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Ein interdisziplinäres sozialpsychiatrisches i l hi t i h Modell M d ll – eine Perspektive der Erwachsenenpsychiatrie Thomas Becker, Susanne Kilian, Silvia Krumm Universität Ulm Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II am Bezirkskrankenhaus Günzburg WHO Perspektive Drei Perioden in der Entwicklung von Psychiatrischen Versorgungssystemen g g y ((Thornicroft & Tansella 2002)) Periode 1 Die Zunahme von Asyl Periode 2 Der Rückgang von Asyl Periode 3 Gleichgewicht Asyle gebaut Asyle vernachlässigt Asyle ersetzt durch kleinere Dienste Zahl Krankenhaus-Betten Zahl Krankenhaus-Betten Krankenhausbetten langsamer Wenig Familienbeteiligung Mehr, aber nicht volle Familienbeteiligung Familienbeteiligung Familienbelastung Öffentliche Investitionen in Psychiatrische KH Wenig öffentliche Investition Zunehmende private Investition, Kostenfokus im öffentlichen Sektor Personal: Ärzte und Schwestern Mehr Berufsgruppen, Effektive Behandlungen, Diagnose-Standards, Psychotherapie Mehr Gemeindepersonal, Betonung multidisziplinärer Teamarbeit, Aufkommen evidenzbasierter Psychiatrie Primat Aufbewahrung g > Behandlung Fokus med. Kontrolle, soziale Aufkommen der Sorge über Rehabilitation Gleichgewicht g zwischen Kontrolle und Autonomie => Entlastung weniger schwer Kranker DGPPN Kongress 2011 - Symposium ¾ Multiprofessionelle gemeindepsychiatrische Teams (Community Mental Health Teams) ¾ Aufsuchende g gemeindepsychiatrische p y Behandlung g (Assertive Community Treatment) ¾ Akutbehandlung im häuslichen Umfeld (Home Treatment) Multiprofessionelle gemeindepsychiatrische Teams (Community Mental Health Teams) • seit Mitte der 1990er Jahre in UK weit verbreitet • multidisziplinäre gemeindeorientierte Behandlungsteams • Behandlung von Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen in einem definierten Einzugsgebiet • über längere g Zeiträume in verschiedenen Krankheitsphasen p • Diagnostik • Übernahme multidisziplinärer p /p psychosozialer y Behandlungsansätze g • Organisation von Hilfeplankonferenzen Ergebnisse: multiprofessionelle p g gemeindepsychiatrische p y Teams Evidenz-Basis: 1x Review, 1x Leitlinie (alle Studien aus GB) Verglichen mit herkömmlicher ambulanter Behandlung (ohne multi-professionelles u p o ess o e es Team) ea ) be bewirken e d die eC CMHT ↓ stationärer Aufnahmen (Ia) ↑ der Patientenzufriedenheit (Ib) keine Reduktion von Behandlungsabbrüchen (Ib) Unzureichende Evidenz dafür dafür, dass eine Behandlung durch CMHT im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung ↓ der Symptomschwere (Ib) ↑ des sozialen Funktionsniveaus (Ib) ↑ Kosteneffektivität (Ia) Malone et al 2007, NICE 2009 Aufsuchende gemeindepsychiatrische Behandlung (Assertive Community Treatment ACT) • aufsuchende f h d gemeindepsychiatrische i d hi t i h B Behandlung h dl • zuerst von Stein & Test 1980 konzipiert: – multidisziplinäres ambulantes Behandlungsteam – gemeinsame Verantwortung des Teams – hohe Betreuungsintensität auch zu Hause (Personal : Klient 1:10 bi 1 bis 1:15) 15) – 7 Tage 24 Stunden Verfügbarkeit – Zuständigkeit g für medizinische und soziale Versorgung g g – Kontakt zum Patienten auch während stationärer Episoden – Einbeziehung des sozialen Netzes Fiander et al 2003 Ergebnisse: Assertive Community Treatment Evidenz-Basis: 7x Review, 1x Leitlinie, 6x RCT Verglichen mit herkömmlicher gemeindenaher Versorgung b i k ACT bewirkt • • • • • • ↓ stationärer Behandlungen und Behandlungszeiten (Ia) ↑ Kontakterhalt zu Patienten ((Ia)) ↓ Behandlungsabbrüche (Ia), ↑ Behandlungszufriedenheit (Ia) ↓ von Obdachlosigkeit, Stabilisierung der Wohnsituation (Ia) ↑ der Beschäftigungssituation (Ia) ↑ Kosteneffektivität (Ia) Eingeschränkte/widersprüchliche Evidenz dafür dafür, dass die Behandlung durch ACT im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung • • • • ↑ Lebensqualität (Ib) ↓ Straftaten/Haftstrafen (Ib) ↓ Ausprägung Psychopathologischer Symptome (Ib) ↑ soziale Funktionen (Ib) Marshall & Lockwood 1998; NICE 2009; Ziguras & Stuart 2000; Zygmunt et al 2002; Nelson et al 2007; Coldwell & Bender 2007; Drake et al 2008; Cleary et al 2008 Akutbehandlung im häuslichen Umfeld (Home Treatment) • häusliche Behandlung akuter psychotischer Krankheitsepisoden durch spezialisiertes Team • ärztlich-psychiatrische Kompetenz integriert • in USA rund um die Uhr, in Deutschland i.d.R. nicht rund um die Uhr • fester Bestandteil: Hausbesuche (home treatment) • Ziel: Vermeidung stationärer Behandlung • flexible Kommunikation mit sozialem Netzwerk • Gabe von Medikamenten und Supervision der Einnahme sollte g sein (Berhe et al 2005) möglich Ergebnisse: Home Treatment Evidenz-Basis: 1x Review, 1x Leitlinie, 2x RCT Verglichen mit herkömmlicher Behandlung bewirkt Akutbehandlung durch ein mobiles Kriseninterventionsteam: • • • • • • ↓ stationärer Aufnahmen (Ia), ↓ Behandlungszeiten (Ia) ↓ von Behandlungsabbrüchen (Ia) ↓ Behandlungsabbrüche (Ia) ↓ der erlebten Belastungen g bei den Angehörigen g g ((Ib)) ↑ der Behandlungszufriedenheit bei Patienten (Ia), ↑ Angehörigen (Ib) ↑ Kosteneffektivität (Ia) Eingeschränkte/widersprüchliche Evidenz dafür, dass durch Home Treatment eat e t • ↓ stationäre Wiederaufnahmen (Ia) • ↑ Allgemeinzustand (Ib) • ↓ Symptomschwere (Ia) Joy et al 2006; NICE 2009; Johnson 2005; McCrone 2009 National Institute for Health and Clinical Excellence 03/2009 • „Crisis resolution and home treatment teams should be used to pp p people p with schizophrenia p during g an acute episode p in the support community.“ • „Crisis resolution and home treatment teams should be considered for people with schizophrenia who may benefit from early discharge from hospital following a period of inpatient care.“ Home Treatment oder Mobiles Krisenteam in Bayerisch Schwaben Psychiatrisch-psychotherapeutische Akutversorgung im häuslichen Umfeld Einzugsgebiet L dk i (B Landkreise (Bevölkerung) ölk ) • Aichach-Friedberg ( (63.599) ) • Augsburg-Land (185.121) • Dillingen (95.596) • Donau-Ries (131.292) • Günzburg (123.154) (123 154) • Neu-Ulm (163.179) • Gesamt ca. 762.000, zwei Landkreise anteilig g⇒ 671.000 Mobiles Krisenteam • Multiprofessionelles M lti f i ll B Behandlungsteam h dl t (A (Arzt, t Pfl Pflege, Sozialpädagogin) • Verfügbarkeit an 7 Tagen / 24 Stunden unter Einbezug der Struktur der Gesamtklinik, „Krisenbett“ • Mo-Fr von 8 -17 Uhr sowie Samstag / Sonntag z.B. von 9-14 Uhr, Fl ibilität „nach Flexibilität h hi hinten“ t “ jje nach hE Erfordernis f d i • Wochenende, Feiertage, nachts: eine Station (41.2 plus AvD / Oberarzt Obe a Psychiatrie); syc a e); flexible e b e Regelung ege u g Feiertage e e age Personelle Besetzung des Mobilen Krisenteams Stand November 2005 Stand Oktober 2010 • 0 5 Oberarzt 0,5 • 0,3 Oberarzt • 8 Pflegekräfte rotierend • 0,8 Assistenzärztin • 0 5 Sozialpädagogin 0,5 • • 0,2 Seelsorger 3,25 3 25 Pflegekräfte Stammpersonal • 5 Pflegekräfte rotierend • 0,5 Sozialpädagogin Zielgruppe • Psychisch schwer und akut Kranke vorwiegend aus den Landkreisen Günzburg, Dillingen und Neu-Ulm • Übernahme aus kurzzeitiger g stationärer Behandlung g • Übernahme zur „Wiedereingliederung“ nach längerer stationärer Behandlung • Geringe räumliche Distanz zum Behandlungsteam (max. ca. 30 km bzw. ca. 30 Min. Fahrzeit) • Voraussetzung: Kooperation des Patienten und der Angehörigen Angehörigen, nicht unbedingt Krankheitseinsicht i.e.S. Arbeitsablauf • Hausbesuche, Telefonate • Intensität der Kontakte individuell, ggf. auch mehrmals täglich, vor Entlassung seltener, jedoch nicht unter 3 Kontakte / Woche • Tä li h Üb Tägliche Übergaben b • Mind. wöchentliche Fallbesprechungen im Team • Sämtliche diagnostischen und therapeutischen Angebote der Klinik können genutzt werden (individueller Mix) • Medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung, Behandlung systemisch fundiert (meiste Teammitglieder haben > 500stündige Ausbildung zum Systemischen Berater absolviert) Munz et al 2010 Evaluation: Hypothese / Design • Home Treatment (HT) ist im Hinblick auf Psychopathologie, Funktionsniveau und Krankheitsschwere gegenüber treatment as usuall (TAU) nicht i ht schlechter hl ht • 18 Patienten auf allgemeinpsychiatrischer Akutstation, die für geeignet g et gewesen ge ese wären, ä e , abe aber nicht c t do dortt be behandelt a de t werden e de HT gee konnten (Entfernung, Wunsch, Kapazität) vs. 60 HT-Patienten Datenerhebung / statistische Analyse • Beginn und Ende Behandlung: PANSS, PANSS HAMD-21, HAMD 21 HoNOS; zusätzlich soziodemographische Daten und Diagnosen aus BADO • Erfassung g des HT-Kollektivs 2006-2008 • Erfassung des TAU-Kollektivs 2008 • ITT-Auswertung; g; Mixed effect Regressions-Modelle; g ; missing g at random-Annahme • Kontrolle Selektionsbias mit propensity score-Methode (bedingte Wahrscheinlichkeit für HT) Ergebnisse • Berufstätige haben (vs nicht Berufstätige) geringere W h h i li hk it HT zu erhalten Wahrscheinlichkeit, h lt • HT-Wahrscheinlichkeit fiel mit steigendem Funktionsniveau • Ergebnisparameter E b i (PANSS (PANSS, HAMD HAMD, HoNOS) H NOS) zu beiden b id Messzeitpunkten in HT-Kohorte ungünstiger als in TAU • Signifikante Verbesserungen (jeweils p<0 p<0.001) 001) für psychotische und depressive Symptomatik; ns Verbesserung der psychosozialen Beeinträchtigung (HoNOS; p=0,267), in beiden Gruppen parallel • durchschnittliche d h h ittli h B Behandlungsdauer h dl d iin HT b betrug t 63,4 Tage (SD 28,7), bei TAU 37,7 Tage (SD 22,0) Diskussion • HT (auch in HT Günzburg) keine schlechteren Ergebnisse als TAU • HT über verschiedene Diagnosen hinweg möglich, auch bei allein Lebenden • Diagnostische Schwerpunkte affektive und schizophrene Störungen • HT Gruppe war schwerer erkrankt als die TAU HT-Gruppe TAU-Gruppe Gruppe • Niedrigerer Anteil F20-Patienten in TAU-Gruppe • I Vergleich Im V l i h zu anderen d St Studien di lä längere HT HT-Verweildauer V ild Limitationen • Datenerhebung durch Behandlungsteam selbst • Unterschiedliche Teilnehmerzahl in den Gruppen; kleine P ti t Patientenzahl hl iin TAU TAU-Gruppe G • Unterschiedliche Erhebungszeiträume • Nur Aussagen zu kurzfristigen klinischen Effekten möglich Zusammenfassung • Bisherige Erfahrungen bestätigen, dass HT über Diagnosen hinweg eine effektive Alternative zur Krankenhausbehandlung darstellt • Vermehrter Einbezug von Angehörigen von allen Seiten als hilfreich erlebt • Behandlungsansatz wird von einer Gruppe von Nutzern bevorzugt • HT erreicht „neue“ Patientengruppe (v.a. mit Angststörungen) • Ansatz kann zur Lösung der „Schnittstellenproblematik“ stationär / ambulant beitragen: bessere Vorbereitung der Integration in gemeindenahe Angebote • Wirkäquivalenz zur stationären Behandlung und längere Behandlungsdauer bei kränkerer Klientel • Auch nach >5 Jahren immer noch begeistertes Team Schlussfolgerung • Home T H Treatment t t ist i t eine i wichtige i hti O Option ti psychiatrischhi t i h psychotherapeutischer Behandlung • Home Treatment sollte als Option der Routineversorgung zur Verfügung stehen • Studienergebnisse zu Home Treatment sind kontextabhängig • Weitere Forschung ist wichtig • Begeisterung für Home Treatment Angebote unter den in der P Psychiatrie hi t i täti tätigen P Professionellen f i ll ´ Betroffene Mütter bevorzugen HT HT, berichten aber von Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung kindlicher Bedürfnisse ´ Kinder bevorzugen häufig stationär-psychiatrische stationär psychiatrische Behandlung der Mutter aufgrund der Belastung und Verantwortung gegenüber der Mutter „Conclusions: C l i H Home ttreatment t t ffor ffemale l patients ti t with ith child hild care responsibility ibilit meets patients' needs, but their children may be exposed to additional risks and currently lack appropriate support. The needs of children should be considered in the planning of home treatment for psychiatric crises“ crises Psychiatric Services, 60:634—639, 2009 Elternschaft als Aufgabe für die Erwachsenenpsychiatrie Anzahl der Publikationen zu „Kinder psychisch kranker Eltern“ Mattejat et al 2010 Relevanz von Elternschaft für psychiatrische Versorgung • Ca. 25% der p psychiatrischen y PatientInnen sind Eltern minderjähriger Kinder (Mütter > Väter) • Ca. 1/3 aller Sorgerechtsentzüge stehen in Zusammenhang mit psychischer Erkrankung eines Elternteils (Münder et al 2000) • Psychisch kranke Eltern sind zurückhaltend bei Suche nach Hilfe bei Problemen mit Kindern ((Cowling g et al 2004)) - „muss das alleine schaffen“ (59%) - kein Wissen zu speziellen Hilfsangeboten (41%) - „es kann niemand helfen“ (38%) ( ) • Nicht-Inanspruchnahme stationär-psychiatrischer Angebote aufgrund Kinderbetreuung: 55% der Eltern haben schon einmal notwendigen stationären Aufenthalts abgesagt (Schmid et al 2008) • Präventionsauftrag/ g Rehabilitationsauftrag g (p (parental rehabilitation, Nicholson und Henry 2003) • Elternwohl und Kindeswohl/ „Familienpsychiatrie“ • Berücksichtigung von Kinderwunsch/ Elternschaft als zentrale Aufgabe der Biografie-Gestaltung (reproduktive Krankheitsidentitätsarbeit, Krumm 2010) • Ethisches Konfliktfeld für Professionelle (Autonomie vs. Fürsorge; Kindswohl vs. Elternwohl) Einstellungen des Pflegepersonals zum Umgang g g mit Elternschaft in der stationären psychiatrischen Versorgung • Familientherapeutischer Ansatz wird bislang in der Pflege wenig berücksichtigt • Wahrnehmung und Umgang mit Elternschaft bei psychisch Erkrankten hängt weniger von Qualifikation und Ausbildung ab als vielmehr von persönlichem Hintergrund der Pflegekräfte (Korhonen et al 2008) • Professionelle kritisieren fehlendes Wissen im Umgang mit Elternschaft und psychischen Erkrankungen (Ming Wai Wan et al 2007) Der psychiatrische Fachdiskurs zu Kinderwunsch und Elternschaft bei psychisch kranken Menschen Gefördert durch DFG, Fachgebiet Soziologie Beginn: 1. März 2011 Dr. phil. Silvia Krumm U i Universität ität Ul Ulm, Kli Klinik ik fü für P Psychiatrie hi t i und dP Psychotherapie h th i II am BKH Günzburg & Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin Ziele / Fragestellungen • Sicht der Psychiatrie-Professionellen (kollektiv, individuell) auf reproduktive Aspekte bei psychisch kranken Menschen, z.B. Kinderwunsch Familienplanung, Kinderwunsch, Familienplanung Verhütung Verhütung, Elternschaft Elternschaft, genetische Beratung • Welche Motive, Werte und Normen finden sich in Äußerungen der Professionellen? Bedeutung ethischer und moralischer Erwägungen • Einfluss spezifischer Arbeitskultur in Berufsgruppen auf Umgang mit reproduktiven Themen (Ärzte (Ärzte, Pflege Pflege, Psychologie, Psychologie Sozialpädagogik) • Hilfe- und Unterstützungsbedarf Methodik • Dokumentenanalyse • Gruppendiskussionen • Einzelinterviews Schwach ausgeprägte Netzwerke Arbeitslosigkeit Einelternfamilien (Drohender) Sorgerechtsent g Sorgerechtsentzug Armut F iliä Konflikte Familiäre K flikt Erkrankter Partner g g Stigmatisierung Elternschaft aus subjektiver Sicht der Betroffenen • Thema „Elternschaft“ ist für psychisch kranke Mütter und Väter häufig beherrschend – unabhängig von Sorgerecht • Verlusterfahrung; Entzug des Sorgerechts als unbewältigter Konflikt • Verknüpft mit Wunsch nach „Normalität“ • Erziehungsprobleme im Alltag: Überforderung, Schwierigkeiten bei Disziplinierung, Angst vor Kontrollverlust • A Angst vor Sorgerechtsentzug S h • Schuld, Scham, Befürchtungen über erbliche/ psychosoziale Belastung der Kinder • Dilemma zwischen eigenen/ kindlichen Bedürfnissen • Stigmatisierungserfahrungen in persönlichem/ professionellem Umfeld McNeil et al 1983; Schwab, Clark, & Drake 1991; Apfel & Handel 1993; Sands 1995; Mowbray et al 1995; Joseph et al 1999; Chernomas C et al 2000; Dipple et al 2002; Nicholson et al 1998; Savvidou et al 2003; Diaz-Caneja & Johnson 2004; Davies & Allen 2007; Krumm 2008; Montgomery et al 2008 Tab. 1 Zusammenfassende Darstellung des Bedarfs psychisch kranker Eltern und Interventionsmöglichkeiten Psych Prax 2011, 38, 8-15 Bedarf Interventionsmöglichkeiten Subfertilität Wahl → Medikament Verhütung Beratung Medikation Beratung → Schwangerschaft, Stillphase Schwangerschaftsg beratung Beratung g→ Risikovermeidung häusliche Gewalt Screening → Aufmerksamkeit, Hilfe Angst vor Sorgerechtverlust Sozialdienste g g Stigmatisierung Fachkräfte akutes Krankheitsrezidiv Mutter-Kind-Behandlung Elternschaft / Erziehung Evidenz / Interventionsprogramme Maßnahmen zur Entwicklung geeigneter Unterstützungsmaßnahmen g für Kinder p psychisch y kranker Eltern • Öffentlichkeitsarbeit (Enttabuisierung psychischer Erkrankungen) • S Sensibilisierung ibili i von F Fachkräften hk äft • Weiterentwicklung/ Stärkung Kooperation Jugendhilfe & Erwachsenenpsychiatrie • Systematische Verankerung des Themas Elternschaft in psychiatrische Behandlung • Zielgruppenspezifische Qualifizierung bestehender Hilfeangebote • Ausbau A b niederschwelliger i d h lli Hilf Hilfen fü für psychisch erkrankte Eltern/ Kinder Schmutz 2010 Gelingensfaktoren der Kooperation von Institutionen und Professionen unterschiedlicher Leistungsbereiche • Entwicklung eines gemeinsamen Fach- und Fallverständnisses • Vereinbarungen zur Gestaltung der Zusammenarbeit • Regelmäßige g g Reflexion der Zusammenarbeit ⇒ überinstitutioneller Arbeitskreis ⇒ Fortbildungen, Fachtage, Workshops ⇒ Fallrekonstruktionen, gemeinsames g Lernen aus Fallverläufen ⇒ überinstitutionelle Fallberatung und Helferkonferenzen Schmutz 2010 Ebenen der Unterstützung Betroffener 1. Einbezug von Elternschaft in Erwachsenenpsychiatrie-Behandlung (auch Kinderwunsch, Trauerarbeit bei Sorgerechtsverlust, Kinderlosigkeit) 2. Schwangerschaftsberatung und –begleitung (Medikation bei Kinderwunsch/Schwangerschaft; peripartales Management) 3. Mutter-Kind-Behandlung 4. Familienzentrierte Beratungs- und Behandlungsangebote, z.B. Fips Günzburg 5. Elterngruppen, z.B. Müttergruppe Balance, Verein SeelenNot e.V. Hamburg 6. Internet-Adressen • http://www.seelennot-ev.de p ((SeelenNot. Verein zur Unterstützung g von Familien mit seelisch kranken Eltern e.V. • http://www.bag-kipe.de (Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder psychisch hi h kkranker k El Eltern)) Rolle der Erwachsenenpsychiatrie • Ressource: Bestehender Kontakt/ Möglichkeit niederschwelliger Angebote • Dokumentation Elternschaft, z.B. BADO - Wie ist die Situation? Gibt es Bedarf/ Probleme? • Thematisierung von Elternschaft/ Kindern im Rahmen der Anamnese Anamnese, Therapie • Einrichtung von Familienzimmern • Klärung der Möglichkeiten zur Mitaufnahme jüngerer Kinder • Einbezug g von Kindern in Aufklärungsgespräche g g p • Kinder/ Familie als Thema in psychoedukativen Angeboten • „„Müttergruppen“, g pp , z.B. Seelenhalt Hamburg g ¬ Kompetente, adäquate Ansprechperson / Stelle zur Vermittlung von Hilfen für Kinder „Günzburger Modell“ Geschichte 2004: 2004 • Erste Kontakte zu KJPP Ulm; gemeinsames Antragsvorhaben (BMBF) / Entwicklung von Konzeptideen • Gastvortrag D. Bialowons: „Auryn Projekt Leipzig“ 28.10.2004 • Initiierung eines Arbeitskreises „Kinder psychisch kranker Eltern“ gemeinsam mit Fachstelle Sozialdienst (erstes Treffen 30.11.2004) 2005: • Erfassung von Elternschaft und Versorgungssituation in BADO - Anzahl der Kinder <18 Jahren - Wohn-/ Versorgungssituation • Gemeinsame Veranstaltungen BKH / Fachstelle Sozialdienst Sozialdienst, zz.B.: B: - Vorstellung Arbeit der Fachstelle Sozialdienst im BKH Günzburg 15.6.2005 (Ärztekonferenz) - Fachvortrag Frau Dr. von Müller 27.6.2005, 14.00 Uhr, Landratsamt Günzburg zum Thema: Darstellung psychiatrischer Störungsbilder und Konsequenzen für die sozialpädagogische Arbeit • Konzeptentwicklung für familienbasierte Beratung Erwachsenenpsychiatrie GZ • Einwerbung von Spenden für geplante Beratungsstelle / Öffentlichkeitsarbeit Psychologische Beratungsstelle KJF Sozialpsychiatrischer Dienst GZ Niedergelassene g Ki- u. Jugendpsychiater Fachärzte F hä t BKH Fachstelle Sozialdienst LRA GZ Ki.u.Ju-Psychiatrie Uni Ulm Heilpädagogische Tagesstätte GZ Pflegedienstleitung BKH Psychologischer Dienst, Sozialarbeit BKH Psychiatrie P hi t i II BKH Forschung Kinder- und Jug. Psychologische Praxis 2005 2006 • Ausrichtung des bundesweiten Auryn Auryn-Treffens Treffens 28 28.04.2006 04 2006 / Klinik für Psychiatrie II Ulm/ Günzburg • Eröffnung Beratungsstelle für Familien mit einem psychisch erkrankten Elt t il 1. Elternteil 1 F Februar b 2006 • Finanzierung durch Spenden • Otto-KässbohrerStiftung Ulm • Rotary Clubs Ulm, Neu Ulm UlmUlm Neu-Ulm, Donaubrücke • Ott-Stiftung, Ichenhausen • Sparkasse Günzburg Krumbach Beratung für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil an der Klinik für Psychiatrie, y , Psychotherapie und Psychosomatik FIPS am BKH Günzburg • niederschwelliges Beratungsangebot • Klärung des Hilfebedarfs und Vermittlung von bestehenden regionalen Angeboten • Vernetzung bestehender regionaler Hilfen • Zusammenarbeit mit Home Treatment • Zielgruppe: psychisch kranke Mütter/ Väter, nach stationärer g in Psychiatrischer y Institutsambulanz ((PIA)) Behandlung/ Kontakt: Di l SozPäd. Dipl. S Päd Susanne S Kilian Kili Ludwig-Heilmeyer-Str. 2 89312 Günzburg [email protected] Unterstützungswünsche von KlientInnen von FIPS • Gesprächs- und Beratungswunsch bei Themen wie Partnerschaftskonflikt drohende Trennung Partnerschaftskonflikt, Trennung, drohender Sorgerechtsverlust • Beratung über institutionelle Hilfen, Vermittlung und Begleitung • Hilfe für die Kinder • Psychoedukation der Kinder und anderer Familienmitglieder • Schwierigkeiten in der Erziehung • Unterstützung bei Kontakten/ Konflikten mit Jugendhilfe • Vermittlung Kontaktwiederaufnahme zu fremdplatzierten Kindern • Suche nach g geeigneten g Unterbringungsmöglichkeiten g g g für Kinder bei Überforderung Kilian und Becker 2008 Methoden • Systemische Familientherapie • Psychoedukation von Familien • Sozialpädagogische Beratung und Begleitung • Runde Tische und Netzwerke Vermittlung von Hilfen • Kontaktaufnahme zum Jugendamt • Kinder- und Jugendpsychiatrie (Diagnostik) • Kontakt zur Schule und Kindergarten • Kontaktaufnahme mit behandelndem Arzt • Psychiatrische/ psychotherapeutische Behandlung der Eltern • Einzeltherapie für die Kinder • Erziehungsberatung, Ehe- bzw. Paarberatung • Sozialpsychiatrischer Dienst, Home Treatment • Psychosoziale Beratungsstellen, z.B. Schuldnerberatung Verlauf Beratung durch FIPS - Erstkontakt mit erkranktem Elternteil, danach Einbeziehung Kinder und weitere Angehörige niederschwellig durch Kontaktaufnahme auf Station, Hausbesuch/ Büro/ Tel., je nach Wunsch des Elternteils; Festlegung weiterer Schritte ¾ - 1/3 der Familien hauptsächlich Informationen (1-3 (1 3 Gespräche): Psychoedukation der Kinder (ggf. durch den behandelnden Arzt) Problemanalyse und Hilfevermittlung Begleitung zu Institutionen, Institutionen zz.B. B Jugendamt Jugendamt, Schule, Schule Polizei usw usw. ¾ - 1/3 der Familien weitere Hilfestellung (4-10 Gespräche): Familientherapie, p , Paargespräche g p Gespräche mit den Kindern über Coping-Strategien Installieren und Überprüfen von Hilfen durch Jugendhilfe und KJPP ¾ - 1/3 der Familien dauerhafte Begleitung bei chronischem Verlauf der Erkrankung wenn beide Elternteile erkrankt sind wenn psychische Erkrankung sich massiv auf die Kinder auswirkt Entwicklung der Nutzung von FIPS Familien, die seit 2006 von FIPS erreicht wurden 70 51 60 50 40 43 53 62 2006 33 2007 30 2008 20 2009 10 2010 0 2006 2007 2008 2009 2010 Jahresberichte FIPS Jährlich erreichte Kinder von Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil durch FIPS 160 138 140 120 100 80 98 66 107 85 60 40 20 0 2006 2007 2008 2009 2010 Jahresberichte FIPS Altersverteilung der Kinder der Familien 50 42 40 33 32 29 30 27 25 23 22 20 22 2007 2008 2009 2010 24 23 20 13 10 5 5 16 16 14 14 7 5 5 5 1 0 0-1 Jahre 2-6 Jahre 7-10 Jahre 11-14 Jahre 15-18 Jahre volljährig Jahresberichte FIPS Durch psychische Erkrankung betroffener Elternteil in den Familien 50 45 40 40 47 35 30 22 20 11 10 4 3 2 4 7 2006 2007 2008 2009 2010 5 6 0 Mutter Vater beide Eltern Jahresberichte FIPS Kooperationen und Projekte mit anderen Trägern Familien mit psychisch krankem Elternteil Kooperationen • Patenschaftsmodell des Kinderschutzbundes • Kindergruppen / Psychologische P h l i h B Beratungsstelle t t ll Gü Günzburg b fü für Kinder aus suchtbelasteten Familien und Kinder von psychisch kranken Eltern • Kooperation mit Arche Augsburg – Mutter-Kind-Wohnen Patenschaftsprojekt Kinderschutzbund Günzburg • Seit 2011 • Patenfamilien für Kinder psychisch kranker Eltern • Freizeitgestaltung: Kinder werden 1x pro Woche nachmittags von Pateneltern betreut, übernachten ein Wochenende im Monat in Patenfamilien • Stabiler Bezugsrahmen für Kinder, deren Eltern wegen der psychischen Erkrankung häufig abwesend sind und die bei Pflegeeltern leben Kindergruppe der Psychologischen Beratungsstelle in Günzburg (KJF Diözese Augsburg) • Leitung durch Herrn Dipl.-Psych. Geis • 2-wöchentlich, Freitagnachmittag 2-3 Stunden • für die Dauer eines Schuljahres konzipiert • Wechsel zwischen Gesprächen und Freizeitangeboten • Altersgruppe von 9-15 Jahre, Zielsetzung: persönliche Situation, gemeinsames Erleben • in Planung ab Januar 2012: Gruppenangebot für Kinder von 8 8-12 12 Jahren aus suchtbelasteten Familien Arche Augsburg: Mutter-Kind-Wohnen bietet ... • Volljährigen Müttern mit psychischen Erkrankungen oder psychisch behinderten Frauen • Die in stabilem Zustand aus der Klinik entlassen werden und momentan noch nicht in der Lage sind, alleinverantwortlich mit ihrem Kind zu leben • Oder denen eine Inobhutnahme des Kindes droht droht, • Gemeinsam mit ihren Kindern im Aufnahmealter bis zu 6 Jahren für maximal zwei Jahre • Einen Schutzraum und ein Umfeld, in denen Mütter und Kinder sich stabilisieren und lernen können, ihr Leben zu gestalten Informelle Kooperationen • Jugendamt Günzburg • Netzwerk postpartale Störungen Jugendamt Günzburg • Persönliche Kontakte – kurze Wege • Gemeinsame Gespräche p • Zusammenarbeit in einzelnen Fällen • Schulungen g im jjeweils anderen Bereich • Zusammenarbeit beim Schließen von Lücken in der Versorgung der betroffenen Familien (Patenschaftsprojekt usw ) usw.) Netzwerk postpartale Störungen • seit it 2010 / iim A Aufbau fb • Ziel: Netzwerk für Früherkennung postpartaler Störungen gemeinsam mit z.B. Hebammen, Kinderärzten, Gynäkologen • Koordinierende Kinderschutzstelle (KOKI) • Donum Vitae (Schwangerschaftskonfliktberatung) • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II Uni Ulm am BKH Günzburg Mutter-Kind-Behandlung • Vermeidung des Beziehungsabbruchs • Vermeidung von drohenden Schäden für Mutter-Kind-Beziehung durch lange Trennung • Raschere Genesung der Mutter • Frühzeitige Primärprävention kindlicher Entwicklungsstörungen • Positive Beeinflussung der Mutter-Kind-Bindung • Förderung der elterlichen Fähigkeiten • Sicherer Umgang mit dem Kind nach der Entlassung • Beobachtung und Einschätzung der Interaktion und elterliche Kompetenzen Hartmann a a 2005 005 ¾ Seit 2011 Angebot von Mutter-Kind-Einheit (im Aufbau) Klinik für Psychiatrie II Uni Ulm am BKH Günzburg Antistigma und Öffentlichkeitsarbeit • Vorträge in Schulen von Ärzten und FIPS • Vorträge g und Schulungen g im Jugendhilfebereich g und in der Erwachsenenpsychiatrie zum Thema „Kinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil“ • G Gemeinsam i mit it d dem BKH BKH: nutters nutters Musikalische Schocktherapie für alle ab 12 Jahren von Michael Sommer mit Eva Ellerkamp und Simon Reimold „… In Zusammenarbeit mit dem BKH Günzburg wurde vom Theater Ulm ein Theaterstück für Jugendliche entwickelt. Es soll Kinder und Jugendliche g anregen, g über ihre Situation zu sprechen. p Das Tabu, über psychische Erkrankung zu sprechen, soll verringert werden.“ Vernetzungen • Regionale Vernetzung mit den Kliniken für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am BKH Augsburg g g ((Kindersprechstunde) p ) und BKH Kaufbeuren • Überregionale Vernetzung Mitarbeit in der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft „Kinder psychisch kranker Eltern“ Eltern (www.bag-kipe.de) (www bag kipe de) Was wird gewünscht: • breiter Hilfs- und Unterstützungsbedarf • Familiengespräche • Ansprechperson: personale/ zeitliche Kontinuität • zugewandte und offene Form der Beratung 14 leitfadengestützte problemzentrierte Interviews mit FIPS-KlientInnen ¾ Problematik der Kinder aus Sicht der Eltern: ¾ Schwierigkeiten in der Schule ¾ soziale Isolierung ¾ aggressives und abweisendes Verhalten ¾ Überforderung ¾ Konflikte zwischen eigenen und kindlichen Bedürfnissen ¾ Schuldgefühle ¾ durch Beratungsangebot Änderung Familienkommunikation Nervenheilkunde 2006 • Psychiatrie ist gemeindenah • Psychiatrie ist evidenzbasiert • Psychiatrie ist ethisch fundiert • Psychiatrie y hat Perspektivenvielfalt, p , erfordert Perspektivenwechsel p • Psychiatrie reicht über die Lebensspanne • und das gilt für • Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters • Psychiatrie und Psychotherapie des Erwachsenenalters [email protected]