2008-01 AAA Anlegerschutzbrief

Transcrição

2008-01 AAA Anlegerschutzbrief
Anlegerschutzbrief
Ausgabe 1/2008
Vorwort und Überblick zu den aktuellen Entwicklungen
von Thomas Lippert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Neues zu den KGAL-Fonds
von Dr. Sigmund P. Martin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
NAV: Die Rendite ist unendlich
von Thomas Lippert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Trendwende bei den Prozessen im Bereich der Medienfonds
Cinerenta und VIP 3 und 4
von Dr. Sigmund P. Martin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
6
8
10
Großer Erfolg in den Klagen gegen die Abschaffung des
Minderheitenschutzes
OLG Nürnberg entscheidet im LBB-Fonds 3 zugunsten der Anleger
von Denise Kafka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Fonds der Bankgesellschaft
Sachstandsbericht per 19. 03. 2008
von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Dorint Hotel „Bayerpost“ München Dr. Herbert Ebertz KG
Welche anlegerfreundliche Reaktion die Arbeit des AAA auch
außergerichtlich provozieren kann
von Kerstin Kondert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Haussuchungen bei Dr. Görlich und der Aareal-Bank
Brisante Funde
von Dr. Wolfgang Schirp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Karow-Fonds
Verkauf der Immobilien im schriftlichen Umlaufverfahren beschlossen
von Thomas Lippert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
Geschlossene Lebensversicherungsfonds
Wie lange geht es noch gut?
von Thomas Lippert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Zweitmarkthandel
Unabhängige Börsen schließen Marktlücke
Gastbeitrag von Niels Ackermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das Letzte
von Tibet Neusel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Impressum
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Tüßling, 15. 04. 2008
Liebes Vereinsmitglied,
liebe Leserin, lieber Leser,
als neuer Vorstandsvorsitzender des Aktions­
bundes Aktiver Anlegerschutz e. V. freue ich
mich, Ihnen die erste Ausgabe des Anleger­
schutzbriefes 2008 übermitteln zu dürfen.
Ich möchte Ihnen nachfolgend unter I. einen
kurzen Überblick über die organisatorischen
Aktivitäten Ende des letzten Jahres und des
Januars 2008 geben und im Anschluss daran
über die Entwicklungen auf der inhaltlichen
Ebene unter II. berichten:
I. Vereinsinterne Angelegenheiten
1.1 Gründungsmitgliederversammlung
am 18. Dezember 2007:
Am 18. Dezember 2007 versammelten sich
die Gründungsmitglieder des Aktionsbundes
Aktiver Anlegerschutz e. V., um den Vorstands­
vorsitzenden und den Kassierer neu zu wäh­
len, deren fünfjährige Amtszeit abgelaufen
war. Der Verein wurde am 25. Oktober 2002
gegründet und ist mittlerweile die größte Inte­
ressensvertretung im Bereich der geschlos­
senen Fonds – insbesondere Immobilien- und
Medienfonds – in Deutschland.
Da sich unser ehemaliger Vorsitzender Ludwig
Stoiber künftig verstärkt um andere Aufgaben­
bereiche kümmern will, stellte er sich nicht er­
neut zur Wahl. Die Gründungsmitgliederver­
sammlung wählte mich einstimmig als seinen
Nachfolger und damit zum neuen Vorstands­
vorsitzenden und bestätigte RA Tibet Neusel
für weitere fünf Jahre als Kassierer.
1.2 Jahreshauptversammlung des Vereins
am 30. Januar 2008:
Am 30. Januar 2008 fand die Jahreshauptver­
sammlung des Vereins statt. Die auf der Ver­
sammlung beschlossenen Satzungsergän­
zungen wurden am 6. März 2008 in das
Vereinsregister des Amtsgerichts Traunstein
unter der Nummer des Vereins VR 10586 ein­
getragen. Ergänzungen der Vereinssatzung
wurden in folgenden Punkten beschlossen:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
4§ 2 Zweck des Vereins
„Zweck des Vereins ist die Förderung des
Verbraucherschutzes durch Verbraucher­
beratung und -aufklärung auf dem Gebiet
der geschlossenen Fondsmodelle, insbe­
sondere, aber nicht ausschließlich Immobi­
lienfonds, Schiffsfonds, Medien- und Film­
fonds.
Der Satzungszweck wird insbesondere ver­
wirklicht durch die Beratung und Informati­
on von Verbrauchern auf dem Gebiet der
geschlossenen Fondsmodelle. Die Bera­
tung wird durch die Versendung von Infor­
mationsbroschüren sowohl über das Inter­
net als auch auf konventionellem Weg,
durch die Veröffentlichung von Studien und
Expertisen, durch die Definition von Quali­
tätskriterien sowie die individuelle Beratung
über Hotlines und Informationsveranstal­
tungen und andere Möglichkeiten zur Ver­
fügung gestellt. Neben der Verbraucherauf­
klärung sollen Verbraucherinteressen durch
Lobbyarbeit in den Parlamenten und Be­
hörden vertreten werden.
Der Verein strebt die Berechtigung zu ver­
braucherschützenden Verbandsklagen an.“
Mit dieser Satzungsergänzung möchten wir
eine Aufnahme des Aktionsbundes Aktiver An­
legerschutz e.V. in die „Liste qualifizierter Ein­
richtungen“, welche durch das Bundesamt für
Justiz geführt wird, erreichen.
Derzeit (Stand 1. Januar 2008) sind zum
größten Teil Mietervereine und Verbraucher­
zentralen in dieser Liste aufgeführt. Die Liste
kann auf der Internetseite www.bundesjustiz­
amt.de eingesehen werden. Ein entspre­
chender Antrag auf Aufnahme des Aktions­
bundes Aktiver Anlegerschutz e. V. ist bereits
bei der zuständigen Abteilung gestellt.
Thomas Lippert
Vorstandsvorsitzender des Aktions­­
bundes Aktiver Anleger­schutz e. V.
und geschäftsführender Gesell­
schafter der Aktionsbund Service
GmbH
Ausbildung:
Berufsausbildung zum Bankkaufmann; berufsbegleitendes Studium
BWL Schwerpunkt Banken mit
Spezialisierung Immobilienmanagement
Berufliches:
Seit 2001 in der Banken- und Immobilienbrache tätig; Schwerpunkte
in der Durchführung von Risikoanalysen, Engagementführung im Kreditgeschäft und ganzheitliche Beratung
für Geschäfts- und Firmenkunden;
Vertretung auf Gesellschafterversammlungen und Übernahme zahlreicher Beiratsmandate geschlossener
Fonds.
Kontakt:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Knesebeckstraße 83
10623 Berlin
Tel.: 0 30/315 193 4-0
Fax: 0 30/315 193 4-20
E-Mail: [email protected]
www.aktionsbund.de
4§ 8a Ehrenvorsitzender
„Die Mitgliederversammlung kann einen Eh­
renvorsitzenden wählen. Ehrenvorsitzender
kann nur werden, wer erhebliche Verdienste
um den Verein und um den Anlegerschutz
erworben hat. Der Ehren­vor­­sitzende wird
auf Lebenszeit gewählt. Die Bestellung
kann nur widerrufen werden, wenn Umstän­
de ans Licht treten, die die Wahl des Eh­
renvorsitzenden ausgeschlossen hätten.
Wahl und Widerruf müssen mit 2/3-Mehr­
heit der abgegebenen Stimmen durch die
Jahreshauptversammlung erfolgen. Der Eh­
renvorsitzende ist von Vereinsbeiträgen be­
freit. Jedes Vereinsmitglied kann einen Kan­
didaten für den Ehrenvorsitz vorschlagen.
§ 9 Abs. 3 gilt entsprechend.“
Herr Ludwig Stoiber wurde auf der Jahreshaupt­
versammlung zum Ehrenvorsitzenden des Akti­
onsbundes Aktiver Anlegerschutz e.V. gewählt.
4§ 8b Bestellung Datenschutzbeauftragter
„Der Vereinsvorstand soll einen Daten­
schutzbeauftragten gemäß § 4f Bundesda­
tenschutzgesetz bestellen. Die Bestellung
erfolgt durch Mehrheitsentscheidung. Der
Datenschutzbeauftragte darf nicht gleich­
zeitig Vorstandsmitglied sein.“
Der Vorstand hat Frau Petra Knauer, Leiterin
der Verwaltung des Vereins in Tüßling, zur Da­
tenschutzbeauftragten bestellt.
Die aktuelle Vereinssatzung kann auf der Inter­
netseite des Vereins unter www.aktionsbund.
de eingesehen werden.
II. Entwicklungen auf inhaltlicher
Ebene
2.1 Fonds der Bankgesellschaft:
Lesen Sie hierzu bitte den aktuellen Sach­
standsbericht von Kerstin Kondert und Dr.
Wolfgang Schirp in dieser Ausgabe.
Bezüglich der Abschaffung des Minderheiten­
schutzes der LBB Fonds 9 und 10 und der
IBV Fonds Deutschland 2 und 3 hat der Akti­
onsbund Aktiver Anlegerschutz e. V. alle ihm
bekannten Zeichner angeschrieben und eine
Abstimmungsempfehlung ausgesprochen. Ei­
ne Aussendung an mehrere Tausend Gesell­
schafter, durch die wir Informationen, die die
IBV nicht verbreitet sehen möchte, an alle An­
leger weiterleiten und damit die Abstimmungs­
ergebnisse zugunsten der Anleger beeinflus­
sen können, ist nur durch Ihre Unterstützung
als Vereinsmitglied möglich. An dieser Stelle
möchte ich mich für Ihr entgegengebrachtes
Vertrauen bedanken.
2.2 Medienfonds:
In der Ausgabe 3/2007 haben Tibet Neusel
und Dr. Sigmund P. Martin zu dem Thema
Medienfonds ausgeführt. Lesen Sie auch in
dieser Ausgabe zum aktuellen Stand.
Die „watch list“ des Aktionsbundes Aktiver
Anlegerschutz e. V., die speziell für den Be­
reich der Medienfonds geführt wird, umfasst
mittlerweile rund 100 verschiedene Fonds,
insbesondere die mit leasingähnlicher „Def­
easance-Struktur“.
Sollten Sie sich noch nicht auf der „watch list“
haben erfassen lassen, so können Sie dies
gerne per E-Mail an [email protected]
oder telefonisch unter 030/31 51 93 40 nach­
holen.
Der AAA wird den Bereich der Medienfonds
weiter aufarbeiten und Sie weiterhin bei Ab­
stimmungen in schriftlichen Umlaufverfahren
unterstützen. Hierzu wenden Sie sich bitte an
die Geschäftsstelle in Berlin.
2.3 Immobilienfonds des sozialen und
geförderten Wohnungsbaus:
Bei diesen Fonds setzen sich der AAA sowie
seine beratenden Unternehmen ständig für
wirtschaftlich vernünftige Sanierungskonzepte
ein, sofern wegen fehlender Prospekthaf­
tungsansprüche oder mangelhafter Bonität
von möglichen Anspruchsgegnern keine
Chance besteht, den den Anlegern entstande­
nen Schaden anderweitig zu kompensieren.
Die Vertretung auf den Gesellschafterver­
sammlungen spielt hierbei eine zentrale Rol­
le. Es kommt nach wie vor bei einigen Ver­
sammlungen vor, dass entweder die
Beschlussfähigkeit nicht gegeben ist oder
die einzelnen Tagesordnungspunkte sehr
schlecht durch den jeweiligen Geschäftsbe­
sorger erläutert werden. Der Aktionsbund
Aktiver Anlegerschutz e. V. schreibt daher die
ihm bekannten Gesellschafter der Fonds an,
informiert über die anstehenden Beschlüsse
und bietet die Versammlungsvertretung für
einen Pauschalbetrag in Höhe von 150 €
zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer an. Im Nach­
gang erhalten die durch den AAA e. V. vertre­
tenen Gesellschafter eine schriftliche Stel­
lungnahme mit Handlungsempfehlung. Die
Kosten für die Versammlungsvertretung kön­
nen im Rahmen der Sonderwerbungskosten
der jeweiligen Beteiligung steuerlich geltend
gemacht werden.
Eine generelle Aussage hinsichtlich der Sanie­
rungsfähigkeit eines Immobilienfonds in die­
sem Bereich kann nicht getroffen werden. Die
möglichen Lösungen sind von Fonds zu Fonds
völlig verschieden und hängen vor allem von
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
der Gesellschafterstruktur, dem Förderweg
und den jeweils finanzierenden Bankinstituten
ab.
Damit Ihre Interessen gegenüber den Verhand­
lungspartnern noch besser wahrgenommen
werden können, nehmen die Vertreter des AAA
e. V. in einigen Fonds auch Beiratsmandate
wahr. Hierdurch schaffen wir eine verstärkte
Interessensbündelung auf Gesellschaftsebene
sowie einen direkten Zugang zu den Ge­
sprächspartnern.
Sofern Sie Fragen zu Ihren Fondsbeteiligungen
haben, wenden Sie sich bitte an die Geschäfts­
stelle in Berlin.
2.4 Vertretung auf Gesellschafterversamm­
lungen/Informationsveranstaltungen
des AAA e. V.:
Im Februar 2008 fanden Informationsveranstal­
tungen zu den LBB und IBV Fonds statt. Es
handelte sich hierbei insbesondere um die
Fonds LBB 9–13, Berlin Hyp 1 und 2 sowie
IBV Deutschland 1–3.
Für die nächsten Wochen sind weitere Veran­
staltungen zu den Kernbereichen geplant. Über
die genauen Themenbereiche und die Veran­
staltungstermine werden Sie rechtzeitig infor­
miert.
Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit
auch im Jahr 2008 und bin zuversichtlich, dass
wir Sie auch weiterhin tatkräftig unterstützen
können.
Beste Grüße aus Berlin!
Wie bereits im Absatz zuvor erwähnt, spielt die
Versammlungsvertretung eine zentrale Rolle.
Ihr
Bereits im 1. Quartal 2008 wurden Ihre Inter­
essen auf rund 50 verschiedenen Gesellschaf­
terversammlungen vertreten. Sollten auch Sie
für eine demnächst anstehende Gesellschaf­
terversammlung eine Interessensvertretung
wünschen, so setzen Sie sich auch in diesem
Fall bitte mit der Geschäftsstelle in Berlin in
Verbindung.
Thomas Lippert
Vorstandsvorsitzender
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
§
Neues zu den KGAL-Fonds
von Dr. Sigmund P. Martin
Dr. Sigmund P. Martin
Magister legum LL.M. (Yale)
Ausbildung:
Studium in Marburg und Gießen
sowie an der Yale Law School (USA),
mit Abschluss des LL.M. (1988);
Promotion in Gießen (1993).
Beruflicher Werdegang:
Referendariat beim Landgericht
Marburg; Tätigkeiten als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Marburg und in der hessischen
und brandenburgischen Justiz als
Staatsanwalt und Richter; Rechtsanwalt seit 1993.
Dr. Martin ist mit Fondsangele­
genheiten befasst und betreut u. a.
die Interessen geschädigter Anleger
in den Fonds Welse, Rathenow,
CINERENTA und VIP.
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-17
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
Zu den Medienfonds mit leasingähnlichen
Strukturen, d. h. festen Einnahmen- und Rück­
zahlungsgarantien (sog. Defeasance Fonds),
die seit Juli 2007 einer näheren Überprüfung
der Finanzverwaltung unterzogen werden, zäh­
len insbesondere die KGAL/ALCAS-Fonds.
kannten KGAL-Fonds weitgehend nach dem
gleichen Vertragsmuster konstruiert sind und
sich bei einer wirtschaftlich schwierigen Lage
die Frage der Ausübung des Andienungs­
rechts auch in anderen Fonds als den beiden
genannten in Kürze stellen könnte.
Wie in der letzten Ausgabe des Anleger­
schutzbriefes von RA Neusel ausführlich dar­
gestellt, kann zwar im Moment niemand sagen,
ob den sog. Defeasance Fonds sämtliche
Steuervorteile aberkannt werden oder ob es
nur zur teilweisen Aberkennung kommt, doch
zeigen sich in diesen Fonds bereits die ersten
Probleme.
Generell ist ein Andienungsrecht (sog. call op­
tion, d.h. wenn diese gezogen wird, muss der
Vertragspartner zum vorher festgelegten Preis
kaufen) besser als ein Angebotsrecht auf Sei­
ten des Fonds (sog. put option, d. h. zu einem
bestimmten Zeitpunkt verlangt man die Ver­
handlung und setzt dafür einen Mindestpreis
fest). Allerdings muss man sagen, dass die für
die Fonds KGAL Nr. 126 und 134 vereinbar­
ten Werte – und dieser Fehler muss bereits
bei Auflage des Fonds und Verhandlung der
internationalen Verträge passiert sein – unter
den marktüblichen Werten liegen. Ein LibraryWert von 10 % wird nur bei extrem schlecht
vermarktbaren Filmen angesetzt, denn über
die eigentlichen Resterlöse hinaus besteht
der eigentliche Wert der Library in ihrer Be­
leihbarkeit bei amerikanischen Filmfinanzie­
rungsbanken (d. h. ein amerikanisches Filmun­
ternehmen zieht selbst dann einen Vorteil aus
dem Eigentum der Library, wenn daraus keine
weiteren Lizenzerlöse mehr generiert werden
können). Der übliche Mindest-Library-Wert
liegt demgegenüber bei 20 % des Budgets.
So rüsten sich einige der Fonds (wie z. B. der
KGAL-Fonds 125, in dem eine Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens zur
Finanzierung erhöhter Gewerbesteuerzahlungen
durchgeführt wurde) dafür, die höheren Kosten,
die aus den erwarteten Veränderungen bei der
steuerlichen Behandlung der Fonds erwartet
werden, durch eine Reduzierung der Schluss­
zahlung an die Anleger weiterzugeben.
In den Fonds KGAL Nr. 126 und KGAL Nr. 134
wurden die Gesellschafter zu einer Beschluss­
fassung im Umlaufverfahren aufgefordert, bei
der ihnen von der Geschäftsleitung empfohlen
wurde, der Ausübung des sog. Andienungs­
rechts zuzustimmen. Mit diesem Beschluss wird
die Gesellschaft praktisch vorzeitig beendet und
alle Filmrechte des Fonds werden an den Lizenz­
nehmer, zu einem Kaufpreis, der 10 % der Pro­
duktionskosten entspricht, veräußert. Als
Grund für diesen Schritt werden von der Ge­
schäftsführung die schlechten Vermarktungs­
ergebnisse der Filme in den Fonds Nr. 126 und
134 angeführt. Diese werden damit begründet,
dass nach den Anschlägen in den USA der
Werbe- und Medienmarkt rückläufig gewesen
sei und sich zudem inzwischen der Publikums­
geschmack verändert habe.
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
(AAA), der für die Zeichner der Fonds mit lea­
singähnlicher „Defeasance-Struktur“ – dies
sind neben den KGAL-/ALCAS-Fonds insbe­
sondere die Fonds LHI-Medienfonds (MP Film,
LINOVO- und KALEDO-Fonds), Hannover
Leasing-Medienfonds (Montranus Zweite und
Dritte KG) sowie Media Stream I und III – eine
sog. „watch list“ führt, hat den bei ihm regis­
trierten Anlegern dieser Fonds eine Hand­
lungsempfehlung gegeben, über die wir Sie im
Folgenden informieren wollen, da die uns be­
Problematisch bei der Entscheidung zum Ver­
kauf der Library ist stets die Tatsache, dass der
„Erste-Wahl“-Käufer gleichzeitig derjenige ist,
der die Lizenzen vorher vermarktet. Dies be­
deutet, dass der Lizenznehmer – die RHI Dis­
tribution – natürlich die Vertragsklauseln kann­
te und im Zweifel – so man ihm Böses
unterstellt – vor der Bewertung auch mal den
einen oder anderen Deal zurückgehalten ha­
ben wird. In jedem Fall kann man davon ausge­
hen, dass die RHI Distribution nicht mehr Li­
zenzen verkaufen wird, als zur Rückdeckung
des von ihr vorverauslagten Schuldübernah­
meentgeltes notwendig ist; insbesondere
wenn keine höhere Vertriebsgebühr für Verkäu­
fe über einem bestimmten Grenzwert verein­
bart wurde (z. B. ab 100 % Rückdeckung eine
Steigerung auf 20 % bis zu 30 % Vertriebsge­
bühr – dann hat der Vertrieb auch einen Anreiz
weiter zu verkaufen). Es gibt im Regelfall auch
keine Drittkäufer am Markt, da die Rechteklä­
rung oft schwierig ist.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Nachvollziehbar ist zum einen die Begründung
zur negativen Entwicklung der Lizenzerlöse, da
sich auf dem Filmmarkt allgemein Ähnliches be­
obachten lässt. Zum anderen ist auch das für
die Ausübung des Andienungsrechts ins Feld
geführte Kostenargument nicht von der Hand
zu weisen: Bei Weiterführung des Fonds, wie
nach dem Prospekt vorgesehen, kosten die
weiteren Jahre Fondsgeschäfts­führung ohne
nachhaltige Aussicht auf Erlöse die Anleger
viel Geld. Hierbei ist auch zu bedenken, dass
sämtliche bereits getätigten „Ausschüttungen“
lediglich Auszahlungen von Liquiditätsüber­
schüssen waren und nicht von Ge­winnen. Dies
bedeutet, dass dann, wenn die Geschäftsfüh­
rung über vier Jahre mehr Geld kostet als dem
Fonds jetzt zur Verfügung steht, Nachschüsse
eingefordert werden könnten.
Vor diesem Hintergrund hat der AAA den Anle­
gern in den Fonds KGAL Nr. 126 und Nr. 134
aus kaufmännischer Hinsicht dazu geraten, den
Spatz in der Hand (jetzt verkaufen und die Kos­
ten zu Anfang 2009 kappen) statt die Taube
auf dem Dach (unbekannter Drittkäufer + Kosten
bis 2013) zu ergreifen und der Beschlussfas­
sung zur Ausübung des Andienungsrechts zu­
zustimmen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Die Anleger sollten aber in jedem Falle prüfen
lassen, ob sie den entstehenden Schaden
nicht auf die Initiatoren und die beteiligte Bank
abwälzen können. Die Kanzlei Schirp SchmidtMorsbach Apel hält es zum einen für fahrlässig,
wie das Steuerrisiko in den Prospekten darge­
stellt worden ist, da schon seit einer Reihe von
Jahren die Betriebsprüfungen der Alt-Fonds in
München nicht mehr ungestört ablaufen und
die Anleger der Fonds daher einen Risikohin­
weis hätten erhalten müssen. Zum anderen bil­
den die in den KGAL-Fonds vereinbarten
Schuldübernahmeentgelte einen Ansatzpunkt
für die Prospekthaftung. Mit diesen Konstruk­
tionen haben im Endeffekt nur die Banken rich­
tig Geld verdient (Dresdner Bank: Minimum
Kosten Defeasance-Vertragsbearbeitung
250.000 € + Gebühr Schuldübernahme +
Darlehenszinsen). Insoweit stellt sich die Fra­
ge, ob die Schuldübernahmeentgelte, die die
Bank erhalten hat, korrekt kommuniziert waren
und mit welchen vertrieblichen Argumenten
das Ganze vertrieben wurde. Insoweit ergeben
sich eindeutige Anhaltspunkte für eine Pro­
spekthaftung. Diese Prospekthaftungsfragen
arbeitet die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel derzeit auf. Bei den in der „watch list“ er­
fassten Zeichnern des KGAL-Fonds wird sich
der AAA in Kürze mit einem Vorschlag zum
weiteren Vorgehen melden.
NAV: Die Rendite ist
unendlich
von Thomas Lippert
Wenn man sich mit dem NAV-Wirtschafts­
dienst beschäftigt, reibt man sich immer wieder
die Augen. Das kann doch nicht sein!, denkt
man.
Z. B. warb der NAV 1995 mit der Behauptung,
die IBB bewillige die Förderung im sozialen
Wohnungsbau nur sehr zögerlich. Deshalb wird
den Adressaten eines Anschreibens geraten,
den DII Fonds B 100 zu zeichnen, obwohl der
Prospekt noch nicht vorliegt; der würde später
nachgesandt. Übrigens: Insider wissen, dass
1994 und 1995 Boomjahre der Fondsbranche
waren.
Die Renditeaussichten der Fonds werden in
blühendsten Farben dargestellt. Das gipfelt in
der Aussage, die ich als Überschrift für diesen
Artikel gewählt habe: Da beim DII Fonds B 100
aufgrund der hohen Verlustzuweisungen Eigen­
kapital nicht gebunden sei, sei die Rendite
unendlich. Eine prospektierte Ausschüttung
von 2 % auf ein Kapital von null – das ist eine
unendliche Rendite – so der NAV. Hier fehlt
natürlich eine Kleinigkeit: Wer in diesen Fonds
100.000 DM eingelegt hat, der investierte auf­
grund der Innenfinanzierung des Fonds in Wirk­
lichkeit fast 300.000 DM. Er sollte aber nur 2 %
auf 100.000 DM bekommen. Zieht man die
Steuervorteile ab, bleibt eine Rendite von 1 %
auf das gebundene Kapital. Das ist deutlich
weniger als unendlich.
Besonders hässlich ist auch, wie die Risiken
dieser Fonds verschleiert wurden. In einer Bro­
schüre des NAV aus dem Jahr 1994 wird die
quotale Haftung wie folgt beschrieben: „…im
Außenverhältnis zu Dritten wird die Haftung des
Gesellschafters auf die zu erbringende Gesell­
schaftereinlage beschränkt...“ Und das ist – wie
viele Kunden des NAV schmerzlich erfuhren –
falsch!
Die meisten NAV-Kunden sind Ärzte und gleich­
zeitig im NAV Virchow-Bund Mitglied. Nur so
ist zu erklären, wie leichtfertig mancher diesem
Vertrieb auf den Leim gegangen ist. Einige Mit­
glieder des AAA haben deshalb an ihren Ver­
band geschrieben und um Hilfe gebeten. Lei­
der fühlt sich der Virchowbund nicht richtig
verantwortlich für seine Opfer: Er anerkennt
zwar, dass die „Investition in Berlin-Fonds de­
saströs war“. Er ist „tief betroffen“ und will „die
Angelegenheit nicht zu den Akten legen“ – man
kann aber leider nichts tun. Außerdem habe
man den NAV – bis auf einen kleinen Rest –
verkauft … Kein Wort von den Vertriebsprovisi­
onen, mit denen sich der Virchowbund in den
fetten Jahren die Taschen vollgestopft haben
muss. Kein Wort der Erklärung, weshalb der
NAV weiter mit dem Logo des Virchowbundes
Kunden einwirbt – und weiter durchaus riskante
Anlageformen anbietet.
Wir wollen es darauf nicht beruhen lassen.
Nachdem wir nun lange Material gesichtet ha­
ben, treten wir jetzt an den Vorstand des NAV
Virchow-Bundes heran. Der folgende offene
Brief ist ein erster Schritt, gleichzeitig wird der
AAA eine Presseerklärung herausgeben. Hier
sollen insbesondere die medizinischen Fach­
zeitschriften berücksichtigt werden, die alle
auch über allgemeine Themen von ärztlichem
Interesse schreiben.
Unsere Mitglieder bitten wir, weiter in alten Ab­
lagen und Ordnern nach Unterlagen zu suchen,
damit wir die Machenschaften des NAV-Wirt­
schaftsdienstes besser dokumentieren können.
Und wir wiederholen unsere Bitte, dass Sie an
die Funktionsträger des Virchowbundes heran­
treten. Die Anschriften finden Sie auf unserer
Homepage www.aktionsbund.de. Es han­
delt sich um eine politische Aktion, die poli­
tischen, nicht juristischen Regeln folgt. Wir
brauchen Druck, Masse und einen langen
Atem, um hier etwas zu erreichen. Bitte helfen
Sie sich selbst und Ihren Kollegen!
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
An
NAV Virchow-Bund
– Bundesvorsitzender –
Berlin, April 2008
Sehr geehrter Herr Dr. Bittmann,
unser Verein ist ein anerkannter Verbraucherschutzverein, der die Interessen geschädigter Anleger in geschlossenen
Fondsmodellen vertritt. Unter unseren Mitgliedern ist eine Vielzahl von niedergelassenen Ärzten. Die meisten
dieser Ärzte sind Mitglied in Ihrem Bund und leider auch Geschädigte Ihrer Tochterorganisation, dem NAVWirtschaftsdienst.
Der NAV-Wirtschaftsdienst, der Ihr Logo führt, von Ihnen gegründet wurde, dessen Gesellschafter Sie sind und
auf den Sie in Ihrer Homepage verweisen, hat leider eine erhebliche Anzahl von Ihren Kollegen und Mitgliedern
in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur vollkommenen Existenzvernichtung gebracht.
Der NAV-Wirtschaftdienst hat in den 90-er Jahren mit großer Aggressivität insbesondere Fondsmodelle des sozialen Wohnungsbaus in Berlin und diverse Objekte in den neuen Bundesländern vertrieben. Hierbei traf er auf
vollkommen arglose Kunden, da die Ärzte blind dem Logo Ihres Berufsverbandes, dem NAV Virchow-Bund, vertrauten.
Eine Verlautbarung des NAV-Wirtschaftdienstes aus dem Jahr 1994 beginnt mit folgendem Absatz:
Als Wirtschaftsdienst des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV e. V.) empfehlen wir den Angehörigen der Heilberufe ein steuersparendes Arrangement in dieser Produktgattung (im sozialen Wohnungsbau, der
Verfasser). Sie zeichnet sich nach unserer Überzeugung nicht nur durch ein hohes Maß an Sicherheit, sondern
auch durch eine ausgesprochen attraktive Rendite aus.
Aber nicht nur der NAV-Wirtschaftsdienst bezog sich regelmäßig auf seine Zugehörigkeit zu Ihrem Verband. Auch
Sie selbst, der NAV Virchow-Bund, wirbt stets damit, dass er seinen Mitgliedern Serviceleistungen zum Thema
Kapitalanlagen anbieten kann. Ich möchte Ihnen jetzt nicht Ihr eigenes Werbematerial als Anlage beifügen, da
ich davon ausgehe, dass Sie selber wissen, was Sie versendet haben.
Einige unserer Mitglieder haben sich selbst an Sie gewandt und Sie zu einer Stellungnahme aufgefordert. Leider
kommen aus Ihrem Hause im Wesentlichen nichts sagende und auch herablassende Äußerungen Ihren Kollegen
gegenüber. Das ist schwer verständlich. Es kann nicht angehen, dass Sie sich an der Not der Kollegen bereichern.
Ich fordere Sie deshalb auf, mit uns über eine Lösung in Verhandlung zu treten, die Ihren und unseren Mitgliedern hilft, die persönliche und wirtschaftliche Katastrophe zu vermeiden.
Ich werde Sie in den nächsten Tagen dazu anrufen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lippert
Vorstandsvorsitzender
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
10
Trendwende bei den Prozessen
im Bereich der Medienfonds
Cinerenta und VIP 3 und 4
von Dr. Sigmund P. Martin
Bei den laufenden Prozessen im Bereich der
Medienfonds Cinerenta einerseits und VIP 3
und 4 andererseits zeichnet sich eine sehr po­
sitive Trendwende ab:
Neue Urteile des OLG München bzgl.
Cinerenta
Bei den Cinerenta-Fonds gibt es mittlerweile
drei Urteile des 19. Zivilsenats des Oberlan­
desgerichts München vom 07. 02. 2008 in drei
Parallelverfahren betreffend die Fonds Cineren­
ta II und III. Mit diesen Urteilen wurden die
erstinstanzlichen klageabweisenden Urteile
des Landgerichts München aufgehoben und
die Contor-Treuhand und in einem Verfahren
auch zusätzlich die Cinerenta GmbH wegen
eines Prospektfehlers zum Schadensersatz
verurteilt (OLG München, Urt. v. 07.02.2008,
Geschäftszeichen19 U 3592/07; 19 U
3041/07 und 19 U 5453/06).
Der 19. Senat des OLG München hält den
Verkaufsprospekt der Cinerenta II. und III. KG
deshalb für falsch, weil darin Sondervorteile
(„versteckte Innenprovisionen“) nicht offenbart
und daher die Verwendung der Anlegergelder
im Investitionsplan falsch dargestellt wurden.
Unter Berufung auf die zu Immobilienfonds
entwickelte Rechtsprechung des BGH führt
das OLG München im Urteil vom 07. 02. 2008
(19 U 3592/07) insbesondere überzeugend
aus, dass unabhängig von der Gesamthöhe
der Provisionen die diesbezüglichen Angaben
im Prospekt zutreffend sein müssen und ein
Prospektmangel deshalb auch dann vorliege,
wenn sog. „weiche Kosten“ bei einem Anlage­
modell anfallen und der Anleger dem Prospekt
nicht ohne Weiteres entnehmen kann, in wel­
chem Umfang die von ihm eingezahlten Einla­
genmittel nicht in das Anlagenobjekt fließen,
sondern für Aufwendungen außerhalb der Her­
stellungs- und Anschaffungskosten verwendet
werden.
Das OLG wendet diese Rechtsprechung auch
auf Medienfonds an und führt sehr detailliert
aus, dass ein wesentlicher Prospektmangel bei
einer Irreführungsgefahr über Sondervorteile
gerade bei den Cinerenta-Medienfonds vor­
liegt: Dem Investitionsplan lasse sich hier u. a.
nicht entnehmen, dass die Investor Treuhand
nicht nur eine Pauschalvergütung von 7 % für
die „Eigenkapitalbeschaffung“ sowie auch eine
weitere Pauschalvergütung von 7 % für „Wer­
bung, Gründung und Prospekterstellung“ als
auch das Agio selbst erhalten sollte. Insgesamt
kommt der Senat daher zu der Überzeugung,
dass die Prospekte bei weitem nicht deutlich
genug darauf hinweisen, dass allein aufgrund
des Beitritts ein Unternehmergewinn von 25,4
bzw. 24,4 % bei der Investor Treuhand anfallen
sollte.
Diese zutreffenden Rechtausführungen des
Senats zur Frage der offenbarungspflichtigen
Sondervorteile bzw. „verdeckten Innenprovisi­
onen“ gelten nach Auffassung der Kanzlei
Schirp Schmidt-Morsbach Apel, die mehrere
Sammelklagen im Bereich der Cinerenta
Fonds führt, für alle Cinerenta-Fonds, da allen
Fonds die gleiche Vertriebsstruktur zugrunde
lag und die Sondervorteile für die Investor
Treuhand in allen Fonds gleichermaßen ge­
währt wurden. Der 19. Senat des OLG teilt im
Übrigen auch die von unserer Kanzlei schon
immer vertretene Auffassung, dass die ContorTreuhand als direkter Vertragspartner der künf­
tigen Anleger beim Zustandekommen des Bei­
tritts der Kommanditisten persönliches
Vertrauen in Anspruch genommen hat.
Vor dem Hintergrund dieser Urteile dürften an­
ders ergangene erstinstanzliche Urteile des
Landgerichts München in Zukunft keinen Be­
stand haben.
VIP Medienfonds 3 und 4: Neue
Urteile bieten verbesserte Chancen
für eine außergerichtliche Regelung
In letzter Zeit wurde über erfolgreiche Klagen
gegen die Commerzbank und die HypoVereinsbank (hauptsächlich zu Fonds VIP 4)
berichtet. Die entsprechenden Urteile liegen
uns vor (zu nennen sind dabei insbesondere
die Entscheidungen des LG München I vom
12. 02. 2008, Geschäftszeichen 28 O
15666/07 und vom 15. 01. 2008, Geschäfts­
zeichen 4 O 1908/07). Dabei geht es insbe­
sondere im Fall der bei VIP 4 schuldüberneh­
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
11
menden HypoVereinsbank darum, dass diese
bei dem obligatorischen Darlehensvertrag eine
vorvertragliche Aufklärungspflicht insoweit ver­
letzt hat, als sie nicht ausdrücklich darauf hin­
gewiesen hat, dass die im Prospekt der
Fondsgesellschaft vorgesehene steuerliche
Verlust­zuweisung wegen der Zahlungs- und
Geldflüsse bei der Filmfinanzierung von den
Finanzbehörden angreifbar war.
Die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach Apel,
die bislang noch ein außergerichtliches Vorge­
hen gegen die Banken favorisiert, verfolgt die
Entwicklung sehr genau und wird sich natür­
lich auch Gerichtsentscheidungen zunutze
machen, die im Sinne der Anleger sind. Zu be­
rücksichtigen ist aber zum einen, dass die Ent­
scheidungen, um die es geht, nicht rechtskräf­
tig sind. D.h. die Banken werden gegen die
Urteile in Berufung gehen und der Rechtsstreit
kann sich über mehrere Instanzen hinziehen.
Zum anderen gelten die Entscheidungen nur
für die an dem Prozess konkret beteiligten
Kläger. Ein „Anschluss“ ist verfahrensrechtlich
nicht möglich, nur die Erhebung einer neuen
Klage.
Auch Obergerichte halten den Prospekt des
VIP 4 inzwischen für fehlerhaft. Das OLG Mün­
chen hat deshalb mit der Entscheidung vom
18. 12. 2007, Geschäftszeichen 5 U 3700/07,
die Klageabweisung der Vorinstanz aufgeho­
ben und im Hinblick auf den VIP 4-Medien­
fonds die Plausibilitätsprüfung der Commerz­
bank beanstandet. Der 5. Zivilsenat weist zu
Recht darauf hin, dass eine mit internationaler
Geschäftserfahrung ausgestattete Großbank
wie die Commerzbank, das „Garantiemodell“
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
zu hinterfragen hat, wenn schon aus dem
Prospekt nicht ersichtlich ist, wer anderes für
die von einer Bank in diesem Zusammenhang
immer zu erwartende Einforderung von Sicher­
heiten gut sein könnte, als die Anleger selbst,
die dem Zielfonds erhebliche Eigen- und Fremd­
mittel erst zuführen. Das OLG München
schließt daraus, dass diese, die steuerliche
Unbedenklichkeit erheblich in Frage stellen­
den Hintergründe, den Kunden von der Com­
merzbank hätten aufgezeigt werden müssen.
In einem solchen Fall liege ein Beratungsfehler
vor.
Die Hoffnung der Banken, die in den Fonds
als „garantierende“ Schuldübernehmer fungier­
ten (Dresdner Bank bei VIP 3 und HypoVer­
einsbank bei VIP 4) bzw. die Fonds vermittelten
(insbesondere die Commerzbank sowie weitere
Banken, wie z. B. die Berliner Volksbank), dass
die Klagen der Anleger einer gerichtlichen Über­
prüfung nicht standhalten würden, haben sich
damit zerschlagen. Vor diesem Hintergrund
sieht die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel erhöhte Aussichten, die Banken zu einer
außergerichtlichen Regulierung der Schadens­
ersatzansprüche der Anleger zu bewegen.
Wenn die außergerichtliche Lösung greift, wird
sie wesentlich schneller zu einer Schadenser­
satzleistung der Banken führen als ein Prozess
über mehrere Gerichtsinstanzen. Insoweit soll
daher in Kürze ein neuer Vorstoß gegen die
Banken unternommen werden. Sollte sich in
den nächsten Wochen nichts bewegen, wird
auch die Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel eine Klage vorbereiten.
12
Denise Kafka
Rechtsanwältin
Ausbildung:
Studium der Rechtswissenschaften
an den Universitäten Bayreuth, Paris I
(Diplôme en droit communautaire)
und zu Köln
Beruflicher Werdegang:
Referendariat in Düsseldorf, Köln und
New York, seit 2003 Rechtsanwältin,
Tätigkeit in den Bereichen Handelsund Gesellschaftsrecht sowie
Wettbewerbsrecht, Marken- und
Urheberrecht
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-40
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
Großer Erfolg in den Klagen
gegen die Abschaffung des
Minderheitenschutzes:
OLG Nürnberg entscheidet im LBB-Fonds 3
zugunsten der Anleger
von Denise Kafka
Die erstinstanzliche Rechtsprechung in den
Verfahren, in denen sich Fondsanleger gegen
die von der IBV initiierten Beschlussfassungen
zur Aufhebung des Minderheitenschutzes
wenden, hat noch kein eindeutiges Bild erge­
ben. Nunmehr hat erstmals ein Obergericht
(Oberlandesgericht Nürnberg, Az. 12 U
2035/07) (Fußnote: Berufungsverfahren über
das Urteil des LG Nürnberg-Fürth, Az. 1 HK O
8357/06) in einem von der Sozietät Schirp
Schmidt-Morsbach Apel geführten Klagever­
fahren am 26. 03. 2008 entschieden. Die Ent­
scheidung ist zugunsten der Anleger ausge­
fallen: Die mithilfe der Stimmen der
Mehrheitsgesellschafterin Fintech 21
gefassten Beschlüsse sind nichtig.
Wie bereits im Anlegerschutzbrief 3/2007 be­
richtet, dient die von der IBV und der Fintech
21 verfolgte Abschaffung des Minderheiten­
schutzes dazu, dass zukünftig die Stimmkraft
der in den Fonds verbliebenen Anleger wich­
tigen Strukturveränderungen in den Fonds,
wie z. B. dem Verkauf der Immobilien oder
strukturellen Veränderungen der Aufsichtsgre­
mien, nicht mehr im Weg stehen kann. Damit
wird dann auch die Entwertung bzw. die Auf­
hebung der Anteilsandienungsgarantien ein­
hergehen.
Das Oberlandesgericht Nürnberg schiebt die­
sem Vorhaben der IBV einen Riegel vor. Das
OLG sieht die Minderheitsgesellschafter
durch die Beschlussfassungen in dem Kern­
bereich ihrer Mitgliedschaftsrechte verletzt.
Dies führt zur Nichtigkeit der Beschlüsse.
Nach Ansicht des Gerichts gehöre die von
den Anlegern zum Zeitpunkt der Beitritte vor­
gefundene Struktur der Fondsgesellschaft zu
einem besonders schützenswerten Bereich
ihrer Rechte, auf deren Bestand sie vertrauen
dürfen. Mehrheitsentscheidungen, die das
Gesellschaftskonzept, zu welchem auch die
Minderheitenschutzrechte gem. § 16 Abs. 2
Sätze 2 und 3 der Gesellschaftsverträge ge­
hörten, nachträglich veränderten, seien nicht
zulässig.
Es ist fraglich, ob gegen dieses Urteil die Re­
vision durchgeführt wird. Das Oberlandesge­
richt hat sie nicht zugelassen. Das Land Berlin
müsste nun zunächst die Nichtzulassungsbe­
schwerde anstreben. Derartige Nichtzulas­
sungsbeschwerden bleiben aber, statistisch
betrachtet, in aller Regel erfolglos. Das Urteil
des OLG Nürnberg wird daher für den LBB 3
voraussichtlich „das letzte Wort“ bleiben. Aber
auch die anderen noch in Berlin anhängigen
Verfahren könnten dadurch in einem für die
Anleger sehr positiven Sinne beeinflusst wer­
den.
Für die in den Fonds verbliebenen Anleger
bedeutet die obergerichtliche Entscheidung
Folgendes: Die Erfolgschancen der Klagen
gegen die Beschlussfassungen zur Abschaf­
fung des Minderheitenschutzes in den Fonds
LBB 4, 5, 6, 7 und im BerlinHyp Fonds Eins
sind entgegen den Mitteilungen der IBV
durchaus gegeben. Es gilt jedoch weiter, dass
jeder in einem der LBB-Fonds verbliebene
Anleger bei kommenden Beschlussfassungen
die Wahrung seiner Rechte grundsätzlich
selbst in die Hand zu nehmen hat, und sich in­
nerhalb kurzer Zeit (d.h. weniger als einem
Monat) überlegen sollte, ob er gegen einen
Beschluss vorgehen möchte. Der AAA wird
immer versuchen, die Prozesse einzelner An­
leger zu organisieren, ist aber auf Ihre Hilfe­
stellung angewiesen.
Aber wie auch immer: In unserem Kampf um
die Bewahrung des Minderheitenschutzes ist
ein weiterer großer Erfolg geglückt. Und in
den Fonds, in denen der Minderheitenschutz
erhalten bleibt, kann das Land nicht gegen
den Willen der Anleger die Immobilien verkau­
fen und den betreffenden Fonds liquidieren.
Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein,
bis sich der Senat endlich mit den Prospekt­
haftungsklägern zusammensetzt und eine ab­
schließende Einigung ausarbeitet.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
13
Fonds der Bankgesellschaft
Sachstandsbericht per 19. 03. 2008
von Kerstin Kondert und Dr. Wolfgang Schirp
Seit unserem letzten Sachstandsbericht aus
dem November 2007 ist einiges geschehen,
sodass wir Sie mit unserem nachstehenden Be­
richt auf den aktuellen Stand zu den Fonds der
Bankgesellschaft bringen wollen, deren Anleger
wir gemeinsam beraten und vertreten. Dabei
berichten wir zunächst unter I. über den allge­
meinen Hintergrund und die Entwicklungen auf
Fondsebene, zu II. über den weiteren Verlauf
der Prospekthaftungsklagen, die für die von uns
beratenen Anleger weiterhin positiv verlaufen,
unter III. über den Streit um die Abschaffung
des Minderheitenschutzes in den Fonds, der
ebenfalls eine vielversprechende Entwicklung
nimmt, und ziehen unter IV. unser Zwischenfazit.
I. Allgemeines/Entwicklungen auf
Fondsebene
1.1 Die „Weihnachtsbotschaft“ der IBV
Zwischen Weihnachten und Silvester 2007 er­
hielten die Anleger nahezu aller Fonds der IBV
das inzwischen im Kreis der Betroffenen liebevoll
als „Weihnachtsbotschaft“ titulierte Rundschrei­
ben der IBV vom 21. 12. 2007. Die IBV wies in
diesem Rundschreiben darauf hin, dass es in den
Fonds durch die in der Vergangenheit geleisteten
Ausschüttungen zum Wiederaufleben der Kom­
manditistenhaftung gekommen sei, mit der Folge,
dass im Falle einer wirtschaftlichen Krise die
Ausschüttungen zurückgezahlt werden müssten.
Dies könne auch dann der Fall sein, wenn die fi­
nanzierenden Banken aufgrund der gesunkenen
Ertragswerte der Fondsimmobilien Sicherheiten­
verstärkung verlangen würden. Das Schreiben
endete mit dem Hinweis, dass einer Inanspruch­
nahme vorgebeugt werden könne, würde man
freiwillig die Ausschüttungen zurückzahlen.
Verständlicherweise hat die „Weihnachtsbot­
schaft“ für erhebliche Unsicherheit und Irritation
gesorgt. Wie wir hörten, soll eine ganze Reihe von
Anlegern tatsächlich aus lauter Sorge vor Schwie­
rigkeiten die freiwillige Zahlung geleistet haben,
worauf man im Hause der IBV aber wohl nicht vor­
bereitet war. Die Folge: Zahlungseingänge auf
Konten, auf denen sie nicht zugeordnet werden
konnten, massenhafte Anrufe, die die Telefon­
zentrale lahmlegten, wütende und verängstigte
Angriffe seitens der Zeichner. Und dann das Zu­
rückrudern der IBV: Das Schreiben sei höchst
vorsorglich versandt worden, aber kein Hinweis
auf eine Krise. Selbstverständlich sei dies noch
keine Zahlungsaufforderung gewesen, die Situa­
tion der Fonds sei weiterhin in Ordnung.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Das muss die IBV allerdings auch sagen, weil
sie sonst ihre in den Prospekthaftungsprozes­
sen laufend geäußerte Behauptung, den Anle­
gern sei durch die Fondsbeteiligungen kein
Schaden entstanden, selbst ad absurdum füh­
ren würde. Aber ob einfaches Bestreiten ange­
sichts der Fakten reichen wird?
Hier spielt auch eine Rolle, dass bei einer
ganzen Reihe von Fonds im Jahresabschluss
2006 außerordentliche Wertberichtigungen auf
die Immobilien vorgenommen wurden, die mit
den gesunkenen Ertragswerten begründet wer­
den. Auch angesichts dieses Umstands lässt
sich die Behauptung nicht aufrechterhalten, die
Fonds seien in ihrem Wert nicht gemindert.
Nach unserer Auffassung wäre es aber gar
nicht so einfach, im Falle der Insolvenz der
Fonds die Zeichner zu Ausschüttungsrückzah­
lungen zu zwingen, wenn zwischen ihnen
und der Hans Köning GmbH noch das
Treuhandverhältnis besteht und sie selbst
nicht im Handelsregister eingetragen sind.
Denn gemäß § 171 Abs. 1 HGB haftet nur „der
Kommanditist" den Gesellschaftsgläubigern per­
sönlich. Kommanditist ist derjenige Gesellschaf­
ter, dessen Haftung gegenüber den Gesell­
schaftsgläubigern auf den Betrag seiner Einlage
begrenzt ist (vgl. § 161 HGB). Bei Treuhand­
konstellationen ist nur der Treuhänder Gesell­
schafter der KG, die einzelnen Treugeber sind es
dagegen nicht (so ausdrücklich Baumbach/
Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008, § 105 Rdnr. 31).
Dies gilt nicht nur im Innenverhältnis, sondern
ausdrücklich auch im Außenverhältnis gegenü­
ber Dritten (Baumbach/Hopt, a.a.O., unter Beru­
fung auf BGHZ 3, 360; 32, 29; 76, 130). Das
heißt: Außenstehende Gläubiger können bezüg­
lich des Haftungsanteils von Treugeber-Kom­
manditisten ausschließlich an die Köning GmbH
herantreten, nicht aber an den einzelnen Treuge­
ber-Kommanditisten, den sie im Übrigen wahr­
scheinlich nicht einmal kennen (es sei denn, die
IBV informiert sie darüber, was sie grundsätzlich
jedoch nicht darf). An den einzelnen TreugeberKommanditisten kommen bzw. kämen sie nur
heran, wenn sie aus abgetretenen Freistellungsbzw. Aufwendungsersatzansprüchen der Köning
GmbH gegen ihn vorgingen. Derartigen Ansprü­
chen könnten aber Prospekthaftungsansprüche
aufrechnungshalber entgegengehalten werden.
Es würde also nur eine neue Baustelle eröffnen,
würde man versuchen, von den Zeichnern direkt
die Ausschüttungen zurückzufordern.
Kerstin Kondert
Dipl.-Betriebsökonom (BI),
geschäftsführende Gesellschafterin
der K&M Beratung und
Management GmbH
Ausbildung:
Studium Englisch
und Geografie, Ausbildung zur
Köchin, berufsbegleitendes
Studium BWL und Ausbildung
zur Mediatorin
Berufliches:
Seit 1988 in der Immobilienbranche tätig, Schwerpunkte zunächst
Konzeption, Finanzierung und Prospektierung geschlossener Immobilienfonds, Entwicklung von Sanierungskonzepten für Not leidende Fonds,
Handelsrichterin am Landgericht
Berlin, Referentin, diverse Fachveröffentlichungen.
Kontakt:
K&M Beratung und Management
GmbH, Knesebeckstr. 83
10623 Berlin
Tel.: 0 30/88 71 51-0
Fax: 0 30/88 71 51-10
E-Mail:
[email protected]
www.km-management.com
14
1.2 Insolvenzgefahr für die Fonds?
Die Zeitschrift Immobilienmanager hat die
aktuelle Entwicklung um die Fonds der Bankge­
sellschaft aufgegriffen und – wie das im verant­
wortungsbewussten Journalismus üblich ist –
um Stellungnahme aller beteiligten Parteien
gebeten. Zu unserer großen Überraschung hat
der Berliner Finanzsenator gegenüber der Zeit­
schrift erstmals geäußert, dass die Insolvenz der
Fonds nicht auszuschließen sei. Diese Aussage
geht weit über alle bisherigen Äußerungen hin­
aus und stellt die Weihnachtsbotschaft der IBV
in einen größeren Zusammenhang.
Aber was würde die Insolvenz der Fonds
bedeuten?
Wäre darüber hinaus im Insolvenzfall etwas zu
gewinnen? Wir meinen, dass dies nicht der Fall
ist, und zwar aus folgenden Gründen:
Im Rahmen der Abfindungsangebote hat das
Land Berlin, vertreten durch die FinTech, auch
die Haftung für die in der Vergangenheit geleis­
teten Ausschüttungen übernommen. Der Re­
gierende Bürgermeister von Berlin veröffentli­
cht gemeinsam mit dem Finanzsenator
Quartalsberichte, in denen über die Entwick­
lung um das Immobiliendienstleistungsge­
schäft, das zwischenzeitlich von der Bankge­
sellschaft auf das Land Berlin übergegangen
ist, berichtet wird. Am 14. 02. 2008 wurde der
Bericht über den Sachstand per 30. 09. 2007
erstellt. Wir haben diese Zahlen in Abgleich mit
den von uns für die Fonds gesammelten Daten
gebracht und stellen dies nachfolgend dar:
Fonds
Gesamtaufwand lt.
Prospekt
Eigenkapital lt. ggf. rückzahlProspekt
bare Ausschüttung (Schreiben
vom 21. 12. 2007)
Da bei den Fonds LBB 9 bis 11 ab dem
01. 01. 2008 die Abfindungsangebote ohne
steuerliche Nachteile angenommen werden
konnten, ist davon auszugehen, dass sich bei
diesen Fonds der Anteil des Landes Berlin ge­
genüber den zuletzt veröffentlichten Zahlen
noch wesentlich geändert hat. Die Summe der
Ausschüttungen, die das Land Berlin im Falle
der Insolvenz der Fonds ggf. zurückzahlen
müsste, beliefe sich daher bereits per heute
auf mindestens 500 Mio. € – einen Betrag,
der weder im Landeshaushalt berücksichtigt
ist, noch aus unserer Sicht politisch vertretbar
erscheint.
1. Das Land Berlin könnte über die Verwertung
der Immobilien nicht selbst bestimmen. Dies
würde dann der Insolvenzverwalter tun müs­
sen (übrigens ein sehr lukrativer Auftrag für
einen Insolvenzverwalter).
2. Die Garantieansprüche der Fonds gegen­
über den Garanten würden weiter bestehen.
Ein Insolvenzverwalter wäre im Interesse der
Gläubiger (im Wesentlichen die finanzie­
renden Banken) verpflichtet, diese Ansprü­
che mit aller Kraft weiterzuverfolgen und
nach Möglichkeit durchzusetzen.
Anteil Land
Berlin an
Fonds per
30. 09. 2007
Anteil Land Berlin an ggf. zurück­
zu­zah­lender Ausschüttung
Anteil Anleger
an ggf. zurückzu­
zah­lender Ausschüttung
LBB 3
175.373 T €
70.149 T €
50,00 %
90,95 %
31.900 T €
3.174 T €
LBB 4
280.286 T €
106.942 T €
49,28 %
91,13 %
48.026 T €
4.675 T €
LBB 5
655.451 T €
225.377 T €
44,50 %
89,23 %
89.495 T €
10.802 T €
LBB 6
298.837 T €
105.306 T €
40,51 %
89,40 %
38.138 T €
4.522 T €
LBB 7
434.816 T €
151.342 T €
43,65 %
89,28 %
58.979 T €
7.082 T €
LBB 8
361.995 T €
126.698 T €
48,38 %
89,54 %
54.885 T €
6.412 T €
LBB 9
686.521 T €
217.299 T €
33,95 %
21,60 %
15.935 T €
57.838 T €
LBB 10
787.325 T €
252.067 T €
40,58 %
16,68 %
17.062 T €
85.227 T €
LBB 11
410.752 T €
132.118 T €
31,61 %
19,05 %
7.956 T €
33.807 T €
LBB 12
901.975 T €
271.598 T €
29,12 %
15,92 %
12.591 T €
66.498 T €
LBB 13
1.037.127 T €
300.767 T €
28,79 %
19,95 %
17.275 T €
69.316 T €
IBV D 1
503.204 T €
139.777 T €
18,47 %
23,54 %
6.077 T €
19.740 T €
IBV D 2
851.174 T €
227.965 T €
19,52 %
40,47 %
18.009 T €
26.490 T €
IBV D 3
538.293 T €
192.340 T €
31,06 %
43,49 %
25.981 T €
33.760 T €
Bavaria Ertrag 1
68.513 T €
22.838 T €
37,95 %
31,15 %
2.700 T €
5.967 T €
Berlin Hyp 1
91.521 T €
41.185 T €
23,46 %
68,99 %
6.666 T €
2.996 T €
Berlin Hyp 2
109.928 T €
109.928 T €
15,19 %
75,97 %
12.685 T €
4.013 T €
8.193.091 T €
2.693.695 T €
464.360 T €
442.317 T €
Summe
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
15
3. Die wahrscheinliche Folge eines Insolvenz­
antrags bei den Fonds, bei denen die Abfin­
dungsangebote noch nicht steuerfrei ange­
nommen werden können, wäre die sofortige
Annahme der Angebote durch die Zeichner
trotz Steuerschaden. Der Anteil des Landes
Berlin an den Fonds und damit an den zu­
rückzuzahlenden Ausschüttungen würde
sich erhöhen, die Kaufpreise aber dennoch
gezahlt werden müssen. Dann würden noch
erheblich höhere Beträge vom Land Berlin
sofort zu zahlen sein.
Auszuschließen wären diese Folgen nur, wenn
das Land Berlin in hohem Maße Einfluss auf den
Insolvenzverwalter ausüben könnte. Aber kann
die politische Macht so weit gehen, die gesetz­
lich vorgesehenen Regelungen auszuhebeln?
Wir wissen nicht, warum der Berliner Finanzse­
nator auf einmal die Insolvenz der Fonds als
denkbare Entwicklung in den Raum stellt,
nachdem dies über lange Zeit bestritten wurde.
Denkbar ist, dass auf diesem Weg die Anleger
einfach nur weiter eingeschüchtert und zur ggf.
steuerschädlichen Annahme der Angebote ani­
miert werden sollen. Aber wirtschaftlich
sinnvoll kann die Insolvenz der Fonds
weder für das Land Berlin noch für die
Anleger sein. Anderseits kann sich das wirt­
schaftliche Risiko für das Land Berlin durch In­
solvenz der Fonds sogar noch deutlich erhö­
hen. Grund der Insolvenz wären in erster Linie
die nicht ausgezahlten Garantieansprüche.
Sollte sich später herausstellen, dass die An­
sprüche begründet sind (was wir nach dem
bisherigen Verlauf der gerichtlichen Verfahren
um diese Ansprüche für überwiegend wahr­
scheinlich halten), hätte allein das Land Berlin
die Insolvenz mit allen Folgeschäden zu verant­
worten und würde sich ggf. noch weiteren
Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sehen.
1.3 Verhandlungen auf Fondsebene
Von den Verhandlungen auf Fondsebene, bei
denen es um die Garantieansprüche und An­
sprüche der Fondsgesellschaften gegenüber
der IBV geht, hören wir derzeit wenig, was uns
allerdings auch nicht überrascht. Die Dinge
schleppen sich von Anfang an vor sich hin.
Aber wir halten dennoch für wahrscheinlich,
dass irgendwann im zweiten Quartal Ver­
gleichsangebote vorgelegt werden, bei denen
die Fonds erhebliche Abstriche auf ihre An­
sprüche machen sollen. Allerdings schließen
wir auch nicht aus, dass die Verhandlungen
über den 30. 06. 2008 hinaus (bis dahin wurde
der Verzicht auf Einrede der Verjährung zuletzt
verlängert) noch weiter gezogen werden. Jeder
Monat, der weiter verhandelt wird, bedeutet ei­
nen weiteren Monat Zahlungsaufschub für die
Garanten – und einen weiteren Monat zur Aus­
schüttung fehlende Liquidität bei den Fonds.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Sofern Vergleichsvorschläge vorgelegt werden,
rechnen wir damit, dass deren Annahme seitens
der IBV dringend mit der Begründung empfoh­
len wird, dass nur die Annahme des Vergleichs
einen sofortigen Liquiditätszufluss bewirken und
nur ein solcher das Verlangen der Banken nach
Sicherheitenverstärkung, und daraus folgend
auch die Insolvenz, verhindern würde. Es spricht
viel dafür, dass die „Weihnachtsbotschaft“ die­
sen Weg schon vorbereiten sollte.
Ansonsten ist das Verhalten von IBV, FinTech
und Kollegen in diesem Jahr bisher eher irritie­
rend. Im IBV Fonds International 1 wurde –
wiederum mit der kürzest möglichen Ladungsfrist
von zehn Tagen – eine Gesellschafter­versamm­
lung einberufen, auf der über den Verkauf der
Immobilien abgestimmt werden sollte. In diesem
Fonds ist dieser Weg bereits seit mehr als
einem Jahr geplant und auch aus unserer Sicht
sinnvoll, sofern vernünftige Kaufpreise verhan­
delt werden können. Aber die Verkaufsprognosen, die vor neun Monaten noch einen
Eigenkapitalrückfluss von rd. 74 % unterstellten, mussten inzwischen schon deutlich nach unten korrigiert werden. Die Ver­
sammlung selbst war dann jedoch eher unter
„Witz“ abzuhaken. Der Verkauf wurde gar nicht
zum Beschluss gestellt, weil die landeseigenen
Gesellschaften, die rd. 65 % der Fondsanteile
halten, noch nicht alle steuerlich und wirtschaft­
lich relevanten Fragen geklärt hätten. Wusste
man das tatsächlich zehn Tage vor der Ver­
sammlung noch nicht? Stimmen sich IBV und
FinTech bzw. der Berliner Senator überhaupt
nicht miteinander ab? Ergebnis der Versamm­
lung: Außer Spesen nichts gewesen.
Hoffen wir, dass den Beteiligten diese Erfahrung
zu lehrreichen Erkenntnissen verholfen hat und
dass vor den nächsten Gesellschafterversamm­
lungen wenigstens die Abstimmung zwischen
Fondsgeschäftsführung und Großgesellschafter
so weit erfolgt, dass die geplanten Tagesord­
nungen nicht von vornherein obsolet werden.
II. Die Prospekthaftungsklagen
Die Prospekthaftungsklagen, in denen seit No­
vember 2007 weitere mündliche Verhand­
lungen stattgefunden haben, verlaufen für die
durch uns beratenen Anleger weiterhin auf
gutem Weg. In einer Reihe von Streitpunkten
wissen wir inzwischen bedeutend genauer,
welche Nachweise wir vorlegen müssen, damit
der optimale Erfolg für die Anleger erzielt wer­
den kann.
2.1 Nachweis der Prospektfehler, keine
Verjährung
In nahezu allen Fonds liegen bereits für Einzel­
kläger erstinstanzliche Urteile (Landgericht
Berlin) vor, in einigen Fällen auch bereits Urteile
16
in der zweiten Instanz (Kammergericht Berlin).
Die von der Kanzlei Schirp Schmidt-Morsbach
Apel geführten Verfahren, die auf der wirt­
schaftlichen Seite von der K&M GmbH betreut
werden, verliefen weit überwiegend für die Klä­
ger erfolgreich. Substanzielle Prospektfehler wurden in nahezu allen Verfahren bestätigt. Die Frage, ob die Ansprüche
verjährt sein könnten, ist inzwischen
praktisch vom Tisch, und die Prospektverantwortung der IBV wurde durchgehend bejaht.
Bei den Fonds Bavaria Ertrag 2, Berlin Hyp 1
und Berlin Hyp 2 wurden erstmals Einzelklagen,
in denen die Anleger durch RA Dr. Wolfgang
Schirp vertreten werden, mündlich verhandelt.
Insbesondere in der Verhandlung zum Bavaria
Ertragsfonds 2, zu dem im Vorfeld bereits eine
Reihe von von anderen Kanzleien geführten
Verfahren verloren wurde, trat deutlich zutage,
dass unsere interdisziplinäre Kooperation
den wesentlichen Unterschied bedeutet:
Am 11. 03. 2008 wurde in unserem Verfahren
das Urteil zugunsten der Anlegerin verkündet, in
welchem die zuständige Kammer beim Landge­
richt Berlin ausführlich begründet, warum sie in
nahezu allen Aspekten unseren Argumenten folgt und die Prospektfehler bestätigt. In diesem Fonds konnten wir das Blatt
wenden, weil wir zu den Hintergründen der
Fondskonzeption und den tat­sächlich abge­
schlossenen Verträgen, die den Fonds und die
Anleger benachteiligen, weit umfangreichere
Nachweise erbracht haben, als dies in anderen
Verfahren der Fall war, von denen wir Kenntnis
haben. Verurteilt wurde im Übrigen neben
der IBV auch die Hans Köning GmbH als
Treuhandkommanditistin.
§
Die Hintergrundrecherche ist extrem arbeits­
aufwändig und mühsam – aber die Mühe lohnt,
wenn sie zu den Ergebnissen führt, die wir bis­
her erzielen konnten. Insofern werden wir mit
dieser Arbeit auch nicht aufhören, bis die Ver­
fahren endgültig abgeschlossen sind. Einfacher
wird es für uns auch dadurch, dass über unse­
re Arbeit an den Fonds, die wir nun immerhin
schon fünf Jahre betreiben, unser Kontaktnetz
so groß geworden ist, dass wir noch laufend
weitere Unterlagen erhalten. Auf diesem Weg
können wir nicht nur die bereits bekannten Pro­
spektfehler noch nachdrücklicher belegen, wir
entdecken tatsächlich auch immer wieder noch
neue Fehler.
2.2 Mitverurteilung der LBB
Wie wir bereits früher berichtet haben, wurde
in nahezu allen Verfahren die LBB nicht als pro­
spektverantwortlich mit verurteilt, was wir ange­
sichts der Tatsache, dass sie der überwiegenden
Zahl der Fonds sogar ihren Namen verliehen
hat, nach wie vor nicht nachvollziehen können.
Hier hat jedoch das Kammergericht Berlin ein
richtungweisendes Urteil gesprochen. Danach
können wir davon ausgehen, dass die LBB in
allen Fällen, in denen wir ihre Kenntnis
von den Prospektfehlern bei Prospekt­
herausgabe bzw. während der Platzierung
nachweisen können, mit verurteilt werden
wird. Seit Vorliegen dieses Urteils haben wir ei­
nen Schwerpunkt unserer Recherchen darauf
verlegt, diese Kenntnis anhand von Unterlagen
nachzuweisen, und dabei bereits gute Fort­
schritte erzielt. Wir gehen davon aus, dass es
künftig zumindest in einigen Fonds gelingen wird,
auch die Verurteilung der LBB zu erreichen.
2.3 Keine schadensmindernde Anrech­
nung von Steuervorteilen und
Anrechnung des entgangenen Ertrags
aus Alternativanlage
Nachdem die Ansprüche dem Grunde nach
wie oben erläutert im Wesentlichen geklärt
sind, geht es jetzt im Wesentlichen noch um
die Ermittlung des entstandenen Schadens der
Höhe nach. Bei dieser Frage gibt es zwei
Hauptstreitpunkte:
1. Ersatz des entgangenen Gewinns aus
Alternativanlage
2. Berücksichtigung von Steuervorteilen aus
der Beteiligung
Die Schadenersatzklage aus Prospekthaftung ist
grundsätzlich darauf gerichtet, den Anleger so
zu stellen, als hätte er sich am Fonds nicht betei­
ligt. Diese Zielrichtung ist auch folgerichtig, da
davon auszugehen ist, dass bei vollständiger
Aufklärung über die Kapitalanlage die Zeich­
nungsentscheidung nicht getroffen worden wä­
re. Hätte sich der Anleger gegen die Fondsbe­
teiligung entschieden, hätte er sein Eigenkapital
und das Agio nicht für die Beteiligung ausgege­
ben. Eigenkapital und Agio sind daher zunächst
der Ausgangsbetrag zur Ermittlung des Scha­
dens. Aus den obigen Überlegungen folgt ferner
grundsätzlich richtig, dass alle negativen Folgen
aus der Beteiligung den Schaden erhöhen, alle
positiven Folgen aus der Beteiligung den Scha­
den mindern. Beide Folgen wären ohne die Be­
teiligung nicht eingetreten. Positive Folgen aus
der Beteiligung waren die Ausschüttungen, so­
dass diese schadensmindernd abgezogen wer­
den müssen. Diese Auffassung wird von allen
Beteiligten geteilt und ist unstreitig.
2.3.1 Kein Abzug von Steuervorteilen
Zusätzlich zur Ausschüttung wurden jedoch in
den meisten Fonds Steuervorteile erzielt, sodass
sich die Frage stellt, ob auch diese schadens­
mindernd in Abzug zu bringen sind. Die
höchstrichterliche Rechtsprechung gibt hierzu
noch keine klaren Anweisungen. Durch die
Rechtsprechung geregelt sind jedoch folgende
Aspekte:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
17
4Steuervorteile sind nur dann in Abzug zu
bringen, wenn sie endgültig sind.
4Steuervorteile sind nicht zu berücksichtigen,
wenn sie geringfügig sind.
4Steuervorteile sind nicht zu berücksichtigen,
wenn der Kläger sich bei der Entscheidung
für eine Alternativanlage ebenfalls für eine
steuerbegünstigte Anlage entschieden
hätte.
Hier ist zunächst strittig, ob die Steuervorteile
aus der Beteiligung tatsächlich endgültig ver­
bleiben. In dieser Hinsicht bestehen zumindest
Risiken; unsere Argumentation wird maßgeb­
lich durch ein aktuelles Urteil des BGH (V ZR
284/06) vom 30. 11. 2007 gestützt, sodass wir
bereits in dieser Hinsicht Bewegung in unsere
Richtung sehen.
In einigen der Fonds (z. B. Bavaria Ertrag 2,
Berlin Hyp-Fonds, IBV International-Fonds)
wurden nur extrem geringe, per Saldo über­
haupt keine Steuervorteile oder sogar steuer­
liche Nachteile erzielt. Mit der Frage, ob in die­
sem Fonds die Steuervorteile überhaupt
ermittelt werden müssen, befasst sich das
Landgericht Berlin derzeit. Wir sind der Auffas­
sung, dass bei diesen Fonds unter Anwendung
der BGH-Rechtsprechung Steuervorteile keine
Berücksichtigung finden dürfen, und glauben
auch, dass die Gerichte dieser Überlegung
letztlich folgen werden.
Sofern Steuervorteile in einer Höhe erzielt wur­
den, bei der man trefflich darüber streiten kann,
ob sie geringfügig sind oder nicht, stellt sich
die Frage, ob die Anleger als Alternativanlage
eine ebenfalls steuerbegünstigte Alternativanla­
ge gewählt hätten. Wir haben im Laufe der letz­
ten Monate die Unterlagen gesammelt, anhand
derer dies nachgewiesen werden kann. In einer
Vielzahl der Fälle ist dieser Nachweis möglich,
sodass wir davon ausgehen, dass auch in die­
sen Fällen Steuervorteile nicht zur Anrechnung
gelangen.
Es bedeutet einen immensen Arbeitsaufwand,
den Sachvortrag für jeden einzelnen Kläger in
der aus heutiger Sicht erforderlichen Form auf­
zubereiten. Aber auch hier sind wir in Koopera­
tion tätig und nutzen die Resourcen unserer
beiden Unternehmen, sodass die Aufbereitung
bereits sehr weit gediehen ist und wir dieser
Auseinandersetzung gelassen entgegensehen
können.
2.3.2 S chadenerhöhende Anrechnung des entgan­
genen Ertrags aus Alternativanlage
Nach der allgemeinen Lebenswahrscheinlich­
keit – und diese Auffassung teilt auch der
Bundesgerichtshof – wäre die Anlagesumme
nicht ungenutzt geblieben, sondern anderweitig
investiert worden. Der entgangene Ertrag aus
dieser entgangenen Anlage ist daher schaden­
erhöhend zu berücksichtigen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Wenn es sich bei der Alternativanlage um eine
steuerbegünstigte Anlage handelt, muss nach
dem bisherigen Verlauf der Verfahren wie unter
2.3.1 dargestellt im Einzelfall dazu vorgetragen
werden. Überzeugt dieser Vortrag, so stellt sich
weiter die Frage, welche Erträge über die Steu­
ervorteile hinaus aus der Alternativanlage erzielt
worden wären. Diese Erträge, die dem Kläger
entgangen sind, weil er sich eben nicht für die
Alternativanlage entschieden hat, bilden nach
unserer Auffassung in Übereinstimmung mit
der BGH-Rechtsprechung einen Teil des
Schadens.
Spielen Steuervorteile jedoch keine Rolle, so
setzt der BGH die Darlegungslast deutlich her­
unter. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist
dann der Ertrag zu ersetzen, der nach der Le­
benswahrscheinlichkeit hätte erzielt werden
können. Wir haben grundsätzlich einen entgan­
genen Ertrag in Höhe von 4 % p. a. auf die Be­
teiligungssumme zzgl. Agio angesetzt, weil die­
ser Zinssatz im Durchschnitt der letzten zehn
Jahre mit Pfandbriefen, festverzinslichen Wert­
papieren und vergleichbar sicheren Anlage­
formen mindestens zu erzielen war.
In beiden Aspekten, den Steuervorteilen und
dem entgangenen Ertrag aus Alternativanlage,
ist nach dem bisherigen Verlauf der Verfahren
nunmehr im Wesentlichen klar, in welchem
Umfang vorgetragen werden muss. Wir gehen
daher davon aus, letztlich mit beiden Argu­
menten durchzudringen, sodass im Fall des
Obsiegens tatsächlich der vollständige Scha­
den, der den Anlegern entstanden ist, auch
ausgeglichen wird.
III. Gegenwehr gegen die Abschaffung
des Minderheitenschutzes
Die Gesellschaftsverträge der Fonds sehen alle
seit Gründung in § 16 Nr. 2 vor, dass „existen­
zielle“ Beschlüsse nur mit qualifizierten Mehr­
heiten gefasst werden dürfen, und zwar umso
höheren, je mehr Stimmen sich in der Hand ei­
ner Gruppe von bis zu fünf Personen befinden.
Der Grund ist klar: Man wollte durch Einfüh­
rung dieser Klauseln dem Argument entgegen­
wirken, dass die Bankgesellschaft entweder
gleich zu Beginn des Fonds bei einer Inan­
spruchnahme aus der Schließungsgarantie
oder später, wenn zahlreiche Anleger das An­
dienungsrecht ausüben sollten, den Fonds an
den verbleibenden Anlegern vorbei beherr­
schen könne. Und genau das, was damals
durch Einführung dieser Klauseln verhindert
werden sollte, soll jetzt durch Änderung der
Gesellschaftsverträge ermöglicht werden, da­
mit das Land Berlin die Fonds nach eigenem
Ermessen liquidieren kann.
18
Die Änderungen des Gesellschaftsvertrages
sollen in den Fonds regelmäßig im Wege der
schriftlichen Beschlussfassung herbeigeführt
werden. Und zwar geschieht dies nach unseren
bisherigen Erfahrungen immer dann, wenn bei
der FinTech bereits so viele Gesellschaftsan­
teile liegen, dass das Erreichen der hierfür er­
forderlichen 3/4-Mehrheit für die Änderung des
Gesellschaftsvertrages wahrscheinlich ist, die
FinTech aber (noch) nicht so viele Anteile hält,
dass bereits eine Mehrheit von 90 % für die
Änderung des Gesellschaftsvertrags stimmen
muss.
Diese Rechnung, die nach unserer Auffassung
der Wahl des Zeitpunkts für die schriftlichen
Beschlussverfahren zugrunde liegt, ging in der
Vergangenheit häufig jedoch nicht auf.
Die entsprechenden Abstimmungen sind dann
so oft wiederholt worden, bis sich irgendwann
die nötige Mehrheit ergab. Verhindern lässt
sich das nicht, aber es belastet die Fonds im­
mer wieder mit neuen Kosten für die Aussen­
dungen.
Was bedeutet es, wenn der Minderheiten­
schutz fällt?
Zunächst hat die FinTech und damit das Land
Berlin dann die Möglichkeit, die Gesellschafts­
verträge jederzeit nach eigenem Ermessen zu
ändern, und zwar auch gegen den Willen und
das Interesse der Anleger. Ferner wird es dann
möglich, zu jedem Zeitpunkt und zu den Kondi­
tionen, die den Interessen des Landes Berlin
entsprechen, die Fonds zu liquidieren – oder
auch andere Wege einzuschlagen, die mögli­
cherweise gegen die Interessen der Anleger
gerichtet sind.
Sofern aus einem solchen Beschluss jedoch ein
Schaden für die Anleger entsteht, wäre dieser
wiederum voraussichtlich nur im Klageweg gel­
tend zu machen, wobei die prozessuale Durch­
setzung mit erheblichen Schwierigkeiten ver­
bunden sein dürfte. Aus diesem Grund setzen
wir alles daran, die Abschaffung des Minderhei­
tenschutzes von vornherein zu verhindern.
In einigen Fonds hat der Minderheitenschutz
trotz wiederholter Beschlussfassung noch Be­
stand, weil sich FinTech und IBV nicht durch­
setzen konnten (z.B. im IBV International 1, wo
auch die dritte Beschlussfassung gescheitert
ist). In anderen Fällen wurde mit der Stimmen­
mehrheit von FinTech und IBV der Minderhei­
tenschutz gekippt.
Bisher haben sich in nahezu jedem dieser
Fonds Anleger gefunden, die im eigenen Inter­
esse und im Interesse ihrer Mitgesellschafter
das Prozessrisiko einer Anfechtungsklage auf
sich genommen haben.
Anfechtungsklagen laufen vor dem Landgericht
Berlin und dem Landgericht Nürnberg. Wäh­
rend die verschiedenen Kammern des Landge­
richts Berlin unterschiedliche Auffassungen in
dieser Frage vertreten, in den meisten Fällen
Urteile aber noch nicht vorliegen, hat das Land­
gericht Nürnberg zugunsten der Anleger ent­
schieden. Diese Entscheidung wurde mit
Urteil vom 19.03.2008 durch das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigt, sodass nun die erste obergerichtliche Entscheidung zugunsten der Anleger ergangen ist. Wir gehen davon aus, dass diese
Entscheidung auch die in Berlin noch anhän­
gigen Verfahren entscheidend beeinflussen
wird.
IV. Vorläufiges Fazit
Die Entwicklung verläuft insgesamt sehr viel zä­
her und langsamer, als wir gehofft oder erwar­
tet haben. Für die Anleger bedeutet dies, sich
immer noch weiter mit den Querelen um die
Fonds befassen zu müssen, obwohl die meis­
ten von ihnen dieses Buch längst gern zuge­
klappt hätten. Für uns hat vor allem im vergan­
genen Jahr die Bearbeitung jedes einzelnen
Klägers erhebliche Kapazitäten gebunden. Der
größere Teil dieser Arbeit ist jedoch geschafft,
sodass wir auf die weitere Auseinanderset­
zung, selbst wenn sie in die kleinsten Details
gehen sollte, gut vorbereitet sind und auch
wieder ausreichend Kapazitäten zur Verfügung
haben, den übrigen großen Themenblöcken
(den Medienfonds und den GbR-Fonds), mit
denen wir uns gemeinsam befassen, ausrei­
chend Aufmerksamkeit zu widmen.
Auch wenn die Dauer der Verfahren negativ zu
verbuchen ist, gilt dies jedoch glücklicherweise
nicht für deren Verlauf. Die Fonds der Bankge­
sellschaft wurden nach unseren bisherigen Er­
kenntnissen zum Teil mit sehr heißer Nadel und
ohne Rücksicht auf die späteren Folgen ge­
strickt. Alle uns bekannten Unterlagen haben
die Überzeugung bestätigt, dass es das Ziel
der Fondsauflage war, möglichst schnell mög­
lichst viel Geld in die Kassen der Bankgesell­
schaft zu spülen und dabei weder Anlegerinter­
essen noch die Interessen des Landes Berlin
zu berücksichtigen. Der daraus entstandene
Schaden ist auf beiden Seiten erheblich.
Wir vertreten aber auch gerade deswegen
nach wie vor die Überzeugung, dass den
Schaden nicht letztlich diejenigen tragen dür­
fen, die im guten Glauben ihr Geld in Anlagen
investiert haben, die ihnen als absolut sicher
versprochen wurden und bei denen sie nie die
Chance hatten, die Basis dieser Versprechen
zu überprüfen. Deswegen werden wir auf die­
ser Seite mit allen uns zur Verfügung stehen­
den Mitteln weiterkämpfen, sofern sich kein an­
derer Weg öffnet.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
19
Der Kampf muss jedoch nicht unbedingt fortge­
führt werden. Wenn der Berliner Finanzsenator
aufhören würde, sein Vorgehen von Prinzipien
leiten zu lassen, und stattdessen die wirtschaft­
lichen Folgen seines Handelns in den Vorder­
grund stellen würde, ließe sich der Kampf auch
in mit einem Vergleich beenden.
Je länger die Verfahren dauern, desto größer
wird der Schaden für das Land Berlin, wenn wir
davon ausgehen, dass letztlich die Anleger ob­
siegen werden. Die Zinsen auf den zu zahlen­
den Schadensbetrag belaufen sich ab Rechts­
hängigkeit der Klage auf 5 % über dem jeweils
aktuellen Basiszins – derzeit also auf über 8 %
p. a. Diese Zinsen laufen für die in 2004 einge­
reichten Klagen jetzt bereits im vierten Jahr –
und sie laufen bis zum Ende des Rechtsstreits
weiter. Unsere aktuellen Berechnungen er­
mitteln Mehrkosten für das Land Berlin von
1,1 Mio. € pro Monat! Auch dieser Umstand,
der die Kläger auf der wirtschaftlichen Seite für
die lange Dauer der Verfahren zumindest ent­
schädigt, spricht dafür, einen Vergleich zu
schließen.
Angebote für einen solchen Vergleich haben
wir bereits im Jahr 2005 unterbreitet – sie gel­
ten hinsichtlich der wesentlichen Parameter
nach wie vor. Dabei spielt jedoch ein Aspekt ei­
ne ganz erhebliche Rolle: Die Kläger, denen es
letztlich zu danken ist, dass überhaupt Abfin­
dungsangebote unterbreitet wurden, dürfen
nicht schlechter gestellt werden als ihre Mitge­
sellschafter, sondern verdienen eine Entschädi­
gung für ihren Kampf. Das war am Anfang der
Verhandlungen unser Ziel, und das wird es
auch bleiben. Würde ein Vergleich, der diese
Prämisse erfüllt, angeboten werden, würden wir
dieses Angebot zur Annahme empfehlen.
Die Folge eines flächendeckenden Vergleichs
mit den Klägern wäre, dass das Land Berlin
auch deren Fondsanteile sofort erhalten würde.
Die Mehrheiten würden sich nochmals ver­
schieben, die Auseinandersetzung auf Fonds­
ebene würde sich verflachen. Solange die Kla­
gen noch laufen, werden wir alles daran setzen,
auf allen Ebenen die Anlegerinteressen zu si­
chern. Sind die Klagen beendet, gibt es dafür
keinen Grund mehr.
Anzeige:
Immobilien stehen ganz weit
oben auf den Wunschzetteln
der Deutschen. Sie sind wertbeständig und sicher, dienen
der Altersvorsorge und bieten
einen geschützten Rahmen,
um mit der Familie zu leben.
Immobilien vermitteln ein
Gefühl, das Geld oder Aktien
nicht geben können. Doch
sie haben durchaus ihre
Schattenseiten: Sie machen
Arbeit, fordern Know-how und
ihr Wert lässt sich nur schwer
in Bargeld umwandeln.
regelmäßig auf Personen,
deren Geschäft es ist, mit
Immobilien zu handeln. Hier
besteht ein Wissensgefälle
in jeder Hinsicht. Der Makler
kennt den Markt besser als
sein Kunde, der Verkäufer
oder Bauträger kann die technische Seite der Immobilie
besser einschätzen, der
Bankier versteht mehr von
der Finanzierung. Auch die
steuerlichen und rechtlichen
Aspekte sind dem normalen
Immobilienkäufer fremd.
Wenn Privatleute Immobilien
kaufen, entsteht eine typische
Situation: Laie trifft auf Profi.
Als Privatmensch kauft man
meist nur ein- oder zweimal
im Leben ein Haus oder eine
Wohnung und trifft dabei
Genau hier setzt dieser
Ratgeber an. Vom Erwerb,
über die Nutzung bis zur
Veräußerung der Immobilie
wird dargestellt, was man
wissen sollte, rechtlich, steuerlich und wirtschaftlich.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Erhältlich für 9,90 EUR in
jeder Buchhandlung
20
Dorint Hotel „Bayerpost“
München Dr. Herbert Ebertz KG
Welche anlegerfreundliche Reaktion die Arbeit des
AAA auch außergerichtlich provozieren kann
von Kerstin Kondert
Das Dorint Hotel Bayerpost in München ist In­
vestitionsobjekt eines Fonds der Dr. EbertzGruppe, die bereits seit Jahrzehnten am Markt
ist. Während und nach der Investitionsphase
kam es zu erheblichen Kostenüberschrei­
tungen, die zumindest zum Teil von den betei­
ligten Anlegern finanziert werden sollten.
RA Dr. Wolfgang Schirp und ich wurden darauf­
hin von Gesellschaftern des Fonds gebeten, den
Sachverhalt zu prüfen und ggf. Lösungsansätze
zur Vermeidung einer Inanspruchnahme zu ent­
wickeln. Unsere Prüfung hat in wesentlichen
Punkten Widersprüche in den Geschäftsberich­
ten und der Schlussrechnung aufgedeckt, die
wir in einer ausführlichen Stel­lungnahme darge­
legt und dem Initiator Dr. Heinrich Ebertz ebenso
wie dem Mittelverwendungskontrolleur Fritz
Salditt zur Informationsabklärung überlassen
haben.
Eine Informationsabklärung erfolgte nicht. Was
aber erfolgte: Der Initiator änderte seine
Marschrichtung und will auf der anstehenden Gesellschafterversammlung ein
Konzept vorlegen, wonach eine Inanspruchnahme der Anleger nicht mehr
vorgesehen ist, sondern der Initiator die
Kostenüberschreitung per Saldo übernimmt.
Offenbar hat es die Unternehmensgruppe
Dr. Ebertz vorgezogen, den Schaden in erheb­
licher Millionenhöhe selbst zu übernehmen,
anstatt gegenüber uns und den Anlegern die
Widersprüche und Unklarheiten, die ich nach­
stehend näher erläutere, aufzuklären. Die Arbeit des AAA hat damit für die Anleger –
ohne jegliche Kostenbelastung der
Anleger – zu einem erheblichen wirtschaftlichen Vorteil geführt.
I. Abweichung des Prospektes vom
Prospektstandard IDW S 4
4Der Prospekt enthält keine Chancen- und
Risiken-Darstellung (weder in Kurzform
noch ausführlich).
4Auf Risiken wird im Prospekt überhaupt
nicht hingewiesen; insbesondere hinsicht­
lich der geplanten Finanzierung sowie des
Betreibers bestehen erhebliche Risiken, die
der Prospekt nicht nennt. Auch auf das Ri­
siko des Kapitalverlusts wird nicht hinge­
wiesen.
4Der Prospekt enthält keine Angaben zu der
Frage, ob die prognostizierten Einnahmen
realistisch sind und auf welchen Annahmen
sie beruhen.
4Die steuerlichen Grundlagen werden über­
haupt nicht erläutert.
4Es fehlen konkrete Angaben zu den Ge­
samtvergütungen, die dem Initiator bzw. mit
diesem verbundenen Unternehmen zuflie­
ßen.
4Die Inhalte der Dienstleistungsverträge und
die Vertragspartner, mit denen diese Leis­
tungen vereinbart wurden, sind nicht oder
nur unvollständig dargestellt.
Der Prospekt ist nach unserer Auffassung da­
her nicht geeignet, eine vollständige Informati­
on über die Kapitalanlage zu liefern.
II. Fehlende Information über die
Eigenkapitalvermittlungsprovision
Sämtlichen Darstellungen im Prospekt ist nicht
zu entnehmen, in welcher Höhe insgesamt Ei­
genkapitalvermittlungsgebühren entstehen.
Die Eigenkapitalvermittlungsgebühr ist nicht
separat ausgewiesen, sondern in einer Ge­
samtsumme mit weiteren Funktionsträgerge­
bühren enthalten. Unsere Prüfung weiterer
Unterlagen hat ergeben, dass eine Eigenkapi­
talvermittlungsprovision in Höhe von insgesamt
8.250.000 €, also 15,57 % des Zeichnungs­
kapitals, an den Initiator bzw. die Vertriebsun­
ternehmen fließt, die aus dem Prospekt nicht
erkennbar ist.
Zunächst ergab unsere Prüfung, dass der uns
vorgelegte Angebotsprospekt in wesentlichen
Aspekten nicht dem allgemein anerkannten
Prospektstandard, der vom Institut der Wirt­
schaftsprüfer festgelegt wurde, entspricht:
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
21
III. Widersprüche hinsichtlich der
Kostenzusammensetzung und der
tatsächlichen Kostenhöhe
Die Ermittlung der steuerlichen Ergebnisse aus
der Beteiligung basiert auf einer Ausarbeitung
des steuerlichen Beraters des Fonds. Die von
diesem zugrunde gelegten Gebühren und Kos­
ten stimmen jedoch mit den im Prospekt ge­
nannten Daten nicht überein. Es ließ sich nicht
nachvollziehen, welche Ausgaben tatsächlich
vertraglich vereinbart wurden.
So ergab die Addition der vom Steuerberater
berücksichtigten Kosten einen um 1.000.899 €
niedrigeren Gesamtaufwand, als er im Prospekt
dargestellt wurde. Bei den Anschaffungs- und
Herstellungskosten stellten wir eine Differenz von
rd. 3 Mio. € fest. Die im Prospekt in einer Sum­
me aufgeführten Funktionsträgergebühren unter­
schreiten die vom Steuerberater berücksichtig­
ten Funktionsträgergebühren um 2,4 Mio. €. Die
von uns festgestellten Abweichungen sind er­
heblich und betreffen die Substanz des Fonds.
IV. Zweifel an der Richtigkeit der
Schlussrechnung
Im Juni 2007 wurde von Steuerberater Fritz
Salditt die Schlussrechnung der Investitions­
phase erstellt. Sie soll die prospektierten Daten
im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten abbil­
den. Die Schlussrechnung entspricht jedoch bereits hinsichtlich der Daten, die
dort als die prospektierten Daten dargestellt werden, nicht dem Prospekt in der
uns vorgelegten Fassung. Die dort als pros­
pektiert dargestellten Positionen weisen ähn­
liche Abweichungen zum Prospekt auf, wie wir
sie bereits beim Abgleich mit den vom Steuer­
berater zugrunde gelegten Daten festgestellt
haben. Herr Salditt hat uns gegenüber zu die­
sen Abweichungen trotz Aufforderung nicht
Stellung genommen.
Darüber hinaus liegt im Abgleich der vom
Steuerberater erstellten Daten und der
als prospektiert in der Schlussrechnung
zugrunde gelegten Daten einerseits und
dem Prospekt andererseits der Verdacht
nahe, dass in den im Prospekt ausgewiesenen Baukosten noch weitere Funk­
tionsträgergebühren enthalten waren, die
nicht offengelegt wurden.
Ferner sind die in der Schlussrechnung enthal­
tenen Erklärungen zur Kostenüberschreitung
bei den Bauzeitzinsen nicht konkret nachvoll­
ziehbar, da keine Angaben enthalten sind, wie
sich die Mehrkosten auf Zinsen, Bearbeitungs­
gebühren usw. aufteilen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
V. Unplausible, nicht nachvollziehbare
Angaben zur Kostenentwicklung
Aufgrund der zahlreichen Fragen, die die
Schlussrechnung in der den Anlegern überlas­
senen Form aufwirft, haben wir anhand der
Jahresabschlüsse versucht, die tatsächliche
Kostenentwicklung nachzuvollziehen. Prospekt,
Schlussrechnung Salditt und Jahresabschlüsse
sind für uns im Abgleich zueinander nicht
schlüssig und widersprechen sich in wesent­
lichen Punkten.
Aus verschiedenen Gründen entstanden im
Baubereich und bei der Finanzierung erheb­
liche Kostenüberschreitungen, die wir im Ein­
zelnen nicht nachvollziehen konnten, obwohl
uns sämtliche Jahresabschlüsse, Geschäftsbe­
richte, Informationsschreiben und Versamm­
lungsprotokolle vorlagen.
Im Protokoll der Gesellschafterversammlung
vom 24. 05. 2007 ist Folgendes ausgeführt:
„… hatte Herr Dr. Ebertz den Gesellschaftern erklärt, dass alle Mehrkosten, die über eine weitere Erhöhung des Gesamtaufwandes von € 4 Mio. (auf dann
€ 133,5 Mio.) hinausgehen, vom Initiator Dr. Ebertz
& Partner getragen werden. Nachdem zwischenzeitlich
das volle Ausmaß der Kostenüberschreitung bekannt ist
(welches zum Zeitpunkt der Kostenzusage nicht bekannt sein konnte) und andererseits feststeht, dass der
Fonds letztlich um 20 Mio. (!) besser abgeliefert wurde
als prospektiert, gestand er offen, dass ihn diese Aussage, an die er sich moralisch gebunden fühlt, heute
reut.“
Nachdem also das Gesamtausmaß der Kos­
tenüberschreitung festgestellt war, sollten die
Anleger einen Teil der Mehrkosten selbst über­
nehmen.
VI. Bewertung und Kommentar
Wir haben unsere auf rd. 20 Seiten nebst An­
lagen zusammengefassten Erkenntnisse der
Fondsgeschäftsführung dem Mittelverwen­
dungskontrolleur und dem Beirat des Fonds
mit folgendem Schluss überlassen:
„Die den Zeichnern vorgelegten Unterlagen werfen eine
ganze Reihe von Fragen auf, die aus unserer Sicht beantwortet werden sollten, bevor über die Finanzierung der
Mehrkosten Beschluss gefasst oder die Geschäftsführung ein
weiteres Mal entlastet wird. Dasselbe gilt hinsichtlich einer
Entlastung des Eigenkapital­vermitt­lungstreuhänders.
Es ist zu überlegen, ob die Schlussrech­nung der Investitionsphase von einem unabhängigen Dritten überprüft
werden sollte, der beispielsweise vom Beirat ausgewählt
wird.“
Keine einzige unserer Fragen wurde beantwor­
tet. Aber drei Wochen vor der Gesellschafter­
versammlung informierte die Fondsgeschäfts­
22
führung die Anleger darüber, dass sie auf der
Versammlung nunmehr ein Konzept vorstellen
wolle, wonach die Anleger mit den Mehrkosten
nicht belastet werden.
vorgezogen haben, den Schaden selbst zu
übernehmen, als das Vertragswerk und die
Abrechnung des Fonds einer unabhängigen
Überprüfung unterziehen zu lassen.
Angesichts der Sachlage, der fehlenden Auf­
klärung der von uns festgestellten Unklarheiten
und der Werbung der Dr. Ebertz-Gruppe, dass
bisher nie eine Prospekthaftungsklage gegen
die Unternehmensgruppe eingereicht wurde,
gehen wir davon aus, dass es die Initiatoren
Unsere Arbeit im Zusammenhang mit diesem
Fonds wurde über den Aktionsbund Aktiver
Anlegerschutz e. V. finanziert, ohne dass den
Anlegern Kosten entstanden sind. Das Ergeb­
nis führt jedoch zu einem erheblichen wirt­
schaftlichen Vorteil bei den Anlegern.
A n zeige :
Ein etwas anderes Betätigungsfeld ...
Um mal auf andere Gedanken zu kommen und nicht nur an Lösungen für problematische Fonds zu
arbeiten, betätigen sich zwei der AAA-Mitstreiter zwischendurch auf einem ganz anderen Gebiet.
Wolfgang Schirp komponiert und Kerstin Kondert schreibt dazu die Texte. Die schon in der ehemaligen
DDR erfolgreiche Sängerin Edith Kambor interpretiert die Swing- und Latin-Songs.
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Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
23
Haussuchungen bei Dr. Görlich
und der Aareal-Bank:
Brisante Funde
von Dr. Wolfgang Schirp
Wir haben in den vergangenen Jahren im Anle­
gerschutzbrief mehrfach über die strafrecht­
lichen Ermittlungen in Sachen Dr. Görlich be­
richtet. Wie Sie dem Anlegerschutzbrief
2/2007 und dem Anlegerschutzbrief 3/2007
entnehmen konnten, hat die Staatsanwaltschaft
mittlerweile nicht nur Haussuchungen im Hau­
se von Personen und Unternehmen der Gör­
lich-Gruppe durchgeführt. Auch drei Unterneh­
mensstandorte der Aareal-Bank – einer der
maßgeblich involvierten Banken – sind von den
Strafverfolgungsbehörden durchsucht worden.
Zwar gibt die Aareal-Bank an, nicht selbst Be­
schuldigte des Ermittlungsverfahrens zu sein,
sondern bloße Drittbetroffene. Aber wie auch
immer das zu bewerten sein mag: Die Strafver­
folgungsbehörden beginnen, sich auf ihr Ziel
einzuschießen. Aus Sicht der Beschuldigten
kommen die Einschläge immer näher.
Umfangreiche Unterlagen sichergestellt
Die Staatsanwaltschaft hat bei ihren Durchsu­
chungen eine Vielzahl von Dokumenten si­
cherstellen können. Die Dokumente füllen über
170 Ordner, die noch nicht komplett ausge­
wertet werden konnten. Aber schon erste Ein­
sichtnahmen in die sichergestellten Dokumen­
te erhärten die vom Aktionsbund Aktiver
Anlegerschutz e. V. aufgedeckten, nunmehr
bereits seit mehreren Jahren verfolgten Vor­
würfe. Insbesondere hat es zweckwidrige
Ausreichungen vom „Pool-Konto“ gegeben,
und zwar nicht nur an andere Not leidende
Fonds (das wäre, wenn es sich aus Sicht der
Strafverfolgungsbehörden bis zur Anklageer­
hebung erhärtet, unter den Begriff der „fremd­
nützigen Untreue“ zu subsumieren), sondern
auch an eigene Unternehmen aus dem Gör­
lich-Bereich (dabei würde es sich in diesem
Falle um „eigennützige Untreue“ handeln). Die
abschließende Würdigung und Bewertung
bleibt selbstverständlich der Staatsanwalt­
schaft und dem zuständigen Strafgericht vor­
behalten. Wir wollen aber nicht versäumen, Ih­
nen einige wichtige Dokumente schon heute
vorzustellen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Ausleihungen an eigene Unternehmen
der Görlich-Gruppe
Schon in der Vergangenheit sind Dokumente
ans Licht gekommen, die belegen, dass
Dr. Wolfgang Görlich nicht nur Not leidende
Fonds rechtswidrigerweise vom „Pool-Konto“
alimentiert, sondern auch eigene Unternehmen
mit Liquidität versorgt hat. Auch die jetzt si­
chergestellten Unterlagen erhärten und vertie­
fen diesen Vorwurf. Gerade im Krisenjahr
1999, in dem die großen Probleme der
Dr. Görlich GmbH zu Tage traten, wurde
mehrfach massiv in die Kasse gegriffen:
4Am 14. 01. 1999 bewilligte die Dr. Görlich
GmbH in ihrer Eigenschaft als Führerin des
„Pool-Kontos“ sich selbst als Darlehensneh­
merin ein Darlehen über DM 4.000.000,-.
Unterzeichnet haben zwei Personen: Auf
Seiten der Dr. Görlich GmbH als Führerin
des „Pool-Kontos“ Herr Dr. Wolfgang Gör­
lich; auf Seiten der Dr. Görlich GmbH als
Darlehensnehmerin einer der weiteren Ge­
schäftsführer der GmbH, Herr Hubert Jenner.
4Bereits am 18.03.1999 ist der nächste
Darlehensvertrag dieser Art nachweisbar:
Die Dr. Görlich GmbH in ihrer Eigenschaft
als Führerin des „Pool-Kontos“ bewilligte
sich selbst als Darlehensnehmerin ein noch
höheres Darlehen, diesmal sogar über DM
5.000.000,-. Unterzeichnet haben wieder­
um dieselben zwei Personen: Auf Seiten
der Dr. Görlich GmbH als Führerin des
„Pool-Kontos“ Herr Dr. Wolfgang Görlich;
auf Seiten der Dr. Görlich GmbH als Darle­
hensnehmerin wieder Herr Hubert Jenner.
4Und am Folgetag, dem 20. 03. 1999, wurde
dann schon wieder der nächste Vertrag ge­
schlossen. Wiederum bewilligte die Dr.
Görlich GmbH in ihrer Eigenschaft als Füh­
rerin des „Pool-Kontos“ sich selbst als Dar­
lehensnehmerin ein Darlehen, diesmal „nur“
über DM 1.000.000,-. Unterzeichnet haben
dieselben zwei Personen: Auf Seiten der
Dr. Görlich GmbH als Führerin des „PoolKontos“ Herr Dr. Wolfgang Görlich; auf
Seiten der Dr. Görlich GmbH als Darle­
hensnehmerin Herr Hubert Jenner.
Dr. Wolfgang Schirp
Rechtsanwalt
Ausbildung:
juristische Ausbildung in Kiel,
Göttingen, Freiburg und Brüssel
Berufserfahrung:
seit 1994 Anwalt, zunächst in
Freiburg mit den Schwerpunk­ten
Kapitalan­lagerecht und Bau­recht,
seit 1996 in Berlin, 2000 Gründung
der Kanzlei Schirp&Apel mit nahezu ausschließlicher Tätigkeit im
Kapitalanlage­recht, 2002 Fusion zur
heu­tigen Kanz­lei Schirp SchmidtMorsbach Apel
Nebentätigkeiten:
zahlreiche Veröffentlichungen zum
Kapitalanlagerecht, zum Bau­
recht und zum deutsch-polnischen
Rechtsverkehr
Kontakt:
RAe Schirp Schmidt-Morsbach Apel
Dorotheenstr. 3, 10117 Berlin
Tel.: 0 30/32 76 17-0
Fax: 0 30/32 76 17-17
E-Mail: [email protected]
www.ssma.de
24
Selbst bei diesen drei – und den anderen be­
reits bekannt gewordenen – Verträgen dürfte
es sich nur um die Spitze eines Eisberges han­
deln. Alles spricht dafür, dass sich in den Unter­
lagen weitere Verträge finden werden. Erstaun­
lich ist, mit welcher Dreistigkeit vorgegangen
wurde. Das juristische „Feigenblatt“, auf Seiten
der Dr. Görlich GmbH als Darlehensnehmerin
nicht auch noch Herrn Dr. Görlich persönlich
unterzeichnen zu lassen, sondern für diese Un­
terschrift eine andere Person – den weiteren
Geschäftsführer Hubert Jenner – zu bemühen,
macht die Sache nicht besser. Es ist ganz of­
fensichtlich, dass alle beteiligten Personen
wussten, dass sie unberechtigt über Gelder der
(noch) nicht Not leidenden Fonds verfügten. Es
ist bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft so
lange Zeit benötigt, um über die – nach Jahren
endlich erfolgten – Haussuchungen hinaus nun
auch die sonst noch strafrechtlich gebotenen
Schlüsse zu ziehen. Viel Schaden hätte vermie­
den werden können, wenn die Strafverfolgungs­
behörden bereits den vor über vier Jahren (!) er­
teilten ersten Hinweisen des Aktionsbundes
Aktiver Anlegerschutz e. V. energisch nachge­
gangen wären.
Die Einbindung der Aareal-Bank
Immer spannender wird die Rolle, die die
Aareal-Bank gespielt hat. Dabei verbinden
sich zwei Gesichtspunkte, die schon je für
sich betrachtet mehr als anstößig sind, in der
Gesamtschau aber regelrecht explosiv wirken.
Die Aareal-Bank als Kontoführerin
des „Pool-Kontos“
Zum einen war die Aareal-Bank die kontofüh­
rende Bank des „Pool-Kontos“. Von den ei­
gennützigen und rechtswidrigen Überwei­
sungen der Dr. Görlich GmbH, die zweck­ge­bundene Fondsgelder (Instandhaltungsrücklagen!) an sich selbst abverfügt hat, hat
die Aareal-Bank also zu jedem Zeitpunkt so­
fortige und vollständige Kenntnis gehabt. Jede
einzelne Geldbewegung hat sich auf eigenen
Konten im Hause der Aareal-Bank abgespielt.
Der Einwand der drei chinesischen Affen „Wir
haben nichts gesehen – nichts gehört –
nichts gewusst“ ist der Aareal-Bank daher
von vornherein versperrt.
Aus juristischer Sicht lässt sich zu diesem As­
pekt Folgendes sagen: Zwar ist der Überwei­
sungsverkehr grundsätzlich sehr formalisiert.
Die kontoführende Bank hat nach der Recht­
sprechung nur geringe Prüfungspflichten. Ins­
besondere muss sie prüfen, ob die Überwei­
sung von einer zeichnungsberechtigten Person
ausgelöst worden ist; ist dies der Fall, so be­
stehen weitergehende Prüfpflichten nur in Aus­
nahmefällen. Einer dieser Ausnahmefälle, der in
der Rechtsprechung wiederholt bestätigt wor­
den ist, liegt allerdings vor, wenn sich der Bank
konkrete Anhaltspunkte dafür aufdrängen müs­
sen, dass mit den Überweisungen etwas nicht
„koscher“ sein kann. Und dafür sprechen in der
hier gegebenen Situation sehr, sehr gute
Gründe: Zwar reicht es sicherlich noch nicht
aus, dass Überweisender und Begünstigter die
gleiche Person sind. Auch die Dr. Görlich
GmbH durfte ja Überweisungen von Fondsmit­
teln auf eigene Konten tätigen, beispielsweise
um tatsächlich vereinbarte und geschuldete
Geschäftsführungs­vergütungen zu begleichen.
Vorliegend sprachen allerdings sowohl die
konkrete Mittelherkunft (miteinander vermisch­
te Instandhaltungsrücklagen einer ganzen Rei­
he von Fonds, denen kaum konkrete Verbind­
lichkeiten gegenüber der Dr. Görlich GmbH
korrespondieren konnten!) als auch die schiere
Höhe der Beträge (Millionenbeträge in sehr
geringen Zeitabständen!) eindeutig gegen ei­
nen legitimen Hintergrund der Zahlungen. Es
spricht daher alles dafür, dass der in der
Rechtsprechung mehrfach diskutierte Ausnah­
mefall hier gerade vorliegt, und zwar in seltener
Schönheit und Eindeutigkeit.
Die Aareal-Bank als Darlehensgebe­
rin der Dr. Görlich GmbH
Die Aareal-Bank ist jedoch in den GörlichSchlamassel noch bedeutend tiefer verwi­
ckelt, als dies eine einfach fremde Bank ge­
wesen wäre, die etwa für das „Pool-Konto“
Verantwortung getragen hätte: Die AarealBank war mit einem dreistelligen Millionenbe­
trag als Zwischenfinanziererin der Platten­
bauten engagiert, die Herr Dr. Görlich
zusammen mit der Unternehmensgruppe Ziel
ab dem Jahre 1999 als AfA-KonservierungsFonds vermarkten wollte (Fonds ab dem Ziel
12), und sie war daneben auch selbst und un­
mittelbar Kreditgeberin der Dr. Görlich GmbH.
Ja, die Aareal-Bank hat dieses Engagement
im Zuge der Krise der Dr. Görlich GmbH
noch vertieft und hatte daher jedes Interesse
der Welt daran, das Überleben der Dr. Gör­
lich GmbH sicherzustellen.
Bereits in der Vergangenheit hatten wir Unter­
lagen über Krisensitzungen im Hause der
Aareal-Bank sicherstellen können, bei denen
die Problematik der Görlich-Krise erörtert
worden war. Aber erst jetzt ist uns eine Darle­
henszusage vom 28. 02. 2001 in die Hände
gefallen – also unmittelbar nach dem akuten
Ausbruch der Liquiditätskrise der Dr. Görlich
GmbH, die nunmehr auch durch „Pool-Kon­
to“-Zweckentfremdungen nicht mehr zu behe­
ben war – ein Dokument, das jenseits jedes
Zweifels die Einbindung der Aareal-Bank be­
legt. Unter dem 28. 02. 2001 schreibt die
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
25
Aareal-Bank (damals noch firmierend als
DePfa Bank AG BauBoden) an die Dr. Görlich
GmbH:
„Aufgrund Ihrer Anträge können wir Ihnen erfreulicherweise mitteilen, dass der Vorstand entschieden hat,
Sie bei Ihrem Sanierungskonzept wie folgt zu begleiten: …
(Kontokorrentkredit und Freigabe von verpfändeten
Guthaben …)
Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
4…Buchgrundschuld am Objekt Herzbergstraße…
4…Verpfändung von … Ansprüchen aus dem
Objekt Moskau…
4…Verpfändung von …weiteren Guthaben…
4…Vorlage von Vergleichsvereinbarungen mit den
am Vertrieb der Fonds Ziel 11-21-GbR beteiligten Anlageberatern (!!!)…
4…Stillhaltevereinbarungen der anderen kontokorrentgewährenden Banken…
4…ergänzende Vertriebsvereinbarung und Platzie­
rungs­garantie …für die Fonds Ziel 12-21-GbR…
Wir gehen davon aus, dass … von Ihnen die Vertriebsprospekte 2001 schnellstmöglich erarbeitet und den
Anlageberatern und uns (!!!) zur Verfügung gestellt
werden.“
Wir denken, dass in diesem Dokument –
ebenfalls in seltener Schönheit und Eindeutig­
keit – zum Ausdruck kommt, wie eine Bank ei­
nen taumelnden Initiator aus durch und durch
eigennützigen Gründen auffängt, um ein selbst
eingegangenes, Not leidend gewordenes Dar­
lehensengagement zurückfahren zu können.
Schade nur, dass dies auf dem Rücken Hun­
derter nichts ahnender Anleger geschehen
sollte.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Vorgehen gegen die Aareal-Bank
Das letztgenannte Dokument hat natürlich be­
sondere Bedeutung für die Zeichner der
Fonds Ziel 12 ff., die in großer Zahl im Akti­
onsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. organisiert
sind. Die Summe der gefundenen Dokumente
schafft aber nach unserer Auffassung darüber
hinaus noch weitere Angriffsvoraussetzungen
für Zeichner anderer Fonds. Wir meinen bele­
gen zu können, dass auch die Zeichner ande­
rer Fonds die Möglichkeit haben, zumindest
wegen der veruntreuten „Pool-Konto“-Mittel
gegen die Aareal-Bank vorzugehen.
Wir haben aus diesem Grunde eines veran­
lasst, was die GESTRIM, die sich bis heute in
einem nicht aufgelösten Interessenkonflikt als
Geschäftsführerin der unmittelbar geschä­
digten „Geber-Fonds“ wie auch der vermeint­
lich begünstigten „Nehmer-Fonds“ befindet,
nicht getan hat: Wir nehmen in einem Testfall
die Aareal-Bank auf Rückzahlung der verun­
treuten Mittel vom „Pool-Konto“ in Anspruch,
und zwar aus dem Gesichtspunkt eigener
Pflichtversäumnisse als kontoführende Bank.
Gelingt dies, so ist es sicherlich der bessere
Weg, als – wie von der GESTRIM den Zeich­
nern nahegelegt – die ohnehin schon genug
gebeutelten Zeichner der „Nehmer-Fonds“
auch noch wegen der aufgedrängten Darlehen
zu bedrängen. Ohnehin würde ein Eindre­
schen auf die Zeichner der „Nehmer-Fonds“
den „Geber-Fonds“ nie diejenigen Mittel zu­
rückbringen, die gar nicht an andere Fonds
gegangen sind, sondern die von vornherein
bei anderen Unternehmen der Görlich-Gruppe
versackt sind. Es bleibt dabei: Straftaten sollte
man gegenüber den Schädigern zu klären ver­
suchen, und nicht unschuldige Dritte dafür
verantwortlich machen wollen. Und die Vor­
aussetzungen dafür verbessern sich nunmehr
doch – hoffentlich – ganz entscheidend. Wir
sind guter Hoffnung, Ihnen bereits in der
nächsten Ausgabe des Anlegerschutzbriefes
Mitteilung von weiteren Fortschritten machen
zu können.
26
Karow-Fonds
Verkauf der Immobilien im schriftlichen
Umlaufverfahren beschlossen
von Thomas Lippert
In der Ausgabe 3/2007 habe ich über die fol­
genden Karow-Fonds im Detail ausgeführt:
4Karow-Alpha OHG
4Karow-Beta OHG
4Karow-Gamma OHG
4Karow-Delta OHG
4Karow-Epsilon OHG
4Karow-Zeta OHG
4Karow-Kappa OHG
Mit dem nachstehenden Bericht möchte ich
Sie über die weiteren Entwicklungen informie­
ren.
Im März 2008 wurden für die oben genannten
Fonds Informationsveranstaltungen zum The­
ma Verkauf der Immobilie und vollständige
Endhaftung der zahlenden Gesellschafter
durchgeführt. Diese Informationsveranstaltun­
gen sollten den Gesellschaftern noch einmal
die Möglichkeit geben, sich über die einzelnen
Modalitäten eines Verkaufsbeschlusses zu in­
formieren. Im Verhältnis zum Eigenkapital der
Fondsgesellschaften nahmen an den Veran­
staltungen nur sehr wenige Gesellschafter teil.
Für viele Gesellschafter war bereits im Vorhin­
ein klar: Nur noch raus aus diesen Fonds und
endlich Ruhe!
Im Rahmen der Verkaufsbeschlüsse werden
die AQUIS-Fonds nicht liquidiert, da die
Fondsgesellschaften die öffentlichen Förder­
mittel auch bei einem Verkauf der Immobilien
noch ratierlich ausbezahlt bekommen. Dies
sehen die Anträge bei der Investitionsbank des
Landes Berlin (IBB) ausdrücklich vor, da somit
die Bedienung des Fördermitteldarlehens aus­
schließlich aus der noch zu zahlenden Förde­
rung erfolgt. Die Laufzeit der einzelnen Gesell­
schaften stimmt also mit dem jeweiligen
Förderende überein, auch wenn die Immobilien
vorher verkauft werden.
Die Gesellschafter der oben genannten Fonds
haben im schriftlichen Umlaufverfahren einem
Verkauf der Immobilien mit den erforderlichen
Mehrheiten von mehr als 50 % des Gesell­
schaftskapitals zugestimmt.
Der bei der IBB gestellte Antrag liegt derzeit
dem Hauptausschuss des Abgeordneten­
hauses zur Genehmigung vor. Die Senatsver­
waltung für Stadtentwicklung sowie die Se­
natsverwaltung für Finanzen haben bereits die
Vorlage freigegeben, sodass gute Aussichten
bestehen, dass das Konzept endgültig abge­
segnet wird.
Jeder Gesellschafter, der den auf ihn entfal­
lenden Beitrag zahlt, wird sowohl von der Ber­
lin Hyp AG als auch hinsichtlich der Aufwen­
dungsdarlehen der IBB vollständig aus der
persönlichen Haftung entlassen.
Sobald mir als Beiratsmitglied der AQUIS
Zweite Verwaltungsgesellschaft mbH & CO.
Karow-Beta OHG und der AQUIS Zweite Ver­
waltungsgesellschaft mbH & Co. Karow-Delta
OHG nähere Erkenntnisse über die Entschei­
dung des Hauptausschusses vorliegen, wer­
den die Mitglieder des Aktionsbundes Aktiver
Anlegerschutz e.V. selbstverständlich darüber
informiert.
Bei der Immobilienfonds Karow-Theta GbR
sowie der Immobilienfonds Karow-Iota GbR
sind Beschlussfassungen hinsichtlich eines
vollständigen Verkaufes der Immobilien auf­
grund der abweichenden Fördersystematik
nicht durchführbar.
Die Karow-Theta GbR erhält Fördermittel bis
01. 04. 2013. Darlehen bestehen ausschließ­
lich gegenüber der IBB. Der Hauptbestandteil
sind die zins- und tilgungssubventionierten
Baudarlehen sowie das Aufwendungsdarle­
hen, welches bis 2013 noch weiter ansteigt.
Über Sanierungsansätze, wie z. B. ein Anspar­
modell auf Gesellschaftsebene, wurde auf der
letzten Gesellschafterversammlung diskutiert.
Als Mitglied des Arbeitsausschusses werde
ich in den nächsten Wochen den Kontakt zu
meinen Arbeitsausschusskollegen intensivie­
ren und einen Termin mit der Geschäftsfüh­
rung bei der IBB fordern. Über das Ergebnis
werden die Vereinsmitglieder zeitnah infor­
miert.
Die Karow-Iota GbR bewirtschaftet sowohl ei­
ne Immobilie im Rahmen des 1. Förderweges
als auch eine Immobilie des 2. Förderweges.
Hier gibt es Überlegungen in Richtung Verkauf
der Immobilie des 2. Förderweges. Sobald
konkrete Eckdaten vorliegen, wird Herr Dr.
Schirp als Beirat des Fonds weitere Informati­
onen zur Verfügung stellen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
27
Geschlossene Lebens­ver­­siche­rungs­fonds
Wie lange geht es noch gut?
von Thomas Lippert
Über 50 % der derzeit rund 97 Mio. Lebensver­
sicherungsverträge in Deutschland werden vor­
zeitig gekündigt. Dies war in den letzten Jahren
nur mit erheblichen Verlusten möglich, da die
Versicherungsgesellschaften eine Stornoge­
bühr berechneten und nur den aktuellen Rück­
kaufswert auszahlten.
Es gibt mittlerweile auch in Deutschland Unter­
nehmen, die Lebensversicherungen kaufen, die
Beiträge bis zum Laufzeitende weiterzahlen,
dem ursprünglichen Versicherungsnehmer wei­
terhin den beitragsfreien Todesfallschutz ge­
währen und einen Kaufpreis über dem eigent­
lichen Rückkaufswert zahlen.
Mit diesem Modell wurden auch geschlossene
Fonds aufgelegt und vermarktet. Da hierbei die
ersten Schwierigkeiten auftreten, befasst sich
der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V.
nunmehr auch mit diesen Fonds.
Anlagemodell:
Die Fondsgesellschaft investiert in bestehende
Versicherungsverträge, die sich bereits im
zweiten Laufzeitabschnitt bewegen, leistet die
weiteren Prämienzahlungen für die Policen bis
zum Ende der jeweils vereinbarten Vertrags­
laufzeit und vereinnahmt dann die fälligen Ab­
laufleistungen. In der zweiten Laufzeitphase liegt der Kaufpreis
einerseits deutlich über dem Rückkaufswert
der Versicherung, aber andererseits immer
noch weit unter dem tatsächlichen Wert des
Versicherungsvertrages. Diesen Vorteil macht
sich die Fondsgesellschaft zugute.
Beispiel:
Die König & Cie. Deutsche Leben GmbH & Co.
KG investierte im Jahr 2003/2004 in ein Port­
folio von rund 640 Versicherungspolicen mit
einem Investitionsvolumen von ca. 63 Mio. €.
Das Fondskapital in Höhe von 18,6 Mio. €
wurde durch 559 Investoren aufgebracht, für
weitere 44,5 Mio. € wurden Darlehen bei der
HypoVereinsbank AG aufgenommen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
Der Emissionsprospekt verspricht Ausschüt­
tungen von 188,1 %. Die erste Ausschüttung
sollte bereits im Jahr 2007 erfolgen, da in die­
sem Jahr die ersten Ablaufleistungen fällig wur­
den.
Dem Geschäftsbericht für 2006, welcher im
August 2007 durch die Geschäftsführung er­
stellt wurde, ist zu entnehmen, dass voraus­
sichtlich im Herbst 2007 über die Auszahlungs­
höhe und den Auszahlungszeitpunkt entschie­den werden sollte. Die Kommanditisten würden
über die Auszahlung rechtzeitig informiert wer­
den. Im Januar 2008 teilte die Geschäftsführung
jedoch in einem Zwischen­­bericht den Anlegern
mit, dass eine Auszahlung für 2007 zum gegen­
wärtigen Zeitpunkt nicht stattfindet.
Die prospektgemäße Ausschüttung in Höhe
von 5 % blieb aus. Begründung: Unter anderem
fielen die Erlöse aus den Policen geringer aus
als ursprünglich angenommen.
Mit Schreiben vom 31. März 2008 lädt die Ge­
schäftsführung zu einer Gesellschafterver­
sammlung ein, auf der über die Neuordnung
des Policenportfolios durch Verkauf oder Stor­
nierung eines Teiles der Policen bis zum
31. März 2009 beschlossen werden soll.
60 % des Policenportfolios entwickeln sich un­
terplanmäßig. Die aktuelle Überprüfung zeigt,
dass es sich nicht um einen kurzfristigen Effekt
handelt. Auch die Ablaufleistungen weiterer
Policen werden demnach unter den Prognose­
werten liegen.
Von einem Kapitalrückfluss kann erst einmal
nicht die Rede sein.
Die König & Cie. Treuhand GmbH legte auch
die weiteren Fonds König & Cie. Deutsche Le­
ben II GmbH & Co. KG sowie die König & Cie.
Deutsche Leben III GmbH & Co. KG auf. Ab
2008 sollen erste prospektierte Ausschüt­
tungen für den zweiten Deutschland Fonds und
ab 2009 für den dritten Deutschland Fonds er­
folgen. Es ist zu befürchten, dass auch diese
Fonds sich vergleichbar negativ entwickeln.
28
Britischer Lebensversicherungszweit­
markt:
Anbieter geschlossener Lebensversiche­
rungsfonds:
Investitionen in den britischen Versicherungs­
markt wurden über die Fonds König & Cie.
Britische Leben GmbH & Co. KG, König & Cie.
Zweite Britische Leben GmbH & Co. KG und
König & Cie. Dritte Britische Leben GmbH &
Co. KG (derzeit in der Platzierungsphase) ge­
tätigt.
Aufzuführen ist hier die Ideenkapital AG, ein
Unternehmen der ERGO Versicherungsgrup­
pe, die Eigenkapital mehrerer Tausend Anleger
in britische Lebensversicherungs-Zweitmarkt­
fonds platziert hat. Die Fondsgesellschaften
lauten: PRORENDITA Eins GmbH & Co. KG
bis PRORENDITA Vier GmbH & Co. KG.
Der auffälligste Unterschied zwischen dem bri­
tischen und dem deutschen Versicherungssys­
tem ist die wesentlich höhere Ablaufleistung
der britischen Versicherungen. Diese resultiert
aus der unterschiedlichen Anlagepolitik der
Versicherungsgesellschaften. Das britische
Versicherungssystem schreibt keine Begren­
zungen bezüglich der Anlageformen vor. Dies
bedeutet, dass britische Versicherungsgesell­
schaften flexibler auf Marktgegebenheiten rea­
gieren und die Art und Höhe der Investitionen
frei wählen können, andererseits jedoch auch
höhere Risiken eingehen dürfen.
Die MPC Capital AG legte ebenfalls in diesem
Marktsegment geschlossene Fonds auf. Zu
nennen sind hier beispielsweise die MPC Ren­
dite-Fonds Leben plus GmbH & Co. KG sowie
die nachfolgenden Fonds plus II bis plus VII. In
den britischen Versicherungsmarkt wird unter
anderem über die MPC Rendite-Fonds Bri­
tische Leben plus GmbH & Co. KG investiert.
Der Aktienanteil klassischer Kapitallebensversi­
cherungen ist durch gesetzliche Vorgaben be­
grenzt. Derzeit beträgt die maximale Aktienquo­
te 35 %. Die durchschnittliche Aktienquote
deutscher Lebensversicherungen liegt momen­
tan sogar weit darunter. Dies gewährleistet auf
der einen Seite eine gewisse Sicherheit, auf
der anderen Seite bleibt aber eine besonders
attraktive Renditechance zum Ende der Lauf­
zeit verwehrt.
Die Llyod Fonds AG ist über die Llyod Fonds
Britische Kapital Leben I GmbH & Co. KG bis
Llyod Britische Kapital Leben VIII GmbH & Co.
KG in dem Bereich des britischen Lebensver­
sicherungszweitmarktes aktiv.
Viele der oben genannten Fonds wurden erst
in den letzten Jahren aufgelegt, einige befinden
sich sogar noch in der Platzierungsphase.
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
wird mit Unterstützung seiner beratenden Un­
ternehmen den Bereich der Lebensversiche­
rungsfonds weiter beobachten und mögliche
Prospekthaftungsansprüche prüfen.
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
29
Zweitmarkthandel:
Unabhängige Börsen schließen Marktlücke
Gastbeitrag von Niels Ackermann, Vorstand der Zweitmarkt Plus AG
Der Zweitmarkt für geschlossene Fonds erzielte
in den vergangenen Jahren stets neue Rekorde:
Allein im Jahr 2007 sind die Umsätze am Zweit­
markt um rund 37 Prozent gestiegen – auf et­
wa 1.037 Mio. € gegenüber 612 Mio. € 2006
(jeweils mit Dunkelziffer). Im Jahr 2005 waren
es rund 445 Mio. €. An diesen Zahlen lässt
sich ablesen, wie sehr die Bedeutung des
Zweitmarkts für Zeichner geschlossener Fonds
zugenommen hat und wie viel besser die Mög­
lichkeit geworden ist, sich eines funktionie­
renden Zweitmarkts zu bedienen – sei es als
Verkäufer oder Käufer.
Denn Situationen, die es wünschenswert oder
sogar notwendig machen, sich von seinen An­
teilen zu trennen, gab es schon immer – neu
sind aber neutrale Plattformen, die die Fungibi­
lität und damit die Attraktivität des Produkts
wesentlich verbessern. Sie haben eine Markt­
lücke geschlossen. Denn früher waren Anle­
ger, die ihre Anteile verkaufen wollten, auf die
Kooperation des Initiators, auf spezielle Zweit­
marktfonds oder eine Offerte per Zeitungsin­
serat angewiesen.
Handel ist einfacher und transpa­
renter geworden
Der Handel mit Anteilen geschlossener Fonds
war vor der Etablierung unabhängiger Zweit­
marktbörsen wesentlich schwieriger. Zudem
konnte der Anleger nie ganz sicher sein, dass
er einen marktgerechten Preis für sein Ange­
bot erhielt. Der Preis an der Börse wird dage­
gen ausschließlich durch Angebot und Nach­
frage bestimmt, ist also stets marktgerecht.
Die Wertermittlung war – aufgrund der fehlen­
den Vergleichbarkeit – stets das größte Pro­
blem beim Handel mit „gebrauchten“ Fondsan­
teilen. Schließlich unterscheiden sich allein die
Prognoseparameter, die für die einzelnen
Fonds festgelegt werden, deutlich – beispiels­
weise die Höhe der Inflationsrate, die Annah­
men zur Anschlussvermietung oder die ver­
schiedenen Methoden zur Renditeberechnung.
Aus diesen Gründen eben war der Erwerb von
„gebrauchten“ Anteilen geschlossener Fonds
lange etwas für Insider. Bei ihnen handelte es
sich meist um Experten, die sich in diesem
sehr lukrativen Anlagesegment hervorragend
auskannten – ganz im Unterschied zu den Ver­
käufern. All dies ist heute nur noch eine Aus­
Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e. V.
nahmeerscheinung. Die Motive sowohl der
Käufer als auch der Verkäufer sind andere als
früher. Geändert hat sich vor allem eines: Je
nach Fondsgattung sind die Gründe andere.
Unterschiedliche Motive für Kauf und
Verkauf
Wer beispielsweise Schiffsfonds kauft oder ver­
kauft hat meist ganz andere Gründe als Erwer­
ber oder Verkäufer von Immobilienfonds. Und
selbst bei den verschiedenen Arten von Immo­
bilienfonds sind die Motive ganz unterschied­
licher Natur – je nachdem, ob es sich um Deut­
schlandfonds oder Auslandsfonds handelt.
Bei deutschen Immobilienfonds besteht insbe­
sondere im Segment der nach der Wiederver­
einigung zahlreich aufgelegten Berlin-/Ostim­
mobilienfonds ein erheblicher Bedarf für einen
funktionierenden Zweitmarkt.
Viele Anleger, die zu Beginn der 90er Jahre
vornehmlich aus steuerlichen Gründen ge­
zeichnet haben, suchen nun nach einer Aus­
stiegsmöglichkeit. Da die Spekulationsfrist für
diese Fonds inzwischen abgelaufen ist, gibt
es – Gewinnerzielungsabsicht des Anlegers
vorausgesetzt – keine steuerlichen Gründe
mehr, die gegen einen Verkauf sprechen.
Gleichzeitig ist das Anlegerinteresse für deut­
sche Immobilien in den vergangenen Jahren
vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden
wirtschaftlichen Erholung und des Preisanpas­
sungspotenzials deutscher Objekte stark ge­
stiegen. Insbesondere ausländische Investoren
haben in den vergangenen Jahren mehrere Mil­
liarden in deutsche Immobilien investiert –
Tendenz steigend.
Attraktive Immobilien in ostdeutschen
Wachstumskernen
Neben Immobilien in den alten Bundesländern
gelten zunehmend auch Immobilien in den
Wachstumskernen der neuen Bundesländer
als attraktiv. Insbesondere Städte wie Leipzig
und Dresden sind hier zu nennen. Da in den
letzten Jahren keine Fonds mehr mit Objekten
in den neuen Bundesländern aufgelegt wur­
den, ist der Zweitmarkt die einzige Möglichkeit,
hier zu investieren.
30
Ganz anders ist die Situation bei den ge­
schlossenen Auslandsimmobilienfonds. Wie ei­
ne Befragung der renommierten europäischen
Ratingagentur Feri Rating & Research, Bad
Homburg, ergeben hat, haben Anleger von
Fonds mit ausländischen Immobilien – ganz im
Gegensatz zu solchen mit deutschen Immobili­
en – überwiegend gute Erfahrungen gesam­
melt. Die gute Performance der meisten Aus­
landsimmobilienfonds nehmen einige Anleger
zum Anlass, aus ihrer langfristigen Anlage aus­
zusteigen und bereits nach einigen Jahren eine
überzeugende Gewinnmitnahme zu erzielen.
Im Erstmarkt werden derzeit die klassischen
Core-Produkte – Fonds mit fertiggestellten
und gut vermieteten Objekten – nur noch sel­
ten angeboten, weil die Preise für solche Im­
mobilien stark gestiegen sind und die Anbieter
daher auf Produkte im höheren Chancen-Ri­
siken-Segment ausweichen, wie Projektent­
wicklungsfonds. Anleger, die weiterhin kon­
ventionelle Fonds bevorzugen, finden auf dem
Zweitmarkt daher ein wesentlich umfang­
reicheres Angebot interessanter Core-Pro­
dukte.
Zweitmarkt ist vielfältiger geworden
Insgesamt ist der Zweitmarkt für geschlossene
Fonds also vielfältiger geworden. Neben den
genannten unterschiedlichen Motiven wird der
Boom am Zweitmarkt aber insbesondere
durch zwei immer gleiche Ursachen forciert:
Zum einen schätzen viele Anleger die Tatsa­
che, dass die „Restlaufzeit“ dieser Fonds kür­
zer ist als bei Angeboten am Erstmarkt. Wenn
der Fonds bereits vor vielen Jahren aufgelegt
wurde, ist ein Ende der Beteiligung durch den
Verkauf des Investitionsobjektes und die an­
schließende Liquidierung des Fonds nicht
mehr in so weiter Ferne wie bei einem neu
aufgelegten Fonds.
Und zudem müssen Anleger sich bei neuen
geschlossenen Fonds ausschließlich auf Pro­
gnosen in den Prospekten verlassen, da ja
noch keine tatsächlichen Erfahrungswerte
über den Verlauf des Fonds vorliegen. Das ist
bei gebrauchten Fonds anders, da diese be­
reits über einen „Track-record“ verfügen – der
Anleger kann genau prüfen, welche Ergeb­
nisse der Fonds in der Vergangenheit erwirt­
schaftet hat.
.OMINALUMSATZôINô-IOôòô
INKLô$UNKELZIFFER
Kontakt:
Zweitmarkt Plus AG
Fasanenstraße 85
10623 Berlin
Tel 030/800 93 12 0
Fax 030/800 93 12 99
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Das Letzte
von Tibet Neusel
Das Letzte
Die Welt der Fonds ist voller Meldungen.
Nicht alle verdienen oder erfordern einen ei­
genen Artikel. Deshalb möchte ich hier am
Schluss unseres Heftes die Reste zusammen­
kehren.
Fonds vererben
Fonds zu vererben soll teurer werden. Das gilt
insbesondere für Schiffsfonds. Der erbschaftsund schenkungssteuerliche Wert eines Fonds
ist nach geltendem Recht der Bilanzwert. Das
führt meist zu einer Unterbewertung, da beim
Bilanzwert die Verbindlichkeiten des Fonds
voll, die stillen Reserven aber gar nicht bei der
Wertbildung berücksichtigt werden.
Zur Verdeutlichung: Für einzelne Schiffsfonds
werden bis zu 200 % des Eigenkapitals als
Kaufpreis geboten. Das ist der reale Wert, der
steuerliche Wert liegt meist deutlich darunter.
Fondsbeteiligungen sollen nach neuem Recht
mit ihrem Ertragswert bewertet werden. Da­
durch wird zunächst der Steuerwert deutlich
erhöht. Dazu kommt, dass nach geltendem
Recht bei gewerblichen Fonds besondere
Freibeträge und ein Bewertungsabschlag in
Anspruch genommen werden können – zu­
sammen immerhin über 250.000 €. Auch da­
mit wird nach neuem Recht Schluss sein.
Nach der Planung soll das neue Erbschaftsund Schenkungssteuergesetz ab 01. 07. 2008
in Kraft treten. Die Buschtrommel meldet zwar,
dass die Koalition bis dahin ihre Streitigkeiten
nicht beigelegt haben wird. Die Buschtrom­
mel ist aber nicht immer zuverlässig. Wer bei
sich Handlungsbedarf sieht, der möge jetzt
einen Spezialisten konsultieren.
Vererben von Verlusten
Wer seinen Kindern schon kein Vermögen
hinterlassen konnte, der konnte ihnen bis vor
kurzem wenigstens seine steuerlichen Verlus­
te vermachen, die sie dann mit ihren positiven
Einkünften aufrechnen konnten, wenn sie
denn welche hatten. Damit ist es nun vorbei.
Die Verluste sterben mit den Erblassern, nur
auf die Gewinne müssen die Erben weiter
Steuern zahlen. (Bitte denken Sie jetzt nichts.)
Davon sind zweierlei Fallgestaltungen nicht
betroffen: Erstens bleiben auch im Erbfall die
negativen Kapitalkonten in den Abschlüssen
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von Fondsgesellschaften negativ, obwohl die
aufgrund von Verlusten entstanden sind. Man
kann also nicht mehr Verluste vererben, aber
weiterhin negative Werte. Zweitens gilt das
nicht für Steuersparmodelle im Sinne des § 15b
EStG, also solchen Modellen, die nach dem
11.11. 2005 vertrieben worden sind. Hier sind
die Verluste aus einer Beteiligung nur mit Ge­
winnen aus derselben Beteiligung ausgleich­
bar. Deshalb werden sie gesondert und einheit­
lich festgestellt. Diese Verluste bleiben erhalten
und werden mit der betreffenden Fondsbeteili­
gung vererbt.
Die Haftungsklagen des Jahres 2015
Die Abgeltungssteuer wird zurzeit genutzt, um
eine Steuerpanik unter Anlegern zu schüren.
Immer tollere Fonds-Konstruktionen kommen
auf den Markt, die diese Steuer vermeiden sol­
len, insbesondere im privat Equity-Bereich,
den Experten sowieso für das Problemfeld der
Zukunft halten. Die Konstruktionen sind kaum
noch zu durchschauen, die Prospekte selten
inhaltsleer – hoffentlich werden Sie gut bera­
ten. Wurden Sie schlecht beraten, können Sie
einen Schadenersatzanspruch gegen Ihren
Berater geltend machen. Nur: Sie müssen Ih­
ren Anspruch beweisen. Wissen Sie noch
ganz genau, was alles besprochen wurde, als
Sie 1999 bei Ihrer Bank saßen? Und können
Sie es beweisen?
Halten Sie mich bitte nicht für zynisch, wenn
ich jetzt ein paar Tipps gebe, wie wir uns auf
Ihren Haftungsprozess im Jahr 2015 vorberei­
ten. Es ist ja auch nicht zynisch, wer Ihnen rät,
beim Autofahren den Sicherheitsgurt anzule­
gen.
Erstens: Sorgen Sie für gute Gegner; kaufen
Sie deshalb nur bei finanzstarken Vertrieben,
die es in 10 Jahren wahrscheinlich auch noch
geben wird (meist Banken).
Zweitens: Gehen Sie nicht allein zur Beratung.
Nehmen Sie aber möglichst nicht Ihren Ehe­
partner mit. Der wird vor Gericht häufig als
Zeuge zweiter Klasse behandelt. Gehen Sie
gerne mit Ihrem Rechtsanwalt oder Steuerbe­
rater, aber nur, wenn dieser im Zusammen­
hang mit der Fondszeichnung keine Beratungs­
aufgabe hatte. In ländlichen Gegenden in
Süd­deutschland ist auch der örtliche Geistliche
ein geeigneter Begleiter. Der Begleiter sollte,
wie auch der Vertrieb, noch eine gute Chance
haben, die nächsten 10 Jahre zu überleben.
Tibet Neusel
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Steuerrecht
Zur Person:
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Steuerrecht, zuvor Hauptsachgebietsleiter in der Berliner
Finanzverwaltung. Autor zahlreicher
Rechtsratgeber.
Ständiger Berater des
Aktionsbundes aktiver
Anlegerschutz
Kontakt:
Reinhardtstr. 18
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Tel.: 0 30/13 89 60 60
Fax: 0 30/13 89 60 61,
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Besprechen Sie mit Ihrem Begleiter vorab, was
Sie alles sagen und fragen wollen, damit dieser
vorbereitet in das Gespräch geht (und Sie
auch).
Beim Beratungsgespräch sollten Sie dem Be­
rater insbesondere mitgeteilt haben, dass Sie
ein unerfahrener, risikoscheuer, konservativer
Anleger sind. Machen Sie klar, dass Sie um­
fassende Beratung in Kapitalanlagefragen
brauchen, nicht nur ein Verkaufsgespräch. Sie
sollten investigativ nach Risiken, Renditeer­
wartungen, Vertriebsprovision, Laufzeit, Zweit­
markt fragen, Sie sollten auch fragen, ob die
Bank das Produkt selbst geprüft hat. Lassen
Sie sich hier nicht mit allgemeinen Floskeln ab­
speisen, sondern beharren Sie auf klarer, ein­
deutiger Information. Wenn der Berater Sie auf
den Prospekt verweist, dann fragen Sie bitte, ob
denn auch alles stimmt, was im Prospekt steht.
Drittens: Nach dem Gespräch sollten Sie und
Ihr Zeuge zeitnah ein Gedächtnisprotokoll an­
fertigen. Hierzu gehören auch Randdetails: Wo
hat das Gespräch stattgefunden? Wie war das
Wetter? Wie lange kannten Sie den Berater etc.
Erweist sich Ihre Investition nach einigen Jah­
ren als Fehlschlag, dann kommen Sie bitte zu
mir – auf diesen Fall freue ich mich. Ach ja, be­
vor Sie zur Bank gehen, schließen Sie bitte ei­
ne Rechtschutzversicherung ab und denken
Sie an die Wartezeit!
Ihr
Tibet Neusel
Chefredakteur
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