KONZEPTION der Vollzeitpflege für den Bereich
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KONZEPTION der Vollzeitpflege für den Bereich
Universität Siegen Integrierter Studiengang Sozialpädagogik und Sozialarbeit Fachbereich II Diplomarbeit Pflegeelternseminare Eine Studie zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern Vorgelegt von: ANNA KLEMP Siegbergstraße 16 57072 Siegen Matrikelnummer: 666538 Referent: Prof. Dr. KLAUS WOLF Koreferent: apl. Prof. Dr. NORBERT GRODDECK Siegen im September 2007 Danksagung Danksagung Zunächst möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Jugendämter und freien Träger bedanken, die mir die Konzeptionen der Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber zur Verfügung gestellt haben. Ich bin bei ihnen auf großes Interesse am Thema meiner Arbeit gestoßen und fand in ihnen offene Gesprächspartner, die versuchten, jede meiner Fragen zu beantworten. Ohne ihre Unterstützung hätte ich diese Diplomarbeit in dieser Form nicht schreiben können. Ich möchte Professor Doktor Klaus Wolf für seine Begleitung und Unterstützung während der Diplomarbeit danken. Er hat mir nicht nur den Kontakt zu einem der freien Träger ermöglicht, sondern mir im richtigen Moment wichtige Denkanstöße gegeben. Außerdem vermittelt er auf eine ganz besondere Art und Weise immer wieder, was das Besondere am Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ausmacht. Meinem Lebensgefährten Moritz Hielscher möchte ich an dieser Stelle dafür danken, dass er nicht nur unermüdlich mit mir in Gedankenaustausch war, sondern auch zu Hause dafür gesorgt hat, dass ich mich voll und ganz auf diese Arbeit konzentrieren konnte. Nicht zu vergessen sind auch alle Freunde, Bekannte und Verwandte, die nicht müde wurden, sich Geschichten aus der “Welt der Diplomarbeit“ anzuhören und immer Verständnis gezeigt haben, wenn sie mich auf grund der Arbeit kaum noch zu sehen bekamen. Ein besonderer Dank geht an meine Eltern Angelika und Detlev Klemp, die nicht nur unermüdlich Korrektur gelesen haben sondern mich schon mein ganzes Leben lang unterstützen und immer für mich da sind und an mich glauben. Meiner Schwester Franziska danke ich dafür, dass sie mich durch ihre fröhliche Art immer wieder abgelenkt hat, wenn ich das Gefühl hatte, dass es nicht weitergeht (vielen Dank für die tolle Geburtstagskarte und das viele gemeinsame Lachen in unseren Telefonaten). 1 Vorwort Vorwort Die Idee, meine Diplomarbeit über Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber1 in Deutschland zu schreiben entstand, während ich mich im Rahmen eines Seminars mit den Entwicklungen im nationalen und internationalen Pflegekinderwesen beschäftigte. In diesem Seminar wurde von jedem Teilnehmer2 das Pflegekinderwesen eines europäischen Landes vorgestellt. Ich beschäftigte mich mit dem schwedischen Pflegekinderwesen und stieß dabei auf eine Beschreibung, wie in Schweden die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform gestaltet wird. Die schwedische Konzeption der Seminararbeit für Pflegeelternbewerber war sehr detailliert und ihre Inhalte überzeugten mich davon, wie wichtig es ist, Pflegeeltern auf ihre Tätigkeit gründlich vorzubereiten. Daraus entwickelte sich das Interesse nachzuforschen, wie die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Deutschland gestaltet ist. Bereits zu Beginn der Erhebung wurde mir bewusst, dass es schwierig werden könnte an Fakten, Daten und Informationen heranzukommen. Die entsprechenden Fachkräfte der Jugendämter, zu denen ich Kontakt aufnahm, beglückwünschten mich zwar häufig zu meiner Themenwahl, teilten mir aber dann in der Regel mit, dass ihre Einrichtung leider keine Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber anbieten oder das Konzept der Vorbereitung gerade überarbeitet wird. Ein Anbieter händigte mir die Konzeption der Seminararbeit mit Pflegeelternbewerbern nicht aus, weil er befürchtete, dass andere Einrichtungen “abschreiben“ könnten. Auch die Suche nach Fachliteratur zu diesem Thema gestaltete sich schwierig. In einigen Texten wurden Funktionen genannt, die der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform zugeschrieben werden. Dies bestätigte mich in der Annahme, dass die Vorbereitung der Pflegeelternbewerber auf ihre späteren Aufgaben als Pflegeeltern für das Gelingen einer Inpflegegabe von Bedeutung ist. Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, allgemein gültige Aussagen über die Gestaltung von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber zu treffen. Dies ist aufgrund der geringen Datenmenge (vier Konzeptionen) auch gar nicht möglich. 1 2 Ich benutze in dieser Arbeit den Begriff Pflegeelternbewerber, da er meines Erachtens die betreffende Personengruppe am genauesten beschreibt. Es handelt sich in der Regel um Personen, die gerne Pflegeeltern werden möchten, dies aber noch nicht sind. Die vorliegende Arbeit ist in der maskulinen Form geschrieben, um die umständliche Benennung jeweils beider Geschlechter zu vermeiden, bezieht dabei aber gleichberechtigt Männer und Frauen mit ein. 2 Vorwort Vielleicht kann sie aber ihren Teil dazu beitragen, auf den Mangel an empirischer Forschung im Hinblick auf Vorbereitungsseminare und deren Gestaltung im Pflegekinderwesen aufmerksam zu machen und die fachliche und öffentliche Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dieses Bereichs für das Pflegekinderwesen zu lenken und das derzeitige Vorgehen zu hinterfragen, um die Praxis zum Wohle aller Beteiligten und damit letztendlich zum Wohle der Kinder zu gestalten. 3 Inhaltsverzeichnis Danksagung...................................................................................................... S. 1 Vorwort.............................................................................................................. S. 2 Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. S. 4 Einleitung .......................................................................................................... S. 6 Kapitel I: Theoretische Grundlagen 1. Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte............................. ... S. 8 1.1. Die Anfänge der Familienpflege im Altertum und Mittelalter................. S. 8 1.2. Von systematischer Ausbeutung zu ersten Ansätzen systematischer Hilfe – Das 18. und 19. Jahrhundert .......................... S. 9 1.3. Der Erste und der Zweite Weltkrieg – Hilfe in Zeiten der Not ............... S. 10 1.4. Das Pflegekinderwesen von 1945 bis heute ........................................ S. 12 2. Das Pflegekinderwesen heute ..................................................................... S. 15 2.1. Daten zum heutigen Pflegekinderwesen .............................................. S. 15 2.2. Möglichkeiten und Grenzen des Pflegekinderwesens .......................... S. 16 3. 4. 5. 6. Die verschiedenen Pflegeformen................................................................. S. 18 Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens ........................ S. 20 Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern ....................................... S. 24 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur ............... S. 27 Kapitel II: Die Konzeptionen 1. Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare ...................... S. 33 2. Die Vorbereitungsseminare ......................................................................... S. 35 3. Pro Kind e.V. Schwerin................................................................................ S. 35 3.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 35 3.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 36 3.3. Die einzelnen Veranstaltungen ............................................................ S. 38 3.3.1. Die Einführungsveranstaltung ..................................................... S. 38 3.3.2. “Das andere Verhalten“ ............................................................... S. 38 3.3.3. Die Bindungstheorie .................................................................... S. 40 3.3.4. Das Leben mit zwei Familien....................................................... S. 41 3.3.5. Amtsstruktur, Hilfeprozess, Hilfeplan und einzelne Zuständigkeiten ...................................................... S. 43 3.3.6. Rechtliche Aspekte des Pflegekinderwesens .............................. S. 44 3.3.7. Familie als Begriff ........................................................................ S. 45 3.3.8. Die öffentliche Familie ................................................................. S. 46 3.3.9. Die Abschlussveranstaltung ........................................................ S. 47 3.4. Weiteres Vorgehen................................................................................ S. 47 4. Deutsches Rotes Kreuz Köln....................................................................... S. 49 4.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 49 4.2. Die einzelnen Veranstaltungen ............................................................ S. 49 4.2.1. Modul I Rechtliche Grundlagen und Zusammenarbeit mit dem Jugendamt ..................................................................... S. 49 4.2.2. Modul II Selbsterfahrung Familie ................................................. S. 50 4.2.3. Modul III Wie zeigen / äußern Pflegekinder, was sie brauchen? & Modul IV Pflegekinder leben zwischen zwei Familien ................. S. 50 5. Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main ........................................ S. 52 5.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 52 4 Inhaltsverzeichnis 5.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 53 5.3. Die einzelnen Abendveranstaltungen................................................... S. 54 5.3.1. Der erste Abend .......................................................................... S. 54 5.3.2. Der zweite Abend ........................................................................ S. 54 5.3.3. Der dritte Abend .......................................................................... S. 54 5.3.4. Der vierte Abend.......................................................................... S. 55 5.3.5. Der fünfte Abend ......................................................................... S. 55 6. Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern............................................ S. 56 6.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 56 6.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 57 6.3. Die Arbeitseinheiten ............................................................................. S. 57 6.3.1. Der Vorbereitungsabend.............................................................. S. 57 6.3.2. Die erste Arbeitseinheit: Begrüßung............................................ S. 59 6.3.3. Die zweite Arbeitseinheit: Die aktuelle Familienstruktur .............. S. 60 6.3.4. Die dritte Arbeitseinheit: Veränderungen der Familienstruktur .... S. 61 6.3.5. Die fünfte. Arbeitseinheit: Abschluss ........................................... S. 62 7. Schweden – Die PRIDE-Methode................................................................ S. 64 7.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 64 7.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 65 7.3. Die Inhalte der einzelnen Veranstaltungen........................................... S. 65 Kapitel III: Ergebnisse 1. Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen ............................................. S. 70 1.1. Die Teilnehmerzahl .............................................................................. S. 70 1.2. Der zeitliche Umfang ............................................................................ S. 71 1.3. Die Leitung der Vorbereitungsseminare ............................................... S. 71 1.4. Die Kinderbetreuung ............................................................................ S. 72 1.5. Die Inhalte ............................................................................................ S. 72 1.6. Die Methoden....................................................................................... S. 76 1.7. Die Ziele der Seminararbeit.................................................................. S. 76 1.8. zusätzliche Materialien ......................................................................... S. 79 1.9. Die Auswertung.................................................................................... S. 79 2. Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare ........................... S. 82 2.1. Die Seminarform .................................................................................. S. 82 2.2. Die Teilnehmerzahl .............................................................................. S. 82 2.3. Der zeitliche Umfang ............................................................................ S. 83 2.4. Die Methoden....................................................................................... S. 83 2.5. Die Inhalte ............................................................................................ S. 84 2.6. Abschließende Gedanken .................................................................... S. 85 3. Persönliche Schlussbemerkungen............................................................... S. 87 4. Literaturverzeichnis...................................................................................... S. 89 5. Verzeichnis verwendeter Onlinedokumente ................................................ S. 92 6. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis .......................................................... S. 93 7. Erklärung ..................................................................................................... S. 94 Anhang: Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD)............................... A I Leitfaden für ein Bewerbergespräch (FBB)............................... A II Soziale Sicherung Kinder- und Jugendhilfe Deutschland ......... A III Konzeption der Vollzeitpflege (Mühlheim a. d. Ruhr) ................ A IV 5 Einleitung Einleitung Pflegekinder sind Kinder und Jugendliche3, die aufgrund von Problemen in ihrern Herkunftsfamilien4 (z.B. Gewalt, Drogen, Vernachlässigung) - zumindest vorrübergehend - nicht bei ihren leiblichen Eltern leben und aufwachsen können und vom Jugendamt in eine Pflegefamilie5 vermittelt werden. Diese Form der Hilfe zur Erziehung birgt viele Schwierigkeiten für die Herkunftseltern, die verantwortlichen Fachkräfte des Jugendamtes und die Pflegeeltern, da diese gemeinsam dafür sorgen sollen, den besonderen Bedürfnissen der Pflegekinder gerecht zu werden. Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht die Frage nach der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern auf ihre schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe als Pflegefamilie und wie diese Vorbereitung in Deutschland gestaltet ist. Gibt es vielleicht bestimmte Gemeinsamkeiten bei der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern, die darauf hindeuten, dass diese eine besondere Bedeutung haben könnten und wie könnte eine gute Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern aussehen? Zunächst werde ich einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Pflegekinderwesens geben. Dies soll vor allem im Hinblick auf die sich im Laufe der Jahrhunderte wandelnden Anforderungen an Pflegeeltern geschehen. Anschließend werde ich die aktuelle Situation des Pflegekinderwesens in Deutschland beschreiben und unterschiedliche Formen der Familienpflege, sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Inpflegegabe vorstellen. Außerdem werde ich einen klassischen Bewerbungs- und Vermittlungsprozess, wie er in der Praxis stattfindet schildern. Es geht mir in diesem ersten Teil vor allem um die Aufgaben, die Pflegeeltern und Fachkräfte erfüllen sollen und die Probleme, die bei einer Inpflegegabe für alle am Hilfeprozess Beteiligten entstehen können. 3 4 5 Im Folgenden benutze ich der Einfachheit halber den Begriff “Kinder“ für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr. Ich verwende in dieser Arbeit den Begriff “Herkunftsfamilie“ als Überbegriff für die verschiedenen Familienformen aus denen Pflegekinder stammen können. Hierbei schließe ich die “klassische Familie“, alleinerziehende Personen, Paare in eheähnlichen Lebensgemeinschaften und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gleichberechtigt mit ein. Auch der Begriff “Pflegefamilie“ steht als Überbegriff für verschiedene Familienformen (siehe “Herkunftsfamilie“) 6 Einleitung Im Anschluss daran werde ich mich mit der Diskussion von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur beschäftigen und die dort vertretenen Positionen wiedergeben. Von besonderem Interesse sind an dieser Stelle die in der Fachliteratur genannten Funktionen, die die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern erfüllen soll. Als nächstes werde ich den Erhebungsprozess schildern und im Anschluss daran die vier von mir gesammelten Konzeptionen zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform vorstellen. Im nächsten Schritt erfolgt die Auswertung der Vorbereitungsseminare im Hinblick auf Rahmenbedingungen, eingesetzte Methoden, behandelte Themen und formulierte Ziele. Anschließend werde ich noch eine schwedische Konzeption zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern vorstellen. Dies geschieht, weil diese Konzeption zwei Aspekte hat, die mir für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern wichtig erscheinen und in den mir vorliegenden deutschen Konzeptionen nicht vorgesehen sind. Zusammenfassend aus den Informationen der dieser Arbeit zugrunde liegenden fünf Konzeptionen werde ich Standards erstellen, wie ein Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber in meinen Augen aussehen beziehungsweise ablaufen sollte. 7 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte 1. Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte Es hat eine lange Tradition, Kinder und Jugendliche, die aus bestimmten Gründen nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben und aufwachsen können, in einer anderen Familie unterzubringen. Dies gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern. 1.1 Altertum und Mittelalter Im Altertum und im Mittelalter wurden elternlose Kinder meist von Verwandten aufgenommen. Diese waren durch die Vormundschaft dazu verpflichtet, sich um das Kind zu kümmern und es in ihre Familie mit aufzunehmen. Konnte keine Familie ausfindig gemacht werden, oder gab es keine mehr, so nahm sich in der Regel die Kirche des Kindes an und vermittelte es an eine Witwe, einen Mönch, oder eine “wohltätige“ Familie. Im späten Mittelalter (im 14. und 15. Jahrhundert) wurden von der Kirche und bürgerlichen Stiftungen Anstalten und Hospitäler eingerichtet, um die steigende Zahl an Waisen und Findelkindern zu versorgen. Außerdem wurden vor allem Säuglinge in die Obhut von Ammen gegeben. Diese Ammen wurden für ihre Tätigkeit entlohnt, allerdings handelte es sich oft nur um eine Einmalzahlung. Die Sterblichkeitsrate dieser Kinder lag bei bis zu 75 Prozent, wohl auch, weil die Ammen meist mehrere Kinder gleichzeitig versorgten oder aufhörten sich um die Kinder zu kümmern, nachdem sie ihre Entlohnung erhalten hatten. So entstand der Begriff der “Engelmacherei“6 beziehungsweise der “Engelmacherin“, der bis ins 19. Jahrhundert Frauen bezeichnete, die Kinder in ihre Obhut nahmen, sie aber anschließend nicht ausreichend versorgten. (vgl. BLANDOW 2004, 20ff) Ende des 15. Jahrhunderts fanden einige tiefgreifende Veränderungen statt. Zum einen wurde im Zuge der Entwicklung neuer Produktionsformen die Anschauung geprägt, dass Armut selbstverschuldet und moralisch verwerflich sei, zum anderen wurden Kinder erstmals als erziehungsbedürftig angesehen. Dies hatte zur Folge, dass im 16. Jahrhundert Erziehung zum gesellschaftlichen Programm wurde, wobei Erziehung vor allem Erziehung zur Arbeit bedeutete. Die Anstaltsleitungen wurden dazu ermahnt, bei der Auswahl der Pflegeeltern auf deren Eignung zur Erfüllung 6 Heute wird dieser Begriff im Bezug auf Abtreibungen benutzt. (vgl. MACKENSEN 1991, 315) 8 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte dieser Aufgabe zu achten. Da viele Pflegekinder trotzdem für die Pflegefamilie betteln geschickt wurden, wurde jedoch weiterhin vermehrt auf Waisen-, Armen- und Arbeitshäuser gesetzt, um diese Aufgabe zu erfüllen. Dort wurden die Kinder zur Arbeit gezwungen, oft in Betrieben, die den Anstalten angegliedert waren. Bis ins 18. Jahrhundert entstand so ein Ausbeutungssystem, das seines gleichen sucht. Auch das Leben in Pflegefamilien war zu dieser Zeit ähnlich geprägt, denn dort wurden die Kinder ebenfalls zur Arbeit eingesetzt oder betteln geschickt. (vgl. BLANDOW 2004, 24ff) 1.2. Von systematischer Ausbeutung zu ersten Ansätzen systematischer Hilfe – Das 18. und 19. Jahrhundert Ende des 18. Jahrhunderts stieß diese Ausbeutung der Kinder an ihre Grenzen da sie, auf Grund der hohen Sterblichkeitsraten der Kinder, der Bildung von arbeitsamen Kräften entgegenwirkte. Es kam zum sogenannten “Waisenhausstreit“7 aus dem sich zum einen eine Reformierung der Anstalten und zum anderen eine Systematisierung der Inpflegegabe von elternlosen Kindern entwickelte. Die Organisation des Ziehkinderwesens (heute und im Folgenden Pflegekinderwesen) wurde im 19. Jahrhundert mit der Armenpflege verknüpft. Sie wurde so zu einer öffentlichrechtlichen Aufgabe. Allerdings blieben die Vernachlässigung und die hohe Sterblichkeitsrate von in Pflege gegebenen Kindern ein großes Problem. Vor allem die privat vermittelten Kinder von jungen allein stehenden Müttern, die oft bei den Großmüttern oder anderen Verwandten untergebracht wurden, starben häufig, da es den Pflegenden meist ebenso schlecht ging, wie den Kindesmüttern, die unter ärmlichsten Bedingungen lebten. Es wurden zwar, wenn auch uneinheitlich, in vielen Städten und Ländern spezielle Regelungen für die Aufsicht von Pflegekindern erlassen, so gab es zum Beispiel (minimale) Pflegegelder und Kontrollen der Pflegestellen durch meist ehrenamtlich tätige Frauen. Diese zeigten aber nicht den erhofften Erfolg. (vgl. BLANDOW 2004, 27ff) 1880 wurde der “Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit“ (heute “Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge“) gegründet, um mehr 7 Ein Streit der in vielen deutschen Städten zwischen Befürwortern und Gegnern der Anstalts- und der Familienpflege geführt wurde und sich über die Jahrzehnte 1770 bis 1820 erstreckte. (vgl. BLANDOW 2004, 27f) 9 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte Einheitlichkeit im Bereich der öffentlichen und privaten Wohltätigkeit zu schaffen. (vgl. BLANDOW 2004, 33f) Von großer Bedeutung für die Pflegeeltern, beziehungsweise Ziehmütter (im Folgenden Pflegemütter), war die Erkenntnis des Leipziger “Ziehkinderarztes“ Dr. Taube, dass die hohe Sterblichkeit der Ziehkinder (im Folgenden Pflegekinder) nicht nur auf die Nachlässigkeit der Pflegemütter oder gar “Engelmacherei“ zurückzuführen war, sondern dass viele der Kinder bereits krank in die Pflegestellen gegeben wurden. Er reagierte darauf mit der Schulung von „Pflegedamen“, die die meist wohlwollenden, aber überforderten Pflegemütter berieten und unterstützten. Dies war die erste systematische Form von Beratung und Unterstützung für Pflegeeltern. Außerdem wies Dr. Taube darauf hin, dass viele Mütter unehelicher Kinder, die ihre Kinder in Pflege geben mussten, nicht in der Lage waren, das Ziehgeld regelmäßig zu zahlen, da die Väter keinen oder kaum Unterhalt zahlten. Er setzte sich daher für die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche der unehelichen Kinder gegenüber ihren Vätern auf Unterhalt ein. Er erreichte, dass die Stadt Leipzig zunächst (1886) eine Generalvormundschaft für Pflegekinder einführte und die Aufsicht über diese Pflegekinder der Ziehkinderanstalt (vergleichbar mit dem heutigen Pflegekinderdienst beziehungsweise Jugendamt) unterstellte. Diese Regelung wurde dann 1891 auch auf gegen Entgeld bei Verwandten untergebrachte Kinder und 1900 auch auf uneheliche Kinder, die bei ihrer Mutter lebten ausgeweitet. Dieses System breitete sich schnell aus und wurde bald im ganzen deutschen Reich angewandt. (vgl. BLANDOW 2004, 34f) 1.3. Der Erste und der Zweite Weltkrieg – Hilfe in Zeiten der Not Aus dieser neuen Situation ergaben sich viele Überlegungen, wie man das Pflegekinderwesen ausgestalten könnte und es wurden neue Vorschriften erlassen, die sich mit den Anforderungen an Pflegemütter beziehungsweise an Pflegestellen auseinander setzten. So wurde zum Beispiel festgelegt, dass Pflegekinder ein eigenes Bett (Lager) haben sollten, für ihre Reinlichkeit und ausreichende Ernährung zu sorgen sei, sie keine übermäßig harte Arbeit verrichten sollten, für ihre kirchliche und schulische Erziehung zu sorgen sei, sie nicht übermäßig gezüchtigt werden dürften und, dass die Pflegemütter der Kontrolle durch Pflegekinderärzte oder Pflegerinnen nicht entgegen wirken sollten, sondern deren Anordnungen zügig zu befolgen hätten. Allerdings entsprachen diese Forderungen vielerorts nicht 10 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte annähernd den Gegebenheiten in der Praxis, denn der Erste Weltkrieg und durch diesen bedingte Elend, Not, Armut oder auch Flucht taten ihr übriges, um eine Verbesserung der Bedingungen für Pflegekinder in weite Ferne rücken zu lassen. (vgl. BLANDOW 2004, 36ff) Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und den damit verbundenen Wandel der Staatsform von der Monarchie hin zur Demokratie der Weimarer Republik wurden die Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Kinderfürsorge wieder aufgenommen und führten 1922 schließlich zum Erlass des “Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes“. Die Einführung dieses Gesetzes hatte weitestgehend positive Folgen für das Pflegekinderwesen. Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz begründete das Jugendamt als Behörde, deren Aufgabe es nun war, alle Maßnahmen zur Förderung der Jugendwohlfahrt auszuführen. Das Jugendamt und somit der Staat übernahm so auch die Aufsicht über das Pflegekinderwesen und im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz wurden festgehalten, dass alle Pflegekinder (also auch die privat vermittelten) durch das Jugendamt beaufsichtigt und geschützt werden sollten. Pflegepersonen bedurften nun (mit einigen Ausnahmen) einer Erlaubnis durch das Jugendamt und diese Erlaubnis konnte bei Gefährdung des körperlichen, geistigen und sittlichen Wohles des Pflegekindes wieder entzogen werden. Der Staat übernahm so erstmals die Verantwortung für das Wohl der Pflegekinder. Die Aufnahme eines fremden Kindes wurde somit zu einer von der Gesellschaft an bestimmte “geeignete“ Personen übertragene Aufgabe. Dies führte dazu, dass nun nicht mehr vorrangig die Ärmsten aus der eigenen Not heraus ein Pflegekind aufnahmen, um mit dessen Pflegegeld das eigene Überleben zu sichern, sondern Familien, die diese gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen wollten und auch konnten übernahmen den Hauptteil der Pflege. (vgl. BLANDOW 2004, 40ff) Einen gravierenden Einschnitt im Pflegekinderwesen gab es mit dem Wechsel zur nationalsozialistischen Gesellschaft. Viele der Arbeitsprinzipien blieben zwar bestehen, es wurde aber verstärkt auf die Eignung der Pflegeeltern im Hinblick auf die “Rassenbestimmungen“ und auf die nationalsozialistische Gesinnung der Pflegeeltern geachtet. Ein neuer Aspekt für das Pflegekinderwesen war die Kontrolle der Erziehung durch einen “freien“ Träger (den NS-Wohlfahrtsverband), der die Vorbereitung, Vermittlung und Beratung der Bewerber übernahm. Es entstanden erste Pflegeelterngruppen und Bewerber wurden gezielt für ihre Aufgabe geschult. 11 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte Dies geschah vor allem im Hinblick auf das ideologische Gedankengut des Nationalsozialismus. (vgl. BLANDOW 2004, 43ff) 1.4 Das Pflegekinderwesen von 1945 bis heute Mit dem Zusammenbruch der faschistischen Diktatur und dem Tod von Millionen Vätern und Müttern durch den Zweiten Weltkrieg waren viele Kinder verwaist und Pflegefamilien waren nicht annähernd in ausreichender Zahl vorhanden. Die meisten Familien mussten um ihr eigenes Überleben kämpften und auch die Organisation des Pflegekinderwesens lag auf Grund der Nachkriegsereignisse (Flüchtlingsströme aus den Ostgebieten, Besatzungszonen, etc.) brach. Kinder wurden daher wieder vermehrt in Heimen untergebracht. Allerdings wurden Kinder zur “Erholung“ in Familien auf dem Land vermittelt. Aus diesen Pflegeverhältnissen (“Ferienfamilien“), die oft nur für kurze Zeit bestehen sollten, entwickelten sich häufig dauerhafte Pflegefamilien. (vgl. BLANDOW 2004, 49ff) Bei der Vermittlung von Familienlosen oder aus als “erziehungsunfähig“ geltenden Familien stammenden Kindern und Kindern unverheirateter Mütter ging man davon aus, dass diese Kinder “Erbschäden“ in sich trugen. Daher brachte man sie meist zunächst in einem Heim unter, um ihre “Familienreife“ zu überprüfen oder herzustellen. Das Pflegegeld, dass Pflegemütter für ihre Tätigkeit erhielten war minimal. Die Pflegefamilie wurde weitestgehend als Ersatzfamilie angesehen und der Kontakt zur Herkunftsfamilie auf ein Minimum beschränkt, um den “schädlichen“ Einfluss der Herkunftsfamilie zu begrenzen und die Pflegefamilie nicht damit zu belasten. (vgl. BLANDOW 2004, 52ff) Im Zuge der gesellschaftlichen Umbrüche der 60er Jahre (“68er“), der Bildungsreform und der Modernisierung aller gesellschaftlichen Institutionen, wurde auch die Jugendhilfe zunehmend “verwissenschaftlicht“. Man beschäftigte sich vermehrt mit den familiären Hintergründen von Heimunterbringungen und Inpflegegaben, der speziellen Eignung dieser Maßnahmen für die jeweiligen Kinder und auch den schwierigen Aufgaben, die diese Unterbringungsformen mit sich brachten. Die Pflegeeltern und ihre Stellung im System der Jugendhilfe wurden hinterfragt und eine verbesserte Beratung, Unterstützung und Vergütung wurde gefordert. 12 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte Heime gerieten im Zuge dieser Entwicklungen auf Grund ihres häufig repressiven Charakters und ihrer Anregungsarmut in die Kritik. Die Parole “Holt die Kinder aus den Heimen“ wurde in dieser Zeit laut und leistete dem Pflegekinderwesen Vorschub. Das “Kindeswohl“ rückte in den Fokus. (vgl. BLANDOW 2004, 55ff) In den 80er Jahren begann man damit, sich mit bindungstheoretischen Fragestellungen auseinander zu setzen, vor allem, weil man vermehrt Kinder berufstätiger Frauen bei Tagesmüttern unterbrachte. Die Analyse dieser Form der „Doppelbetreuung“ durch Mutter und Tagesmutter führte zu dem Ergebnis, dass man erkannte, dass die Aufrechterhaltung des Kontaktes zur Herkunftsfamilie nicht zwingend schädlich, sondern unter bestimmten Bedingungen sogar positiv für die Kinder war. Es entstand, als Gegenentwurf zum bis dahin praktizierten Ersatzfamilienmodell8 das Ergänzungsfamilienmodell9. Dies bedeutete auch, dass man die Motivation der Bewerber um ein Pflegekind neu hinterfragte und Pflegeeltern suchte, die bereit waren, die Herkunftsfamilie in ihre Arbeit mit einzubeziehen. Dies hatte einen starken Einfluss auf die Praxis der Pflegekinderdienste, da die Pflegeeltern für diese Aufgabe geschult werden mussten und auch die Herkunftsfamilien nun in die Arbeit mit einbezogen werden mussten. Vorbereitung, Schulung und Beratung im Pflegekinderwesen erhielten einen neuen Stellenwert. (vgl. BLANDOW 2004, 60ff) Mit der Einführung des Artikel 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG im BGB1. I S. 1163 am 26.06.1990) fand eine Neuregelung des Rechtsgebietes der Jugendwohlfahrt statt. Das KJHG wurde als achtes Buch (VIII) in das Sozialgesetzbuch (SGB) eingefügt und trat am 1.01.1991 in Kraft. (vgl. SCHULIN 2004, XLII) Das Pflegekinderwesen wurde so zu einer Form der Hilfe zur Erziehung neben anderen. Vor allem die ambulanten Hilfen, wie die Sozialpädagogische Familienhilfe, die bevorzugt eingesetzt wird, um eine Fremdplatzierung zu vermeiden, aber auch die Heimreform, führten dazu, dass auch das Pflegekinderwesen immer differenzierter und professionalisierter wurde und heute viele unterschiedliche Pflegeformen und Aufgabenbereiche bereit hält. 8 9 vgl. NIENSTEDT, W ESTERMANN 1989, 189ff vgl. GUDAT 1987, 54ff 13 Die Entwicklung der Familie in der Geschichte Dieser geschichtliche Abriss ist natürlich nicht vollständig. Es gibt sicher zahlreiche weitere Ereignisse und Bewegungen, die ebenfalls Einfluss auf das Pflegekinderwesen genommen haben. Er zeigt aber, dass das Pflegekinderwesen sich im Laufe der Geschichte immer an gesellschaftliche Gegebenheiten und Bedürfnissen orientiert hat, und dass diese zu seiner heutigen Ausgestaltung beigetragen haben. Je genauer man zum Beispiel die Bedürfnisse der Pflegekinder in den Blick nahm, umso größer wurden die Anforderungen an die Pflegeeltern, diese zu erfüllen. Dieser Entwicklungsprozess setzt sich bis heute fort. 14 Das Pflegekinderwesen heute 2. Das Pflegekinderwesen heute Wie bereits im Kapitel 1 “Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte“ kurz erwähnt, ist die Unterbringung eines Kindes in einer Familie, die nicht seine Herkunftsfamilie ist (Familienpflege bzw. Vollzeitpflege), heute eine von mehreren möglichen Hilfen zur Erziehung. 2.1 Daten zum heutigen Pflegekinderwesen Eine Bestandserhebung zum 31.12.2000 zeigt, dass ca. 123 397 Kinder, beziehungsweise deren Eltern, Hilfen zur Erziehung bekamen. Unterscheidet man die unterschiedlichen Hilfeformen nach Vollzeitpflege, Heimerziehung und familienorientierten oder ambulanten Hilfen (in diesem Fall nur Sozialpädagogische Familienhilfe und Unterbringungen in Tagesgruppen), so ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt 30,6 % der Kinder in Vollzeitpflegestellen untergebracht waren, 33,9 % in Heimen und 36,1 % ambulante Hilfen bekamen. (vgl. BLANDOW 2004, 37ff) Betrachtet man die begonnenen Hilfen im Jahr 2005, und wendet man die gleiche Kategorisierung wie Herr BLANDOW an, so zeigt sich, dass von insgesamt 65 002 neu begonnenen Hilfen nur 15,8 % Vollzeitpflege betrafen, 38,5 % waren Heimunterbringungen und 45,7 % ambulante Hilfen. (vgl. Soziale Sicherung, Kinderund Jugendhilfe im Anhang A III) Natürlich sind diese Zahlen nur schwer vergleichbar, vor allem, da es sich einmal um den Gesamtbestand handelt und einmal nur um neu begonnene Hilfen. Außerdem unterscheidet sich die “Verweildauer“ innerhalb der einzelnen Hilfen stark. Es lässt sich aber anhand dieser Zahlen erkennen, dass im Vergleich zur Heimunterbringung und den ambulanten Hilfen verhältnismäßig wenige Kinder in Pflegefamilien vermittelt wurden. Dies hat sich vermutlich auch in der Zwischenzeit nicht gravierend verändert. Die Kinder, die in Pflegefamilien vermittelt werden, sind häufig besonders junge Kinder, Kinder alleinerziehender und als “erziehungsunfähig“ geltender Mütter und Kinder, die als Folge eines Sorgerechtsentzuges fremdplatziert werden. (vgl. BLANDOW 2004, 120ff) Dies sind allerdings nicht die alleinigen Kriterien um zu entscheiden, ob diese oder eine andere Hilfe für das jeweilige Kind am sinnvollsten erscheint. Diese Entscheidungen werden unter anderem auch durch die jeweilige “Amtspraxis“ der 15 Das Pflegekinderwesen heute einzelnen Jugendämter, das Vorhandensein der einzelnen Hilfeformen in der Region und natürlich die persönliche Haltung der zuständigen Fachkräfte beeinflusst. (vgl. BLANDOW 2004, 112f) 2.2 Möglichkeiten und Grenzen des Pflegekinderwesens Kinder im Rahmen der Jugendhilfe in einer Pflegefamilie unterzubringen hat viele Vorteile. So kann diese Maßnahme Kindern, die nicht adoptiert werden können, gleichzeitig aber auch keine Familie haben, in der sie leben können, die Möglichkeit bieten, trotzdem in einer Familie aufzuwachsen. Sie ist eine Alternative zur Heimunterbringung, da sie private und intimere Erfahrungen ermöglicht. Eine Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie bietet überforderten Herkunftseltern die Möglichkeit zur Ordnung ihrer privaten Angelegenheiten, um die Erziehung des Kindes anschließend wieder selber übernehmen zu können. Um vorschnellen Entscheidungen (z.B. nach einer Inobhutnahme des Kindes) im Jugendamt entgegen zu wirken, kann eine befristete Unterbringung in einer Pflegefamilie Zeit verschaffen, um eine dauerhafte und geeignete Lösung zu suchen. Außerdem gibt sie Menschen, die dies wünschen, die Möglichkeit sich zu engagieren und ihr Familienleben zu bereichern. (vgl. BLANDOW 2004, 72) Natürlich bietet die Vermittlung eines Kindes in eine Pflegefamilie nicht nur besondere Möglichkeiten, sondern birgt auch Schwierigkeiten, die besonders für diese Hilfeform immanent sind. Einige möchte ich an dieser Stelle nennen. Es entsteht - im Rahmen dieser Jugendhilfemaßnahme - häufig eine ungewisse Situation für alle Beteiligten, da selten sicher gesagt werden kann, wann oder ob es zu einer Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie kommt. In dieser Ungewissheit für Pflegeeltern und Pflegekind kann es beiden Seiten schwer fallen, sich auf eine Bindung einzulassen, zumal diese Situation gegebenenfalls nicht von Dauer ist (“Eltern auf Zeit“). Für die betroffenen Kinder bedeutet eine Vermittlung in eine Pflegefamilie oft die Trennung von ihren Eltern und ihrem sozialen Umfeld. Dies bedeutet zum einen, dass sie sich von diesen entfremden, zum anderen geraten sie so in eine Situation, in der sie eventuell bis zu ihrer Verselbstständigung auf die Gunst ihrer Pflegeeltern angewiesen sind. Für die leiblichen Eltern kann die Aufnahme ihres Kindes in eine Pflegefamilie den endgültigen Ausschluss aus der Erziehung ihres Kindes bedeuten. 16 Das Pflegekinderwesen heute Außerdem ist es oft schwierig, für jedes Kind die passende Pflegefamilie zu finden und so viel Vorsicht man bei der Vermittlung eines Kindes auch walten lässt, ein Scheitern des Pflegeverhältnisses (im Sinne eines Abbruchs) ist nicht auszuschließen. (vgl. BLANDOW 2004, 72f) Um aber gleichzeitig die Bedürfnisse aller Betroffenen/Beteiligten zu erfüllen und Lösungen für die genannten Schwierigkeiten zu finden, muss das Pflegekinderwesen heute unterschiedliche Formen der Pflege bereithalten. 17 Die verschiedenen Pflegeformen 3. Die verschiedenen Pflegeformen Aus den unterschiedlichen jeweiligen “Bedürfnissen“, mit denen die Jugendämter konfrontiert werden, haben sich verschiedene Formen der Familienpflege entwickelt. Diese erfüllen inhaltlich von einander abweichende Aufgaben und werden zum Teil unterschiedlich finanziert. Unterschieden werden diese Pflegeformen in der Regel über die Zeitdauer, in der das Kind in einer anderen Familie betreut wird. Bei der Tagespflege handelt es sich um eine Unterbringung des Kindes bei Tageseltern, die in der Regel für fünf Tage in der Woche die Versorgung des Kindes für einen bestimmten Zeitraum des Tages übernehmen. Das Kind wohnt und übernachtet jedoch bei seiner Herkunftsfamilie, es handelt sich um eine familienentlastende Maßnahme. Ähnlich verhält es sich mit der Wochenpflege. Bei dieser Form der Pflege übernachtet das Kind unter der Woche bei der Pflegefamilie und kehrt nur an den Wochenenden zu seiner Herkunftsfamilie zurück. Diese beiden Formen der Pflege wurden ursprünglich vor allem als eine Möglichkeit der Hilfe zur Erziehung für Kinder berufstätiger Eltern genutzt. Inzwischen werden sie aber vor allem als ergänzende ambulante Hilfe für die Arbeit mit Familien eingesetzt. Von Vollzeitpflege spricht man dann, wenn ein Kind kontinuierlich und ohne regelmäßige Unterbrechungen in einer Pflegefamilie untergebracht wird. Bei der Vollzeitpflege sind wiederum unterschiedliche Formen zu unterscheiden. Die Kurzzeit- oder Bereitschaftspflege bietet die Möglichkeit, Kinder, für die noch keine Hilfeplanung erfolgt ist, oder die nur vorübergehend (z.B.: bei Ausfall der Eltern auf Grund einer Notsituation) außerhalb ihrer Familie leben müssen, kurzfristig in einer Pflegefamilie unterzubringen. Die Verweildauer beträgt in der Regel nicht mehr als sechs Monate. Bei der zeitlich befristeten Vollzeitpflege wird als Ziel im Hilfeplan die Rückkehr des Kindes in seine Herkunftsfamilie innerhalb von zwei Jahren festgeschrieben. Kann eine solche Planung nicht erfüllt werden, scheitert sie, oder wird die Rückkehroption von vorneherein ausgeschlossen, spricht man von einer zeitlich unbefristeten Vollzeitpflege beziehungsweise Dauerpflege. 18 Die verschiedenen Pflegeformen Schließlich gibt es noch die Sonderpflege, die für Kinder mit besonderem pädagogischen Bedarf (z.B.: Kinder mit Behinderung oder starken Verhaltensauffälligkeiten) eingerichtet wird. Die Pflegepersonen, die diese Form der Familienpflege anbieten, müssen in der Regel eine pädagogische Ausbildung nachweisen und an gezielten Schulungen teilnehmen. (vgl. MIKUSZEIT, RUMMEL 1986, 97ff) Eine vollständige Aufzählung der unterschiedlichen Pflegeformen kann nicht erfolgen, da sich in vielen Regionen weitere beziehungsweise andere Begriffe etabliert haben oder noch differenziertere Unterscheidungen stattfinden. Im Folgenden wird sich diese Arbeit nur auf die zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Vollzeitpflege beziehen. 19 Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens 4. Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens Wie bereits erwähnt ist das Pflegekinderwesen als Hilfe zur Erziehung sehr facettenreich und daher Gegenstand zahlreicher Gesetze. Ich möchte mich an dieser Stelle auf die Erwähnung einiger der wichtigsten Gesetze beschränken. Dies sind im Zusammenhang dieser Diplomarbeit die Gesetze, die die organisatorische Ausgestaltung des Pflegekinderwesens betreffen, und somit der Arbeit im Jugendamt, beziehungsweise dem Pflegekinderdienst, einen Rahmen geben. Des weiteren finden Gesetze Erwähnung, die sich mit den Rechten und Pflichten aller beteiligten Parteien (Pflegekind, Herkunftseltern, Pflegeeltern und Fachkräfte) auseinander setzen. Das bedeutsamste Gesetz in diesem Zusammenhang ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz beziehungsweise das achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Vollzeitpflege wird nach §33 SGB VIII gewährt. Damit ist die Vollzeitpflege eine der möglichen Hilfeformen innerhalb der Hilfen zur Erziehung und unterliegt in ihrer Ausgestaltung den Regelungen, die im SGB VIII für alle Hilfen zur Erziehung festgeschrieben wurden. Dies sind unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen, die Mitwirkungs- und Hilfeplanregelungen, die Regelungen zur Zusammenarbeit mit den Herkunftsfamilien der Kinder und den Pflegepersonen, sowie Leistungs-, Kostenund Zuständigkeitsregelungen. Hilfe zur Erziehung wird immer dann gewährt, wenn „eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.“ (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) „Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall [...]“ (§27 Abs. 2 SGB VIII). Die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie „ist die Konsequenz der Feststellung [durch das Jugendamt], dass die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen in der eigenen Familie nicht ausreichend gefördert wird, ambulante familienunterstützende Hilfen nicht geeignet sind und deshalb die Betreuung und Erziehung des Kindes in einer anderen Familie sinnvoll und notwendig ist“. (SALGO 2001, 54f) 20 Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens Dies bedeutet, dass das zuständige Jugendamt vor der Vermittlung einer Vollzeitpflege geprüft haben muss, ob nicht auch eine ambulante Hilfe zur Erziehung in Frage kommt. Hilfe zur Erziehung wird den (oder dem) Personensorgeberechtigten gewährt, allerdings ist dies - besonders im Fall von Vollzeitpflege - nicht gerade selten ein (Amts-) Vormund, da, wie bereits erwähnt, eine Vermittlung in eine Pflegefamilie häufig die Folge eines Sorgerechtsentzuges ist. Doch auch, wenn die Leistungsberechtigten diejenigen sind, denen Hilfe zur Erziehung gewährt wird, so bleibt doch zu bedenken, dass gerade die Vollzeitpflege eine Hilfe ist, die „in erster Linie auf die Kinder und Jugendlichen als Hilfeempfänger zielt“. (SALGO 2001, 54) Für das Pflegekinderwesen schreibt § 36 SGB VIII unter anderem vor, dass der Personensorgeberechtigte und das Kind „vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe“ und „vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe“ zu beraten sind. (§ 36 Abs. 1, Satz 1 SGB VIII) Außerdem müssen sie auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes hingewiesen werden. (vgl. § 36 Abs. 1, Satz 1 SGB VIII) „Vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt“. (§36 Abs. 1, Satz 2 SGB VIII) Das heißt, dass geprüft werden muss, ob das Kind nicht eventuell adoptiert werden kann. Das Kind und der Personensorgeberechtigte sind an der Auswahl der Pflegefamilie zu beteiligen und ihren „Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind“. (§ 36 Abs. 1, Satz 4 SGB VIII) Das bedeutet, dass die Herkunftseltern oder der Vormund der Hilfeart “Vollzeitpflege“ zustimmen müssen Entscheidung über oder die ihr dem zumindest Einzelfall nicht widersprechen entsprechende Hilfeart dürfen. soll Die unter Zusammenwirkung mehrerer Fachkräfte getroffen werden. (vgl. § 36 Abs. 2, Satz 1 SGB VIII) „Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen [...] tätig, so sind sie [...] an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen“. (§ 36 Abs. 2, Satz 2 und 3 SGB VIII) 21 Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens Das bedeutet für die Vollzeitpflege, dass die (zukünftigen) Pflegeeltern ebenfalls in die Hilfeplanung mit einbezogen werden müssen. § 37 SGB VIII weißt auf die Notwendigkeit hin, „dass die Pflegeperson [...] und die Eltern zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zusammenarbeiten“. (§ 37 Abs. 1, Satz 1 SGB VIII) Außerdem sollen durch Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt die Beziehung des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie gefördert werden und die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie so weit verbessert werden, dass diese die Erziehung des Kindes wieder selbst übernehmen kann. (vgl. § 37 Abs. 1, Satz 2 und 3 SGB VIII) Kann dies innerhalb eines „im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums“ nicht gewährleistet werden, soll mit allen Beteiligten eine „dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden“. (§ 37 Abs. 1, Satz 2 und 4 SGB VIII) Diese Regelung erklärt die Unterscheidung zwischen der zeitlich befristeten und der auf Dauer angelegten Vollzeitpflege. Der “vertretbare Zeitraum“, von dem in diesem Gesetz die Rede ist, beträgt in der Praxis des Pflegekinderwesens meist zwei Jahre. Des weiteren hält § 37 SGB VIII fest, dass alle Pflegepersonen, auch wenn sie nicht offiziell Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII leisten (zum Beispiel Verwandte), im Vorfeld der Inpflegenahme und während dieser einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt haben. (vgl. § 37 Abs. 2, Satz 1 SGB VIII) Das Jugendamt muss die Pflegefamilie zu Hause besuchen und überprüfen, ob die dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung dort gewährleistet ist. Die Pflegeperson muss ihrerseits die Fachkraft des Jugendamtes über wichtige, das Wohl des Kindes betreffende Ereignisse unterrichten. (vgl. § 37 Abs. 3 SGB VIII) Einer Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII bedürfen Pflegeeltern, die ein Kind durch das Jugendamt vermittelt bekommen, nicht, da davon ausgegangen wird, dass diese Personen im Vorfeld der Vermittlung hinreichend auf ihre Eignung für eine solche Aufgabe geprüft wurden. (vgl. § 44 SGB VIII) Zu guter Letzt soll hier noch der § 38 SGB VIII genannt werden, der zum einen besagt, dass Pflegeperson das Jugendamt vermitteln muss, zwischen wenn der Personensorgeberechtigtem und Personensorgeberechtigte die Vertretungsmacht der Pflegeperson derart einschränkt, dass diese eine dem Wohl des Kindes dienende Erziehung nicht mehr gewährleisten kann, zum anderen sollen 22 Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens Herkunftseltern und Pflegepersonen das Jugendamt einschalten, wenn sich Meinungsverschiedenheiten ergeben. (vgl. § 38 SGB VIII) Die genannten Regelungen10 geben dem Pflegekinderwesen einen rechtlichen Rahmen innerhalb dessen sich die Arbeit bewegen muss. Allerdings gibt es auch einen großen Ermessens- und Ausgestaltungsspielraum, den die Fachkräfte nutzen können und müssen, um dem Bedarf im Einzelfall gerecht zu werden. Gleichzeitig sorgt aber eben dieser Spielraum auch dafür, dass das Pflegekinderwesen vielerorts sehr uneinheitlich ausgestaltet und ausgestattet ist. 10 Weitere gesetzliche Grundlagen finden sich erstens im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wo vor allem das Kindeswohl, die Personensorge und das Umgangsrecht behandelt werden (§§ 1623, 1630, 1631, 1632, 1666, 1684, 1685, 1688 und 1697 BGB), und zweitens im SGB VIII in den Paragraphen 39, 40 und 41, die sich mit den Leistungen zum Unterhalt, der Krankenhilfe und der Hilf für Junge Volljährige beschäftigen. 23 Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern 5. Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern Um sich für die Aufnahme eines Pflegekindes zu bewerben, müssen die Interessenten zunächst Kontakt mit dem für ihre Region zuständigen Jugendamt beziehungsweise Pflegekinderdienst aufnehmen. In der Regel finden dann zwei bis drei Gespräche zwischen den Bewerbern und den für sie zuständigen Fachkräften statt. Der Auswahl- und Vermittlungsprozess sollte von mehreren Fachkräften durchgeführt werden, um diesen objektiver zu gestalten und eine Beratung untereinander zu ermöglichen. (vgl. § 36 Abs. 2, Satz 1 SGB VIII) Zu den Bewerbungsunterlagen, die die Pflegeelternbewerber einreichen müssen gehören ein polizeiliches Führungszeugnis, da keine straffällig gewordenen Personen als Pflegeeltern zugelassen werden, ein ärztliches Attest oder Gesundheitszeugnis das den Bewerbern bescheinigt, dass sie körperlich und geistig gesund und in der Lage sind ein Kind zu versorgen und nicht unter ansteckenden Krankheiten leiden und ein Bewerberfragebogen. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 11 im Anhang) Der Bewerberfragebogen kann folgende Themenbereiche beinhalten: • Persönliche Angaben: Wie Name, Geburtsdatum, -ort, -name, Religion, Staatsangehörigkeit, Adresse, Telefonnummern, etc. • Familiensituation: Hierzu gehören Angaben zu Eheschließungen, Scheidungen oder sonstigen Lebensformen, leiblichen Kindern, Adoptivund Pflegekindern • Soziale Kontakte: Angaben zu Eltern und Geschwistern der Bewerber werden hier abgefragt, aber auch, wie das soziale Netzwerk sonst aussieht (wo findet man Hilfe/Unterstützung) • Wohnsituation: Lebt man in einem Haus oder einer Wohnung, ist ausreichend Platz für ein Pflegekind vorhanden (Größe, Zimmerzahl), gibt es Haustiere oder Mitbewohner • Angaben zu Hobbys und Nachbarschaft: Gibt es Kinder und Spielgelegenheiten in der Nachbarschaft, Außenkontakte 24 Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern • Im Haushalt lebende Personen: Nähere Angaben zur geistigen und körperlichen Verfassung, Drogen-, Alkohol- oder psychische Probleme, bisherige Kontakte zu Jugendamt oder anderen Beratungsstellen • Berufliche und wirtschaftliche Situation: Schulabschluss, Beruf, momentane Tätigkeit, Nettoeinkommen und evtl. vorhandene Schulden • Vorstellungen vom Pflegekind: Was wünscht man sich bezüglich Geschlecht, Alter, Nationalität, Gesundheit und Form der Pflege • Befürchtungen im Bezug auf das Pflegekind: Mit welchen Verhaltensweisen oder körperlichen und geistigen Gegebenheiten würde man nicht klarkommen (Nationalität, Geschlecht, Behinderungen, etc.) • Herkunftsfamilie: Hier wird nach der Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie gefragt, und welche Gegebenheiten diese unter Umständen erschweren könnten (z.B.: Drogen- oder Gewaltproblematik, Behinderung, Prostitution, etc.) • Bereitschaft zur Mitwirkung bei Rückführung: Können sich die Bewerber vorstellen, Eltern auf Zeit zu sein • Zusammenarbeit mit dem Jugendamt: Besteht Interesse an Teilnahme bei Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen und anderen Aktivitäten von Pflegefamilien (Gruppenarbeit, Ausflüge) • Motivation zur Aufnahme eines Pflegekindes • Bereits bestehende Erfahrungen: Zum Beispiel mit Pflegekindern, vorherigen Bewerbungen oder andere pädagogische Erfahrungen • Persönliche Stärken und Grenzen • Umgang mit Konflikten und Krisen Orientiert habe ich mich bei diesen Angaben an den Empfehlungen des Landschaftsverband Rheinland. (vgl. Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD) im Anhang) Erscheinen die Bewerber auf Grund des Fragebogens geeignet, findet mindestens ein Hausbesuch statt, bei dem sich die Fachkräfte ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort machen und mit den Bewerbern ein Gespräch führen, in dem einige Themen des Bewerberfragebogens vertieft werden. So sollte in einem solchen Gespräch zum Beispiel noch einmal nach der Motivation der Pflegeelternbewerber gefragt und der persönliche Hintergrund erkundet werden. Hier können auch die eigenen 25 Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern Erziehungserfahrungen der Bewerber und ihre jetzige Haltung zu diesen, eine Rolle spielen, sowie der Umgang miteinander und mit Konflikten. Es wird vermutlich über Ressourcen und Grenzen der Familie gesprochen, also darüber, wo besondere Fähigkeiten der Familie liegen und was die Familie überfordern würde. Außerdem wird die Grundhaltung Verhaltensweisen und der Bewerber Bedürfnisse auf erkundet, Seiten das des heißt, für Pflegekindes welche und der Herkunftsfamilie ist Verständnis vorhanden und für welche nicht, und welche erzieherischen Vorstellungen haben die Pflegeelternbewerber. Wie genau ein solcher Hausbesuch abläuft ist wahrscheinlich von Fall zu Fall unterschiedlich. Ich orientiere mich hier an einem Leitfaden für ein Bewerbergespräch, wie er vom Landschaftsverband Rheinland vorgeschlagen wird. (vgl. Leitfaden für ein Bewerbergespräch (FBB) im Anhang) Nachdem die gesamte Eignungsprüfung abgeschlossen ist, wird die Vermittlung eines zu den Bewerbern “passenden“ Kindes angestrebt oder die Bewerber werden als Pflegestelle abgelehnt. Die Gestaltung des Vermittlungsprozesses ist vom Einzelfall abhängig. In der Regel gehören zum Vermittlungsprozess jedoch mindestens ein Treffen der Herkunfts- und der möglichen Pflegeeltern im Beisein einer Fachkraft, bei dem darüber gesprochen wird, ob sich die beiden Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können. Wird dies bejaht, findet mindestens ein von der Fachkraft begleitetes Treffen zwischen Pflegeeltern und Pflegekind statt. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 13 im Anhang) Die Aufnahme eines Pflegekindes und die Tätigkeit als Pflegefamilie ist häufig mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Man geht davon aus, dass der Erfolg eines Pflegeverhältnisses stark davon beeinflusst wird, wie gut die Pflegefamilie auf die sie möglicherweise erwartenden Schwierigkeiten vorbereitet ist. (vgl. BLANDOW 2004, 152 ff) Unter anderem aus diesem Grund bieten inzwischen viele Jugendämter, Pflegekinderdienste oder von diesen beauftragte freie Träger Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber an. Die Teilnahme an einem solchen Seminar ist bei diesen inzwischen meist eine Voraussetzung, um als Pflegestelle in Frage zu kommen. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 11 im Anhang)_________________________________________________ 26 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur 6. Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur In den letzten zwei Jahrzehnten sind zahlreiche Fachbücher erschienen, die sich mit dem Pflegekinderwesen auseinander setzen. Sie beschäftigen sich meist mit der Theorie und Praxis für die aktuelle Ausgestaltung des Pflegekinderwesens, den unterschiedlichen Pflegeformen und den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Bedeutung der Herkunftsfamilie der Kinder und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für die Pflegefamilien bildet einen weiteren Schwerpunkt in der Fachöffentlichkeit. Ich möchte mich nun einem Bereich nähern, der in der Fachliteratur bisher eher einen geringeren Stellenwert hat, aber zunehmend an Bedeutung gewinnt, nämlich der Vorbereitung von Pflegeeltern auf ihre schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe. In der Fachliteratur wird darauf aufmerksam gemacht, dass Pflegeeltern eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen haben. Zum Beispiel sollen sie dem Kind ermöglichen, “sichere“ Bindungen kennen zu lernen und diese einzugehen. Gleichzeitig müssen sie aber auch immer die Möglichkeit in Betracht ziehen, das Kind wieder den Herkunftseltern anzuvertrauen. Mit diesen sollen sie außerdem zum Wohle des Kindes zusammenarbeiten. Pflegeeltern sollen den Schwierigkeiten und eventuellen Verhaltensstörungen des Pflegekindes mit Verständnis begegnen und ihm helfen, diese zu überwinden. Sie sollen das Kind in den schützenden Raum ihrer Familie integrieren und sich für seine Belange stark machen (zum Beispiel gegenüber Lehrern des Kindes). Gleichzeitig erwartet man aber auch von ihnen, dass sie ihre Familie dem Einfluss und der Kontrolle des Jugendamtes gegenüber öffnen und stattet sie häufig nicht mit den entsprechenden Vollmachten (Personensorge) aus, um sich wirklich für die Belange des Kindes einsetzen zu können. Heute wird meines Erachtens eine sehr professionelle Arbeit und Haltung von Pflegeeltern erwartet. Gleichzeitig ist die Vollzeitpflege aber „die einzige Form der Hilfe zur Erziehung, die überwiegend von Personen ohne fachliche Ausbildung erbracht wird“. (W IESNER 2001, 71) Um diesen Erwartungen gerecht werden zu können, bedürfen 27 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur Pflegeelternbewerber daher einer guten Vorbereitung.11 Dies findet auch in der Fachliteratur gelegentlich Erwähnung. (vgl. TEXTOR 1995, 503) So heißt es zum Beispiel in einem Bericht über ein Modellprojekt zur Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung in Rheinland-Pfalz, dass die „Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die außerhalb der eigenen Familie untergebracht werden müssen, […] eine höhere Problembelastung aufweisen [wird]. Daraus ergeben sich weitreichende konzeptionelle Veränderungsbedarfe für die Arbeit der Pflegekinderdienste und das Qualifikationsspektrum der Pflegefamilien“. (HAMBURGER, MÜLLER, PORR 1998, 67 f) In einem anderen Buch heißt es, „die an Pflegefamilien gestellten Anforderungen machen ein Angebot an Beratungen und Hilfestellungen für Pflegepersonen notwendig. Diese Angebote müssen von den Beteiligten angenommen werden können und zwar im Vorfeld […] des Pflegeverhältnisses“. (GÜTHOFF 1996, 52) Es wird in der Fachliteratur auch explizit auf mögliche Funktionen dieser Vorbereitung hingewiesen, so liest man zum Beispiel: „[Die] Beratung der Pflegeeltern hat immer auch mit der Erwartbarkeit von Schwierigkeiten und Problemen zu tun. Erwartetes Verhalten wird eher hingenommen und kann erklärt werden. Bettnässen als regressives Verhalten oder als Ausdruck von Angst zu erkennen, macht das Problem verstehbar. Es dürften vor allem die unerwarteten und unerklärlichen Verhaltensweisen des Kindes sein, die zu Verunsicherungen der Pflegeeltern führen. Dies weist auf die Notwendigkeit der Vorbereitung von Pflegeeltern […] hin“. (MÜLLERSCHLOTMANN [Erscheinungsjahr nicht bekannt], 179) Die Vorbereitung der Pflegeeltern hat aber auch mit ihrem Status innerhalb der zu leistenden Hilfe zu tun. Dies wird im 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesens wie folgt beschrieben: 11 Mir ist bewusst, dass in der Fachöffentlichkeit auch Kritik an einer Professionalisierung von Pflegeeltern geübt wird, da man befürchtet, dass durch eine zu professionelle Haltung der Pflegeeltern das Verhältnis zwischen Pflegekind und Pflegeeltern (weiter) verkompliziert werden könnte. Hier wird Professionalisierung im Sinne von Verberuflichung verstanden. Ich sehe eine umfangreiche Vorbereitung von Pflegeeltern jedoch nicht als Professionalisierung im Sinne einer Verberuflichung der Pflegefamilie. Vielmehr verstehe ich Professionalität bei Pflegeeltern als deren Kompetenz, mit den schwierigen Anforderungen eines Pflegeverhältnisses “professionell“ umzugehen. (vgl. hierzu auch BLANDOW 2001, 113ff) 28 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur „Indem die Jugendhilfe das Leistungsangebot ‚Hilfe zur Erziehung in einer fremden Familie per Gesetz zu erbringen hat, werden natürlich diejenigen, die ihren privaten Lebensraum für diese öffentliche Aufgabe zur Verfügung stellen und die die Durchführung dieser Hilfe verantwortlich übernehmen, zu PartnerInnen und MitarbeiterInnen und als solche den Fachkräften der Jugendhilfe gleichgestellt. In dieser Hilfekonstruktion sind Pflegeeltern und Pflegepersonen jedenfalls nicht (mehr) KlientInnen oder gar BittstellerInnen. Sie übernehmen eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Jugendhilfe. Es ist deshalb unumgänglich, dass sie auch entsprechend auf ihre Aufgabe vorbereitet und – wie andere Fachkräfte der Jugendhilfe auch – fortlaufend durch Schulungs- und Fortbildungsangebote gefördert werden. Eine solche Qualifizierung der Pflegepersonen macht umso mehr Sinn, als vor dem Hintergrund der beschriebenen Differenzierungen [der Aufgaben] in der Vollzeitpflege ein ‚einfaches Verständnis der Aufgabe einer Pflegefamilie nicht mehr möglich ist – die Anforderungen und Erwartungen an Pflegepersonen sind gestiegen“. (STEEGE 2001, 94 f) Man scheint sich in der Fachliteratur recht einig zu sein, dass der Beratung und Vorbereitung von Pflegeeltern eine wichtige Bedeutung zugeschrieben werden muss. Auch die Pflegeeltern selbst und vor allem die für sie als Sprachrohr agierenden Verbände, wie zum Beispiel der PFAD - Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. oder PAN – Pflege- und Adoptivfamilien Nordrheinwestfahlen e.V. und andere Selbsthilfegruppen, fordern eine verbesserte und vor allem eine verbindliche Vorbereitung von Pflegeeltern. (vgl. KÜPPER 1997, S. 22) Einige diese Verbände fordern aber nicht nur eine verbesserte Vorbereitung für Pflegeeltern, sondern arbeiten bei der Entwicklung von Konzepten für Vorbereitungsseminare eng mit Jugendämtern zusammen, bieten solche Seminare zum Teil selbst an und berichten über Vorbereitungsseminare in Fachartikeln und in den von ihnen veröffentlichten Zeitschriften, wie PATEN, die von PAN e.V. herausgegeben wird oder PFAD, die vom gleichnamigen Bundesverband herausgegeben wird. Die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in so genannten Vorbereitungsseminaren oder Bewerberschulungen wird heute immer häufiger angeboten und ist inzwischen bei einigen Jugendämtern eine der Vorraussetzungen um überhaupt als Pflegeeltern akzeptiert zu werden. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 11 im Anhang) Der Pädagoge und Sozialarbeiter Dr. Martin. R. TEXTOR fand in einer von ihm 1995 durchgeführten Pflegeelternbefragung heraus, dass 38% der von ihm 29 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur befragten Pflegeeltern mit ihrer Vorbereitung auf die Pflegeelternschaft nicht zufrieden waren, beziehungsweise diese als “mangelhaft“ bezeichneten. Nur 22% der Befragten wurde die Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar ermöglicht, 70% erhielten lediglich Gespräche im Jugendamt. (vgl. TEXTOR 1995, 503) Diese Untersuchung von Martin R. TEXTOR ist inzwischen zwar zwölf Jahre alt und wie bereits erwähnt werden heute sicher häufiger Vorbereitungsseminare angeboten beziehungsweise vorausgesetzt. Doch die nach wie vor existierenden Forderungen von Pflegeeltern nach verbesserten und verbindlichen Vorbereitungsseminaren (siehe oben) deuten darauf hin, dass an einigen Stellen solche Angebote noch gänzlich fehlen oder ausgebaut werden müssen. Wie bereits in einigen oben gegebenen Zitaten erwähnt, sollen Vorbereitungsseminare sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen. Zu aller erst ist hier natürlich die Information der Pflegeeltern zu nennen. Wichtige Elemente dieser Information sind: „Rechtsfragen […], kindliche Entwicklung […], Verhaltensauffälligkeiten und Behinderungen […], Probleme in der Eingewöhnungsphase […], Problematik der doppelten Elternschaft […], Problematik der Beziehung zur Herkunftsfamilie des Kindes […], Probleme leiblicher Kinder bei Aufnahme eines Pflegekindes […], mit der Rückführung eines Pflegekindes verbundene Gefühle […] und die Aufgaben des Jugendamtes“. (TEXTOR 1995, 503) Außerdem sollen Vorbereitungsseminare „weitergehende Überlegungen wie Überprüfung von Einstellungen und Beziehungen […][anregen und] die erforderliche Zusammenarbeit mit der ’Institution Jugendamt’“ erleichtern. (MIKUSZEIT 1981, 8) Hier ist noch zu ergänzen, dass diese Seminare natürlich auch dazu beitragen sollten, dass sich die Pflegeeltern über ihre eigenen Motivationen und Einstellungen bewusst werden und diese hinterfragen. Auf dem Hintergrund dieser Informationen und Überlegungen sollen die Pflegeelternbewerber dann eine fundierte Entscheidung darüber treffen, ob sie sich einer solchen Aufgabe gewachsen fühlen und diese immer noch übernehmen wollen. (vgl. KÜPPER 4/97, 22) Außerdem kann im Rahmen eines Vorbereitungsseminars „die Begutachtung pflegewilliger Personen weniger stigmatisierend erfolgen, können Aussagen über Kooperationswillen, pädagogische 30 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur und soziale Einstellungen der Bewerber realistischer eingeschätzt werden“. (HANSELMANN, W EBER 1986, 136) Durch das in den Vorbereitungsseminaren vermittelte Theoriewissen werden Pflegeeltern zunehmend professioneller, so dass sie sich als Partner der Fachkräfte wahrnehmen, was ihnen zum einen ermöglicht ihre Bedürfnisse klarer zu artikulieren und Forderungen zu stellen, ohne sich als “Bittsteller“ wahrzunehmen, und zum anderen dort die Anerkennung ihrer Arbeit zu erfahren, die ihnen in der Gesellschaft häufig noch versagt bleibt. (vgl. STEEGE 2001, 94; HUBER 2001, 136 ff) Zu guter Letzt soll hier nun noch eine Funktion von Vorbereitungsseminaren genannt werden, die in der Fachliteratur zunehmend Beachtung findet, nämlich die Prävention. In dem Buch “Erziehung in Pflegefamilien“, herausgegeben von Ulrich GINTZEL, werden Faktoren für vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse, im Sinne eines Abbruchs beziehungsweise Scheiterns, betrachtet. Zahlreiche Faktoren tragen zum Gelingen oder Scheitern eines Pflegeverhältnisses bei, die nicht immer klar benannt werden können. Es gibt aber sogenannte “Risikofaktoren“, die einen Abbruch begünstigen. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Seite der Jugendämter, die es häufig versäumen die Pflegeeltern gründlich vorzubereiten und zu beraten. Aber auch auf Seite der Pflegeeltern lassen sich Risikofaktoren ausmachen, diese sind: ein „rigider und unflexibler Erziehungsstil, [ein] pessimistisches Weltbild, [eine]„abgeschlossene“ Familie […], [die]Weigerung der Pflegeeltern, Kontakt zur Herkunftsfamilie zu halten [und] Dankbarkeitserwartungen“ an das Pflegekind. (JORDAN 1996, 79) Diese Risikofaktoren könnten durch verbindliche und gut konzipierte Vorbereitungsseminare zumindest minimiert werden. Iris PALTINAT und Birgit WARZECHA beschäftigen sich in ihrem Buch “Qualifizierung von Pflegeeltern statt Burnout und Streß“ mit dem Burnout-Phänomen bei Pflegeeltern und kommen zu dem Schluss, dass Burnouterscheinungen durch eine verringert gezielte werden Vorbereitung und so von einem Pflegeeltern Abbruch des Pflegeverhältnisses vorgebeugt werden könnte. (vgl. PALTINAT, WARZECHA 1999, 102ff) Auch Jürgen BLANDOW macht in seinem Artikel “Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen“ die Aussage, „dass einer qualifizierten Vorbereitung und Begleitung der Pflegeverhältnisse höchste Priorität für erfolgreich verlaufende Pflegeverhältnisse zukommt“. (BLANDOW 1999, 764) 31 Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur Während man also der Vorbereitung von Pflegeeltern offensichtlich hohe Bedeutung zuschreibt und darauf hinweist, dass diese verbessert, intensiviert und verbindlicher gestaltet werden sollte und ihr auch zahlreiche wichtige Funktionen für die erfolgreiche Gestaltung einer Inpflegegabe zuschreibt, wird jedoch selten über den realistischen zeitlichen Umfang oder die inhaltliche Gestaltung dieser Vorbereitung “gesprochen“. Es stellt sich also die Frage: Wie sehen Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern in Deutschland eigentlich aus oder wie sollten sie aussehen? 32 Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare Kapitel II: Die Konzeptionen 1. Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare Nachdem ich beschlossen hatte, mich in meiner Diplomarbeit mit Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber zu beschäftigen, nahm ich zunächst Kontakt zu einigen Jugendämtern beziehungsweise Pflegekinderdiensten in Nordrhein-Westfalen auf. Da mir bekannt war, dass das Thema „Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber“ bisher in der Fachliteratur nicht ausgiebig diskutiert wurde und es in der Praxis keine Standards zur Gestaltung solcher Seminare gibt, ging ich davon aus, dass die entsprechenden Einrichtungen mein Anliegen gerne unterstützen würden. Den ersten Kontakt versuchte ich herzustellen, indem ich den entsprechenden Abteilungen und Diensten im Jugendamt, die für das Pflegekinderwesen zuständig sind, eine E-Mail schickte. In dieser E-Mail stellte ich mich und mein Vorhaben für die Diplomarbeit, nämlich die Untersuchung von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber, vor und bat um eine Rückmeldung, ob die entsprechende Stelle Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber anbietet. Leider erhielt ich sehr wenige Rückmeldungen auf meine Anfrage und auch meine telefonischen Anfragen bei weiteren Pflegekinderdiensten in der Region waren wenig erfolgreich. Daher versuchte ich im zweiten Schritt Kontakt zu Jugendämtern in größeren Städten in ganz Deutschland aufzunehmen. Der Rücklauf war immer noch sehr gering. Allerdings hatte ich nun einen kleinen Pool von Stellen, die Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern anbieten. Als nächstes nahm ich telefonisch Kontakt zu den Stellen auf, die meine Anfrage positiv beantwortet hatten, um zu erfragen, ob die Einrichtungen über eine Konzeption für ihre Seminararbeit verfügten und ob sie mir diese für meine Diplomarbeit zur Verfügung stellen würden. Hier stieß ich erneut auf Schwierigkeiten. Einige Stellen verfügten Vorbereitungsseminars, nicht andere über eine Jugendämter schriftliche hatten die Konzeption Gestaltung ihres und Durchführung der Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber an freie Träger delegiert, versorgten mich aber mit den nötigen Kontaktdaten, um meine Anfrage an diese freien Träger zu richten. 33 Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare Am häufigsten erhielt ich von den Jugendämtern beziehungsweise Pflegekinderdiensten die Auskunft, dass die Konzeption des Vorbereitungsseminars für Pflegeelternbewerber gerade überarbeitet würde und man mir die bisherige Version leider nicht zur Verfügung stellen könne. Einmal wurde ich sogar mit der Aussage konfrontiert, dass man mir die Konzeption des Vorbereitungsseminars nicht zur Verfügung stellen könne, da man befürchte, dass andere Einrichtungen das Konzept sonst einfach übernehmen könnten. Diesen Einwand kann ich nicht nachvollziehen, da es meiner Ansicht nach nur im Sinne des Pflegekinderwesens sein kann, dass gute Konzeptionen für Vorbereitungsseminare veröffentlicht werden und so die Vorbereitungsarbeit generell verbessert werden kann. Ich glaube, dass die Schwierigkeiten, die ich bei der Erhebung der Konzeptionen hatte, darauf hindeuten, dass bei der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform in Deutschland noch einiges im Argen liegt und vor allem eine große Unsicherheit herrscht, wie eine gute Konzeption für ein Vorbereitungsseminar aussehen könnte. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es mir am Ende, mit Hilfe meines Diplomarbeitbetreuers Herrn Prof. Dr. Klaus W OLF, der mir den Kontakt zu einer weiteren Einrichtung vermittelte, vier Konzeptionen für Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber von zwei Jugendämtern und zwei freien Trägern zu bekommen, welche ich im Folgenden vorstellen werde. 34 Pro Kind e.V. Schwerin 2. Die Vorbereitungsseminare Ich möchte nun vier Beispiele für Seminararbeit mit Pflegeeltern in Deutschland vorstellen, deren Konzeptionen mir die verantwortlichen Fachkräfte freundlicher weise zur Verfügung gestellt haben. So unterschiedlich jedoch die einzelnen Seminare sind, so unterschiedlich sind auch die mir zur Verfügung gestellten Informationen. 3. Pro Kind e.V. Schwerin Zunächst möchte ich das Konzept der Vorbereitungsseminare von Pro Kind e. V. aus Schwerin vorstellen. Die integrative Fachstelle Pro Kind e.V. arbeitet eng mit dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe zusammen und übernimmt für diesen alle Aufgabenbereiche im Pflegekinderwesen, die nicht mit der konkreten Vermittlung von Pflegeverhältnissen, einzelfallbezogener Beratung und Begleitung dieser zusammenhängen. Sie steht in regem fachlichen Austausch mit anderen Fachgremien der Region und ist um eine enge Zusammenarbeit mit Anbietern anderer Hilfeleistungen bemüht. Die Aufgaben von Pro Kind e.V. sind vor allem die Werbung, Vorbereitung und Weiterbildung von Pflegeeltern und die Aufklärung der Öffentlichkeit über Vorurteile, Illusionen und tatsächliche Inhalte im Bezug auf das Pflegekinderwesen. Pro Kind e.V. ist eine fachliche Informations- und Anlaufstelle für alle, die sich mit dem Pflegekinderwesen auseinander setzen oder sich für dieses interessieren. 3.1. Allgemeine Grundlagen Das Vorbereitungsseminar setzt sich aus sechs Abendveranstaltungen á zwei bis drei Stunden und zwei Wochenendveranstaltungen zusammen und umfasst insgesamt etwa 34 Stunden. Für die Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber, die von Pro Kind e.V. durchgeführt werden, hat der Träger im Rahmen eines Projektes namens “Pro filiA“ einige grundlegende Vorgehensweisen festgeschrieben. Ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung ist die Stärkung des Selbsthilfepotentials der Pflegeeltern. Zu diesem Zweck ist die Teilnehmerzahl für die Seminare auf mindestens fünf und maximal 15 Personen beschränkt und es soll 35 Pro Kind e.V. Schwerin während des gesamten Seminars auf ein Zusammenwachsen der Gruppe hingearbeitet werden. Um der Hilflosigkeit der Pflegeeltern bei später eventuell auftretenden Problemen mit dem Pflegekind oder Pflegeelternbewerbern der während eigenen des Familie Seminars vorzubeugen, ein Überblick soll den über die pädagogischen, psychologischen und pädiatrischen Hilfsangebote in der Region geboten werden. Aus diesem Grund werden Referenten verschiedener Träger in die Seminararbeit mit einbezogen. Damit - falls es sich nicht um Einzelpersonen handelt - beide Partner an den Veranstaltungen teilnehmen können wird parallel dazu eine Kinderbetreuung angeboten. Wichtige Bezugspersonen, wie zum Beispiel Freunde oder Verwandte der Pflegefamilie, die von der Entscheidung zur Aufnahme eines Pflegekindes mit betroffen sind, oder auf deren Unterstützung die Pflegefamilie angewiesen ist, sollen ebenfalls an einzelnen und thematisch geeigneten Veranstaltungen teilnehmen können. Die Vermittlung der einzelnen Inhalte soll möglichst vielseitig, praxis- und teilnehmerorientiert stattfinden. Wissensvermittlung stattfinden Das heißt, soll und dass die möglichst wenig eingesetzten frontale Methoden12 abwechslungsreich sein sollten und der Aktivierung der Teilnehmer dienen sollen. Die Teilnehmer sollen “aus dem Leben für das Leben lernen“. Neben der Teilnahme am Seminar (es müssen mindestens 75% der Veranstaltungen besucht werden) finden mit jeder Bewerberfamilie mindestens drei Einzelgespräche statt. 3.2. Ziele der Seminararbeit Pro Kind e.V. hat Ziele formuliert, die themenübergreifend durch die Teilnahme an ihren Vorbereitungsseminaren erreicht werden sollen. Diese wurden in drei Bereiche unterteilt, die ich gerne darstellen möchte. 12 Mit dem Begriff “Methoden“ sind Verfahrensweisen gemeint die in der Seminararbeit eingesetzt werden und die geeignet sind vorhandenes Interesse zu verstärken, Informationen wirklich ankommen zu lassen, eigene Einfälle und Ideen zu fördern, das wechselseitige Gespräch zu fördern, die Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen anzuregen und gemeinsames Tun in Gang zu bringen. (vgl. KNOLL 1992, 11) 36 Pro Kind e.V. Schwerin Der erste Bereich betrifft die persönliche Entwicklung der Pflegeeltern. Die Pflegeeltern sollen im Rahmen des Seminars Klarheit über ihre eigenen Motive zur Aufnahme eines Kindes erlangen. Sie sollen ihre Motive hinterfragen und sie gegebenenfalls modifizieren, sich von ihnen verabschieden oder neue Motive kennen lernen und diese eventuell für sich annehmen. Sie sollen sich über ihre Familienstruktur, ihr Bild von Familie und damit zusammenhängende Wertvorstellungen klar werden und ihre eigene Position innerhalb der Familie reflektieren. Die Vorbereitungsseminare sollen dazu beitragen, die Toleranzschwelle der Teilnehmer in Hinblick auf andere Verhaltensweisen, Lebensformen, Wertvorstellungen etc. zu modifizieren und vorbehaltsfreier mit ihnen fremden Gegebenheiten umzugehen. Außerdem soll das Selbsthilfepotential jedes einzelnen und der Gruppe gefördert werden. Im zweiten Bereich geht es um das Wohlergehen des Pflegekindes. Hier soll das Vorbereitungsseminar dazu beitragen, die Pflegeelternbewerber falls nötig zu “desillusionieren“ und ihnen ein möglichst realistisches Bild über das Leben als Pflegefamilie vermitteln. Desweiteren soll das, im Seminar vermittelte, Basiswissen über allgemeine und das Pflegekind betreffende pädagogische und psychologische Grundlagen den angehenden Pflegeeltern Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges Verhalten des Pflegekindes liefern, ihnen Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit diesen eröffnen und ihre Frustrationstoleranz erhöhen. Die Pflegeeltern sollen einen Überblick über pädagogische, psychologische und pädiatrische Hilfsangebote in der Region erhalten. All diese Informationen sollen zur Prävention von Pflegeabbrüchen dienen. Der letzte Bereich betrifft die formalen Rahmenbedingungen eines Pflegeverhältnisses. Die Pflegeeltern sollen im Laufe des Seminars rechtliche Kompetenz in Bezug auf das Pflegekind erlangen (Rechte, Pflichten, Möglichkeiten, Zuständigkeiten, etc.), sowie den Hilfeprozess und die Amtsstrukturen genau kennen lernen, um so ein Selbstverständnis als Pflegefamilie und das nötige Selbstbewusstsein im Umgang mit den zuständigen Behörden und Fachkräften zu erlangen. 37 Pro Kind e.V. Schwerin 3.3. Die einzelnen Veranstaltungen 3.3.1. Die Einführungsveranstaltung Die Einführungsveranstaltung ist eine ca. zweistündige Abendveranstaltung, die neben der ersten Informationsvermittlung und Einführung in die Seminarinhalte vor allem dazu dienen soll einen gruppendynamischen Prozess in Gang zu bringen, da die Veranstalter davon ausgehen, dass die Aufnahme der im Seminar erarbeiteten Kenntnisse und Einsichten unmittelbar mit gruppendynamischen Abläufen korrelieren. Inhalte Die Entstehungsgeschichte und die Arbeitsabläufe von Pro filiA werden vorgestellt. Es findet eine Vorstellung und ein erstes Kennenlernen der Teilnehmer und deren Motivationen zur Aufnahme eines Pflegekindes statt. Methoden Kurzvorträge, sowie Gespräche und Partnerinterviews13 werden in dieser Veranstaltung genutzt. Ziele Die Einführungsveranstaltung soll der Information der Teilnehmer über das Projekt Pro filiA und dessen Inhalte dienen. Die Teilnehmer sollen sich gegenseitig und ihre jeweiligen Motivationen kennen lernen und erste Einblicke in Arbeitsaufträge von Pflegefamilien erhalten und deren Einfluss auf Lebensabläufe und Lebensplanungen. 3.3.2. “Das andere Verhalten“ Diese Veranstaltung ist eine ca. dreistündige Abendveranstaltung. Ausgehend von bindungstheoretischen14 Erkenntnissen und Erfahrungen über den Verlauf der Integration von Pflegekindern in der Pflegefamilie und die unterschiedlichen Phasen dieses Integrationsprozesses soll die Veranstaltung ein Verständnis für die Verhaltensweisen des Pflegekindes schaffen. Verhaltensstörungen sollen in dieser 13 14 Das Partnerinterview führt jeweils zwei Personen zu einem Gespräch zusammen. Diese Methode dient der Kontaktaufnahme und dem schrittweisen Kennenlernen. Inhalte können z.B. sein: Wer bin ich?; Warum bin ich hier?; Was erwarte ich mir von der Teilnahme? (vgl. KNOLL 1992, 97f) Zur “Bindungstheorie“ siehe Punkt (3.3.3.) „Die Bindungstheorie“ in diesem Kapitel 38 Pro Kind e.V. Schwerin Veranstaltung als andere, verstehbare Verhaltensweisen erkannt werden, als Verhalten mit einem Sinn, den es zu entschlüsseln gilt, auch wenn dies oft schwierig scheint. Inhalte Während dieser Veranstaltung sollen die Teilnehmer ihr eigenes Verhalten reflektieren, vor allem ihr Umgang mit Aggressivität, Ängsten und eigenen „Macken“ spielt hier eine Rolle. Es soll eine Auseinandersetzung Verhaltensnormen stattfinden mit individuellen und auf und der gesellschaftlichen Grundlage von wahrnehmungstheoretischen Betrachtungen erarbeitet werden, was “anderes Verhalten“ eigentlich ist. Die Teilnehmer sollen den Unterschied zwischen anderem und krankhaftem Verhalten kennen lernen und Erklärungsmöglichkeiten für anderes Verhalten vermittelt bekommen. Als eine Ursache für anderes Verhalten wird in dieser Veranstaltung das Trauma und dessen Entstehung behandelt. Während dieser Themeneinheit sollen den Teilnehmern Handlungsstrategien im Umgang mit auffälligem Verhalten ihres Pflegekindes aufgezeigt werden und ihnen entsprechende Hilfsangebote vorgestellt werden. Methoden Als Methoden kommen Fachvorträge, Rollenspiele15, Gespräche, Bildinterpretationen16 und Reflexionsübungen17 zum Einsatz. Ziele Die Pflegeelternbewerber sollen ihr eigenes Verhalten reflektieren und einen theoretischen und emotionalen Zugang zu Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick nicht verstehbar erscheinen, erhalten. Dadurch, dass das Verhalten des Kindes in 15 16 17 seinem Lebenszusammenhang betrachtet wird und die Pflegeeltern Das Rollenspiel dient der erlebnisorientierten Erschließung von Inhalten, Informationen und Erfahrungen können durch Reden und Spielen dargestellt werden. Zusätzlich ermöglicht es den Teilnehmern neue Perspektiven spielerisch zu “erleben“. (vgl. KNOLL 1992, 166f) Bildinterpretationen helfen assoziatives und schöpferisches Denken zu entwickeln und bieten Möglichkeiten eigene Erfahrungen und Einfälle mitzuteilen. (vgl. KNOLL 1992, 153f) “Reflexionsmethode“ bezeichnet ein weites Feld an Methoden, so kann zum Beispiel die Bildinterpretation (s.o.) der Reflexion dienen. Eine vollständige Aufzählung ist hier nicht möglich, allen Methoden ist allerdings gemein dass sie der Reflexion von Verhalten (dem eigenen oder dem anderer) dienen. 39 Pro Kind e.V. Schwerin Entstehungshintergründe für Verhaltensauffälligkeiten kennen lernen, soll ihre Toleranz gegenüber diesem Verhalten gesteigert werden. Ihnen sollen Handlungskompetenzen und Möglichkeiten sich Hilfe zu holen vermittelt werden. Gleichzeitig soll diese Veranstaltung aber auch dafür sorgen, Verhaltensauffälligkeiten auf den Boden der Normalität zu stellen, denn nicht jedes Pflegekind ist verhaltensauffällig und nicht jedes verhaltensauffällige Kind ist ein Pflegekind. 3.3.3. Die Bindungstheorie18 Diese Veranstaltung findet im Rahmen eines Blockwochenendes vor Ort (Übernachtung im eigenen Zuhause) statt und umfasst etwa acht Stunden. Die Bindungstheorie nimmt im Pflegekinderwesen eine zentrale Rolle ein und soll daher eingehend thematisiert werden. Da Kinder ihre Bindungsmuster entsprechend des Zusammenspiels von nähesuchendem Verhalten ihrerseits und Fürsorgeverhalten der Bezugspersonen darauf entwickeln (vor allem die gesammelten Erfahrungen des ersten Lebensjahres spielen eine wichtige Rolle) und diese Bindungsmuster sich in Bindungsverhalten manifestieren, zeigen viele Pflegekinder ein Bindungsverhalten, dass den Aufbau neuer Bindungen in der Pflegefamilie, aber auch den Kontakt oder die Loslösung von „alten“ Bindungspersonen, erschwert. Inhalte Im Rahmen dieser Veranstaltung werden bindungstheoretische Grundkenntnisse über Bindungsverhalten, Bindungspersonen, unterschiedliche Bindungsmuster, den Zusammenhang von Bindung und Selbstwertgefühl, Bindungsaspekte im Familiensystem, Bindungs- und Ausstoßungsmodus und Bindung und Ablösung vermittelt. Es werden Integrationsprozesse von Pflegekindern in Pflegefamilien thematisiert und sowohl das Ersatz- als auch das Ergänzungsfamilienkonzept vorgestellt und diskutiert. 18 „Die Bindungstheorie beschreibt in der Psychologie die Neigung des Menschen, eine enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehung zu Mitmenschen aufzubauen. Sie wurde von dem britischen Kinderpsychiater John BOWLBY und der kanadischen Psychologin Mary AINSWORTH entwickelt. Ihr Gegenstand ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Laufe des Lebens.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungstheorie) 40 Pro Kind e.V. Schwerin Methoden Das methodische Vorgehen für diesen Themenbereich umfasst Fachvorträge, Fallbeispiele, Erfahrungsberichte, Arbeit mit Schaubildern, Rollenspiele und Skulpturarbeit19. Ziele Durch die Vermittlung Integrationsprozesse der bindungstheoretischen sollen den Kenntnisse Pflegeelternbewerbern und der praktische Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt werden und sie für die Erlernung neuer Verhaltensweisen und Ansichten sensibilisiert werden. Sie sollen eigene (Bindungs-) Erfahrungen reflektieren und lernen, sich in die Berichte anderer hinein zu versetzen und einen emotionalen Zugang zu diesen zu finden. Die Teilnehmer sollen eventuell vorhandene Idealbilder (z.B. “mit viel Liebe wird das alles schon wieder gut“) ablegen und Hilfsangebote kennen lernen. Der Praxisbezug in dieser Einheit soll vor allem durch Fallbeispiele hergestellt werden. 3.3.4. Das Leben mit zwei Familien Diese Themeneinheit wird in einer etwa zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung behandelt und befasst sich mit Kontakten zur Herkunftsfamilie. Pflegekinder führen ein Leben mit zwei Familien, die beide eine große Bedeutung für die Identitätsfindung der Kinder haben. Die Kinder müssen mit dieser Realität leben lernen und eine Vermeidung des Kontaktes zur Herkunftsfamilie oder gar eine Tabuisierung dieser Thematik verhindert dies nicht nur, sondern kann zu schweren Loyalitätskonflikten20 für die Kinder führen. Daher soll diese Veranstaltung auf die Schwierigkeiten, die beim Kontakt mit Herkunftsfamilien entstehen können, aufmerksam machen und den Teilnehmern Möglichkeiten aufzeigen, wie sie den Pflegekindern dieses Leben mit zwei Familien erleichtern können und welche Formen der Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie die Kinder entlasten können. 19 20 Die Skulpturarbeit ermöglicht es, die Positionen der Beziehungen der Familie in Haltung und Position darzustellen und schafft so einen ganzheitlichen Zugang zu komplexen Familien- und Beziehungssystemen. (vgl. SCHLIPPE, SCHWEITZER 2003, 164ff) “Loyalitätskonflikt“ bezeichnet die Situation eines Pflegekindes, dass “zwischen den Stühlen sitzt“. Es versucht den Erwartungen beider Familien gerecht zu werden und will keine der Familien enttäuschen oder verletzen. Loyalitätskonflikte sind nicht immer schädigend, problematisch sind sie dann, wenn vom Kind ein “entweder - oder“ verlangt wird. (vgl. http://www.stejh.de/Pflegeelternschule/Paedagogik/Lexikon/loyalitaet) 41 Pro Kind e.V. Schwerin Inhalte Der Loyalitätskonflikt, seine Entstehung und Folgen für das Pflegekind werden hier eingehend besprochen, und es werden Entlastungsmöglichkeiten für das Kind im Umgang mit seinen leiblichen Eltern vorgestellt und erarbeitet. Einer Methode, die den Kontakt und das Kennenlernen erleichtern kann, wird hier besondere Aufmerksamkeit geschenkt, nämlich der Biographiearbeit21. Außerdem werden in dieser Veranstaltung Gründe, die zur Abgabe eines Kindes führen können besprochen, um den Pflegeelternbewerbern die Situation und die Sichtweisen der Herkunftsfamilie näher zu bringen und so mehr Verständnis für diese zu schaffen und mit Vorurteilen aufzuräumen. Methoden Um dieses Thema möglichst realistisch zu behandeln wird in dieser Einheit neben Fachvorträgen und Diskussionen auf Genogrammarbeit22, Fallbeispiele, Rollenspiele und Skulpturarbeit zurückgegriffen. Ziele Ziel dieser Veranstaltung soll es sein, die Pflegeelternbewerber dazu anzuregen, ihre Einstellungen gegenüber der abgebenden Familie zu reflektieren und eine größere Akzeptanz zu entwickeln. Des weiteren sollen die Teilnehmer Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit der Herkunftsfamilie und seelische Entlastungsmöglichkeiten für das Pflegekind kennen lernen. Sie sollen außerdem Alternativen vorgestellt bekommen, wie sie den Kontakt zwischen dem Pflegekind und seinen leiblichen Eltern aufrechterhalten können, auch wenn für sie selbst der persönliche Umgang nicht (mehr) möglich ist. 21 22 Der Begriff “Biographiearbeit“ umfasst mehrere Methoden, die alle zum Ziel haben die Seminarteilnehmer zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit anzuregen. “Genogrammarbeit“ bezeichnet eine Möglichkeit Familienstrukturen darzustellen. Das Genogramm ist eine Erweiterung des Stammbaums und kann weitere Personen enthalten, z.B. Stiefeltern, Halbgeschwister, Partner und Nachkommen. Besondere Ereignisse können vermerkt werden. 42 Pro Kind e.V. Schwerin 3.3.5. Amtsstruktur, Hilfeprozess, Hilfeplan23 und einzelne Zuständigkeiten Diese Veranstaltung findet als ca. dreistündige Abendveranstaltung statt und wird dem Umstand gerecht, dass die Pflegefamilie spätestens während der Vermittlung eines Pflegekindes mit einer Vielzahl von Verfahren und Institutionen und somit auch Personen konfrontiert wird. Um den Umgang mit all diesen Personen für die zukünftigen Pflegeeltern zu erleichtern und Frustrationen zu vermeiden ist es wichtig, dass diese wissen, mit wem sie was absprechen/klären können oder müssen, denn die Tätigkeit der Pflegefamilie ist eng mit dem Wirken aller am Hilfeprozess Beteiligten verknüpft. Inhalte Das Amt für Jugend, Soziales und Wohnen und seine Struktur sowie die Aufgaben und Zuständigkeiten der Regionalbüros, des Pflegekinderdienstes und von Pro filiA werden vorgestellt. Der Hilfeprozess und die Beteiligung der unterschiedlichen Helfer an diesem werden thematisiert um zu verdeutlichen, dass alle Beteiligten zusammen wirken um einen Hilfeprozess möglichst erfolgreich zu gestalten. Die Veranstaltung schildert auch den Verlauf, die Intentionen und den zeitlichen Rahmen eines Hilfeplanverfahrens und erläutert die Verantwortlichkeiten und wer an einem solchen Hilfeplanverfahren üblicherweise beteiligt wird (Fachkraft der Jugendamtes, Herkunftseltern, Pflegeeltern, das Pflegekind selbst und eventuell weitere am Hilfeprozess Beteiligte). Methoden Methodisch kommen neben Fachvorträgen Fallbeispiele zum Einsatz. Ziele Den Teilnehmern sollen sowohl Kenntnisse über Institutionen, Verfahren und Zuständigkeiten vermittelt werden, als auch ein Verständnis für das Zusammenspiel aller Beteiligten. Sie sollen für ihre spätere Arbeit als Pflegefamilie ein Selbstverständnis für sich als Pflegefamilie entwickeln und sich als Partner des 23 Als “Hilfeplan“ bezeichnet man in den Hilfen zur Erziehung eine Vereinbarung, die zwischen Fachleuten und Klienten getroffen wird und Ziele der Zusammenarbeit festhält. Der Hilfeplan wird in regelmäßigen Abständen überprüft und bei Bedarf überarbeitet. 43 Pro Kind e.V. Schwerin Amtes und als Leistungserbringer von Hilfe zur Erziehung wahrnehmen und sich nicht als Klienten oder Bittsteller fühlen. 3.3.6. Rechtliche Aspekte des Pflegekinderwesens Pflegeeltern erfüllen eine Leistung der Hilfen zur Erziehung. Ihre Tätigkeit wird erst durch ihre gesetzliche Verankerung möglich. Gleichzeitig bringt das Pflegekinderwesen als Bestandteil der Hilfen zur Erziehung aber auch viele weitere rechtliche Rahmenbedingungen mit sich. Im Rahmen dieser etwa zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung sollen die Pflegeelternbewerber eine Rechtssicherheit erhalten, damit sie für ihre spätere Aufgabe als Pflegefamilie handlungsfähig sind, denn sie werden bei der Betreuung ihrer Pflegekinder im Alltag mit einer Reihe rechtlicher Aspekte konfrontiert werden. Inhalt Während dieser Einheit Entstehungshintergrund und des die Vorbereitungsseminars Grundsatzgedanken des werden der Kinder- und Jugendhilfegesetz (im Folgenden KJHG) vorgestellt und eine Unterscheidung zwischen Rechtsbegriffen des KJHG (§§ 33 und 44) und des Bürgerliches Gesetzbuch (im Folgenden BGB) (§§ 1773-1895) vorgenommen. Die Personensorge, wie sie im BGB verankert ist, der Entzug von Personensorge und deren Übertragungsmöglichkeiten auf Pflegepersonen werden erläutert und das Kindeswohl als Rechtsbegriff erklärt. Des weiteren wird eine rechtliche Unterscheidung von Adoption, Pflege und Pflegschaft vorgenommen und der Einfluss des § 36 KJHG auf Hilfeplanung, Perspektivenplanung und Rückkehroptionen thematisiert. Die Teilnehmer werden über Umgangsrechte und deren mögliche Einschränkungen (§§ 1684, 1685, 1632) informiert und erfahren, dass sie laut § 1632 Abs. 4 BGB ein Antragsrecht auf Verbleib des Pflegekindes in der Pflegefamilie haben, falls sie der Ansicht sind, dass die geplante Rückführung ihres Pflegekindes in seine Herkunftsfamilie nicht dem Wohl des Kindes dient. Methoden In dieser Veranstaltung wird mit Gesetzestexten gearbeitet und es werden Fallbeispiele herangezogen, um die Bedeutung und Anwendung von Recht in der Praxis zu verdeutlichen und den Bezug zur Realität herzustellen. 44 Pro Kind e.V. Schwerin Ziele Den Seminarteilnehmern sollen zum einen rechtliche Kenntnisse vermittelt werden, zum andere sollen sie ein rechtliches Grundverständnis für das Pflegekinderwesen und dessen rechtlichen Gesamtzusammenhang entwickeln, um Sicherheit für ihre spätere Tätigkeit als Pflegefamilie zu erlangen. 3.3.7. Familie als Begriff Dieser Teil des Seminars findet als Wochenendveranstaltung außerhalb von Schwerin statt und umfasst etwa acht Arbeitsstunden. An dieser Veranstaltung sollen alle Familienmitglieder teilnehmen, da jede Familie eine besondere und einzigartige Struktur und Dynamik hat, die durch die Aufnahme eines Pflegekindes nachhaltig verändert wird. Die Familien sollen sich selbst als Familie erkunden, sich ihrer eigene Familienstruktur bewusst werden und sich mit möglichen Veränderungen dieser Struktur und deren Bedeutung für die einzelnen Familienmitglieder bewusst werden. Außerdem sollen sie sich mit anderen Familien auseinander setzen, die ebenfalls den Wunsch haben, ein Pflegekind aufzunehmen. Den Fachkräften bietet diese Wochenendveranstaltung und das dadurch stattfindende intensive Beisammensein die Möglichkeit, sich ein genaueres Bild von den Bewerbern und ihren Familien zu machen. Inhalte Thematisch geht es in dieser Einheit des Vorbereitungsseminars um Familie als Lebensform. Es werden demokratische Familienformen, wie zum Beispiel die Familienkonferenz nach Thomas GORDON vorgestellt. Das Rollenverständnis der einzelnen Familienmitglieder wird besprochen, die Familiendynamik erkundet und Auswirkungen auf diese Dynamik durch die Aufnahme eines neuen Familienmitglieds besprochen. Die Situation des Pflegekindes das zwischen zwei - mitunter sehr unterschiedlichen - Familienformen steht wird behandelt und der Umgang der eigenen Familie mit anderen Familien wird erkundet und erprobt. Es finden zahlreiche Familienaktivitäten, wie Spiele und besondere Aktionen statt. 45 Pro Kind e.V. Schwerin Methoden An diesem Wochenende kommen Vorträge, Rollenspiele, Standbilder24, Kleingruppenarbeit, Gruppenspiele, Gespräche und Diskussionen zum Einsatz. Ziele Die Teilnehmer sollen sich mit ihrem eigenen Familienbegriff auseinandersetzen und erkennen, dass dieser Begriff eine vielseitige flexible Lebensform umschreibt. Diesen unterschiedlichen Lebensformen gegenüber soll bei den Teilnehmern eine Öffnung und Akzeptanz erreicht werden. Die Auswirkungen der eigenen Wertvorstellungen und des eigenen Handelns auf die Familiendynamik der einzelnen Teilnehmer soll reflektiert werden. Geschwisterkonstellationen sollen behandelt werden - falls bereits eigene Kinder vorhanden sind - und die Teilnehmer sollen sich die Auswirkungen der Ankunft eines neuen Familienmitglieds auf das Leben der gesamten Familie bewusst machen. 3.3.8. Die öffentliche Familie In dieser zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung geht es um die zwangsläufige Öffnung der Familie nach außen, die mit der Vermittlung eines Pflegekindes eintritt. Zum einen wird die Pflegefamilie in den Fokus der Umgebung rücken, die ihren Erziehungsstil und entsprechende Maßnahmen von nun an beobachten und bewerten wird, zum anderen wird von amtlicher Seite die Integration des Pflegekindes in die Familie genau beobachtet werden. Inhalte Die Pflegefamilie als Leistungserbringer wird thematisiert. Inwieweit wird die Familie zu einem Objekt öffentlichen Interesses und wo bleiben ihre privaten Räume bestehen. Es wird besprochen, was eine Öffnung der Familie eigentlich heißt, was diese beinhaltet und welche familiären Veränderungen zu erwarten sind. Außerdem wird besprochen, welche Emotionen diese Veränderung hervorrufen kann und wie man mit diesen umgehen kann. 24 “Standbilder“ ähneln der Skulpturarbeit (s.o.). Hierbei wird unter der Anleitung der Seminarleitung eine bestimmte Situation nachgestellt. Die Methode hilft den Teilnehmern neue Perspektiven einzunehmen. 46 Pro Kind e.V. Schwerin Methoden Moderierte Gespräche, Erfahrungsberichte und Rollenspiele helfen bei der Gestaltung dieser Veranstaltung. Ziele Den Teilnehmern sollen Kenntnisse über den Prozess der Öffnung und der Öffentlichkeit von Pflegefamilie vermittelt werden. Sie sollen sowohl die zu erwartenden Emotionen der eigenen Familienmitglieder, als auch die zu erwartenden Reaktionen im Freundes-, Verwandten- und Familienkreis überdenken und sich deren Einfluss auf das Familienleben bewusst machen. 3.3.9. Die Abschlussveranstaltung Diese Veranstaltung findet im Rahmen einer ca. zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung statt und dient vorrangig dazu, noch offene Fragen zu klären, die gemeinsame Zeit des Arbeitens zu reflektieren, sowie die jetzt bestehenden Emotionen im Bezug auf die Aufnahme eines Pflegekindes zu äußern. Inhalte und Ziele Diese Veranstaltung dient dem Feedback der Vorbereitungsreihe. Für die Leiter ist dies wichtig, damit Veränderungsvorschläge eingebracht und später umgesetzt werden können. Außerdem soll das entstandene Gruppenpotential unterstützt werden, also auf weitere (informelle) Treffen dieser Gruppe oder Kontakte einzelner Teilnehmer untereinander hingewirkt werden. Methoden Es sollen Fotos und ein Video25 zum Einsatz kommen und es wird ein Evaluationsbogen ausgeteilt, den die Teilnehmer ausfüllen sollen. 3.4. Weiteres Vorgehen Haben die Teilnehmer das Seminar erfolgreich beendet, das heißt bis zum Schluss teilgenommen, erhalten sie ein Zertifikat von Pro Kind e. V. das ihnen die Teilnahme 25 In der Konzeption wird nicht erläutert, um was für Fotografien es sich handeln soll und welchen Inhalt der Film hat. Ich gehe davon aus, dass sowohl die Fotos als auch der Film im Verlauf der gemeinsamen Arbeit entstanden sind und der Reflexion dieser Arbeit dienen sollen. 47 Pro Kind e.V. Schwerin bestätigt. Wenn sie sich immer noch für die Aufnahme eines Pflegekindes interessieren, können sie nun die nötigen Unterlagen einreichen. Die Veranstalter des Seminars erstellen Empfehlungsschreiben für die Teilnehmer, die gemeinsam mit diesen und dem Pflegekinderdienst besprochen werden. Dann werden die Teilnehmer an die entsprechenden Fachstellen, die für die eigentliche Vermittlung verantwortlich sind, weitergeleitet. Natürlich werden die Pflegeelternbewerber auch auf weitere Weiterbildungsveranstaltungen und den Aufbaukurs für professionelle Pflegestellen hingewiesen, an denen sie bei Interesse teilnehmen können. 48 Deutsches Rotes Kreuz Köln 4. Deutsches Rotes Kreuz Köln In Köln wurde das Deutsche Rote Kreuz (DRK) vom Jugendamt Köln mit der Durchführung von Vorbereitungsseminaren für Pflegeeltern beauftragt. Familienbildungswerk des DRK bietet in regelmäßigen Abständen Das sowohl Vorbereitungsseminare als auch Weiterbildungsseminare zu unterschiedlichen Themen für Pflegeeltern an. Die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs ist in Köln Voraussetzung für die Aufnahme eines Pflegekinds. 4.1. Allgemeine Grundlagen Die Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber werden in Form von vier Modulen á sechs Stunden angeboten, welche immer Samstag stattfinden. Insgesamt umfasst das Vorbereitungsseminar somit 24 Stunden. Die einzelnen Module sind untereinander Austauschbar, das heißt, dass man nicht alle Module in der angebotenen Reihenfolge besuchen muss, sondern unter den angebotenen Terminen, die für einen persönlich günstigsten auswählen kann. Insgesamt werden alle vier Module viermal im Jahr angeboten, so dass man das Vorbereitungsseminar innerhalb von etwa anderthalb bis zwei Monaten beenden kann, sich aber auch ein Jahr dafür nehmen kann. Die Teilnehmerzahl liegt in der Regel zwischen 12 und 20 Teilnehmern und die Seminarleitung wird immer von, dem Thema entsprechend, geeigneten und qualifizierten Fachkräften übernommen. Alle Referenten haben langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Pflegeeltern und Pflegekindern. Nach Abschluss aller vier Module erhalten die Teilnehmer eine Teilnahmebescheinigung und es erfolgt eine Auswertung des Seminars mit den Pflegeelternbewerbern, den Seminarleitern und den entsprechenden Fachkräften des Jugendamtes. 4.2. Die einzelnen Veranstaltungen 4.2.1. Modul I: Rechtliche Grundlagen und Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Dieses Modul wird von zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamtes Köln durchgeführt und beschäftigt sich zum einen mit der Amtsstruktur und den Arbeitsprozessen des 49 Deutsches Rotes Kreuz Köln Jugendamtes, um eine spätere Zusammenarbeit zu erleichtern, zum anderen werden juristische Fragen geklärt, mit denen die Teilnehmer während ihrer Tätigkeit als Pflegeeltern konfrontiert werden können. Methoden Während dieses Moduls kommen Fachvorträge und Gruppenarbeit zu vorbereiteten Fragen zum Einsatz. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden im Plenum zusammengetragen. Es finden Diskussionen statt und die Gesetzestexte werden mit Hilfe von Fallbeispielen aus der Praxis gemeinsam bearbeitet. 4.2.2. Modul II: Selbsterfahrung Familie Modul zwei wird von einer Sozialarbeiterin durchgeführt, die ebenfalls Supervisorin ist. Das Modul setzt sich inhaltlich mit Familienstrukturen auseinander. Die Teilnehmer sollen sich zum einen mit den Erfahrungen auseinandersetzen, die sie in ihrer eigenen Herkunftsfamilie gemacht haben und inwiefern diese Einfluss auf ihr Bild von Familie und ihre eigene Familienstruktur haben. Zum anderen werden Bedingungen und Struktur der eigenen Familie und die unterschiedlichen Rollen der einzelnen Familienmitglieder thematisiert und hinterfragt. Ein weiterer wichtiger Themenbereich ist die Veränderung dieser Familienstrukturen durch die Aufnahme eines Pflegekindes, was diese Veränderung für die einzelnen Mitglieder der Familie bedeuten kann und wie mit dieser Veränderung umgegangen werden kann. Methoden Es werden unter anderem Skulpturarbeit, Rollenspiele, Identifikationsaufgaben, Gruppen- und Einzelarbeiten und unterschiedliche Moderationstechniken eingesetzt, um möglichst vielfältige Zugänge zu dieser Thematik zu erreichen und den Teilnehmern unterschiedliche Blickwinkel auf ihre eigene Situation, die der anderen Familienmitglieder, ihres sozialen Umfeldes und die des Pflegekindes zu eröffnen. 4.2.3. Modul III: Wie zeigen / äußern Pflegekinder, was sie brauchen? und Modul IV: Pflegekinder leben zwischen zwei Familien Diese beiden Veranstaltungen werden von einer Psychologin und einem Heilpädagogen angeboten und beschäftigen sich umfassend mit der Situation des 50 Deutsches Rotes Kreuz Köln Pflegekindes. In Modul drei werden Bedürfnisse, Besonderheiten und mögliche Verhaltensauffälligkeiten von Pflegekindern vorgestellt und Handlungsmöglichkeiten erarbeitet, wie Pflegeeltern mit diesen umgehen können. Im vierten Modul sollen die Teilnehmer sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Pflegekinder mit zwei Familien leben, und dass beide Familien einen großen Einfluss auf die Identitätsentwicklung des Kindes haben. Das Ersatz- und das Ergänzungsfamilienkonzept werden vorgestellt und es werden mögliche Formen des Kontaktes mit der Herkunftsfamilie erarbeitet. Auch die möglichen Schwierigkeiten beim Umgang mit der Herkunftsfamilie werden thematisiert und Lösungen erarbeitet. Des weiteren werden Unterstützungsmöglichkeiten erarbeitet, um dem Pflegekind die oftmals aufwühlenden Kontakte mit seinen Herkunftseltern zu erleichtern und es im Anschluss wenn nötig wieder aufzufangen. Während dieser beiden Module wird mit den Teilnehmern prozessorientiert gearbeitet. 51 Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main 5. Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main In Frankfurt am Main werden Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber von Fachkräften des Sozialdienstes Pflegekinderhilfe gestaltet und durchgeführt, einem besonderen Dienst, der vom Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt eigens für das Pflegekinderwesen eingerichtet wurde. Ergänzend zu den Vorbereitungsseminaren bietet der Sozialdienst Pflegekinderhilfe einmal im Jahr einen Informationsabend zu juristischen Fragestellungen an und hält außerdem einen Büchertisch mit Fachliteratur bereit, an dem sich Personen, die sich für die Aufnahme eines Pflegekindes interessieren, informieren können und eine Liste mit Buchempfehlungen mitnehmen können. In Frankfurt ist die Teilnahme an einem solchen Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber eine notwendige Voraussetzung für einen späteren Vermittlungsprozess. 5.1. Allgemeine Grundlagen Die Vorbereitungsseminare werden in Form von fünf Abendveranstaltungen á zwei Stunden durchgeführt und umfassen insgesamt etwa 10 Stunden. Die maximale Teilnehmerzahl liegt bei 16 Personen, die minimale bei 8 Personen. Die Teilnehmer sollen während des Seminars die Gelegenheit erhalten zu erfahren, was es für sie selbst und ihre Familie bedeuten kann, ein Pflegekind aufzunehmen. Außerdem sollen sie ein Gespür dafür entwickeln, was es für ein Kind bedeuten kann, in eine ihm fremde Umgebung zu kommen und dort mit ihm zunächst fremden Menschen zu leben. Um nicht nur frontal reine Informationen zu vermitteln, sondern den Pflegeelternbewerbern auch emotionale Erfahrungen zu ermöglichen und einen Praxisbezug herzustellen, werden unterschiedliche Methoden, wie zum Beispiel Rollenspiele, Skulpturarbeit sowie Fallbeispiele aus der konkreten Arbeit genutzt. Die Arbeit mit der Gruppe der Teilnehmer findet themenzentriert statt und der Austausch innerhalb der Gruppe soll den Teilnehmern die Möglichkeit bieten, das Gelernte zu vertiefen. Um die Teilnehmer zu aktivieren, wird zu Beginn jedes Veranstaltungsabends eine Warming-Up-Übung durchgeführt und jede Veranstaltung 52 Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main mit einer Blitzlichtrunde26 beendet. Um den Teilnehmern auch einen möglichst genauen Einblick in den Hilfeprozess zu ermöglichen wird mit den Teilnehmern exemplarisch eine Hilfeplanung im Sinne des § 36 SGB VIII für ein Pflegekind entwickelt. Offene Fragen, rechtlicher, finanzieller und struktureller Art werden gesammelt und am letzten Abend des Vorbereitungsseminars geklärt. Im Anschluss an das Seminar finden mit den einzelnen Teilnehmern, der Seminarleitung und der nun für die Bewerber zuständigen Fachkraft ein Überleitungsgespräch statt, in dem die Einschätzungen, Beobachtungen, Erfahrungen und Erkenntnisse der Teilnehmer ausgewertet und reflektiert werden und das weitere Vorgehen besprochen wird. 5.2. Ziele der Seminararbeit Die Pflegeelternbewerber sollen ihre eigenen Motivationen, Erwartungen und Wünsche kennen lernen und gegebenenfalls überdenken, sowie sich ihrer eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen bewusst werden. Im Rahmen dieses Vorbereitungsseminars sollen die Teilnehmer ihre eigene und andere Familiensysteme und deren Dynamik kennen lernen und sich mit den möglichen Veränderungen auseinandersetzen, die durch die Aufnahme eines Pflegekindes ausgelöst werden. Außerdem sollen sie auf Probleme vorbereitet werden, die sich aus einem Pflegeverhältnis entwickeln können. Hier stehen vor allem Schwierigkeiten, die sich bei der Integration und Entwicklung eines Pflegekindes ergeben können und die häufig problembehaftete Kommunikation und Kooperation mit der Herkunftsfamilie im Mittelpunkt. 26 „Leitung und Teilnehmende nehmen reihum mit einem oder zwei Sätzen zu einer einzelnen Frage Stellung. Es soll nicht nachgefragt, kritisiert oder kommentiert werden. Die Einzeläußerungen sollen wirklich kurz sein (wie ein Blitzlicht) und die subjektive und persönliche Sicht des Teilnehmers betreffen.“ (KNOLL 1992, 184) 53 Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main 5.3. Die einzelnen Abendveranstaltungen 5.3.1. Der erste Abend Dieser Abend steht unter dem Motto: „Einführung in das Thema: ‘Ein Pflegekind aufnehmen – Motivation von Pflegeeltern’“. Neben dem Kennenlernen der Teilnehmer und der Vorstellung des Seminarplans und der Seminarleiter, dient diese Veranstaltung dazu, dass die Teilnehmer ihre eigene Motivation zur Aufnahme eines Pflegekindes erforschen, sich mit ihren Erwartungen und Wünschen an die Inpflegenahme eines Kindes auseinandersetzen und diese hinterfragen und gegebenenfalls verändern. Außerdem werden die Teilnehmer über die Datenschutzbestimmungen informiert (nichts dringt nach Außen). 5.3.2. Der zweite Abend Diese Veranstaltung trägt die Überschrift „Familien als Bezugssystem, Erkennen der eigenen Familienstruktur, wo findet das Pflegekind seinen Platz, seine Rolle?“. An diesem Abend steht, wie der Titel bereits verrät, die Erkundung des eigenen Familiensystems im Zentrum. Die Teilnehmer sollen sich mit der Struktur ihrer Familie sowie mit den unterschiedlichen Rollen, die die einzelnen Familienmitglieder innehaben auseinander setzen. Außerdem sollen sie sich überlegen, welchen Platz und welche Rolle das Pflegekind innerhalb ihrer Familie einnehmen soll und was diese Anforderungen an das Pflegekind für dieses bedeuten. Sie sollen also einen emotionalen und empathischen Zugang zu der Situation des Pflegekindes vermittelt bekommen. 5.3.3. Der dritte Abend Der dritte Abend knüpft thematisch an den vorherigen an und beschäftigt sich mit der „Veränderung der Familienstruktur, wenn ein neues Familienmitglied hinzukommt“. Die Teilnehmer sollen sich mit den möglichen Veränderungen, die mit der Aufnahme eines Pflegekindes auf sie zukommen, auseinander setzen. Gleichzeitig werden sie auf mögliche Probleme bei der Integration und Entwicklung des Pflegekindes vorbereitet. 54 Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main 5.3.4. Der vierte Abend Diese Veranstaltung trägt den Titel „Kooperation zwischen Herkunfts- und Pflegefamilie, Notwendigkeit und Grenzen“ und thematisiert vor allem die Schwierigkeiten, die bei der Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie des Pflegekindes entstehen können und soll Mittel und Wege aufzeigen, wie mit diesen umgegangen werden kann. 5.3.5. Der fünfte Abend Am Abschlussabend des Vorbereitungsseminars werden rechtliche, finanzielle und strukturelle Fragen, die während des Seminars aufgekommen sind, beantwortet und es findet eine gemeinsame Auswertung des Seminars statt. Außerdem findet eine exemplarische Hilfeplanung statt. Zusätzlich wird an einem der Abende ein Film gezeigt, der während einer Projektarbeit in Frankfurt am Main entstanden ist und den Alltag von drei Pflegeelternfamilien zeigt. 55 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe in Bayern 6. Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe in Bayern Auf einer Fortbildung für Fachkräfte der Jugendhilfe bayerischer Jugendbehörden, die 1995 vom bayerischen Landesjugendamt ausgerichtet wurde, wurden von den teilnehmenden Fachkräften drei Konzepte für Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern erarbeitet. Inhaltlich sind diese Seminare identisch, vermutlich weil zuvor ein Brainstorming stattgefunden hat, in dem wichtige Inhalte der Seminararbeit zusammengetragen wurden. Aus diesem Grund möchte ich nur eines dieser Konzepte27 an dieser Stelle vorstellen. Da es sich um eine sehr detaillierte Seminarplanung handelt sind auch geplante Essens- und Kaffeepausen mit aufgeführt. Ich werde mich bei der Darstellung des Vorbereitungsseminars auf die tatsächlichen Arbeitsphasen beschränken. 6.1. Allgemeine Grundlagen Das Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber wird in Form eines Wochenendseminars durchgeführt, welches von Freitag bis Sonntag geht und insgesamt ca. 15 Stunden Arbeitszeit umfasst. An dem Seminar sollen beide Partner teilnehmen (dies gilt natürlich nicht für Alleinerziehende angehende Pflegepersonen). Um dies zu ermöglichen findet parallel zum Seminar eine Kinderbetreuung statt. Das Seminar soll in einer geeigneten Bildungsstätte stattfinden, die zum einen Vollpension und Übernachtungsmöglichkeiten für alle Teilnehmer bietet, zum anderen mediengerechte Räume für die Seminararbeit und Freizeitmöglichkeiten bereit hält. Die Leitung des Vorbereitungsseminars wird von zwei Fachkräften des Jugendamtes übernommen und es sollen fünf bis acht Paare teilnehmen. Dem Vorbereitungsseminar geht ein Vorbereitungsabend voraus, der ca. zwei bis vier Wochen vorher stattfinden sollte und an dem ein erstes Kennenlernen aller Beteiligten stattfindet und wichtige Informationen zum Vorbereitungswochenende gegeben werden. Ein Tisch mit Informationsmaterialien und thematisch passenden Büchern soll für alle Teilnehmer während des Wochenendseminars zur Verfügung stehen und es soll eine zeitliche Ausgewogenheit zwischen Bildungs- und Ruhephasen bestehen. Die Wissensvermittlung soll sowohl auf kognitiver, als auch emotionaler Ebene erfolgen. 27 Ich habe mich für dieses Seminarkonzept entschieden, weil es mir von der zeitlichen Aufteilung am besten gefiel. 56 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern Dies soll durch eine Methodenvielfalt gewährleistet werden, die diese beiden Ebenen anspricht und gleichzeitig die Konzentrationsfähigkeit fördert. In einem solchen Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber soll nicht nur auf die Bewerber, die leiblichen Eltern und das Jugendamt eingegangen werden, sondern auch auf die eventuell vorhandenen leiblichen Kinder der Pflegeelternbewerber. 6.2. Ziele der Seminararbeit Das Vorbereitungsseminar soll die Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für oder gegen die Inpflegenahme eines Kindes unterstützen und sie auf ihre besondere Situation als Pflegefamilie vorbereiten. Sie sollen ihre bestehende Familienstruktur kennen lernen und sich mit den Veränderungen dieser Struktur, die die Aufnahme eines Pflegekindes mit sich bringt, auseinandersetzen. Während des Seminars sollen die Teilnehmer ihre Belastbarkeit und Grenzen erkennen und sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte und deren Auswirkung auf ihr jetziges Bild von Familie auseinandersetzen. Es soll eine Desillusionierung der Pflegeeltern erfolgen, indem sie möglichst genaue Kenntnisse von den möglichen Schwierigkeiten, die ein Pflegeverhältnis mit sich bringt, vermittelt bekommen (z.B.: Pflegekind als Spielgefährte für leibliches Kind – Realität des möglicherweise problematischen Pflegekindes). Die Teilnehmer sollen ihre Toleranz und Akzeptanz dem Pflegekind und dessen Herkunftsfamilie gegenüber erhöhen und mögliche Formen der Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern kennen lernen. Sie sollen außerdem die unterschiedlichen Phasen der Integration des Pflegekindes in die Pflegefamilie vermittelt bekommen und sich mit dem Ablösungsprozess und der nötigen Trauerarbeit beschäftigen. Des weiteren soll das Vorbereitungsseminar (in Form eines Wochenendseminars) einerseits den Austausch zwischen den unterschiedlichen Teilnehmern und andererseits das intensive Kennenlernen der Bewerberfamilien durch das Jugendamt begünstigen. 6.3. Die einzelnen Arbeitseinheiten 6.3.1. Der Vorbereitungsabend Dieser Vorbereitungsabend soll, wie bereits erwähnt, etwa zwei bis vier Wochen vor dem Vorbereitungswochenende stattfinden und hauptsächlich der Information und 57 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern einem ersten Kennenlernen der Teilnehmer dienen. Er dauert ungefähr drei bis vier Stunden. Inhalte Es erfolgt eine Begrüßung und eine Vorstellung der Seminarleiter. Im Anschluss daran findet ein erstes Kennenlernen der Teilnehmer und eine Abklärung ihrer Bedürfnisse, Erwartungen und Ängste statt. Die Teilnehmer werden über den organisatorischen und inhaltlichen Ablauf des Vorbereitungsseminars informiert und darüber, welchen Sinn und Zweck die Vorbereitung in Form eines Seminars hat. Die Gruppenregeln für das Vorbereitungswochenende werden vorgestellt, zum Beispiel, dass niemand gezwungen wird, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern, und dass alle privaten Informationen in der Teilnehmergruppe verbleiben und nicht nach außen getragen werden dürfen. Während des Vorbereitungsabends sollen die allgemeinen Fragen der Teilnehmer geklärt werden. Hierfür werden ca. zwei Stunden anberaumt. Methoden Die meisten Inhalte werden durch einen Vortrag vermittelt. Das Kennenlernen soll durch ein geeignetes Kennenlernspiel28 unterstützt werden und die Bedürfnisabklärung erfolgt mit Hilfe von Kärtchen. Es findet eine Fragerunde statt. Ziele Die Teilnehmer sollen sich kennen lernen und über das Vorbereitungsseminar informiert werden. Außerdem sollen Fragen geklärt werden, die eventuell nicht in das Konzept des Wochenendes passen, aber auch nicht unbeantwortet bleiben sollen. Die Bedürfnisse, Erwartungen und Ängste der Teilnehmer sollen in Erfahrung gebracht werden, damit diese, falls nötig oder sinnvoll, in der Seminarplanung berücksichtigt werden können. 28 Zum Beispiel kann ein Wollknäuel geworfen werden. Wer das Wollknäuel fängt, sagt seinen Namen. Dabei wird aus dem Wollfaden ein Netz, dass die Gruppe “verbindet“. (Diese Methode kann auch mit einer Fragestellung verknüpft werden) 58 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern 6.3.2. Die erste Arbeitseinheit: Begrüßung Die erste Arbeitseinheit des Wochenendseminars zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern findet am Freitagabend nach der Zimmerverteilung und einem gemeinsamen Abendessen mit allen Familien statt. Da diese Veranstaltung mit einem gemütlichen Beisammensein endet, gibt es keine zeitliche Vorgabe, vermutlich dauert sie etwa zwei bis drei Stunden. Die Familien nehmen an dieser Veranstaltung mit ihren Kindern teil (falls leibliche Kinder oder bereits andere Pflegekinder vorhanden sind). Inhalte Zunächst werden noch einmal die Gruppenregeln besprochen (Vertraulichkeit, kein “Redezwang“, jeder soll zu Wort kommen, etc.) und darauf hingewiesen, dass für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gegenseitige Offenheit sehr wichtig ist. Die Leiter der Kinderbetreuung und ihre Aufgaben werden vorgestellt. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Kinder auch an den Arbeitseinheiten teilnehmen dürfen, und dass Störungen durch die Kinder während der Arbeitseinheiten Vorrang haben. Während der Freizeiten sind die Eltern für die Betreuung der Kinder verantwortlich. Es finden weitere Kennenlernspiele statt. Die Familien stellen sich gegenseitig vor und es werden noch offene Fragen geklärt. Das Programm für das Wochenende wird an alle verteilt und gemeinsam besprochen. Dann können alle gemeinsam den Abend bei Musik, Getränken und Knabbereien ausklingen lassen und sich in diesem informellen Rahmen noch ein wenig besser kennen lernen. Methoden Für das Kennenlernen sind unterschiedliche Kennenlernspiele vorgesehen. Die Teilnehmer sollen sich gegenseitig einen Ball zu werfen und den Namen der betreffenden Person nennen, um die Namen der anderen Teilnehmer möglichst schnell zu lernen. Es gibt ein Partner-Interview, bei dem sich die einander zugeteilten Personen gegenseitig vorstellen. Das Zuteilen der Partner kann zum Beispiel durch Bonbons erfolgen (gleiche Farbe = Partner in diesem Spiel). Die Teilnehmer können sich selbst vorstellen und dazu ein Stofftier oder eine Ansichtskarte wählen, anhand derer sie ihre Eigenschaften und/oder Vorlieben der Gruppe mitteilen. Die Familien können sich gemeinsam vorstellen, in dem sie zum Beispiel gemeinsam ein Bild malen, das sie dann gemeinsam der Gruppe erklären. 59 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern Ziele Die Teilnehmer sollen das Programm für das Wochenende kennen, um Verzögerungen möglichst gering zu halten und die Teilnehmer nicht mit einem Thema zu überfallen. Gleichzeitig sollen sie ihre Kinder gut aufgehoben wissen, damit sie sich auf die Arbeit in der Gruppe konzentrieren können. Das intensive Kennenlernen soll den Gruppenprozess fördern und eine Vertrauensgrundlage für die weitere Arbeit schaffen. 6.3.3. Die zweite Arbeitseinheit: Die aktuelle Familienstruktur Während dieser Arbeitseinheit sollen sich die Teilnehmer intensiv mit ihrer eigenen Familienstruktur auseinandersetzen und andere Familienstrukturen kennen lernen. Für diesen Themenbereich sind ca. drei Stunden eingeplant. Inhalte Zunächst findet eine kurze Aufwärmphase mit Auflockerungs- oder Vertrauensübungen statt und es wird auf noch bestehende Unsicherheiten und Fragen eingegangen. Die Teilnehmer sollen sich jeder für sich ihre eigene Familienstruktur bewusst machen und diese dann im Plenum darstellen. Es wird anhand einer Falldarstellung auf die Geschwisterreihenfolge eingegangen und in Kleingruppen anschließend auf die derzeitig bestehenden Konstellationen der einzelnen Familienmitglieder der eigenen Familie übertragen. Die Teilnehmer sollen hierbei schon mal versuchen, einen Platz für das Pflegekind zu finden. Die Partner sollen sich bei dieser Übung in unterschiedlichen Gruppen befinden, sich aber nach Bearbeitung der Aufgabe auch mit dem Ergebnis des Partners auseinandersetzen. Methoden Für die Auflockerungsphase kommen Übungen wie das „Rennbahnspiel“, „Rückenklopfen“, „Fallenlassen im Kreis“ oder „Blind führen lassen“ in Frage. Es wird ein Fallbeispiel gegeben. Es findet ein Plenum und Diskussionen in den Kleingruppen statt und die Familienkonstellationen werden zur besseren Visualisierung mit Bauklötzchen gestellt oder gezeichnet. 60 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern Ziele Die Seminarteilnehmer sollen sich intensiv mit ihrer derzeitigen Familienstruktur und den Rollen, die die einzelnen Familienmitglieder innehaben, auseinandersetzen und diese reflektieren. Außerdem sollen sie sich bewusst machen, dass es neben ihrer eigenen noch viele andere Familienformen gibt. 6.3.4. Die dritte Arbeitseinheit: Veränderungen der Familienstruktur Diese Arbeitseinheit soll die Teilnehmer dazu bringen, sich mit den Veränderungen ihrer Familienstruktur auseinander zu setzen, die mit der Aufnahme eines Pflegekindes auf sie zukommen. Sie dauert etwa drei Stunden. Inhalte Die Teilnehmer sollen sich mit den von ihnen in der vorherigen Arbeitseinheit „gestellten“ Familienkonstellationen und denen ihres Partners auseinandersetzen. Haben die Partner eventuell ein unterschiedliches Bild davon, wie ihre Familie mit Pflegekind aussehen könnte und wie geht es ihnen mit dieser neuen Konstellation, sehen sie vielleicht schon Schwierigkeiten? Sie sollen sich in die Situation aller Familienmitglieder hineinversetzen und reflektieren, was die Aufnahme eines Pflegekindes für jeden einzelnen bedeutet. Sie sollen sich noch einmal mit der Platzsuche für das Pflegekind in ihrer Familie beschäftigen. Außerdem werden die Teilnehmer dazu aufgefordert, sich in die Situation der Herkunftsfamilie des Pflegekindes hinein versetzen und sich mit der Herausnahme eines leiblichen Kindes aus der Familie beschäftigen. Methoden Es finden Diskussionen im Plenum und in Kleingruppen statt, Skulpturarbeit kommt zum Einsatz und es wird erneut mit Bauklötzen gearbeitet. Um die Veränderung des Familiengleichgewichts zu verdeutlichen wird diese anhand eines Mobiles dargestellt. Zum Ende gibt es eine Blitzlichtrunde, um Fragestellungen für den letzten Tag zu klären und zu reflektieren, wie es den einzelnen Teilnehmern mit den an diesem Tag gemachten Erfahrungen und erlangten Erkenntnissen geht. 61 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern Ziele Ziel dieser Arbeitseinheit ist es, die Systemveränderungen sowohl bei der aufnehmenden als auch bei der abgebenden Familie zu verdeutlichen und Betroffenheit bei den Teilnehmern dafür zu erzeugen, was das Jugendamt mit der Herausnahme eines Kindes aus seiner Herkunftsfamilie verursacht. Die Teilnehmer sollen sich selbst und ihre Familienstruktur reflektieren, sich mit den auf sie zukommenden Veränderungen auseinandersetzen und sich in die Situation des Pflegekindes einfühlen (Trennung von der eigenen Familie, Hineinfinden in ein fremdes Familiensystem). Der Tag wird mit einem gemütlichen Beisammensein beendet. 6.3.5. Die vierte Arbeitseinheit: Abschluss Vor der Abreise am Sonntag findet noch einmal eine etwa dreistündige Arbeitseinheit statt, um dem ganzen Vorbereitungswochenende einen runden Abschluss zu verleihen und die Teilnehmer nicht mit noch ungeklärten Fragen zu entlassen. Inhalte Zu Beginn findet erneut eine Auflockerungsübung statt. Die Restfragen, die noch bestehen und noch ausstehende Themenwünsche, werden aufgearbeitet. Es wird auf weitere Veranstaltungen für Pflegeeltern hingewiesen. Das weitere Vorgehen wird mit den einzelnen Familien abgeklärt (Wie geht’s jetzt weiter, hat sich vielleicht jemand gegen die Aufnahme eines Pflegekinds entschieden?). Eine Auswertung des Seminars findet statt (Wie geht es mir jetzt?/ Wurden meine Wünsche und Bedürfnisse erfüllt?/ Was nehme ich mit?/Gibt es Veränderungsvorschläge für kommende Seminare?/...) und man bedankt sich bei den Teilnehmern und den Kinderbetreuern. Zum Schluss findet ein Abschiedsspiel mit allen Anwesenden (auch die Kinder) statt. Methoden Eine Auflockerungsübung findet wie in Arbeitseinheit drei statt. Es erfolgen Gespräche in der Gruppe und mit den einzelnen Paaren und für das Abschiedsspiel könnte „Ich packe meinen Koffer und nehme mit…(Zweifel/Hoffnung/Zuversicht/…)“ genutzt werden. 62 Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern Ziele Ziel dieser Arbeitseinheit ist es in Erfahrung zu bringen, wo die einzelnen Teilnehmer jetzt stehen (Pflegekind, Ja oder Nein), die weitere Zusammenarbeit mit den einzelnen Bewerbern abzuklären, die Pflegeelternbewerber nicht mit ungeklärten Fragen nach Hause zu schicken und einen positiven Abschluss zu finden. 63 Schweden - Die PRIDE-Methode 7. Schweden - Die PRIDE-Methode29 Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber in Schweden Nachdem ich mich bisher mit vier sehr unterschiedlichen Konzeptionen zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Deutschland beschäftigt habe, möchte ich nun noch ein Beispiel dafür liefern, dass es möglich ist, die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern einheitlich zu gestalten. Zu diesem Zweck möchte ich einen Blick auf die Vorbereitungspraxis im schwedischen Pflegekinderwesen werfen. In Schweden hat man sich darauf geeinigt, dass, wenn genügend Bewerber zusammen kommen, die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform nach der PRIDE-Methode gestaltet wird. Die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern ist in Schweden also weitestgehend einheitlich geregelt. Den ersten Teil dieses Seminarkonzepts möchte ich an dieser Stelle vorstellen30. 7.1. Allgemeine Grundlagen Die Inhalte des Seminars basieren auf 5 Kompetenz-Kategorien, die die Pflegeelternbewerber im Rahmen des Seminars kennen lernen sollen. Diese sind: • Kinder pflegen und erziehen • Der Umgang mit Entwicklungsbedürfnissen und Entwicklungsstörungen • Die Beziehung zur Herkunftsfamilie des Pflegekindes aufrecht erhalten • Dem Kind sichere Beziehungen ermöglichen • in einem professionellen Team arbeiten Das Vorbereitungsprogramm besteht aus 10 Sitzungen á 3 Stunden die einmal pro Woche stattfinden und dient neben der Informationsvermittlung dem besseren Kennenlernen der Bewerber und der Auswahl von geeigneten Pflegeeltern. Das Seminar soll aber auch der Unterstützung der Entscheidungsfindung, ob die 29 30 Die PRIDE-Methode (Parents Ressources for Information, Development, Education) stammt ursprünglich aus den USA und wird inzwischen in vielen europäischen Ländern (Holland, Belgien, Ungarn, Finnland, Dänemark, Island, Norwegen und Polen) und Australien zur Vorbereitung von Pflegeeltern eingesetzt. (vgl. http://www.x.komforb.se/nya_sajten/dokument/projekt/fosterpride.pdf) Der zweite Teil ist für die Fortbildung bereits tätiger Pflegefamilien gedacht und findet deshalb in dieser Arbeit keine Erwähnung 64 Schweden - Die PRIDE-Methode Teilnehmer sich der Aufnahme eines Pflegekindes in ihre Familie gewachsen fühlen, dienen. Das engere soziale Umfeld der Bewerber soll in thematisch geeigneten Sitzungen in die Seminararbeit mit einbezogen werden. 7.2. Ziele der Seminararbeit Es gibt 4 Stadien der Kompetenzentwicklung, von denen die angehenden Pflegeeltern mindestens die ersten beiden während des Seminars erreichen sollen. Diese beiden Stadien gemeistert zu haben ist eine Grundvoraussetzung, um als Pflegeeltern in Frage zu kommen. Das erste Stadium ist das Erlangen von Bewusstsein für eine bestimmte Thematik. Das heißt, dass die Teilnehmer im Seminar wichtige Inhalte des Pflegekinderwesens vermittelt bekommen sollen, die ihnen vorher eventuell noch unbekannt waren. Im zweiten Stadium geht es darum, dass die Teilnehmer sich das Wissen aneignen, was diese Thematiken beinhalten und warum sie für das Pflegekinderwesen beziehungsweise die Aufnahme eines Pflegekindes so wichtig sind und Verständnis für diese entwickeln (z.B.: 1. Stadium: Verhaltensauffälligkeiten spielen eine große Rolle im Pflegekinderwesen; 2. Stadium: Was sind Verhaltensauffälligkeiten und warum zeigen manche Pflegekinder solche Verhaltensweisen?). Das dritte Stadium ist das Kennenlernen von Methoden, wie man mit bestimmten Schwierigkeiten umgehen kann und das vierte Stadium ist das Erlangen der Fähigkeit, diese Methoden anzuwenden. Die Pflegeelternbewerber sollen also neben der Wissensvermittlung auch Handlungsmöglichkeiten kennen lernen, wie sie auf bestimmte Schwierigkeiten reagieren können. Außerdem soll das Seminar die Teilnehmer zur Selbstreflexion anregen und sie bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes unterstützen. 7.3. Die Inhalte der einzelnen Veranstaltungen Einführung in PRIDE Es findet eine Vorstellung der Inhalte des Programms statt und die Teilnehmer werden darüber informiert, dass die Ausbildung nicht nur der Auswahl von Pflegeeltern dient, sondern den potentiellen Pflegeeltern auch dazu dienen soll, sich zu entscheiden, ob sie sich der Aufgabe ein Pflegekind aufzunehmen gewachsen 65 Schweden - Die PRIDE-Methode fühlen. Arbeiten im Team Die Wichtigkeit der Zusammenarbeit und Vernetzung aller am Hilfeprozess Beteiligten wird verdeutlicht, damit die Kinder sich auf die Verlässlichkeit der für sie zuständigen Personen einlassen können und Vertrauen in Beziehungen entwickeln. Es wird herausgestellt, wie wichtig Familie und die Beziehungen innerhalb dieser für die Entwicklung einer stabilen Identität und eines gesunden Selbstwertgefühls eines Kindes sind. Die Einbeziehung der Herkunftsfamilie und die Wichtigkeit der Pflegefamilie in diesem Punkt wird hier thematisiert. Das Bedürfnis des Kindes nach Nähe und Integration Hier wird behandelt, wie die Pflegefamilie dazu beitragen kann, dem Pflegekind, das schlechte Erfahrungen gemacht hat, das Vertrauen in Beziehungen wieder zu geben oder neu zu schaffen. Wichtige frühkindliche Entwicklungsstadien und die Bindungstheorie werden vorgestellt. Der Umgang mit Verlusten Die häufig schlimmen Vorerfahrungen und die Trennung von den leiblichen Eltern beinhalten große Verluste. Der Trauerprozess der auf die Trennung folgt, dessen unterschiedliche Phasen und die damit verbundenen Gefühle und Verhaltensweisen werden besprochen. Ebenso die Auswirkungen, die diese Erfahrungen auf die Entwicklung eines Kindes haben können. Die Teilnehmer sollen sich mit ihren eigenen Verlusterfahrungen auseinandersetzen und wie sie mit diesen umgegangen sind. Außerdem sollen sich die Pflegeelternbewerber damit beschäftigen, was der Trauerprozess des Pflegekindes für ihr Familienleben bedeutet und wie sie damit umgehen wollen. Unterstützung der Beziehung zur Herkunftsfamilie In dieser Veranstaltung wird thematisiert, wie wichtig die Beziehung zur Herkunftsfamilie für die Entwicklung von Identität, kultureller Zugehörigkeit und Selbstwertgefühl eines Pflegekindes ist. Es wird während dieser Sitzung darauf eingegangen, wie man als Pflegeeltern diese Beziehung aufrechterhalten und unterstützen kann, denn die Kontakte erfordern Planung, Vorbereitung und die 66 Schweden - Die PRIDE-Methode Bereitschaft, die Reaktionen des Kindes vor und nach dem Kontakt zu begleiten. Gleichzeitig sollen sich die Teilnehmer damit auseinander setzen, dass das Ziel einer Inpflegegabe, wenn möglich, immer die Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie ist und Pflegeeltern sich auf eine Elternschaft auf Zeit einlassen und mit einer Trennung vom Pflegekind rechnen müssen. Kinder erziehen Es wird eine Definition des Wortes Erziehung gegeben und besprochen, welche Herausforderungen Erziehung beinhaltet und welche Ziele Erziehung verfolgt. Die Pflegeelternbewerber lernen in dieser Sitzung die Ursachen und Hintergründe für die oftmals starken Gefühle von Pflegekindern und daraus resultierende Verhaltensweisen kennen und wie und mit welchen erzieherischen Mitteln man diesen wirkungsvoll begegnen kann. Es wird ebenfalls thematisiert, dass ein Unterschied zwischen Erziehung und Bestrafung besteht. Kindern die Möglichkeit geben, lebenslange Bande zu knüpfen In dieser Sitzung wird behandelt, wie wichtig es für Kinder und Jugendliche ist, sichere Beziehungen zu anderen Personen zu knüpfen und wie diese Beziehungen die Entwicklung des Kindes beeinflussen. Es wird darauf eingegangen, dass wenn eine Rückführung nicht möglich ist, die Pflegefamilie zum lebenslangen Engagement für das Pflegekind aufgefordert ist. Die Teilnehmer sollen reflektieren, ob die Bereitschaft dazu bei ihnen vorhanden ist. Die Aufgabe, den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen bei der Verselbstständigung zu unterstützen wird behandelt. Mit der Veränderung leben Man geht auf die Veränderungen in der eigenen Familie ein, die die Aufnahme eines Pflegekindes mit sich bringt. Die Teilnehmer sind dazu aufgefordert, sich mit ihrer eigenen Familienstruktur und deren Veränderung auseinander zu setzen. Ebenso wird darauf eingegangen, dass man als Pflegefamilie Anklagen wegen Misshandlung, Ausnutzung, etc. ausgesetzt sein kann, da das Umfeld die Familie nach Aufnahme eines Pflegekindes genauer und vor allem anders betrachten wird. Es wird auch behandelt, wie man diesen Anklagen entgegen wirken kann, zum Beispiel indem man besonders offen mit der Thematik Pflegekind umgeht. 67 Schweden - Die PRIDE-Methode Eine gut fundierte Entscheidung treffen In dieser Sitzung trifft man Fachleute (Sozialarbeiter, Psychologen, etc.) die zu einem Team um das Pflegekind gehören können. Es wird behandelt, wie die Zusammenarbeit mit diesen Personen aussehen kann und welche Anforderungen das für die Pflegefamilie mit sich bringt (Öffnung der eigenen Familie, Ehrlichkeit, regelmäßige Kontakte, etc.). Ebenso sind zu dieser Veranstaltung Freunde und Verwandte eingeladen, die von der Entscheidung ein Pflegekind aufzunehmen mit betroffen sein können. Die Teilnehmer sollen sich noch einmal intensiv mit den Auswirkungen beschäftigen, die die Aufnahme eines Pflegekindes für ihre Familie und ihr Umfeld mit sich bringt. Verabschiedung und Fortlauf Es findet eine Reflexion über die Inhalte des Seminars und die persönliche Entwicklung der Teilnehmer innerhalb des Seminars statt. Die Anforderungen an eine Pflegefamilie werden noch einmal herausgestellt und die Pflegeelternbewerber sollen diese mit ihren Möglichkeiten und Ressourcen vergleichen, um den Entschluss zu fassen, ob sie sich der Aufgabe, eine Pflegefamilie zu werden, gewachsen fühlen oder nicht. Es findet eine Verabschiedung statt und das weitere Vorgehen wird mit den einzelnen Teilnehmern besprochen. Methoden Neben unterschiedlichen Methoden der Gesprächsführung, Gruppenarbeit und Wissensvermittlung, spielen in diesem Seminar vor allem praktische Handlungsmöglichkeiten für Pflegeeltern eine wichtige Rolle. Eine der Methoden, die Pflegeelternbewerber im Rahmen dieses Seminars lernen, ist das Führen eines Lebensbuches. Das Lebensbuch dient der Aufarbeitung der eigenen Geschichte, mit Hilfe von Genogrammen, Netzwerkkarten31, Lebenslauf und einem Fragenkatalog. Die Pflegepersonen sollen diese Methode nicht nur für sich nutzen, um sich mit ihren Erfahrungen, Gefühlen und ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen, sondern 31 Für die Erstellung der Netzwerkkarte wird eine Ankerperson gewählt, die das Zentrum des Netzwerks bildet. Nun werden die Personen des sozialen Umfelds eingetragen. Je wichtiger die Person ist, desto näher wird das Symbol für diese Person zur Ankerperson gezeichnet. Besteht zwischen zwei Personen Kontakt, werden diese mit einer Linie verbunden. (vgl. http://www.pantucek.com/diagnose/netzwerkkarte/netzwerkkarte_manual.pdf) 68 Schweden - Die PRIDE-Methode später auch die Pflegekinder dazu anregen ein solches Buch anzulegen und sie dabei unterstützen. Das Lebensbuch dient während des Seminars als Grundlage für die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und der Selbstreflexion. 69 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen KAPITEL III: Ergebnisse 1. Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Die Auswertung der vier Konzeptionen für Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber findet in Form deskriptiver Statistiken statt und beschränkt sich auf die Verteilung der messbaren Merkmale der Seminare. Da mir keine weiteren Informationen (wie z.B. die Zufriedenheit der Teilnehmer oder Abbruchquoten bei Seminarteilnehmern) vorliegen, kann ich zu deren Bedeutung für die Effektivität der Vorbereitungsseminare keine Aussage treffen. Ich möchte allerdings versuchen, Gemeinsamkeiten zwischen den Seminaren aufzudecken, die darauf schließen lassen, dass sie für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern von Bedeutung sind. Ich beschränke mich in dieser Auswertung auf die vier vorgestellten Seminarkonzeptionen aus Deutschland, da ich mich mit den Angeboten auseinander setzen möchte, die deutschen Pflegeeltern zur Verfügung stehen. Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern in Deutschland sind, wie man im letzten Kapitel sehen konnte, sehr unterschiedlich gestaltet. Dies beginnt schon bei der von den einzelnen Trägern gewählten Seminarform. Während es sich bei der Konzeption der bayerischen Jugendhilfe (im Folgenden “Konzeption Bayern“ genannt) um ein reines Wochenendseminar handelt, bieten der soziale Dienst der Pflegekinderhilfe in Frankfurt am Main (im Folgenden “Konzeption Frankfurt“ genannt) und das Familienbildungswerk des DRK Köln (im Folgenden “Konzeption Köln“ genannt) ihre Vorbereitungsseminare als Einzelveranstaltungen an. Das Pro filiA Programm von Pro Kind e.V. in Schwerin (im Folgenden “Konzeption Schwerin“ genannt) hingegen basiert auf einer Kombination aus Einzel- und Wochenendveranstaltungen. 1.1. Die Teilnehmerzahl Die Teilnehmerzahl liegt bei drei von vier Seminaren zwischen fünf und acht Paaren, also zehn bis 16 Personen. Einzig das Familienbildungswerk in Köln lässt bis zu 20 Teilnehmer zu seinen Vorbereitungsseminaren zu. 70 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Abb. 1: Zeitlicher Umfang der Vorbereitungsseminare 1.2. Der zeitliche Umfang (in Stunden) Gegensatz zu Teilnehmerzahl ist der der zeitliche Umfang bei allen vier Vorbereitungsseminaren sehr unterschiedlich. Die Vorbereitungsabende Konzeption umfassen zehn fünf der Frankfurt insgesamt etwa Stunden. Das Wochenendseminar der Konzeption sich Bayern inklusive Zeitlicher Umfang in Stunden, ca. Im 40,0 30,0 20,0 34,0 24,0 10,0 15,0 10,0 0,0 Konzeption Schwerin Konzeption Köln Konzeption Frankfurt Konzeption Bayern beläuft des Vorbereitungsabends auf insgesamt 15 Stunden, in denen thematisch gearbeitet wird. Die vier Module des Vorbereitungsseminars der Konzeption Köln dauern zusammen 24 Stunden. Deutlich umfangreicher ist mit etwa 34 Arbeitsstunden das Vorbereitungsseminar der Konzeption Schwerin. Betrachtet man den zeitlichen Umfang und unterscheidet dabei zwischen öffentlichen und freien Trägern, so zeigt sich, dass die freien Träger im Durchschnitt mehr als doppelt so viel Zeit (56,9%) auf ihre Vorbereitungsseminare verwenden, bei den mir vorliegenden Fällen entspricht dies 16,5 Stunden. 1.3. Die Leitung der Vorbereitungsseminare Für die Durchführung der Seminare sind bei allen vier Vorbereitungsseminaren Fachkräfte mit einer sozialpädagogischen oder sozialarbeiterischen Ausbildung verantwortlich, die über das notwendige inhaltliche Wissen und die Kompetenz zur Leitung einer Gruppe verfügen und auch praktische Erfahrungen mit dem Pflegekinderwesen haben. Bei der Konzeption Köln werden zusätzlich zwei Module des Vorbereitungsseminars von einer Psychologin und einem Heilpädagogen übernommen. Die Konzeption Schwerin für das Vorbereitungsseminar sieht vor, dass neben den Seminarleitern zu einzelnen Sitzungen Fachkräfte eingeladen werden, die Vorträge zum jeweiligen Thema halten und die entsprechende Sitzung mit begleiten. 71 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen 1.4. Die Kinderbetreuung Nur zwei der Vorbereitungsseminare, nämlich die Konzeption Schwerin und die Konzeption Bayern, bieten während der Seminararbeit eine Kinderbetreuung an und sehen eine aktive Einbeziehung der eventuell vorhandenen leiblichen Kinder in bestimmte Themeneinheiten vor. Bei den anderen beiden Seminaren sind die Bewerber selbst dafür verantwortlich ihre eigenen Kinder für diese Zeit geeignet unterzubringen. Diese werden auch nicht aktiv in die Seminararbeit einbezogen. 1.5. Die Inhalte Um die Inhalte der Vorbereitungsseminare vergleichen zu können, habe ich diese in insgesamt 19 Themenbereiche gegliedert, wobei einige Themenbereiche als Teilbereiche eines Oberthemas betrachtet werden können. Diese habe ich daher als Unterpunkte aufgeführt, allerdings nur um deren Zusammenhang zu verdeutlichen. Die Themenbereiche werden im Folgenden aufgelistet und deren Inhalt kurz erläutert Die Nummerierung der einzelnen Themenbereiche soll keine Rangfolge darstellen und auch nicht darauf hindeuten, in welcher Reihenfolge die einzelnen Themen behandelt werden, sondern lediglich den Überblick erleichtern. Welche der Themenbereiche die einzelnen Seminare abdecken kann Tabelle 1 entnommen werden. Folgende Themenbereiche kommen insgesamt zum Einsatz: I 1. Kennenlernen und Vorstellung: Die Teilnehmer lernen sich gegenseitig kennen und werden über die Inhalte des Seminars und die Gruppenregeln informiert I 2. Auffälliges Verhalten und dessen Entstehung: Formen von auffälligem Verhalten bei Pflegekindern und mögliche Ursachen für dieses Verhalten werden besprochen, es findet eine Unterscheidung zwischen auffälligem und gestörtem Verhalten statt I 2.1. Reflexion des eigenen Verhaltens: Die Teilnehmer setzen sich mit ihrem eigenen Verhalten und Beweggründen für dieses auseinander, Bewusstmachen eigener Macken beziehungsweise „Verhaltensauffälligkeiten“ I 3. Bindungstheorie: Bindungstheoretische Grundkenntnisse über Bindungsverhalten und Bindungspersonen werden vermittelt, unterschiedliche Bindungsmuster vorgestellt und die Zusammenhänge von Bindung und Selbstwertgefühl sowie sicherer Bindung und erfolgreicher Ablösung erläutert 72 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen I 4. Integrationsphasen: Die Phasen der Integration des Pflegekindes in die Pflegefamilie werden thematisiert und mögliche Schwierigkeiten und Verhaltensweisen besprochen I 5. Herkunftsfamilie: Ursachen für Inpflegegaben und mögliche Probleme der Herkunftsfamilie werden besprochen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie werden vorgestellt I 5.1. Zwei Familien/Identität: Es wird thematisiert, dass Pflegekinder mit zwei Familien leben und dies erst lernen müssen, und dass beide Familien für die Identitätsbildung des Pflegekindes eine wichtige Rolle spielen I 6. Amtsstruktur: Alle am Hilfeprozess Beteiligten und deren Aufgaben werden vorgestellt, ebenso Arbeitsabläufe, besondere Vorgehensweisen und der Prozess der Hilfeplanung I 7. Rechtliche Aspekte: Es werden für die Pflegeelternbewerber wichtige rechtliche Informationen gegeben I 8. Finanzielle Aspekte: Die für die Region spezifischen Pflegesätze, zusätzliche Fördermöglichkeiten und Versicherungsfragen werden vorgestellt I 9. Familienstruktur: Die derzeitige Familienstruktur der Teilnehmer und die Rollen der einzelnen Familienmitglieder in dieser werden erkundet und hinterfragt I 9.1. Familienstruktur der eigene Herkunftsfamilie: Die Erfahrungen mit der eigenen Herkunftsfamilie und deren Einfluss auf die heutige Familienstruktur werden thematisiert und reflektiert I 9.2. Veränderungen der Familienstruktur: Veränderungen, die durch die Aufnahme eines Pflegekindes auf die Familie zukommen werden und deren Bedeutung für die einzelnen Familienmitglieder werden besprochen I 9.3. Hineinkommen in eine fremde Familienstruktur: Die Schwierigkeiten, die für das Pflegekind entstehen können, wenn es in eine fremde Familie kommt, deren Strukturen es nicht kennt, werden vorgestellt I 10. Die öffentliche Familie: Die Pflegefamilie als Leistungserbringer wird thematisiert, in wieweit die Familie dadurch zu einem Objekt öffentlichen Interesses wird und wo ihre privaten Räume bestehen bleiben, außerdem wird besprochen, wie die Familien mit dieser ihnen zuteil werdenden Aufmerksamkeit umgehen können 73 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen I 11. Motivation: Die Motive der Teilnehmer zur Aufnahme eines Pflegekindes werden besprochen und hinterfragt I 12. Ersatz- oder Ergänzungsfamilie: Die beiden Konzepte werden vorgestellt, es wird auf die Aufgabe “Eltern auf Zeit“ zu sein eingegangen und die Trennung vom Pflegekind und die zu leistende Trauerarbeit eingegangen I 13. Handlungsmöglichkeiten: Es werden während des Vorbereitungsseminars praktische Handlungsmöglichkeiten vermittelt I 14. Hilfsangebote: Während des Seminars werden die Pflegeelternbewerber auf in der Region vorhandene Hilfsangebote aufmerksam gemacht, die sie bei Problemen mit dem Pflegekind anlaufen können Tabelle 1: Themenbereiche und deren Abdeckung durch die einzelnen Vorbereitungsseminare (X = Dieses Thema wird im obenstehenden Seminar behandelt) Konzeption Konzeption Köln Schwerin Konzeption Frankfurt Konzeption Bayern X X X X I 1. Kennenlernen und Vorstellung I 2. Auffälliges Verhalten und dessen Entstehung I 2.1. Reflexion des eigenen Verhaltens X I 3. Bindungstheorie X X I 4. Integrationsphasen X X X X I 5. Herkunftsfamilie I 5.1. Zwei Familien/Identität X X X X X X X X I 6. Amtsstruktur X X I 7. Rechtliche Aspekte X X X X X X I 8. Finanzielle Aspekte I 9. Familienstruktur I 9.1. Familienstruktur der eigene Herkunftsfamilie I 9.2. Veränderungen der Familienstruktur I 9.3. Hineinkommen in eine fremde Familienstruktur X X X X X X X X X X X X X X X 74 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen I 10. Die öffentliche Familie X I 11. Motivation I 12. Ersatz- oder Ergänzungsfamilie I 13. Handlungsmöglichkeiten X X X X X X X X 14 12 X X X X I 14. Hilfsangebote 17 Gesamt 12 Es zeigt sich, dass neun Themenbereiche in allen vier Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber behandelt werden Dies sind auffälliges Verhalten und seine Entstehungshintergründe, die Phasen der Integration des Pflegekindes in die Pflegefamilie, Aspekte die Herkunftsfamilie betreffend, der wichtige Einfluss beider Familien auf die Entwicklung des Pflegekindes, die Familienstruktur der Pflegeelternbewerber, Veränderungen dieser Struktur, die Herausforderung für das Pflegekind sich in diese ihm fremde Struktur einzufügen, die Motivation der Pflegeelternbewerber zur Aufnahme eines Pflegekindes und Handlungsmöglichkeiten, wie mit auftretenden Problemen umgegangen werden kann. Von drei Anbietern werden auch noch das Kennenlernen sowie die Vorstellung des Seminarprogramms, rechtliche Aspekte und das Ersatz- und das Ergänzungsfamilienkonzept behandelt. Die Bindungstheorie, Amtsstrukturen und Erfahrungen, die die Pflegeelternbewerber in ihrer eigenen Herkunftsfamilie gemacht haben, werden nur in der Hälfte der Vorbereitungsseminare thematisiert. Jeweils nur noch ein Anbieter beschäftigt sich während des Vorbereitungsseminars zusätzlich noch mit der Reflexion von eigenem Verhalten, finanziellen Aspekten, der öffentlichen Aufmerksamkeit für die Pflegefamilie und Hilfsangeboten, die bei später auftretenden Problemen genutzt werden könnten. 75 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Abbildung 2: Anzahl der angewendeten Methoden 1.6. Die Methoden den Vorbereitungs- seminaren kommen 13 unterschiedliche Methoden zum Einsatz, und Diskussionen, arbeit, vorträge, zwar Kleingruppen- Einzelarbeit, Fach- Erfahrungsberichte, Fallbeispiele, Rollenspiele, Skulpturarbeit, Entspannungs-, Auflockerungs- und 12 Anzahl der angewendeten Methoden In 10 8 6 12 11 12 12 Konzeption Frankfurt Konzeption Bayern 4 2 0 Konzeption Schwerin Konzeption Köln Aktivierungsübungen/spiele, diverse Medien und Moderationsformen, Selbsterfahrungsübungen, Reflexionen und die Auswertung des Seminars. Die Anzahl der in den einzelnen Seminaren angewandten Methoden unterscheidet sich nur geringfügig (siehe Abb. 2). Die Konzeption Schwerin und die Konzeption Frankfurt sehen keine Einzelarbeit vor, während die Konzeption Köln und die Konzeption Bayern keine Erfahrungsberichte vorsehen. Die Konzeption Köln sieht außerdem keine Entspannungs- und Aktivierungsübungen vor. 1.7. Die Ziele der Seminararbeit Drei Anbieter der Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber haben jeweils Ziele formuliert, die durch die von ihnen konzipierte Seminararbeit erreicht werden sollen. Vom Vorbereitungsseminar des DRK Köln liegen mir darüber leider keine Informationen vor, daher muss ich die Auswertung dieses Punktes auf die anderen drei Konzeptionen beschränken. Insgesamt werden in den drei Konzeptionen 14 Ziele formuliert, die ich im Folgenden auflisten und kurz erläutern möchte. Die Nummerierung der einzelnen Ziele soll keine Rangfolge darstellen, sondern lediglich den Überblick erleichtern. Welcher Anbieter welche Ziele für seine Seminararbeit benannt hat kann Tabelle 2 entnommen werden. Folgende Ziele der Seminararbeit wurden formuliert: 76 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Z 1. Entscheidungshilfe für Pflegeelternbewerber: Die Teilnahme am Vorbereitungsseminar soll die Pflegeelternbewerbern bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes unterstützen Z 2. Entscheidungshilfe für Fachkräfte: Die intensive Seminararbeit soll den Fachkräften ermöglichen sich ein möglichst genaues Bild von den Bewerbern und deren Eignung als Pflegeeltern zu machen Z 3. Motivation klären: Die Teilnehmer sollen ein genaues Bild über ihre Motivation zur Aufnahme eines Pflegekindes erlangen und diese hinterfragen und gegebenenfalls modifizieren Z 4. Familienstruktur erkennen: Die Pflegeelternbewerber sollen ihre Familienstruktur und die Rollen aller Familienmitglieder innerhalb dieser kennen Z 5. Veränderungen kennen: Die mit der Aufnahme eines Pflegekindes entstehenden Veränderungen der Familienstruktur sollen den Teilnehmern bewusst sein, sie sollen auf diese vorbereitet sein Z 6. Eigene Wertvorstellungen: Die Teilnehmer sollen ihr Bild von Familie und damit verbundene Wertvorstellungen reflektieren und hinterfragen Z 7. Toleranzschwelle erweitern: Durch die Beschäftigung mit und Aufklärung über andere Verhaltensweisen, Lebensformen und Wertvorstellungen soll die Toleranz der Teilnehmer gegenüber diesen erweitert werden Z 8. Desillusionieren: Die Seminararbeit soll den Pflegeeltern ein möglichst realistisches Bild vom Leben als Pflegefamilie vermitteln und mit eventuell bei ihnen bestehenden Illusionen aufräumen Z 9. Selbsthilfepotential fördern: Durch die Vorstellung von Hilfsangeboten und den Austausch der Teilnehmer untereinander sollen die Pflegeelternbewerber dazu befähigt werden ihre Schwierigkeiten selbst zu lösen Z 10. Handlungsmöglichkeiten kennen: Die Pflegeelternbewerber sollen in die Lage versetzt werden auf schwierige Situationen reagieren zu können Z 11. Frustrationstoleranz Schwierigkeiten erhöhen: vorbereitet Indem die werden und Teilnehmer die auf mögliche pädagogischen und psychologischen Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges Verhalten kennen lernen, soll ihre Frustrationstoleranz erhöht werden Z 12. Selbstverständnis als Pflegefamilie: Durch das Transparentmachen von Strukturen, Prozessen und Aufgaben soll den Pflegeelternbewerbern 77 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Selbstbewusstsein im Umgang mit Behörden und Fachkräften vermittelt werden und sie sollen ein Selbstverständnis als Pflegefamilie entwickeln Z 13. Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen: Die Pflegeelternbewerber sollen ihre Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen und realistisch einschätzen lernen Z 14. Prävention von Pflegeabbrüchen: Die Seminararbeit soll dazu beitragen, dass die Pflegeelternbewerber für ihre Aufgabe als Pflegeeltern so gut vorbereitet sind, dass ein späterer Abbruch verhindert werden kann Tabelle 2: Ziele der Seminararbeit und Nennung dieser durch die einzelnen Anbieter (X= Dieses Ziel wurde in der oben stehenden Konzeption genannt) Konzeption Konzeption Konzeption Schwerin Frankfurt Bayern X X X Z 1. Entscheidungshilfe für Pflegeelternbewerber Z 2. Entscheidungshilfe für Fachkräfte X X Z 3. Motivation klären X X Z 4. Familienstruktur erkennen X X X Z 5. Veränderungen kennen X X X Z 6. Eigene Wertvorstellungen X X Z 7. Toleranzschwelle erweitern X X Z 8. Desillusionieren X X Z 9. Selbsthilfepotential fördern X Z 10. Handlungsmöglichkeiten kennen X Z 11. Frustrationstoleranz erhöhen X Z 12. Selbstverständnis als Pflegefamilie X X Z 13. Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen 13 Gesamt Vorbereitungsseminare sollen X X X 6 10 X Z 14. Prävention von Pflegeabbrüchen Die X in allen drei Fällen dazu dienen, die Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes zu unterstützen, den Teilnehmern ihre eigene Familienstruktur bewusst zu machen, sie auf Veränderungen dieser Familienstruktur vorzubereiten und ihre 78 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Frustrationstoleranz zu erhöhen, indem ihnen pädagogisches und psychologisches Grundlagenwissen vermittelt wird und somit Erklärungs- und Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden. Von jeweils zwei Anbietern werden die Entscheidungshilfe für Fachkräfte, die Klärung der Motivation der Pflegeelternbewerber, das Erkunden der eigenen Wertvorstellungen der Teilnehmer, die Erweiterung der Toleranzschwelle, die Desillusionierung der Pflegeelternbewerber und das Vermitteln von Handlungsmöglichkeiten als Ziele der Seminararbeit benannt. Nur in jeweils einem Fall werden die Förderung des Selbsthilfepotentials der Teilnehmer, die Entwicklung eines Selbstverständnisses als Pflegefamilie und die Prävention von Pflegeabbrüchen als Ziele des Vorbereitungsseminars genannt. 1.8. Zusätzliche Materialien Über zusätzliche Materialien, die den Teilnehmern ausgehändigt werden, ist mir nichts bekannt. Allerdings sehen zwei der Konzeptionen, nämlich die Konzeption Frankfurt und die Konzeption Bayern, einen Büchertisch vor, an dem sich die Seminarteilnehmer über Literatur zum Pflegekinderwesen informieren können und eine Literaturliste erhalten. 1.9 Die Auswertung Ich möchte nun auf die eingangs formulierte Frage eingehen, ob sich in den vier mir vorliegenden Konzeptionen der Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern Gemeinsamkeiten feststellen lassen, die darauf hindeuten, dass diesen Merkmalen eine besondere Bedeutung für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern zugeschrieben wird. Betrachtet man die Auswertung der einzelnen Merkmale, so lassen sich trotz der Unterschiedlichkeit der einzelnen Konzeptionen einige Gemeinsamkeiten bei der Gestaltung der Vorbereitungsseminare feststellen. Es zeigt sich, dass die Teilnehmerzahlen und die eingesetzten Methoden sehr einheitlich sind. Dies liegt meines Erachtens daran, dass es sich bei der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform um eine Methode der Erwachsenenbildung handelt für die sich eine Gruppengröße von etwa 10 bis 20 Teilnehmern anbietet, um die gemeinsame Arbeit sinnvoll gestalten zu können. Die Auswahl der Methoden wird bei allen vier Seminaren von der Tatsache beeinflusst, dass die Zielgruppe 79 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Pflegeelternbewerber sind, die für ihre spätere Aufgabe als Pflegeeltern vorbereitet und qualifiziert werden sollen und zwar in Form eines Seminars. Aufgrund dieser Einflussfaktoren überrascht es nicht, dass die dafür ausgewählten Methoden dieselben sind. (vgl. KNOLL 1992, 29ff ) Auch die Leitung der Seminare wird einheitlich von Fachkräften aus der sozialpädagogischen /-arbeiterischen Praxis übernommen. Dies ist sinnvoll, da es sich bei den Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber um ein Angebot handelt, das von Fachstellen des Pflegekinderwesens angeboten wird und sich an Menschen richtet, die sich in diesem Bereich engagieren möchten. Die Pflegeelternbewerber können so von der Erfahrung der Fachkräfte profitieren, diese als kompetent wahrnehmen und sich vorbehaltsfreier auf die Inhalte der Seminararbeit einlassen. Die Themen, die in den vier von mir untersuchten Konzeptionen behandelt werden, sind, wie sich gezeigt hat, recht unterschiedlich. Jedoch gibt es neun Themenbereiche die in allen vier Seminaren vorkommen. Daraus lässt sich schließen, dass diesen eine besondere Bedeutung bei der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern zukommt. Diese sind auffälliges Verhalten und seine Entstehungshintergründe, die Phasen der Integration des Pflegekindes in die Pflegefamilie, Aspekte die Herkunftsfamilie betreffend, der wichtige Einfluss beider Familien auf die Entwicklung des Pflegekindes, die Familienstruktur der Pflegeelternbewerber, Veränderungen dieser Struktur, die Herausforderung für das Pflegekind sich in diese ihm fremde Struktur einzufügen, die Motivation der Pflegeelternbewerber zur Aufnahme eines Pflegekindes und Handlungsmöglichkeiten, wie mit auftretenden Problemen umgegangen werden kann. Auch bei den Zielen der Seminararbeit gibt es Übereinstimmungen. Die Anbieter der von mir untersuchten Vorbereitungsseminare scheinen besonderen Wert darauf zu legen die Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes zu unterstützen, den Teilnehmern ihre eigene Familienstruktur bewusst zu machen, sie auf Veränderungen dieser Familienstruktur vorzubereiten und ihre Frustrationstoleranz zu erhöhen, indem ihnen pädagogisches und psychologisches Grundlagenwissen vermittelt wird und somit Erklärungs- und Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden. 80 Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch viele Unterschiede. Vor allem die Konzeption Schwerin zeigt, dass es viele weitere Themen (vgl. „Inhalte“ in diesem Kapitel) und Ziele (vgl. „Ziele“ in diesem Kapitel) gibt, die für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerber in Seminarform von Interesse sind. Dass diese Ziele nicht von allen Anbietern benannt werden und diese Themen nicht in allen Vorbereitungsseminaren behandelt werden, deutet meines Erachtens nicht darauf hin, dass diese weniger wichtig für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern sind, sondern eher darauf, dass die Kapazitäten der anderen Vorbereitungsseminare für einen solchen inhaltlichen Umfang nicht ausreichend sind. Dies zeigt sich auch im sehr unterschiedlichen zeitlichen Umfang der einzelnen Seminare (vgl. „Zeitlicher Umfang“ in diesem Kapitel). Ich vermute, dass dies auch daran liegt, dass den öffentlichen Trägern, die Vorbereitungsseminare anbieten die personellen Ressourcen für eine umfangreichere Seminararbeit fehlen und gleichzeitig die Angst besteht, mit einer umfangreicheren Vorbereitung eventuelle Interessenten abzuschrecken (Aussage einer Fachkraft in einem gemeinsamen Telefonat). Allerdings wurde mir in diesem Telefonat auch mitgeteilt, dass viele Pflegeelternbewerber nach der Seminarteilnahme den Wunsch nach weiteren Vorbereitungsmaßnahmen und mehr Informationen äußern. 81 Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare 2. Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare Die intensive Beschäftigung mit den vier unterschiedlichen Konzeptionen führte mich zu der Frage, wie eine gute Seminararbeit mit Pflegeelternbewerbern aussehen sollte. Um diese Frage zu beantworten, möchte ich die vier deutschen Konzeptionen und auch die schwedische noch einmal betrachten und aus deren Elementen Standards erstellen, die meiner Ansicht nach die in Kapitel I 6. und Kapitel III 1. genannten Funktionen und Ziele der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform erfüllen. 2.1. Die Seminarform Bei der Seminarform scheint mir die von Schwerin gewählte Form (eine Mischung aus Einzel- und Wochenendveranstaltungen) sehr geeignet. Es gibt einige Themen, die in einer Einzelveranstaltung behandelt werden können, wie zum Beispiel die finanziellen und rechtlichen Aspekte. Für andere Themenbereiche wie zum Beispiel die Familienstruktur und deren Veränderung bei Aufnahme eines Pflegekindes halte ich es für wichtig, mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Eine Wochenendveranstaltung bietet diese. Außerdem können sich die Fachkräfte während einer Wochenendveranstaltung ein genaueres Bild von den Bewerberfamilien und deren Eignung als Pflegefamilie machen (vgl. Hanselmann/Weber 1986, S. 136 und Kapitel III 1. “Ziele“), vor allem, wenn die eventuell bereits vorhandenen Kinder der Familien mit anwesend sind. Die Gestaltung eines Vorbereitungsseminars in Modulform, wie die Kölner Konzeption dies vorsieht, empfinde ich als schwierig, da bei dieser Form die Gefahr besteht, dass keine feste Gruppe entsteht und sich keine Vertrauensbasis entwickeln kann. 2.2. Die Teilnehmerzahl Die in den Konzeptionen von Frankfurt und Bayern angegebene Teilnehmerzahl von fünf bis acht Paaren, also zehn bis 16 Personen erscheint mir für die gemeinsame Seminararbeit besonders geeignet. Auf jeden Fall sollte aber die Obergrenze von 20 Teilnehmern, wie sie für Köln vorgesehen ist, nicht überschritten werden, da in einem Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber zum Teil sehr private Themen behandelt werden. Um dies erfolgreich tun zu können, sollten die Teilnehmer ein 82 Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare vertrauensvolles Verhältnis zu einander aufbauen können und eine zu große Gruppengröße wirkt dem entgegen. 2.3. Der zeitliche Umfang Ein gutes Vorbereitungsseminar sollte mindestens den zeitlichen Umfang der Schweriner Konzeption haben (ca. 34 Stunden), um genügend Zeit zur Bearbeitung der einzelnen Themen zu gewähren. Ich würde mich in Anlehnung an die Tagespflegeverordnung (siehe hierzu auch Kapitel III 3.) sogar für eine zeitlich noch umfangreichere Seminargestaltung aussprechen, da ich davon ausgehe, dass bei mehr zeitlichem Aufwand die einzelnen Themen noch intensiver behandelt werden könnten und ich denke, dass eine umfangreiche Information der Pflegeelternbewerber diesen zu mehr Sicherheit im Umgang mit dem späteren Pflegekind und möglichen Problemen verhilft. Ein zeitlich höherer Umfang ist natürlich auch mit höheren Kosten verbunden und könnte im schlimmsten Fall (wie von einigen Anbietern befürchtet)32 potentielle Pflegeeltern abschrecken. Um eine “Obergrenze“ für den zeitlichen Umfang festzulegen, die sowohl die Qualität der Seminare sichert als auch die ökonomischen Gesichtspunkte der Anbieter berücksichtigt, ist meiner Ansicht nach eine umfangreiche Evaluation von Vorbereitungsseminaren - mit besonderem Blick auf die Qualität und die Nachhaltigkeit aus Sicht der Teilnehmer - notwendig. 2.4. Die Methoden Als Methoden zur Gestaltung der Seminararbeit bieten sich die in Kapitel III 1.6. stehenden an. Sie erleichtern in der Seminararbeit die Behandlung von Inhalten (Diskussionen, Kleingruppenarbeit, Einzelarbeit, Fachvorträge, unterschiedliche Moderationstechniken und Medien), schaffen einen Praxisbezug (Erfahrungsberichte, Fallbeispiele), ermöglichen die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven (Rollenspiele, Skulpturarbeit), regen die Auseinandersetzung mit der eigenen Person an (Selbsterfahrungsübungen, Reflexionen) und schaffen eine produktive Arbeitsatmosphäre (Entspannungs-, Auflockerungs- und Aktivierungsübungen/spiele). 32 siehe Kapitel III 1.9. “Die Auswertung“ 83 Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare Allerdings würde ich sie noch um den Einsatz des in der schwedischen Konzeption vorgestellten “Lebensbuchs“ ergänzen (Kapitel II 7.3.). Ich bin der Ansicht, dass das Führen eines Lebensbuches eine besonders geeignete Methode ist, den Pflegeelternbewerbern zu helfen, sich während des Seminars (und darüber hinaus) mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen und diese zu reflektieren. Dass die Pflegeeltern lernen mit Hilfe des Lebensbuches das Pflegekind bei der Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit und seiner neuen Situation als Pflegekind zu unterstützen spricht ebenfalls für den Einsatz dieser Methode. Es ist in meinen Augen für den Qualitätserhalt von Vorbereitungsseminaren unumgänglich, die angewendeten Methoden immer wieder auf ihre Effizienz hin zu überprüfen und neue Methoden in der Praxis auszuprobieren. 2.5. Die Inhalte Sämtliche von mir in Kapitel III 1.5. festgestellten Inhalte der Seminare sollten behandelt werden. Die Vorstellung des Seminarprogramms und das Kennenlernen der Seminarleiter und Teilnehmer untereinander sorgt dafür, dass sich alle Beteiligten innerlich auf die gemeinsame Seminararbeit einstellen und einlassen können. • Eine gute Kenntnis der Amtsstrukturen, Hilfeprozesse, besonderer Vorgehensweisen, sowie rechtlicher und finanzieller Aspekte tragen dazu bei, die erforderliche Zusammenarbeit mit der ’Institution Jugendamt’ zu erleichtern und bieten den Pflegeelternbewerbern die Möglichkeit, sich als Partner der Fachkräfte wahrzunehmen. (vgl. MIKUSZEIT 1981, 8; STEEGE 2001, 94) • Das Wissen über die Bindungstheorie, Verhaltensauffälligkeiten, das Ersatzund das Ergänzungsfamilienkonzept, Besonderheiten im Zusammenhang mit der Herkunftsfamilie, den Einfluss beider Familien auf das Pflegekind und die Herausforderungen die das Pflegekind bewältigen muss, ermöglichen es den Teilnehmern, ihre Toleranzschwelle zu erweitern, die Frustrationstoleranz zu erhöhen und ein realistisches Bild vom Leben als Pflegefamilie zu entwickeln. (siehe auch Kapitel III 1.7.) 84 Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare • Die Auseinandersetzung mit der eigenen Familienstruktur, deren möglicher Veränderung, dem Integrationsprozess des Pflegekindes in die Familie und seinen Auswirkungen, den eigenen Motiven zur Aufnahme eines Pflegekindes, sowie der Öffnung der Familie nach außen und Folgen dieser Öffnung, bereitet die Pflegeeltern auf eventuell für sie problematische Ereignisse vor und regt zur Selbstreflexion an. (siehe auch Kapitel III 1.7.) • An dieser Stelle würde ich aus der schwedischen Konzeption zusätzlich noch die Sitzung übernehmen, zu der für die Familie wichtige Verwandte und Freunde eingeladen sind. In dieser Sitzung können sich die wichtigsten Bezugspersonen der Bewerber ein Bild davon machen, was die Aufnahme eines Pflegekindes für die Familie bedeutet. Gleichzeitig erfahren die Pflegeelternbewerber, wie ihr engeres soziales Umfeld zu dieser Entscheidung steht und ob sie dort auf Unterstützung hoffen können. • Das Vorstellen von Hilfsangeboten und Handlungsmöglichkeiten im Seminar erscheint mir ebenfalls wichtig, da so das Selbsthilfepotential der Teilnehmer gestärkt wird und sie gleichzeitig erfahren, wo sie Unterstützung finden können. (vgl. Kapitel III 1.7.) 2.6. Abschließende Gedanken Die Menge der Inhalte zeigt, dass ein gutes Vorbereitungsseminar auch Zeit braucht. (siehe oben) Erst die intensive Auseinandersetzung mit allen genannten Themenbereichen ermöglicht es den Teilnehmern eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sie sich der Aufgabe Pflegefamilie zu sein gewachsen fühlen und diese immer noch übernehmen wollen. (vgl. KÜPPER 4/97, 22) Eine Prävention von Pflegeabbrüchen, wie sie in Kapitel II 3.2. und Kapitel III 1.7. als Ziel von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber genannt wird, kann meines Erachtens nicht erreicht werden. Familien sind hochkomplexe Systeme und die verschiedenen Faktoren, die Einfluss auf dieses System nehmen, sind längst nicht vollständig bekannt. Der Versuch, alle Faktoren auszuschalten, die einen Abbruch des Pflegeverhältnisses bewirken könnten, ist daher schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Eine gute Vorbereitung kann jedoch dazu beitragen, die Risiken für einen Abbruch zu minimieren. Sie stärkt die Kompetenzen der Pflegeeltern im Umgang mit dem 85 Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare Pflegekind, ermöglicht ihnen das Prinzip “Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leben und trägt so nicht zuletzt zu ihrer allgemeinen Zufriedenheit bei. 86 Persönliche Schlussbemerkungen 3. Persönliche Schlussbemerkungen Als ich mit den Vorbereitungen für diese Arbeit begann, hatte ich die Hoffnung auf eine Fülle von Daten und Informationen zugreifen zu können, die sich auf die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern beziehen. Schon während der Literaturrecherche gezeigte sich aber, dass das Thema „Vorbereitung von Pflegeeltern“ in der Fachwelt eher stiefmütterlich behandelt wird. Dies mag unter anderem daran liegen, dass die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Deutschland noch sehr uneinheitlich gehandhabt wird. Vielerorts gibt es noch überhaupt keine Angebote für die Vorbereitung von Pflegeeltern in Seminarform. Dort beschränkt man sich offensichtlich nach wie vor auf einige wenige Informationsgespräche mit den Bewerbern im Vorfeld der Vermittlung eines Kindes in die Pflegefamilie. (vgl. TEXTOR 1995, 503) Doch auch dort, wo Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern angeboten werden, sind diese keineswegs einheitlich gestaltet. So kann in einigen Jugendämtern ein Informationsnachmittag für eine Gruppe von Pflegeelternbewerbern bereits als ausreichend angesehen werden und als Vorbereitungsseminar deklariert werden, während andere Jugendämter mehrere Nachmittage oder ganze Wochenenden für die Durchführung solcher Seminare veranschlagen. Auch einige freie Träger bieten Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber an und auch hier unterscheiden sich die Konzeptionen in zeitlichem Umfang und Inhalten. Ein anderer Punkt, der meiner Ansicht nach zu dieser so unterschiedlichen Gestaltung der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern beiträgt sind die unterschiedlichen finanziellen und personellen Ressourcen der einzelnen Träger. Wie ich in Kapitel II 1. angedeutet habe, gestaltete es sich unerwartet schwierig, Informationen zu den Konzeptionen der Vorbereitungsseminare zu bekommen. Oftmals wurde mir mitgeteilt, dass die Konzeption gerade überarbeitet werde und man nicht die quasi schon veralteten Informationen herausgeben möchte. In einem anderen Gespräch wurde mir auf die Frage, ob es nicht im Sinne des Pflegekinderwesens sei die Konzeptionen öffentlich zu machen und einen Austausch der Träger untereinander anzuregen mitgeteilt, dass dies prinzipiell richtig sei, die Realität aber leider anders aussehe. 87 Persönliche Schlussbemerkungen An dieser Stelle sehe ich ein großes Problem des Pflegekinderwesens in Deutschland, nämlich den Mangel an Kooperation zwischen den einzelnen Trägern und die fehlende aber meiner Ansicht nach notwendige Transparenz ihrer Arbeit. Einige Träger vermittelten mir das Gefühl, sie wollten sich vor “Betriebsspionage“ schützen, was in einem gewissen Rahmen verständlich ist, schließlich kostet das Erarbeiten einer Konzeption (unabhängig von ihrer Qualität) Geld. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die Anbieter von Vorbereitungsseminaren von sich aus beginnen würden, den fachlichen Austausch untereinander mehr zu suchen und die Evaluation der Seminare anderen Trägern zur Verfügung zu stellen. So könnten Aussagen über Probleme der Konzeption und Qualität der Seminararbeit verglichen werden und einheitliche Maßstäbe könnten besser entwickelt werden. Vielleicht wäre auch ein Eingreifen des Gesetzgebers sinnvoll. Für die Tagespflege ist dies bereits geschehen, in dem mit der Tagespflegeverordnung vom 11.11.2003 klare Regelungen über Art, Umfang und Inhalt der Vorbereitung und Ausbildung von Tagespflegepersonen getroffen wurden. (vgl. http://st.juris.de/st/gesamt/TPflV_ST.htm) Wenn eine solche Regelung für Personen sinnvoll ist, die fremde Kinder nur für einen Teil des Tages betreuen, sollte man darüber nachdenken, ob nicht auch für die Vollzeitpflege – bei der die Kinder ganztägig in einer Pflegefamilie leben – eine ähnliche Regelung wünschenswert wäre. Letztendlich bleibt es den Fachkräften des Pflegekinderwesens und der Gesellschaft überlassen, wie die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in der Zukunft gestaltet sein wird. Die Geschichte des Pflegekinderwesens zeigt deutlich, wie wandelbar diese Form der Hilfe sein kann. Notwendig für weitreichende Veränderungen ist aber der Wille aller Betroffenen, aller Beteiligten und der Gesellschaft, sich für eine Verbesserung einzusetzen und notwendige Reformen einzufordern. Ich hoffe, dass ich mit dieser Arbeit dazu anregen konnte, sich intensiver mit diesem Bereich des Pflegekinderwesens auseinander zu setzen und die derzeitige Situation zu hinterfragen; denn eine gute Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern dient in meinen Augen nicht nur den Pflegeeltern selbst, sondern hat auch wichtigen Einfluss auf die Zusammenarbeit zwischen der Pflegefamilie, dem Jugendamt und der Herkunftsfamilie und dient somit vor allem dem Kindeswohl. 88 Literaturverzeichnis 4. Literaturverzeichnis: BLANDOW, J. (1999): Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. In: COLLA, H.; GABRIEL, T.; MILLHAM, S. et al. (Hrsg.) (1999): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Neuwied: Luchterhand, S.757-772. BLANDOW, J. (2001): Pflegefamilie auf dem Weg zur professionellen Familienpflege? Folgen für Kinder - Auswirkungen auf das Pflegekinderwesen. In: Stiftung Zum Wohl des Pflegekinderwesens (Hrsg.) (2001): 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesens. 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Verzeichnis verwendeter Onlinedokumente Alle Quellen zuletzt überprüft am 24.09.2007 http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungstheorie http://www.stejh.de/Pflegeelternschule/Paedagogik/Lexikon/loyalitaet http://www.x.komforb.se/nya_sajten/dokument/projekt/fosterpride.pdf http://www.pantucek.com/diagnose/netzwerkkarte/netzwerkkarte_manual.pdf http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statisti ken/Sozialleistungen/KinderJugendhilfe/Tabellen/Content50/ErzieherischeHilfenAusg aben,templateId=renderPrint.psml 92 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 6. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis: Abbildung 1: Zeitlicher Umfang der Vorbereitungsseminare (in Stunden) ........ S. 71 Abbildung 2: Anzahl der angewendeten Methoden........................................... S. 76 Tabelle 1: Themenbereiche und deren Abdeckung durch die einzelnen Vorbereitungsseminare ............................................ S. 74 Tabelle 2: Ziele der Seminararbeit und Nennung dieser durch die einzelnen Anbieter.................................................................... S. 78 93 Erklärung 7. Erklärung: Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind nach bestem Wissen als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher keinem anderen Prüfungsamt vorgelegt und bisher auch nicht veröffentlicht. Siegen, den 24.09.2007 Anna Klemp 94 A I: Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD) Inhalte eines Bewerberfragebogens 1. Persönliche Angaben (Name, Geburtsdatum, -ort, -name, Religion, Staatsangehörigkeit, Adresse, Telefonnummern) 2. Familiensituation (Eheschließungen, Scheidungen, leibliche Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder) 3. Eltern und Geschwistern der Bewerber (Name, Alter, Beruf, Familienstand, Kinder, evtl. Todestag) 4. Wohnsituation (Wohnung / Haus, Größe und Zimmeranzahl, Haustiere, andere Mitbewohner) 5. Angaben zu Hobbys und Nachbarschaft (Kinder in der Nachbarschaft, Spielgelegenheiten, Außenkontakte) 6. Nähere Angaben zu den im Haushalt lebenden Personen (z.B. über: geistige/ körperliche Behinderungen oder Beeinträchtigungen, Krankheiten, Drogen-, Alkohol- oder psychische Probleme, Vorstrafen, bisherige Kontakte zu Jugendamt oder anderen Beratungsstellen) 7. Berufliche und wirtschaftliche Situation (Schulabschluss, Beruf, momentane Tätigkeit, Nettoeinkommen, Schulden) 8. Angaben zur Pflegestelle (Angaben zur gewünschten Pflegeform, Erfahrungen mit Pflegekindern, vorherige Bewerberverfahren, Wünsche über Alter und Geschlecht des Pflegekindes) 9. Angaben zu Befürchtungen bei Besonderheiten von Pflegekindern (z.B. ausländische Staatsangehörigkeit, andere Hautfarbe, Verhaltensauffälligkeiten, Lernbehinderung, geistige oder körperliche Behinderung, Sprach-, Hör- oder Sehbehinderung, chronische Erkrankungen, noch ungeklärte Risiken) 10. Wünsche, Vorstellungen, Erwartungen zum aufzunehmenden Kind (z.B. in Bezug auf Temperament, Herkunft, Schulausbildung) 11. Fragen in Bezug auf die Herkunft des Kindes (Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Herkunftsfamilie, Rolle der Herkunft für die Bewerber, Befürchtungen bei bestimmten Auffälligkeiten in der Herkunftsfamilie wie Straffälligkeit, körperliche und sexuelle Gewalterfahrung, Alkohol- und Drogenprobleme, Prostitution, geistige oder körperliche Krankheiten) 12. Gründe für eine Inpflegenahme, besondere Fähigkeiten im Umgang mit Kindern, Angaben zu erzieherischen Vorstellungen, bisherige pädagogische Erfahrungen 13. Interesse an gemeinsamen Veranstaltungen mit anderen Pflegeeltern (Erfahrungsaustausch, Fortbildungsveranstaltungen, Gruppenarbeit, Wochenendveranstaltungen mit Kindern) 14. Sonstige Mitteilungen, vorherige Bewerbungsverfahren (Vorlage von: Deutscher Kinderschutzbund Euskirchen e.V.) Quelle: http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm A II: Leitfaden für ein Bewerbergespräch (FBB) Leitfaden für ein Bewerbergespräch 1. - Rahmenbedingungen erläutern was erwarten wir von der FBB- Stelle? wie sind deren familiäre/häuslichen Verhältnisse? welche Schulen/ Institutionen (z.B. Kinderarzt o.ä.) sind vor Ort? 2. - Motivation zur Bewerbung was motiviert die Bewerber? gibt es den Wunsch nach einem dauerhaften Familienmitglied? können sich die Bewerber vorstellen, das Kind auch wieder abzugeben? 3. - persönlicher Hintergrund was hat sie in ihrem Leben in besonderer Weise beeinflusst? welche Erfahrungen haben sie in besonderer Weise geprägt? wie würden sie vom heutigen Standpunkt ihre eigene Erziehung beurteilen? was haben/ würden sie übernehmen? wo würden sie sich abgrenzen? wie ist der Kontakt zur Herkunftsfamilie heute? was war/ist ihnen in der Erziehung ihrer eigenen Kinder wichtig? unsere Familie ist wie _______________ (Metapher) welche Erfahrungen gibt es mit Trennung? 4. - Ressourcen der Familie was sind die Fähigkeiten und Ressourcen der Familie? was kann die Familie leisten? woher beziehen die Mitglieder Kraft? welche Ressourcen gibt es im Umfeld? 5. - Grenzen der Familie was kann die Familie nicht leisten? was macht Angst? wo fühlt sich die Familie nach eigener Einschätzung überfordert? 6. - Problemlagen der Kinder Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten Umgang mit traumatisierten Kindern was ist der Familie wichtig im Umgang mit den Kindern? /Grundhaltung mit welchen Problematiken können sie gut umgehen, mit welchen weniger? 7. - Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie? wie/was denkt die FBB über die Eltern der betreuten Kinder? können sie sich vorstellen, respektvoll mit ihnen umzugehen? gibt es Elternproblematik, mit der sie nicht umgehen können (z.B. sex. Missbrauch?) können sie sich vorstellen, die Loyalitäten des Kindes zu achten? (Vorlage von: Städtische Kinderheime Köln, Fr. Brück) Quelle: http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm A III: Soziale Sicherung Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland Gegenstand der Nachweisung 1 Beendete Hilfen. 2 Während des Jahres. 3 Am Jahresende. Erzieherische Hilfen Ambulante Hilfen Institutionelle Beratung 1 Betreuung einzelner junger Menschen begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 bestehende Hilfen 3 Sozialpädagogische Familienhilfe begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 bestehende Hilfen 3 Stationäre / teilstationäre Hilfen Erziehung in einer Tagesgruppe begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 Vollzeitpflege in einer anderen Familie begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 Heimerziehung; sonstige betreute Wohnform begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung begonnene Hilfen beendete Hilfen 2 Sonstige Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe Adoptionen 2 Amtspflegschaften und Amtsvormundschaften 3 Beistandschaften 3 Sorgerechtsentziehungen (auch teilweise) 2 Vorläufige Schutzmaßnahmen 2 Ausgaben der öffentlichen Jugendhilfe in Mill. EUR Ausgaben insgesamt darunter: für Kindertageseinrichtungen 2004 2005 304.972 309.357 28.596 26.082 24.840 28.192 26.033 25.847 20.760 17.774 27.413 21.976 18.324 29.978 7.974 6.954 7.717 6.970 10.617 8.948 10.272 9.043 26.937 24.898 25.037 24.184 1.654 1.552 1.540 1.552 5.064 66.538 684.062 8.527 25.916 4.762 68.177 694.227 8.773 25.664 20.671 20.865 11.431 11.056 Quelle: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Sozi alleistungen/KinderJugendhilfe/Tabellen/Content50/ErzieherischeHilfenAusgaben,templateId =renderPrint.psml A IV: KONZEPTION der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mülheim an der Ruhr November 2005 Erstellt in Zusammenarbeit mit dem Initiativkreis „Mülheimer Adoptiv- und Pflegeeltern“, PAN- Pflege- und Adoptivfamilien in Nordrhein -Westfalen e.V., dem Landesjugendamt Rheinland, der Ev. Familienbildungsstätte Mülheim an der Ruhr, den Fachkräften der Wohlfahrtsverbände und des Kommunalen Sozialen Dienstes der Stadt Mülheim an der Ruhr &' /+ /+ 01 21 3 ) * 4 #' ( ) 5 /+ /+ ' ) ' ) 4 61 61 7 , , /+ /+ 81 /+ 91 81 * & * + ) + # < - ' ! *' , ( ( " " /+ ::1 4 ) /+ /+ ::1 :.1 . + /+ ,' > ( , < < /+ := /+ :01 # 7 /+ , < ) /+ /+ ? /+ /+ :61 ( / /+ :61 ! :61 -' /+ :01 :21 < %' :01 " :81 . & ) /+ :@ "1 = & % "#" " ' ( * + , ! - #4 $ ' , ) ! % ( < ( ) , &' > A /* 4 B : A +>< # %$ ) 4 ) - A $ , - ( D ( > 4 ) , 4 + ) A " ( ) ) , *> , A ) " ) () $ 4 , " ) " - 4 ) ) ) , A * , , C < , *, - , D ? ) < ,# ) , ,) D > ) ) F) C ) , ( , 4 4 4* ) G , ) ' ) , * 4 ) < ? A ) ( + " , , ) ) ) & A ) , < < ) ( ( , , ) A ) E # E 4 E , ( < ) ) , * " 0 ) + # < - * ( ) 4 * " ) < ? ) ) - 4 ( ? 4 < , ) ( , , " ) E - ? C 4 , 4 , " ) , , ) ' 4 )( " ) , ( ) ) < ,4 ) , ) ( H , I* ( ? , 5 ) ) , * * , '( ) ) 4 ) ( 4 ? )) 4 ) () ? 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