LuK Kupplungskurs

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LuK Kupplungskurs
LuK Kupplungskurs
Einführung in die Kupplungstechnik für PKW und Transporter
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Schaeffler Automotive Aftermarket GmbH & Co. KG
Juni 2015
Schaeffler Automotive Aftermarket –
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deutschen und europäischen Industrieunternehmen in
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Inhalt
1
Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
6
2Kupplungssystem
15
2.1Funktionsschema
2.2
Berechnung des übertragbaren Drehmoments
2.3Aufbau
2.4Funktion
15
16
17
17
3Kupplungsgehäuse
18
3.1Aufgaben
18
3.2Kupplungskennlinien und ­Kraftdiagramme
19
3.3Bauarten
19
3.3.1
Tellerfederkupplung in Standardausführung
20
3.3.2 Tellerfederkupplung mit Federlaschen
21
3.3.3 Tellerfederkupplung mit Stützfeder
22
3.3.4 Bolzenlose Tellerfederkupplung (Bolo)
23
3.3.5 Gezogene Tellerfederkupplung
24
3.3.6 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC I (kraftgesteuert)25
3.3.7 Selbstnachstellende Kupplung in Mehrscheibenausführung (kraftgesteuert)27
3.3.8 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC II (kraftgesteuert)28
3.3.9 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC III (kraftgesteuert)29
3.3.10 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung (weggesteuert)30
4
Kupplungsscheibe 4.1Funktion
4.2
Kupplungsscheibe mit Torsionsdämpfer
4.3
Kupplungsscheibe mit Frequenztilger (Rupftilger)
4.4Bauarten
4.5
Kupplungsscheiben für Zweimassenschwungräder
31
31
33
34
35
5
Kupplungsbelag 36
6
Hydraulisches Ausrücksystem
39
6.1Geberzylinder
6.2
Geberzylinder mit Wegsensorfunktion
6.3
Hydraulische Druckleitung
6.4
Hydraulik-Schwingungsdämpfer (Kribbelfilter)
6.5Spitzendrehmomentbegrenzer
6.6Nehmerzylinder
6.7
Zentralausrücker (Concentric Slave Cylinder, CSC)
6.8
Kupplungsassistent (Clutch Servo Assistance, CSA)
6.9Ausrücklager
6.10
Arbeiten am Ausrücksystem
4
31
40
41
41
42
42
43
43
43
44
45
Inhalt
7
Zweimassenschwungrad (ZMS)
46
7.1Aufbau
7.2Funktion
7.3Sonderbauformen
47
48
48
8
49
Automatisierte Schaltgetriebe (ASG) 8.1Technik
8.2Funktionen
49
49
9
Doppelkupplungsgetriebe (DKG)
51
9.1
9.2
Grundprinzip Aufbau 51
52
10
CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission) 53
10.1Aufbau
10.2
Die stufenlose reibschlüssige L­ eistungsübertragung 10.3
Laschenkette 53
54
55
11Drehmomentwandler
56
11.1Aufbau
11.2Funktion
11.3Torsionsdämpfer
56
56
57
12
58
Allgemeine Hinweise 5
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
Fast alle Bauteile haben in der über 100-jährigen
Geschichte des Automobils eine enorme technische
Entwicklung erfahren. Zuverlässigkeit, Produktionskosten, Wartungsfreundlichkeit sowie Umweltverträglichkeit waren und sind dabei Faktoren, die Fahrzeugkonstrukteure zu immer neuen und besseren Lösungen
kommen ließen. Die Grundkonstruktionen waren in den
meisten Fällen schon seit den Anfängen bekannt,
jedoch ließen erst neue Materialien und Bearbeitungsverfahren deren Realisierung zu. Es dauerte bis zum
Anfang des 20. Jahrhunderts, bis sich der Verbrennungsmotor unter den konkurrierenden Antriebskonzepten für Fahrzeuge gegenüber Dampf- und Elektroantrieben endgültig auf breiter Front durchsetzte. 1902
konnte ein Fahrzeug mit Ottomotor erstmals den absoluten Geschwindigkeitsrekord aufstellen: Bis dahin
hatten Dampf- und Elektrofahrzeuge dominiert, und
auch noch während des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts stritten sich die Verfechter der drei Antriebskonzeptionen weiter um den absoluten Geschwindigkeitsrekord. Dampf- und Elektroantriebe hatten gegen­über den Motorwagen für flüssige Brennstoffe – wie sie
damals noch hießen – einen entscheidenden Vorteil:
Durch den fast idealen Drehmomentverlauf benötigten
sie weder Kupplung noch Getriebe und waren dadurch
weitaus einfacher zu bedienen, weniger störanfällig
und wartungsfreundlicher. Da der Verbrennungsmotor
Leistung nur über Drehzahl abgibt, muss er folglich
über eine Trennmöglichkeit zwischen Motor und
Getriebe verfügen. Das drehzahlabhängige Antriebs­
prinzip des Ottomotors kommt nicht ohne mechanische
Hilfe beim Anfahren aus, um den Nachteil, erst ab einer
bestimmten Drehzahl genügend Leistung und damit
Drehmoment abzugeben, auszugleichen. Neben dieser
Funktion als Anfahrkupplung ist aber jene der Trennkupplung genauso wichtig, um während der Fahrt ohne
Last schalten zu können. Aufgrund der Komplexität der
dabei zu lösenden Probleme besaßen in den Anfängen
des Automobilbaus viele, vor allem kleinere Fahrzeuge
keine Anfahrkupplung. Der Motorwagen musste angeschoben werden. Das Funktionsprinzip der ersten
Kupplungen stammt aus den Maschinenhallen der aufstrebenden Industrie. Wie bei den dort verwendeten
Transmissionsriemen wurden auch bei den Motor­
wagen lederne Flachriemen eingesetzt. Durch das
Spannen des Riemens über eine Spannrolle wurde die
Antriebsleistung der Motor-Riemenscheibe auf die
Antriebsräder übertragen. Durch Lockern rutschte der
Riemen durch und es war ausgekuppelt. Dieses Verfahren ließ den Lederriemen jedoch schnell verschleißen.
So ging man bald dazu über, neben die Antriebsriemen­
scheibe eine ebenso große, leerlaufende Scheibe zu
installieren. Per Hebelbewegung ließ sich der Transmissionsriemen von der Los- auf die Triebscheibe
umlenken. Schon der Benz-Patent-Motorwagen von
1886, mit dem Bertha Benz die erste, in die Automobilgeschichte eingegangene, Langstreckenfahrt von
Mannheim nach Pforzheim unternommen hatte, besaß
diese Kupplungslösung. Die Nachteile des Riemenantriebs einerseits, wie schlechter Wirkungsgrad, hohe
Verschleißanfälligkeit und ungenügende Laufeigenschaften, speziell bei Regenwetter, sowie die Notwendigkeit von Wechselgetrieben für die allmählich steigenden Motorleistungen andererseits ließen die
Konstrukteure nach besseren Lösungen als die der
Transmissionsriemenkupplung suchen.
Transmissionsriemenkupplung beim
Benz-Patent-Motorwagen von 1886
Abb. 1
6
Dabei entstanden die verschiedensten Kupplungs­
typen. Auch die Vorläufer unserer heutigen Kupplungen,
die alle auf dem Grundprinzip der Reibungskupplung
basieren, wurden seinerzeit entwickelt: Hierbei wird
einer auf dem Kurbelwellenende sitzenden Scheibe
zum Einkuppeln eine zweite, stillstehende, genähert.
Berühren sich die Scheiben, entsteht Reibung, und die
nicht angetriebene Scheibe beginnt, sich in Bewegung
zu setzen (Abbildung 2).
Mit zunehmendem Anpressdruck und steigender Drehzahl nimmt die antreibende Scheibe die angetriebene
bis zum Kraftschluss mit, bis beide die gleiche Umlaufgeschwindigkeit erreichen. In der Zeit zwischen
getrennten und eingerückten Scheiben wird die Hauptantriebsenergie durch das Aufeinandergleiten der
Scheiben in Wärme umgesetzt. Durch dieses Verfahren
wird sowohl ein allmähliches weiches Einrücken – zur
Vermeidung des Motorabwürgens beim Anfahren sowie
von Stößen auf den Motor und die Kraftübertragung –
als auch eine verlustfreie Kraftübertragung bei eingerückter Kupplung ermöglicht.
Über die Grundform dieses Bauprinzips verfügte
bereits der 1889 von Daimler gefertigte Stahlradwagen, der mit einer Konus- bzw. Kegel-Reibkupplung
ausgestattet war (Abbildungen 3 und 4). In das konisch
ausgedrehte Schwungrad greift hierbei ein auf der
antreibenden Motorwelle frei beweglicher Reibkegel
ein, der durch das Kupplungsgehäuse mit der Kupplungswelle fest verbunden ist. Mit einer Feder wird der
Kegel in das Schwungscheiben-Gegenstück gedrückt
und kann durch Druck auf den Fußhebel über die freilaufende Ausrückmuffe gegen den Federdruck zurückgezogen werden. Auf diese Weise wird der Kraftfluss
unterbrochen.
Grundprinzip der Reibungskupplung
Abb. 2
Die angetriebene Scheibe wird bis zum Kraft­schluss
auf die antreibende Seite gepresst
Aufbau der bis in die 20er Jahre dominierenden
Konus- oder Kegel-Reibkupplung
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Abb. 3
Vom Motor
Motorschwungrad mit Hohlkegel
Anpressfeder
Zum Getriebe
Mitnehmerkegel mit Lederbelag
Längsschnitt durch eine Kegelkupplung mit den
typischen Bauteilen: Kupplungskegel und entsprechend ausgedrehtes Schwungrad
4
3
2
5
1
1
6
7
9
10
8
Abb. 4
1
2
3
4
5
Kurbelwellenflansch
Schwungrad
Ausrückmuffe
Kupplungsfußhebel
Ausrückhebel
6 Kupplungswelle
7 Kupplungsgehäuse
8 Kupplungsfeder
9 Kupplungskegel
10 Kupplungsbelag
7
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
Ursprünglich dienten Kamelhaarriemen als Reibbelag
auf der Kegelfläche. Diese wurden aber bald von Lederriemen abgelöst, die zum Schutz gegen Feuchtigkeit,
Fett und Öl zuvor in Rizinusöl getränkt wurden (Abbildung 5).
Zwar hatte dieses Verfahren den Vorteil, selbstnachstellend zu sein und die Achs- bzw. Getriebewelle nicht
zu belasten. Jedoch überwogen die Nachteile. Der Reibbelag verschliss schnell – und seine Erneuerung war
aufwändig. Deshalb ging man bald zu Konstruktionen
mit federnden Stiften oder Blattfedern unter dem
Lederbelag über. Ein weiterer Nachteil war, dass die
Schwung­scheibe und der Kupplungskegel sehr massiv
ausfielen und beim Auskuppeln, aufgrund des großen
Massenträgheitsmomentes des Kupplungsteils, zu
langsam zum Stehen kamen. Da die Getriebe aber noch
nicht synchronisiert waren, sollte der Kupplungsteil
nach dem Ausrücken zum Schalten schnell zum Stillstand kommen.
Um diesem Manko zu begegnen, baute man ab etwa
1910 eine zusätzliche Kupplungs- bzw. Getriebebremse
an, die über einen zweiten Fußhebel – meist in Kombination mit dem Kupplungspedal und mit diesem auf
einer gemeinsamen Pedalwelle laufend – bedient werden musste. Aus Bequemlichkeit verzichteten viele
Chauffeure seinerzeit auf das Schalten und ließen
stattdessen lieber die Kupplung schleifen, um die
Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu regulieren. Diese
Anwendung erhitzte das Schwungrad jedoch stärker
als den durch den isolierenden Lederbelag thermisch
geschützten Reibkegel. So stellte sich das Problem,
dass der Konus nach einem solchen Parforceritt tiefer
in das durch die Erwärmung ausgedehnte Schwungrad
eingreifen konnte und sich nach dem Erkalten darin
festklemmte (Abbildung 5). So setzten sich bereits
nach dem Ersten Weltkrieg immer stärker metallische
Reibbeläge durch.
8
Kegelkupplung mit federndem
Lederbelag
Abb. 5
NAG-Kupplung mit zwei-­
geteiltem Hohlkegelring
Abb. 6
Doch parallel wurden auch andere Varianten erprobt:
So verbaute die Neue Automobil-Gesellschaft (NAG)
eine Kupplung (Abbildung 6), die mit einem aus Blech
gestanzten und zur Kühlung mit ventilatorartigen
Flügeln versehenen Kegel mit Kamelhaarbelag ausgestattet war, der in einen in das Schwungrad eingeschraubten, zweiteiligen Ring mit Lederbelag eingriff.
Durch die Zweiteilung konnte der Ring problemlos
demontiert werden. Dies vereinfachte die Wartung und
reduzierte die Zahl der Kupplungsklemmer.
1 Motor
2 Kupplung
3 Kupplungsfußhebel
4 Wechselgetriebe
5 Kreuzgelenk
6 Gelenkwelle
7 Linkes Hinterrad
8 Gelenkwellenrohr
9 Feder
10 Tellerrad
11 Linke Hinterachswelle
12 Hinterachsbrücke
13 Ausgleichsgetriebe
14 Rechte Hinterachswelle
15 Antriebskegelrad
16 Hinterachsgehäuse
17 Schubkugel zur Aufnahme
des Hinterachsschubes
und Übertragung auf den
Fahrgestellrahmen
18 Fahrgestellrahmen
19 Rechtes Hinterrad
Von der Daimler-Motoren-Gesellschaft stammte eine
offene Reibkupplung mit blankem Aluminiumkegel
(Abbildung 8). Zum weichen Einrücken musste in regelmäßigen Intervallen Öl auf die Reibflächen tropfen.
Aufgrund ihrer Einfachheit hielten sich Konuskupplungen bis in die 20er Jahre auf breiter Front. Metallische
Kupplungen mit zylindrischen Reibflächen konnten sich
wegen ihrer schlechten Dosierbarkeit nicht durchsetzen.
Einzig die von Daimler seit der Jahrhundertwende in
den Mercedes-Wagen eingebaute Federbandkupplung,
eine Abart der zylindrischen Kupplungsform, konnte
sich durch ihre genial einfache Konstruktionslösung
bis etwa zum Ersten Weltkrieg behaupten. Bei der
Federbandkupplung saß in einer Aussparung der
Schwungscheibe ein starkes, spiralförmiges Federband, in dem der trommelförmige Ansatz der Übertragungswelle lief. Das eine Ende der Spiralfeder war mit
der Schwungscheibe verbunden, das andere war am
Deckel des Federgehäuses befestigt. Die Betätigung
des Kupplungsfußhebels spannte das Federband, es
schlang sich (selbstverstärkend) immer fester um die
Trommel, die Getriebewelle wurde mitgenommen und
es wurde eingekuppelt. Das Anspannen der Feder
bedurfte nur geringer Kräfte und bewirkte ein weiches
Einkuppeln (Abbildung 9).
Konuskupplung mit Aluminiumkegel*
Abb. 8
* Daimler-Motoren-Gesellschaft
Antriebsstrang mit Kegelkupplung
1
2
3
4
5
17
6
18
8
10
16
15
9
7
19
11
12
13
14
Abb. 7
Die Kupplungsbetätigung erfolgt über den Fußhebel, der
über einen Ausrückhebel den Mitnehmerkegel gegen die
Anpressfeder zurückzieht und damit auskuppelt
Federbandkupplung*
Abb. 9
Wegen des einfachen Konstruktionsprinzips wurde
diese Kupplung bis zum Ersten Weltkrieg gebaut
9
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
Etwa zur gleichen Zeit, als die Daimler-Motoren-Gesellschaft ihre Federbandkupplung entwickelte, experimentierte der englische Professor Hele-Shaw bereits
mit einer Lamellen- oder Mehrscheibenkupplung. Sie
gilt als Vorläufer der heute gebräuchlichen Einscheiben-Trockenkupplung. Lamellenkupplungen, die oft
auch nach dem ersten Großserienproduzenten „Westonsche Kupplungen“ benannt wurden, besaßen
gegenüber der Kegel-Reibkupplung entscheidende Vorteile: Sie verfügten über weitaus größere Reibflächen
bei gleichzeitig geringem Platzbedarf und einem kontinuierlichen Eingreifen (Abbildung 10).
Bei der Mehrscheibenkupplung ist mit der Schwung­
scheibe ein trommelförmiges Gehäuse verbunden, das
innen mit Nuten versehen ist, in die am Außenrand entsprechend eingeschnittene Scheiben eingesetzt werden, wodurch diese sich mit der Kurbelwelle bzw. dem
Schwungrad drehen, gleichzeitig aber in Längsrichtung
verschoben werden können. Eine identische Anzahl von
Scheiben ist entsprechend mit Innenaussparung auf
einer mit der Kupplungswelle verbundenen Nabe zentriert. Diese können sich in der Längsrichtung der Kupplungswelle auf der Nabe verschieben. Bei der Montage
werden abwechselnd innere und äußere Kupplungsscheiben zu einem Lamellenpaket zusammengefasst,
in dem sich jeweils eine antreibende und eine angetriebene Scheibe abwechseln. Die so gebildeten Plattenpaare, bei denen sich in den Anfängen je eine Bronzegegen eine Stahlscheibe drehte, wurden durch eine
Druckscheibe per Kupplungsfeder zusammengepresst.
Kontinuierlich griffen so alle Kupplungslamellen ein.
Durch diese allmähliche Vergrößerung der Reibleistung
griff die Lamellenkupplung sehr sanft. Beim Nachlassen des Federdrucks entkuppelten sich die Scheiben
wieder. Zum Teil wurden sie von federnden Streifen
unterstützt, die aus der Scheibenebene herausgeformt
waren. Durch die unterschiedliche Anzahl der Scheibenpaare konnte so ein Kupplungsgrundtyp an jede
Motorleistung angepasst werden. Mehrscheibenkupplungen arbeiteten sowohl im Öl- oder Petroleumbad als
auch trocken. Dabei kamen meist spezielle, aufgenietete Reibbeläge zur Anwendung (Abbildung 11).
Lamellen- oder Mehrscheibenkupplung
Abb. 10
Der englische Professor Hele-Shaw war der Erste, der mit
Lamellen- oder Mehrscheibenkupplungen experimentierte
Plattenpaar einer Lamellenkupplung
1
2
Abb. 11
1 Innere Kupplungsscheibe
2 Äußere Kupplungsscheibe
Mehrscheibenkupplung im Ölbad
3
4
5
1
2
1
2
3
4
5
6
10
Schwungrad
Kurbelwellenflansch
Kupplungsgehäuse
Kupplungsnabe
Kupplungsfußhebel
Kupplungsscheiben
7 Druckscheibe
8 Kupplungsfeder
9 Ausrückmuffe
10 Kupplungswelle
11 Gelenkauge
6
7
8
9
10
11
Abb. 12
Als größtes Manko der Lamellenkupplung muss die
Schleppwirkung – vor allem im Ölbad – gelten. Denn
dadurch erfolgte eine nur unzureichende Leistungsunterbrechung, die das Schalten erschwerte (Abbildungen 12 und 13).
Mehrscheiben-Trockenkupplung mit
aufgenietetem Belag
1
1
2
3
4
5
6
Führungsbolzen
Mitnehmerscheibe zur Kupplungswelle
Drucksteller mit Ausrückmuffe
Kupplungsfeder
Innere Kupplungsscheiben
Äußere Kupplungsscheiben mit Kupplungsbelag
Bereits 1904 hatten De Dion & Bouton das Prinzip der
Einscheibenkupplung vorgestellt (Abbildung 14). Doch
es konnte sich wegen der zunächst mangelhaften
Werkstoffe in den USA erst während des großen Autobooms der 20er Jahre durchsetzen – nicht zuletzt auf
Drängen der Zulieferindustrie, die ab Ende der 20er
Jahre Lizenzen an die europäischen Hersteller vergab.
Die Einscheibenkupplung verdrängte innerhalb weniger
Jahre die Konus- und Lamellenkupplung. Während De
Dion & Bouton bei ihrer Scheibenkupplung die Reibflächen noch mit Graphit schmierten, kam der große Fortschritt dieser Kupplungstechnologie durch FerodoAsbest-Beläge, die ab etwa 1920 eingesetzt und erst
im späten 20. Jahrhundert durch asbestfreie Reibbeläge abgelöst wurden.
3
4
5
2
6
Abb. 13
Einscheibenkupplung*
Abb. 14
Die Vorteile der Einscheiben-Trockenkupplung waren
unverkennbar: Aufgrund der geringen Masse der Kupplungsscheibe kam diese beim Ausrücken schneller zum
Stillstand, wodurch das Schalten sehr erleichtert
wurde. Die erste Konstruktionsart der Einscheiben-Trockenkupplung war relativ aufwändig. Auf die Schwung­
scheibe wurde das Kupplungsgehäuse geflanscht, in
das der Kupplungsdeckel geschraubt wurde. Dieser
Deckel nahm über Federn nach innen gedrückte Nasenhebel auf, die von einer Zwischenscheibe über die
Reibscheibe den Druck und damit den Kraftschluss
vom Schwungrad übertrugen.
* nach Erkenntnissen von De Dion & Bouton
11
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
Die Reibscheibe war über einen Mitnehmer mit der Verbindungs- bzw. Getriebewelle verbunden. Ein- und Ausrücken der Kupplung erfolgten über eine Schleifringscheibe, die einen Kegel vor- und zurückbewegte. Die
Kegelflanken betätigten dabei die unter Federdruck
stehenden Nasenhebel, über die die Zwischenscheibe
be- und entlastet, d. h. ein- und ausgerückt wurde. Da
sich der Kegel um die ruhende Schleifringscheibe
drehte, musste regelmäßig abgeschmiert werden.
Durchsetzen konnte sich aber die Schraubenfederkupplung, bei der der Anpressdruck von Schraubenfedern erzeugt wird (Abbildung 15). Zunächst experimentierte man mit einer zentral angeordneten Feder. Aber
erst die Konstruktionslösung mit mehreren kleineren,
am Außenrand des Kupplungsgehäuses verteilten
Schrauben- oder Kupplungsfedern ging in Großserie
(Abbildung 16).
Mit Hilfe einer frei auf der Kupplungswelle verschiebbaren Ausrückmuffe konnten über Hebel die Schraubenfedern zusammengedrückt und damit die Anpressplatte entlastet werden. So wurde ausgekuppelt. Durch
unterschiedliche Federbestückung war die Anpresskraft variabel, besaß aber den entscheidenden Nachteil, dass die Schraubenfedern, die ja außen an der
Druckplatte saßen, mit zunehmender Drehzahl von der
Fliehkraft immer stärker nach außen gegen die Federtöpfe gedrückt wurden. Dadurch änderte sich die
Druckcharakteristik durch die zwischen Feder und Topf
entstehende Reibung. Mit zunehmender Drehzahl
wurde die Kupplung immer schwergängiger. Hinzu
kam, dass die Lagerung der Ausrückhebel, die immer
unter Belastung standen, verschleißanfällig war und
die Federtöpfe besonders bei hochtourigem Schalten
schnell durchscheuern konnten (Abbildungen 17 und
18). Um diese prinzipbedingten Nachteile auszuschalten, wurde die Tellerfederkupplung (Abbildung 19) ent-
wickelt, die in den „Forschungslabors“ von General
Motors 1936 das Licht der Welt erblickte und Ende der
30er Jahre in den USA Eingang in die Serienfertigung
fand. In Europa wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg
vor allem durch die amerikanischen GMC-Militärtrucks
bekannt und ab Mitte der 50er Jahre, zunächst nur vereinzelt, auch von europäischen Herstellern eingesetzt.
Porsche 356, Goggomobil, BMW 700 und DKW Munga
waren die ersten Fahrzeuge deutscher Provenienz, die
damit ausgerüstet wurden. Im Opel Rekord ging sie
1965 erstmals in Großserie.
Da die Teller- oder Membranfederkupplung rotationssymmetrisch und damit drehzahlunempfindlich ist,
schlug ihre große Stunde in den 60er Jahren, als auf
breiter Front hochdrehende Motoren mit obenliegender
Nockenwelle (Glas, BMW, Alfa-Romeo) die Stoßstangen-Konstruktionen zu verdrängen begannen. Bis Ende
der 60er Jahre gingen fast alle Hersteller zum Einbau
von Tellerfederkupplungen über. Dabei war es maßgeblicher Verdienst von LuK, dass die Tellerfederkupplung
großserienreif wurde.
Der Ersatz des kompletten Hebel-Schraubenfeder-Systems durch eine Tellerfeder, die beide Funktionen übernimmt, brachte viele Vorteile. Der einfache mechanische Aufbau, die konstante Anpresskraft, geringer
Platzbedarf bei hohem Anpressdruck – wesentlich bei
quer eingebauten Motoren – und Drehzahlfestigkeit
führten dazu, dass sie heute fast ausschließlich verwendet wird und zunehmend auch in Nutzfahrzeugen –
noch lange eine Domäne der Schraubenfederkupplung
zum Einbau gelangt.
Erste Konstruktionsart der Schraubenfederkupplung mit senkrecht zur Mittelachse angeordneten
Kupplungsfedern
1
6 7
8
5
4
1 Schwungrad
2 Zwischenscheibe
3 Reibscheibe
4 Kupplungsgehäuse
5 Kupplungsdeckel
6 Feder
7 Nasenhebel
8 Kegel
9 Schleifringscheibe
10 Federgelenk
11 Verbindungswelle
12 Lederbelag
13 Mitnehmer
12
9
10
13
3
11
2
12
Abb. 15
Die Schraubenfederkupplung wurde bis in die 60er
Jahre verbaut und verfügte über parallel zur Mittelachse angeordnete Kupplungsfedern.
Schraubenfederkupplung
5
1
2
6
3
4
7
8
1
2
3
4
5
Schwungrad
Kupplungsbelag
Kupplungsscheibe
Kurbelwelle
Kupplungsfedern
6 Ausrückmuffe
7 Kupplungswelle
8 Kupplungsdeckel
9 Druckscheibe
10 Abzughebel
Der Borg & Beck-Kupplungstyp war in England und den
USA am weitesten verbreitet und verfügte über im
Kupplungskorb liegende Federn.
9
10
Abb. 16
Borg & Beck-Typ
1
2
3
4
1 Kupplungsgehäuse
2 Kupplungskorb (Kupplungsdeckel)
3 Kupplungsdruckfeder
4 Ausrücklager (dauergeschmiert)
5 Kupplungsgabel
6 Ausrückhebel
7 Einstellmutter
8 Druckplatte (Anpressplatte)
9 Mitnehmerscheibe (gefedert und stoßgedämpft)
10 Schwungrad
Die in Kontinentaleuropa verbreitete Konstruktionsart
verfügte über außenliegende, über dem Kupplungsdeckel angeordnete Federn.
5
6
9
7
8
10
Abb. 17
Kupplung mit außenliegenden Federn
1
2
3
4
5
1 Schwungrad
2 Druckplatte
3 Einstellmutter
4 Ausrückhebel
5 Ausrückring
6 Kupplungswelle
7 Ausrücker mit Graphitring
8 Mitnehmerscheibe
9 Kupplungsdruckfeder
10 Kupplungsdeckel
6
7
8
9
10
Abb. 18
13
1 Entwicklungsgeschichte der Kupplungstechnik
Parallel zu dieser Entwicklung wurde auch die Kupplungsscheibe optimiert. Die ständig wechselnde Drehzahl und das Schwanken des Drehmoments eines Verbrennungsmotors erzeugen Schwingungen, die von
Kurbelwelle, Kupplung und Getriebe-Eingangswelle auf
das Getriebe übertragen werden. Geräuschentwicklung
und hoher Zahnflankenverschleiß sind die Folge. Verringerte Schwungmasse und Leichtbau bei modernen
Fahrzeugen verstärken diesen Effekt. Aus diesem
Grund stattete man Kupplungsscheiben mit Torsionsdämpfern und Belagfederung aus.
Während das Kuppeln lange Zeit kräftige Waden erforderte, da die Fußkraft über Gestänge und Wellen übertragen wurde, erhöhten seit den 30er Jahren Seilzüge
und seit den 50ern hydraulische Betätigungen den
Komfort.
Der Bedienungsfreundlichkeit sollten auch alle Versuche dienen, den Kupplungsvorgang zu automatisieren.
1918 kamen von Wolseley die ersten Ideen zu einer
elektromagnetischen Kupplung. Anfang der 30er Jahre
baute die französische Firma Cotal ihr Vorwahlgetriebe
mit elektromagnetischer Kupplung, das in einigen
Luxusautomobilen eingebaut wurde.
Am bekanntesten wurden Fliehkraftkupplungen, die
ihren Anpressdruck drehzahlabhängig durch die Zentrifugalkraft regeln, und automatische Kupplungen wie
Saxomat (Fichtel & Sachs), LuKomat (LuK), Manumatik
(Borg & Beck) und Ferlec (Ferodo). Keine davon konnte
sich durchsetzen. Die Konkurrenz der manuellen und
automatischen Getriebe mit Drehmomentwandler war
zu groß.
Lamellenkupplung von Chevrolet*
1
2
7
8
3
9
10
4
11
12
5
6
13
14
Abb. 19
Bei der von Chevrolet entwickelten Lamellenkupplung wurden die Druckfedern durch eine Tellerfeder ersetzt.
­Deshalb trägt diese Kupplungsart auch den Namen Chevrolet- bzw. Inland-Kupplung
1 Vorderes Führungslager der
Kupplungswelle
2 Haltefeder mit Schraube
3 Teller- oder Membranfeder mit den
fingerförmigen Ausrücklamellen
4 Ausrücklager
5 Haltefeder
6 Kugelbolzen zur Lagerung der
Kupplungsgabel
7 Schwungrad
8 Mitnehmerscheibe
9 Druckplatte
10 Innerer Führungsring
* mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift „Markt für klassischer Automobile und Motorräder“
14
11 Äußerer Führungsring
12 Kupplungskorb
13 Kupplungsgabel
14 Rückzugsfeder der Kupplungsgabel
2 Kupplungssystem
2Kupplungssystem
2.1Funktionsschema
Verbrennungsmotoren geben nur in einem bestimmten
Drehzahlbereich nutzbare Leistung ab. Um diesen
Bereich für verschiedene Fahrzustände nutzen zu können, benötigen Kraftfahrzeuge ein Getriebe. Es wird
heute in der Regel durch Einscheiben-Trockenkupplungen mit dem Motor verbunden. Zweischeiben-Trockenkupplungen werden immer dann eingesetzt, wenn sehr
hohe Motordrehmomente bei niedrigen Betätigungskräften zu übertragen sind. Daher sind sie hauptsächlich in Sportwagen oder Lastkraftwagen anzutreffen.
Im Gegensatz zu trockenen, also im Medium Luft
betriebenen Kupplungen arbeiten nasslaufende Kupplungen im Ölbad oder im Ölnebel. Sie werden hauptsächlich als Lamellenkupplungen in automatischen
Getrieben, Baumaschinen, Sonderfahrzeugen und
überwiegend in Motorrädern verwendet.
Eine Kupplung muss folgende Anforderungen erfüllen:
• Motordrehmoment übertragen
• Kraftfluss zwischen Motor und Getriebe trennen und
verbinden
• Schnelles Schalten zulassen
• Weiches Anfahren ermöglichen
• Schwingungen dämpfen
• Als Überlastschutz dienen
• Wartungsfrei über die gesamte Lebensdauer sein
• Verschleißarm arbeiten
• Leicht austauschbar sein
Einscheiben-Trockenkupplung
Geschlossen
Geöffnet
Abb. 20
15
2 Kupplungssystem
2.2Berechnung des übertragbaren Drehmoments
Eine der Hauptaufgaben der Kupplung besteht darin,
das Motordrehmoment auf die Getriebe-Eingangswelle
zu übertragen. Anhand folgender Formel kann das
übertragbare Drehmoment einer Kupplung errechnet
werden:
Md = rm • n • μ • Fa
Dabei bedeuten:
Md übertragbares Drehmoment
rm mittlerer Reibradius des Kupplungsbelags
n
Anzahl der Reibflächen
μ
Reibwert der Beläge
Fa Anpresskraft der Tellerfeder
Darstellung der Berechnungsparameter
Fa
di
da
Beispiel:
Innendurchmesser des Belags di = 134 mm
Außendurchmesser des Belags da = 190 mm
Anpresskraft Fa = 3.500 N
Reibwert μ = 0,27 – 0,32 (organische Beläge)
0,36 – 0,40 (anorganische Beläge)
Abb. 21
Berechnung von rm
r m = di + d a
4
rm = 134 mm + 190 mm
4
rm = 81 mm
Für die anschließende Berechnung wird das
Ergebnis in Meter dargestellt.
81 mm = 0,081 m
Md = 0,081 m x 2 x 0,27 x 3.500 N
Md = 153 Nm
Kupplungen werden grundsätzlich mit einem
Sicherheitsfaktor ausgelegt. Dadurch liegt das
übertragbare Drehmoment immer über dem
maximalen Motordrehmoment.
16
2.3Aufbau
Im Kupplungsgehäuse bilden Tellerfeder, Distanzbolzen, Stützringe, Tangentialblattfedern und die Anpressplatte eine Mechanik, die eine modulierbare reibschlüssige Verbindung ermöglicht. Hierbei stellt die
Tellerfeder die Anpresskraft zur Verfügung und bildet
den Hebel zwischen Ausrücklager und Anpressplatte.
Als Auflagepunkte der Tellerfeder dienen Stützringe,
die über Distanzbolzen geführt werden. Die Anpressplatte wird durch mehrere Tangentialblattfedern im
Kupplungsgehäuse zentral geführt. Zur Kraftübertragung dient die Kupplungsscheibe mit den Kupplungsbelägen. Sie stellt über die Beläge eine reibschlüssige
Verbindung zum Motor und mit der Nabe eine formschlüssige Verbindung zur Getriebe-Eingangswelle her.
Einscheiben-Trockenkupplung (geschlossen), Bauteile
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
1 Tangentialblattfeder
2 Kupplungsgehäuse/Kupplungsdeckel
3 Anpressplatte
4 Stützring (auch Kippring)
5 Tellerfeder
6 Torsionsdämpfer
7 Nabe
8 Führungshülse
9 Getriebe-Eingangswelle
10 Ausrücklager
11 Pilotlager (auch Führungslager)
12 Kupplungsscheibe
13 Distanzbolzen
14 Segmente zur Belagfederung
15 Reibbelag
16 Schwungrad
2.4Funktion
12
13
14
15
16
Abb. 22
Einscheiben-Trockenkupplung (geöffnet)
Kupplung geschlossen (Abbildung 22)
Im eingekuppelten Zustand wirkt die Kraft der Teller­
feder auf die Anpressplatte. Dadurch wird die axial
bewegliche Kupplungsscheibe gegen das Schwungrad
gepresst. Es entsteht eine reibschlüssige Verbindung.
So kann das Motordrehmoment über das Schwungrad
und die Anpressplatte zur Getriebe-Eingangswelle
geleitet werden.
Kupplung geöffnet (Abbildung 23)
Beim Betätigen des Kupplungspedals wird das Ausrücklager gegen die Tellerfederkraft in Richtung Motor
bewegt. Dabei bewirkt die Umlenkung der Tellerfeder
über die Stützringe, dass die Kraft an der Anpressplatte abnimmt. Diese ist nun so gering, dass die Tangentialblattfedern die Anpressplatte gegen die Tellerfederkraft bewegen können. Dadurch entsteht ein
Lüftspiel zwischen den Reibflächen, wodurch sich die
Kupplungsscheibe frei zwischen der Schwungscheibe
und der Anpressplatte bewegen kann. Somit ist der
Kraftfluss zwischen Motor und Getriebe unterbrochen.
Abb. 23
17
3 Kupplungsgehäuse
3Kupplungsgehäuse
3.1Aufgaben
zulässige Belagabnutzung
7.000
2,2
Druckplattenabhub
2
Betriebspunkt
neue Kupplung
6.000
Die Tellerfeder
Das zentrale Bauelement des Kupplungsgehäuses ist
die Tellerfeder. Im Gegensatz zu den früher verwendeten Schraubenfedern in PKW-Kupplungen hat sie den
Vorteil, dass sie wesentlich flacher und leichter ausgeführt werden kann. Von besonderer Bedeutung ist die
Kennlinie der Tellerfeder, die sich deutlich von der linearen Kennlinie einer Schraubenfeder unterscheidet.
Durch die gezielte Auslegung der Tellerfederaußenund -innendurchmesser, Dicke, Aufstellwinkel und
Materialhärtung lässt sich ein Kennlinienverlauf erzeugen, wie er mittels der durchgezogenen Kurve im ersten Diagramm in Abbildung 24 dargestellt ist.
1,8
1,4
Anpresskraft
4.000
1,2
1
3.000
0,8
Ausrückkraft bei Belagverschleiß
0,6
Ausrückkraft neu
0,4
1.000
0,2
0
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
Ausrückweg/Ausrücklagerweg [mm]
8
0
9
Abb. 24
2,4
6.000
Betriebspunkt
2,2
Druckplattenabhub
5.000
2
1,8
1,6
1,4
Wirksame Anpresskraft
der Druckplatte
3.000
1,2
1
2.000
18
Abhub [mm]
4.000
0,8
0,6
Ausrückkraft
1.000
0,4
0,2
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Ausrückweg [mm]
0
9
Abb. 25
6.000
2,4
2,2
Betriebspunkt
5.000
2
1,8
4.000
1,6
1,4
Anpresskraft = Belagfederkraft
3.000
1,2
1
Lüftspalt
2.000
Abhub [mm]
Ausrückkraft [N]
Die Abbildungen 24 bis 26 zeigen beispielhaft Kupplungskennlinien und Kraftdiagramme. Sie beziehen
sich nicht direkt auf die abgebildeten Bauarten, sondern sind allgemeingültiger Natur. Die links aufgeführten vertikalen Achsen stellen die Kräfte dar. Unten, auf
den horizontalen Achsen, ist der Ausrückweg bzw. in
Abbildung 24 auch der Ausrücklagerweg dargestellt.
Auf den rechten vertikalen Achsen wird der Abhub der
Anpressplatte deutlich.
Abhub [mm]
1,6
5.000
2.000
Ausrückkraft [N]
Während die Anpresskraft bei einer Schraubenfederkupplung durch Verschleiß bei abnehmender
Belagstärke linear abfällt, steigt sie hier zunächst an
und fällt dann wieder ab. Dieser Kraftverlauf ist spürbar komfortabler als die Variante mit Schraubenfedern.
Die Auslegung ist so gewählt, dass die Kupplung vor
Erreichen der Verschleißgrenze des Belages zu rutschen beginnt. Damit wird die Notwendigkeit eines
Kupplungswechsels rechtzeitig signalisiert, so dass
weitergehende Schäden – beispielsweise durch einlaufende Belagnieten – vermieden werden. Aufgrund der
Tellerfederkennlinie sind die erforderlichen Pedalkräfte
zudem geringer als bei Schraubenfederkupplungen.
2,4
8.000
Ausrückkraft [N]
Das Kupplungsgehäuse bildet mit dem Schwungrad
und der Kupplungsscheibe ein Reibsystem. Es ist mit
dem Schwungrad verschraubt und bewirkt die Weiterleitung des Motordrehmoments über die Kupplungsscheibe an die Getriebe-Eingangswelle.
0,8
0,6
Ausrückkraft
1.000
0,4
0,2
0
0
1
2
3
4
5
Ausrückweg [mm]
6
7
8
9
0
Abb. 26
3.2Kupplungskennlinien und
­Kraftdiagramme
3.3Bauarten
Abbildung 24 zeigt mit der durchgezogenen Linie den
Verlauf der Anpresskraft. Im Zustand einer neu montierten Kupplungsscheibe ist die Position der max. Federkraft der Tellerfeder überwunden (Betriebspunkt neue
Kupplung). Mit abnehmender Belagstärke steigt dann
die Anpresskraft der Tellerfeder bis zum Kraftmaximum,
um dann bis zur zulässigen Belagabnutzung wieder in
etwa auf den Wert des Neuzustandes abzusinken. Die
Kupplungsscheibenstärke nimmt während der Lebensdauer um etwa 1,5 bis 2 mm ab. Die Anpress­kräfte sind
so berechnet, dass die Kupplung zu rutschen beginnt,
kurz bevor die Nieten der Kupplungsbeläge an die
Anpressplatte oder an das Schwungrad anlaufen und
damit zusätzlichen Schaden anrichten würden. Die
strichpunktierte Linie zeigt den Verlauf der Ausrückkraft, also der zum Betätigen der Kupplung notwendigen Kraft im Neuzustand und – punktiert – nach der
Belagabnutzung. Zunächst steigt die Ausrückkraft an,
bis der Betriebspunkt erreicht wird, um dann wieder
langsam abzusinken. Die Kurve für die Ausrückkraft bei
Belagabnutzung wurde zur Veranschaulichung des Verhältnisses von Anpresskraft zu Ausrückkraft nach links
gerückt. Der höheren Anpresskraft im Betriebspunkt
bei verschleißenden Belägen stehen entsprechend
höhere Ausrückkräfte gegenüber. Die gestrichelte Linie
zeigt den Verlauf des Druckplattenabhubs über dem
Ausrücklagerweg. Hier wird die Hebelübersetzung in
der Kupplung deutlich: 8 mm Ausrückweg entsprechen
2 mm Abhub, also einem Übersetzungsverhältnis von
4:1 (ohne Berücksichtigung der Elastizitäten in der
Kupplung). Dieses Verhältnis gilt analog auch für die
oben angeführte Anpress- und Ausrückkraft. Im mittleren (Abb. 25) und unteren (Abb. 26) Diagramm sind
Messungen an Kupplungen mit und ohne Berücksichtigung der Belagfederung einer Kupplungsscheibe einander gegenübergestellt. Die Vorteile einer Belagfederung
sind ein weiches Einkuppeln und ein günstigeres Verschleißverhalten. Ohne Belagfederung fällt die wirksame Anpresskraft (durchgezogene Linie) beim Auskuppeln linear und relativ steil ab. Umgekehrt steigt sie
beim Einkuppeln genauso steil und plötzlich an. Im
unteren Diagramm hingegen erkennt man, dass der zur
Verfügung stehende Ausrückweg, über den die Anpresskraft nachlässt, etwa doppelt so lang ist. Umgekehrt
steigt beim Einkuppeln die Anpresskraft langsam in
einer Kurve an, da ja zunächst die Belagfedern zusammengedrückt werden müssen. Durch den sanfteren Auslauf bzw. Anstieg der Anpresskraftkurve (durchgezogene Linie) wird auch die ausgeprägte Kraftspitze bei
der benötigten Ausrückkraft abgebaut. Solange die
Anpressplatte die Kupplungsscheibe nur berührt, ist die
Anpress- und Belagfederkraft im Gleichgewicht.
Je nach Aufbau bzw. Betätigungsart der Kupplung
unterscheidet man:
Gedrückte Tellerfederkupplungen
(öffnen durch Druck auf die Tellerfederspitzen)
Abb. 27
Gezogene Tellerfederkupplungen
(öffnen durch Zug an den Tellerfederspitzen)
Abb. 28
19
3 Kupplungsgehäuse
3.3.1 Tellerfederkupplung in Standardausführung
Bei dieser Ausführung wird die Tellerfeder über Distanzbolzen und Stützringe geführt. Die Anpressplatte
ist durch Tangentialblattfedern mit dem Gehäuse verbunden und liegt am äußeren Rand der Tellerfeder auf.
Dabei übernehmen die Tangentialblattfedern drei
wesentliche Funktionen:
• Abhub der Anpressplatte beim Auskuppeln
• Übertragung des Motordrehmoments
• Zentrierung der Anpressplatte
Motorseite Getriebeseite
1
2
3
4
5
6
7
Kupplungsgehäuse
Anpressplatte
Tellerfeder
Ring
Bolzen
Tangentialblattfeder
Zentrierbohrung
2 6
3
1
5
4
Motorseite
Getriebeseite
7
Abb. 29
Die Tellerfeder ist zwischen Anpressplatte und Kupplungsgehäuse unter Vorspannung montiert. Dadurch
stellt sie die nötige Anpresskraft bereit, um die Kupplungsscheibe mit dem Schwungrad und der Anpressplatte kraftschlüssig zu verbinden. Dabei stützt sie
sich über einen Ring, der durch Bolzen fixiert wird, im
Kupplungsgehäuse ab. Optional kann dieser Ring auch
20
durch eine Sicke im Gehäuse ersetzt werden. Am
Außendurchmesser liegt die Tellerfeder auf der
Anpressplatte auf. Wird die Kupplung betätigt, drückt
das Ausrücklager auf die Spitzen der Tellerfederzungen. Die Anpressplatte hebt mit Hilfe der Tangentialblattfedern ab und die Kupplungsscheibe wird freigegeben.
3.3.2 Tellerfederkupplung mit Federlaschen
Die Tellerfederkupplung mit Federlaschen ist eine Weiterentwicklung der Standardausführung. Dabei sind die
Federlaschen so gestaltet, dass sie die Bolzen im
Kupplungsgehäuse nach außen ziehen. Dadurch wird
der Verschleiß in der Lagerung der Tellerfeder kompensiert. Der Vorteil dieser Ausführung ist ein gleich­
bleibender Abhub über die gesamte Lebensdauer.
Motorseite Getriebeseite
1
2
3
4
5
6
7
8
Kupplungsgehäuse
Anpressplatte
Tellerfeder
Ring
Bolzen
Tangentialblattfeder
Zentrierbohrung
Federlasche
2 6
3
1
5
4
8
Motorseite
Getriebeseite
7
Abb. 30
21
3 Kupplungsgehäuse
3.3.3 Tellerfederkupplung mit Stützfeder
Eine Spezialausführung stellt die Tellerfederkupplung
mit Stützfeder dar. Die Abstützung der Tellerfeder am
Kupplungsgehäuse übernimmt ein Ring, der optional
auch durch eine Sicke im Kupplungsgehäuse ersetzt
werden kann. Das Gegenlager bildet die Stützfeder.
Hierdurch wird eine spiel- und verlustfreie Tellerfederlagerung mit automatischer Verschleißnachstellung
erreicht. Der weitere Aufbau gleicht den zuvor
beschriebenen Bauarten.
Motorseite Getriebeseite
1
2
3
4
5
6
7
8
Kupplungsgehäuse
Anpressplatte
Tellerfeder
Ring
Bolzen
Tangentialblattfeder
Zentrierbohrung
Stützfeder
2
6
3 1
8
Motorseite
7
Getriebeseite
4
5
Abb. 31
22
3.3.4 Bolzenlose Tellerfederkupplung (Bolo)
Eine weitere Spezialausführung stellt die bolzenlose
Tellerfederkupplung dar. Ähnlich der Stützfederausführung wird die Abstützung der Tellerfeder am Kupplungsgehäuse durch einen Ring übernommen, der optional auch durch eine Sicke im Kupplungsgehäuse
ersetzt werden kann. Als Gegenlager dient ähnlich der
Bolzenkupplung ein Drahtring. Als Besonderheit wird
der Ring jedoch von den aus dem Kupplungsdeckel
geformten Laschen gehalten. Ähnlich wie bei der
Federlaschenkupplung sind auch hier die Laschen vorgespannt, so dass der Verschleiß innerhalb der Tellerfederlagerung bei dieser Kupplungsausführung automatisch kompensiert werden kann und eine spielfreie
Lagerung der Tellerfeder über die gesamte Kupplungslebensdauer gewährleistet ist.
Motorseite Getriebeseite
1
2
3
4
5
6
7
Kupplungsgehäuse
Anpressplatte
Tellerfeder
Ring
Tangentialblattfeder
Zentrierbohrung
Laschen
2 5
3
1
4
Motorseite
6
Getriebeseite
7
Abb. 32
23
3 Kupplungsgehäuse
3.3.5 Gezogene Tellerfederkupplung
Die untere Abbildung zeigt eine Tellerfederkupplung in
gezogener Ausführung. Der Unterschied zur gedrückten
Tellerfederkupplung ist die umgedrehte Einbauweise
der Tellerfeder. Die Betätigung der Kupplung erfolgt bei
diesem Typ durch Ziehen an den Tellerfederspitzen.
Dabei stützt sich die Tellerfeder mit dem Außenrand
am Kupplungsgehäuse und mit dem Innenrand auf der
Anpressplatte ab. Der Vorteil dieser Kupplungsausführung ist die Möglichkeit, bei gleicher Anpresskraft aufgrund der Hebelverhältnisse geringere Ausrückkräfte
gegenüber einer gedrückten Tellerfederkupplung realisieren zu können. Auch ist der Wirkungsgrad der gezogenen Kupplungen, bedingt durch die am Kupplungsgehäuse-Außendurchmesser gelagerte Tellerfeder
besser als bei gedrückten Tellerfederkupplungen.
Im Gegensatz zur gedrückten Ausführung gestalten
sich die Demontage und Montage der gezogenen Kupplung deutlich aufwändiger. Dies ist u. a. dem komplexeren Aufbau des Ausrücklagers geschuldet.
Motorseite Getriebeseite
1
2
3
4
5
6
24
Kupplungsgehäuse
Anpressplatte
Tellerfeder
Tangentialblattfeder
Zentrierbohrung
Druckstück
2
4
3
1
6
Motorseite
5
Getriebeseite
Abb. 33
3.3.6 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC I (kraftgesteuert)
Während der letzten Jahre hat sich die Drehmomentsteigerung neuer Motoren rasant entwickelt. Dies
führte zwangsweise zu Kupplungssystemen mit erhöhten Anpresskräften, die wiederum eine Steigerung der
Betätigungskräfte zur Folge hatten. Die daraus resultierenden Komforteinbußen werden mit der SAC-Kupplung (Self-Adjusting Clutch) wirkungsvoll unterbunden.
Prinzip der selbstnachstellenden Kupplung
Bei der Kupplung mit Verschleißnachstellung wird der
Anstieg der Ausrückkraft durch Verschleiß erfasst und
gezielt ein Ausgleich für die abnehmende Dicke der
Beläge herbeigeführt (Verschleißausgleich durch Kraftsteuerung). Der wesentliche Unterschied zu einer herkömmlichen Kupplung ist, dass die Lagerung der
(Haupt-) Tellerfeder nicht fest am Deckel angenietet,
sondern über eine sogenannte Sensor-Tellerfeder abgestützt wird. Diese weist einen ausreichend langen
Bereich mit fast konstanter Kraft auf – im Gegensatz zu
der stark degressiven Haupttellerfeder. Die Sensor-Tellerfeder verformt sich, sobald das Kraftniveau etwas
über dem der Ausrückkraft liegt. Solange die Ausrückkraft kleiner ist als die Haltekraft der Sensorfeder,
bleibt die Drehlagerung der Haupttellerfeder beim Ausrücken an der gleichen Stelle. Wenn sich jedoch durch
Verschleiß der Beläge die Ausrückkraft erhöht, wird die
Gegenkraft der Sensor-Tellerfeder überschritten und
die Drehlagerung weicht in Richtung Schwungrad aus,
und zwar genau so weit, bis die Ausrückkraft wieder
auf die Sensorkraft abgesunken ist. Zwischen der
Drehlagerung und dem Deckel entsteht bei ausweichender Sensor-Tellerfeder ein Spalt, der durch den
Rampenring ausgeglichen wird.
Funktion der Verschleißnachstellung
Der Kraftsensor mit dem Stärkenausgleich lässt sich
durch gegeneinander laufende Rampen recht elegant
und einfach verwirklichen. Im Vergleich zur konventionellen Kupplung kommen nur eine Sensorfeder (rot) und
ein Verstellring (gelb) hinzu. Die Sensor-Tellerfeder ist
außen im Deckel eingehängt und bildet mit ihren inneren Zungen die Lagerung für die Haupttellerfeder.
Durch die Rampen wird die eigentliche Nachstellung
bewirkt. Sie sind wegen der Fliehkräfte in Umfangsrichtung angeordnet. Dabei läuft der Rampenring auf
gegenüberliegenden Rampen im Deckel. Er wird über
Druckfedern in Umfangsrichtung vorgespannt, damit er
bei ausweichender Sensor-Tellerfeder die Lücke zwischen Tellerfederlagerung und Deckel ausfüllen kann.
Schematische Darstellung des SAC-Systems
5
1
2
1
2
3
4
5
3
Kupplungsgehäuse
Rampenring
Druckfeder
Tellerfeder
Sensor-Tellerfeder
4
Abb. 34
Die Abbildung 35 zeigt die Ausrückkraftverläufe für eine
konventionelle Kupplung im Neuzustand sowie im Verschleißzustand der Beläge. Im Vergleich dazu verändert
sich die Kennlinie der viel niedrigeren Ausrückkraft der
selbstnachstellenden Kupplung (SAC) im Verlauf der
Lebensdauer praktisch nicht. Als weiterer Vorteil ergibt
sich eine höhere Verschleißreserve, die jetzt nicht mehr
wie sonst bei konventionellen Kupplungen von der
Länge der Tellerfederkennlinie abhängt, sondern von
der Rampenhöhe. Damit kann sie ohne weiteres auf
etwa 3 mm bei kleinen und bis zu ca. 10 mm bei sehr
großen Kupplungen gesteigert werden. Damit wurde
ein entscheidender Entwicklungsschritt bei der Verlängerung der Lebensdauer von Kupplungen erzielt.
SAC
Sensorkraft
Ausrückkraft
Konventionelle Kupplung
Ausrückkraft
Vergleich der Ausrückkräfte einer konventionellen Kupplung zur SAC
Verschleiß
Neu
Abb. 35
25
3 Kupplungsgehäuse
Hieraus ergeben sich eine Reihe von Vorteilen:
Die wichtigsten Merkmale dieser Bauart gegenüber
den bisherigen Ausführungen sind:
• Niedrige Ausrückkräfte, die über die Lebensdauer
annähernd konstant bleiben
• Dadurch hoher Fahrkomfort über die gesamte
Lebensdauer
• Erhöhte Verschleißreserve und damit höhere Lebensdauer durch automatische Verschleißnachstellung
• Entfall von Servosystemen (z. B. CSA, Seite 43)
• Einfachere Ausrücksysteme
• Kürzere Pedalwege
• Identische Pedalkräfte über die gesamte
­Motorenpalette
• Neue Möglichkeiten zur Reduzierung des Kupplungsdurchmessers (Drehmomentübertragung)
• Kleinerer Arbeitsbereich des Ausrücklagers über die
Lebensdauer
Motorseite Getriebeseite
1 Kupplungsgehäuse
2 Verstellring
3 Druckfeder
4 Tellerfeder
5 Sensor-Tellerfeder
6 Bolzen
7 Bolzen
8 Tangentialblattfeder
9 Anpressplatte
10 Deckelanschlag
9
8
5
6
4
2
1
3
Motorseite
10
Getriebeseite
7
Abb. 36
26
3.3.7 Selbstnachstellende Kupplung in Mehrscheibenausführung (kraftgesteuert)
Zwar konnte dieser Anstieg durch verschiedene Maßnahmen (z. B. durch verbesserte Ausrücksysteme) in
Grenzen gehalten werden, trotzdem wurde der Bedarf
an Kupplungen mit reduzierter Betätigungskraft immer
deutlicher.
Leistungsstärkere Motoren mit Drehmomenten
> 500 Nm benötigen auch Kupplungen mit höheren
Übertragungsmomenten. Fast zwangsläufig ist damit
trotz des Einsatzes selbstnachstellender Kupplungssysteme auch die Pedalkraft angestiegen.
Motorseite Getriebeseite
14
1
2
3
4
5
6
7
11
8
Kupplungsgehäuse
Verstellring
Druckfeder
Tellerfeder
Sensor-Tellerfeder
Bolzen
Bolzen
1
13
9
5
4
10
8 Tangentialblattfeder
9 Anpressplatte
10 Deckelanschlag
11 Zwischenanpressplatte
12 Abhubniet
13 Kupplungsscheibe 1
14 Kupplungsscheibe 2
Zwei Kupplungsscheiben steigern das übertragbare
Drehmoment. Hauptunterschied zur Einscheibenausführung ist die Ergänzung der SAC um eine Zwischenanpressplatte und drei weitere Tangentialblattfederpakete
zur Gewährleistung des Abhubs der Zwischenanpressplatte. Um einen möglichst gleichmäßigen Verschleiß an
beiden Kupplungsscheiben zu realisieren, übernehmen
sogenannte Abhubniete die Steuerung der Zwischenanpressplatte. Diese gewährleisten, dass der Abhub der
Zwischenanpressplatte der Hälfte des Abhubes der
Anpressplatte entspricht. Für Fahrzeuganwendungen,
die aus Isolationsgründen eine gedämpfte Kupplungsscheibe benötigen, kann auch dies mit einer speziellen
Motorseite
3
7
14 11
11
12
8
13
Getriebeseite
9
2
6
Abb. 37
Ausführung der Kupplungsscheibe realisiert werden.
Vorteil der SAC in Mehrscheibenausführung ist die Reduzierung der Ausrückkräfte bzw. die Steigerung des übertragbaren Motormomentes bei gleich bleibender
Ausrückkraft. Bei Motorkonzepten, bei denen hohe
Motormomente mit hohen Motordrehzahlen einhergehen, bietet die Mehrscheiben-SAC auch die Möglichkeit,
die Belag-Außendurchmesser zu verkleinern und somit
die Berstdrehzahl der Kupplungsscheiben zu steigern.
Des Weiteren kann durch Gewichtseinsparungen bei den
Kupplungsscheiben das Massenträgheits-moment im
Vergleich zu einer Einscheibenkupplung gleicher Größe
neutral gehalten bzw. leicht verringert werden.
27
3 Kupplungsgehäuse
3.3.8 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC II (kraftgesteuert)
Eine Maßnahme zur weiteren Reduzierung der Betätigungskräfte bzw. zur Optimierung des Betätigungskraftverlaufs ist die Weiterentwicklung der bisherigen
Ausführung der SAC I. Bei diesem Kupplungstyp ist der
Kraftsensor hinsichtlich der Kennlinie so weit verändert, dass die Kupplung bei großen Betätigungshüben
eine geringere Nachstellempfindlichkeit aufweist.
Erreicht wird dies durch Blattfedern mit degressiver
Kennlinie und einer Sensor-Tellerfeder mit linearer
Kennlinie, welche außerhalb des Drehpunkts der
Haupttellerfeder angreift. In vielen Fällen kann diese
Sensor-Tellerfeder auch direkt aus der Tellerfeder in
Form von Sensorzungen herausgeformt werden.
Dadurch entfällt die Sensor-Tellerfeder komplett. Mit
der SAC II kann die Betätigungskraft bei gleichem
übertragbaren Drehmoment um bis zu 15 % abgesenkt
werden. Alternativ kann das Maximum der Betätigungskraft auf dem ursprünglichen Niveau belassen
und das entstandene Potenzial für die Optimierung des
Kennlinienverlaufs verwendet werden.
Abb. 38
2
1
3
4
5
1 Blattfedern
2 Stufenbolzen
3 Flachniet zur Vorspannung der Sensorzunge
4 Tellerfeder mit Sensorzunge
5 Deckel mit 6 Blattfederlaschen
Kraft [N]
2.000
Konventionelle
Kupplung
1.000
SAC I für Fußkraftbetätigung
SAC II für Fußkraftbetätigung
SAC II für automatische Kupplung
1
3
5
Betätigungsweg [mm]
28
7
Abb. 39
3.3.9 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung SAC III (kraftgesteuert)
Ein weiterer Schritt in der Entwicklung der selbstnachstellenden Kupplung stellt die SAC III dar. Um den Unterschied zwischen der maximalen und der minimalen
Bedienkraft (Abbildung 41) weiter zu reduzieren, wurde
die bisherige SAC II an einigen Punkten konstruktiv so
verändert, dass sich ein noch gleichmäßigerer Kraftverlauf am Kupplungspedal einstellt. Somit wird diese
Version selbst den höchsten Komfortansprüchen des
Premium-Segments gerecht.
Hinweis:
Ausführliche Informationen zur SAC-Kupplung finden Sie in der Technikbroschüre „Selbstnachstellende Kupplung (SAC)“ oder unter www.schaeffleraftermarket.de und www.repxpert.de.
Abb. 40
Ausrückkraft
SAC III mit reduzierter Kraftdifferenz
Max.
Min.
Ausrückweg
Abb. 41
29
3 Kupplungsgehäuse
3.3.10 Selbstnachstellende Tellerfederkupplung (weggesteuert)
Wegänderung durch ein Ritzel mit direkt gekoppelter
Spindel in eine radiale Bewegung des Verstellrings
umgewandelt. Der Ausgleich des Abstands wird dann
mit dem aus der SAC bekannten Rampensystem ausgeglichen.
Im Gegensatz zum kraftgesteuerten Verschleißausgleich der SAC-Kupplung wird der Nachstellvorgang bei
dieser Ausführung durch die Wegmessung beim Einund Auskuppeln bewirkt. Ändert sich der Abstand zwischen Anpressplatte und Schwungrad, wird die axiale
Bauteile der selbstnachstellenden Kupplung mit ­Wegsteuerung
1 Anpressplatte mit
Verstelleinheit
2 Rampenring
3 Niet
4 Stützfeder
5 Stufenbolzen
6 Tellerfeder
7 Zentrierbolzen
8 Stützring
9 Deckel mit
Verstellfeder
1
2
3
4
Funktion
Die Tellerfeder (Abbildung 43) ist über einen Distanzbolzen (1) mit der Antriebsklinke/Verstellfeder (3) des
Nachstellmechanismus verbunden. Durch den Abhub
der Tellerfeder wird der Distanzbolzen mit zunehmendem Verschleiß immer weiter angehoben und somit
erfährt auch die Antriebsklinke einen höheren Abhub.
Diese Bewegung wird von der Antriebsklinke/Verstellfeder auf das Ritzel übertragen. Eine Sperrklinke (2) arretiert das Ritzel in entgegengesetzter Richtung. Ändert
sich die Dicke des Reibbelags und damit der Weg, dreht
sich das Ritzel und die Kupplung stellt nach.
Verstellmechanismus im Schnitt
5
6
7
8
9
Abb. 42
Um eine fein abgestimmte Nachstellung zu realisieren
(Abbildung 44), gibt es neben der Antriebsklinke noch eine
in Zwischenstufen aufgeteilte Sperrklinke (2). Dadurch
kann das Ritzel (3) in sehr kleinen Schritten gedreht werden. Die Verdrehung des Ritzels treibt die Spindel (4) an
und bewirkt eine axiale Bewegung der Mutter (5). Diese
ist mit einem Mitnehmer ausgestattet, der in den Rampenring (1) eingreift. Durch das Übersetzungsverhältnis zwischen Ritzel und Mutter erfolgt schließlich am Rampenring ein Höhenausgleich in Schritten von 2/100 mm. Im
Ergebnis führt dies dazu, dass ein Belagverschleiß von
0,2 mm im Verlauf von 10 Kupplungsbetätigungen
nachgestellt wird. Kein anderes System verfügt über
eine derart sensible Nachstellung. Dadurch bleibt der
Bedienkomfort der Kupplung vom Beginn bis zur Verschleißgrenze konstant auf einem sehr hohen Niveau.
Einzelteile der Verstelleinheit
1 23
Abb. 43
30
1
2
3
4
5
Abb. 44
4 Kupplungsscheibe
4Kupplungsscheibe
4.1Funktion
4.2Kupplungsscheibe mit Torsionsdämpfer
Die Aufgabe der Kupplungsscheibe ist es, als Reibpartner zwischen Schwungrad und Anpressplatte zu dienen
und das Motormoment zur Getriebe-Eingangswelle weiterzuleiten. Zur Angleichung der Motor- und Getriebedrehzahl und zur Übertragung des Motormomentes
werden Reibbeläge verwendet, die neben technischen
Anforderungen wie geringem Verschleiß, konstantem
Reibwert und sanftem Momentenaufbau auch die
jeweils aktuellsten Umweltvorschriften erfüllen. Die
auf den Kupplungsscheiben eingesetzten Beläge werden von LuK selbst entwickelt und hergestellt.
Zur Reduzierung der vom Verbrennungsmotor verursachten Drehungleichförmigkeiten, die zu Schwingungen im Getriebe und damit zu störenden Geräuschen
führen können, werden Torsionsdämpfer eingesetzt.
Falls aus Bauraum- bzw. Kostengründen der Einsatz
eines Zweimassenschwungrades (ZMS) nicht möglich
ist, stellt die Kupplungsscheibe mit Torsionsdämpfer
die beste Lösung dar.
Kupplungsscheiben können exakt für die Anforderungen
des jeweiligen Fahrzeugmodells gestaltet werden. Dabei
beeinflusst die Bauweise der Belagfederung sowohl den
Momentenaufbau beim Anfahren als auch den ergonomischen Pedalkraftverlauf beim Einkuppeln. Neben der
Standardversion mit Einzelsegmenten werden für
anspruchsvolle Anwendungen mehrfachgewellte Doppel-­
segmente (Abbildung 45) eingesetzt. Durch die effektive Abstützung der Beläge wird ein gleichmäßiges Tragbild erreicht. Das Einarbeiten und Setzen unter Temperatur
und damit eine Veränderung der Belagfederung im Laufe
ihrer Lebensdauer beschränken sich auf ein Minimum.
Einzelsegmente
Doppelsegmente
Abb. 45
31
4 Kupplungsscheibe
Um heutigen Komfortansprüchen trotz gewichts- und
verbrauchsoptimierten Antriebssträngen gerecht zu
werden, sind ausgeklügelte Feder-Dämpfersysteme mit
Reibungssteuerelementen erforderlich (Abbildung 46).
Die Herausforderung besteht darin, für jeden Betriebsbzw. Lastzustand eine separate Torsionsdämpfercharakteristik mit definierter Federsteifigkeit und Reibungsdämpfung (Hysterese) abzustimmen. Dabei kann
die Torsionsdämpferkennlinie (Abbildung 47) an die
jeweiligen Wünsche des Fahrzeugherstellers angepasst
werden.
Kupplungsscheibe mit
verschiedenen Feder-­
Dämpf­ungs­systemen und
Reibsteuerungselementen
3
4
Von der mehrstufigen Ausführung mit der schwingungstechnisch besten Anpassung aller Kennwerte
über kostenoptimierte Kompromisslösungen mit Vordämpfer für den Leerlauf bis hin zur einstufigen Kenn­
linie. Weiterhin gleicht die von LuK entwickelte Konuszentrierung den möglichen Achsversatz zwischen
Motor und Getriebe aus. So wird auch im Leerlauf eine
exakte Funktion des speziell für diesen Lastzustand
ausgelegten Dämpfers (Vordämpfer) garantiert. Vordämpfer ermöglichen auch bei abgesenkten Leerlaufdrehzahlen eine gute Schwingungsisolation und tragen
somit zur Verbrauchs und Emissionsreduzierung bei.
2
1
16
13
15
14
5
1
2
3
4
5
6
7
8
Mitnehmerscheibe
Reibbelagniet
Reibbeläge
Druckfedern (Leerlaufbzw. Niedriglastdämpfer)
Druckfedern (Lastdämpfer)
Nabenflansche
Reibringe
Stützscheibe
6
7
9 Tellerfedern
10 Abstandsblech
11 Gegenscheibe
8 9
10
12 Dämpferkäfige (Leerlauf
bzw. Niedriglastdämpfer)
13 Zentrierkonus
11
12
Abb. 46
14 Axial-Federsegment
15 Federsegmentniet
16 Nabe
Torsionsdämpferkennlinie und Fahrzustände
Torsionsdämpferkennlinie und Fahrzustände
M [Nm]
Schub
4. Stufe
Lastwechsel
3. Stufe
Schubstufe
20
3. Stufe
Übergangsstufe
300
4. Stufe
Last
2. Stufe
Kriechen, Niedriglast
200
100
Die Torsionsdämpferkennlinie zeigt den Verdrehwinkel
in Abhängigkeit vom übertragenen Drehmoment.
1. Stufe
Leerlauf
10
10
2. Stufe
Kriechen,
Niedriglast
1. Stufe
Leerlauf
32
20
30
40
[°]
100
Zug
200
Abb. 47
4.3Kupplungsscheibe mit Frequenztilger (Rupftilger)
Die Kupplungsscheibe mit Frequenztilger kompensiert
Rupfschwingungen, die nicht von der Kupplung verursacht werden. Dabei wird die Schwingung variabel in
Abhängigkeit vom relativen Verdrehwinkel über eine
Rutschkupplung in Reibung umgewandelt, und zwar
derart, dass sie mit steigendem Anregungsmoment
zunimmt. Konstruktiv ist dieses System mit gegeneinander verdrehbaren Rampen versehen, die auf eine
Membranfeder mit linearer Kennlinie wirken. So kann
die Anpresskraft in der Reibeinrichtung und dadurch
die Reibung im exakt erforderlichen Maße zunehmen,
sobald sich die Tilgermasse gegenüber der Kupplungsscheibe verdreht.
Bei allen Antriebssträngen mit reibschlüssigen Übertragungselementen können in der Schlupfphase Wechselmomente übertragen werden, die bei hoher Intensität
als Vibrationen oder Rupfen wahrgenommen werden.
Dies führt zu Komforteinbußen, die häufig mit der
Kupplung in Verbindung gebracht werden. Es können
aber auch andere Faktoren zur Anregung des Antriebsstranges führen. So nehmen beispielsweise die Anordnung von Motor und Getriebe, die Auslegung von
Aggregatelagern, aber auch die Gestaltung des gesamten Antriebsstrangs erheblichen Einfluss auf das Rupfverhalten eines Fahrzeugs.
Aufbau einer Kupplungsscheibe mit Frequenztilger
1
2
3
4
5
6
7
Tellerfeder
Reibring
Membranfeder
Reibring mit Rampen
Federkäfig
Tilgermasse mit Rampen
Deckscheibe
1
2 3
4
5
6
7
Abb. 48
Verstärkung
Arbeitsbereich des Frequenztilgers
Frequenz
Ohne Frequenztilger
Mit Frequenztilger
Abb. 49
33
4 Kupplungsscheibe
4.4Bauarten
Starre Kupplungsscheibe
Vorteile:
• Sanfter Drehmomentaufbau beim Anfahren
• Sichere Drehmomentübertragung durch
Teilkompensation der Temperaturver­formung von Schwungrad und Druckplatte
• Ermöglicht ergonomische Pedalkräfte
Merkmale:
• Speziell abgestimmte Belagfederung
• Für Fahrzeuge mit Zweimassen­schwungrad
Abb. 50
Kupplungsscheibe mit
Versatzausgleichsfunktion
Abb. 51
Vorteile:
• Sanfter Drehmomentaufbau beim Anfahren
• Sichere Drehmomentübertragung durch
Teilkompensation der Temperaturver­formung von Schwungrad und Druckplatte
• Ermöglicht ergonomische Pedalkräfte
• Ausgleich des Versatzes zwischen
Getriebe-Eingangswelle und Kurbelwelle
ohne Funktionsbeeinträchtigung
• Verbesserte Schwingungsdämpfung im
Leerlauf
Abb. 52
Vorteile:
• Reduzierung der Vibrationen und
Geräusche im Antriebsstrang
• Sanfter Drehmomentaufbau beim
Anfahren
• Sichere Drehmomentübertragung
durch Teilkompensation der
Temperaturverformung von Schwung-­
rad und Druckplatte
• Ermöglicht ergonomische Pedalkräfte
Merkmale:
• Speziell abgestimmte Belagfederung
• Einstufiger Torsionsdämpfer für Leerlauf
• Konuszentrierung für Versatzausgleich
• Für Fahrzeuge mit Zweimassen­schwungrad
Kupplungsscheibe mit einstufigem
Torsionsdämpfer
Merkmale:
• Einstufiger Torsionsdämpfer mit
definierter Federsteifigkeit und Reibungs-­
dämpfung
• Speziell abgestimmte Belagfederung
• Für Fahrzeuge mit Ein- oder Zweimassen­
schwungrad
34
Kupplungsscheibe mit mehrstufigem
Torsionsdämpfer und getrenntem Vor- und Hauptdämpfer
Merkmale:
• Mehrstufiger Torsionsdämpfer mit
getrenntem Vor- und Hauptdämpfer
• Die einzelnen Stufen sind an die
jeweiligen Lastzustände angepasst
und unabhängig voneinander
definierbar
• Speziell abgestimmte Belagfederung
• Konuszentrierung für Versatz­ausgleich
• Für Fahrzeuge mit Einmassen­schwungrad
Vorteile:
• Reduzierung der Vibrationen und
Geräusche im Antriebsstrang, speziell für
gewichts- und verbrauchsoptimierte
Getriebe
• Verbesserte Schwingungsdämpfung
• Sanfter Drehmomentaufbau beim Anfahren
• Sichere Drehmomentübertragung durch
Teilkompensation der Temperaturver­formung von Schwungrad und Druckplatte
• Ausgleich des Versatzes zwischen Getriebe­
Eingangswelle und Kurbelwelle ohne
Funktionsbeeinträchtigung
• Ermöglicht ergonomische Pedalkräfte
Abb. 53
4.5Kupplungsscheiben für Zweimassenschwungräder
Wird ein Zweimassenschwungrad (ZMS) zur Reduzierung der Torsionsschwingungen im Antriebsstrang verwendet, können Kupplungsscheiben mit oder ohne
­Torsionsdämpfer eingesetzt werden. Die Kombination
aus ZMS und einer Kupplungsscheibe mit einstufigem
­Torsionsdämpfer wird immer dann verwendet, wenn
höchste Komfortansprüche zu erfüllen sind. Bei geringeren Anforderungen bieten starre Kupplungsscheiben
oder Kupplungsscheiben mit Versatzausgleich die
günstigere Alternative. Durch Toleranzen an Motor und
Getriebe, speziell bei Getriebe-Eingangswellen ohne
Pilotlager, kann zwischen Kurbelwelle und Getriebe ein
Versatz auftreten. In Verbindung mit starren Kupplungsscheiben ist es möglich, dass dieser Versatz bei
kritischen Fällen zu Leerlaufgeräuschen und erhöhtem
Profilverschleiß führt. Eine Lösung für dieses Problem
bietet die Kupplungsscheibe mit Versatzausgleich, die
im Leerlauf- und Niedriglastbereich eine radiale Bewegung der Nabe ermöglicht und dadurch Radialkräfte
kompensiert. Die Federn der Kupplungsscheibe mit
Versatzausgleichsfunktion wirken dabei nur im Niedriglastbereich.
Ohne Torsionsdämpfer
Mit Torsionsdämpfer
Beschleunigung [1/s]
2000
1000
-1000
0
0,1
Zeit [s]
Motor
Getriebe
0,2
0
0,1
Zeit [s]
0,2
Abb. 54
In den Diagrammen (Abbildung 54) wird das Drehschwingungsverhalten von Motor und Getriebe bei Leerlaufdrehzahl dargestellt. Ohne Torsionsdämpfer werden die Schwingungen direkt auf das Getriebe übertragen. Durch einen
Torsionsdämpfer wird ein Teil der Schwingungen absorbiert.
35
5 Kupplungsbelag
5Kupplungsbelag
Eines der höchstbeanspruchten Bauteile der Kraftübertragung ist der Kupplungsbelag. Er ist in den meisten
Fällen mit der Kupplungsscheibe vernietet und erzeugt
in Verbindung mit der Kupplungsdruckplatte und der
Schwungscheibe zunächst ein Gleit-, und dann ein Haftreibsystem. Die größte Herausforderung besteht darin,
das Motordrehmoment bei jedem Betriebszustand mit
max. Komfort auf das Getriebe zu übertragen.
Schon bei den ersten Kraftfahrzeugen wurden trocken
laufende Kupplungen eingesetzt. Als Reibmaterial
dienten Beläge aus Buchen- oder Eichenholz. Mit der
Erfindung des Phenolharzes zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Grundstein für die heute übliche organische Kupplungsbelag-Technologie gelegt.
Rasch erkannte und nutzte man die Vorteile der Phenolharze als Bindemittel für Brems- und Kupplungsbeläge. Erstmals konnten Teile aus einer leicht formbaren
Masse hergestellt werden, die nach entsprechender
Aushärtung auch unter großer Hitze formstabil blieben.
Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten von
Kupplungsbelägen:
Herstellungsprozesse
Seit 1930 werden organisch gewickelte Kupplungsbeläge hergestellt, wie wir sie heute kennen. Als Basis
dient ein imprägniertes Band. Bei der lösemittelhaltigen Bandfertigung werden Rohstoffe wie Kautschuk,
Harze oder Füllstoffe in einem organischen Lösemittel,
z. B. Toluol oder Wasser, gelöst. Zuvor selbst hergestellte Garne, bestehend aus Glas, Kupfer, Aramid und
synthetischen Fasern, werden zum Teil mehrmals durch
eine mit gelösten Rohstoffen (Reibzement) gefüllte
Tränkwanne geleitet. Dort nehmen die Garne den
­Reibezement auf. Das getränkte Garn wird dann durch
einen Trockenturm geleitet, wo das Lösemittel abgedampft und in einem aufwändigen Prozess zurückgewonnen wird. Die eingesetzten Rohstoffe haben dabei
großen Einfluss auf die Eigenschaften eines Reibbelages.
Lösemittelhaltige Bandfertigung
Trockenturm
Rohstoffe
Lösemittel
Garn
• Anorganische Beläge
• Organische Beläge, gewickelt oder gepresst
Die anorganischen Beläge, auch Sinter- oder CeramBeläge genannt, finden ihren Einsatz u. a. im Traktorbereich. Der Vorteil dieser Beläge ist ein höherer Reibwert μ ~ 0,4 bei einer Temperatur von bis ca. 600 °C.
Im Gegensatz dazu haben organische Beläge einen
Reibwert von μ ~ 0,3 und halten thermische Belastungen bis ca. 350 °C aus. Der Vorteil von organischen
Belägen ist das wesentlich bessere Komfortverhalten
(geringere Rupfneigung), das ihren Einsatz für den
PKW-Bereich und in den meisten NKW-Anwendungen
bis heute unumgänglich macht.
Tränkwanne
Mixer
Imprägniertes
Band
Abb. 55
Lösemittelfreie Bandfertigung
Rohstoffe
Compounder
Garn
Extruder
Beschichtetes
Band
36
Abb. 56
Rückblickend auf die Geschichte des Kupplungsbelags
ist festzustellen, dass der technische Fortschritt der
Kupplung sich lange Zeit nur wenig auf die Technologie
bzw. Herstellung des Kupplungsbelags ausgewirkt hat.
Mit dem neu entwickelten LMF-Prozess (lösemittelfreie
Fertigung) hat sich dies gewandelt.
Kupplungsbeläge in verschiedenen Ausführungen
Mit dem imprägnierten bzw. beschichteten Band werden im nächsten Prozessschritt maschinell Wicklinge
(Abbildung 58) produziert. Anschließend formen hydraulische Pressen unter Druck und Temperatur die
Presslinge. Dabei steuern spezielle Öfen mit verschiedenen Temperaturprogrammen den bis zu 30 Stunden
andauernden Härtevorgang. Zum Schluss werden die
Presslinge auf Maß geschliffen, gebohrt und erhalten
eine Imprägnierung gegen Staub bzw. Korrosion.
Im Gegensatz zur lösemittelhaltigen Bandfertigung
werden beim lösemittelfreien Verfahren die Rohstoffe
zu einem Reibzement (Abbildung 59) geknetet bzw.
compoundiert (zusammengemischt) und anschließend
granuliert. Dies hat den Vorteil, dass durch die hohe
Zähigkeit der Knetmasse kein Absetzen oder Aufschwimmen der Rohstoffe stattfindet, wie es bei der
Verwendung von Lösemitteln geschieht. Der Reibzement in Granulatform wird dann in einem Extruder
(Schneckenpresse) unter hohem Druck und hoher Temperatur wieder aufgeweicht, um anschließend das Garn
damit zu beschichten. Dieses zukunftsweisende Verfahren mit Verzicht auf Lösemittel stößt aufgrund des
geringeren Energieverbrauches deutlich weniger CO2
aus als die lösemittelhaltige Herstellung. Der wesentliche Vorteil liegt jedoch in der weitaus größeren Auswahl an verwendbaren Rohstoffen, die keiner Reglementierung durch das Lösemittel unterliegen. Dies
bewirkt eine deutliche Leistungssteigerung der Kupplungsbeläge. Neben den Eigenschaften Reibwert, Verschleiß und Anfahrkomfort (tribologische Eigenschaften), die auf Grundlage der neuen, lösemittelfreien
Bandfertigung verbessert wurden, gibt es verschiedene Design- und Materiallösungen, die vor allem die
mechanischen Eigenschaften des Belages (Festigkeit
und thermische Beständigkeit) positiv beeinflussen.
Abb. 57
Wickling
Abb. 58
Reibzement in Granulatform
Abb. 59
37
5 Kupplungsbelag
Durch dieses Herstellungsverfahren wurden Möglichkeiten geschaffen, den Belag gezielt weiterzuentwickeln.
Als Beispiel sei die organische Lagentechnologie
genannt. Das sogenannte Sandwich-Design verbindet
zwei unterschiedliche Wicklinge miteinander, die beim
Pressen eine untrennbare Einheit bilden.
Die Reibschicht (erster Wickling) kann ohne Rücksichtnahme auf die Festigkeit speziell auf tribologische
Eigenschaften optimiert werden. Eine höhere Festigkeit
wird durch eine spezielle Trägerschicht (zweiter Wickling) erzielt.
Arbeitsschritte der Belagfertigung
Endprodukt, gebohrt
und gestempelt
Garn, bestehend aus
unterschiedlichen Fasern
Reibzement in Granulatform
Pressling, gehärtet
und geschliffen
Beschichtetes /
imprägniertes Band
Gewickeltes Band (Wickling)
Gepresster Wickling
(Pressling)
Doppelkupplungsgetriebe stellen die höchsten Anforderungen an einen Kupplungsbelag. Erschwerend
kommt hinzu, dass diese bei geringstem Bauraum zu
erfüllen sind. Als Lösung wurde das spezielle Slim Disc
Design entwickelt.
Der Slim Disc Belag (Abbildung 61) ist in verschiedenen
Lagen aufgebaut, bei dem der zweite Wickling durch
ein Blech ersetzt wird. Dies gewährleistet zum einen
eine noch höhere Festigkeit, zum anderen dient das
Trägerblech der Anbindung des Kupplungsbelags. Dies
wird durch die rückseitige Laschenverbindung des
Belagträgers sichergestellt. Bei gleich bleibendem Verschleißvolumen kann so zusätzlich etwa 2 mm axialer
Bauraum generiert werden.
38
Abb. 60
Slim Disc Belag
1 2 3
1
2
3
4
Belagsegment
Trägersegment
Belagfedersegment
Laschenverbindung
4
Abb. 61
6 Hydraulisches Ausrücksystem
6Hydraulisches Ausrücksystem
In Fahrzeugen mit manuell betätigten Trockenkupplungen muss die vom Fahrer erzeugte Pedalkraft von
einem Mechanismus verstärkt und auf die Kupplung
übertragen werden. Die Realisierung dieser Funktion
hat die Fahrzeugentwickler zu den unterschiedlichsten
Lösungen angeregt. Ursprünglich wurden die Pedalkräfte über einen Seilzug vom Pedal zu einem Hebelmechanismus in der Kupplungsglocke übertragen.
Über den Hebel und ein Ausrücklager wurde so die
Kupplung betätigt. Der Marktanteil dieser Systeme ist
inzwischen verschwindend gering. Denn in den immer
enger werdenden Motorräumen wird es zunehmend
schwieriger, einen Seilzug in möglichst gerader Linie
zwischen dem Pedal und dem Hebel zu verlegen. Enge
Radien sind bei einem Seilzug nicht realisierbar, da
dadurch die Reibung und der Verschleiß unzulässig
stark ansteigen und der Komfort bei der Kupplungsbetätigung beeinträchtigt wird.
In modernen fußbetätigten Kupplungen wird eine hydraulische Kupplungsbetätigung eingesetzt. Man unterscheidet prinzipiell zwischen zwei Systemen:
• Semihydraulik
• Vollhydraulik
Bei der Semihydraulik wird der Seilzug durch eine hydraulische Strecke – bestehend aus einem Geberzylinder am Pedal, einer Leitung und einem Nehmerzylinder
außen am Getriebe – ersetzt.
Beim vollhydraulischen System (Abbildung 62) werden
die Funktionen des getriebeseitigen Ausrückmechanismus von einen Zentralausrücker (CSC – Concentric
Slave Cylinder) übernommen. Dieser ist direkt in der
Getriebeglocke zwischen Getriebe und Kupplung angeordnet.
Aufbau eines vollhydraulischen Kupplungssystems
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Zweimassenschwungrad
Kupplung
Getriebe-Eingangswelle
Zentralausrücker (CSC)
Schwingungsdämpfer/Kribbelfilter
Spitzenmomentbegrenzer
Hydraulische Druckleitung
Reservoir für Hydraulikflüssigkeit
Geberzylinder
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Abb. 62
39
6 Hydraulisches Ausrücksystem
6.1Geberzylinder
Der Geberzylinder (Abbildung 63) besteht aus einem
Gehäuse, einem Kolben mit Kolbenstange und einer
Anordnung aus zwei Dichtungen (Primär- und Sekundärdichtung). Er besitzt einen hydraulischen Anschluss
zur Druckleitung des Nehmerzylinders. Dieser ist meist
als Schnellverbinder ausgeführt, in einigen Anwendungen findet man aber auch noch die in der Bremstechnik
üblichen Schraubverbinder. Weiterhin besitzt der
Geberzylinder einen Anschluss zur Versorgung des
Systems mit Hydraulikflüssigkeit. Dieser ist oft über
einen Verbindungsschlauch mit dem Flüssigkeitsreservoir der Bremse verbunden. Es gibt aber auch Lösungen, bei denen der Kupplungszylinder ein eigenes
Reservoir besitzt. Die Primärdichtung trennt das Reservoir vom hydraulischen Druckraum. Sie ermöglicht den
Druckaufbau zum Betätigen der Kupplung. Die Sekundärdichtung trennt den Niederdruckraum des Reservoirs von der Umgebung ab. Bei entlastetem Pedal
sorgt eine Feder am Pedal oder im Geberzylinder dafür,
dass der Kolben vollständig zurückbewegt wird. In dieser Ruheposition des Pedals ist die Verbindung zwischen dem Reservoir und dem Druckraum geöffnet.
Jetzt kann im System eingeschlossene Luft entweichen
und Flüssigkeit nachströmen. Der Selbstnachstellmechanismus des hydraulischen Systems kommt hier zur
­Geltung.
Bei den ersten hydraulischen Kupplungsgeberzylindern bestand das Gehäuse aus Metall, welches zuvor
teilweise aufwändig bearbeitet werden musste. Mit der
Einführung der Kunststoffgeberzylinder entfielen zwar
einige Arbeitsschritte, jedoch standen die Prozesse
einer kunststoffgerechten Konstruktion noch am
Anfang der Entwicklung und waren weit von den heutigen Möglichkeiten entfernt. Sowohl die Kolben als
auch die Dichtungslaufbahnen bestanden aus oberflächengehärtetem Metall, die Pleuelstangen waren üblicherweise aus Stahl und die Zylinder besaßen eine
Vielzahl von einzelnen Dichtungen.
Durch konsequente Entwicklungsarbeit ist es inzwischen gelungen, die Anzahl der Einzelteile auf etwa die
Hälfte zu reduzieren und gleichzeitig weitgehend auf
kostenaufwändige Metallteile zu verzichten. Funktionssichere Dichtungslaufbahnen aus Kunststoff werden
durch geeignete Materialkombinationen realisiert und
glasfaserverstärkte Thermoplaste ersetzen zunehmend
die Pleuelstangen aus Stahl. Durch die Kombination
von Funktionen wurde die Anzahl der Dichtungen von
ursprünglich fünf auf zwei reduziert.
40
Geberzylinder in der Schnittdarstellung
1
2
3
4
1
2
3
4
5
6
7
5
6
7
Abb. 63
Anschluss zum Reservoir
Primärdichtung
Sekundärdichtung
Anschluss zur Druckleitung
Gehäuse
Kolben
Kolbenstange
Nachteil der leichtbauenden Kunststoffgehäuse der
Geberzylinder ist die stärkere Neigung zu Quietschgeräuschen, deren Ursache der geschwindigkeitsabhängige Reibwert zwischen den Elastomerdichtungen und
der Dichtungslaufbahn ist. Hierzu wurden inzwischen
probate Abhilfemaßnahmen wie Beschichtungen oder
Spezialfette entwickelt. Bei der Herstellung werden
bevorzugt Kolben aus duroplastischem Material in
Zusammenhang mit einem optimierten Fett eingesetzt.
Damit können störende Quietschgeräusche auch unter
kritischen klimatischen Bedingungen und mit unterschiedlichen Bremsflüssigkeitstypen zuverlässig vermieden werden.
6.2Geberzylinder mit Wegsensorfunktion
Wer einen PKW mit Start-Stopp-Funktionalität besitzt,
kennt folgendes Verhalten: Der Motor stellt sich immer
dann selbsttätig aus, wenn er nicht benötigt wird.
Bringt man den Schalthebel in Leerlaufstellung und
nimmt den Fuß von der Kupplung, schaltet die Elektronik den Motor ab. Zum erneuten Start genügt die Betätigung des Kupplungspedals, das Anlassen geschieht
blitzschnell und ohne weiteres Zutun.
Das zwischenzeitliche Abschalten bewirkt eine Kraftstoff- und CO2-Einsparung. Soll eine Start-Stopp-Funktion reibungslos funktionieren, benötigt das Fahrzeug
ständig Informationen über die Stellung des Kupplungspedals. Diese Arbeit verrichtet eine installierte
Wegsensorik. Sie wandelt verschiedene Positionen des
Kolbens im Zylinder berührungslos in unterschiedliche
elektrische Signale um und gibt sie an das Motor- und
Getriebesteuersystem weiter.
Geberzylinder mit induktivem Weg- und Positionssensor
Abb. 64
6.3Hydraulische Druckleitung
Die hydraulische Druckleitung ist den Bremsleitungen
im Kraftfahrzeug nachempfunden. Sie besteht aus
einem Schlauch und einem Stahlrohr oder vollständig
aus Kunststoff. Beim Stahlrohr ist ein Schlauch erforderlich, um Bewegungen zwischen dem Antriebsstrang
und dem Chassis des Fahrzeuges auszugleichen. Der
vorgegebene Verlauf der Leitung ist in jedem Fall beizubehalten, um zu gewährleisten, dass es nicht zum Kon-
takt mit anderen Bauteilen im Motorraum kommt. Bei
Kunststoffleitungen und Schläuchen, die in der Nähe
von heißen Zonen, wie beispielsweise Turboladern
oder Auspuffkrümmern, verlegt werden, ist auf einen
wirksamen Hitzeschutz zu achten.
Abb. 65
41
6 Hydraulisches Ausrücksystem
6.4Hydraulik-Schwingungsdämpfer (Kribbelfilter)
In Kraftfahrzeugen kann es durch den Verbrennungsprozess des Motors zu Schwingungsanregungen der
Kupplung kommen, die sich durch das Ausrücksystem
bis zum Pedal fortsetzen (Abbildung 66). Der Fahrer
spürt diese Schwingungen dann als unangenehmes
Kribbeln am Fuß oder nimmt sie als Geräusch wahr.
Zur Vermeidung der Schwingungsübertragung können
Filterelemente in der Leitung eingesetzt werden. Dies
sind entweder Membrandämpfer oder Kribbelfilter
(Abbildung 67) mit zwei gegensätzlich angeordneten
Rückschlagventilen oder einem Schlauchventil.
Schwingungen am Kupplungspedal
Kribbelfilter
Beschleunigung
(m/s2)
Mit Kribbelfilter
Zum Ausrücklager
Vom Pedal
+3
+2
+1
0
–1
–2
–3
Zeit [s]
1
Beschleunigung
(m/s2)
Ohne Kribbelfilter
+3
+2
+1
0
–1
–2
–3
1
2
3
4
2
3 4
Abb. 67
Gehäuse
Schlauchelement
Schlauchträger
Quellring
Zeit [s]
Abb. 66
6.5Spitzendrehmomentbegrenzer
Der Spitzenmomentbegrenzer (Abbildung 68) reduziert
bei hohen Einkuppel-Geschwindigkeiten den Volumenstrom im Hydrauliksystem mit Hilfe verschiebbarer Blenden. Hierdurch soll eine Überlastung des Antriebsstranges bei schlagartigem Einkuppeln, z. B. beim Abrutschen
vom Kupplungspedal, verhindert werden (Abbildung 69).
Spitzendrehmomentbegrenzer dürfen im Wartungsfall
nicht aus dem hydraulischen System entfernt werden,
da es ansonsten in der Folge zu Schäden am Getriebe,
an den Antriebswellen oder am ZMS kommen kann.
Spitzendrehmomentbegrenzer
Abrutschen vom Kupplungspedal
Pedalweg (%)
100
1
60
40
20
0
2
1 Verschiebbare Blende
2 Gehäuse
0,1
0,2
0,3
Zeit [s]
0,4
0,5
0,6
Abb. 69
Abb. 68
42
80
Druckabbau im Ausrücksystem im Verhältnis
zur ­Einkuppel-Geschwindigkeit
6.6Nehmerzylinder
In einem semihydraulischen System liegt der Nehmerzylinder außerhalb der Getriebeglocke und dient zur
Betätigung der Ausrückgabel (Abbildung 71). Beim
gezeigten Beispiel besteht der Nehmerzylinder aus
einem Gehäuse, dem Kolben mit Abdichtung, einer Vorlastfeder und einer Entlüfterschraube. Die Vorlastfeder
sorgt für eine permanente Vorlast des Ausrücklagers,
damit dieses auch im druckfreien Zustand des Ausrücksystems sicher mit der Kupplung dreht und störende
Geräusche zwischen Lager und Tellerfederzungen vermieden werden. Die Entlüftungsschraube ermöglicht
das Befüllen und Entlüften des Systems im Wartungsfall.
Zentralausrücker in Einbauposition
Nehmerzylinder in Einbauposition
Abb. 71
Abb. 70
6.7Zentralausrücker
(Concentric Slave Cylinder, CSC)
Zentralausrücker
Vollhydraulische Systeme sind mit einem Zentralausrücker ausgestattet. Dieser besteht aus einem ringförmigen hydraulischen Zylinder mit integriertem Ausrücklager, der in der Kupplungsglocke zwischen dem
Getriebe und der Kupplung mittig zur Getriebe-Eingangswelle angeordnet ist. Dadurch entfällt der Hebel
in der Getriebeglocke, wie er bei Anordnungen mit Seilzug oder Nehmerzylinder verwendet wird. Zusätzlich
verfügt dieses System über ein hohes Maß an konstruktiver Flexibilität bei der Verlegung der hydraulischen Leitung im Motorraum.
1
2
3
4
5
Vorlastfeder
Kolben
Dichtung
Gehäuse
StaubschutzFaltenbalg
6 Ausrücklager
2
6.8Kupplungsassistent
(Clutch Servo Assistance, CSA)
Der elektrohydraulische Kupplungsassistent dient der
Pedalkraftreduzierung durch Fremdenergie. Ein Elektro­
motor treibt hierbei eine Hydraulikpumpe an, die bei
Bedarf den vom Fahrer erzeugten Druck im Ausrücksystem zusätzlich unterstützt. Dadurch wird die maximale
Pedalkraft um die Hälfte verringert.
6
5 3 1
4
Abb. 72
Kupplungsassistent
1 2
1 Hydraulikpumpe
2 Elektromotor
Abb. 73
43
6 Hydraulisches Ausrücksystem
6.9Ausrücklager
Das Ausrücklager ist das Verbindungsglied zwischen
der rotierenden Tellerfeder auf der Motorseite und dem
feststehenden Ausrückmechanismus auf der Getriebeseite. Es wird zentral auf einer angeflanschten Hülse in
der Getriebeglocke geführt. Die Führungsmuffen von
Ausrücklagern und Zentralausrückern sind heute so
gestaltet, dass sich der Anlaufring um ein definiertes
Maß radial bewegen lässt. Im Fahrbetrieb wird dadurch
jederzeit eine zentrische Position zu den Tellerfederspitzen der Kupplung erreicht. Diese Selbstzentrierung
reduziert den Verschleiß im Bereich der Tellerfederzungen und gleicht somit einen möglichen Mittenversatz
zwischen Motor und Getriebe aus.
Um die Ausrückkräfte auf die Kupplungsdruckplatte
zu übertragen, werden Schrägkugellager verwendet.
Diese Bauweise kann hohe Axialkräfte übertragen, ist
drehzahlfest und kann bis zu einer Betriebstemperatur
von 150 °C eingesetzt werden. Ausrücklager haben eine
hohe Lebensdauer und sind aufgrund der Dauerschmierung wartungsfrei.
Arretierter Sicherungsring
Abb. 75
Wird die Montagehilfe des Ausrücklagers vor dem Einbau von Hand bewegt, löst der Sicherungsring aus.
Dadurch kann keine Verbindung zur Tellerfeder hergestellt werden und das Ausrücksystem ist wirkungslos.
Sicherungsring ausgelöst
Standardausrücklager
Abb. 76
Abb. 74
Ausrücklager für gezogene Kupplung
Im Gegensatz zur Standardkupplung wird der Kraftfluss bei dieser Ausführung durch Ziehen an den Tellerfederspitzen unterbrochen. Als Verbindungselement
dient ein vorgespannter Sicherungsring, der bei der
Montage in die Tellerfeder eingreift. Dieser ist im Neuzustand durch eine Montagehilfe arretiert. Beim
Zusammenführen von Ausrücksystem und Kupplung
verschiebt sich die Montagehilfe und der Sicherungsring wird freigegeben.
Zusatzfunktionen
Zur Steigerung des Bedienkomforts können Ausrücklager mit Zusatzfunktionen ausgestattet werden. Dazu
gehören die bereits erwähnte Selbstzentrierung sowie
der in Abbildung 77 gezeigte Ausgleichsmechanismus.
Hierbei ist das Ausrücklager mit einem axial beweglichen Anlaufring verbunden, der mit den Spitzen der
Tellerfeder in Kontakt steht. So werden mögliche Bauteiltoleranzen, die zu Pedalvibrationen führen können,
wirkungsvoll vermieden.
Ausrücklager mit axial beweglichem Anlaufring
Abb. 77
44
6.10Arbeiten am Ausrücksystem
Sensorik
Zunehmend werden Geber- und Nehmerzylinder mit
einer Sensorik ausgestattet, um den Betätigungsweg
zu messen und diesen an das Motor- und Getriebesteuergerät weiterzuleiten. Sensorbestückte Systeme sind
i.d.R. daran erkennbar, dass am Geber- oder Nehmerzylinder ein kleines Gehäuse mit Stecker- oder Kabelverbindung befestigt ist. Jeder Sensor ist individuell auf
den Geber- oder Nehmerzylinder abgestimmt und bildet daher mit diesem eine Einheit. Sensoren dürfen
nicht vom Zylinder entfernt und an einem anderen
befestigt werden. Im Fall eines Defekts von einem der
Bauteile muss stets eine neue Zylinder/Sensor-Kombination eingebaut werden.
Hydraulikflüssigkeit
Vollhydraulisch betätigte Kupplungen können mit
geschlossenen oder fremd gespeisten Ausrücksystemen ausgestattet sein. Beim geschlossenen System
besteht keine Verbindung zu fahrzeugseitigen Flüssigkeiten. Das System ist wartungsfrei. Daher gibt es
keine Möglichkeit zum Wechsel bzw. zur Ergänzung der
Hydraulikflüssigkeit. Das fremd gespeiste System ist
über eine Schlauchleitung mit dem Bremsflüssigkeitsbehälter verbunden. Durch den Einsatz im Fahrzeug
nimmt die Bremsflüssigkeit Wasser auf. Dies kann zu
Schäden an den Dichtungen oder zur Geräuschbildung
am Geberzylinder führen. Um das zu vermeiden, ist es
notwendig, die Bremsflüssigkeit mindestens alle zwei
bis drei Jahre auszutauschen. Bei der Wahl der Ersatzflüssigkeit ist den Empfehlungen des jeweiligen Fahrzeugherstellers dringend Folge zu leisten. Die Wartung
eines hydraulischen Ausrücksystems beschränkt sich
im Normalfall auf den Austausch der Bremsflüssigkeit.
Ähnlich wie bei der Bremse geht eine Neubefüllung
durch Pumpen am Pedal und synchrones Öffnen und
Schließen der Entlüfterschraube vonstatten. Damit der
Spülvorgang möglichst vollständig erfolgt und keine
Luftblasen in das System gelangen, sollten auch in diesem Fall die spezifischen Empfehlungen der Fahrzeughersteller berücksichtigt werden. Sauberkeit ist bei
allen Arbeiten an einem hydraulischen System unabdingbar. Bereits kleinste Verunreinigungen durch
Schmutzpartikel können zu Undichtigkeit und Fehlfunktionen führen. Bei Systemen, die für Bremsflüssigkeit
vorgesehen sind, darf keinesfalls Mineralöl in das
Innere gelangen. Ein Nachbefetten der Zylinder oder
der Konnektoren ist aus diesem Grund zu unterlassen.
Selbst kleinste Mengen von Mineralöl können zur Zerstörung der Dichtungen führen. Bei Kupplungssystemen, die ein gemeinsames Reservoir mit der Bremse
haben, besteht durchaus die Gefahr einer Verunreinigung bis in die Bremsanlage.
Ausrückwelle
Die Ausrückwelle muss zur Schadensbeurteilung unbedingt
ausgebaut werden, da eine Prüfung im eingebauten Zustand
nicht möglich ist. Eine eingelaufene oder verschlissene
Lagerung führt zum Verkanten der Ausrückwelle und somit
zu Schwergängigkeit und/oder Rupfen. Die Lagerung ist
unbedingt zu schmieren.
Ausrückhebel/Lagerung
Zur professionellen Instandsetzung einer Kupplung gehört
die Prüfung des Ausrückhebels und dessen Lagerung. Dabei
sind die Auflageflächen des Hebels und das Gegenlager im
Getriebe auf Abnutzungsspuren genau zu untersuchen. Bei
ausgeprägtem Verschleiß sind die Bauteile auszutauschen.
Führungshülse
Die Führungshülse muss absolut zentrisch und genau parallel zur Getriebehauptwelle stehen. Druck- bzw. Verschleißstellen an der Hülse können das Gleiten des Ausrücklagers
beeinträchtigen und zum Rupfen oder Rutschen der Kupplung
führen. Beschädigte bzw. verschlissene Führungshülsen
sind unbedingt auszutauschen, da dies einer der Haupt­
gründe für eine schwergängige Kupplungsbetätigung
darstellt.
Ausrücklager
Eine Funktionsprüfung des Ausrücklagers in der Werkstatt
ist nicht möglich. Schon ein verschlissener Anlaufring führt
zwangsläufig zu Geräuschen. Deshalb ist es beim Austausch der Kupplung grundsätzlich zu erneuern. Nach dem
Einbau muss es leicht auf der Führungshülse gleiten.
Zentralausrücker (CSC)
Um Schäden am CSC zu vermeiden, wird folgende Vorgehens­
weise beim Einbau empfohlen:
• CSC einbauen und Schrauben von Hand bis zur Auflage
eindrehen
• Adapter der Hydraulikleitung (falls vorhanden) montieren
• Schrauben mit 2 Nm anziehen
• Schrauben nach Angaben des Fahrzeugherstellers
befestigen
Kupplungszug
Da eine genaue Funktionsprüfung des Zuges in der Werkstatt
nicht möglich ist, empfiehlt es sich, ihn bei jedem Kupplungs­
wechsel zu erneuern. Dabei ist auf die korrekte Montage zu
achten. Ein zu stark gebogener oder geknickter Zug beeinträchtigt den Bedienkomfort.
Schmierstoff
Dank moderner Werkstoffe kann bei heutigen Ausrück­
systemen überwiegend auf Schmierstoff verzichtet werden.
Er wird nur an genau definierten Stellen nach Vorgaben
des Fahrzeugherstellers eingesetzt.
45
7 Zweimassenschwungrad (ZMS)
7Zweimassenschwungrad (ZMS)
Die rasante Entwicklung der Fahrzeugtechnik hat in den
letzten Jahrzehnten immer leistungsstärkere Motoren
hervorgebracht – und gleichzeitig ist der Qualitätsanspruch der Autofahrer stetig gestiegen. Durch die
Gewichtsreduzierung der Fahrzeuge und die im Windkanal optimierten Karosserien sind nun aufgrund geringerer Windgeräusche andere Geräuschquellen wahrnehmbar. Auch Magerkonzepte und extrem niedertourig
fahrbare Motoren oder neue Getriebegenerationen mit
dünnflüssigen Ölen tragen hierzu bei.
Mitte der 80er Jahre stieß die jahrzehntelange Weiterentwicklung des klassischen Torsionsdämpfers in der
Kupplungsscheibe an ihre technischen Grenzen. Kontinuierlich weiterentwickelte Motorleistungen und die
damit ebenfalls gestiegenen Motordrehmomente – bei
gleichem oder gar kleinerem Bauraum – konnten nicht
mehr in ausreichendem Maße abgefangen werden.
Umfangreiche Entwicklungsarbeiten bei LuK resultierten
in einer einfachen, aber sehr wirkungsvollen Lösung:
dem Zweimassenschwungrad (ZMS). Es war ein damals
neuartiges Torsionsdämpferkonzept für den Antriebsstrang.
ZMS als Schnittmodell
Mit ZMS ausgerüstete Fahrzeuge –
Bestände von 1990 bis heute
120
Jahresbestand in Millionen
100
Global
115 Mio.
80
EU
85 Mio.
60
40
20
0
Abb. 78
Warum ZMS?
Durch die periodischen Verbrennungsvorgänge eines
Hubkolbenmotors werden Drehschwingungen im
Antriebsstrang angeregt. Die dabei entstehenden
Geräusche und Vibrationen wie Getrieberasseln, Karosseriedröhnen und Lastwechselschwingen führen in der
46
1990 199520002005 2010
2015
Abb. 79
Folge zu Einbußen im Geräusch- und Fahrkomfort. Zielsetzung bei der Entwicklung des Zweimassenschwungrades war daher, die an der Drehmasse des Motors
erzeugten Drehschwingungen möglichst weitgehend
vom restlichen Antriebsstrang abzukoppeln.
7.1Aufbau
Ein Standard-Zweimassenschwungrad besteht aus der
Primärschwungscheibe und der Sekundärschwung­
scheibe. Die beiden entkoppelten Schwungmassen
sind über ein Feder-/Dämpfungssystem miteinander
verbunden und über ein Rillenkugellager oder ein Gleitlager gegeneinander verdrehbar gelagert. Die dem
Motor zugeordnete Primärschwungscheibe mit Anlasser­zahnkranz wird fest mit der Kurbelwelle verschraubt.
Sie umschließt zusammen mit dem Primärdeckel einen
Hohlraum, der den Federkanal bildet. Das Feder-/
Dämpfungssystem besteht aus den Bogenfedern. Sie
liegen in Gleitschalen im Federkanal und erfüllen die
Anforderungen an den „idealen“ Torsionsdämpfer mit
geringstem Aufwand.
Die Gleitschalen gewährleisten eine gute Führung, und
eine Fettfüllung im Federkanal verringert die Reibung
zwischen Bogenfeder und Gleitschale. Die Übertragung
des Motordrehmomentes erfolgt über den Flansch. Der
Flansch ist mit der Sekundärschwungscheibe vernietet
und greift mit seinen Flanschflügeln zwischen die
Bogenfedern. Die Sekundärschwungscheibe erhöht
das Massenträgheitsmoment auf der Getriebeseite. Zur
besseren Wärmeabfuhr ist sie mit Lüftungsschlitzen
versehen. Da sich das Feder-/Dämpfungssystem im
ZMS befindet, wird als Kupplungsscheibe in der Regel
eine starre Ausführung ohne Torsionsdämpfer eingesetzt.
Standard-ZMS
7
1
2
3
4
Anlasserzahnkranz
Primärschwungscheibe
Bogenfeder
Gleitlager
6
5
4
3
5
6
7
8
2
1
Abb. 80
Flansch
Schwimmend gelagerte Reibeinrichtung
Primärdeckel (Schnitt)
Sekundärschwungscheibe
Die Vorteile des Zweimassenschwungrades auf einen Blick:
• Erstklassiger Fahrkomfort
• Absorbiert Vibrationen
• Isoliert Geräusche
• Kraftstoffeinsparung durch niedrige
­Motordrehzahlen
• Erhöhter Schaltkomfort
• Geringerer Verschleiß der Synchronisierung
• Überlastschutz für den Antriebsstrang
47
7 Zweimassenschwungrad (ZMS)
7.2Funktion
Das Grundprinzip des ZMS ist einfach und effizient. Mit
der Zusatzmasse auf der Getriebe-Eingangswelle wird
die Resonanzstelle, die bei den ursprünglichen Torsions­
dämpfern zwischen 1.200 und 2.400 U/min liegt, zu
geringeren Drehzahlen hin verschoben. Damit liegt
bereits ab der Leerlaufdrehzahl eine hervorragende
Schwingungsisolation vor.
Bei der bisher üblichen Ausführung mit konventionellem Schwungrad und torsionsgedämpfter Kupplungsscheibe werden die Drehschwingungen im Leerlauf­
bereich weitgehend ungefiltert an das Getriebe
weitergeleitet und verursachen das Gegeneinanderschlagen der Zahnflanken der Getrieberäder (Getrieberasseln).
Durch den Einsatz eines ZMS hingegen werden die vom
Motor eingeleiteten Drehschwingungen durch das
Feder-/Dämpfungssystem herausgefiltert, die Getriebekomponenten werden nicht von ihnen belastet – es
rasselt nicht und die Komforterwartungen werden in
vollem Umfang erfüllt.
Vergleich von Aufbau und Funktion
Mit konventionellem Schwungrad
1
1
2
3
4
7
2
Mit Zweimassenschwungrad
3
Motor
Kupplung
Getriebe
Torsionsdämpfer
1/min
1
5 4 6
2
3
5 Primärschwungmasse
6 Sekundärschwungmasse
7 Schwungrad
1/min
Abb. 81
7.3Sonderbauformen
Die Sonderbauformen sind speziell für den Einsatz in
CVT (Continuously Variable Transmission) und Doppelkupplungsgetrieben (DKG) gedacht. Der wesentliche
Unterschied zur Standardausführung besteht in der
geänderten Gestaltung der Sekundärmasse. Sie ist
nicht als Schwungmasse mit integrierter Reibfläche,
sondern in Form eines Flansches ausgebildet. Dadurch
kann die Anbindung an verschiedene Antriebskonzepte
mit relativ geringen Änderungen realisiert werden.
48
ZMS für Doppelkupplungsgetriebe
Abb. 82
Hinweis:
Ausführliche Informationen zum ZMS finden Sie in
der Technikbroschüre „Zweimassenschwungrad“
oder unter www.schaeffler-aftermarket.de und
www.repxpert.de.
8 Automatisierte Schaltgetriebe (ASG)
8Automatisierte Schaltgetriebe (ASG)
Das automatisierte Schaltgetriebe stellt die Erweiterung des bewährten Handschaltgetriebes dar. Alle Aktionen, die der Fahrer bei einem herkömmlichen Schaltgetriebe während des Fahrstufenwechsels vollzieht,
werden beim ASG von Aktoren übernommen. Diese
Eigenschaften machen die Technik hauptsächlich für
kleine bis mittlere Fahrzeugklassen interessant, da die
Kosten deutlich unter einem Wandler-Automatikgetriebe liegen. Das Kupplungspedal entfällt und der
übliche Handschalthebel wird durch einen Wählhebel
ersetzt.
Damit die Elektromotoren möglichst klein, leicht und
reaktionsschnell ausgeführt werden können, ist eine
minimierte Betätigungskraft der Kupplung erforderlich.
Dies wird erreicht, indem eine selbstnachstellende
Kupplung (SAC) eingesetzt wird. Für die Getriebeschaltung wird der Hebel des Handschaltgetriebes durch
eine Baugruppe mit zwei Elektromotoren ersetzt. Ein
Elektromotor ist für die Gassenwahl zuständig, entsprechend der Querbewegung der Hand beim Schalten.
Der zweite, größere Elektromotor übernimmt das Einlegen der Gänge.
Ähnlich wie beim Wandler-Automatikgetriebe hat der
Wählhebel Positionen für die Schaltung Neutral, Rückwärts, Automatik und Manuell. Er ist rein elektronisch
und nicht mechanisch mit dem Getriebe verbunden. Da
das automatisierte Schaltgetriebe auf dem Prinzip des
Handschaltgetriebes basiert, ist im Gegensatz zum
Wandler-Automatikgetriebe keine Parkstellung vorhanden. Wie beim Handschaltgetriebe bleibt beim Ausschalten der Zündung der aktuelle Gang eingelegt und
die Kupplung wird automatisch geschlossen.
8.2Funktionen
8.1Technik
Am Getriebe werden Elektromotoren angeordnet, die
stellvertretend für den Fahrer die Bewegungen für das
Kuppeln und Schalten übernehmen. Sie werden vom
Getriebesteuergerät angesteuert, das aus einer Vielzahl von CAN-BUS-Signalen der Fahrzeugsysteme
immer den richtigen Zeitpunkt für die Aktionen eines
Gangwechsels generiert.
Im ASG ist dieses Steuergerät in einem gemeinsamen
Gehäuse mit dem Elektromotor und der Mechanik
untergebracht, die für die Kupplungsbetätigung sorgt.
Bei einem Tausch des Steuergerätes muss die zur Fahrzeugvariante passende Software installiert sein und
eine Anpassung durchgeführt werden.
ASG-Schaltkulisse (Quelle: Opel)
Kriechfunktion
Beim Lösen der Bremse wird die Kupplung leicht angelegt. Das Fahrzeug rollt auf der Ebene sanft an, ohne
dass Gas gegeben werden muss. Das Moment ist zum
Schutz der Kupplung begrenzt, bei erhöhter Kupplungstemperatur wird das angelegte Moment reduziert.
Ermittlung des Kupplungstastpunktes
Durch Temperaturschwankungen und andere äußere
Einflüsse verändert sich der Punkt, an dem die Kupplung beginnt, das Motormoment an die Räder zu übertragen. Dieser Punkt wird Tastpunkt genannt. Das automatisierte Schaltgetriebe passt diesen Tastpunkt
immer dann an, wenn das Fahrzeug längere Zeit mit
getretener Bremse und laufendem Motor steht, z. B. vor
einer Ampel. Dabei wird die Kupplung immer wieder
kurzzeitig so weit geschlossen, bis die leichte Berührung der Druckplatte mit der Kupplungsscheibe eine
Reaktion des Motors hervorruft. Danach öffnet die
Kupplung sofort wieder. Dieser Vorgang wird normalerweise vom Fahrer nicht wahrgenommen und setzt einen
stabilen Leerlauf des Motors voraus. Ebenfalls wichtig
für die korrekte Funktion ist, dass bei einem Austausch
von Steuergerät oder Kupplung eine erfolgreiche Inbetriebnahme mit dem Diagnosegerät erfolgt ist. Ein korrekter Tastpunkt stellt sicher, dass die Einkuppelvorgänge weich und trotzdem ohne lange Schlupfzeiten an
der Kupplung erfolgen.
Kupplungsschutz
Das automatisierte Schaltgetriebe erkennt, wenn die
Kupplung z. B. durch viele aufeinanderfolgende Anfahrten an einer Steigung heiß gefahren wird. Um den weiteren Anstieg der Temperatur zu verlangsamen, wird
die Kriechfunktion dann schrittweise deaktiviert. Bei
Anfahrten wird die Kupplung schneller geschlossen,
um lange Zeiten mit schleifender Kupplung zu vermeiden.
Abb. 83
49
8 Automatisierte Schaltgetriebe (ASG)
Vorteile des ASG:
• Guter Wirkungsgrad und niedriger Verbrauch bei
optimalen Schaltpunkten
• Wahlweise Automatik- oder Handbetrieb
• Leichteres Rangieren ohne Abwürgen
• Kleine und leichte Komponenten
• Hoher Fahrkomfort
• Günstiger Preis
Schematische Darstellung eines ASG
1
2
3
4
Wählhebel
Kupplungsaktor
Getriebeaktor
Zentralausrücker
1
2
3
4
Abb. 84
50
9 Doppelkupplungsgetriebe (DKG)
9Doppelkupplungsgetriebe (DKG)
Während der Fahrt werden alle Vorgänge eines Gangwechsels automatisch geregelt. Ein Steuergerät leitet
die Befehle entweder an eine elektrohydraulische oder
elektromechanische Aktorik weiter. Die Kupplungen
und Schaltgabeln können dadurch ihre Arbeit in einem
genau definierten Zeitfenster verrichten. So ist immer
ein Teilgetriebe kraftschlüssig mit dem Motor verbunden. Im anderen Teilgetriebe wird der nächste Gang
vorgewählt und steht zum Abruf bereit. Im Fahrbetrieb
werden die Kupplungen nun wechselseitig im Bereich
von Millisekunden betätigt. Für den Fahrer bedeutet
das u. a. mehr Fahrkomfort durch kaum noch spürbare
Zugkraftunterbrechungen beim Beschleunigen.
Seitdem es Wandler-Automatikgetriebe gibt, wird ihr
größter Vorzug, das Schalten unter Last, hoch
geschätzt. Doch im Vergleich zu Handschaltgetrieben
hatten Automatikgetriebe, bedingt durch Wandlerverluste, einen wesentlich schlechteren Wirkungsgrad.
Aus diesem Grund befasste man sich schon früh mit
der Entwicklung eines Doppelkupplungsgetriebes
(DKG). Ziel war es, den Wirkungsgrad von Handschaltgetrieben mit dem Komfort von Automatikgetrieben in
einer neuen Getriebebauart zu vereinen.
9.1Grundprinzip
Das DKG besteht aus zwei voneinander unabhängigen
Teilgetrieben, die in einem Getriebegehäuse angeordnet sind. Jedes Teilgetriebe ist funktionell wie ein
Handschaltgetriebe aufgebaut. Daraus folgt, dass auch
jedem Teilgetriebe eine eigene Kupplung zugeordnet
ist. Die Kupplungen können, in Abhängigkeit von
Motordrehmoment und Bauraum, nass oder trocken
ausgelegt werden.
Prinzipdarstellung eines Doppelkupplungsgetriebes
Teilgetriebe 2
6
7
R
2
4
6
4
2
1
Teilgetriebe 1
1
2
3
4
5
6
7
Kurbelwelle
Doppelkupplung
Getriebe-Eingangswelle 1
Getriebe-Eingangswelle 2
Abtriebswelle 1
Abtriebswelle 2
Abtriebswelle 3
(Rückwärtsgang)
5
3
7
5
3
1
Abb. 85
51
9 Doppelkupplungsgetriebe (DKG)
9.2Aufbau
Eine der Hauptkomponenten dieser Getriebebauart ist
die trockene Doppelkupplung. Sie muss das Motordrehmoment in die beiden Teilgetriebe einleiten. Die
Kupplungen sind hintereinander angeordnet und treiben mit ihren Kupplungsscheiben die beiden ineinanderliegenden Getriebe-Eingangswellen an. Die Doppelkupplung ist im Gegensatz zu Handschaltkupplungen
nicht zusammen mit dem ZMS auf der Kurbelwelle aufgenommen, sondern auf der Getriebe-Eingangswelle 2
gelagert.
Alle Vorteile eines Doppelkupplungssystems im
­Überblick:
• Verbindet den Komfort von Automatikgetrieben mit
dem Ansprechverhalten von Handschaltgetrieben
• Ähnliche Eigenschaften wie ein Automatikgetriebe,
allerdings mit einem exzellenten Wirkungsgrad
• Kaum wahrnehmbare Zugkraftunterbrechung beim
Gangwechsel durch Überschneidungsschaltungen
• Kraftstoffersparnis
• CO2-Reduzierung
Wie bereits von der LuK SAC-Kupplung bekannt, verfügt auch die Doppelkupplung über einen Nachstellmechanismus, der die Auswirkungen des Kupplungsscheibenverschleißes über die Laufleistung ausgleichen
kann. Für die Steuer- und Regelbarkeit eines solchen
Systems sind sowohl die konstant kurzen Betätigungswege als auch die niedrigen Betätigungskräfte über die
gesamte Lebensdauer von großer Bedeutung.
Trockene Doppelkupplung (System VW)
Abb. 86
52
10 CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission)
10CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission)
Wandler-Automatik-, Doppelkupplungs- und Handschaltgetriebe weisen feste Gangstufen auf, die es
nicht immer erlauben, den Motor im optimalen Betriebs­bereich zu betreiben. Dies ist nur dann möglich, wenn
es gelingt, zwischen der maximalen und der minimalen
Getriebeübersetzung stufenlos zu variieren. Mit dem
Wegfall der Getriebestufen ist auch ein deutlicher
Gewinn im Fahrkomfort und in den Fahrleistungen bei
gleichzeitig reduziertem Verbrauch verbunden.
momentübertragung erfolgt in Analogie zur Kupplung
durch Reibung. Es muss also sichergestellt werden,
dass die auf die Kegelscheiben wirkenden Anpresskräfte ausreichend groß sind, um zum einen das
­Motormoment sicher übertragen zu können, aber zum
­anderen auch radseitige Drehmomentstöße zu kompensieren, ohne dass das Umschlingungselement rutscht.
Die Anpressung und Verstellung der Scheibensätze
erfolgt dabei hydraulisch.
LuK beschäftigt sich seit 1993 mit der Entwicklung von
Komponenten für stufenlose Getriebe nach dem sogenannten Umschlingungsprinzip. Seitdem wurde das
übertragbare Motormoment dieses Systems kontinuierlich gesteigert – bei gleichzeitiger Verbesserung der
Fahrleistungen und einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauches.
10.1Aufbau
CVT-Komponenten
Neben der Einstellung der gewünschten Übersetzung
gibt es noch eine Reihe weiterer Funktionen, die durch
das Getriebe sichergestellt werden müssen. Dazu
gehört beispielsweise die Funktion des Anfahrens oder
die Realisierung eines Rückwärtsganges. Die Abbildung 88 zeigt den Aufbau eines CVT-Getriebes am Beispiel der Audi multitronic®, wie sie in Serie in verschiedenen Baureihen angeboten wird.
Weiterhin ist das Planetenwendegetriebe mit der Vorwärts- und Rückwärtskupplung zu erkennen. Es handelt sich dabei um einen Doppelplanetensatz, bei dem
sich sowohl vorwärts als auch rückwärts eine gleiche
Übersetzung ergibt. Auch diese Funktionen werden
neben der Anpressung und Verstellung durch die hydraulische Ansteuerung der entsprechenden Kupplungen dargestellt. Diese Hydraulik wiederum erhält ihre
Befehle von einer elektronischen Steuerung.
1
1
2
3
4
2
Primärer Scheibensatz
Laschenkette
Sekundärer Scheibensatz
Hydraulische Steuerung
mit Pumpe
3 4
Abb. 87
Bei diesem Prinzip läuft eine Laschenkette zwischen
zwei Kegelscheibenpaaren, die jeweils aus einer sogenannten Fest- und einer Wegscheibe bestehen. Die
Wegscheibe ist axial beweglich auf der Welle gelagert
und kann hydraulisch axial verschoben werden. Mit der
axialen Verschiebung der Wegscheibe ist eine Veränderung des Laufradius der Kette und damit eine entsprechende Übersetzungsänderung verbunden. Die Dreh-
Als Anfahrelement wurde für die Audi multitronic® eine
nasse Lamellenkupplung gewählt. Wahlweise können
für CVT aber auch hydrodynamische Drehmomentwandler oder hydraulische Kupplungen eingesetzt werden. Über eine Zahnradstufe wird das Drehmoment
zum primären Scheibensatz übertragen. Diese Zahnradstufe erlaubt die Anpassung der Gesamtübersetzung an unterschiedliche Motoren. Der primäre Scheibensatz ist mit einem zweistufigen Drehmomentfühler
ausgestattet. Die Scheibensätze sind mit dem sogenannten Doppelkolbenprinzip ausgeführt, also mit
getrennten Zylindern für Anpress- und Verstellfunktion.
Zwischen den beiden Scheibensätzen ist die Laschenkette angeordnet. Der sekundäre Scheibensatz baut
direkt auf der Ritzelwelle auf, die ihrerseits das Tellerrad antreibt. Von dort erfolgt die Drehmomentübertragung über das Differential zu den Flanschen auf die
Antriebswellen des Fahrzeuges. Bei der Hydraulik mit
der aufgesetzten elektronischen Steuerung kann die
Pumpe als Innenzahnrad- oder Flügelzellenpumpe ausgeführt sein.
53
10 CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission)
Audi multitronic®
5
7
9
10
11
1 Leichtmetallgehäuse
2 Abtrieb
3 Lamellenkupplung
4 Differential
5 Wendeplanetensatz
6 Sekundärscheibensatz
7 Pumpenantrieb
8 Laschenkette
9 Drehmomentsensor
10 Anpressräume
11 Verstellräume
12 Pumpe
13 Primärscheibensatz
14 Hydrauliksteuerung
15 Steuerelektronik
3
1
2
4
6
8
10 11
12
13 14
15
Abb. 88
10.2Die stufenlose reibschlüssige
­Leistungsübertragung
Eine stufenlose reibschlüssige Kraftübertragung ist nur
dann zuverlässig möglich, wenn in allen Betriebszuständen eine ausreichende Anpressung sichergestellt
werden kann. Der optimale Betriebszustand stellt
dabei immer eine Gratwanderung zwischen einer rutschenden Laschenkette und einem schlechten Wirkungsgrad durch Überanpressung dar. Von besonderer
Bedeutung ist in diesem Zusammenhang neben dem
veränderlichen Motormoment insbesondere die
sprunghafte Drehmomenteinleitung vom Rad, z. B. bei
ABS-Bremsungen mit Eis-Asphalt-Übergängen und bei
Sprüngen vom Bordstein auf die Straße mit durch­
drehendem Rad, die mit sehr großen Drehzahl- und
Drehmomentdifferenzen verbunden sind. Diese Herausforderungen wurden durch den Einsatz des hydromechanischen Drehmomentfühlers gelöst.
Stufenlose reibschlüssige Kraftübertragung
F2: A xialkraft am sekundären
Scheibensatz
T1: Eingangsdrehmoment
iVar: Variatorübersetzung
100
F ZT
F 2 [%]
F ZT: Kraft im Zugtrum
F ZT: Kraft im Leertrum
F LT
50
0
100
50
T 1 [%]
0,4
1
0 2,5
i Var
Abb. 89
54
10.3Laschenkette
PIV (Positive Infinitely Variable) ist die englische
Bezeichnung, die der Engländer G. J. Abott für das von
ihm 1924 erfundene mechanisch verstellbare Stufenlosgetriebe einführte. Der Deutsche Werner Reimers
(1888–1965) kaufte das Patent und gründete 1928 in
Bad Homburg vor der Höhe eine englisch-deutsche
Getriebefirma, die – seit 1931 ganz in seinem Besitz –
1936 in P.I.V. Antrieb Werner Reimers KG umbenannt
wurde.
Auf der Basis der Wiegedruckstückkette der P.I.V.
Antrieb Werner Reimers KG wurde die Laschenkette für
die automobile Anwendung konsequent weiterentwickelt. Schwerpunkte waren und sind dabei festigkeitssteigernde Maßnahmen für eine max. Kraftübertragung
sowie die Optimierung des akustischen Verhaltens.
Eigenschaften der Laschenkette:
• Durch die reibungsarme Wiegegelenk-Konstruktion,
mit der kleine Laufkreise auf den Kegelscheiben und
damit eine hohe Getriebespreizung realisiert werden,
sind niedrige Verbräuche und eine hervorragende
Fahrdynamik möglich
• Mit der Laschenkette sind hohe Drehmomente übertragbar. Durch konstruktive Anpassungen kann die
Verteilung der Beanspruchung in der Kette optimiert
werden
• Der Aufbau reduziert innere Reibungsverluste durch
das Abwälzen der Wiegedruckstücke und garantiert
damit einen guten Wirkungsgrad
• In Verbindung mit den gewölbten Kegelscheiben verringern die balligen Stirnflächen der Wiegestücke
und der gliedrige Aufbau den Spurversatz bei Verstellung
• Weiterhin ist die Laschenkette unempfindlich gegen
Scheibensatzverformungen unter Last, Winkelfehler
und Relativverdrehungen zwischen fester und verschiebbarer Kegelscheibe
CVT-Getriebe sind ein fester Bestandteil in der automobilen Welt, wobei der derzeitige Schwerpunkt ohne
Zweifel im asiatischen Raum liegt. Ausgehend von diesen Märkten und getragen durch neue, interessante
Anwendungen ist für die Zukunft eine weitere Zunahme
des Marktanteils zu erwarten. Aktuellen Forderungen
nach einer weiteren Verbesserung des Wirkungsgrades
kann sich das CVT nicht entziehen. Um hierbei erfolgreich zu sein, ist es jedoch notwendig, das komplette
System umfassend zu betrachten.
Dabei zeigt sich, dass auch aktuelle CVTs – besonders
in Verbindung mit Anpresssystemen, die auf dem Drehmomentfühler aufbauen – noch genügend Potenzial für
Optimierungen hinsichtlich des Wirkungsgrades
haben. Gegenüber Handschaltgetrieben sind weitere
Einsparungen von mehr als 5 % realistisch.
Laschenkette
1
2
3
4
1 Lasche, kurz
2 Lasche, lang
3 Gelenk: 2 Wiegedruckstücke
4 Sicherungspin
Abb. 90
Abbildung 90 zeigt die Laschenkette für Anwendungen
bis ca. 300 Nm Drehmoment. Sie besteht aus unterschiedlichen Kettenlaschen, die eine Einheit mit den
Wiegedruckstücken und den Sicherungselementen
­bilden.
Laschenkette mit Scheibensatz
Abb. 91
55
11 Drehmomentwandler
11Drehmomentwandler
11.1Aufbau
Der Drehmomentwandler oder Föttinger-Wandler dient
als hydrodynamisches Getriebe. Er wurde vom Ingenieur Hermann Föttinger ursprünglich für Schiffsantriebe
entwickelt und später auch in Kraftfahrzeugen und
Lokomotiven eingesetzt.
Heute dienen hauptsächlich spezielle Trilok-Wandler als
Anfahrelement in Fahrzeugen mit Automatikgetrieben.
Die Hauptbauteile eines Drehmomentwandlers sind:
• Pumpenrad (mit Gehäuse fest verbunden)
• Turbinenrad (mit Getriebeantriebswelle fest
­verbunden)
• Leitrad mit Freilauf
11.2Funktion
Prinzipiell überträgt der Wandler das Motorendrehmoment hydraulisch auf die Getriebe-Eingangswelle. Die
Pumpe und somit das gesamte Wandlergehäuse ist
drehfest mit dem Motor bzw. die Turbine drehfest über
eine Nabenverzahnung mit der Getriebe-Eingangswelle
verbunden. Der gesamte Wandler ist mit Getriebeöl
gefüllt. In Pumpe und Turbine sind Schaufeln montiert,
die bei Differenzdrehzahl einen kreisförmigen Ölstrom
zwischen Pumpe und Turbine verursachen. Das Öl wird
vom Innendurchmesser der Pumpe angesaugt und
durch die Zentrifugalkraft nach außen gedrückt.
Anschließend wird das Öl aus der Pumpe in die Turbine
geschleudert und dort von den Turbinenschaufeln
umgelenkt, wodurch ein Drehmoment in der Turbine
bzw. der Getriebe-Eingangswelle erzeugt wird.
Bei der Anfahrt oder bei hohen Differenzdrehzahlen
zwischen Pumpe und Turbine wird der Ölfluss in der
Turbine so umgelenkt, dass sich das Leitrad rückwärts
drehen müsste. Im Leitrad ist jedoch ein Freilauf installiert, was dazu führt, dass es bei Rückwärtsdrehung
über die Statorwelle gesperrt wird. Dadurch wird ein
Leitradmoment erzeugt, das wegen des Momentengleichgewichts im Wandler das Getriebe-Eingangswellenmoment um bis zu Faktor 3 gegenüber dem Motormoment erhöht. Die Effizienz des Wandlers ist somit
insbesondere bei Anfahrsituationen besonders groß.
Berücksichtigt werden muss, dass die Hydrodynamik
des Wandlers nur ein Drehmoment bei Differenzdrehzahl zwischen Pumpe und Turbine übertragen kann.
Wenn sich also im laufenden Fahrbetrieb die Drehzahl
zwischen Pumpe und Turbine angeglichen hat, greift
eine Überbrückungskupplung, die vom Getriebe hydraulisch angesteuert wird. Der Schlupf wird eliminiert,
die Verlustleistung beim Betrieb des Wandlers entfällt
und ein reduzierter Kraftstoffverbrauch ist die Folge.
Drehmomentwandler
1
2
3
4
5
6
1
2
3
4
5
6
56
Pumpenrad
Turbinenrad
Leitrad
Statorwelle
Getriebe-Eingangswelle
Ölfluss
Abb. 92
11.3Torsionsdämpfer
Da der Drehmomentwandler aufgrund seiner Arbeitsweise nur Drehmoment bei Schlupf übertragen kann,
ist sein Betrieb immer mit einer Verlustleistung verbunden. Um dies zu vermeiden, sind Wandler mit einer
Überbrückungskupplung ausgestattet. Sie wird über
die Getriebesteuerung je nach Fahrsituation aktiviert.
Hydraulischer Drehmomentwandler mit
­Überbrückungskupplung
1
2
3
Sobald die Überbrückungskupplung geschlossen ist,
werden Drehschwingungen des Motors auf den
Antriebsstrang übertragen. Diese können Geräusche
oder Vibrationen verursachen.
4
5
Als Lösung dienen speziell abgestimmte Hochleistungstorsionsdämpfer, die durch gezielte Dämpfung
und Abstimmung der Federraten die vorhandenen
Schwingungen kompensieren. Durch den Einsatz eines
Turbinentorsionsdämpfers sowie durch spezielle Doppeldämpfersysteme, auch in Kombination mit Fliehkraftpendeln, kann gegenüber konventionellen Dämpfern Schlupf, je nach Konzept, weitestgehend
vermieden werden.
Eine weitere Möglichkeit, Schwingungen zu kompensieren, ist der geregelte Betrieb bei geringem Schlupf.
Hierbei werden Drehungleichförmigkeiten durch Reibung in der Überbrückungskupplung abgebaut. Eine
innovative Kühltechnologie schützt den Reibbelag vor
hohen Temperaturen und sorgt für eine lange Lebensdauer.
6
1
2
3
4
5
6
Turbine
Reibbelag
Pumpe
Leitrad
Torsionsdämpfer
Überbrückungskupplung mit
Torsionsdämpfer
Abb. 93
Hydraulischer Drehmomentwandler mit
erweitertem Dämpfungssystem
Abb. 94
57
12 Allgemeine Hinweise
12Allgemeine Hinweise
Schmierung
In den Bereichen der Kupplung und des Ausrücksystems gilt grundsätzlich die Aussage „weniger ist
mehr“. Dank moderner Werkstoffe kann inzwischen
überwiegend auf zusätzliche Schmiermittel verzichtet
werden. Es sind aber auch noch ältere Systeme am
Markt, die an genau definierten Stellen mit Schmierstoff zu versehen sind. Die Auswahl des Mittels ist
nach den Angaben des Fahrzeugherstellers zu bestimmen. Liegen keine Informationen vor, kann ein temperaturfestes, alterungsbeständiges Hochleistungsfett
mit MoS₂ (z. B. Castrol Olista Longtime 2 oder 3) verwendet werden. Eine fachgerechte Befettung der
Getriebe-Eingangswelle und der Nabe der Kupplungsscheibe wird in folgenden Schritten empfohlen:
• Nabe der Kupplungsscheibe und Verzahnung der
Getriebe-Eingangswelle mit Fett versehen
• Kupplungsscheibe in drei verschiedenen Winkelpositionen auf die Getriebe-Eingangswelle führen,
anschließend herausnehmen
• Überschüssigen Schmierstoff an der Nabe und der
Welle entfernen
Hinweis:
Chemisch vernickelte Naben (erkennbar an der
Oberfläche mit geringfügigem Silberglanz) dürfen
nicht gefettet werden!
Starres Schwungrad
Beim Austausch der Kupplung empfiehlt es sich, die
Reibfläche des Schwungrads auf Verschleißspuren wie
Riefen, Hitzeflecken oder Verfärbungen zu prüfen.
Diese Spuren müssen unbedingt beseitigt werden, da
sie die Funktion der neuen Kupplung beeinträchtigen.
Die Überarbeitung, d. h. das Abschleifen/Abdrehen,
darf dabei nur in den vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Toleranzen erfolgen. Es ist darauf zu achten,
dass auch die Anschraubfläche der Kupplung um das
gleiche Maß wie die Anlauffläche nachgearbeitet wird.
Bei dieser Gelegenheit sollte auch der Anlasserzahnkranz einer Sichtprüfung unterzogen werden. Die
Befestigungsschrauben sind nach jedem Lösen zu
erneuern.
Zweimassenschwungrad (ZMS)
• Heruntergefallene ZMS dürfen nicht mehr montiert
werden, da die Lagerlaufbahn durch den Sturz
beschädigt wurde
58
• Die Reibfläche des ZMS ist vor der Montage der
Kupplungsdruckplatte zu entfetten. Dazu dient ein
angefeuchtetes Tuch mit fettlösendem Mittel. Der
direkte Kontakt mit Reinigungsmittel
(Teilewaschmaschine, Hochdruckreiniger, Pressluft
und Reinigungssprays) ist nicht zulässig
• Abstand zwischen Drehzahlsensor und ZMS-Geberstiften beachten
• Der Geberring für die Motordrehzahlerfassung ist auf
Beschädigungen zu prüfen
• Die Nachbearbeitung der Reibfläche des ZMS ist
unzulässig
• Durch Verwendung zu langer Befestigungsschrauben
für die Kupplungsdruckplatte wird das ZMS blockiert. Dies führt zu Geräuschen bzw. zur Schädigung von Bauteilen des Antriebsstrangs. Des
Weiteren ist darauf zu achten, dass die Passstifte
nicht eingedrückt sind, da dies ebenfalls zu den
zuvor genannten Beanstandungen führt
• Bei ZMS mit Gleitlagern darf die Sekundärschwungscheibe in axialer Richtung nicht mit zu großer Kraft, also nicht mit Hebel oder Schraubendreher, bewegt werden
• Bei der Montage sind unbedingt neue Befestigungsschrauben zu verwenden, da es sich um Dehnschrauben handelt
Pilotlager
Unauffällig und klein, aber bei einem Defekt groß in
der Wirkung: Das Pilotlager, auch Führungslager
genannt, dient der Führung der Getriebe-Eingangswelle
und ist damit wesentlich für die Funktionsfähigkeit der
Kupplung verantwortlich. Beim Austausch der Kupplung sollte immer auch das Pilotlager geprüft und ggf.
ausgewechselt werden.
Wellendichtringe
Schon geringe Öl- und Fettspuren beeinträchtigen die
Funktion der Kupplung erheblich. Spuren in der Kupplungsglocke oder auf der Kupplung weisen auf Undichtigkeiten hin. Bei älteren Fahrzeugen mit hoher Laufleistung sollten generell die Wellendichtringe im
Bereich der Kupplung ausgetauscht werden.
Kupplungsscheibe
Der Leichtbau im Auto macht auch vor der Kupplungsscheibe nicht halt. Gewichtsoptimierte Scheiben
reagieren auf rohe Behandlung mit Seitenschlag. Daher
empfiehlt es sich bei beschädigter bzw. fehlender Verpackung, den Seitenschlag vor dem Einbau zu prüfen.
Er darf max. 0,5 mm betragen.
Zentrierung
Die Zentrierung der Kupplungsscheibe ist für die korrekte Montage des Getriebes und für die Funktion der
Kupplung von zentraler Bedeutung. Sie sorgt dafür,
dass die Getriebe-Eingangswelle bei der Montage
leichtgängig durch das Nabenprofil der Kupplungsscheibe geführt werden kann. Die Gefahr einer Beschädigung der Kupplungsscheibe oder des Nabenprofils
wird so verhindert. Um die Zentrierung an möglichst
allen Fahrzeugtypen durchführen zu können, hat
­Schaeffler Automotive Aftermarket einen UniversalZentrierdorn entwickelt. Dieser ist Bestandteil des Spezialwerkzeugsatzes mit der Art.-Nr. 400 0237 10.
Passhülsen
Beim Zusammenfügen von Motor und Getriebe können
Bauteiltoleranzen aufeinandertreffen, die in ungünstiger
Kombination zum Radialversatz führen. Dabei liegen
die Drehachsen von Kurbel- und Getriebe-Eingangswelle nicht auf einer Ebene. Dies führt zwangsläufig zu
Geräuschen und erhöhtem Verschleiß der Kupplung.
Um eine optimale Position des Getriebes beim Einbau
zu gewährleisten und somit den Versatz auf ein Minimum zu reduzieren, werden Passhülsen verwendet.
Daher ist vor dem Einbau des Getriebes unbedingt darauf zu achten, dass sämtliche Passhülsen unbeschädigt vorhanden sind.
Art.-Nr. 400 0237 10
SAC-Spezialwerkzeugsatz
Abb. 95
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999 6001 050_06/2015
© 2015 Schaeffler Automotive Aftermarket GmbH & Co. KG
Mehr Werkstattwissen unter:
www.repxpert.de
Service-Center: 00800 1 753-3333*
* kostenfreie Rufnummer, Mo. – Fr. von 8.00 – 17.00 Uhr
www.schaeffler-aftermarket.de