Secondment im “Big Apple” - Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen

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Secondment im “Big Apple” - Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen
Dr. Lars Weber
Secondment im “Big Apple”
September 2013
Secondment im “Big Apple”
Im Rahmen des Secondment-Programms von GvW Graf von Westphalen wurde
GvW-Associate Dr. Lars Weber für drei Monate in das New Yorker Büro der USKanzlei Patterson Belknap Webb & Tyler (PBWT) entsandt. Ein
Erfahrungsbericht.
Aufbruch ins Ungewisse
Ein Secondment in New York? Wer würde da nicht sofort zusagen. Doch zur Freude über die
große Chance, im Rahmen einer „Entsendung“ für eine unserer Partnerkanzleien in den USA
arbeiten zu können, kamen auch Zweifel und Fragen. Wie schnell finde ich mich in meinem
zukünftigen Team und in die neuen Aufgabengebiete ein? Wie sind die neuen Kollegen und
welches Arbeitsklima herrscht bei einer New Yorker Wirtschaftskanzlei?
Nach dem Secondment kann ich aber die Frage, ob ich noch einmal den Sprung über den
großen Teich wagen würde, eindeutig bejahen. Die drei Monate bei PBWT waren eine
äußerst lehrreiche und spannende Zeit, die mich in vielerlei Hinsicht bereichert hat. So
konnte ich nicht nur meine Englischkenntnisse und das fachliche Know-how verbessern,
sondern auch viele neue Kontakte zu den US-Kollegen knüpfen. Und nicht zuletzt: Ein
Secondment bietet auch eine Menge Spaß – insbesondere in einer so spannenden Stadt wie
New York.
Aller Anfang ist schwer
Vor Beginn meines Secondments waren allerdings noch einige organisatorische Hürden zu
nehmen. Neben der Suche nach einer Unterkunft in New York musste insbesondere ein USVisum beantragt werden. Die sehr umfangreichen Formulare und Anträge, die hierfür
auszufüllen sind, können auch Juristen in die Verzweiflung treiben. Eine große Hilfe war ein
immigration lawyer, der die Beantragung des Visums aus den USA koordinierte und dafür
sorgte, dass letztlich alles reibungslos ablief.
Erste Schritte in New York
Endlich in New York angekommen, hatte ich noch ein kurzes Wochenende, um die neue
Wohnung zu beziehen und mich etwas mit der Stadt vertraut zu machen, bevor das
Secondment begann. Das Büro von PBWT liegt im Zentrum von Manhattan unmittelbar am
schönen Bryant Park. Ungefähr 200 Rechtsanwälte arbeiten dort auf mehreren Etagen. In
über 20 Praxisgruppen werden alle Bereiche des Wirtschaftsrechts abgedeckt, wobei ein
besonderer Schwerpunkt auf Prozessführung liegt. Entsprechend meines Arbeitsbereichs bei
GvW gehörte ich während des Secondments der Praxisgruppe Corporate an, die nationale
und internationale Unternehmen in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts, wie
zum Beispiel bei Mergers & Acquisitions, Joint Ventures, Börsengängen und
Restrukturierungen, berät.
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Von meinem neuen Team wurde ich sehr freundlich aufgenommen. Da am ersten Arbeitstag
das monatliche Luncheon der Praxisgruppe stattfand, hatte ich gleich ausreichend
Gelegenheit, die neuen Kollegen näher kennenzulernen.
Mein Tätigkeitsschwerpunkt: American Depositary Receipts
Nach der ersten Woche, die hauptsächlich mit diversen Einführungs- und
Schulungsveranstaltungen gefüllt war, wurde ich gleich in die tägliche Arbeit der USKollegen einbezogen. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit lag bei der Beratung im
Zusammenhang mit sogenannten American Depositary Receipts (ADRs). Grob gesagt
handelt es sich hierbei um Aktienzertifikate, die von US-amerikanischen Depositary Banks
in den USA ausgegeben werden und Aktien eines ausländischen Unternehmens verkörpern.
Durch die Verwendung von ADRs haben ausländische Unternehmen Zugang zum USKapitalmarkt, ohne das Zulassungsverfahren für eine Börsennotierung durchzuführen.
Während der Tätigkeit bei PBWT konnte ich an zahlreichen solcher Transaktionen
mitarbeiten. Hierbei war eine große Bandbreite an nicht nur rechtlichen Problemen zu
bewältigen: umfangreiche Verträge mussten erstellt und mit den Anwälten der Gegenseite in
unzähligen Telefonkonferenzen ausverhandelt werden, die Einzelheiten des ADRProgramms waren mit der US-Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange
Commission (SEC) abzustimmen und das Signing und Closing der Transaktion musste
organisiert werden.
„training on the job“
Meine Aufgaben beschränkten sich inhaltlich aber nicht nur auf reine Transaktionsberatung.
So hatte ich auch die Gelegenheit, bei einem spannenden Bankruptcy Case Einblicke in das
US-amerikanische Insolvenzrecht zu gewinnen. Zudem bestand immer die Möglichkeit, bei
Pro-bono-Mandaten mitzuwirken. Anders als in Deutschland ist die unentgeltliche Beratung
zugunsten gemeinnütziger Organisationen in den USA sehr verbreitet und angesehen.
Trotz der Komplexität der Arbeit war es auch als deutscher Rechtsanwalt möglich,
selbständig zu arbeiten. Hilfreich wari, dass sich die Kollegen viel Zeit genommen hatten, um
mir die Hintergründe zu erläutern und die Arbeit zu besprechen. Zudem unterstützte mich
während des gesamten Secondments ein erfahrener Kollege als „Mentor“, der für alle
organisatorischen und fachlichen Fragen immer ein offenes Ohr hatte. Ergänzend zum
training on the job konnte ich an umfangreichen internen Fortbildungsmaßnahmen der
Kanzlei teilnehmen. Neben Besprechungen von Musterverträgen umfasste dies zum Beispiel
Kurse zur Verhandlungsführung und Vertragsgestaltung.
Freizeit mit den US-Kollegen
Während meines Secondments bestätigte sich der erste positive Eindruck hinsichtlich des
Arbeitsklimas: Trotz der Größe der Kanzlei herrschte immer eine persönliche und sehr
kollegiale Arbeitsatmosphäre. In zahlreichen Freizeitveranstaltungen gab es genügend
Gelegenheiten zum weiteren Kennenlernen der US-Kollegen. Neben einem indoor soccerTurnier konnte ich auch am jährlichen Summer-Associate-Program der Kanzlei teilnehmen.
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Ein Highlight war das Sommerbetriebsfest der Kanzlei auf der Intrepid, einem zum
Museumsschiff umgebauten alten Flugzeugträger am Ufer des Hudson River.
Mein Fazit
Mein Aufenthalt in New York war eine sehr spannende und erfahrungsreiche Zeit, in der ich
viele wertvolle Eindrücke, Erfahrungen und auch Kontakte sammeln konnte. Ich kann daher
jedem nur empfehlen, die Möglichkeit eines Secondments zu nutzen.
Dr. Lars Weber, Frankfurt a. M.
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