Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau

Transcrição

Zeitschrift der Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau
Blühende Betongleitwände
an der Autobahn A7 bei Nesselwang
Foto: Kornelia Marzini, Veitshöchheim
bau intern
B 20 769 E
Zeitschrift der
Bayerischen Staatsbauverwaltung für Hochbau, Städtebau,
Wohnungsbau, Verkehr, Straßen­ und Brückenbau
März/April 2014
Inhalt
Zeitschrift der Bayerischen Staatsbau­
verwaltung für Hochbau, Wohnungs­
bau, Verkehr, Straßen- und Brücken­
bau
4
Staatsminister Joachim Herrmann
Verkehrskonferenzen 2014 - Bayerns Verkehr in einer
Hand
6
Dr. Kurt Bechtold, Roland Degelmann
Vernetzte Mobilität durch gebündelte Infrastrukturverwaltung
8
Michael Seibold
Fassadenprämierung - Dienstgebäude Staatliches
Bauamt Augsburg
9
Philipp Treuheit
Neubau des Waldinformations- und Erlebniszentrum
Steigerwald-Zentrum – nachhaltig erleben
Herausgeber
Oberste Baubehörde im Bayerischen Staats­
ministerium des Innern, für Bau und Verkehr
Für den redaktionellen Inhalt verantwortlich
Attila Karpati M.A., Oberste Baubehörde im
Bayerischen Staatsministerium des Innern,
für Bau und Verkehr
Franz-Josef-Strauß-Ring 4, 80539 München,
Tel. 089 2192 3471, Fax 089 2192 13471
E-Mail: [email protected]
11
Thomas Kieschke
Gute Luft macht Schule
Baumaßnahme für bundesweites Pilotprojekt am Gymna­
sium Marktoberdorf abgeschlossen
13
Gottfried Weiß, Jutta Lauter, Stefanie Moyses
Förderung von Wohnraum für Studierende
15
Holger Uslar
Bauen für Autobahn- und Straßenmeistereien
Verantwortlich für den Anzeigenteil
Michael Tasche, Tel. +49(0)8671 5065-51
17
Erscheint 6-mal im Jahr beginnend mit
Jan./Febr. jeweils Ende der Monate
Februar, April, Juni, August, Oktober und
Dezember.
Michaela Weidinger-Knapp, Sandra Eichelberger,
Kornelia Marzini
Blühende Betongleitwände
19
Johannes Ziegler
Radlland Bayern
22
Gottfried Weiß, Daniel Kaus, Gisela Loidiller
Bayerisches Zuschussprogramm zur Behebung der
Hochwasserschäden an Wohngebäuden und Hausrat
25
Georg Feuchtgruber, Dr.-Ing. Andreas Hechtl
Europäischer Binnenmarkt für Bauprodukte
28
Hans Dörr
Architektenversorgung für Beamtinnen und Beamte
30
Personalien
Die mit dem Namen des Verfassers gezeichne­
ten Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung
des Herausgebers oder der Schriftleitung dar.
Verlag
Gebr. Geiselberger GmbH, Druck und Verlag
Martin-Moser-Straße 23, 84503 Altötting,
Telefon: +49 (0) 8671 5065-0,
Telefax: +49 (0) 8671 5065-68
E-Mail: [email protected]
Bezugspreis je Heft Euro 4,20,
Jahresabonnement Euro 22,50 zuzüglich
Versandkosten.
Bestellung durch die Buchhandlung oder direkt
beim Verlag erbeten.
Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird
keine Gewähr übernommen. Nachdruck – auch
auszugsweise – nur mit Genehmigung des Ver­
lages. Alle Rechte, auch das der Übersetzung,
vorbehalten.
Zurzeit ist die Anzeigenpreisliste ab 2006
gültig.
Druck
Gebr. Geiselberger GmbH,
Martin-Moser-Straße 23, 84503 Altötting
bau intern März/April 2014 3
Verkehrskonferenzen
2014 – Bayerns Verkehr
in einer Hand
Staatsminister Joachim Herrmann
Nach der Bayerischen Landtagswahl
im September letzten Jahres wurde
die Abteilung „Verkehr“ des bishe­
rigen Bayerischen Staatsministeriums
für Wirtschaft, Verkehr und Technolo­
gie dem Bayerischen Innenministe­
Staatsminister Joachim Herrmann, MdL bei der Ver­
kehrskonferenz im Spiegelsaal der Regierung der Oberpfalz am 21. Februar 2014.
rium zugeordnet. Damit ist nun der
gesamte Verkehr auf der Straße, der
Schiene, in der Luft und auf dem Was­
ser in einem Ressort gebündelt.
Verkehr geht jeden an
Verkehr ist ein Thema, das jede Bürge­
rin und jeden Bürger unmittelbar be­
rührt. Deshalb ist es wichtig, vor Ort
unsere Politik, unsere Ziele und unse­
re aktuellen Aktivitäten im Bereich Ver­
kehr zu vermitteln und zu erläutern. Zu
diesem Zweck habe ich die Verkehrs­
konferenzen ins Leben gerufen. In je­
dem Regierungsbezirk werde ich un­
sere Ansprechpartner vor Ort einladen
und mit ihnen über unsere verkehrs­
politischen Zielsetzungen und auch
über einzelne, ausgewählte Projekte
diskutieren. Zu diesen Ansprechpart­
nern zählen insbesondere die Abge­
ordneten aus dem Deutschen Bun­
destag, dem Bayerischen Landtag
und dem Europäischen Parlament.
Sie sind die Entscheidungsträger für
die verkehrspolitischen Rahmenbe­
dingungen – bei der Gesetzgebung,
den Bedarfs- und Ausbauplänen und
natürlich bei der Haushaltsaufstellung
4
bau intern März/April 2014
von Bund und Freistaat. Wichtige ver­
kehrspolitische Partner vor Ort sind
zudem die kommunalen Mandatsträ­
ger – Landräte, Oberbürgermeister
und Bürgermeister. Auch sie unter­
stützen uns bei vielen wichtigen Pro­
jekten tatkräftig und erfolgreich. Nicht
zuletzt deshalb sind sie wichtige Teil­
nehmer bei den Verkehrskonferenzen.
Gleiches gilt für die verschiedenen
Verbände und Behörden, die oft ent­
scheidend am Erfolg eines Projektes
beteiligt sind.
Eine der großen politischen He­
rausforderungen der neuen Legisla­
turperiode in Land und Bund ist es
nicht nur, das Grundbedürfnis nach
Mobilität zu befriedigen, sondern auch
dafür zu sorgen, dass die Verkehrsab­
wicklung möglichst nachhaltig erfolgt.
Grundvoraussetzung hierfür ist eine
leistungsfähige und gut ausgebaute
Verkehrsinfrastruktur für alle Verkehrs­
träger. Nur wenn Straßen, Schienen,
Wasserwege und Luftverkehr optimal
zusammenwirken und entsprechend
ihrer speziellen Stärken genutzt wer­
den, erreichen wir größtmögliche Fle­
xibilität. Um die Versorgung von Wirt­
schaft und Bürgern sicherzustellen und
gleichzeitig dem Umweltschutzgedan­
ken Rechnung zu tragen, setzen wir
deshalb in der bayerischen Verkehrs­
politik auf Vernetzung. Wir dürfen
nicht nur das einzelne Straßen- oder
Schienenprojekt betrachten, sondern
brauchen eine gute Verknüpfung der
Verkehrsträger. Es geht um Gesamt­
konzepte, sowohl für den Güterver­
kehr, wo ein möglichst reibungsloser
Übergang zwischen Straße, Schiene
und Wasserstraße geschaffen werden
muss, als auch für den Personenver­
kehr in Stadt und Land, bei dem Bus
und Bahn, individueller Autoverkehr
oder Fuß- und Radverkehr eng inein­
andergreifen müssen.
Der Verkehr nimmt weiter zu
Aufgrund seiner zentralen Lage ist
und bleibt Bayern die europäische
Verkehrsdrehscheibe schlechthin.
Laut aktueller Güterverkehrsprogno­
se wird die Verkehrsleistung bis 2025
um rund 50 % steigen. Güterverkehr
ist in Bay­ern keine „innerbayerische“
Angelegenheit. Fast 50 % ist Transit­
verkehr und nach aktuellen Vorher­
sagen wird der Anteil des Transitver­
kehrs in Bayern bis 2025 auf 53,7 %
weiter zunehmen. Damit wird künftig
der überwiegende Teil des Güterver­
kehrs in Bayern fremdbestimmt sein.
Verkehrsträger Nr. 1 ist die Straße.
Und das wird nach aktueller Prognose
auch so bleiben. Gerade auf der Stra­
ße wird das Güterverkehrsaufkommen
sogar noch deutlich wachsen. Der Stra­
ßengüterverkehr wird also seine do­
minierende Stellung insgesamt noch
weiter ausbauen. Sein Verkehrsanteil
steigt bei der Transportleistung auf
73,6 %. Das zeigt sehr deutlich, dass
sich die Situation auf unseren Straßen
weiter verschärfen wird. Eine unserer
Hauptaufgaben bleibt daher, für ein
gut ausgebautes und leistungsfähiges
Straßennetz zu sorgen. So haben wir
im vergangenen Jahr in Bayern rund
1,2 Milliarden Euro in Ausbau und Er­
haltung der Bundesfernstraßen und
der Staatsstraßen investiert.
Die Straße allein wird den Ver­
kehrszuwachs aber nicht bewältigen
können. Deshalb dürfen wir in unseren
Bemühungen um eine Verlagerung
des Gütertransports auf Schiene und
Wasserstraße und um optimale Aus­
lastung aller Verkehrsträger auch künf­
tig nicht nachlassen. Auch diese Ver­
kehrsträger müssen weiter ertüchtigt
werden. Die bayerische Anmeldung
für den neuen Bundesverkehrswege­
plan 2015 umfasst deshalb neben den
184 Projekten aus dem Bereich Stra­
ßenbau mit einem Gesamtvolumen
von 17 Milliarden Euro auch 30 Bahn­
projekte mit einem Investitionsbedarf
von rund 13 Milliarden Euro und zwei
Projekte aus dem Bereich der Wasser­
straße.
Mobilität kostet Geld
Leider reichen die bisher verfügbaren
Haushaltsmittel nicht aus, um den
Ausbau der Infrastruktur in gewünsch­
tem Maße voranzutreiben und die
dringend notwendigen Erhaltungsin­
vestitionen durchzuführen. Nur wenn
wir mehr Geld in Straße und Schiene
investieren, können wir die Verkehrs­
infrastruktur auf einem qualitativ und
quantitativ hohen Niveau halten und
bedarfsgerecht weiter entwickeln.
Dies gilt für internationale Verkehrs­
verbindungen ebenso wie für eine
zeitgemäße Erschließung des länd­
lichen Raums. Erhalt, Ausbau und be­
darfsorientierte Weiterentwicklung
der Verkehrsinfrastruktur werden des­
halb ein absoluter Schwerpunkt der
jetzigen Legislaturperiode sein.
Mobilität kostet Geld. Deshalb
brauchen wir eine dauerhafte und
verlässliche, auskömmliche und zu­
kunftsfähige Finanzierung – für Erhalt
und Betrieb, Nachholbedarf und Neuund Ausbau aller Infrastrukturen. Die
Verkehrsministerkonferenz hat in ihrer
Sondersitzung im letzten Oktober al­
lein den Fehlbetrag für Erhalt und Be­
trieb des Bestandsnetzes bei Straße,
Schiene und Wasserstraße auf jährlich
mindestens 7,2 Milliarden Euro bezif­
fert. Betroffen sind alle Bereiche, also
auch die kommunalen Verkehrsnetze.
Hinzu kommt der Finanzierungsbedarf
für Ausbau und Neubau. Um die Ziele
des Bundesverkehrswegeplans zu­
mindest annähernd zu erreichen sowie
den Betrieb und den Erhalt der Stra­
ßen- und Schieneninfrastruktur des
Bundes sicherzustellen, brauchen wir
in Deutschland pro Jahr allein 8,5 Milli­
arden Euro für die Bundesfernstraßen
und 5,9 Milliarden Euro für die Bundes­
schienenwege.
Ich begrüße es daher, dass im Ko­
alitionsvertrag der neuen Bundesre­
gierung eine Erhöhung der Mittel für
die Verkehrsinfrastruktur in Höhe von
5 Milliarden Euro vorgesehen ist. Das
Bundeskabinett hat dies inzwischen
im Regierungsentwurf für den Bun­
deshaushalt 2014 und die Eckwerte
für die Jahre 2015 bis 2018 mit einer
stufenweisen Anhebung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
umgesetzt. Das ist ein Schritt in die
richtige Richtung, auch wenn ich mir
für 2014 eine deutlich höhere Finanz­
ausstattung vor allem bei den Bun­
desfernstraßen gewünscht hätte. Der
Gesamtbedarf ist damit bei weitem
nicht abgedeckt. Weitere Mittel sollen
deshalb aus einer erweiterten Nutzer­
finanzierung durch Lkw erzielt werden.
Zusätzlich brauchen wir eine Pkw-
A 93 Südportal des Pfaffensteiner Tunnels bei Regensburg
Maut. Es ist nur gerecht, wenn auch
ausländische Fahrer den Straßenbau
in Deutschland mitfinanzieren. Auch
deutsche Autofahrer werden im Aus­
land hierfür herangezogen. Eine EUrechtskonforme Regelung, die Fahr­
zeughalter in Deutschland nicht stärker
belastet, soll heuer in den Deutschen
Bundestag eingebracht werden.
Attraktive Nahverkehrsangebote,
Stärkung des Radverkehrs
Zur Entlastung unserer Straßen im
Personenverkehr ist außerdem ein at­
traktives Nahverkehrsangebot uner­
lässlich. Auch hier müssen wir das pro­
gnostizierte Wachstum durch bessere
Vernetzung der Verkehrsträger sowie
Ausweitung des Angebots bewälti­
gen. Das Nahverkehrsangebot muss
durch seine Attraktivität überzeugen.
Seit der Bahnreform ist in diesem Be­
reich einiges erreicht worden. Wir ha­
ben mehr als 50 neue Haltepunkte
gebaut, das bayerische Nahverkehrs­
angebot um rund 40 % ausgeweitet
und dichtere Takte, längere Betriebs­
zeiten und optimierte Anschlussver­
bindungen durch den „Bayern-Takt“
geschaffen. Jeden Tag sind in Bayern
1,3 Millionen Menschen in Regionalzü­
gen und S-Bahnen unterwegs. Neben
guten Nahverkehrsverbindungen sind
sie darauf angewiesen, dass die ver­
schiedenen Verkehrsmittel gut inein­
andergreifen. Wir wollen das „Bahn­
land Bayern“ weiter voranbringen.
Dafür setzen wir weiterhin auf Wett­
bewerb und Qualität im Nahverkehr.
Ein Verkehrsmittel, das „auf dem
Vormarsch“ ist und noch stärker ge­
fördert werden muss, ist das Fahrrad.
Denn gerade auf kurzen Strecken ist
es die umweltfreundlichste und ge­
sündeste Alternative, die individuelle
Mobilität im Nahbereich zu gestalten.
Der Radverkehr ist ein Thema, das
mir auch persönlich sehr am Herzen
liegt. Die infrastrukturellen Vorausset­
zungen für den inner- und zwischen­
örtlichen Radverkehr zu schaffen, ist
zwar primär Aufgabe der Kommunen.
Initiativen von Landkreisen, Städten,
Gemeinden oder Zweckverbänden
können aber von unserer Bauverwal­
tung unterstützt werden. Nach Mög­
lichkeit tragen wir auch zur Finanzie­
rung bei. Wichtig ist es auch hier, die
Übergänge zwischen den einzelnen
Verkehrsmitteln zu erleichtern. Wir
werden deshalb weiterhin den Bau
von „Bike and Ride“ und „Park and
Ride“-Anlagen unterstützen.
Auch den barrierefreien Ausbau
unserer Stationen im Schienenper­
sonennahverkehr werden wir weiter
forcieren. Eigentlich ist dafür ja die
Bahn als Eigentümerin der Stationen
verantwortlich – und der Bund für die
Finanzierung. Die Bayerische Staatsre­
gierung ist aber bereit, Landesmittel
zuzuschießen, damit bei den Investi­
tionen von DB und Bund etwas vo­
rangeht: 60 Millionen Euro haben wir
dafür im „Bayern-Paket 2013 - 2018“
bereitgestellt.
Dies alles zeigt, wie eng die ver­
kehrspolitischen Fragestellungen und
damit auch die einzelnen Verkehrs­
träger miteinander verwoben sind.
Es war daher mit Sicherheit eine gute
und zukunftsweisende Entscheidung,
im Bayerischen Innenministerium alle
Fragen des Verkehrs zu bündeln. Da­
mit ist eine wichtige Grundlage für
eine ganzheitliche Betrachtung der
Verkehrs- und Siedlungspolitik in un­
serem Land geschaffen worden.
Bundesstraße B 301 und S-Bahn S8 bei Hallbergmoos
bau intern März/April 2014 5
Vernetzte Mobilität
durch gebündelte Infrastrukturverwaltung
Dr. Kurt Bechtold,
Roland Degelmann
Straßen, Schienen, Wasserwege und
Luftverkehr sichern die Versorgung
von Wirtschaft und Bürgern. Durch ein
optimales Zusammenwirken, bei dem
die Verkehrsträger ihre spezifischen
Stärken ausspielen können, ermögli­
chen sie ein hohes Maß an Flexibilität
und Mobilität.
Eine leistungsfähige und gut ausge­
baute Verkehrsinfrastruktur aller Ver­
kehrsträger ist die Lebensader einer
jeder Volkswirtschaft. Dies gilt ganz
besonders für die stark mittelstän­
disch geprägte Wirtschaft Bayerns im
internationalen Wettbewerb.
Aufgrund seiner zentralen Lage
ist Bayern die europäische Verkehrs­
drehscheibe. Laut aktueller Güter­
verkehrsprognose wird die Verkehrs­
leistung bis zum Jahr 2025 um über
50 %, der Transitverkehr sogar um
rund 89 % steigen! Aus diesem Grund
ist es von essentieller Bedeutung, die
Verkehrsinfrastruktur auf einem quali­
tativ und quantitativ hohen Niveau zu
halten und bedarfsgerecht weiter zu
entwickeln.
Mobilität in einem solchen Umfeld
zu gewährleisten ist eine der großen
politischen Herausforderungen der
heutigen Zeit. Mit der Bündelung aller
Zuständigkeiten im Verkehrswesen
im Staatsministerium des Innern, für
Bau und Verkehr anlässlich der Kabi­
nettsneubildung sind die besten Vo­
raussetzungen für deren Bewältigung
geschaffen.
Die Situation Bayerns
Bayerns Struktur ist geprägt von länd­
lichen Regionen und von Ballungsräu­
6
bau intern März/April 2014
men. Verkehrsangebote und -konzepte
müssen gleichermaßen für junge und
ältere Menschen geeignet sein, egal
ob sie den Autofahrer oder den Fahr­
gast in Bus und Bahn ansprechen sol­
len. Auch stellt die demografische Ent­
wicklung die Verkehrspolitik vor neue
Herausforderungen. Es wird in Zu­
kunft mehr ältere Menschen geben.
Die großen Städte wachsen, länd­
liche Räume verlieren eher Einwoh­
ner. Geht es in den Ballungsräumen
vorrangig darum, Staus und Engpässe
Aufgabenfelder
Unabhängig von den Bemühungen,
mehr Verkehr auf den Bereich der
Schiene zu verlagern, ist und bleibt
die Straße in einem Flächenland wie
e rn Verkehrsträger Nummer 1.
Bay­
Während die Schiene vor allem in Ver­
dichtungsräumen ihre Stärke ausspie­
len kann, ist der motorisierte Verkehr
auf der Straße im ländlichen Raum,
insbesondere bei der Naherschlie­
ßung, nicht zu ersetzen. Von daher gilt
es, mit der Bündelung der Aufgaben
zu vermeiden, muss in ländlichen Re­
gionen auch bei sinkender Nachfrage
eine gute Versorgung mit öffentlichen
Verkehrsmitteln sichergestellt wer­
den. Ziel ist, die gute Erreichbarkeit
von Arbeitsstätten, Schulen und so­
zialen Einrichtungen sowie einen rei­
bungslosen Waren- und Güterverkehr
an jedem Ort zu gewährleisten.
für den Verkehr in einem Hause jeden
Verkehrsträger mit seinen besonde­
ren Vorteilen gezielt zu stärken und
das Zusammenwirken an den Schnitt­
stellen optimal aufeinander abzustim­
men. Hierbei müssen auch die Was­
serstraßen und der Luftverkehr in die
Betrachtung mit einbezogen werden.
Zur Überwindung kürzerer Strecken
wird künftig der Fuß- und Radverkehr
weiter an Bedeutung gewinnen. Des­
sen Anbindung an den öffentlichen
Personennahverkehr muss möglichst
einfach und attraktiv gestaltet werden.
Vernetzte Mobilität gelingt am be­
sten, wenn die maßgeblichen Wei­
chenstellungen an einer Stelle ge­
troffen werden. Deshalb war es eine
zukunftsweisende Entscheidung, alle
Fragen des Verkehrs im Bayerischen
Staatsministerium des Innern, für Bau
und Verkehr zu konzentrieren. Damit
ist eine wichtige Grundlage für eine
ganzheitliche Betrachtung der Ver­
kehrs- und Siedlungspolitik in unserem
Land geschaffen worden.
Bayern steht für eine nachhaltige
und vernetzte Verkehrspolitik.
Bayern steht für eine nachhaltige Ver­
kehrspolitik. Verkehrswege sind teuer
und können für die Umwelt, für ein­
zelne Anlieger oder auch für die All­
gemeinheit eine Belastung darstellen.
Schon bei der Planung von Siedlungen
oder Betrieben müssen die Folgen
des Verkehrs berücksichtigt werden.
Das Ziel muss von daher eine „ver­
kehrssparende“ Wirtschafts- und
Siedlungspolitik sein.
Bayern steht für eine vernetzte
Verkehrspolitik. Es darf nicht nur das
einzelne Straßen- oder Schienenpro­
jekt betrachtet werden, sondern be­
sonderes Augenmerk ist auch auf die
gute Verknüpfung der Verkehrsträger
zu legen. Es geht um Gesamtkonzepte
z.B. für den Güterverkehr auf Straße,
Schiene und Wasserstraße oder für
den Weg zur Arbeit in Stadt und Land,
bei dem Bus und Bahn, individueller
Autoverkehr sowie Fuß- und Radver­
kehr ineinandergreifen.
Verkehrsbereiche
Ob Schiene oder Straße, öffentlicher
Personennahverkehr oder gewerb­
licher Personen- und Güterverkehr,
Luftverkehr, die bayerischen Häfen,
Wasserstraßen und Schifffahrt, Seil­
bahnen oder Gefahrgutbeförderung
– all diese Bereiche in der Zustän­
digkeit der Obersten Baubehörde im
Bayerischen Staatsministerium des
Innern, für Bau und Verkehr sind Auf­
gabenfelder für die Gewährleistung ei­
ner nachhaltigen Mobilität in Bayern.
Im
Zuständigkeitsbereich
der
Obersten Baubehörde liegt die Be­
reitstellung eines sicheren und leistungsfähigen Straßennetzes. Die
Bayerische
Straßenbauverwaltung
plant, baut, erhält und betreibt die
überörtlichen Straßen in Bayern, be­
ginnend von den Autobahnen über
die Bundes- und Staatsstraßen bis zu
einem Teil der Kreisstraßen. Dieses
Straßennetz umfasst über 25.500 km
Länge mit 14.000 Bauwerken, 60 Tun­
neln und über 6.500 km Radwegen.
Die bayerische Straßenbauverwaltung
ist dabei zuständig für den Erhalt und
Betrieb sowie den bedarfsgerechten
Aus- und Neubau der Straßen, Brü­
cken und Tunnel. Das entsprechende
Aufgabenfeld reicht von der grund­
legenden Verkehrsplanung bis zum
baureifen Entwurf, von der Bauvorbe­
reitung bis zur Verkehrsfreigabe und
von der Umweltverträglichkeitsstudie
bis zur Umsetzung landschaftspflege­
rischer Maßnahmen. In die baulichen
Leistungen an Autobahnen, Bundesund Staatsstraßen werden jährlich
mehr als eine Milliarde Euro investiert.
Den Ausbau kommunaler Straßen för­
dert der Freistaat Bayern jährlich mit
mehr als 200 Millionen Euro.
Im allgemeinen öffentlichen Per­
sonenverkehr unterstützt die Oberste
Baubehörde mit 83 Millionen Euro die
kommunalen Auftraggeber und fördert
die Anschaffung moderner Busse.
Neben ihrer Beteiligung an den bei­
den großen Verkehrsverbünden MVV
und VGN ist die Oberste Baubehörde
Ansprechpartner für alle Verkehrs­
verbünde, Verkehrsgemeinschaften,
Nahverkehrskooperationen und für
das Busgewerbe. Auch der rechtliche
Rahmen zur Personenbeförderung
und zum Linienbus-, Taxen- und Miet­
wagengewerbe fällt in diesen Zustän­
digkeitsbereich.
Im Eisenbahnbereich werden fach­
lich und rechtlich die Organisation
und Finanzierung sowie die Planung
und gegebenenfalls die Mitfinanzie­
rung von Infrastrukturmaßnahmen
betreut. Allein im letztgenannten Be­
reich standen in 2013 120 Millionen
Euro zur Verfügung. Seit 1996 bestellt
die Bayerische Eisenbahngesellschaft
Nahverkehrsleistungen im Umfang
von heute rund 120 Millionen Zug-
Kilometern pro Jahr. Die Strecken
werden ausgeschrieben und im Wett­
bewerb vergeben. Für die Leistungen
im Schienenpersonennahverkehr wur­
den 2013 rund 960 Millionen Euro auf­
gewendet.
Im Luftverkehr verantwortet die
Oberste Baubehörde die Sicherheit
auf den Flughäfen München und
Nürnberg sowie die Vorschriften zum
Schutz gegen Fluglärm. Daneben ge­
hört die Genehmigung von Flugplät­
zen, der Flugbetrieb, die Luftaufsicht
und die Betreuung der Luftverkehrs­
wirtschaft zu ihren Aufgaben.
Die Oberste Baubehörde ist An­
sprechpartner für das Straßen- und
Schienengüterverkehrs- und Logi­
stikgewerbe. Mit der Förderung des
Kombinierten Verkehrs und dem Aus­
bau von Güterverkehrsterminals wird
ein wesentlicher Beitrag für die Ver­
netzung des Schienengüterverkehrs
geleistet, der mit dem Einsatz neuer
Transporttechniken und Informati­
onstechnologien zusätzlich gefördert
wird.
In das Bayerische Staatsministerium
des Innern, für Bau und Verkehr sind
die bisher im „Bayerischen Staatsmi­
nisterium für Wirtschaft, Verkehr, In­
frastruktur und Technologie“ ange­
siedelten Aufgaben der Abteilung IIE
„Verkehr“ eingegliedert worden:
Die Abteilungen IID und IIE
Die Bearbeitung des genannten Auf­
gabenbereichs war früher zwei Mini­
sterien zugeordnet. Mit der Zusam­
menlegung in einem Haus existiert
heute eine Infrastrukturverwaltung,
die die erforderlichen Leistungen un­
ter einer Führung und damit aus einer
Hand anbieten kann.
Die Abteilung IID „Straßen- und
Brückenbau“ hat – unverändert zu frü­
heren Regelungen – folgende Zustän­
digkeiten:
–
– Allgemeine Angelegenheiten der
Abteilung; Straßenbetriebsdienst
(SG IID1)
– Infrastrukturplanung Straße; Rad­
verkehr (SG IID2)
– Haushaltsangelegenheiten der Ab­
teilung, Kommunalstraßen (SG
IID3)
– Bundesautobahnen; Straßenver­
kehrsmanagement (SG IID4)
– Gebietsreferat Oberbayern, Schwa­
ben (SG IID5)
– Gebietsreferat Niederbayern, Ober­
pfalz; Grenzlandprogramme (SG
IID6)
– Gebietsreferat Ober-, Mittel-, Un­
terfranken (SG IID7)
– Brücken- und Tunnelbau (SG IID8)
– Straßenbau- und Straßenverkehrs­
technik (SG IID9).
–
–
–
–
–
–
–
–
Verkehrspolitik und Verkehrspla­
nung; Internationale und grenzü­
berschreitende Verkehrsangele­
genheiten (SG IIE1)
Öffentlicher Verkehr auf Schiene
und Straße (SG IIE2)
Schieneninfrastruktur; Eisenbahn­
wesen (SG IIE3)
Verkehrsdurchführung; Regionali­
sierung im Eisenbahnwesen (SG
IIE4)
Straßenverkehrszulassungswesen;
Straßen- und Schienengüterver­
kehr; Güterverkehrszentren; Logi­
stik (SG IIE5)
Schifffahrt; Häfen; Verkehrswasser­
bau; technische Angelegenheiten
des Straßenverkehrs (SG IIE6)
Luftverkehr; Luftverkehrseinrich­
tungen (SG IIE7)
Technische Angelegenheiten des
Luftverkehrs; Seilbahnen; Straßenund U-Bahntechnik; Gefahrgutbe­
förderung (SG IIE8)
Sicherheit im Luftverkehr (SG IIE9).
Bei der Verlagerung der Abteilung Ver­
kehr in das Bayerische Staatsministe­
rium des Innern, für Bau und Verkehr
sind somit die Grundstrukturen der
Abteilung unverändert geblieben. Er­
forderlich wurde jedoch eine Feinab­
stimmung in Aufgabenbereichen, für
die in den beiden Ministerien bisher
getrennte Bearbeitungen zu im We­
sentlichen gleichen Fragestellungen
erfolgten.
So wurde in der Abteilung Straßenund Brückenbau für verschiedene Auf­
gabenbereiche klar gestellt, dass sich
diese ausschließlich auf den Bereich
der Straße beziehen. Das bisher in
beiden Ministerien behandelte Thema
Radverkehr wurde in einem Sachge­
biet konzentriert. Das Sachgebiet IID2
trägt von daher die künftige Bezeich­
nung „Infrastrukturplanung Straße;
Radverkehr“.
Die früher in beiden Häusern ge­
trennt behandelten Aufgaben zur
Vorbereitung der Verkehrsminister­
konferenz sowie der vorbereitenden
„Gemeinsamen Konferenz der Ver­
kehrs- und Straßenbauabteilungslei­
bau intern März/April 2014 7
ter“ wurden ebenfalls zusammenge­
führt und werden künftig im Bereich
des Sachgebietes IIE1 „Verkehrspoli­
tik und Verkehrsplanung; Internationa­
le und grenzüberschreitende Verkehrs­
angelegenheiten“ erfüllt, wobei auch
hier die fachliche Beteiligung aus den
unterschiedlichen
Aufgabenfeldern
selbst unverändert geblieben ist.
Mit den jetzt geschaffenen Struk­
turen steht auf Ministeriumsebene
eine kompakte und leistungsfähige
Organisation bereit, Mobilität in Stadt
und Land, Mobilität für Bürger und
Wirtschaft, Mobilität für alle zu ermög­
lichen.
Autoren
Ltd. Ministerialrat Dr. Kurt Bechtold,
Ministerialrat Dipl.-Ing. Roland
Degelmann, Oberste Baubehörde
[email protected]
[email protected]
8
bau intern März/April 2014
Fassadenprämierung
Michael Seibold
Anlässlich der Fassadenprämierung
2013 durch den Friedrich-PrinzFonds der Stadt Augsburg wurde der Freistaat Bayern, vertreten
durch das Staatliche Bauamt Augsburg, ausgezeichnet für die vorbildliche Maßnahme am Dienstgebäude Holbeinstraße 10.
Das Gebäude wurde 1910/11 für
die ehem. Versicherungsanstalt für
Schwaben und Neuburg vom Archi­
tekten Jean Keller als repräsentativer
Neubarockbau im Stil italienischer Pa­
läste errichtet. Von 2009-2011 wurde
das Gebäude in Eigenplanung gene­
ralsaniert, durch einen Neubau im Hof
erweitert und Ende 2011 vom Bauamt
bezogen. Wegen des unvorherseh­
baren Ausmaßes der Schäden an den
Fassaden - insbesondere Feuchtigkeit
und Salzbelastung, wurde die Sanie­
rung der Fassade, die 2011 bereits be­
gonnen wurde, erst nach Einzug abge­
schlossen.
Da am Gebäude Jahrzehnte lang
nur das Notwendigste im Bauunterhalt
durchgeführt wurde, stand man bei
der Sanierungsmaßnahme einer tota­
len Grundinstandsetzung gegenüber.
Die alten Bauteile, die von Denkmal­
schutzseite als erhaltenswert festge­
legt wurden, mussten vorsichtig aus­
gebaut und saniert werden. Das waren
z.B. sämtliche historischen Kastenfen­
ster und Türen sowie die Natursteinva­
sen auf dem Dachgesims.
Die plastische Architekturgliede­
rung der Fassade besteht aus sehr
feinem, hellem Putz mit Romanze­
mentanteilen, die sehr glatt und
scharfkantig bearbeitet wurde. Die
Rücklageflächen sind aus Rauputz.
Ursprünglich trug die Fassade keinen
Farbanstrich. Durch das Zusammen­
spiel von diesen eher leicht grauen,
rauen Flächen zu den sehr glatten,
weißlichen Gliederungen entstand ein
dezenter und sehr vornehmer Kontrast
der Materialien. Erst in späteren Jah­
ren wurden Grün-Weiße und in den
70er Jahren, der letzte Gelb-Weiße
Anstrich aufgebracht. Die jetzige Sa­
nierung sollte dem ursprünglichen Be­
stand nahe kommen und so wurde mit
5 verschiedenen Grautönen die Fas­
sade behutsam gegliedert. Der helle
Grundton wurde dem Portal aus Kalk­
stein angeglichen. Die umfangreichen
Fenster- und Gesimsverblechungen
sind, wie auch das gesamte Dach, in
mattiertem Edelstahl ausgeführt und
fügen sich harmonisch ein.
Durch Einbau einer Innendäm­
mung aus diffusionsoffenen Calcium­
silikatplatten und Verwendung einer
denkmalgerechten Isolierverglasung
für die inneren Flügel der sanierten hi­
storischen Kastenfenster konnte eine
deutliche Steigerung der Energieef­
fizienz und somit eine erhebliche Re­
duzierung der Betriebskosten erreicht
werden.
Das einheitliche mit dem Denkmal­
schutz eng verwobene Sanierungskon­
zept wird den heutigen energetischen
Anforderungen gerecht und ist nun
wieder ein attrakti-ves und technisch
zeitgemäßes Gebäude mit anspre­
chenden Arbeitsbedingungen.
Autor
Dipl.-Ing. Univ. Michael Seibold,
Staatliches Bauamt Augsburg
[email protected]
Neubau des Waldinformations- und Erlebniszentrums
Steigerwald-Zentrum –
Nachhaltigkeit erleben
Philipp Treuheit
1713 veröffentlichte Hans Carl von
Carlowitz sein Buch „Haußwirthliche
Nachricht und Naturmäßige Anwei­
sung zur wilden Baum-Zucht“. In die­
ser ersten Abhandlung über Forstbe­
wirtschaftung prägte er den Begriff
der forstwirtschaftlichen Nachhaltig­
keit. Heute hat dieses Prinzip, nach
dem nicht mehr verbraucht werden
darf, als jeweils künftig wieder bereit­
gestellt werden kann, Einzug in unse­
re Zukunfts- und Gesellschaftsdiskus­
sionen gefunden.
2013 wurde zum 300-jährigen Ju­
biläum das Jahr der Nachhaltigkeit ge­
feiert. Das Bayerische Staatsministeri­
um für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten nahm dies zum Anlass, um
das Projekt Steigerwald-Zentrum –─
Nachhaltigkeit erleben in Handthal zu
initiieren. Hier soll der breiten Bevöl­
kerung die Idee nachhaltiger Waldbe­
wirtschaftung näher gebracht werden.
Das Gebäude selbst soll ein Vorzeigeund Demonstrationsobjekt in Sachen
Holzbau, Energiewende und Klima­
schutz sein.
Im April 2012 erhielt das Staatliche
Bauamt Schweinfurt den Planungsauf­
trag, mit der Aufforderung in Eigen­
planung in 16 Monaten das Gebäude
fertigzustellen. Diese ambitionierte
Terminvorgabe in Kombination mit ei­
ner festgesetzten Kostenobergrenze
von 3 Mio. Euro und dem Anspruch,
zeitgemäße Gestaltung und innova­
tiven Holzbau in dem Neubau umzu­
setzen, erforderte einen hohen Ko­
ordinierungsaufwand und intensive
Planung aller Fachbereiche und betei­
ligten Behörden.
Ergänzende finanzielle Unterstüt­
zung erfuhr das Projekt durch das
Programm „Energiewende Bayern
und Klimaprogramm Bayern 2020“.
So konnten innovative und ressour­
censchonende Bauteile und Konstruk­
tionen, welche in dem Gebäude bei­
spielhaft umgesetzt wurden, gefördert
werden.
Das Gebäude steht unmittelbar am
Waldrand, so dass es dem Besucher
möglich ist, Ausstellung, Vortrag und
Waldbewirtschaftung in einer inten­
siven Wechselwirkung zu erleben.
Handthal liegt in östlichen Unterfran­
ken inmitten des Naturparks Steiger­
wald, einer der größten zusammen­
hängenden Buchenwälder Europas.
Das Grundstück befindet sich 400
Meter von Handthal entfernt direkt
Blick auf den südlichen Baukörper mit Vortragssaal und
Ausstellungsflächen, im Hintergrund der Zugangssteg
und die Terrasse. Foto: Katrin Heyer, Würzburg
am 2-Franken-Radweg, welcher in den
Sommermonaten ein beliebter Radund Wanderweg zwischen Ebrach und
Handthal ist. Gleichzeitig mit dem Stei­
gerwald-Zentrum – Nachhaltigkeit erleben ist ein Gemeindeparkplatz ent­
standen, von dem aus die Besucher
mit einem kurzen Spaziergang das
Gebäude erreichen können. Der Park­
platz wurde mit Förderung des Amts
für ländliche Entwicklung gebaut und
soll in Zukunft den Ort und das Waldin­
formations- und Erlebniszentrum vom
ruenden Verkehr entlasten. Zusätzlich
sind am Gebäude zwei behindertenge­
rechte Stellplätze errichtet worden.
Das Gebäude fügt sich harmonisch
in die naturräumliche Umgebung ein.
Es gliedert sich in drei nahezu gleich­
große eingeschossige Gebäudekör­
per, die sich höhenversetzt als Ter­
rassenhaus von Nord nach Süd an die
leicht ansteigende Topographie des
Geländes anpassen. Der Sockel des
Gebäudes ist gegenüber der Fassa­
de deutlich zurückversetzt, so dass
der Eindruck entsteht das Gebäude
schwebe über dem Gelände. Die Ge­
bäudeteile wurden als schlichte Bau­
körper mit einer vertikalen Holzver­
schalung und ohne Dachüberstände
konzipiert. Wichtige Blickbeziehungen
in den angrenzenden Wald oder zu der
über Handthal gelegenen Stollburg
werden durch große Fensterflächen
hergestellt.
Unter alten Birnbäumen hindurch
betritt der Besucher über einen Steg
und eine große nach Westen ausge­
richtete Terrasse den mittleren Ge­
bäudeteil. Der Steg und die Terrasse
wurden als filigrane Stahlkonstrukti­
on errichtet, die durch eine punktu­
elle Aufständerung den Eingriff in die
Landschaft minimiert. Im mittleren Ge­
bäudeteil befindet sich der Besucher
in einem großzügigen Foyer mit Infor­
mationstheke. Der Theke angegliedert
bietet ein kleiner Cafébereich mit Sitz­
möglichkeiten einen weiten Rundblick
über Handthal. In der Folge steht eine
Blick von Westen, Hauptzugang über einen schwebenden Steg unter alten Birnbäumen hindurch.
Foto: Katrin Heyer, Würzburg
bau intern März/April 2014 9
große Ausstellungsfläche zur Verfü­
gung, wo über großzügige Glasflächen
der Wald in die zukünftige Ausstellung
integriert werden soll. Über ein kleines
Fenster ist ein Blick in den Haustech­
nikraum möglich. Somit soll auch der
technische Teil des Gebäudes erlebbar
gemacht werden. Im südlichen, direkt
am Waldrand gelegenen Baukörper
sind weitere Ausstellungsflächen und
ein großer multifunktionaler Vortrags­
saal entstanden. Der Vortragssaal
wurde als einziger Großraum mit einer
mechanischen Lüftung mit Wärmerück­
gewinnung ausgestattet. Im nördlichen
Gebäudeteil sind Verwaltungsräume,
Toiletten, Technikräume und die Holz-
te aus Beton leichter durchführbar.
Auf den Bodenplatten stehen mas­
sive Sperrholzaußenwände aus Fichte
bzw. schlanke, tragende Buchen-Pfo­
sten-Riegel-Fassaden. Die Verwen­
dung von Buchenholz ermöglicht hier
eine deutliche Verringerung des kon­
struktiven Querschnitts der Pfosten.
Die Decken wurden beispielhaft in
jedem Bauteil mit einer anderen Kon­
struktion ausgeführt. Im nördlichen
Bauteil wurde auf Grund akustischen
Anforderungen in den Büroräumen
und Werkstätten eine Brettstapel­
decke aus Fichte mit eingefräster
Akustiknut umgesetzt. Im mittleren
Gebäudeteil war an die Foyerdecke
Ausstellungsfläche im Foyer mit direkter Sichtverbin­
dung in den Wald. Foto: Katrin Heyer, Würzburg
Foyer mit Empfangstheke nach einem Studentenent­
wurf Hochschule für angewandte Wissenschaften Co­
burg. Foto: Katrin Heyer, Würzburg
Erlebnis- Werkstätten untergebracht.
Die neugeschaffene Bruttogeschoss­
fläche von 1.200 m² verteilt sich gleich­
mäßig auf die mit Rampen barrierefrei
verbundenen drei Gebäudekörper.
Das gesamte Gebäude wurde als rei­
ner Holzbau errichtet. Es wurden ins­
gesamt 500 t Fichte, Buche, Eiche und
Lärche verbaut. Diese Menge wächst
in Bayerischen Wäldern innerhalb von
5 Minuten nach. Die tragenden Ele­
mente sind über die Wintermonate
vorgefertigt worden. Nur so konnte
die kurze Bauzeit eingehalten wer­
den. Auf drei Stahlbetonringfunda­
menten sind freitragende, neuartige
Holzsandwich-Bodenplatten verlegt
worden. Diese hocheffizienten, rein
aus Holz gefertigten Bauteile, kön­
nen bei geringer Bauteilhöhe große
Spannweiten überbrücken. Durch die
punktuelle Auflagerung auf den Strei­
fenfundamenten verringert sich der
Versiegelungsgrad, und eine Abdich­
tung gegenüber Erdfeuchte ist nicht
mehr notwendig. Am Nutzungsende
des Gebäudes ist der Rückbau gegen­
über einer konventionellen Bodenplat­
ein hoher gestalterischer Anspruch
angelegt. Das Staatliche Bauamt ent­
wickelte zusammen mit dem Statiker
eine bis dahin noch nicht umgesetzte
10
bau intern März/April 2014
Blick nach Nordwesten Richtung Handthal. Foto: Katrin
Heyer, Würzburg
versetzte Brettstapeldecke aus Fich­
ten- und Buchenbrettern. Die hierfür
benötigten Längen und Querschnitte
der Buchenbretter wurden zum Zeit­
punkt der Planung von der Holzindu­
strie nicht zur Verfügung gestellt. Erst
im Dialog mit dem Statiker und den
herstellenden Firmen konnte erreicht
werden, dass das Produkt hergestellt
und den Bietern angeboten wurde.
Die Decke im Foyer hat ein Gesamt­
gewicht von 90 t. Im südlichen Bau­
körper entstand eine Holzrippendecke
mit Buchenbrettschichtholzträgern. Es
ist erst die dritte realisierte Decke in
Deutschland seit Vorliegen der allge­
meinen bauaufsichtlichen Zulassung
von Buchenbrettschichtholzträgern im
Innenbereich im Jahr 2009. Nicht nur
die optischen Vorteile, sondern auch
die extrem hohe Biegesteifigkeit der
Träger erzeugen den Eindruck einer
eleganten schlanken Konstruktion.
Das Gebäude liegt in einem Natur­
schutzgebiet und direkt angrenzend
an ein Vogelschutzgebiet. Aus diesem
Grund wurde auf den Glasflächen eine
zusätzliche „Mikado-Beschichtung“
aufgebracht, welche dem Vogelschutz
dient.
Die gesamte Wärmedämmung
wurde aus recycelter Zellulose herge­
stellt und in Kammern in Bodenplatte,
Außenwände und den Dachflächen
eingeblasen. In Kombination mit einer
Biomasseheizung mit Pellets wurde
ein effizientes, energie- und ressour­
censchonendes Konzept umgesetzt.
Für eine naturverträgliche Einbindung
des Gebäudes in die Landschaft und
zum Zwecke der Regenrückhaltung
sind die Dächer extensiv begrünt wor­
den. Das anfallende Regenwasser
wird zur Einsparung von Trinkwasser
in einer unterirdischen Zisterne zur
Brauch- und Löschwassernutzung ge­
sammelt.
Vom 3.- 4. August 2013 fanden die
durch das Bayerische Staatsministe­
rium für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten ausgerichteten Waldtage
in Handthal statt. 6.000 Besucher
konnten sich an diesem Wochenen­
de davon überzeugen, dass mit dem
Steigerwald-Zentrum ─Nachhaltigkeit
erleben durch die Bauverwaltung in
Eigenplanung ein beispielhaftes Ge­
bäude realisiert wurde, welches in viel­
fältiger Art und Weise den Nachhaltig­
keitsgedanken in sich trägt.
Autor
Baurat Dipl.-Ing. Philipp Treuheit,
Staatliches Bauamt Schweinfurt
[email protected]
Gute Luft macht Schule
Baumaßnahme für bundesweites
Pilotprojekt am Gymnasium
Marktoberdorf abgeschlossen
Thomas Kieschke
„Jedes Kind hat drei Pädagogen. Der
erste Pädagoge sind die anderen Kin­
der, der zweite sind die Lehrer, und
der dritte Pädagoge ist der Raum.“ Mit
diesem Zitat des italienischen Schul­
reformers Loris Malaguzzi leitete der
Schulleiter des Gymnasiums Marktoberdorf sein Grußwort zum Richt­
fest im Frühjahr 2013 ein. Er spielte
damit auf den wesentlichen Mangel
an, unter dem die Schulgemeinschaft
seit langem litt: den beengten Platz,
aber auch den schlechten Zustand
der in die Jahre gekommenen Schul­
räume, die dringend darauf warteten,
erweitert und instandgesetzt zu wer­
den. Nach Abschluss dieser Baumaß­
nahmen verfügt die Schule jetzt wie­
der über genügend Räume, die auch
den zeitgemäßen Anforderungen der
Pädagogik gerecht werden.
Die Ausgangssituation vor 50 Jah­
ren war ähnlich. Die Stadt Marktober­
dorf errichtete 1962 ein Schulgebäude
auf eigene Kosten und schenkte es an­
schließend dem Land – wohl auch, um
damit die Standortentscheidung des
Kultusministeriums zu beeinflussen,
denn das „Deutsche Gymnasium Wei­
ßenhorn“ (Landkreis Neu-Ulm) wurde
tatsächlich ins Ostallgäu verlegt. Die­
ser erste Baustein, der dreigeschos­
sige Atriumbau, umschließt einen
nahezu quadratischen Innenhof mit
etwa 30 m Kantenlänge. Unmittelbar
danach wurden im südlichen Teil des
Grundstücks das Schülerheim und die
Mensa errichtet. Zu Beginn der 1980er
Jahre bildeten die Dreifachturnhalle
sowie ein erster, sich pavillonartig im
Südwesten des Atriumbaus anschlie­
ßender Erweiterungsbau den vorläu­
figen Abschluss der Bautätigkeit.
Das Gymnasium Marktoberdorf
bietet heute neben einem naturwis­
senschaftlich-technologischen
auch
einen musischen Zweig an, der es bis
weit über die Grenzen Schwabens hi­
naus bekannt gemacht hat. Derzeit
besuchen über 900 Schüler die Schule
und über 100 Lehrkräfte unterrichten
dort. Sie war ursprünglich für nur 700
Schüler und 50 Lehrer ausgelegt, so
dass zuletzt eine Reihe von Klassen
in Container und provisorisch einge­
richtete Räume im Keller ausgelagert
werden mussten. „Miteinander leben
– Voneinander lernen!“ steht als Leit­
satz in der Verfassung der Schule. Leh­
rer und Schüler verbringen dort immer
mehr gemeinsame Zeit. Nach Einfüh­
rung des G8 entstand ein zusätzlicher
Bedarf an Aufenthaltsmöglichkeiten
für die Schüler und an Arbeitsplätzen
für die Lehrer während der Freistun­
den. Und die Schule hegte seit langem
den Wunsch nach einem großen, mul­
tifunktionalen
Veranstaltungsraum,
um ihr musisches Profil weiter stärken
zu können.
Zur Erweiterung und energetischen
Sanierung der Schule erteilte die Ober­
ste Baubehörde dem Staatlichen Bau­
amt Kempten im Frühjahr 2008 den
Auftrag für eine HaushaltsunterlageBau. Löhle Neubauer Architekten aus
Augsburg wurden mit der Planung des
17,6 Millionen Euro teuren Projekts
betraut. Fast ein Drittel davon konnte
über das erste Sonderprogramm der
Staatsregierung zur energetischen
Sanierung von staatlichen Gebäuden
finanziert werden.
Innenhof Atriumbau mit neuer Aula
Pilotprojekt zum Erfolgscontracting
Parallel dazu schlossen das Kultusmi­
nisterium und der Bundesdeutsche
Arbeitskreis für umweltbewusstes
Management (B.A.U.M. e.V.) am
25. Januar 2008 eine Kooperationsvereinbarung. Am Gymnasium Marktoberdorf wird nun im Rahmen des
Bundesforschungsprojekts „naerco“
(Nachhaltige Heizungssanierung durch
Erfolgscontracting) ein neuartiges Ver­
gabeverfahren erprobt.
An die Stelle des konventionellen Ein­
baus technischer Anlagen durch eine
Baufirma und der davon unabhängi­
gen, anschließenden Betriebsführung
durch den Nutzer tritt hier das soge­
nannte „Erfolgscontracting“: Planung,
Einbau sowie Betrieb, Instandhaltung
und Wartung der technischen Anla­
gen über den Zeitraum von 15 Jahren
hinweg liegen als Gesamtpaket in der
Hand eines Auftragnehmers. Dieser
hat dafür zu garantieren, dass verbind­
lich vereinbarte Behaglichkeitskrite­
rien (z. B. Raumtemperatur, Luftquali­
tät) stets eingehalten und gleichzeitig
die über eine ausgereifte Referenzpla­
nung ermittelten Grenzwerte für En­
ergieverbrauch sowie CO 2-Ausstoß
nicht überschritten werden.
Ostfassade Atriumbau mit neuem Verbindungssteg.
Foto: Löhle Neubauer Architekten
Ausgeschrieben wurde nicht eine
vorab definierte Technik, sondern
das, was man damit erreichen wollte,
nämlich eine gewünschte Qualität von
Temperatur, Licht, Luft und Energie­
einsparung – also: der „Erfolg“. Darin
liegt der wesentliche Unterschied zum
bisher bekannten Liefer-Contracting,
bei dem lediglich effizient erzeugte
Nutzenergie aus neuen Anlagen ge­
liefert wird, aber auch zum EinsparContracting, bei dem nur eine verbind­
liche Einspargarantie durch ein vom
Auftragnehmer zu entwickelndes Kon­
zept im Fokus steht. Abweichungen
von den Sollkriterien nach unten füh­
ren zu einer Zahlungsminderung, und
der Contractor muss nachbessern.
Einsparungen über die durch die Re­
ferenzplanung vorgegebenen Grenz­
werte hinaus werden zwischen dem
Contractor und dem Förderverein des
Gymnasiums geteilt: dies motiviert
alle Schüler zusätzlich dazu, Energie
zu sparen, da sie zumindest mittelbar
auch davon profitieren. Dem schu­
lischen Arbeitskreis Energie fällt dabei
die Aufgabe zu, Fehlermeldungen vor
Ort zu sammeln und eigenverantwort­
lich an den Contractor weiterzuleiten,
was einen weiteren pädagogischen
Ansatz dieses Projekts verdeutlicht.
bau intern März/April 2014 11
Neue Räume und besseres Klima
Im Raumprogramm war eine Erweite­
rung um insgesamt 1.000 m² geneh­
migt. Im ersten Bauabschnitt wurde
im vorhandenen Innenhof des Atrium­
baus eine neue, zentrale Aula errichtet.
Sie dient nicht nur den Schülern als
Aufenthaltsraum während der Pausen,
sondern auch als Veranstaltungsraum
für Aufführungen mit bis zu 400 Besu­
chern und als Prüfungsraum für Klau­
suren. Während sie auf ihrer West-,
Nord– und Ostseite unmittelbar an
den Bestand angebaut wurde, öffnet
sie sich auf der gesamten Südseite mit
einer Glasfassade zum verbleibenden
Innenhof hin, der künftig verstärkt für
Freiluftveranstaltungen genutzt wer­
den soll.
den Schülern als zusätzlicher, hoch­
wertiger Aufenthaltsbereich im Freien
zur Verfügung steht.
Die Herstellung einer barrierefrei­
en Erschließung aller Gebäudeteile
und die Anpassung des vorbeugenden
Brandschutzes an heute gültige Vor­
schriften gehören zu den Pflichtauf­
gaben bei einer Grundinstandsetzung.
Sämtliche neuen Bauteile wurden
im Passivhausstandard ausgeführt.
Der Bestand übertrifft durch umfang­
reiche
Wärmedämmmaßnahmen
an den Hüllflächen die gesetzlichen
Anforderungen der Energieeinspar­
verordnung 2009 deutlich. Natürlich
waren auch die gesamten Heizungsund Beleuchtungsanlagen zu erneu­
ern. Alle Räume erhielten dezentrale
Lüftungsanlagen mit hocheffizienter
Wärme- und Feuchterückgewinnung
sowie modernste Regelungstechnik.
Die Raumluftqualität konnte damit
spürbar verbessert werden: So sank
die CO2-Konzentration, die früher häu­
fig über 4.000 ppm lag, auf den kon­
stanten Wert von rund 800 ppm. Wis­
senschaftliche Studien haben gezeigt,
dass sich das Lernvermögen der
Schüler bei besserer Raumluft ent­
scheidend erhöht. Dieser auch für das
Pilotprojekt zentrale Aspekt trägt we­
sentlich zur Schaffung optimaler Lern­
bedingungen bei und hat ebenfalls
Lageplan
Im zweiten Bauabschnitt wurde
der frühere Erweiterungsbau aus den
1980er Jahren profilgleich nach Nor­
den hin verlängert. Der neu entstan­
dene, einheitliche Baukörper erhielt
damit Richtung und Gewicht und bil­
det nun zusammen mit dem Atrium­
bau ein in seinen Proportionen ausge­
wogenes Ensemble. Im Erdgeschoss
entstanden hier Schulbibliothek und
Silentiumraum für die Lehrer, im Ober­
geschoss Verwaltungsräume und das
Lehrerzimmer. Durch die Auslagerung
dieser Räume wurden im Atriumbau
Flächen für Fachunterrichtsräume aus
dem naturwissenschaftlich-technolo­
gischen und musischen Bereich frei,
die nun neu geordnet und zu räumlich
sinnvollen Einheiten zusammenge­
fasst werden konnten. Daraus ergeben
sich künftig kürzere Wege für Schüler
und Lehrer. Zwischen Atriumbau und
neuem Erweiterungsbau entstand ein
zweiter, großzügiger Innenhof, der
12
bau intern März/April 2014
Detail neuer Verbindungssteg. Foto: Löhle Neubauer
Architekten
bundesweit Vorbildcharakter. Der jähr­
liche Wärmeenergiebedarf des Gym­
nasiums wird künftig zu zwei Dritteln
aus einem über Hackschnitzel betrie­
benen Fernwärmenetz und zu einem
Drittel über ein eigenes Blockheizkraft­
werk gedeckt, das mit Bio-Methan
betrieben wird. Damit ist es möglich,
insgesamt die CO2-Emissionen der
Schule um fast 80% zu senken.
Der Schulbetrieb musste über die
gesamte Bauzeit von April 2011 bis
zum Sommer 2013 hinweg weiter­
laufen. Gerade die Ausführung der
lärm- und staubintensiven Arbeiten
im Atriumbau, als etwa weite Teile
der Geschossdecken einer Betonsa­
nierung unterzogen werden mussten,
verlangten Schülern, Lehrern und El­
tern ein hohes Maß an Verständnis und
Innenraum der neuen Aula
Kompromissbereitschaft ab. Auch das
sehr komplexe Zusammenspiel der
einzelnen betriebstechnischen Kom­
ponenten erforderte in einigen Fällen
eine Nachregulierung der Gebäude­
technik, um behagliche Klimazustände
in den Räumen zu erreichen. Die nun
angelaufene, 15-jährige Betriebsphase
wird zeigen, ob sich die mit dem Er­
folgscontracting verbundenen hohen
Erwartungen tatsächlich erfüllen und
ob es eine echte Alternative zur bisher
üblichen Praxis darstellen kann.
Unabhängig davon ist die Schulge­
meinschaft nun wieder angemessen
in einem stimulierenden Lernumfeld
untergebracht, mit dem sich alle gut
identifizieren können.
Mit seinen großformatigen, auf der
Rückseite dunkel eingefärbten Glas­
tafeln, die er an den Wänden im Ein­
gangsbereich angebracht hat und auf
die jeder Schüler nun seinen Namen
eingravieren darf, bringt der Münchner
Künstler Christoph Brech dies auf den
Punkt: „Die Schule wird seine Schule
werden“.
Autor
Bauoberrat Dipl.-Ing. Thomas Kiesch­
ke, Staatliches Bauamt Kempten
[email protected]
Förderung von Wohnraum für Studierende
hört ganz wesentlich das Wohnraum­
angebot – muss mit dieser Entwick­
lung Schritt halten.
Gottfried Weiß, Jutta Lauter,
Stefanie Moyses
Der starke Zustrom Studierender of­
fenbart bereits jetzt deutliche Konse­
quenzen für die Wohnungssituation
in den Hochschulstädten und führt
zu zusätzlichen Anspannungen auf
dem örtlichen Wohnungsmarkt. Lei­
der sind preiswerte und geeignete
Baugrundstücke in vielen Hochschul­
städten Mangelware. Die Studen­
tenwerke wie auch die privaten In­
vestoren brauchen aber bezahlbare
Baugrundstücke. Nur dann können
sie preisgünstigen Wohnraum zur Ver­
fügung stellen. Idealerweise sind das
Grundstücke auf dem Hochschulcam­
pus, zumindest aber in verkehrsgüns­
tiger Lage zur jeweiligen Hochschule.
Bei der Ausbauplanung für bayerische
Universitäten und Hochschulen sollte
dieser Aspekt bereits berücksichtigt
werden. Hier müssen also frühzeitig
geeignete Flächen für studentisches
Wohnen ausgewiesen werden. Auch
auf Konversionsflächen, die sich zur
Wohnnutzung eignen, kann zusätz­
licher Wohnraum für Studierende ge­
schaffen werden.
Der Freistaat Bayern fördert seit Jahr­
zehnten den Bau und die Sanierung
von Studentenwohnheimen mit be­
trächtlichen Mitteln aus dem Staats­
haushalt. In den letzten Jahren (seit
2006) sind 141,7 Millionen Euro an
Fördermitteln für über 5.600 Wohn­
heimplätze bewilligt worden. Insge­
samt gibt es in Bayern knapp 36.000
geförderte Wohnheimplätze (Stand
1. Dezember 2013), zwei Drittel davon
befinden sich in der Trägerschaft der
Studentenwerke.
Gefördert werden Baumaßnahmen,
durch die Wohnraum in einem neu­
en, selbständigen Gebäude geschaf­
fen wird (Neubau), der Ersterwerb
solchen Wohnraums sowie die Erwei­
terung (Anbau, Aufstockung) eines
bestehenden Gebäudes. Förderungs­
fähig ist auch der Erwerb und die
bauliche Änderung von Gebäuden,
die bisher nicht zu Wohnzwecken ge­
nutzt wurden. Außerdem können be­
stehende Studentenwohnheime mit
staatlicher Unterstützung umgebaut
werden. Zu den Fördergegenständen
gehört auch die Erstmöblierung.
Die staatliche Zuwendung wird als
zinsloses Baudarlehen gewährt, das
nicht getilgt werden muss. Für jedes
Jahr der bestimmungsgemäßen Be­
legung mit bedürftigen Studieren­
den gewährt der Staat einen Kapital­
nachlass. Weiterhin unterstützt der
Freistaat Bayern unter bestimmten
Voraussetzungen auch die Instand­
setzung von Wohnheimen, die be­
reits vor 1972 gebaut wurden, aber
noch mindestens zehn Jahre lang ei­
ner Belegungs- und Mietbindung un­
terliegen.
Jahr für Jahr verzeichnen wir in Bay­
ern neue Höchststände bei den Studi­
enanfängern. Die 17 Universitäts- und
30 Hochschulstandorte im Freistaat
erweisen sich als echte Magneten für
junge Menschen. Deshalb müssen
nicht nur die räumlichen Kapazitäten
an den Universitäten und Hochschu­
len ausgebaut werden, sondern auch
die soziale Infrastruktur – und dazu ge­
Aufgrund der steigenden Studenten­
zahlen sind weitere Anstrengungen
notwendig, um den jungen Leu­
ten, die in Bayern studieren, ausrei­
chenden Wohnraum bieten zu kön­
nen. Vor gut einem Jahr, Ende Februar
2013, lud deswegen Innenminister
Joachim Herrmann die bayerischen
Studentenwerke zu einem Runden
Tisch zum Thema Studentenwohnen
in Bayern, um Möglichkeiten zur Ver­
besserung der Wohnsituation der Stu­
dentinnen und Studenten in den baye­
rischen Hochschulstädten zu erörtern.
Das Ergebnis des Runden Tisches mit
den Studentenwerken war eine Ver­
besserung der staatlichen Förderkon­
ditionen. Bereits am 1. Mai 2013 sind
die neuen Förderrichtlinien in Kraft ge­
treten. Was hat sich geändert?
• Der Förderbetrag wurde auf bis zu
32.000 Euro für einen Wohnheim­
platz angehoben (vorher maximal
26.500 Euro).
• Die Bindungsdauer wurde von bis­
her 45 Jahren auf 25 Jahre ver­
kürzt (die frühere Staffelung in un­
terschiedlich lange Bindungszeiten
von 15, 30 und 45 Jahren mit ent­
sprechender Förderhöhe wurde
aufgegeben).
• Die Mieterhöhungsmöglichkeiten
wurden verbessert.
Damit sollen nicht nur die Studenten­
werke bei ihrer Hauptaufgabe, preis­
werten Wohnraum für Studierende zur
Verfügung zu stellen, unterstützt wer­
den, sondern auch verstärkt private In­
vestoren für den Bau von Studenten­
wohnheimen gewonnen werden.
Die seit der Verbesserung der Förder­
konditionen sprunghaft angestiegene
Nachfrage nach den Fördermitteln
zeigt, dass der eingeschlagene Weg
der richtige ist. Ob in Aschaffenburg,
Coburg, Bayreuth, Bamberg oder
Nürnberg, ob in Erlangen, Regens­
burg, Landshut, München oder Aug­
sburg – überall werden demnächst
neue Wohnheime entstehen.
Um die höhere Förderung und die grö­
ßere Zahl an Studentenwohnungen zu
finanzieren, sind zusätzliche Haushalts­
mittel erforderlich. Ursprünglich waren
im Doppelhaushalt 2013/2014 zunächst
jeweils 17,5 Millionen Euro als Bewil­
ligungsrahmen vorgesehen. Der Mini­
sterrat hat am 12. März 2013 beschlos­
sen, dieses Kontingent für 2014 um 10
Millionen Euro aufzustocken, so dass
im Jahr 2014 27,5 Millionen Euro zur
Verfügung stehen. Damit können ins­
gesamt rund 1.000 Wohnplätze für Stu­
denten gefördert werden.
Prägnante Beispiele:
Erlangen Südgelände
In Erlangen hat das Studentenwerk
Erlangen-Nürnberg ein großes Pro­
jekt in Angriff genommen. Mitten auf
dem Südgelände der Friedrich-Alexan­
der-Universität entsteht demnächst
zusätzlicher Wohnraum für rund 400
Studierende. Die Neubauten sollen
die bestehenden Wohnheimgebäude
an der Erwin-Rommel-Straße ergän­
zen. Darüber hinaus soll ein Parkhaus
für das Studentenwohnheim und die
Universität die angespannte Parksi­
tuation grundlegend verbessern. Er­
ster Preisträger des Architekturwett­
bewerbs ist das Architekturbüro Karl
+ Probst aus München zusammen mit
dem Planungsbüro TOPOS aus Berlin.
Der Entwurf greift das Thema
„Wohnen im Wald“ auf und führt die
vorhandene Bebauung mit ihrem dörf­
bau intern März/April 2014 13
lichen Charakter auf neue Art fort. Da­
bei sind sechs würfelförmige Baukör­
per spielerisch in den Wald platziert.
Die dadurch entstehenden Freiräume
verzahnen die Neubauten mit dem Be­
stand. Die Nachverdichtung führt zu
einem angemessenen Charakter mit
hoher Freiraumqualität. Auf die sehr
unterschiedlichen,
städtebaulichen
Bezüge zur Erwin-Rommel-Straße,
dem Chemikum, dem neuen Park­
haus und den Bestand wird mit un­
terschiedlichen Höhenentwicklungen
reagiert.
Studentenwohnheim Campus Süd, Erlangen, Wettbewerbsergebnis 1. Preis, Ansicht Süden.
Foto: Karl + Probst Architekten, München
Studentenwohnheim Romy-Schneider-Straße, Neu-Ulm; Lageplan, Wettbewerbsentwurf 1. Preis.
Foto: Böge Lindner K2 Architekten, Hamburg
Studentenwohnheim Romy-Schneider-Straße, Neu-Ulm; Grundriss Einzelapartment, Böge Lindner K2 Architekten,
Hamburg. Foto: Böge Lindner K2 Architekten, Hamburg
14
bau intern März/April 2014
Neu-Ulm Wileygelände
In Neu-Ulm baut das Studentenwerk
Augsburg auf einer Konversionsflä­
che, dem Areal der ehemaligen Wi­
leykaserne, sein erstes Wohnheim für
Studierende der Hochschule mit 151
Plätzen. Bereits vor zwei Jahrzehnten
hat die Stadt Neu-Ulm rund 140 Hek­
tar Militär- und Kasernengelände, das
an die südliche Innenstadt angrenzt,
vom Bund erworben.
Der langgestreckte Baukörper des
neuen Wohnheims nimmt die nörd­
liche Kante des benachbarten Alber­
tinums auf und definiert einen wohl­
proportionierten öffentlichen Raum.
Durch die Aufnahme der Körnung der
bestehenden Bebauung wird die Maß­
stäblichkeit zwischen Bestand und
Neubau hergestellt. Der Baukörper
ist klar gegliedert in einen Wohntrakt
mit Einzelapartments nach Westen
und vorgestellten Kuben zur Ostsei­
te, die unter anderem gemeinschaft­
liche Räume enthalten. Der Grundriss
des dargestellten Einzelapartments
ist räumlich klar zoniert und sorgt für
sehr gute Belichtungsmöglichkeiten.
Essbereich und Küche werden konse­
quent an der Laubengangerschließung
zusammengelegt. Daraus ergibt sich
die Möglichkeit der internen und ex­
ternen Kommunikation.
Diese beiden Bauvorhaben stellen
gelungene Beispiele für die Errichtung
von Studentenwohnheimen auf Cam­
pus- und Konversionsflächen dar.
Autoren
Ministerialrat Dipl.-Ing. Gottfried
Weiß, Regierungsrätin Dipl.-Verwal­
tungswirtin (FH) Jutta Lauter, Bau­
rätin Dipl.-Ing. Stefanie Moyses,
Oberste Baubehörde
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Bauen für Autobahnund Straßenmeistereien
Holger Uslar
Aktuell leisten 2850 bayerische Stra­
ßenwärter einen ganz wesentlichen
Beitrag für die Verkehrssicherheit und
die Funktionsfähigkeit von 25.500 km
Autobahnen, Bundes-, Staats- und
Kreisstraßen. Bei jeder Witterung und
bei hohem Verkehrsaufkommen sind
die Frauen und Männer in „Orange”
im Einsatz, wenn es der Straßenzu­
150 personalbesetzte und unbesetzte
Stützpunkte an strategisch wichtigen
Stellen im bayerischen Straßennetz.
Die Aufgaben des Straßenbetriebs­
dienstes, mit einem durchschnitt­
lichen Umsatz von 340 Mio. €, können
von den Straßenwärtern in Zukunft nur
dann weiterhin effektiv und wirtschaft­
lich erfüllt werden, wenn neben der
Beschaffung von modernen, leistungs­
fähigen Fahrzeugen und Geräten auch
regelmäßige Investitionen in den Mei­
stereien getätigt werden.
Bedarf an Hochbaumaßnahmen
Viele Meistereien sind mittlerweile
40 Jahre und älter. Außerdem schrei­
tet die Fahrzeug- und Gerätetech­
nologie immer weiter voran. Darum
sind schon seit vielen Jahren Erwei­
terungs- und Instandhaltungsmaß­
nahmen in größerem Umfang, z.B. in
den Sozial- und Verwaltungsräumen,
bei der Abwasserentsorgung, bei den
Fahrzeug- und Streustofflagerhallen
und in den Werkstätten, notwendig.
Abb. 2 Stützpunkt Kummerthal (StBA Amberg-Sulz­
bach) mit zwei Salzsilos
Grundlage der Planung
Die Grundlage für die Planung (Raum­
bedarf und Abwicklung) und die Be­
messung von Meistereien bildet der
Maßnahmenkatalog M8 (Baukonzepti­
on für Autobahn- und Straßenmeiste­
reien „Richtlinie für die Anlage von
Meistereien - RAM“).
Behandelt werden u. a. Lage und
Größe der Gehöftgrundstücke wie
auch der baulichen Anlagen, z. B. Be­
triebsgebäude, Hallengrößen für Fahr­
zeuge und Geräte, die Streustoffla­
gerung (Salzhallen/Salzsilos) sowie
sonstige Anlagen (Tankstellen und
Lagerplätze).
Die Größe und Ausstattung von
neuen Straßenmeistereien orientiert
sich am Personal- und Fahrzeugbedarf.
Dabei werden auch mögliche Koopera­
tionen benachbarter Meistereien in die
Überlegungen mit einbezogen und bei
der Planung berücksichtigt.
Mittelfristige Hochbauprogramme
Bund und Land
Die Bayerische Straßenbauverwal­
tung stellt im Rahmen der mittelfri­
stigen Hochbauprogramme jährlich
8,5 Mio. € auf Bund und 2,4 Mio. €
auf Land für Baumaßnahmen bis
1 Mio. € zur Verfügung. Eine spar­
same und zweckbezogene Verwen­
Abb. 1 Stützpunkt Hafenlohr (StBA Würzburg)
stand erfordert auch nachts oder für
schnelle Sondereinsätze nach Unfäl­
len und Unwettern. Die Einsätze erfol­
gen von den jeweils zuständigen Stra­
ßen- und Autobahnmeistereien aus.
Mit derzeit 29 Autobahn- und 64
Straßenmeistereien, verteilt auf 127
Standorte, ist ein flächendeckender
Straßenbetriebsdienst gemäß den
Konzepten „Autobahnmeisterei 21“
und „Straßenmeisterei 21“ gewähr­
leistet. Daneben gibt es noch rund
Liegenschaftsbereich der Staatsbau­
verwaltung als gering einzuschätzen.
Abb. 3 Streustofflagerhalle Straßenmeisterei Eichstätt
(StBA Ingolstadt)
In den Jahren 1997 bis 2007 wur­
den in Bayern 15 neue Autobahn- und
Straßenmeistereien mit einer Inve­
stitionssumme von knapp 75 Mio. €
errichtet, da entweder die Sanierung
des bestehenden Gehöfts unwirt­
schaftlich war oder dessen Lage be­
trieblichen Ansprüchen nicht mehr
genügte.
Derzeit befindet sich der Stütz­
punkt Hafenlohr der Straßenmeiste­
rei Lohr a. Main (StBA Würzburg) mit
einem Investitionsvolumen von knapp
3,2 Mio. € an Landesmitteln im Bau.
Die Wahrscheinlichkeit, in den
nächsten Jahren neue Straßenmei­
stereien als Einzelmaßnahmen aus
dem Landeshaushalt zu finanzieren,
ist aufgrund der fehlenden Mittel bzw.
anderer prioritärer Baumaßnahmen im
Abb. 4 Soleerzeugeranlage Autobahnmeisterei
Fischbach (ABD Nordbayern)
dung dieser Haushaltsmittel hat ne­
ben den betrieblichen Belangen dabei
eine sehr hohe Priorität.
Schwerpunkte bei den Hoch­
baumaßnahmen bilden aktuell, und si­
bau intern März/April 2014 15
cherlich auch in den nächsten Jahren,
die Salzsilos, Streustofflagerhallen und
Soleanlagen.
Salzsilos
Bei einer gesicherten Versorgung
durch regionale Salzlagerstätten kön­
nen verstärkt Salzsilos an den Mei­
stereistandorten errichtet werden.
Salzsilos gewährleisten zum einen
eine schnelle Beladung der Streube­
hälter und zum anderen entfallen die
Aufwendungen für einen Radlader vor
Ort. Silos eignen sich daher beson­
ders für Stützpunkte ohne Personal.
Die Abbildung 2 zeigt zwei runde
Holzsilos (Holzart Lärche, Inhalt je 250
m³) mit Auslauftrichter und Kegeldach.
Der Unterbau wurde durchfahrbar in
le in Holzkonstruktion ist 26,50 m lang
und 18,50 m breit; sie hat eine Höhe
von 12,0 m (Durchfahrtshöhe 9,0 m)
und besitzt ein Fassungsvermögen
von knapp 2.500 Tonnen. Die Gesamt­
kosten lagen bei knapp 500.000 €.
Soleanlagen
In einer durchschnittlichen Winter­
dienstsaison bringt die Bauverwal­
tung rund 300.000 Tonnen Salz und
knapp 100 Millionen Liter Salzsole
aus. Mit Hilfe der neuen Technologie
der Solestreuung (reine Salz-WasserLösung), kann der Salzverbrauch wei­
ter reduziert und zugleich die Qualität
und Wirtschaftlichkeit des Winter­
dienstes verbessert werden. Die Sole
hat auf trockener Fahrbahn eine deut­
Gerätehof als Pilotprojekt „Werkstatt
der Zukunft“ angestoßen. Bei der Pla­
nung wurde im Hinblick auf den künf­
tigen Aufgabenbereich des Werk­
stattpersonals, die Vereinfachung der
Betriebsabläufe sowie den Arbeitsund Gesundheitsschutz besonderer
Wert auf die strikte Trennung von Ar­
beits- und Funktionsbereichen gelegt.
Durch die Anpassung des Rauman­
gebotes auf einen zukünftigen Per­
sonal- und Fahrzeugbestand wird ein
Beitrag zur Verbesserung der Wirt­
schaftlichkeit des Betriebsdienstes
insgesamt geleistet. Um eine ganz­
heitliche energie- und umweltscho­
nende Lösung zu erzielen, entschied
man sich für eine kompakte und ge­
schlossene Gebäudeform.
Abb. 5 Schnitt Pilotprojekt „Werkstatt der Zukunft“ (StBA Aschaffenburg)
Stahlstützenbauweise hergestellt; bei
den Stützen und Bügeln handelt es
sich um verzinkte Breitflanschträger.
Die Gesamtkosten beliefen sich auf
knapp 250.000 €.
Streustofflagerhallen
Beim Neubau von Streustofflagerhal­
len ist die Wirtschaftlichkeit und die
Versorgungssicherheit hinsichtlich
der Erhöhung der Lagerkapazitäten
ein wichtiges Kriterium. Nach aktu­
ellen Erkenntnissen können bei der
Errichtung von Salzhallen mit einer
Lagerkapazität von mehr als 2.000
Tonnen die sogenannten Vorhalteko­
sten gegenüber einer konventionellen
Halle mit 1.000 Tonnen deutlich redu­
ziert werden.
Die in Abbildung 3 dargestellte Hal­
16
bau intern März/April 2014
lich längere Liegedauer als Feucht­
salz, wodurch sich die Solestreuung
besonders für „vorbeugende” Streu­
einsätze eignet.
Die in Abbildung 4 gezeigte Anlage
hat ein Lagervolumen von 2 x 100.000
Liter gebrauchsfertiger Sole in dop­
pelwandigen Lagerbehältern und 120
Tonnen Trockenstoff (Siedesalz). Die
Löseleistung beträgt maximal 7000
ltr./h bzw. 168.000 ltr./24h gebrauchs­
fertige Sole. Die Gesamtkosten betru­
gen 290.000 €.
Bauunterhalt
Beim klassischen Bauunterhalt
(Instandhaltung/-setzung) handelt es
sich i.d.R. um „Maßnahmen ohne
Wertsteigerung“, d. h. Maßnahmen,
die im Zuge von Sanierungen einzelne
Bauteile auf den aktuellen Stand der
Technik bringen (z. B. energetische
Sanierungen). Diese werden nicht
aus dem mittelfristigen Hochbaupro­
gramm, sondern aus Betriebsdienst­
mitteln (Gemeinschafts- oder Direktaufwand) finanziert.
Pilotprojekt „Werkstatt der
Zukunft“
Außerdem wurde in der Straßen­
meisterei Mainaschaff (StBA Aschaf­
fenburg) der Neubau einer Lkw- und
Pkw-Werkstatt mit angegliedertem
Energetische Sanierungen
Im Rahmen des Sonderprogramms
zur energetischen Sanierung staat­
licher Gebäude (2008 - 2011) wur­
den bei zwölf Straßenmeistereien
typische energetische Optimierungs­
maßnahmen durchgeführt. Dies ge­
schah im Wesentlichen durch Verbes­
serungen an der Gebäudehülle und
der Anlagentechnik sowie durch den
verstärkten Einsatz regenerativer En­
ergien. Allein für diese zwölf Maßnah­
men beträgt die zu erwartende, jähr­
liche CO 2-Einsparung mehr als 340
Tonnen; der damit verbundene Ko­
stenaufwand beläuft sich auf knapp
1,7 Mio. Euro. Im Zuge der Fortfüh­
rung des Programms konnten 2012
in zwei und 2013 in drei Meistereien
Maßnahmen zur energetischen Verbes­
serung auf den Weg gebracht werden.
Fazit/Ausblick
Ausgehend von den neuesten Er­
kenntnissen, wonach die durchschnitt­
liche Lebensdauer eines Gehöfts mit
40 Jahren anzusetzen ist, beträgt der
jährliche Bedarf an Ausgabemitteln für
kleine Baumaßnahmen Land 2,5 %
des Wiederbeschaffungswerts aller
Meistereien. In Zahlen ausgedrückt
wären dies 4,2 Mio. €/Jahr. Hinzu
kommt der Mittelbedarf für Ersatz­
neubauten wegen Netzergänzungen
oder inzwischen ungeeigneter Stand­
orte.
Trotz aller Bemühungen, die bayerischen Betriebsgehöfte instand zu
halten, wird die Bugwelle für Neu- und
Ausbaumaßnahmen immer größer
werden. Daher wird es zukünftig not­
wendig sein, entweder die Haushalts­
mittel entsprechend zu erhöhen, neue
Finanzierungswege zu suchen oder
Verkaufserlöse aus bestehenden Ge­
höften in neue Standorte zu investie­
ren. Daneben müssen alle Anstren­
gungen unternommen werden, um
kostengünstig zu bauen.
Autor
Baurat Dipl.-Ing. (FH) M.Eng.
Holger Uslar, Oberste Baubehörde
[email protected]
Blühende Betongleitwände
Eine Möglichkeit zur Bereicherung
des Straßenbildes - Bericht über
das Forschungsprojekt „Begrünung
von Mittelstreifen an 2-bahnigen
Bundesfernstraßen“
Michaela Weidinger-Knapp,
Sandra Eichelberger,
Kornelia Marzini
Die Begrünung von Mittelstreifen an
2-bahnigen Bundesfernstraßen stellt
eine besondere Herausforderung für
die Grüngestaltung dar. Bei dem oft
nur schmalen Grünstreifen zwischen
den Schutzeinrichtungen handelt es
sich um einen eher pflanzenfeindlichen
Standort an dem nur wenige und aus­
reichend salztolerante Pflanzen über­
haupt wachsen können, noch viel we­
niger auf Dauer ein befriedigendes
Wuchsbild zeigen. Die Bepflanzung
des Mittelstreifens an zweibahnigen
Bundesfernstraßen bietet deshalb in
vielen Fällen ein wenig attraktives
und oft eintöniges Bild aus den glei­
chen salzresistenten Gehölzarten wie
Bocksdorn oder Kartoffelrose oder
monotonem Landschaftsrasengrün.
Dort wo im Mittelstreifen auf eine Be­
pflanzung ganz verzichtet wurde, wir­
ken die kahlen, unbewachsenen und
oft mit Unrat verschmutzten Flächen
wenig einladend. Nicht selten siedeln
sich in den kahlen Stellen lückig ge­
wordener Pflanzbestände aber auch
in Bereichen in denen es keine Be­
pflanzung gibt, Pioniergehölze aus Ge­
hölzanflug an. Die meist schnellwach­
senden Gehölze wie Robinie, Birken,
Weiden oder Pappeln verursachen
sobald sie eine bestimmte Größe er­
reicht haben, einen hohen Aufwand in
der Unterhaltung. Sie führen unmit­
telbar am Fahrbahnrand fortlaufend
zu Sichtproblemen und müssen re­
gelmäßig zwischen den vorhandenen
Schutzeinrichtungen mit Mähgeräten
zurückgeschnitten werden.
Durch die verstärkte Verwendung
von Betongleitwänden zur baulichen
Trennung von Richtungsfahrbahnen
eröffnen sich aber auch neue Chancen
für eine optisch ansprechende und
zugleich unterhaltungsfreundliche Ge­
staltung des Mittelstreifens.
Ausgehend von der Vorstellung die­
sen Standort mit blühenden, optisch
ansprechenden Pflanzen zu gestal­
ten, startete die Oberste Baubehörde
gemeinsam mit der Bayerischen Lan­
desanstalt Weinbau und Gartenbau
2011 ein Kooperationsprojekt. Ziel des
Projektes war es für die Begrünung
zwischen Betongleitwänden Ansaat­
mischungen zu finden, die für einen
flächendeckenden Einsatz im Bereich
der Mittelstreifen geeignet sind und
sich trotz extensiver Pflege zu attrak­
tiven – möglichst lange blühenden dauerhaften Grünflächen entwickeln.
Für den Praxistest wurden zwei
Autobahnabschnitte ausgewählt, ein
Abschnitt an der A7 im Bereich Nes­
selwang mit hohen jährlichen Nieder­
schlägen und ein Abschnitt an der A3
im Bereich Aschaffenburg mit geringen
jährlichen Niederschlägen. Begleitend
dazu wurden an der Landesanstalt für
Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim
Versuchsbeete angelegt.
Die spezifischen Projektziele wur­
den durch einen Arbeitskreis aus Teil­
nehmern der Obersten Baubehörde
im Bayerischen Staatsministerium
des Innern, für Bau und Verkehr, der
Autobahndirektionen Nordbayern und
Südbayern sowie der bayerischen Lan­
desanstalt für Weinbau und Gartenbau
Veitshöchheim erarbeitet.
Voraussetzungen für den Begrünungsversuch
Bei einer zweireihigen Ausführung von
Betonschutzwand-Systemen ergeben
sich zwischen den beiden Wänden Ab­
standsflächen von größer oder gleich
2,00 m. Die Höhe variiert zwischen
0,8 und 1,15 m. Bei der Auffüllung der
Flächen zwischen den Wänden ent­
stehen lineare Hochbeete, die als Ve­
getationsflächen gut genutzt werden
können. Die Flächen zwischen Beton­
gleitwänden werden in der Regel mit
dem vorhandenen Abbaumaterial ver­
füllt. Bei der Auswahl der Pflanzen
für die Begrünung ist zu berücksichti­
gen, dass sich durch die Verwendung
des meist grobkörnigen, oft felsigen
Materials trockene bis sehr trockene
Standortverhältnisse ergeben und die
Pflanzen durch Fahrtwind und Salz­
gischt im Winter weiteren extremen
Umwelteinwirkungen ausgesetzt
sind. Wuchshöhe und Wuchsstärke
der Begrünung sollen auf einen Pfle­
gegang im Jahr abgestimmt sein und
dem Verkehrsteilnehmer über einen
möglichst langen Zeitraum ein attrak­
tives, bunt blühendes Band bieten.
Die Standortgegebenheiten an den
bau intern März/April 2014 17
Versuchsstrecken der A7 und A3 wur­
den durch die bereits vorhandenen
Schutzsysteme, den Abständen und
den eingebauten Füllmaterialien be­
stimmt.
Ansaatmischungen
In Erweiterung von praxisüblichen Be­
grünungsmischungen durch gräserbe­
tonte Landschaftsrasen, sollten dau­
erhafte Begrünungsmischungen mit
kräuterbetonten Mischungsvarianten
erprobt werden. Die Kriterien zur Aus­
wahl der Pflanzen und Charaktere der
zu konzipierenden Mischungen wur­
den vom Arbeitskreis wie folgt defi­
niert:
• Optisch ansprechend
• Hoher Deckungsgrad
• Salzverträglich
• Berücksichtigung von regionalen kli­
matischen Standortfaktoren
• Geringe Pflegeintensität (nach Ein­
wachsen 1 Pflegegang im Jahr), kei­
ne Bewässerung.
Parzellen ebenfalls mit den verschie­
denen Mischungen angespritzt.
Ergebnisse des Versuchsverlaufes
in den Jahren 2011-2013
Wie aus der unten abgebildeten Ta­
belle hervorgeht, wurden die besten
Entwicklungsergebnisse im nieder­
schlagsreichen Nesselwang an der
A7 registriert. Da gleich im ersten Ver­
suchsjahr ausreichend Niederschläge
für die Saatgutkeimung vorhanden
waren, konnte bereits im 1. Standjahr
eine zufriedenstellende Bedeckung
erzielt werden. Die Mischung 2 er­
reichte am humiden Standort Nessel­
wang in der Kombination mit einem
Saatbett im 2. Standjahr eine Deckung
von über 60%, im 3. Standjahr sogar
über 70%.
Am niederschlagsärmeren Stand­
ort in Aschaffenburg an der A3 hatten
alle Saatgutmischungen Probleme mit
der Keimung und konnten im 1. Stand­
jahr keine ausreichende Bedeckung
erreichen. Am ariden Standort Aschaf­
fenburg erreichte die Mischung 2 auf
einem Saatbett ausgebracht erst im
3. Standjahr einen Deckungsgrat von
über 50%.
Insgesamt erwies sich der Einbau
eines Saatbettes sowohl für die De­
ckungsentwicklung als auch für den
Deckungsgrad und die optische Er­
scheinung an beiden Standorten als
vorteilhaft.
Den Vorgaben entsprechend wur­
den drei Mischungen (M1, M2, M3)
für den Versuch entwickelt. 91 unter­
schiedliche Gräser und Kräuterarten
wurden in unterschiedlichen Kombi­
nationen in den drei Mischungen an­
gesät.
Versuchsaufbau
An den Standorten Aschaffenburg und
Nesselwang wurden ca. 700m lange
Mittelstreifenabschnitte, ausgewählt
und abgesteckt. Die einzelnen Parzel­
Deckungswerte der Saatgutmischungen
Ausbringen des Saatgutes im Anspritzverfahren,
Foto: Kornelia Marzini, Veitshöchheim
len für eine Saatgutmischung betru­
gen 10m. Jede Mischung wurde auf
einer Parzelle mit und ohne Saatbett
ausgebracht. Die Saatgutmischun­
gen wurden dann im Anspritzverfah­
ren aufgebracht. In der Landesanstalt
Veitshöchheim wurden vorbereitete
18
bau intern März/April 2014
Kräuterreiche Saatgutmischung im zweiten Standjahr 2012 an der Autobahn A3 bei Aschaffenburg,
Foto: Kornelia Marzini, Veitshöchheim
In der Versuchsanlage der LWG
Veitshöchheim kam es nach Ausbrin­
gung des Saatgutes zu einem Total­
ausfall nach extremer Trockenheit.
Durch äußerst geringe Feuchtehalte­
kapazität des Versuchsunterbaus aus
Kalkschotter fand keine Keimung des
Saatgutes statt. Unter Einfluss der
Winterfeuchte keimten die Kräuter in
allen Saatgutmischungen im darauffolgenden 2. Standjahr. Für die Praxis
bedeutet dies, dass die hinterfüllten
Betongleitwände auch nach Fertigstel­
lung erst im Oktober oder November,
noch mit einer kräuterreichen Saatgut­
mischung angesät werden können.
Die Keimung der Pflanzen erfolgt dann
im Frühjahr darauf, wenn sich ausrei­
chend Feuchte im Substrat des Satt­
bettes angesammelt hat.
Fazit
Die erfolgreichste Mischung an allen
drei Standorten Nesselwang, Aschaf­
fenburg und LWG Veitshöchheim ist
die Mischung 2, die sich aus 30%
Kräutern wie z. B. gemeine Schaf­
garbe (Achillea millefolium), gemei­
ner Wundklee (Anthyllis vulneraria),
gewöhnlicher Natternkopf (Echium
vulgare) und 70% Gräsern zusam­
mensetzt. Sie bezaubert durch far­
benfrohe Blühaspekte und gute De­
ckungswerte, die sie mit maximal
50% der in der Mischung enthaltenen
Pflanzenarten erreicht. Für die Anwen­
dung in der Praxis sollte die Mischung
2 zur Optimierung der Deckungsent­
wicklung und zur weiteren Bereiche­
rung der Blüheffekte mit den erfolg­
reichsten Arten aus den Mischungen
1 und 3 ergänzt werden. Mit dieser
Mischung sollte eine für die Praxis
taugliche Ansaatmischung für den
Mittelstreifen bereit stehen. Die Ober­
ste Baubehörde strebt an, dass die­
se Ansaatmischung möglichst noch in
diesem Jahr zur praktischen Anwen­
dung kommt. Die Verkehrsteilnehmer
dürfen sich auf viele blühende Beton­
gleitwände im Mittelstreifen von Bayerischen Bundesfernstraßen freuen.
Autoren
Baurätin Dipl.-Ing. Michaela Wei­
dinger-Knapp, Oberste Baubehörde
[email protected]
Technische Amtsrätin Dipl.-Ing.
Sandra Eichelberger, Autobahndirekti­
on Nordbayern
[email protected].
de
Dipl. Biologin Kornelia Marzini,
Landesanstalt für Wein- und Garten­
bau Veitshöchheim
[email protected]
Blühende Betongleitwände an der Autobahn A7 bei Nesselwang, Foto: Kornelia Marzini, Veitshöchheim
Radlland Bayern
Johannes Ziegler
Das zunehmende Verkehrsaufkom­
men und die unterschiedlichen An­
sprüche an Fahrtstrecke und Fahrtzeit
führen immer mehr zu Engpässen und
Zielkonflikten bei den zur Verfügung
stehenden Verkehrsmitteln und in den
verfügbaren Straßen- Schienen- und
Wegenetzen. Das Verkehrsaufkom­
men wird durch die Strukturen eines
Gebietes und die Mobilitätsansprüche
der Bevölkerung, das Angebot an Aus­
bildungs- und Arbeitsplätzen, die Frei­
zeit- und Versorgungsmöglichkeiten
und nicht zuletzt durch die wirtschaft­
lichen Aktivitäten im Produktions- und
Dienstleistungsgewerbe geprägt. Die
Ansprüche an die Fortbewegungsmit­
tel haben sich im Lauf der Zeit deut­
lich verändert. Die Verkehrsmittel wur­
den immer schneller, bequemer und
sicherer, die Fahrtwünsche immer
individueller und die Fahrt sollte im­
mer mehr Menschen immer mehr Ver­
gnügen bereiten. Dabei sind die Be­
dürfnisse sehr unterschiedlich und
abhängig von den Fahrtzwecken der
Menschen; ein schneller, zuverläs­
siger und sicherer Weg zum Arbeits­
platz oder eine gemütliche und unbe­
schwerte Fahrt in der Freizeit.
Für die Fahrten stehen grundsätz­
lich verschiedene Verkehrsmittel zur
Verfügung. Aber die Entscheidung
welches Verkehrsmittel genutzt wird,
hängt von der Verfügbarkeit ab und
wird von der Gewichtung der jewei­
ligen Vor- und Nachteile durch die Nut­
zer geprägt.
Potential des Radverkehrs
Die Förderung des Radverkehrs
kommt allen Menschen zugute, auch
denjenigen, die überwiegend das
Auto nutzen oder zu Fuß gehen. Denn
der Radverkehr ist umweltfreundlich,
macht weder Lärm noch schädlichen
Emissionen. Sein Flächenbedarf für
Wege und Parkplätze ist gering. Zu­
sammen mit dem ÖPNV und dem
Fußverkehr entlastet er die Innen­
städte von Kraftfahrzeugverkehr und
damit von Stau, Schadstoffen und
Lärm. Radverkehr ist somit eine be­
sonders stadtverträgliche Form der
Mobilität und trägt zur Belebung der
Stadt- und Ortszentren bei: Städte,
Gemeinden und Regionen mit hohem
Radverkehrsanteil werden meist als
bau intern März/April 2014 19
besonders lebendig und lebenswert
bewertet.
Die Fahrradnutzung bietet sich vor
allem auf einer Strecke bis zu 5 Kilo­
meter an, auf der es das schnellste
Verkehrsmittel sein kann. 90% al­
ler Fahrradfahrten finden in diesem
Entfernungsbereich statt. Allerdings
werden 40% der Strecken bis zu 5 Ki­
lometer noch mit Kraftfahrzeugen zu­
rückgelegt. Drei Viertel aller Fahrstre­
cken liegen im Entfernungsbereich bis
10 Kilometer. Durch die zunehmende
Verbreitung von Pedelecs können auch
diese Strecken oder sogar noch län­
gere Wege mit dem Fahrrad zurückge­
legt werden. Hier bietet sich ein sehr
großes Potential.
Wird der öffentliche Verkehr mit
der Individualität und Flexibilität des
Radverkehrs verknüpft, lässt sich die
Flächenwirkung des effizienten öf­
fentlichen Verkehrs erheblich verbes­
sern. Die Haltestellen des öffentlichen
Verkehrs als Verknüpfungspunkte mit
dem Individualverkehr bieten hier ein
erhebliches Potential.
Die Fahrradnutzung ist im letzten
Jahrzehnt deutlich angestiegen. Nicht
nur die Zahl der Wege sondern auch
die durchschnittlich zurückgelegte
Strecke nimmt zu. Dies ist sowohl
im Freizeitverkehr zum Beispiel in Ur­
laubsregionen und an Wochenenden
als auch im Alltagsverkehr feststellbar.
Untersuchungen im Auftrag des
Radverkehr in der Stadt, Ludwigstraße in München, Foto: Wiegand von Sassen, Stadt München
Fahrradfahren ist gesund: Durch
die Bewegung auf dem Fahrrad und
die damit verbundene körperliche Ak­
tivität werden die Kreislauffunktionen
verbessert, das Immunsystem gestär­
kt und allgemein die motorischen Fä­
higkeiten unterstützt.
Das Fahrrad bietet mit seiner flä­
chendeckenden Verfügbarkeit - 80%
der Haushalte verfügen über minde­
stens ein Fahrrad, 25% der Haushalte
verfügen über zwei bis drei Räder
- eine hohe spontane und kostengün­
stige Mobilität.
Für alle Transport- und Mobilitäts­
zwecke sind geeignete Räder erhält­
lich. Ist kein eigenes Fahrrad verfüg­
bar, bieten Fahrradverleihsysteme
eine Alternative.
20
bau intern März/April 2014
Bundesverkehrsministeriums kamen
zu dem Ergebnis, dass ein durch­
schnittlicher Anteil (ländliche und ur­
bane Räume) des Radverkehrs von
15% an den insgesamt zurückzule­
genden Wegen möglich ist.
Handlungsfelder
Durch eine zielgerichtete Förderung
des Radverkehrs sollen Potentiale er­
schlossen und Grundlagen für eine
dauerhafte Fahrradnutzung geschaf­
fen werden.
Im Rahmen der Gesamtmobilität
soll das Fahrrad sowohl im Alltag, als
auch in der Freizeit als gleichwertiges
und selbstverständliches Verkehrsmit­
tel akzeptiert, beachtet und genutzt
werden. Voraussetzung dafür ist eine
sichere, bedarfsgerechte, komforta­
ble und damit fahrradfreundliche In­
frastruktur. Zusätzlich müssen Kom­
munikation und Information sowie
ergänzende Serviceleistungen ange­
boten und initiiert werden. Erst durch
das Zusammenspiel in diesen Hand­
lungsfeldern wird eine erfolgreiche
Radverkehrsförderung erreicht. Die
Handlungsbereiche erstrecken sich
dabei vom Bau von Radwegen und de­
ren Förderung, einer einheitlichen und
durchgängigen Wegweisung, über
Fragen der Verkehrssicherheit bis hin
zur Stärkung des Fahrradtourismus.
Eine gute Infrastruktur für den Rad­
verkehr wird vor allem durch eigene
und sichere Wege sowie eine direkte
Wegeführung geprägt. Sie muss
durchgängig und alltagstauglich sein
und alle wesentlichen Quell und Ziel­
punkte miteinander verbinden. Rad­
fahrende nehmen ungern Umwege in
Kauf.
Voraussetzung für eine gute In­
frastruktur sind umfassende und
strategische Netzkonzepte, die die
Bedürfnisse der unterschiedlichen
Nutzergruppen im Alltags- und im Frei­
zeitverkehr berücksichtigen.
Radverkehr muss im Rahmen inte­
grierter Konzepte auch in multimodale
Mobilitätsketten eingebunden wer­
den. Die unterschiedlichen Verkehrs­
mittel müssen einfach und bequem
nutzbar und kombinierbar sein. Dann
können sich die Verkehrsteilnehmer
für das jeweils beste Verkehrsmittel
im Verlauf einer Wegekette entschei­
den.
Besonders die Übergänge an den
Verknüpfungspunkten zwischen den
Verkehrsmitteln müssen erleichtert
werden. Durch die Vernetzung des
Verkehrsmittels Fahrrad mit den an­
deren, insbesondere öffentlichen Ver­
kehrsmitteln als Wegekettenangebot
im Sinne eines Umweltverbundes
kann eine attraktive Alternative zum
Kfz-Verkehr geschaffen werden.
Die Förderung des Radverkehrs
in Bayern ist eine Gemeinschaftsauf­
gabe, an der sich auch zahlreiche Ak­
teure aus der Wirtschaft, der Wissen­
schaft und den Verbänden beteiligen.
Information, Vernetzung, Fortbildung
und Erfahrungsaustausch aller Akteure
sind dabei von besonderer Bedeutung.
Darüber hinaus müssen alle Verkehrs­
teilnehmer über eine offensive Öffent­
lichkeitsarbeit einbezogen werden.
Die Serviceelemente, die dem
Fahrradnutzer zur Verfügung stehen,
stellen ein weiteres wesentliches Feld
der Radverkehrsförderung dar. Hier ge­
hören Fahrradverleihsysteme, genau­
so wie Reparaturmöglichkeiten oder
Infotafeln und Möglichkeiten zur Ge­
päckaufbewahrung genannt. Auch die
Einrichtungen des fahrradfreundlichen
Arbeitgebers sind dazu zu zählen. Trä­
ger des Handlungsfeldes Service sind
den Partnern – wie der Arbeitsgemein­
schaft fahrradfreundlicher Kommu­
nen in Bayern (AGFK Bayern), einem
kommunalen Zusammenschluss zur
Förderung des Radverkehrs, oder dem
ADFC – koordiniert.
Die Radverkehrsförderung in Bayern orientiert sich an den im Rad­
verkehrshandbuch Radlland Bayern
beschriebenen Erfordernissen und
1997 entwickelt und steht als gedruck­
te Karte, im Internet und mobil für
Smartphone zur Verfügung. Zusätzlich
ermöglicht ein Routenplaner individu­
elle Fahrten.
Wichtig sind sichere Abstellmög­
lichkeiten im Straßenraum und an
Haltestellen des öffentlichen Perso­
nenverkehrs. Die Errichtung von Bike
& Ride-Anlagen durch kommunale
Möglichkeiten und umfasst die vier
Bereiche Infrastruktur, Information,
Kommunikation und Service.
In Bayern gibt es bereits ein um­
fangreiches Netz von Radwegen und
für den Radverkehr nutzbaren Wegen
entlang der Bundes- und Staatsstraßen
in einer Länge von rund 8.000 Kilome­
tern, das mit großem finanziellem – im
letzten Jahr wurden 29 Millionen Euro
in den Radwegebau investiert - und
personellem Aufwand kontinuierlich
ausgebaut wird. Langfristig wird unter
Einbindung des gesamten für den Rad­
verkehr nutzbaren Wegenetzes ein an
den Bundes- und Staatsstraßen orien­
tiertes landesweit durchgängiges We­
genetz für den Radverkehr geschaffen.
Der Freistaat Bayern hat außerdem
als Vorbild und koordinierende Instanz
die Radverkehrswegweisung ausge­
baut und einen bayerischen Standard
definiert. Nebenbei wird mit der Weg­
weisung auch für das Radfahren ge­
worben.
Den Freizeitradlern steht das Bayernnetz für Radler (BfR), ein weiteres
bayernweites Netz aus 120 familien­
freundlichen Premiumradrouten mit
8.800 Kilometern Länge zur Verfü­
gung. Das BfR ist Hauptbestandteil
des heute verfügbaren touristischen
Radroutennetzes in Bayern. Es wurde
Träger, ist damit ein wesentlicher Bau­
stein und wird in Bayern gefördert.
Radverkehrsanlagen müssen so
gestaltet sein, dass Radfahrende für
den Kfz-Verkehr rechtzeitig und gut
erkennbar sind und selbst gute Sicht­
verhältnisse haben. Entsprechende
Sicherheitslücken werden im Zuge
von Programmen, wie dem Verkehrs­
sicherheitsprogramm 2020 „Bayern
mobil – sicher ans Ziel“ lokalisiert und
beseitigt.
Neben den investiven Leistun­
gen fördert der Freistaat Bayern den
Radverkehr durch eine offensive Öf­
fentlichkeitsarbeit beispielsweise auf
Messen und besonderen Radfahrver­
anstaltungen wie der BR-Radltour und
der Bayernrundfahrt oder in den neuen
Medien. Regelmäßig finden Seminare
und Veranstaltungen zu Fachfragen
des Radverkehrs oder zum Bayernnetz
für Radler statt. Information und Auf­
klärung zum Radverkehr und Fahrrad
in Verbindung mit Werbung für das
Verkehrsmittel Fahrrad fördert die Auf­
merksamkeit für das Verkehrsmittel
Fahrrad.
Akzeptanz und Nutzung des Fahr­
rads hängen maßgeblich auch von der
Verkehrssicherheit ab. Wesentliche
Faktoren sind das Verhalten der Ver­
kehrsteilnehmer. Die subjektive Si­
Wegweisung
im Wesentlichen die Kommunen und
privaten Wirtschaftsträger.
Aktivitäten des Freistaat Bayern
Die aktive Förderung des Radver­
kehrs im Rahmen einer nachhaltigen
Verkehrs- und Mobilitätspolitik ist ein
wichtiger Teil der bayerischen Ver­
kehrspolitik. Damit soll eine umwelt­
gerechte Mobilität erreicht werden.
Wichtig ist es, den unterschiedlichen
Verkehrsmitteln den jeweiligen Vor­
teilen entsprechend einen angemes­
senen Bereich im Verkehrsgeschehen
zu ermöglichen.
Mit der Zusammenführung der Auf­
gabenfelder Verkehr und Straßenbau
unter dem Dach der Obersten Baube­
hörde nach der letzten Landtagswahl
kann heute genau diese Aufgabenstel­
lung im Gesamtkontext einer ökolo­
gischen und ökonomischen Verkehrs­
politik positioniert werden. In Zukunft
können zu allen Fragen des Verkehrs
Lösungen aus einer Hand angeboten
werden, wobei ein besonderes Augen­
merk auf den Radverkehr gerichtet ist.
Die personelle und finanzielle Aus­
stattung für alle Aspekte des Radver­
kehrs ist im Sachgebiet „Infrastruk­
turplanung Straßen, Radverkehr“
gebündelt. Hier wird auch die enge
und fruchtbare Zusammenarbeit mit
bau intern März/April 2014 21
cherheit spielt hier ebenfalls eine große
Rolle. Wer sich auf dem Fahrrad sicher
fühlt, fährt mehr Fahrrad. Werbung für
ein Miteinander statt ein Gegeneinan­
der, für eine rücksichtsvollere Mobili­
tätskultur z.B. mittels Kampagnen, die
den Inhalt des § 1 StVO in Erinnerung
rufen, ist eine zentrale Voraussetzung
für einen sicheren Straßenverkehr.
Die Verkehrserziehung in Schulen und
eine Mobilitätsbildung für Erwachsene
ergänzen die Öffentlichkeitsarbeit und
sollen Regelkenntnis und Regelakzep­
tanz aller Verkehrsteilnehmer steigern
und ein fahrradfreundliches Klima för­
dern. Die enge Kooperation mit der
AGFK Bayern schafft hier eine breite
Basis, um sowohl die Bürger als auch
die Kommunen als Entscheider zu er­
reichen.
Entscheidend ist es, die verschie­
denen Angebote zur Stärkung der Mo­
bilität von Wirtschaft und Gesellschaft
entsprechend ihrer jeweiligen Vorteile
zu verbessern. Dazu gehört auch die
Stärkung des Radverkehrs als ein
wichtiger Bestandteil der Nahmobili­
tät. Radverkehrsförderung ist sinnvoll,
notwendig und erfolgversprechend.
Allerdings ist die Radverkehrsförde­
rung eine langfristige Aufgabe und es
bedarf eines konsequenten und dau­
erhaften finanziellen und personellen
Einsatzes, um erfolgreich zu sein und
dem anspruchsvollen Ziel gerecht zu
werden.
Autor
Baudirektor Dipl.-Ing. Johannes Zieg­
ler, Oberste Baubehörde
[email protected]
bau intern im Mai/Juni 2014
•Uniklinik Erlangen: Neubau Zen­
trum für translationale klinische
Forschung
•Praktische Aspekte der Integration
von Höranlagen in Gebäuden
•Hybridtechnologie in der Bautechnik
•Werkbericht „Einfamilienhausge­
biete der 1950er, 60er und 70er
Jahre
•Folgekostenschätzer
•Wohnen für Familien mit Kindern
in Königsbrunn im Rahmen des
Modellvorhabens „IQ-Innerstäd­
tische Wohnquartiere“
•Deggendorf-Landesgartenschau
2014
•Einführung der Eurocodes
22
bau intern März/April 2014
Bayerisches Zuschussprogramm zur Behebung
der Hochwasserschäden
an Wohngebäuden und
Hausrat
Gottfried Weiß, Daniel Kaus, Gisela
Loidiller
Im Frühsommer 2013 wurden Mittel­
europa und der Freistaat Bayern von
einer der schlimmsten Hochwasser­
katastrophen der letzten Jahrzehnte
getroffen. Tagelange äußerst ergie­
bige Niederschläge im Nordstau der
Alpen verursachten in den ersten Ju­
nitagen an der Donau und ihren Zu­
flüssen Hochwasser mit zum Teil nie
zuvor gemessenen Pegelspitzen. In
Passau erreichte der Donaupegel
am Abend des 03. Juni 12,89 m und
verursachte so die größte Hochwas­
serkatastrophe seit 500 Jahren. Be­
sonders betroffen waren auch die De­
ggendorfer Ortsteile Fischerdorf und
Natternberg, die nach einem Damm­
bruch im Mündungsbereich der Isar
tagelang über-schwemmt waren.
Zum Teil standen die Gebäude dort
bis über das Erdgeschoss unter Was­
ser. Noch verschärft wurden die Schä­
den durch auslaufendes Heizöl; viele
betroffene Häuser müssen abgeris­
sen werden, weil sich das Öl aus den
vollgesogenen Wänden nicht mehr
entfernen lässt.
Die Gesamtschäden in Bayern wur­
den mit rund 1,3 Mrd. Euro ermittelt.
Angesichts der katastrophalen Situation
und der vielen Menschen, die buchstäb­
lich vor den Trümmern ihrer Existenz
standen, war schnell klar, dass der Frei­
staat helfend eingreifen musste.
Soforthilfen
Schon am 05. Juni 2013 beschloss der
Bayerische Ministerrat, zur Linderung
der größten Not ein Soforthilfepaket
bestehend aus Sofortgeldern und So­
forthilfen aufzulegen. Die Sofortgelder
betrugen bis zu 1.500 Euro je Haus­
halt bzw. 5.000 Euro je Unternehmen
mit bis zu 50 Beschäftigten und landund forstwirtschaftliche Betriebe. Da­
rüber hinaus konnten hochwasser­
geschädigte Privathaushalte bis zu
5.000 Euro Soforthilfe zur Ersatzbe­
schaffung von Hausratgegenständen
beantragen. Wurden Privatgebäu­
de oder nicht gewerblich vermietete
Wohngebäude von Heizöl beschädigt,
konnte für die Reparatur eine Sofort­
hilfe in Höhe von bis zu 10.000 Euro je
Wohngebäude gewährt werden. Mit
dem Bund wurde vereinbart, dass er
sich zur Hälfte an den Soforthilfen be­
teiligt. Die Mittel dafür werden dem
Aufbauhilfefonds entnommen, den
Bund und Länder zur Bewältigung der
Hochwasserkatastrophe gemeinsam
aufgelegt haben. Bis Ende November
2013 wurden mehr als 110 Mio. Euro
an Soforthilfen ausgezahlt.
Aufbauhilfen
Neben dem Freistaat Bayern waren
auch andere Bundesländer und der
Bund stark vom Hochwasser betrof­
fen. Im Einzugsbereich der Elbe gab
es insbesondere in Sachsen-Anhalt,
Sachsen und Thüringen erhebliche
Schäden. Bund und Länder kamen
daher überein, ein gemeinsames Son­
dervermögen „Aufbauhilfe“ aufzu­
legen, aus dem die Beseitigung der
Schäden finanziert werden soll. Die­
ser Fonds umfasst 8,0 Mrd. Euro;
1,5 Mrd. Euro davon stehen dem
Bund für den Wiederaufbau der zer­
störten Bundesinfrastruktur zur Ver­
fügung, die restlichen 6,5 Mrd. Euro
den Ländern entsprechend ihrem An­
teil an den Schäden (auf den Freistaat
Bay­ern entfallen 19,57 % der Mittel).
Aus dem Länderanteil werden auch
die Soforthilfen finanziert. Der Bund
kommt für seine Schäden alleine
auf, der Länderanteil wird von Bund
und Ländern zu gleichen Teilen mit
je 3,25 Mrd. Euro finanziert. Bayern
trägt davon etwa 600 Mio. Euro. Das
Gesetz zur Errichtung eines Sonder­
vermögens „Aufbauhilfe“ (Aufbauhil­
fegesetz) ist nach Zustimmung durch
Bundestag und Bundesrat am 15. Juli
2013 in Kraft getreten. Die Verwal­
tungsvereinbarung (VV), die die Ver­
wendung der Fondsmittel und die Ab­
wicklung der Hilfsprogramme regelt,
wurde am 02. August 2013 von Bund
und Ländern unterschrieben. Mit der
Zustimmung des Bundesrates zur Ver­
ordnung über die Verteilung und Ver­
wendung der Mittel des Fonds „Auf­
bauhilfe“ (Aufbauhilfeverordnung) bei
einer Sondersitzung am 16. August
2013 wurde das Gesetzgebungsver­
fahren für den Aufbauhilfefonds ab­
geschlossen.
Die Verwaltungsvereinbarung defi­
niert sieben verschiedene Förderbe­
reiche, die Einzelheiten der Teilpro­
gramme sind in Anlagen geregelt:
1.Unterstützung hochwasserbetrof­
fener Unternehmen der gewerb­
lichen Wirtschaft und Angehörige
Freier Berufe sowie wirtschafts­
naher Infrastruktur
2.
Unterstützung der vom Hoch­
wasser betroffenen Land- und
Forstwirtschaft sowie zum Schadensausgleich in der ländlichen
Infrastruktur im Außenbereich von
Gemeinden
3. Wiederherstellung der Infrastruktur
der Länder
4. Wiederherstellung der Infrastruktur
in den Gemeinden
5.Unterstützung vom Hochwasser
betroffener privater Haushalte und
Wohnungsunternehmen
bei
For­
6.
Schadensbeseitigung
schungseinrichtungen unabhängig
von der Trägerschaft
7.Kulturelles Hilfsprogramm „Hoch­
wasser 2013“
Aus dem Aufbauhilfefonds kann die
Beseitigung von Schäden im Einzugs­
gebiet von Elbe und Donau einschließ­
lich ihrer Nebenflüsse gefördert wer­
den, darüber hinaus in Gebieten, in
denen Soforthilfen nach den Rege­
lungen des Aufbauhilfefonds-Errich­
tungsgesetzes geleistet wurden. Im
Freistaat Bayern umfasst dies alle
Landkreise und kreisfreien Städte mit
Ausnahme des Landkreises Aschaf­
fenburg und der Städte Ansbach,
Schwabach und Schweinfurt. Berück­
sichtigt werden nur hochwasserbe­
dingte Schäden, die durch das Hoch­
wasser im Zeitraum vom 18. Mai bis
zum 04. Juli 2013 entstanden sind.
Darunter fallen Schäden durch Hoch­
wasser sowie Schäden durch wild ab­
fließendes Wasser, Sturzflut, aufstei­
gendes Grundwasser, überlaufende
Regenwasser- und Mischkanalisation
und die Folgen von Hangrutsch, so­
weit sie jeweils unmittelbar durch das
Hochwasser verursacht sind. Der Freistaat und andere Länder hatten sich
bei den Gesprächen mit dem Bund
dafür eingesetzt, auch Schäden durch
Starkregen bei der Förderung zu be­
rücksichtigen, der Bund hat dies aber
abgelehnt. Da einige Teilprogramme
die Förderung von hochwasserge­
schädigten Unternehmen vorsehen,
war eine Notifizierung der „Wieder­
aufbauhilfe Hochwasser 2013“ durch
die EU-Kommission erforderlich. Die
Notifizierung ist am 18. Dezember
2013 erfolgt.
Hochwasserprogramm für Wohngebäude und Hausrat
Die Konzeption und Umsetzung des
Bayerischen Hochwasserprogramms
für Wohngebäude und Hausrat nach
Anlage 5 der Verwaltungsvereinba­
rung wurde dem Sachgebiet Wohn­
raumförderung der Obersten Bau­
behörde übertragen. Nachdem in
intensiven Gesprächen mit dem Bund
gleichartigen Wohngebäuden als Er­
satz für zerstörte Wohngebäude (Er­
satzvorhaben, auch an anderer Stel­
le) und Modernisierungsmaßnahmen,
soweit sie erforderlich sind (z.B. durch
Auflagen, Rechtspflicht oder zur Ver­
meidung bzw. Verminderung zukünf­
tiger Hochwasserschäden). Für ge­
schädigte Denkmäler kann aus dem
Kulturellen Hilfsprogramm „Hochwas­
ser 2013“ eine „Bonus-Förderung“ in
Hochwasser in Passau am 4. Juni 2013. Foto: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
und den anderen Ländern die wesent­
lichen Eckpunkte geklärt waren, konn­
te das Programm bereits am 29. Juli
2013 in Kraft gesetzt werden. Für das
Programm stehen insgesamt 380 Mio.
Euro zur Verfügung. Der Fördersatz
beträgt in der Regel 80 %, in Härte­
fällen bis zu 100 %. Versicherungslei­
stungen sind ebenso wie zweckge­
bundene Spenden auf die Förderung
nur dann anzurechnen, wenn es sonst
zu einer Überkompensation der Schä­
den käme. Für denselben Schaden ge­
währte Soforthilfen müssen allerdings
angerechnet werden, da Aufbauhilfen
und Soforthilfen aus dem gleichen
Fonds finanziert werden. Aus dem
Programm können Gebäude gefördert
werden, die überwiegend zu Wohn­
zwecken genutzt werden. Förderfähig
sind bis zur Höhe des tatsächlich ent­
standenen Schadens die Beseitigung
von Schäden (Instandsetzung), die
Neuerrichtung oder der Erwerb von
Höhe von 5 % gewährt werden, so
dass der Fördersatz 85 % beträgt.
Mit der Förderung von Hausrat
betritt das Programm Neuland, bei
bisherigen Hochwasserprogrammen
beschränkte sich die Förderung auf
die Beseitigung der Gebäudeschäden.
Gemäß den Regelungen der Verwal­
tungsvereinbarung wird Privathaus­
halten in der Regel nur der Wert der
beschädigten gebrauchten Hausrat­
gegenstände und nicht der Wert für
eine gleichartige neue Sache ersetzt.
Zum förderfähigen Hausrat zählen die
zur Haushalts- und Lebensführung
notwendigen Möbel, Geräte und son­
stigen Bestandteile einer Wohnungs­
einrichtung, soweit sie nicht über den
angemessenen Bedarf hinausgehen.
Wertminderungen am Privat- oder Be­
triebsvermögen sowie Verdienstaus­
fall, entgangener Gewinn und andere
mittelbare Schäden werden nicht er­
setzt.
bau intern März/April 2014 23
Um eine Abwicklung der großen
Zahl an Förderfällen zu ermöglichen,
haben wir in die Richtlinien die Mög­
lichkeit einer Pauschalförderung von
Hausrat aufgenommen, in Anlehnung
an die Härtefallrichtlinien des Baye­
rischen Finanzministeriums. Die Höhe
der Förderung bemisst sich nach der
Haushaltsgröße. So beträgt beispiels­
weise die Förderung für einen Einpersonenhaushalt 13.000 Euro und
für eine vierköpfige Familie 28.500
Euro. Sind nur Teile des Hausrats zer­
stört worden, ist von diesen Beträgen
ein entsprechender Abschlag vorzu­
nehmen.
Die Abwicklung des Programms
erfolgt durch die Kreisverwaltungsbe­
hörden als Bewilligungsstellen. Für die
am stärksten betroffenen Landkreise
und kreisfreien Städte hat die Ober­
ste Baubehörde in Zusammenarbeit
mit den Regierungen von Ober- und
Niederbayern im August 2013 Informa­
tionsveranstaltungen durchgeführt, bei
denen die Ziele und Möglichkeiten des
Programms erläutert und Fragen zur
Durchführung beantwortet wurden.
Auch in der Folgezeit standen und
stehen die Sachgebiete 35 der Be­
zirksregierungen und das Sachgebiet
Wohnraumförderung der Obersten
Baubehörde den Bewilligungsstellen
beratend zur Seite. Durch den Aus­
tausch mit den Bewilligungsstellen
können wir die vor Ort gemachten
Erfahrungen nutzen, um die Program­
mabwicklung so einfach wie möglich
zu gestalten. So haben wir beispiels­
weise die Grundlage für Vorauszah­
lungen geschaffen, um den vom
Hochwasser Geschädigten angesichts
ihrer häufig prekären finanziellen Lage
eine schnelle Schadensbeseitigung zu
ermöglichen.
Förderanträge für das Programm
können noch bis 30. Juni 2015 gestellt
werden, die Bewilligungen sollen bis
31. Dezember 2015 erfolgen. Die Ver­
waltungsvereinbarung sieht vor, dass
dem Bund vierteljährliche Abrech­
nungen über den Mittelabfluss vor­
zulegen sind. Bis Ende 2013 wurden
aus dem Programm schon mehr als 52
Mio. Euro an Fördergeldern bewilligt,
knapp 1.500 Gebäude mit mehr als
2.300 Wohnungen wurden gefördert.
Sonderprogramm „Hochwasser
2013“ der BayernLabo
Neben dem Zuschussprogramm für
Wohngebäude und Hausrat wickeln
die Kreisverwaltungsbehörden auch
das Sonderprogramm „Hochwasser
2013“ ab, das die Bayerische Landes­
bodenkreditanstalt mit Unterstützung
Der überschwemmte Deggendorfer Ortsteil Fischerdorf am 6. Juni 2013. Foto: Bayerisches Staatsministerium für
Umwelt und Verbraucherschutz
24
bau intern März/April 2014
der Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) aufgelegt hat. Das Darlehensprogramm ist zusammen mit dem Zu­
schussprogramm nutzbar, beispiels­
weise um den Eigenanteil von in der
Regel 20 % zu finanzieren. Die För­
dertatbestände entsprechen deshalb
dem Zuschussprogramm, Hausrat ist
allerdings hier nicht förderfähig. Das
Darlehen kann bis zu 50.000 Euro je
Wohneinheit betragen, bei einem ef­
fektiven Jahreszins von 0,25 % und
einer zehnjährigen Zinsbindung. Der
Bayerische Ministerrat hat für das
Sonderprogramm eine staatliche Aus­
fallbürgschaft in Höhe von 50 Mio.
Euro beschlossen.
Fazit
Das Hochwasser 2013 hat in vielen
Landesteilen katastrophale Schäden
hinterlassen, aber auch eine große
Welle der Hilfsbereitschaft ausge­
löst. Viele Helfer haben sich in den
betroffenen Gebieten ehrenamtlich
engagiert, darüber hinaus wurden
große Summen an Spendengeldern
für die Hochwassergeschädigten ge­
sammelt. Diese stehen zusätzlich zu
den staatlichen Mitteln für die Scha­
densbeseitigung zur Verfügung. Bund
und Länder haben gezeigt, dass sie in
der Lage sind, zur Überwindung von
Katastrophen in kurzer Zeit Hilfspro­
gramme aufzulegen, die die betrof­
fenen Menschen bei der Schadens­
beseitigung wirksam unterstützen.
Auch das Hochwasserprogramm für
Wohngebäude und Hausrat ist dank
des großen Engagements der Bewil­
ligungsstellen zügig und reibungslos
angelaufen. Auf Grund der großen
Zahl der Förderfälle wird die Abwick­
lung des Programms aber noch ge­
raume Zeit in Anspruch nehmen.
Autoren
Ministerialrat Dipl.-Ing. Gottfried
Weiß, Bauoberrat Dipl.-Ing. Daniel
Kaus, Regierungsinspektorin Gisela
Loidiller; Oberste Baubehörde
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Europäischer Binnenmarkt für Bauprodukte
te. Während die BPR erst in nationales
Recht umgesetzt werden musste,
und die einzelnen Mitgliedstaaten da­
bei einen Umsetzungsspielraum hat­
Georg Feuchtgruber
ten, ist die BauPVO ein Rechtsakt der
Dr.-Ing. Andreas Hechtl
Europäischen Union mit allgemeiner
Gültigkeit und unmittelbarer Wirksam­
Abbau von technischen Handelshemmnissen
keit in den Mitgliedstaaten. Was das
Der Europäische Binnenmarkt im Eu­ Inverkehrbringen und Handeln von
ropäischem Wirtschaftsraum (EWR) Bauprodukten betrifft, gilt damit erst­
ist gemessen an der Wirtschaftslei­ mals identisches Recht in allen Mit­
stung der größte gemeinsame Markt gliedstaaten zum selben Zeitpunkt.
Mit der BauPVO wird die Intention
der Welt mit einem weitgehend freien
Waren-, Personen-, Dienstleistungs- der bisherigen BPR fortgeschrieben,
und Kapitalverkehr. Der EWR be­ wobei die Inhalte vereinfacht, präzi­
steht aus der EU und den EFTA-Staa­ siert und aktualisiert wurden. Über­
ten Island, Liechtenstein, Norwegen, geordnete Ziele sind nach wie vor das
Inverkehrbringen von Bauprodukten,
Schweiz.
ihr freier Warenver­
kehr und der Abbau
technischer Handels­
hemmnisse im Bin­
nenmarkt.
Harmo­
nisierte technische
Spezifikationen sol­
len zu EU-weit ein­
heitlichen Produktund
Prüfstandards
und damit harmoni­
sierten Leistungsan­
gaben bei Baupro­
dukten führen.
Die BauPVO un­
terscheidet sich ins­
besondere
durch
erweiterte
Grund­
Europäische Union und Partnerländer (blau: EU, grün: EFTA, hellblau Beitritts­
anforderungen
an
kandidaten, orange: östl. Partnerschaft), Grafik: Kolja 21
Bauwerke, die Lei­
stungserklärung, die
So unterschiedlich die Mitgliedstaa­ Bewertung und Überprüfung der Lei­
ten auch sein mögen, das Thema Bau­ stungsbeständigkeit sowie eine Kenn­
werkssicherheit ist in jedem der na­ zeichnung zur Rückverfolgbarkeit der
tionalen Rechtssysteme verankert. Bauprodukte von der bisherigen BPR.
Unterschiedliche nationale technische
Regeln für Bauprodukte behindern Grundanforderungen an Bauwerke
aber den freien Warenverkehr inner­ Bauwerke müssen als Ganzes und in
ihren Teilen für deren Verwendungs­
halb des EWR.
Die 1989 in Kraft getretene Bau­ zweck tauglich sein, wobei insbe­
produktenrichtlinie (BPR) zielte auf die sondere der Gesundheit und der
Beseitigung der technischen Handels­ Sicherheit während des gesamten Le­
hemmnisse auf dem Bauproduktsek­ benszyklus der Bauwerke Rechnung
tor ab und sollte den freien Verkehr zu tragen ist. Um dies zu erreichen
dieser Produkte im Binnenmarkt ver­ definiert die BauPVO im Anhang 1
bessern. Zum 01.07.2013 wurde die „Grundanforderungen an Bauwerke“,
BPR durch die Bauproduktenverord­ die bei normaler Instandhaltung über
nung (BauPVO, Verordnung (EG) Nr. einen wirtschaftlich angemessenen
305/2011) ersetzt. Zum einen, weil Zeitraum zu erfüllen sind. Neu ge­
nach über 2 Jahrzehnten eine Überar­ genüber der BPR sind die „Barrie­
beitung erforderlich war, zum anderen refreiheit“ bei der Nutzung und die
weil das reibungslose Funktionieren „nachhaltige Nutzung der natürlichen
des Binnenmarkts durch die BPR nicht Ressourcen“.
Bauprodukte, die innerhalb der EU
ausreichend verwirklicht werden konn­
gehandelt werden, müssen die „We­
sentliche Merkmale“ erfüllen, die aus
den Grundanforderungen an Bauwerke
abgeleitet werden. Mit anderen Worten finden die Grundanforderungen
an Bauwerke ihre Konkretisierung in
Form von Wesentlichen Merkmalen
der Bauprodukte. So ist beispielswei­
se die Druckfestigkeit von Mauerziegeln ein Wesentliches Merkmal, dass
der Erfüllung der Grundanforderung
„Mechanische Festigkeit und Stand­
sicherheit“ dient. Die Wesentlichen
Merkmale der Bauprodukte werden
in harmonisierten technischen Spezi­
fikationen (harmonisierte Normen und
Europäische Bewertungsdokumente)
fixiert.
■Nr. 1: Mechanische Festigkeit und
Standsicherheit
■Nr. 2: Brandschutz
■Nr. 3: Hygiene, Gesundheit und
Umweltschutz
■Nr. 4: Sicherheit und Barrierefrei­
heit bei der Nutzung
■Nr. 5: Schallschutz
■Nr. 6: Energieeinsparung und Wär­
meschutz
■Nr. 7: Nachhaltige Nutzung der na­
türlichen Ressourcen
Grundanforderungen an Bauwerke nach der BauPVO
Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung
Die CE-Kennzeichnung ist auf Basis
einer Leistungserklärung anzubrin­
gen, in der die Leistungen des Bau­
produkts hinsichtlich seiner Wesent­
lichen Merkmale anzugeben sind.
Der Hersteller dokumentiert mit CEKennzeichnung und Leistungserklä­
rung, dass er die Verantwortung für
die Übereinstimmung des Baupro­
dukts mit der angegebenen Leistung
übernimmt.
Qualitätssicherung
Das System der Bewertung und Über­
prüfung der Leistungsbeständigkeit
ist ein grundlegendes Element der
Qualitätssicherungskette. Die bishe­
rigen Systemabstufungen der BPR
1+, 1, 2+, 3 und 4 bleiben bestehen,
allerdings entfällt das System 2.
In allen Systemen ist die werks­
eigene Produktionskontrolle als zen­
traler Bestandteil verankert. Bei den
Systemen 1+ bis 3 erfolgt zusätzlich
zur werkseigenen Produktionskontrol­
le eine Bewertung und Überprüfung
bau intern März/April 2014 25
X
Verfahren zur Bescheinigung der Leistungsbeständigkeit nach BauPVO
Gegenüberstellung wichtiger Begriffe
und Abkürzungen der BPR und der
BauPVO
26
bau intern März/April 2014
durch eine unabhängige Stelle. Hierbei
wird zwischen den Produktzertifizie­
rungsstellen für die Systeme 1+ und
1, den Zertifizierungsstellen für die
werkseigene Produktionskontrolle für
das System 2+ und den Prüflaboren
CE-Zeichen
für das System 3 unterschieden. Die
unabhängigen Stellen müssen durch
den jeweiligen Mitgliedstaat notifiziert,
d.h. der Kommission und den übrigen
Mitgliedstaaten benannt werden. Die
Kommission teilt den benannten Stel­
len dann eine individuelle Kennnum­
mer zu. Die notifizierende Behörde in
Deutschland ist das Deutsche Institut
für Bautechnik (DIBt).
Marktüberwachung
Die Mitgliedstaaten sind nach Verord­
nung (EG) Nr. 765/2008 verpflichtet,
eine Marktüberwachung für harmo­
nisierte Bauprodukte durchzuführen.
Die Marktüberwachung soll für einen
fairen Wettbewerb im Binnenmarkt
und für Produktsicherheit für den Ver­
wender von Bauprodukten und Nutzer
von Bauwerken sorgen. Die Marktü­
berwachung trägt dazu bei, dass Bau­
produkte, die in den Genuss des freien
Warenverkehrs innerhalb der Gemein­
schaft gelangen, den auf europäischer
Ebene gestellten Anforderungen ge­
nügen. Hierbei soll der freie Warenver­
kehr nicht über das notwendige Maß
hinaus eingeschränkt werden.
Die Marktüberwachung ist in
Deutschland Ländersache. In Bayern
sind die Autobahndirektion Nordbayern als höhere Marktüberwachungs­
behörde und die Oberste Baubehörde
im Bayerischen Staatsministerium
des Innern, für Bau und Verkehr als
oberste Marktüberwachungsbehörde
für harmonisierte Bauprodukte zu­
ständig.
Das DIBt ist die Koordinierungs­
stelle der Länder für die Marktüberwa­
chung harmonisierter Bauprodukte. In
dieser Funktion koordiniert es Markt­
überwachungsverfahren der Länder
und berät bei fachlichen Fragen der
Marktüberwachung.
Die Marktüberwachung erfolgt ak­
tiv und reaktiv. Im Rahmen der aktiven
Marktüberwachung werden Produkte
bei Wirtschaftsakteuren auf Grundla­
ge eines bundeswei­
ten unter allen Län­
dern
abgestimmten
Marktüberwachungs­
programms
kontrol­
liert. Bei der reaktiven
Marktüberwachung
erfolgt die Kontrolle
der Produkte aufgrund
begründeter Anzeigen,
Beschwerden und an­
derer Hinweise oder
aufgrund von Zollmeldungen oder Hin­
weisen aus anderen EU/EWR-Staaten.
Die Marktüberwachungsbehörden
kontrollieren anhand angemessener
Stichproben die Merkmale von Pro­
dukten durch Überprüfung der Unter­
lagen und bei begründeten Zweifeln
auch durch Produktprüfungen. Um
die Sicherheit eines Bauwerkes zu
gewährleisten, müssen eingesetzte
Bauprodukte ihre Funktion im Bau­
werk dauerhaft erfüllen können. Maß­
gebliche Einflussfaktoren hierfür sind
die ordnungsgemäße Herstellung des
Produktes sowie die Richtigkeit der
vom Hersteller erklärten Leistungen.
Die Marktüberwachungsbehörden
können Wirtschaftsakteure verpflich­
ten, ihnen die Unterlagen und Informa­
tionen zur Verfügung zu stellen, die sie
für die Zwecke der Durchführung ihrer
Tätigkeiten für erforderlich halten. Falls
nötig und gerechtfertigt, dürfen Sie
die Räumlichkeiten von Wirtschaftsak­
teuren betreten und erforderliche Pro­
duktmuster entnehmen.
Maßnahmen gegen nicht konforme und gefährliche Produkte
Ergeben die Überprüfungen formale
oder materielle Beanstandungen,
sind entsprechende Maßnahmen zu
ergreifen. Zuerst ist hier nach dem
Prinzip der Verhältnismäßigkeit an ein
kooperatives Zusammenwirken mit
den Wirtschaftsakteuren zu denken.
Erfahrungen zeigen, dass tendenzi­
ell repressive Maßnahmen weniger
zum Einsatz kommen, da Wirtschafts­
akteure behördliche Maßnahmen, die
auch an die Öffentlichkeit dringen,
angesichts des negativen Images
für sich und ihre Produkte möglichst
vermeiden wollen. Sie werden eher
auf „freiwilliger“ Basis das Notwen­
dige veranlassen. Sollte ein koopera­
tives Vorgehen nicht erfolgreich oder
unverzügliches Handeln notwendig
sein, kann die Bereitstellung von Pro­
dukten mit ernster Gefahr untersagt
oder können Produkte vom Markt ge­
nommen werden.
Ökonomie des Baumarktes
Der Markt für Bauleistungen und Bau­
produkte ist einer der bedeutendsten
Wirtschaftszweige in Deutschland.
Herstellung und Handel von Baupro­
dukten sind längst europäisch und in­
ternational geprägt.
Mit der BauPVO stärkt die EU den
grenzüberschreitenden
Bauproduk­
tenmarkt, indem sie u.a. die CE-Kenn­
zeichnung zum alleinigen Übereinstim­
mungszeichen für alle Wesentlichen
Merkmale eines Bauprodukts be­
stimmt. Liegen keine objektiven Hin­
weise für das Gegenteil vor, ist davon
auszugehen, dass die vom Hersteller
erstellte Leistungserklärung zutref­
fend und zuverlässig ist (Vertrauens­
prinzip).
Die Mitgliedstaaten sind verpflich­
tet, Behinderungen des Inverkehr­
bringens und der ordnungsgemäßen
Verwendung
CE-gekennzeichneter
Bauprodukte abzustellen (Prinzip der
Nichtdiskriminierung). Außerdem muss
zur Verbesserung des Zugangs zum
nationalen Markt eine Produktinfor­
mationsstelle eingerichtet werden,
die über nationale Vorschriften zu den
rechtlichen und technischen Anfor­
derungen von CE-gekennzeichneten
Bauprodukten informiert. In Deutsch­
land ist die Bundesanstalt für Material­
forschung und -prüfung als Produktin­
formationsstelle zuständig.
Der Europäische Binnenmarkt für
harmonisierte Bauprodukte bietet
vielfältige Vorteile für Wirtschaftsak­
teure und trägt gleichzeitig über die
allgemeinen Grundanforderungen an
Bauwerke, die harmonisierten tech­
nischen Spezifikationen mit entspre­
chen
Qualitätssicherungssystemen
und einer funktionierenden und euro­
päisch vernetzten Marktüberwachung
der Bauwerkssicherheit Rechnung.
Autoren
Baudirektor Dipl.-Ing. Georg Feucht­
gruber, Baudirektor Dr.-Ing. Andreas
Hechtl, Oberste Baubehörde
[email protected]
[email protected]
bau intern März/April 2014 27
Architektenversorgung
für Beamtinnen und
Beamte
Dipl.-Ing. Architekt Hans Dörr
1. Vizepräsident der Bayerischen
Architektenkammer
Wenn verbeamtete Kolleginnen und
Kollegen Mitglied in der Architekten­
kammer werden, machen sie oft von
der Möglichkeit Gebrauch, sich von
der Pflicht zur Versicherung im Versor­
gungswerk befreien zu lassen. Dieser
Schritt sollte aber gut überlegt wer­
den, denn - solange der Beamtensta­
tus besteht – ist er nicht mehr rück­
gängig zu machen.
Die Pensionen der Beamten sind
im Vergleich zu den Renten der So­
zialversicherungsträger gut. Dies gilt
aber nur bei regulärem Eintritt in den
Ruhestand mit bis zu 67 Jahren. Bei
früherer Pensionierung werden Abzü­
ge vorgenommen. Wenn der Eintritt
in den Ruhestand aber wegen Berufs­
unfähigkeit schon in jüngeren Jahren
erzwungen wird, kann der Beamte in
erhebliche finanzielle Schwierigkeiten
geraten.
Die Architektenversorgung bietet
für den vergleichsweise moderaten
Beitrag von derzeit 156,60 € eine lei­
stungsfähige Berufsunfähigkeitsversi­
cherung an, die mithelfen kann, diese
Schwierigkeiten abzufedern. Zu beach­
ten ist dabei, dass es sich nicht nur um
eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung
handelt, wie sie oft von anderen Versi­
cherungsträgern angeboten wird. Die
Berufsunfähigkeitsversicherung
der
Architektenversorgung leistet, wenn
der Versicherte nicht mehr in seinem
Beruf als Architekt arbeiten kann. Ein
Verweis auf andere Tätigkeiten wie
bei der Erwerbsminderungsrente in
der gesetzlichen Rentenversiche­
rung erfolgt nicht. Neben der Höhe
der Beiträge spielt allerdings das Zu­
gangsalter ins Versorgungswerk eine
wichtige Rolle für die spätere Leistung
bei Berufsunfähigkeit. Auskünfte zur
Berufsunfähigkeitsabsicherung erteilt
das Versorgungswerk und erstellt auf
Wunsch auch Hochrechnungen zur
späteren Leistung.
Erreicht der Versicherte die regu­
lären Altersgrenzen, bekommt er von
der Bayerischen Architektenversor­
gung neben seiner Pension eine zu­
sätzliche Rente.
28
bau intern März/April 2014
Bisher war nicht eindeutig klar, ob
Leistungen der Architektenversorgung
von einer Pension abgezogen werden.
Auf Initiative der Bayerischen Archi­
tektenkammer hat das Bayerische
Landesamt für Finanzen diese Zweifel
beseitigt: die Versicherungsleistungen
der Architektenversorgung aufgrund
der einkommens- und tätigkeitsun­
abhängigen Mindestbeiträge bei Be­
amtinnen und Beamten erfolgen auf
Grund von freiwilligen Leistungen
der Versicherten und haben damit
auch nach dem neuen Beamtenver­
sorgungsrecht keinen Einfluss auf die
Pensionen. Kolleginnen und Kollegen
können auch ein vorzeitiges Altersru­
hegeld ab einem Alter von 62 Jahren
gegen entsprechende Abschläge in
Anspruch nehmen und sind damit fle­
xibel, wann sie Rente beziehen wollen.
Scheidet ein Beamter wegen ande­
rer beruflicher Perspektiven aus dem
Beamtenverhältnis aus, wird er grund­
sätzlich bei der gesetzlichen Renten­
versicherung nachversichert. Wenn
eine Nachversicherung in der Archi­
tektenversorgung erfolgen soll, muss
der entsprechende Antrag innerhalb
eines Jahres gestellt werden. Hierzu
ist rechtzeitig mit dem Landesamt für
Finanzen Rücksprache zu halten. Das
Landesamt hält hierfür auch ein eige­
nes Merkblatt bereit.
Das Privileg, der Architektenversor­
gung beizutreten, können natürlich nur
Beamte genießen, die Mitglied der Ar­
chitektenkammer sind. Die Eintragung
in die Architektenliste ist für Beamte
mit zweijähriger Ausbildung, also der
Qualifikationsebene vier, wesentlich
erleichtert. Als Nachweis der prak­
tischen Tätigkeit genügt das Zeugnis
der Staatsprüfung, die Eintragungs­
gebühr ist wegen des geringeren Auf­
wandes des Eintragungsausschusses
halbiert.
Absolventen der dritten Qualifika­
tionsebene, die nur eine einjährige
Vorbereitungszeit zum öffentlichen
Dienst genossen haben, können den
Nachweis des dann noch erforder­
lichen zweiten berufspraktischen Jah­
res durch entsprechende Bescheini­
gungen der Dienststelle erbringen.
Ein eigenes Dokument analog zu der
Objektliste, welche die freiberuflichen
und angestellten Kollegen im nicht öf­
fentlichen Bereich führen müssen, ist
nicht notwendig.
Beamtete Kollegen, die Mitglied in
der Bayerischen Architektenkammer
werden, ziehen nicht nur aus den gu­
ten Möglichkeiten einer Versicherung
Vorteile. Sie können die Servicelei­
stungen der Architektenkammer in
Anspruch nehmen und, nicht zu ver­
gessen, sie können als Mitglied die
berufsständische Arbeit der Architek­
tenkammer mit gestalten.
Bauen für Bayern
Eine Veröffentlichung des Hauses
der Bayerischen Geschichte in der
Reihe EDITION BAYERN
Mit dem Titel „Bauen für Bayern“ gibt
das Haus der Bayerischen Geschich­
te in seiner 2009 begründeten Reihe
EDITION BAYERN mittlerweile das
siebte Sonderheft heraus. Zusammen
mit den bereits erschienenen zehn
Regionenheften ist es der 17. Band
der EDITION BAYERN.
Titelblatt des Heftes
„Bauen für Bayern“ entstand in en­
ger Zusammenarbeit des Hauses
der Bayerischen Geschichte mit der
Obersten Baubehörde im Bayerischen
Staatsministerium des Innern, für Bau
und Verkehr und dokumentiert die Ge­
schichte und wechselnden Aufgaben­
bereiche der seit 1830 bestehenden
Institution. Anlass für das Sonderheft
bietet der 150. Todestag von Leo von
Klenze (1784 – 1864), dem ersten Lei­
ter der Obersten Baubehörde. Sei­
ne Ernennung kommentierte Klenze
mit den Worten: „Nicht Geld, nicht
Rang, nicht Titel, nur die Arbeit wird
mir vermehrt.“ Der bedeutende Hofar­
chitekt des bayerischen Königs Lud­
wig I. zeichnet für viele wegweisende
Bauwerke verantwortlich, darunter die
Walhalla bei Regensburg, die Befrei­
ungshalle in Kelheim und die klassizi­
stische Umgestaltung der Stadt Mün­
chen mit der Glyptothek, der Alten
Pinakothek, der Ludwigstraße und
vielem mehr. Die künstlerische Hand­
schrift des Architekten ist auch beim
Bau der ersten Kanalprojekte und der
ersten Eisenbahntrassen zu spüren,
die damals noch in der Hand der Ober­
sten Baubehörde lagen.
Die EDITION BAYERN spannt den
Bogen von der Geschichte bis in die
Gegenwart, von niederbayerischen
Waldlerhäusern und klassizistischen
Prachtbauten über Verkehrswegepla­
nung, Bautechnik und Baustoffe bis
zur Bedeutung von Ökologie und Bür­
gerbeteiligung bei großen Projekten.
Eine wichtige Rolle spielt das Thema
„Kunst am Bau“, das mit über drei­
ßig Beispielen anschaulich präsentiert
wird. Die ausführliche Bebilderung der
EDITION BAYERN zeigt bedeutende
Bauten in Bayern. Der Band schließt
mit einem Ausblick auf die Zukunft des
Bauens und auf ein weiteres, großes
Projekt, das das Haus der Bayerischen
Geschichte in Zusammenarbeit mit der
Obersten Bayerischen Baubehörde re­
alisiert: Das Museum der Bayerischen
Geschichte in Regensburg, das 2018
eröffnet wird.
Verleihung der Leo-von-Klenze-Medaille 2014
Am 7. April 2014 verlieh Herr Staatsminister Joachim Herrmann zum
sechsten Mal die Leo-von-Klenze-Medaille als Auszeichnung für herausragende Leistungen in der Architektur, dem Städte- und Wohnungsbau
und der Ingenieurbaukunst in der Allerheiligen-Hofkirche in München.
Gruppenbild mit den Preisträgern (v.l.n.r.): Prof. Fritz Auer, Staatsminister Joachim Herrmann, Frau Prof. Christiane
Thalgott, Dipl.-Ing. Fritz Sailer, Ministerialdirektor Josef Poxleitner und Dr. Kurt Stepan.
Leo von Klenze war der erste Leiter
der 1830 von König Ludwig I. gegrün­
deten Obersten Baubehörde. Seither
baut die Oberste Baubehörde für die
Menschen in Bayern. Unsere staatli­
Erhältlich ist die EDITION BAYERN
„Bauen für Bayern“ (ISBN 978-37917-2595-6) beim Haus der Baye­
rischen Geschichte (0821 3295-0,
im Online-Shop unter www.hdbg.de
(€ 8,-/€ 10,- + Versandkosten) oder im
Buchhandel (Vertrieb: Verlag Friedrich
Pustet, Regensburg).
Auszug aus der Pressemitteilung des
Hauses der Bayerischen Geschichte
chen Bauvorhaben stehen immer im
Blickfeld des öffentlichen Interesses.
Deshalb haben wir hier eine besonde­
re Vorbildfunktion. Unsere Aufgaben
sind sehr vielfältig und spiegeln das
weite Spektrum unserer bayerischen
Baukultur wieder. Denn unsere Ge­
bäude, Straßen und Plätze sind Zeug­
nisse unserer Vergangenheit, aber
auch unserer Gegenwart. Mit der Ver­
leihung der Leo-von-Klenze-Medaille
dokumentieren wir den hohen Stel­
lenwert der Baukultur in Bayern und
zeichnen Menschen für ihre heraus­
ragenden Leistungen in der Architek­
tur, im Städte- und Wohnungsbau und
in der Ingenieurbaukunst aus. Wir er­
innern mit der heutigen Preisverlei­
hung an den 150. Todestag Leo-vonKlenzes. Die Leo-von-Klenze-Medaille
ist unser Zeichen des Dankes und
der Anerkennung“, sagte Innen- und
Bauminister Joachim Herrmann bei
der Verleihung der Leo-von-KlenzeMedaille 2014 an Prof. Dipl.-Ing. Archi­
tektin Christiane Thalgott, Prof. Dipl.Ing. Architekt Fritz Auer, Dipl.-Ing. Fritz
Sailer und Dr.-Ing. Kurt Stepan in der
Allerheiligen-Hofkirche in München.
(Auszug aus der Pressemitteilung des
Bayerischen Staatsministeriums des
Innern)
Eine Dokumentation der Veranstaltung mit den Ansprachen liegt als
Sonderheft von bau intern bei.
bau intern März/April 2014 29
gibl im Rahmen einer Abordnung die
Aufgaben eines Referenten im Referat
B21 „Bundesbauangelegenheiten In­
land“ des BMVBS, jetzt BMUB.
Den Kolleginnen und Kollegen, die mit einer neuen Dienstaufgabe betraut
wurden, wünschen wir alles Gute und viel Erfolg bei Ihrer neuen Tätigkeit.
Frauen und Männer in Orange
Der Bayerische Straßenbetriebsdienst
Ausstellung Oberste Baubehörde
20. März – 7. Mai 2014
geöffnet werktags Mo.-Fr. 8:00 – 18:00 Uhr
Organisation
Ausbildung
Arbeitssicherheit
Geschichte
Streckenwartung
Sofortmaßnahmen
Grünpflege
Ausstattung
Reinigung
Winterdienst
Salz und Schnee
Am 25. März war es soweit. Die Ausstellung „Frauen und
Männer in Orange“ wurde vom Abteilungsleiter Straßen­
bau, Herrn Karl Wiebel feierlich eröffnet. Der Besucheran­
drang war sehr groß. Neben vielen offiziellen Vertretern,
die mit dem Straßenbetriebsdienst verbunden sind, waren
vor allem Straßenwärter anwesend und gaben der Veran­
staltung den richtigen „Flair“. Sogar Antenne Bayern und
München.tv waren da und interviewten verschiedenste
Teilnehmer – auch und besonders intensiv die zwei anwe­
senden weiblichen Vertreterinnen des Berufstandes der
Straßenwärter.
Die Idee für eine Ausstellung zum Straßenbetriebsdienst
war bereits vor zwei Jahren bei einem der regelmäßigen
Treffen des Sachgebietes IID1 mit dem Hauptpersonalrat
entstanden. Herr Hartmann berichtete Frau Roßmann von
einem Straßenwärter in Wunsiedel, der Modellfahrzeuge
des Straßenbetriebsdienstes in einer erstaunlichen Detail­
schärfe originalgetreu nachbaue. Aus der Anfangsidee, eine
Ausstellung für diese Modellfahrzeuge zu schaffen, entwi­
ckelte sich schließlich eine Ausstellung, die den gesamten
32
bau intern März/April 2014
Betriebsdienst umfasst. Sie gibt einen
Überblick von der Organisation des
Betriebsdienstes bis zu seinen Auf­
gaben und ist in erster Linie auch als
Anerkennung für die Leistungen und
Verdienste unserer Frauen und Män­
ner in Orange gedacht.
Die Vorbereitung einer Ausstel­
lung erfordert viele Gespräche, Mails,
Abstimmungsprozesse und Arbeits­
gruppensitzungen. So ist es keines­
falls selbstverständlich, dass aktuell
ein Winterdienst-Lkw und ein MähUnimog im Innenhof zu sehen sind.
Lange war unklar, ob der Lkw durch
die Toreinfahrt passt – er hätte auch
nicht durchgepasst, wenn die Blink­
leuchten auf dem Dach nicht abge­
schraubt worden wären. Zudem war
die Zustimmung der Hausverwaltung
einzuholen – immerhin wird derzeit die
Oberste Baubehörde saniert, weshalb
der Innenhof als Stellplatz für Müllcon­
tainer gebraucht wird – und natürlich
die Zustimmung der Berufsfeuer­
wehr, die im Brandfall ungehinderten
Zugang zum Innenhof benötigt. Auch
für die Markierung im Foyer, die den
Besucher durch die Ausstellung leitet,
war eine Probeklebung nötig. Zu groß
war die (durchaus nicht unbegründete)
Angst, dass beim Entfernen der Mar­
kierung das Kopfsteinpflaster gleich
mit entfernt wird. Den Schlusspunkt
beim Aufbau der Ausstellung lieferten
die Plakate. Die Herstellung der Pla­
katplatten war bei einer renommierten
Münchner Druckerei in Auftrag gege­
ben worden. Offensichtlich erfolgte
die Anlieferung aber nicht an den
Franz-Josef-Strauß-Ring Nr. 4, son­
dern – wie wir vermuten – an die Pilo­
angekündigt. „Einmal sehen, wo die
Chefs arbeiten“, auch das war für viele
Antrieb, nach München zu fahren. Und
tatsächlich: Die wenigsten „Orangen“
haben die Oberste Baubehörde schon
von außen, geschweige denn von in­
nen gesehen. Und wo der Minister
sitzt – drüben am Odeonsplatz – das
wusste schon erst recht keiner. Auch
eine Münchner Schulklasse hat sich
die Ausstellung angeschaut. Zum In­
formieren und natürlich zum Probe­
sitzen im Lkw – dem potentiellen spä­
teren Arbeitsplatz.
Am 8. Mai wird die Ausstellung wie­
der abgebaut, rechtzeitig vor dem
nächsten Event im Foyer der OBB. Sie
wird aber nicht eingemottet, sondern
geht auf die Reise. Mehrere Dienst­
stellen haben schon ihr Interesse be­
kundet. Die erste wird wohl die Au­
tobahndirektion Nordbayern sein, die
die Ausstellung in deren Lichthof auf­
bauen will. Dann geht’s weiter zum
Tag der offenen Tür in den Straßen­
meistereien Mainaschaff und Rödel­
meier. Und auch die Berufsschule
Würzburg, an der die Straßenwärter
ausgebildet werden, will die Ausstel­
lung haben. Vor allem die Modellfahr­
zeuge des Herrn Klose haben es dem
Schulleiter angetan.
Baudirektor Dipl.-Ing. Stefan
Scheckinger, Oberste Baubehörde,
Sachgebiet IID1
tystraße Nummer 4. Jedenfalls waren
die Plakate nirgendwo im Haus zu fin­
den, obwohl die Druckerei beteuerte,
sie pünktlich und zuverlässig abgelie­
fert zu haben. Das Handzeichen des­
jenigen, der den Empfang der Platten
gegengezeichnet hatte, konnte jedoch
keinem Mitarbeiter in der Obersten
Baubehörde zugeordnet werden. Kurz
vor Ausstellungsbeginn waren die Plat­
ten aber dann, wie von Zauberhand,
doch noch aufgetaucht. Der Lieferser­
vice der Druckerei war wohl doch noch
einmal in sich gegangen und hatte die
Lieferadresse überprüft.
Die Ausstellung kommt an. Dies
bestätigen nicht nur die Mitarbeiter
der Pforte. Viele Straßen- und Auto­
bahnmeistereien haben die Ausstel­
lung bereits besucht oder haben sich
bau intern März/April 2014 33
34
bau intern März/April 2014