilnehmern, die 2011 anlässlich eines
Seminars bei Westfalenfleiß theaterpädagogische Elemente kennenlernten. Organisatorin des Projekts
ist die Westfalenfleiß-Mitarbeiterin
Hildegard Wilken. Seit Mitte 2014
arbeitet die Gruppe mit dem Regisseur und Schauspieler Bart Hogenboom zusammen. Das Stück „Spiegelsplitter“ wurde teilweise von den
Teilnehmern selbst erarbeitet, teilweise gab es vom Regisseur vorgegebene Szenen, die einstudiert
wurden.
30
brock für sein Engagement: „Manfred Nosthoff hat die Maßnahmen
der Arbeitssicherheit im Wohnver-
bund maßgeblich vorangebracht
und dafür möchte ich ihm meine
große Anerkennung aussprechen.“
Antwerpener Straße 2 • 48163 Münster
Telefon:
02501-929555
• Fax:
02501-929556
Antwerpener
Straße 2
• 48163
Münster
Telefon:
02501-929555
• Fax:
02501-929556
Antwerpener
Straße 2
• 48163
Münster
Start in das Berufsleben bei Westfalenfleiß
der Hauswirtschaft. Bestandteile
der Ausbildung waren u. a. das
Hubwagentraining, die Kundenbetreuung, die Kommunikation im
Berufsleben, der Umgang mit Geld,
das Erlernen oder Verfestigen von
Kulturtechniken und Übungen zur
Körperwahrnehmung
Das Ende ihrer beruflichen Bildungszeit feierten die Teilnehmer zusammen mit Michael Sandner, Henning Schlüter vom Sozia-
um uns. Es ist toll, dass ich jetzt hier
meine Ausbildung machen kann.“
Neue Fachkraft für Arbeitssicherheit im Wohnverbund Nach erfolgreichem Abschluss seiner berufsbegleitenden Ausbildung
zur „Fachkraft für Arbeitssicherheit“
präsentiert Gerd Winter stolz sein
Zertifikat von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege (BGW). „Die Ausbildung beinhaltete über einen Zeitraum von zwei Jahren fünf Präsenzwochen in Dresden und zwischendurch Selbstlernphasen“, berichtet
18 junge Menschen mit Behinderung haben ihre zweijährige
Berufsbildungsmaßnahme bei der
Westfalenfleiß GmbH abgeschlossen. Stolz nahmen sie von Michael
Sandner, Geschäftsbereichsleitung
Begleitende Dienste & Qualifizierung, ihre Zertifikate entgegen. Die
Qualifizierung erfolgte in verschiedenen Berufen, z. B. Helfer in der
Elektromontage, Verpackungshelfer, Montagehelfer oder Helfer in
gastronomie der MDS GmbH.
„Danach werden sie aber auch an
anderen Standorten der MDS zum
Einsatz kommen, um alle Bereiche
der Küche und der Bistros kennen
zu lernen.“
Franziska Muhle freut sich: „Ich
habe im Rahmen von Schulpraktika
sechs verschiedene Küchen kennengelernt und hier bei MDS hat es
mir am besten gefallen. Alle sind
sehr freundlich und kümmern sich
Telefon: 02501-929555 • Fax: 02501-929556
len Dienst und den Bildungsbegleitern Gertrud Büter und Manfred Damer. Das Beste: Für alle
Absolventen geht es bei Westfalenfleiß beruflich weiter. „Wir konnten jeden unserer Maßnahmeteilnehmer auf einem qualifikationspassenden Arbeitsplatz in unseren
Werkstätten übernehmen“ freut
sich Michael Sandner.
Gerd Winter. „Das war schon aufwändig, aber es hat sich gelohnt.“
Der Meinung ist auch Geschäftsführerin Gerda Fockenbrock. Sie hat
ihm nun die Verantwortung für die
Arbeitssicherheit im Wohnverbund
übertragen. Seinem Vorgänger,
Manfred Nosthoff, dankte Focken-
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31
kurz und bündig
kurz und bündig
Petri heil – Angeln
verbindet Menschen
„Als das Wort Inklusion noch
überhaupt niemand kannte, haben
Sie und Ihre Vereinsmitglieder ganz
praktisch gezeigt, wie gelebte Inklusion funktioniert“, lobte Westfalenfleiß Geschäftsführerin Gerda
Fockenbrock anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Angelsportvereins Telgte das Engagement des Vereins im Hinblick auf die Integra-
32
tion von Menschen mit Behinderung. Insbesondere sprach sie ihren
Dank an den Vorsitzenden des Vereins, Karl Kinzinger aus: „Heute
feiern wir nicht nur das 50-jährige Jubiläum ihres Vereins, sondern auch die seit 35 Jahren bestehende Kooperation mit Westfalenfleiß. Seit 1980 lädt der Angelsportverein Telgte Bewohner des Westfalenfleiß-Wohnverbundes zweimal
im Jahr zum Angeln ein. Zu Beginn
waren es nur die Bewohner der
Wohnstätte Wolbeck, später kamen
immer mehr Personen aus anderen Häusern hinzu, die dieses Angebot begeistert in Anspruch nahmen.
Im Anfang waren es nur sieben oder
acht Bewohner, die zum Angeln
kamen. Die Zahl wuchs auf heute
rund 30 Personen aus dem gesamten Wohnverbund.
letzten Monaten ihre Tätigkeit im
Wohnverbund oder in der Werkstatt
aufgenommen haben. Auch Tobias
Koop, neuer Mitarbeiter im Sozialen
Dienst, hat sich bewusst für Westfalenfleiß entschieden: „Ich habe
gezielt eine Stelle in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung
gesucht und hatte das große Glück,
dass Westfalenfleiß gerade eine
Stelle ausgeschrieben hatte.“ „Es
zeichnet uns aus, dass wir stets die
Menschen mit Behinderung in den
Vordergrund stellen und die besonderen Fähigkeiten unserer Mitarbeiter schätzen. Wir sind stolz auf das,
was wir tun und zeigen auch, mit
wem wir das tun“, erklärte Hubert
Puder beim Einführungsnachmittag
für neue Mitarbeiter. Sein Appell:
„Sie haben hier bei uns den Auftrag, die Teilhabe der Menschen
mit Behinderung zu fördern. Tragen
Sie diese Botschaft auch als Multiplikatoren weiter!“ Auch Wohnbereichsleiterin Rebecca Schäfer
nutzte das Treffen, um die Wohnformen des Wohnverbundes vorzustellen. Michael Sandner, Geschäftsbereichsleitung Begleitende Dienste &
Qualifizierung, stellte die Werkstattstandorte sowie die Arbeitsangebote
für Menschen mit Behinderung bei
der Westfalenfleiß GmbH und beim
Münsteraner Dienstleistungsservice,
MDS GmbH, näher vor.
Team schaffen wir
es, wenn die Arbeit
aufgeteilt wird und
jeder das macht,
was er gut kann.“
Das Seminar, an
dem die Beschäftigten der Westfalenfleiß GmbH teilnehmen konnten,
fand im Rahmen der persönlichen
beruflichen Qualifizierung statt. Ein
halbes Jahr lang hatte es regelmäßige Treffen gegeben, um Schlüsselqualifikationen für die Ausübung
einer möglichen späteren Tätigkeit
auf einem Außenarbeitsplatz oder
für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Das Konzept KuKuK Plus ist ange-
lehnt an das Projekt des Hamburger
Arbeitsassistenten. Die drei „K“ stehen für: Kommunikation – Konfliktbewältigung – Kooperation. Das Plus
steht für Kundenkontakte.
Reden mit und ohne Worte? Wie
kann ich mich in Konfliktsituationen
noch fair verhalten? Was ist wichtig,
wenn ich Kundenkontakte habe?
Diese und weitere Themen wurden von Hildegard Wilken, Fachkraft
für Übergangsprozesse, und Marlies Autering, Bildungsbegleiterin im
Berufsbildungsbereich des Hauptbetriebes, aus dem Programm des
Hamburger Arbeitsassistenten für
die Beschäftigten der Westfalenfleiß
GmbH entwickelt und durch eigene
Erlebnisse der Teilnehmer erfahrbar
gemacht.
MDS betreibt neues
Beresa-Bistro
Der Umzug des Autohauses Beresa
von Mecklenbeck in die Loddenheide
freut nicht nur die Geschäftsführung
des Unternehmens, bieten sich doch
nun mit einer Grundfläche in der
Größe von eineinhalb Fußballfeldern ganz neue Möglichkeiten und
Wettbewerbsvorteile. Auch Manfred
Dreyer, Fachbereichsleitung Küche,
Bistros und Betriebsgastronomie der
MDS GmbH, hat Grund zur Freude:
„Seit dem 31. August sind wir als
Betreiber des Beresa-Bistros im Verwaltungsgebäude am neuen Standort tätig. Zwei unserer Mitarbeiter
werden dauerhaft dort fest eingesetzt. Wir freuen uns sehr auf die
Zusammenarbeit.“
Das Bistro hat werkstags von
9 bis 15 Uhr geöffnet. Morgens
gibt es frisch belegte Brötchen und
Getränke, mittags drei Hauptgerichte, Salatbuffet und Dessert. Auch
Beresa-Geschäftsführer Marcus Herkenhoff schaut der Kooperation mit
Freude entgegen: „Es ist schön, dass
wir eine im wahrsten Sinne des
Wortes naheliegende Lösung für das
Catering gefunden haben. MDS produziert die Gerichte ebenfalls am
Standort Loddenheide, so sind die
Wege kurz und die Speisen frisch.
Außerdem entspricht es unserer Firmenphilosophie, mit einem Integrationsunternehmen zu kooperieren.“ Dass noch weitere Unternehmen so denken, wünscht sich Manfred Dreyer für die Zukunft: „Unser
Ziel ist es, noch mehr Betriebsobjekte in der freien Wirtschaft als
Caterer zu beliefern.“
20 neue Mitarbeiter bei Westfalenfleiß
„Ich bin gelernter Grafiker, wollte
aber auch immer schon im sozialen Bereich arbeiten – so kann ich
jetzt beides sinnvoll miteinander
kombinieren“, erklärte Robin Perrefort seine Motivation, sich als neuer
Bereichsleiter des ISM-Copyshops an
der Rudolf-Diesel-Straße zu engagieren. Er ist einer der insgesamt
20 neuen Mitarbeiter, die in den
„Gemeinsam in
einem Boot“
Was dieses Motto bedeutet, haben
die Teilnehmer aus dem Seminar
„KuKuK Plus“ bei einem Gedankenexperiment erfahren, in dem sie
mit einem Boot auf einer einsamen Insel strandeten. Das Fazit: „Als
33
Reportage
Fotos: Reiner Kruse
Reportage
und ohne Behinderung machen“,
sagt Hubert Puder, Sprecher der
Geschäftsführung von Westfalenfleiß.
Für junge Familien hat sich
Gut Kinderhaus daher etwas
ganz Besonderes einfallen lassen: Im Rahmen einer Tauf- oder
Geburtsfeier auf dem Hof können Eltern oder Verwandte für
den neuen Erdenbürger die Patenschaft für einen neu gepflanzten
Walnussbaum übernehmen und
sich sechs Jahre lang auf frische
Walnüsse freuen. Besiegelt wird
die Patenschaft mit der Anbringung eines Vogelhäuschens am
Baum, das den Namen des Kindes trägt. Eine Handvoll Walnussbäume ist bereits gepflanzt,
ein Dutzend weitere sollen folgen.
Nur 150 Euro kostet dieses ganz
persönliche und sicher köstliche
Geschenk.
Neben dieser sind viele weitere Aktionen für junge Familien,
Fahrradfahrer oder Spaziergänger
geplant. Dreh- und Angelpunkt ist
dabei oft das umgebaute Café Gut
Kinderhaus, das mit seiner modernen Theke und der gemütlichen
Sitzreihe am großen Kamin jetzt
viel freundlicher und großzügiger
wirkt. Doch nicht nur der Umbau
ist neu – auch die Speisekarte, die
je nach Jahreszeit eine kleine Auswahl an frischen Gerichten bietet.
Und damit die Gäste nach dem
Blumenpflücken oder dem Stöbern im Hofladen im Biergarten
in Ruhe entspannen können, hat
das Café Gut Kinderhaus auch
seine Öffnungszeiten im Sommer
verlängert. Von Dienstag bis Donnerstag hat es bis 20 Uhr und von
Freitag bis Sonntag bis 22 Uhr
geöffnet. „Früher haben die Gäste
meist nur Kuchen bei uns geges-
Ein Ort der Begegnung
Neben Blumen und Früchten sollen
auf Gut Kinderhaus nun auch
Walnussbäume wachsen. Dafür
können Besucher eine Patenschaft
übernehmen.
Frühling, Sommer, Herbst und Winter – jede Jahreszeit fühlt und schmeckt
man ab sofort auf Gut Kinderhaus. Denn mit dem Umbau des Cafés
wurde gleichzeitig ein neues Konzept geschaffen, das alle Aktivitäten und
Erzeugnisse des Hofs bündelt und Gut Kinderhaus zu einem lebendigen
Ort der Begegnung werden lässt.
Es duftet nach Erdbeeren und
frischen Blumen, aus dem Biergarten erklingen leise Stimmen und in
der Ferne ertönt das Lachen eines
Kindes. Ein Hauch von Sommer
liegt in der Luft – und das ist kein
Zufall. Denn passend zur Jahreszeit dreht sich auf Gut Kinderhaus alles um die schönste Zeit
34
des Jahres. Im Café gibt es leichte
Speisen und fruchtigen Kuchen,
im Hofladen die Früchte der Saison und etwas abseits des Weges
können Besucher frische Himbeeren oder Blumen pflücken. All
das ist Teil des neuen Konzeptes,
das unter dem Namen „Jahreszeiten auf Gut Kinderhaus“ die
besonderen Stärken und Vorzüge
des Hofes hervorheben und noch
mehr Gäste ansprechen soll. „Wir
möchten die bei uns vorbeischauenden Familien und Reisegruppen
zum Verweilen einladen, ihnen
ihre Berührungsängste nehmen
und Gut Kinderhaus zu einem Ort
der Begegnung für Menschen mit
Zahlen, bitte ...
80
Fühlen sich mit dem neuen Gut Kinderhaus auf dem richtigen Weg: Hubert Puder,
Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH, Nicole Gellings, Leiterin
des Café Gut Kinderhaus und Thorsten Groß, Beschäftiger im Café.
Hektar Land mit
Getreide-, Mais- und
Rapsanbau und sieben Hek­
tar Grünland gibt es auf Gut
Kinderhaus. Dazu noch: 7.500
Apfelbäume 100 Süßkirschbäu­
me. 12.000 Erdbeerpflanzen,
5.000 Himbeerruten, 300
Brombeerruten, 360 Schweine,
10 Pferde und diverse Kleintiere
sowie Ziervögel.
35
Reportage
Reportage
Obwohl es gerade erst ins
Leben gerufen wurde, trägt
das Konzept auf Gut Kinderhaus bereits Früchte. Wie es bei
den Besuchern ankommen wird,
lässt sich jetzt noch nicht sagen,
doch bei den Mitarbeitern wird
In einfachen Worten ...
Das Café von Gut Kinderhaus wurde umgebaut. Es sieht
jetzt ganz toll aus. Es gibt neue Gerichte und die Küche hat
länger auf. Damit mehr Menschen zu Besuch kommen,
gibt es viele schöne Angebote. Zum Beispiel kann man
Blumen und Himbeeren pflücken oder eine Taufe auf Gut
Kinderhaus feiern. Die Mitarbeiter finden das super.
Kulinarische Vielfalt aus Münster
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Gesund essen – von klein auf ...
für Schulen, Kindertageseinrichtungen
und Seniorenzentren
Fotos: Caroline Seidel
sen, da für ein Abendessen bis
zum Ladenschluss zu wenig Zeit
blieb“, erklärt Nicole Gellings,
Leiterin des Café Gut Kinderhaus.
Auch Fußballfreunde können sich
freuen: In Kürze wird Sky eingerichtet und so können spannende
Spiele auf einem großen Flachbild-Fernseher übertragen werden. Damit ist der anerkannte
Ausbildungsbetrieb jetzt rundum
gut aufgestellt.
es schon gelebt. „Ich finde es
toll, wie sehr sich die Mitarbeiter, Beschäftigten und Bewohner
mit dem Konzept verbunden fühlen. Das zeigt, dass wir auf dem
richtigen Weg sind“, so Hubert
Puder.
Westfalenfleiß kann auch High-Tech
In der Westfalenfleiß-Werkstatt an der Rudolf-Diesel-Straße in Münster helfen
Beschäftigte einer hochentwickelten Maschine auf die Sprünge. Denn so
ausgeklügelt und modern das Gerät auch sein mag: Was Markus Ostermann,
Bernd Witte und andere Mitglieder der Gruppe „Systempack 2-Skin“ können,
das kann die Maschine nicht.
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Bei zwei von insgesamt acht
Arbeitsschritten
ist
nämlich
menschliches Fingerspitzengefühl
gefragt. Heraus kommen dann am
Ende Adapter für englische Steckdosen – rund 300.000 pro Jahr.
Damit können deutsche Geräte
in Ländern, die das UK-System
haben, ans Stromnetz angeschlossen werden. Die Arbeiten werden
an der Rudolf-Diesel-Straße im
Team ausgeführt. Markus Ostermann und Bernhard Witte gehören dazu.
Eigentlich muss Markus Ostermann gar nicht mehr hinschauen,
wenn er an der UK-Einschießmaschine arbeitet. Als hätte er
nie etwas anderes getan, greift
der Beschäftigte mit seiner linken
und rechten Hand in die gefüllte
Schale vor sich. Bruchteile von
Sekunden später hält er zwei
kleine Kupferkontakte – nicht
37
Reportage
Reportage
Unersetzlich: das Fingerspitzengefühl des Teams „Systempack 2-Skin“
Zahlen, bitte ...
12.000
Stecker
für Steck­
dosen englischer Bauweise
kann das Produktionsteam
Systempack 2-Skin in der
Werkstatt an der Rudolf-DieselStraße in fünf Werktagen
fertigen.
38
größer als ein Fingernagel – zwischen Daumen- und Fingerkuppen. Die dünnen Kontakte setzt
Markus Ostermann zielsicher
auf eine Sockelvorrichtung – eine
links, eine rechts, gleichzeitig. Für
den ganzen Vorgang hat er genau
fünf Sekunden Zeit. Dann dreht
der Teller der Maschine sich weiter. Dieses Zeitfenster reicht dem
Beschäftigten jedoch ganz locker.
Wahrscheinlich könnte er sogar
zwei Sockel bestücken, so schnell
ist er. Dennoch: „Man ist hier
mehr gefordert als bei den anderen Arbeiten“, sagt er lachend.
„Aber die Herausforderung ist
toll!“
Am Arbeitsplatz neben ihm
sitzt Bernd Witte. Ihm geht die
Arbeit nicht ganz so schnell von
der Hand wie seinem Kollegen,
aber nicht weniger routiniert.
Seine Aufgabe ist es, ein schwarzes
Kunststoffgehäuse auf die beiden
Kupferkontakte zu stecken, die
Markus Ostermann zuvor auf dem
Sockel des Drehtellers platziert
hat. „Das sieht locker aus, aber
von der Motorik her ist es nicht
einfach“, sagt Gruppenleiterin Stefanie Franke-Hameke. Die Kunst
besteht darin, das Plastik links und
rechts gleichmäßig aufzudrücken,
denn sonst kann es sich verkanten. Seit Juli 2009 ist Bernd Witte
im Team Systempack 2-Skin. „Ich
musste mich erst an die Maschine
gewöhnen“, sagt er. „Sie war mir
am Anfang zu schnell, aber dann
ging es. Da ist man hinterher dann
stolz.“
Marion Esser, Fachbereichsleitung Produktion Nord, unterstreicht die anspruchsvolle Bedienung des Automaten: „Es ist
eine große Herausforderung für
Menschen mit Behinderung, an
getakteten Maschinen zu arbeiten.“ Umso bemerkenswerter ist
da die Tatsache, dass die Taktung der Maschine erst langsamer war und stetig bis auf fünf
Sekunden erhöht wurde, wie Stefanie Franke-Hameke berichtet.
„Da sind wir nah dran am ersten
Arbeitsmarkt“, ergänzt Manfred
Nost­hoff,
Fachbereichsleitung
Produktion Süd. „2,5 Sekunden
sind es dort.“ Seit Juni 2009 ist
die Maschine bei Westfalenfleiß
in Betrieb. „Die Maschine wird
uns zur Verfügung gestellt von der
Firma FRIWO Gerätebau GmbH
aus Ostbevern, mit der wir schon
seit über 25 Jahren hervorragend
kooperieren“, erklärt Manfred
Nosthoff.
Im Prinzip wäre es auch für
eine Maschine möglich, die zwei
Arbeitsschritte von Markus Ostermann und Bernd Witte zu erledigen. Das wäre dann aber nicht
mehr rentabel. „Die Kontakte
greifen und drehen – der Aufwand
wäre enorm“, sagt Manfred Nosthoff. Ein bisschen Arbeit bleibt
der Maschine dennoch: Gehäuse
prüfen, Stifte einsetzen, Stifte festdrücken, das Ganze drehen, verstemmen und nochmal überprüfen. Zum Schluss ist nochmal
menschliches Geschick gefragt:
Zwei Beschäftigte verschließen die
Adaptergehäuse mit Plastikplättchen. In der Westfalenfleiß-Werkstatt in Telgte werden die Teile
schließlich verschweißt, überprüft
und freigegeben.
Bis zu sechs Stunden am Tag
arbeiten Markus Ostermann und
Bernd Witte an dem Drehteller.
Aber auch andere Beschäftigte
der Produktionsgruppe bedienen
die Maschine. „Wir versuchen,
Rotation reinzukriegen“, sagt
die Gruppenleiterin. „Je mehr
Leute es können, desto besser.“
Und so verlerne auch niemand
die Tätigkeit. Die Arbeiter an der
Maschine können jederzeit eine
Pause einlegen und auf den großen roten Knopf drücken. Dann
hält die Maschine augenblicklich
an und der Drehteller steht still.
Aber nicht lange, dann geht es
schon wieder weiter.
In einfachen Worten ...
In der Westfalenfleiß-Werkstatt
arbeiten Menschen an einer Maschine.
Sie stecken dabei ganz kleine Teile in andere, größere Teile.
Das kann die Maschine nicht selbst machen.
Obwohl sie ganz modern und teuer ist.
SWIN
LACKSYSTEME
39
Reportage
Fotos: Marco Stepniak
Reportage
„Wir wollen keine Insel sein“
Westfalenfleiß bringt verstärkt Menschen mit und ohne Behinderung in den Stadteilen
zusammen. Derzeit wandert eine Sitzbank durch neun Wohneinrichtungen, die
Freiwillige und Bewohner gemeinsam gestalten – als Symbol für die Begegnung.
Schuhe hat die Bank schon, und
auch die Armlehnen sind mit
bunten Häkeleien verziert. „Das
haben die Bewohner der ersten beiden Stationen im Baumberger Hof und Albersloher Weg
gemacht“, sagt Anne Schulte. Sie
ist als Koordinatorin für das Frei-
Zahlen, bitte ...
130
Etwa 130 Freiwillige
unternehmen regel­
mäßig etwas mit den Bewohnern
von Westfalenfleiß.
40
willigenmanagement und den
Sozialführerschein bei Westfalenfleiß zuständig. „Heute sind die
Kissen dran.“ Die Bank steht am
Ende des Cafés im Erdgeschoss
von Haus Gremmendorf. Fast
alle anderen Plätze sind bereits
besetzt. An einem Tisch liegen
weiße Kissenbezüge, daneben
Farbe, Pinsel und Stempel.
Ludger Komnik legt den Kopf
etwas schräg, presst einen der
Stempel in die grüne Farbe. Dann
steht er auf, nimmt Maß und platziert ihn kraftvoll auf dem weißen Stoff. Die Umrisse eines Blat-
tes bleiben zurück. Der schlanke
57-Jährige strahlt über das ganze
Gesicht. Neben ihm lächelt eine
freundliche Frau. Sie hatte die
Farbe zuvor in eine alte Frischkäsepackung gefüllt und Komniks
Hand ein wenig geführt. Lucie
Havermann kommt seit drei Jahren zweimal wöchentlich in die
Wohnstätte, liest vor, geht mit den
Bewohnern spazieren oder spielt
mit ihnen „Mensch ärgere dich
nicht!“. „Die Menschen freuen
sich, und ich habe die Zeit“,
begründet die 79-Jährige ihr
Engagement. Von einem Bekann-
ten erfuhr sie, dass Westfalenfleiß
Freiwillige für Aktivitäten mit den
Bewohnern sucht.
Das Angebot sei schon recht
vielfältig, sagt Anne Schulte. Es
reiche von Ausflügen über den
Hundebesuchsdienst bis zum
begleiteten Stadionbesuch bei
Preußen Münster, den eine Fangruppe seit einiger Zeit anbiete.
Zu der Veranstaltung heute hatte
Schulte im Stadtteil großflächig
Flyer ausgelegt – in Läden, Apotheken und Bäckereien. Erste
Reaktionen gibt es schon: Einer
der Besucher könnte sich vorstellen, mit Bewohnern ins Museum
zu fahren. „Bei den anderen beiden Veranstaltungen hatten wir
auch sehr interessante Angebote“,
so Schulte. Darunter neben Ausflügen auch Besonderheiten wie
Theaterspielen oder das Herstellen von Klangschalen.
2011 hatte Westfalenfleiß das
Freiwilligen-Management
eingeführt, in das der Sozialführerschein integriert ist. „Wir wollen
keine Insel sein, sondern Teil des
Stadtteils“, sagt Marija Olbrich,
die heute ebenfalls vor Ort ist.
„Sozialraumorientierung“
sei
ein wichtiger konzeptioneller
Bestandteil im Wohnverbund. Die
Wohnbereichsleiterin hatte die
Projektleitung in der dreijährigen,
von der Stiftung Wohlfahrtspflege
unterstützten Modellphase. Rund
480
Westfalenfleiß-Bewohner
wurden damals nach ihren Wünschen für zusätzliche Freizeitaktivitäten befragt. Die Ergebnisse
wurden in eine Datenbank eingepflegt, die regelmäßig aktualisiert
werde. „So können wir Anforderungsprofile für neue freiwillige Mitarbeiter entwickeln, um
geeignete und interessierte Personen mit den passenden Tätigkeiten und den jeweiligen Einsatzbereichen passgenau zusammenzubringen“, so Olbrich. Nach der
Modellphase wurden das Freiwilligenmanagement und der Sozialführerschein als feste Strukturelemente im Wohnverbund verankert.
Seit Beginn des Jahres hat
Wohnbereichsleiter
Christian
Schlief die Verantwortung für dieses Strukturelement von Marija
Wohnbereichsleiter Christian Schlief und
Freiwilligenkoordinatorin Anne Schulte
informieren über freiwilliges Engagment.
Olbrich übernommen. „Ein wichtiger Effekt des Freiwilligenengagements ist auch, dass im Stadtteil
Grußbekanntschaften entstehen“,
erklärt Schlief. „Die Bewohner
werden als Menschen wie du und
ich wahrgenommen.“ Die Ehrenamtler seien zugleich Multiplikatoren zum Abbau von Vorurteilen und Klischees, die noch immer
über Menschen mit Behinderung
bestehen.
In Haus Gremmendorf haben
Bewohner Ludger Komnik und
die freiwillige Mitarbeiterin Lucie
Havermann derweil auf der Bank
Platz genommen. „Wir haben
uns heute erst kennengelernt und
prompt gut verstanden“, sagt
die Rentnerin. Ludger Komnik
könnte sich gut vorstellen, demnächst auch einmal mit spazieren zu gehen. Außerdem wolle er
gerne lernen, was er mit seinem
Laptop alles machen kann. Wie
gut, dass sich kürzlich ein Freiwilliger gemeldet hat, der Computerkurse anbietet.
In einfachen Worten ...
Viele Bewohner von Westfalenfleiß würden in ihrer Freizeit
gerne noch mehr unternehmen. Mal ins Kino oder zum
Fußball gehen oder Radfahren. Dafür sucht Westfalenfleiß
Freiwillige, die die Bewohner dabei begleiten. In Haus
Gremmendorf haben Freiwillige zusammen mit Bewohnern
eine Sitzbank verschönert. Neue Freiwillige und Bewohner
sollen sich dabei besser kennenlernen. Die Sitzbank kommt
nun in weitere Häuser von Westfalenfleiß.
41
Foto: Reiner Kruse
Mitraten und Gewinnen!
Wo ist denn das zu sehen? Auch
für diese Ausgabe haben wir
uns wieder ein Suchspiel für Sie
überlegt. Sie müssen dafür wie
üblich einen Fotoausschnitt finden.
Also, von welcher Seite in diesem
Westfalenfleiß erleben-Heft stammt
der Ausschnitt? Haben Sie das
Bild gefunden? Dann schicken Sie
Ihre Antwort bis zum 16. Oktober
2015 ­mit dem Betreff „Bilderrätsel
2-2015“ entweder per Mail
an [email protected]
oder per Postkarte mit der Adresse
und Telefonnummer des Absenders
an: Westfalenfleiß, Birgit HonselAckermann, Kesslerweg 38-42,
48155 Münster. Unter allen
richtigen Einsendungen verlosen
wir einen Gutschein über 40 Euro
für das Restaurant / Bistro A2 am
See. Wir drücken allen Teilnehmern
die Daumen! Gewinner des Rätsels
aus Heft 1/2015 ist Jan Hesselbarth.
Er hat zwei Tribünenkarten für die
laufende Saison des Fußballvereins
SC Preußen Münster gewonnen.
Herzlichen Glückwunsch!
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Besondere Arbeitsplätze bei Westfalenfleiß
Folierungen für den
mobilen Straßenverkehr
Burkhard Lübke sitzt an seiner Werkbank in der zentralen
Westfalenfleiß-Werkstatt und umrahmt ein Blechschild in NeonOrange mit schwarzem Kedernband als Schutzkante. „Das ist
ein 11K-Blech“, erklärt der 34-Jährige. Als Warnschild für
Gefahrenstoffe bei LKWs werde das eingesetzt. Er greift in das
Regal hinter sich und holt ein anderes Blech hervor. Auf dem
sind zusätzlich schwarze Nummern eingestanzt. Auch hierfür
kennt Lübke die Bezeichnung: 16D, heiße dieses Blech. Seit zehn
Jahren macht er diese anspruchsvolle Tätigkeit im Team mit
anderen Beschäftigten, die die Schilder stanzen und vernieten.
„Ich habe damals gefragt, ob ich nicht mal was anderes machen
kann, und die Arbeit gefiel mir.“ So ist Burkhardt Lübke, der
1999 zu Westfalenfleiß kam und dort unter anderem schon in
der Arbeitsgruppe Metall eingesetzt war, einfach dabeigeblieben.
Die Zukunft
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