KONZEPTION der Vollzeitpflege für den Bereich

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KONZEPTION der Vollzeitpflege für den Bereich
Universität Siegen
Integrierter Studiengang
Sozialpädagogik und Sozialarbeit
Fachbereich II
Diplomarbeit
Pflegeelternseminare
Eine Studie zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern
Vorgelegt von:
ANNA KLEMP
Siegbergstraße 16
57072 Siegen
Matrikelnummer: 666538
Referent: Prof. Dr. KLAUS WOLF
Koreferent: apl. Prof. Dr. NORBERT GRODDECK
Siegen im September 2007
Danksagung
Danksagung
Zunächst möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Jugendämter und freien Träger
bedanken,
die
mir
die
Konzeptionen
der
Vorbereitungsseminare
für
Pflegeelternbewerber zur Verfügung gestellt haben. Ich bin bei ihnen auf großes
Interesse am Thema meiner Arbeit gestoßen und fand in ihnen offene
Gesprächspartner, die versuchten, jede meiner Fragen zu beantworten. Ohne ihre
Unterstützung hätte ich diese Diplomarbeit in dieser Form nicht schreiben können.
Ich möchte Professor Doktor Klaus Wolf für seine Begleitung und Unterstützung
während der Diplomarbeit danken. Er hat mir nicht nur den Kontakt zu einem der
freien Träger ermöglicht, sondern mir im richtigen Moment wichtige Denkanstöße
gegeben. Außerdem vermittelt er auf eine ganz besondere Art und Weise immer
wieder, was das Besondere am Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ausmacht.
Meinem Lebensgefährten Moritz Hielscher möchte ich an dieser Stelle dafür danken,
dass er nicht nur unermüdlich mit mir in Gedankenaustausch war, sondern auch zu
Hause dafür gesorgt hat, dass ich mich voll und ganz auf diese Arbeit konzentrieren
konnte.
Nicht zu vergessen sind auch alle Freunde, Bekannte und Verwandte, die nicht müde
wurden, sich Geschichten aus der “Welt der Diplomarbeit“ anzuhören und immer
Verständnis gezeigt haben, wenn sie mich auf grund der Arbeit kaum noch zu sehen
bekamen.
Ein besonderer Dank geht an meine Eltern Angelika und Detlev Klemp, die nicht nur
unermüdlich Korrektur gelesen haben sondern mich schon mein ganzes Leben lang
unterstützen und immer für mich da sind und an mich glauben. Meiner Schwester
Franziska danke ich dafür, dass sie mich durch ihre fröhliche Art immer wieder
abgelenkt hat, wenn ich das Gefühl hatte, dass es nicht weitergeht (vielen Dank für
die tolle Geburtstagskarte und das viele gemeinsame Lachen in unseren
Telefonaten).
1
Vorwort
Vorwort
Die Idee, meine Diplomarbeit über Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber1
in Deutschland zu schreiben entstand, während ich mich im Rahmen eines Seminars
mit den Entwicklungen im nationalen und internationalen Pflegekinderwesen
beschäftigte.
In
diesem
Seminar
wurde
von
jedem
Teilnehmer2
das
Pflegekinderwesen eines europäischen Landes vorgestellt. Ich beschäftigte mich mit
dem schwedischen Pflegekinderwesen und stieß dabei auf eine Beschreibung, wie in
Schweden die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform gestaltet
wird. Die schwedische Konzeption der Seminararbeit für Pflegeelternbewerber war
sehr detailliert und ihre Inhalte überzeugten mich davon, wie wichtig es ist,
Pflegeeltern auf ihre Tätigkeit gründlich vorzubereiten. Daraus entwickelte sich das
Interesse nachzuforschen, wie die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in
Deutschland gestaltet ist.
Bereits zu Beginn der Erhebung wurde mir bewusst, dass es schwierig werden
könnte an Fakten, Daten und Informationen heranzukommen. Die entsprechenden
Fachkräfte der Jugendämter, zu denen ich Kontakt aufnahm, beglückwünschten
mich zwar häufig zu meiner Themenwahl, teilten mir aber dann in der Regel mit,
dass ihre Einrichtung leider keine Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber
anbieten oder das Konzept der Vorbereitung gerade überarbeitet wird. Ein Anbieter
händigte mir die Konzeption der Seminararbeit mit Pflegeelternbewerbern nicht aus,
weil er befürchtete, dass andere Einrichtungen “abschreiben“ könnten. Auch die
Suche nach Fachliteratur zu diesem Thema gestaltete sich schwierig.
In einigen Texten wurden Funktionen genannt, die der Vorbereitung von
Pflegeelternbewerbern in Seminarform zugeschrieben werden. Dies bestätigte mich
in der Annahme, dass die Vorbereitung der Pflegeelternbewerber auf ihre späteren
Aufgaben als Pflegeeltern für das Gelingen einer Inpflegegabe von Bedeutung ist.
Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, allgemein gültige Aussagen über die
Gestaltung von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber zu treffen. Dies ist
aufgrund der geringen Datenmenge (vier Konzeptionen) auch gar nicht möglich.
1
2
Ich benutze in dieser Arbeit den Begriff Pflegeelternbewerber, da er meines Erachtens die
betreffende Personengruppe am genauesten beschreibt. Es handelt sich in der Regel um
Personen, die gerne Pflegeeltern werden möchten, dies aber noch nicht sind.
Die vorliegende Arbeit ist in der maskulinen Form geschrieben, um die umständliche Benennung
jeweils beider Geschlechter zu vermeiden, bezieht dabei aber gleichberechtigt Männer und
Frauen mit ein.
2
Vorwort
Vielleicht kann sie aber ihren Teil dazu beitragen, auf den Mangel an empirischer
Forschung im Hinblick auf Vorbereitungsseminare und deren Gestaltung im
Pflegekinderwesen aufmerksam zu machen und die fachliche und öffentliche
Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dieses Bereichs für das Pflegekinderwesen zu
lenken und das derzeitige Vorgehen zu hinterfragen, um die Praxis zum Wohle aller
Beteiligten und damit letztendlich zum Wohle der Kinder zu gestalten.
3
Inhaltsverzeichnis
Danksagung...................................................................................................... S. 1
Vorwort.............................................................................................................. S. 2
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. S. 4
Einleitung .......................................................................................................... S. 6
Kapitel I: Theoretische Grundlagen
1. Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte............................. ... S. 8
1.1. Die Anfänge der Familienpflege im Altertum und Mittelalter................. S. 8
1.2. Von systematischer Ausbeutung zu ersten Ansätzen
systematischer Hilfe – Das 18. und 19. Jahrhundert .......................... S. 9
1.3. Der Erste und der Zweite Weltkrieg – Hilfe in Zeiten der Not ............... S. 10
1.4. Das Pflegekinderwesen von 1945 bis heute ........................................ S. 12
2. Das Pflegekinderwesen heute ..................................................................... S. 15
2.1. Daten zum heutigen Pflegekinderwesen .............................................. S. 15
2.2. Möglichkeiten und Grenzen des Pflegekinderwesens .......................... S. 16
3.
4.
5.
6.
Die verschiedenen Pflegeformen................................................................. S. 18
Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens ........................ S. 20
Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern ....................................... S. 24
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur ............... S. 27
Kapitel II: Die Konzeptionen
1. Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare ...................... S. 33
2. Die Vorbereitungsseminare ......................................................................... S. 35
3. Pro Kind e.V. Schwerin................................................................................ S. 35
3.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 35
3.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 36
3.3. Die einzelnen Veranstaltungen ............................................................ S. 38
3.3.1. Die Einführungsveranstaltung ..................................................... S. 38
3.3.2. “Das andere Verhalten“ ............................................................... S. 38
3.3.3. Die Bindungstheorie .................................................................... S. 40
3.3.4. Das Leben mit zwei Familien....................................................... S. 41
3.3.5. Amtsstruktur, Hilfeprozess, Hilfeplan
und einzelne Zuständigkeiten ...................................................... S. 43
3.3.6. Rechtliche Aspekte des Pflegekinderwesens .............................. S. 44
3.3.7. Familie als Begriff ........................................................................ S. 45
3.3.8. Die öffentliche Familie ................................................................. S. 46
3.3.9. Die Abschlussveranstaltung ........................................................ S. 47
3.4. Weiteres Vorgehen................................................................................ S. 47
4. Deutsches Rotes Kreuz Köln....................................................................... S. 49
4.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 49
4.2. Die einzelnen Veranstaltungen ............................................................ S. 49
4.2.1. Modul I Rechtliche Grundlagen und Zusammenarbeit
mit dem Jugendamt ..................................................................... S. 49
4.2.2. Modul II Selbsterfahrung Familie ................................................. S. 50
4.2.3. Modul III Wie zeigen / äußern Pflegekinder, was sie brauchen?
& Modul IV Pflegekinder leben zwischen zwei Familien ................. S. 50
5. Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main ........................................ S. 52
5.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 52
4
Inhaltsverzeichnis
5.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 53
5.3. Die einzelnen Abendveranstaltungen................................................... S. 54
5.3.1. Der erste Abend .......................................................................... S. 54
5.3.2. Der zweite Abend ........................................................................ S. 54
5.3.3. Der dritte Abend .......................................................................... S. 54
5.3.4. Der vierte Abend.......................................................................... S. 55
5.3.5. Der fünfte Abend ......................................................................... S. 55
6. Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern............................................ S. 56
6.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 56
6.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 57
6.3. Die Arbeitseinheiten ............................................................................. S. 57
6.3.1. Der Vorbereitungsabend.............................................................. S. 57
6.3.2. Die erste Arbeitseinheit: Begrüßung............................................ S. 59
6.3.3. Die zweite Arbeitseinheit: Die aktuelle Familienstruktur .............. S. 60
6.3.4. Die dritte Arbeitseinheit: Veränderungen der Familienstruktur .... S. 61
6.3.5. Die fünfte. Arbeitseinheit: Abschluss ........................................... S. 62
7. Schweden – Die PRIDE-Methode................................................................ S. 64
7.1. Allgemeine Grundlagen........................................................................ S. 64
7.2. Ziele der Seminararbeit ........................................................................ S. 65
7.3. Die Inhalte der einzelnen Veranstaltungen........................................... S. 65
Kapitel III: Ergebnisse
1. Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen ............................................. S. 70
1.1. Die Teilnehmerzahl .............................................................................. S. 70
1.2. Der zeitliche Umfang ............................................................................ S. 71
1.3. Die Leitung der Vorbereitungsseminare ............................................... S. 71
1.4. Die Kinderbetreuung ............................................................................ S. 72
1.5. Die Inhalte ............................................................................................ S. 72
1.6. Die Methoden....................................................................................... S. 76
1.7. Die Ziele der Seminararbeit.................................................................. S. 76
1.8. zusätzliche Materialien ......................................................................... S. 79
1.9. Die Auswertung.................................................................................... S. 79
2. Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare ........................... S. 82
2.1. Die Seminarform .................................................................................. S. 82
2.2. Die Teilnehmerzahl .............................................................................. S. 82
2.3. Der zeitliche Umfang ............................................................................ S. 83
2.4. Die Methoden....................................................................................... S. 83
2.5. Die Inhalte ............................................................................................ S. 84
2.6. Abschließende Gedanken .................................................................... S. 85
3. Persönliche Schlussbemerkungen............................................................... S. 87
4. Literaturverzeichnis...................................................................................... S. 89
5. Verzeichnis verwendeter Onlinedokumente ................................................ S. 92
6. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis .......................................................... S. 93
7. Erklärung ..................................................................................................... S. 94
Anhang:
Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD)............................... A I
Leitfaden für ein Bewerbergespräch (FBB)............................... A II
Soziale Sicherung Kinder- und Jugendhilfe Deutschland ......... A III
Konzeption der Vollzeitpflege (Mühlheim a. d. Ruhr) ................ A IV
5
Einleitung
Einleitung
Pflegekinder sind Kinder und Jugendliche3, die aufgrund von Problemen in ihrern
Herkunftsfamilien4
(z.B.
Gewalt,
Drogen,
Vernachlässigung)
-
zumindest
vorrübergehend - nicht bei ihren leiblichen Eltern leben und aufwachsen können und
vom Jugendamt in eine Pflegefamilie5 vermittelt werden. Diese Form der Hilfe zur
Erziehung birgt viele Schwierigkeiten für die Herkunftseltern, die verantwortlichen
Fachkräfte des Jugendamtes und die Pflegeeltern, da diese gemeinsam dafür sorgen
sollen, den besonderen Bedürfnissen der Pflegekinder gerecht zu werden.
Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht die Frage nach der Vorbereitung von
Pflegeelternbewerbern auf ihre schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe als
Pflegefamilie und wie diese Vorbereitung in Deutschland gestaltet ist. Gibt es
vielleicht
bestimmte
Gemeinsamkeiten
bei
der
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern, die darauf hindeuten, dass diese eine besondere Bedeutung
haben könnten und wie könnte eine gute Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern
aussehen?
Zunächst werde ich einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des
Pflegekinderwesens geben. Dies soll vor allem im Hinblick auf die sich im Laufe der
Jahrhunderte wandelnden Anforderungen an Pflegeeltern geschehen. Anschließend
werde ich die aktuelle Situation des Pflegekinderwesens in Deutschland beschreiben
und
unterschiedliche
Formen
der
Familienpflege,
sowie
die
rechtlichen
Rahmenbedingungen einer Inpflegegabe vorstellen. Außerdem werde ich einen
klassischen Bewerbungs- und Vermittlungsprozess, wie er in der Praxis stattfindet
schildern. Es geht mir in diesem ersten Teil vor allem um die Aufgaben, die
Pflegeeltern und Fachkräfte erfüllen sollen und die Probleme, die bei einer
Inpflegegabe für alle am Hilfeprozess Beteiligten entstehen können.
3
4
5
Im Folgenden benutze ich der Einfachheit halber den Begriff “Kinder“ für Kinder und Jugendliche
bis zum 18. Lebensjahr.
Ich verwende in dieser Arbeit den Begriff “Herkunftsfamilie“ als Überbegriff für die verschiedenen
Familienformen aus denen Pflegekinder stammen können. Hierbei schließe ich die “klassische
Familie“, alleinerziehende Personen, Paare in eheähnlichen Lebensgemeinschaften und
gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gleichberechtigt mit ein.
Auch der Begriff “Pflegefamilie“ steht als Überbegriff für verschiedene Familienformen (siehe
“Herkunftsfamilie“)
6
Einleitung
Im Anschluss daran werde ich mich mit der Diskussion von Vorbereitungsseminaren
in der Fachliteratur beschäftigen und die dort vertretenen Positionen wiedergeben.
Von besonderem Interesse sind an dieser Stelle die in der Fachliteratur genannten
Funktionen, die die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern erfüllen soll.
Als nächstes werde ich den Erhebungsprozess schildern und im Anschluss daran die
vier von mir gesammelten Konzeptionen zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern
in Seminarform vorstellen. Im nächsten Schritt erfolgt die Auswertung der
Vorbereitungsseminare im Hinblick auf Rahmenbedingungen, eingesetzte Methoden,
behandelte Themen und formulierte Ziele. Anschließend werde ich noch eine
schwedische Konzeption zur Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern vorstellen.
Dies geschieht, weil diese Konzeption zwei Aspekte hat, die mir für die Vorbereitung
von Pflegeelternbewerbern wichtig erscheinen und in den mir vorliegenden
deutschen Konzeptionen nicht vorgesehen sind.
Zusammenfassend aus den Informationen der dieser Arbeit zugrunde liegenden fünf
Konzeptionen werde ich Standards erstellen, wie ein Vorbereitungsseminar für
Pflegeelternbewerber in meinen Augen aussehen beziehungsweise ablaufen sollte.
7
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
1. Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte
Es hat eine lange Tradition, Kinder und Jugendliche, die aus bestimmten Gründen
nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben und aufwachsen können, in einer anderen
Familie unterzubringen. Dies gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen
anderen europäischen Ländern.
1.1 Altertum und Mittelalter
Im Altertum und im Mittelalter wurden elternlose Kinder meist von Verwandten
aufgenommen. Diese waren durch die Vormundschaft dazu verpflichtet, sich um das
Kind zu kümmern und es in ihre Familie mit aufzunehmen. Konnte keine Familie
ausfindig gemacht werden, oder gab es keine mehr, so nahm sich in der Regel die
Kirche des Kindes an und vermittelte es an eine Witwe, einen Mönch, oder eine
“wohltätige“ Familie.
Im späten Mittelalter (im 14. und 15. Jahrhundert) wurden von der Kirche und
bürgerlichen Stiftungen Anstalten und Hospitäler eingerichtet, um die steigende Zahl
an Waisen und Findelkindern zu versorgen. Außerdem wurden vor allem Säuglinge
in die Obhut von Ammen gegeben. Diese Ammen wurden für ihre Tätigkeit entlohnt,
allerdings handelte es sich oft nur um eine Einmalzahlung. Die Sterblichkeitsrate
dieser Kinder lag bei bis zu 75 Prozent, wohl auch, weil die Ammen meist mehrere
Kinder gleichzeitig versorgten oder aufhörten sich um die Kinder zu kümmern,
nachdem sie ihre Entlohnung erhalten hatten. So entstand der Begriff der
“Engelmacherei“6 beziehungsweise der “Engelmacherin“, der bis ins 19. Jahrhundert
Frauen bezeichnete, die Kinder in ihre Obhut nahmen, sie aber anschließend nicht
ausreichend versorgten. (vgl. BLANDOW 2004, 20ff)
Ende des 15. Jahrhunderts fanden einige tiefgreifende Veränderungen statt. Zum
einen wurde im Zuge der Entwicklung neuer Produktionsformen die Anschauung
geprägt, dass Armut selbstverschuldet und moralisch verwerflich sei, zum anderen
wurden Kinder erstmals als erziehungsbedürftig angesehen. Dies hatte zur Folge,
dass im 16. Jahrhundert Erziehung zum gesellschaftlichen Programm wurde, wobei
Erziehung vor allem Erziehung zur Arbeit bedeutete. Die Anstaltsleitungen wurden
dazu ermahnt, bei der Auswahl der Pflegeeltern auf deren Eignung zur Erfüllung
6
Heute wird dieser Begriff im Bezug auf Abtreibungen benutzt. (vgl. MACKENSEN 1991, 315)
8
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
dieser Aufgabe zu achten. Da viele Pflegekinder trotzdem für die Pflegefamilie
betteln geschickt wurden, wurde jedoch weiterhin vermehrt auf Waisen-, Armen- und
Arbeitshäuser gesetzt, um diese Aufgabe zu erfüllen. Dort wurden die Kinder zur
Arbeit gezwungen, oft in Betrieben, die den Anstalten angegliedert waren. Bis ins 18.
Jahrhundert entstand so ein Ausbeutungssystem, das seines gleichen sucht. Auch
das Leben in Pflegefamilien war zu dieser Zeit ähnlich geprägt, denn dort wurden die
Kinder ebenfalls zur Arbeit eingesetzt oder betteln geschickt. (vgl. BLANDOW 2004,
24ff)
1.2. Von systematischer Ausbeutung zu ersten Ansätzen
systematischer Hilfe – Das 18. und 19. Jahrhundert
Ende des 18. Jahrhunderts stieß diese Ausbeutung der Kinder an ihre Grenzen da
sie, auf Grund der hohen Sterblichkeitsraten der Kinder, der Bildung von arbeitsamen
Kräften entgegenwirkte. Es kam zum sogenannten “Waisenhausstreit“7 aus dem sich
zum einen eine Reformierung der Anstalten und zum anderen eine Systematisierung
der Inpflegegabe von elternlosen Kindern entwickelte. Die Organisation des
Ziehkinderwesens (heute und im Folgenden Pflegekinderwesen) wurde im 19.
Jahrhundert mit der Armenpflege verknüpft. Sie wurde so zu einer öffentlichrechtlichen Aufgabe. Allerdings blieben die Vernachlässigung und die hohe
Sterblichkeitsrate von in Pflege gegebenen Kindern ein großes Problem. Vor allem
die privat vermittelten Kinder von jungen allein stehenden Müttern, die oft bei den
Großmüttern oder anderen Verwandten untergebracht wurden, starben häufig, da es
den Pflegenden meist ebenso schlecht ging, wie den Kindesmüttern, die unter
ärmlichsten Bedingungen lebten. Es wurden zwar, wenn auch uneinheitlich, in vielen
Städten und Ländern spezielle Regelungen für die Aufsicht von Pflegekindern
erlassen, so gab es zum Beispiel (minimale) Pflegegelder und Kontrollen der
Pflegestellen durch meist ehrenamtlich tätige Frauen. Diese zeigten aber nicht den
erhofften Erfolg. (vgl. BLANDOW 2004, 27ff)
1880 wurde der “Deutsche Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit“ (heute
“Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge“) gegründet, um mehr
7
Ein Streit der in vielen deutschen Städten zwischen Befürwortern und Gegnern der Anstalts- und
der Familienpflege geführt wurde und sich über die Jahrzehnte 1770 bis 1820 erstreckte. (vgl.
BLANDOW 2004, 27f)
9
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
Einheitlichkeit im Bereich der öffentlichen und privaten Wohltätigkeit zu schaffen.
(vgl. BLANDOW 2004, 33f)
Von großer Bedeutung für die Pflegeeltern, beziehungsweise Ziehmütter (im
Folgenden Pflegemütter), war die Erkenntnis des Leipziger “Ziehkinderarztes“ Dr.
Taube, dass die hohe Sterblichkeit der Ziehkinder (im Folgenden Pflegekinder) nicht
nur
auf
die
Nachlässigkeit
der
Pflegemütter
oder
gar
“Engelmacherei“
zurückzuführen war, sondern dass viele der Kinder bereits krank in die Pflegestellen
gegeben wurden. Er reagierte darauf mit der Schulung von „Pflegedamen“, die die
meist wohlwollenden, aber überforderten Pflegemütter berieten und unterstützten.
Dies war die erste systematische Form von Beratung und Unterstützung für
Pflegeeltern. Außerdem wies Dr. Taube darauf hin, dass viele Mütter unehelicher
Kinder, die ihre Kinder in Pflege geben mussten, nicht in der Lage waren, das
Ziehgeld regelmäßig zu zahlen, da die Väter keinen oder kaum Unterhalt zahlten. Er
setzte sich daher für die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche der unehelichen Kinder
gegenüber ihren Vätern auf Unterhalt ein. Er erreichte, dass die Stadt Leipzig
zunächst (1886) eine Generalvormundschaft für Pflegekinder einführte und die
Aufsicht über diese Pflegekinder der Ziehkinderanstalt (vergleichbar mit dem
heutigen
Pflegekinderdienst
beziehungsweise
Jugendamt)
unterstellte.
Diese
Regelung wurde dann 1891 auch auf gegen Entgeld bei Verwandten untergebrachte
Kinder und 1900 auch auf uneheliche Kinder, die bei ihrer Mutter lebten ausgeweitet.
Dieses System breitete sich schnell aus und wurde bald im ganzen deutschen Reich
angewandt. (vgl. BLANDOW 2004, 34f)
1.3. Der Erste und der Zweite Weltkrieg – Hilfe in Zeiten der Not
Aus dieser neuen Situation ergaben sich viele Überlegungen, wie man das
Pflegekinderwesen ausgestalten könnte und es wurden neue Vorschriften erlassen,
die sich mit den Anforderungen an Pflegemütter beziehungsweise an Pflegestellen
auseinander setzten. So wurde zum Beispiel festgelegt, dass Pflegekinder ein
eigenes Bett (Lager) haben sollten, für ihre Reinlichkeit und ausreichende Ernährung
zu sorgen sei, sie keine übermäßig harte Arbeit verrichten sollten, für ihre kirchliche
und schulische Erziehung zu sorgen sei, sie nicht übermäßig gezüchtigt werden
dürften und, dass die Pflegemütter der Kontrolle durch Pflegekinderärzte oder
Pflegerinnen nicht entgegen wirken sollten, sondern deren Anordnungen zügig zu
befolgen hätten. Allerdings entsprachen diese Forderungen vielerorts nicht
10
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
annähernd den Gegebenheiten in der Praxis, denn der Erste Weltkrieg und durch
diesen bedingte Elend, Not, Armut oder auch Flucht taten ihr übriges, um eine
Verbesserung der Bedingungen für Pflegekinder in weite Ferne rücken zu lassen.
(vgl. BLANDOW 2004, 36ff)
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und den damit verbundenen Wandel der
Staatsform von der Monarchie hin zur Demokratie der Weimarer Republik wurden die
Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Kinderfürsorge wieder aufgenommen
und führten 1922 schließlich zum Erlass des “Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes“. Die
Einführung dieses Gesetzes hatte weitestgehend positive Folgen für das
Pflegekinderwesen. Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz begründete das Jugendamt
als Behörde, deren Aufgabe es nun war, alle Maßnahmen zur Förderung der
Jugendwohlfahrt auszuführen. Das Jugendamt und somit der Staat übernahm so
auch die Aufsicht über das Pflegekinderwesen und im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
wurden festgehalten, dass alle Pflegekinder (also auch die privat vermittelten) durch
das Jugendamt beaufsichtigt und geschützt werden sollten. Pflegepersonen
bedurften nun (mit einigen Ausnahmen) einer Erlaubnis durch das Jugendamt und
diese Erlaubnis konnte bei Gefährdung des körperlichen, geistigen und sittlichen
Wohles des Pflegekindes wieder entzogen werden. Der Staat übernahm so erstmals
die Verantwortung für das Wohl der Pflegekinder. Die Aufnahme eines fremden
Kindes wurde somit zu einer von der Gesellschaft an bestimmte “geeignete“
Personen übertragene Aufgabe. Dies führte dazu, dass nun nicht mehr vorrangig die
Ärmsten aus der eigenen Not heraus ein Pflegekind aufnahmen, um mit dessen
Pflegegeld das eigene Überleben zu sichern, sondern Familien, die diese
gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen wollten und auch konnten übernahmen den
Hauptteil der Pflege. (vgl. BLANDOW 2004, 40ff)
Einen gravierenden Einschnitt im Pflegekinderwesen gab es mit dem Wechsel zur
nationalsozialistischen Gesellschaft. Viele der Arbeitsprinzipien blieben zwar
bestehen, es wurde aber verstärkt auf die Eignung der Pflegeeltern im Hinblick auf
die “Rassenbestimmungen“ und auf die nationalsozialistische Gesinnung der
Pflegeeltern geachtet. Ein neuer Aspekt für das Pflegekinderwesen war die Kontrolle
der Erziehung durch einen “freien“ Träger (den NS-Wohlfahrtsverband), der die
Vorbereitung, Vermittlung und Beratung der Bewerber übernahm. Es entstanden
erste Pflegeelterngruppen und Bewerber wurden gezielt für ihre Aufgabe geschult.
11
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
Dies geschah vor allem im Hinblick auf das ideologische Gedankengut des
Nationalsozialismus. (vgl. BLANDOW 2004, 43ff)
1.4 Das Pflegekinderwesen von 1945 bis heute
Mit dem Zusammenbruch der faschistischen Diktatur und dem Tod von Millionen
Vätern und Müttern durch den Zweiten Weltkrieg waren viele Kinder verwaist und
Pflegefamilien waren nicht annähernd in ausreichender Zahl vorhanden. Die meisten
Familien mussten um ihr eigenes Überleben kämpften und auch die Organisation
des Pflegekinderwesens lag auf Grund der Nachkriegsereignisse (Flüchtlingsströme
aus den Ostgebieten, Besatzungszonen, etc.) brach. Kinder wurden daher wieder
vermehrt in Heimen untergebracht. Allerdings wurden Kinder zur “Erholung“ in
Familien auf dem Land vermittelt. Aus diesen Pflegeverhältnissen (“Ferienfamilien“),
die oft nur für kurze Zeit bestehen sollten, entwickelten sich häufig dauerhafte
Pflegefamilien. (vgl. BLANDOW 2004, 49ff)
Bei der Vermittlung von Familienlosen oder aus als “erziehungsunfähig“ geltenden
Familien stammenden Kindern und Kindern unverheirateter Mütter ging man davon
aus, dass diese Kinder “Erbschäden“ in sich trugen. Daher brachte man sie meist
zunächst in einem Heim unter, um ihre “Familienreife“ zu überprüfen oder
herzustellen. Das Pflegegeld, dass Pflegemütter für ihre Tätigkeit erhielten war
minimal. Die Pflegefamilie wurde weitestgehend als Ersatzfamilie angesehen und der
Kontakt zur Herkunftsfamilie auf ein Minimum beschränkt, um den “schädlichen“
Einfluss der Herkunftsfamilie zu begrenzen und die Pflegefamilie nicht damit zu
belasten. (vgl. BLANDOW 2004, 52ff)
Im
Zuge
der
gesellschaftlichen
Umbrüche
der
60er
Jahre
(“68er“),
der
Bildungsreform und der Modernisierung aller gesellschaftlichen Institutionen, wurde
auch die Jugendhilfe zunehmend “verwissenschaftlicht“. Man beschäftigte sich
vermehrt
mit
den
familiären
Hintergründen
von
Heimunterbringungen
und
Inpflegegaben, der speziellen Eignung dieser Maßnahmen für die jeweiligen Kinder
und auch den schwierigen Aufgaben, die diese Unterbringungsformen mit sich
brachten. Die Pflegeeltern und ihre Stellung im System der Jugendhilfe wurden
hinterfragt und eine verbesserte Beratung, Unterstützung und Vergütung wurde
gefordert.
12
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
Heime gerieten im Zuge dieser Entwicklungen auf Grund ihres häufig repressiven
Charakters und ihrer Anregungsarmut in die Kritik. Die Parole “Holt die Kinder aus
den Heimen“ wurde in dieser Zeit laut und leistete dem Pflegekinderwesen Vorschub.
Das “Kindeswohl“ rückte in den Fokus. (vgl. BLANDOW 2004, 55ff)
In
den
80er
Jahren
begann
man
damit,
sich mit
bindungstheoretischen
Fragestellungen auseinander zu setzen, vor allem, weil man vermehrt Kinder
berufstätiger Frauen bei Tagesmüttern unterbrachte. Die Analyse dieser Form der
„Doppelbetreuung“ durch Mutter und Tagesmutter führte zu dem Ergebnis, dass man
erkannte, dass die Aufrechterhaltung des Kontaktes zur Herkunftsfamilie nicht
zwingend schädlich, sondern unter bestimmten Bedingungen sogar positiv für die
Kinder
war.
Es
entstand,
als
Gegenentwurf
zum
bis
dahin
praktizierten
Ersatzfamilienmodell8 das Ergänzungsfamilienmodell9. Dies bedeutete auch, dass
man die Motivation der Bewerber um ein Pflegekind neu hinterfragte und Pflegeeltern
suchte, die bereit waren, die Herkunftsfamilie in ihre Arbeit mit einzubeziehen. Dies
hatte einen starken Einfluss auf die Praxis der Pflegekinderdienste, da die
Pflegeeltern
für
diese
Aufgabe
geschult
werden
mussten
und
auch
die
Herkunftsfamilien nun in die Arbeit mit einbezogen werden mussten. Vorbereitung,
Schulung und Beratung im Pflegekinderwesen erhielten einen neuen Stellenwert.
(vgl. BLANDOW 2004, 60ff)
Mit der Einführung des Artikel 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG im BGB1.
I S. 1163 am 26.06.1990) fand eine Neuregelung des Rechtsgebietes der
Jugendwohlfahrt
statt.
Das KJHG
wurde
als achtes
Buch
(VIII)
in
das
Sozialgesetzbuch (SGB) eingefügt und trat am 1.01.1991 in Kraft. (vgl. SCHULIN 2004,
XLII) Das Pflegekinderwesen wurde so zu einer Form der Hilfe zur Erziehung neben
anderen. Vor allem die ambulanten Hilfen, wie die Sozialpädagogische Familienhilfe,
die bevorzugt eingesetzt wird, um eine Fremdplatzierung zu vermeiden, aber auch
die
Heimreform,
führten
dazu,
dass
auch
das
Pflegekinderwesen
immer
differenzierter und professionalisierter wurde und heute viele unterschiedliche
Pflegeformen und Aufgabenbereiche bereit hält.
8
9
vgl. NIENSTEDT, W ESTERMANN 1989, 189ff
vgl. GUDAT 1987, 54ff
13
Die Entwicklung der Familie in der Geschichte
Dieser geschichtliche Abriss ist natürlich nicht vollständig. Es gibt sicher zahlreiche
weitere
Ereignisse
und
Bewegungen,
die
ebenfalls
Einfluss
auf
das
Pflegekinderwesen genommen haben. Er zeigt aber, dass das Pflegekinderwesen
sich im Laufe der Geschichte immer an gesellschaftliche Gegebenheiten und
Bedürfnissen orientiert hat, und dass diese zu seiner heutigen Ausgestaltung
beigetragen haben. Je genauer man zum Beispiel die Bedürfnisse der Pflegekinder
in den Blick nahm, umso größer wurden die Anforderungen an die Pflegeeltern, diese
zu erfüllen. Dieser Entwicklungsprozess setzt sich bis heute fort.
14
Das Pflegekinderwesen heute
2. Das Pflegekinderwesen heute
Wie bereits im Kapitel 1 “Die Entwicklung der Familienpflege in der Geschichte“ kurz
erwähnt, ist die Unterbringung eines Kindes in einer Familie, die nicht seine
Herkunftsfamilie ist (Familienpflege bzw. Vollzeitpflege), heute eine von mehreren
möglichen Hilfen zur Erziehung.
2.1 Daten zum heutigen Pflegekinderwesen
Eine Bestandserhebung zum 31.12.2000 zeigt, dass ca. 123 397 Kinder,
beziehungsweise deren Eltern, Hilfen zur Erziehung bekamen. Unterscheidet man
die
unterschiedlichen
Hilfeformen
nach
Vollzeitpflege,
Heimerziehung
und
familienorientierten oder ambulanten Hilfen (in diesem Fall nur Sozialpädagogische
Familienhilfe und Unterbringungen in Tagesgruppen), so ergibt sich, dass zu diesem
Zeitpunkt 30,6 % der Kinder in Vollzeitpflegestellen untergebracht waren, 33,9 % in
Heimen und 36,1 % ambulante Hilfen bekamen. (vgl. BLANDOW 2004, 37ff)
Betrachtet man die begonnenen Hilfen im Jahr 2005, und wendet man die gleiche
Kategorisierung wie Herr BLANDOW an, so zeigt sich, dass von insgesamt 65 002
neu begonnenen Hilfen nur 15,8 % Vollzeitpflege betrafen, 38,5 % waren
Heimunterbringungen und 45,7 % ambulante Hilfen. (vgl. Soziale Sicherung, Kinderund Jugendhilfe im Anhang A III)
Natürlich sind diese Zahlen nur schwer vergleichbar, vor allem, da es sich einmal um
den Gesamtbestand handelt und einmal nur um neu begonnene Hilfen. Außerdem
unterscheidet sich die “Verweildauer“ innerhalb der einzelnen Hilfen stark.
Es lässt sich aber anhand dieser Zahlen erkennen, dass im Vergleich zur
Heimunterbringung und den ambulanten Hilfen verhältnismäßig wenige Kinder in
Pflegefamilien vermittelt wurden. Dies hat sich vermutlich auch in der Zwischenzeit
nicht gravierend verändert.
Die Kinder, die in Pflegefamilien vermittelt werden, sind häufig besonders junge
Kinder, Kinder alleinerziehender und als “erziehungsunfähig“ geltender Mütter und
Kinder, die als Folge eines Sorgerechtsentzuges fremdplatziert werden. (vgl.
BLANDOW 2004, 120ff)
Dies sind allerdings nicht die alleinigen Kriterien um zu entscheiden, ob diese oder
eine andere Hilfe für das jeweilige Kind am sinnvollsten erscheint. Diese
Entscheidungen werden unter anderem auch durch die jeweilige “Amtspraxis“ der
15
Das Pflegekinderwesen heute
einzelnen Jugendämter, das Vorhandensein der einzelnen Hilfeformen in der Region
und natürlich die persönliche Haltung der zuständigen Fachkräfte beeinflusst. (vgl.
BLANDOW 2004, 112f)
2.2 Möglichkeiten und Grenzen des Pflegekinderwesens
Kinder im Rahmen der Jugendhilfe in einer Pflegefamilie unterzubringen hat viele
Vorteile. So kann diese Maßnahme Kindern, die nicht adoptiert werden können,
gleichzeitig aber auch keine Familie haben, in der sie leben können, die Möglichkeit
bieten, trotzdem in einer Familie aufzuwachsen. Sie ist eine Alternative zur
Heimunterbringung, da sie private und intimere Erfahrungen ermöglicht. Eine
Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie bietet überforderten Herkunftseltern
die Möglichkeit zur Ordnung ihrer privaten Angelegenheiten, um die Erziehung des
Kindes anschließend wieder selber übernehmen zu können. Um vorschnellen
Entscheidungen (z.B. nach einer Inobhutnahme des Kindes) im Jugendamt entgegen
zu wirken, kann eine befristete Unterbringung in einer Pflegefamilie Zeit verschaffen,
um eine dauerhafte und geeignete Lösung zu suchen. Außerdem gibt sie Menschen,
die dies wünschen, die Möglichkeit sich zu engagieren und ihr Familienleben zu
bereichern. (vgl. BLANDOW 2004, 72)
Natürlich bietet die Vermittlung eines Kindes in eine Pflegefamilie nicht nur
besondere Möglichkeiten, sondern birgt auch Schwierigkeiten, die besonders für
diese Hilfeform immanent sind. Einige möchte ich an dieser Stelle nennen.
Es entsteht - im Rahmen dieser Jugendhilfemaßnahme - häufig eine ungewisse
Situation für alle Beteiligten, da selten sicher gesagt werden kann, wann oder ob es
zu einer Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie kommt. In dieser
Ungewissheit für Pflegeeltern und Pflegekind kann es beiden Seiten schwer fallen,
sich auf eine Bindung einzulassen, zumal diese Situation gegebenenfalls nicht von
Dauer ist (“Eltern auf Zeit“).
Für die betroffenen Kinder bedeutet eine Vermittlung in eine Pflegefamilie oft die
Trennung von ihren Eltern und ihrem sozialen Umfeld. Dies bedeutet zum einen,
dass sie sich von diesen entfremden, zum anderen geraten sie so in eine Situation,
in der sie eventuell bis zu ihrer Verselbstständigung auf die Gunst ihrer Pflegeeltern
angewiesen sind.
Für die leiblichen Eltern kann die Aufnahme ihres Kindes in eine Pflegefamilie den
endgültigen Ausschluss aus der Erziehung ihres Kindes bedeuten.
16
Das Pflegekinderwesen heute
Außerdem ist es oft schwierig, für jedes Kind die passende Pflegefamilie zu finden
und so viel Vorsicht man bei der Vermittlung eines Kindes auch walten lässt, ein
Scheitern
des
Pflegeverhältnisses
(im
Sinne
eines
Abbruchs)
ist
nicht
auszuschließen. (vgl. BLANDOW 2004, 72f)
Um aber gleichzeitig die Bedürfnisse aller Betroffenen/Beteiligten zu erfüllen und
Lösungen für die genannten Schwierigkeiten zu finden, muss das Pflegekinderwesen
heute unterschiedliche Formen der Pflege bereithalten.
17
Die verschiedenen Pflegeformen
3. Die verschiedenen Pflegeformen
Aus den unterschiedlichen jeweiligen “Bedürfnissen“, mit denen die Jugendämter
konfrontiert werden, haben sich verschiedene Formen der Familienpflege entwickelt.
Diese erfüllen inhaltlich von einander abweichende Aufgaben und werden zum Teil
unterschiedlich finanziert. Unterschieden werden diese Pflegeformen in der Regel
über die Zeitdauer, in der das Kind in einer anderen Familie betreut wird.
Bei der Tagespflege handelt es sich um eine Unterbringung des Kindes bei
Tageseltern, die in der Regel für fünf Tage in der Woche die Versorgung des Kindes
für einen bestimmten Zeitraum des Tages übernehmen. Das Kind wohnt und
übernachtet jedoch bei seiner Herkunftsfamilie, es handelt sich um eine
familienentlastende Maßnahme.
Ähnlich verhält es sich mit der Wochenpflege. Bei dieser Form der Pflege
übernachtet das Kind unter der Woche bei der Pflegefamilie und kehrt nur an den
Wochenenden zu seiner Herkunftsfamilie zurück.
Diese beiden Formen der Pflege wurden ursprünglich vor allem als eine Möglichkeit
der Hilfe zur Erziehung für Kinder berufstätiger Eltern genutzt. Inzwischen werden sie
aber vor allem als ergänzende ambulante Hilfe für die Arbeit mit Familien eingesetzt.
Von Vollzeitpflege spricht man dann, wenn ein Kind kontinuierlich und ohne
regelmäßige Unterbrechungen in einer Pflegefamilie untergebracht wird. Bei der
Vollzeitpflege sind wiederum unterschiedliche Formen zu unterscheiden. Die
Kurzzeit- oder Bereitschaftspflege bietet die Möglichkeit, Kinder, für die noch keine
Hilfeplanung erfolgt ist, oder die nur vorübergehend (z.B.: bei Ausfall der Eltern auf
Grund einer Notsituation) außerhalb ihrer Familie leben müssen, kurzfristig in einer
Pflegefamilie unterzubringen. Die Verweildauer beträgt in der Regel nicht mehr als
sechs Monate.
Bei der zeitlich befristeten Vollzeitpflege wird als Ziel im Hilfeplan die Rückkehr des
Kindes in seine Herkunftsfamilie innerhalb von zwei Jahren festgeschrieben. Kann
eine solche Planung nicht erfüllt werden, scheitert sie, oder wird die Rückkehroption
von vorneherein ausgeschlossen, spricht man von einer zeitlich unbefristeten
Vollzeitpflege beziehungsweise Dauerpflege.
18
Die verschiedenen Pflegeformen
Schließlich gibt es noch die Sonderpflege, die für Kinder mit besonderem
pädagogischen
Bedarf
(z.B.:
Kinder
mit
Behinderung
oder
starken
Verhaltensauffälligkeiten) eingerichtet wird. Die Pflegepersonen, die diese Form der
Familienpflege anbieten, müssen in der Regel eine pädagogische Ausbildung
nachweisen und an gezielten Schulungen teilnehmen. (vgl. MIKUSZEIT, RUMMEL 1986,
97ff)
Eine vollständige Aufzählung der unterschiedlichen Pflegeformen kann nicht
erfolgen, da sich in vielen Regionen weitere beziehungsweise andere Begriffe
etabliert haben oder noch differenziertere Unterscheidungen stattfinden. Im
Folgenden wird sich diese Arbeit nur auf die zeitlich befristete oder auf Dauer
angelegte Vollzeitpflege beziehen.
19
Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens
4. Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens
Wie bereits erwähnt ist das Pflegekinderwesen als Hilfe zur Erziehung sehr
facettenreich und daher Gegenstand zahlreicher Gesetze. Ich möchte mich an dieser
Stelle auf die Erwähnung einiger der wichtigsten Gesetze beschränken. Dies sind im
Zusammenhang dieser Diplomarbeit die Gesetze, die die organisatorische
Ausgestaltung des Pflegekinderwesens betreffen, und somit der Arbeit im
Jugendamt, beziehungsweise dem Pflegekinderdienst, einen Rahmen geben. Des
weiteren finden Gesetze Erwähnung, die sich mit den Rechten und Pflichten aller
beteiligten Parteien (Pflegekind, Herkunftseltern, Pflegeeltern und Fachkräfte)
auseinander setzen. Das bedeutsamste Gesetz in diesem Zusammenhang ist das
Kinder- und Jugendhilfegesetz beziehungsweise das achte Sozialgesetzbuch (SGB
VIII).
Vollzeitpflege wird nach §33 SGB VIII gewährt. Damit ist die Vollzeitpflege eine der
möglichen Hilfeformen innerhalb der Hilfen zur Erziehung und unterliegt in ihrer
Ausgestaltung den Regelungen, die im SGB VIII für alle Hilfen zur Erziehung
festgeschrieben wurden. Dies sind unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen,
die Mitwirkungs- und Hilfeplanregelungen, die Regelungen zur Zusammenarbeit mit
den Herkunftsfamilien der Kinder und den Pflegepersonen, sowie Leistungs-, Kostenund Zuständigkeitsregelungen.
Hilfe zur Erziehung wird immer dann gewährt, wenn
„eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung
nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und
notwendig ist.“ (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) „Art und Umfang der Hilfe richten sich
nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall [...]“ (§27 Abs. 2 SGB VIII).
Die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie
„ist die Konsequenz der Feststellung [durch das Jugendamt], dass die
Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen in der eigenen Familie nicht
ausreichend gefördert wird, ambulante familienunterstützende Hilfen nicht
geeignet sind und deshalb die Betreuung und Erziehung des Kindes in einer
anderen Familie sinnvoll und notwendig ist“. (SALGO 2001, 54f)
20
Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens
Dies bedeutet, dass das zuständige Jugendamt vor der Vermittlung einer
Vollzeitpflege geprüft haben muss, ob nicht auch eine ambulante Hilfe zur Erziehung
in Frage kommt. Hilfe zur Erziehung wird den (oder dem) Personensorgeberechtigten
gewährt, allerdings ist dies - besonders im Fall von Vollzeitpflege - nicht gerade
selten ein (Amts-) Vormund, da, wie bereits erwähnt, eine Vermittlung in eine
Pflegefamilie häufig die Folge eines Sorgerechtsentzuges ist. Doch auch, wenn die
Leistungsberechtigten diejenigen sind, denen Hilfe zur Erziehung gewährt wird, so
bleibt doch zu bedenken, dass gerade die Vollzeitpflege eine Hilfe ist, die „in erster
Linie auf die Kinder und Jugendlichen als Hilfeempfänger zielt“. (SALGO 2001, 54)
Für das Pflegekinderwesen schreibt § 36 SGB VIII unter anderem vor, dass der
Personensorgeberechtigte
und
das
Kind
„vor
der
Entscheidung
über
die
Inanspruchnahme einer Hilfe“ und „vor einer notwendigen Änderung von Art und
Umfang der Hilfe“ zu beraten sind. (§ 36 Abs. 1, Satz 1 SGB VIII) Außerdem müssen
sie auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes hingewiesen werden.
(vgl. § 36 Abs. 1, Satz 1 SGB VIII)
„Vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie
ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt“. (§36 Abs. 1, Satz 2 SGB
VIII) Das heißt, dass geprüft werden muss, ob das Kind nicht eventuell adoptiert
werden kann. Das Kind und der Personensorgeberechtigte sind an der Auswahl der
Pflegefamilie zu beteiligen und ihren „Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie nicht
mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind“. (§ 36 Abs. 1, Satz 4 SGB VIII)
Das bedeutet, dass die Herkunftseltern oder der Vormund der Hilfeart “Vollzeitpflege“
zustimmen
müssen
Entscheidung
über
oder
die
ihr
dem
zumindest
Einzelfall
nicht
widersprechen
entsprechende
Hilfeart
dürfen.
soll
Die
unter
Zusammenwirkung mehrerer Fachkräfte getroffen werden. (vgl. § 36 Abs. 2, Satz 1
SGB VIII)
„Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem
Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen
Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende
Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig
prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden
bei der Durchführung der Hilfe andere Personen [...] tätig, so sind sie [...] an
der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen“. (§ 36
Abs. 2, Satz 2 und 3 SGB VIII)
21
Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens
Das bedeutet für die Vollzeitpflege, dass die (zukünftigen) Pflegeeltern ebenfalls in
die Hilfeplanung mit einbezogen werden müssen.
§ 37 SGB VIII weißt auf die Notwendigkeit hin, „dass die Pflegeperson [...] und die
Eltern zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zusammenarbeiten“. (§ 37 Abs.
1, Satz 1 SGB VIII) Außerdem sollen durch Beratung und Unterstützung durch das
Jugendamt die Beziehung des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie gefördert werden
und die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie so weit verbessert werden,
dass diese die Erziehung des Kindes wieder selbst übernehmen kann. (vgl. § 37
Abs. 1, Satz 2 und 3 SGB VIII) Kann dies innerhalb eines „im Hinblick auf die
Entwicklung
des
Kindes
oder
Jugendlichen
vertretbaren
Zeitraums“
nicht
gewährleistet werden, soll mit allen Beteiligten eine „dem Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet
werden“. (§ 37 Abs. 1, Satz 2 und 4 SGB VIII) Diese Regelung erklärt die
Unterscheidung zwischen der zeitlich befristeten und der auf Dauer angelegten
Vollzeitpflege. Der “vertretbare Zeitraum“, von dem in diesem Gesetz die Rede ist,
beträgt in der Praxis des Pflegekinderwesens meist zwei Jahre.
Des weiteren hält § 37 SGB VIII fest, dass alle Pflegepersonen, auch wenn sie nicht
offiziell Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII leisten
(zum Beispiel Verwandte), im Vorfeld der Inpflegenahme und während dieser einen
gesetzlichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt haben.
(vgl. § 37 Abs. 2, Satz 1 SGB VIII) Das Jugendamt muss die Pflegefamilie zu Hause
besuchen und überprüfen, ob die dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung
dort gewährleistet ist. Die Pflegeperson muss ihrerseits die Fachkraft des
Jugendamtes über wichtige, das Wohl des Kindes betreffende Ereignisse
unterrichten. (vgl. § 37 Abs. 3 SGB VIII)
Einer Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII bedürfen Pflegeeltern, die ein Kind durch
das Jugendamt vermittelt bekommen, nicht, da davon ausgegangen wird, dass diese
Personen im Vorfeld der Vermittlung hinreichend auf ihre Eignung für eine solche
Aufgabe geprüft wurden. (vgl. § 44 SGB VIII)
Zu guter Letzt soll hier noch der § 38 SGB VIII genannt werden, der zum einen
besagt,
dass
Pflegeperson
das
Jugendamt
vermitteln
muss,
zwischen
wenn
der
Personensorgeberechtigtem
und
Personensorgeberechtigte
die
Vertretungsmacht der Pflegeperson derart einschränkt, dass diese eine dem Wohl
des Kindes dienende Erziehung nicht mehr gewährleisten kann, zum anderen sollen
22
Rechtliche Rahmenbedingungen des Pflegekinderwesens
Herkunftseltern und Pflegepersonen das Jugendamt einschalten, wenn sich
Meinungsverschiedenheiten ergeben. (vgl. § 38 SGB VIII)
Die genannten Regelungen10 geben dem Pflegekinderwesen einen rechtlichen
Rahmen innerhalb dessen sich die Arbeit bewegen muss. Allerdings gibt es auch
einen großen Ermessens- und Ausgestaltungsspielraum, den die Fachkräfte nutzen
können und müssen, um dem Bedarf im Einzelfall gerecht zu werden. Gleichzeitig
sorgt aber eben dieser Spielraum auch dafür, dass das Pflegekinderwesen vielerorts
sehr uneinheitlich ausgestaltet und ausgestattet ist.
10
Weitere gesetzliche Grundlagen finden sich erstens im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wo vor
allem das Kindeswohl, die Personensorge und das Umgangsrecht behandelt werden (§§ 1623,
1630, 1631, 1632, 1666, 1684, 1685, 1688 und 1697 BGB), und zweitens im SGB VIII in den
Paragraphen 39, 40 und 41, die sich mit den Leistungen zum Unterhalt, der Krankenhilfe und der
Hilf für Junge Volljährige beschäftigen.
23
Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern
5. Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern
Um sich für die Aufnahme eines Pflegekindes zu bewerben, müssen die
Interessenten zunächst Kontakt mit dem für ihre Region zuständigen Jugendamt
beziehungsweise Pflegekinderdienst aufnehmen. In der Regel finden dann zwei bis
drei Gespräche zwischen den Bewerbern und den für sie zuständigen Fachkräften
statt. Der Auswahl- und Vermittlungsprozess sollte von mehreren Fachkräften
durchgeführt werden, um diesen objektiver zu gestalten und eine Beratung
untereinander zu ermöglichen. (vgl. § 36 Abs. 2, Satz 1 SGB VIII)
Zu den Bewerbungsunterlagen, die die Pflegeelternbewerber einreichen müssen
gehören ein polizeiliches Führungszeugnis, da keine straffällig gewordenen
Personen
als
Pflegeeltern
zugelassen
werden,
ein
ärztliches
Attest
oder
Gesundheitszeugnis das den Bewerbern bescheinigt, dass sie körperlich und geistig
gesund und in der Lage sind ein Kind zu versorgen und nicht unter ansteckenden
Krankheiten leiden und ein Bewerberfragebogen. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege
für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 11 im Anhang)
Der Bewerberfragebogen kann folgende Themenbereiche beinhalten:
•
Persönliche Angaben: Wie Name, Geburtsdatum, -ort, -name, Religion,
Staatsangehörigkeit, Adresse, Telefonnummern, etc.
•
Familiensituation:
Hierzu
gehören
Angaben
zu
Eheschließungen,
Scheidungen oder sonstigen Lebensformen, leiblichen Kindern, Adoptivund Pflegekindern
•
Soziale Kontakte: Angaben zu Eltern und Geschwistern der Bewerber
werden hier abgefragt, aber auch, wie das soziale Netzwerk sonst aussieht
(wo findet man Hilfe/Unterstützung)
•
Wohnsituation: Lebt man in einem Haus oder einer Wohnung, ist
ausreichend Platz für ein Pflegekind vorhanden (Größe, Zimmerzahl), gibt
es Haustiere oder Mitbewohner
•
Angaben
zu
Hobbys
und
Nachbarschaft:
Gibt
es
Kinder
und
Spielgelegenheiten in der Nachbarschaft, Außenkontakte
24
Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern
•
Im Haushalt lebende Personen: Nähere Angaben zur geistigen und
körperlichen Verfassung, Drogen-, Alkohol- oder psychische Probleme,
bisherige Kontakte zu Jugendamt oder anderen Beratungsstellen
•
Berufliche
und
wirtschaftliche
Situation:
Schulabschluss,
Beruf,
momentane Tätigkeit, Nettoeinkommen und evtl. vorhandene Schulden
•
Vorstellungen vom Pflegekind: Was wünscht man sich bezüglich
Geschlecht, Alter, Nationalität, Gesundheit und Form der Pflege
•
Befürchtungen
im
Bezug
auf
das
Pflegekind:
Mit
welchen
Verhaltensweisen oder körperlichen und geistigen Gegebenheiten würde
man nicht klarkommen (Nationalität, Geschlecht, Behinderungen, etc.)
•
Herkunftsfamilie: Hier wird nach der Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit
der Herkunftsfamilie gefragt, und welche Gegebenheiten diese unter
Umständen erschweren könnten (z.B.: Drogen- oder Gewaltproblematik,
Behinderung, Prostitution, etc.)
•
Bereitschaft zur Mitwirkung bei Rückführung: Können sich die Bewerber
vorstellen, Eltern auf Zeit zu sein
•
Zusammenarbeit mit dem Jugendamt: Besteht Interesse an Teilnahme bei
Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen und anderen Aktivitäten von
Pflegefamilien (Gruppenarbeit, Ausflüge)
•
Motivation zur Aufnahme eines Pflegekindes
•
Bereits bestehende Erfahrungen: Zum Beispiel mit Pflegekindern,
vorherigen Bewerbungen oder andere pädagogische Erfahrungen
•
Persönliche Stärken und Grenzen
•
Umgang mit Konflikten und Krisen
Orientiert habe ich mich bei diesen Angaben an den Empfehlungen des
Landschaftsverband Rheinland. (vgl. Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD) im
Anhang)
Erscheinen die Bewerber auf Grund des Fragebogens geeignet, findet mindestens
ein Hausbesuch statt, bei dem sich die Fachkräfte ein Bild von den Gegebenheiten
vor Ort machen und mit den Bewerbern ein Gespräch führen, in dem einige Themen
des Bewerberfragebogens vertieft werden. So sollte in einem solchen Gespräch zum
Beispiel noch einmal nach der Motivation der Pflegeelternbewerber gefragt und der
persönliche Hintergrund erkundet werden. Hier können auch die eigenen
25
Die Bewerbung zur Aufnahme von Pflegekindern
Erziehungserfahrungen der Bewerber und ihre jetzige Haltung zu diesen, eine Rolle
spielen, sowie der Umgang miteinander und mit Konflikten. Es wird vermutlich über
Ressourcen und Grenzen der Familie gesprochen, also darüber, wo besondere
Fähigkeiten der Familie liegen und was die Familie überfordern würde. Außerdem
wird
die
Grundhaltung
Verhaltensweisen
und
der
Bewerber
Bedürfnisse
auf
erkundet,
Seiten
das
des
heißt,
für
Pflegekindes
welche
und
der
Herkunftsfamilie ist Verständnis vorhanden und für welche nicht, und welche
erzieherischen Vorstellungen haben die Pflegeelternbewerber. Wie genau ein
solcher Hausbesuch abläuft ist wahrscheinlich von Fall zu Fall unterschiedlich. Ich
orientiere mich hier an einem Leitfaden für ein Bewerbergespräch, wie er vom
Landschaftsverband
Rheinland
vorgeschlagen
wird.
(vgl.
Leitfaden
für
ein
Bewerbergespräch (FBB) im Anhang)
Nachdem die gesamte Eignungsprüfung abgeschlossen ist, wird die Vermittlung
eines zu den Bewerbern “passenden“ Kindes angestrebt oder die Bewerber werden
als Pflegestelle abgelehnt.
Die Gestaltung des Vermittlungsprozesses ist vom Einzelfall abhängig. In der Regel
gehören zum Vermittlungsprozess jedoch mindestens ein Treffen der Herkunfts- und
der möglichen Pflegeeltern im Beisein einer Fachkraft, bei dem darüber gesprochen
wird, ob sich die beiden Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können. Wird dies
bejaht, findet mindestens ein von der Fachkraft begleitetes Treffen zwischen
Pflegeeltern und Pflegekind statt. (vgl. Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich
der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 13 im Anhang)
Die Aufnahme eines Pflegekindes und die Tätigkeit als Pflegefamilie ist häufig mit
vielen Schwierigkeiten verbunden. Man geht davon aus, dass der Erfolg eines
Pflegeverhältnisses stark davon beeinflusst wird, wie gut die Pflegefamilie auf die sie
möglicherweise erwartenden Schwierigkeiten vorbereitet ist. (vgl. BLANDOW 2004, 152
ff) Unter anderem aus diesem Grund bieten inzwischen viele Jugendämter,
Pflegekinderdienste oder von diesen beauftragte freie Träger Vorbereitungsseminare
für Pflegeelternbewerber an. Die Teilnahme an einem solchen Seminar ist bei diesen
inzwischen meist eine Voraussetzung, um als Pflegestelle in Frage zu kommen. (vgl.
Konzeption der Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der
Ruhr, S. 11 im Anhang)_________________________________________________
26
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
6. Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
In den letzten zwei Jahrzehnten sind zahlreiche Fachbücher erschienen, die sich mit
dem Pflegekinderwesen auseinander setzen. Sie beschäftigen sich meist mit der
Theorie und Praxis für die aktuelle Ausgestaltung des Pflegekinderwesens, den
unterschiedlichen Pflegeformen und den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die
Bedeutung der Herkunftsfamilie der Kinder und die daraus resultierenden
Schwierigkeiten für die Pflegefamilien bildet einen weiteren Schwerpunkt in der
Fachöffentlichkeit.
Ich möchte mich nun einem Bereich nähern, der in der Fachliteratur bisher eher
einen geringeren Stellenwert hat, aber zunehmend an Bedeutung gewinnt, nämlich
der Vorbereitung von Pflegeeltern auf ihre schwierige und verantwortungsvolle
Aufgabe.
In der Fachliteratur wird darauf aufmerksam gemacht, dass Pflegeeltern eine Vielzahl
von Aufgaben zu bewältigen haben. Zum Beispiel sollen sie dem Kind ermöglichen,
“sichere“ Bindungen kennen zu lernen und diese einzugehen. Gleichzeitig müssen
sie aber auch immer die Möglichkeit in Betracht ziehen, das Kind wieder den
Herkunftseltern anzuvertrauen. Mit diesen sollen sie außerdem zum Wohle des
Kindes zusammenarbeiten. Pflegeeltern sollen den Schwierigkeiten und eventuellen
Verhaltensstörungen des Pflegekindes mit Verständnis begegnen und ihm helfen,
diese zu überwinden. Sie sollen das Kind in den schützenden Raum ihrer Familie
integrieren und sich für seine Belange stark machen (zum Beispiel gegenüber
Lehrern des Kindes). Gleichzeitig erwartet man aber auch von ihnen, dass sie ihre
Familie dem Einfluss und der Kontrolle des Jugendamtes gegenüber öffnen und
stattet sie häufig nicht mit den entsprechenden Vollmachten (Personensorge) aus,
um sich wirklich für die Belange des Kindes einsetzen zu können. Heute wird meines
Erachtens eine sehr professionelle Arbeit und Haltung von Pflegeeltern erwartet.
Gleichzeitig ist die Vollzeitpflege aber „die einzige Form der Hilfe zur Erziehung, die
überwiegend von Personen ohne fachliche Ausbildung erbracht wird“. (W IESNER
2001, 71) Um diesen Erwartungen gerecht werden zu können, bedürfen
27
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
Pflegeelternbewerber daher einer guten Vorbereitung.11 Dies findet auch in der
Fachliteratur gelegentlich Erwähnung. (vgl. TEXTOR 1995, 503)
So heißt es zum Beispiel in einem Bericht über ein Modellprojekt zur
Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung in Rheinland-Pfalz, dass die
„Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die außerhalb der eigenen Familie
untergebracht werden müssen, […] eine höhere Problembelastung aufweisen
[wird].
Daraus
ergeben
sich
weitreichende
konzeptionelle
Veränderungsbedarfe für die Arbeit der Pflegekinderdienste und das
Qualifikationsspektrum der Pflegefamilien“. (HAMBURGER, MÜLLER, PORR 1998,
67 f)
In einem anderen Buch heißt es,
„die an Pflegefamilien gestellten Anforderungen machen ein Angebot an
Beratungen und Hilfestellungen für Pflegepersonen notwendig. Diese
Angebote müssen von den Beteiligten angenommen werden können und
zwar im Vorfeld […] des Pflegeverhältnisses“. (GÜTHOFF 1996, 52)
Es wird in der Fachliteratur auch explizit auf mögliche Funktionen dieser
Vorbereitung hingewiesen, so liest man zum Beispiel:
„[Die] Beratung der Pflegeeltern hat immer auch mit der Erwartbarkeit von
Schwierigkeiten und Problemen zu tun. Erwartetes Verhalten wird eher
hingenommen und kann erklärt werden. Bettnässen als regressives Verhalten
oder als Ausdruck von Angst zu erkennen, macht das Problem verstehbar. Es
dürften vor allem die unerwarteten und unerklärlichen Verhaltensweisen des
Kindes sein, die zu Verunsicherungen der Pflegeeltern führen. Dies weist auf
die Notwendigkeit der Vorbereitung von Pflegeeltern […] hin“. (MÜLLERSCHLOTMANN [Erscheinungsjahr nicht bekannt], 179)
Die Vorbereitung der Pflegeeltern hat aber auch mit ihrem Status innerhalb der zu
leistenden Hilfe zu tun. Dies wird im 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesens wie folgt
beschrieben:
11
Mir ist bewusst, dass in der Fachöffentlichkeit auch Kritik an einer Professionalisierung von
Pflegeeltern geübt wird, da man befürchtet, dass durch eine zu professionelle Haltung der
Pflegeeltern das Verhältnis zwischen Pflegekind und Pflegeeltern (weiter) verkompliziert werden
könnte. Hier wird Professionalisierung im Sinne von Verberuflichung verstanden. Ich sehe eine
umfangreiche Vorbereitung von Pflegeeltern jedoch nicht als Professionalisierung im Sinne einer
Verberuflichung der Pflegefamilie. Vielmehr verstehe ich Professionalität bei Pflegeeltern als
deren Kompetenz, mit den schwierigen Anforderungen eines Pflegeverhältnisses “professionell“
umzugehen. (vgl. hierzu auch BLANDOW 2001, 113ff)
28
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
„Indem die Jugendhilfe das Leistungsangebot ‚Hilfe zur Erziehung in einer
fremden Familie per Gesetz zu erbringen hat, werden natürlich diejenigen,
die ihren privaten Lebensraum für diese öffentliche Aufgabe zur Verfügung
stellen und die die Durchführung dieser Hilfe verantwortlich übernehmen, zu
PartnerInnen und MitarbeiterInnen und als solche den Fachkräften der
Jugendhilfe gleichgestellt. In dieser Hilfekonstruktion sind Pflegeeltern und
Pflegepersonen jedenfalls nicht (mehr) KlientInnen oder gar BittstellerInnen.
Sie übernehmen eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Jugendhilfe. Es ist
deshalb unumgänglich, dass sie auch entsprechend auf ihre Aufgabe
vorbereitet und – wie andere Fachkräfte der Jugendhilfe auch – fortlaufend
durch Schulungs- und Fortbildungsangebote gefördert werden. Eine solche
Qualifizierung der Pflegepersonen macht umso mehr Sinn, als vor dem
Hintergrund der beschriebenen Differenzierungen [der Aufgaben] in der
Vollzeitpflege ein ‚einfaches Verständnis der Aufgabe einer Pflegefamilie
nicht mehr möglich ist – die Anforderungen und Erwartungen an
Pflegepersonen sind gestiegen“. (STEEGE 2001, 94 f)
Man scheint sich in der Fachliteratur recht einig zu sein, dass der Beratung und
Vorbereitung von Pflegeeltern eine wichtige Bedeutung zugeschrieben werden muss.
Auch die Pflegeeltern selbst und vor allem die für sie als Sprachrohr agierenden
Verbände, wie zum Beispiel der PFAD - Bundesverband der Pflege- und
Adoptivfamilien e.V. oder PAN – Pflege- und Adoptivfamilien Nordrheinwestfahlen
e.V. und andere Selbsthilfegruppen, fordern eine verbesserte und vor allem eine
verbindliche Vorbereitung von Pflegeeltern. (vgl. KÜPPER 1997, S. 22) Einige diese
Verbände fordern aber nicht nur eine verbesserte Vorbereitung für Pflegeeltern,
sondern arbeiten bei der Entwicklung von Konzepten für Vorbereitungsseminare eng
mit Jugendämtern zusammen, bieten solche Seminare zum Teil selbst an und
berichten über Vorbereitungsseminare in Fachartikeln und in den von ihnen
veröffentlichten Zeitschriften, wie PATEN, die von PAN e.V. herausgegeben wird
oder PFAD, die vom gleichnamigen Bundesverband herausgegeben wird.
Die
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern
in
so
genannten
Vorbereitungsseminaren oder Bewerberschulungen wird heute immer häufiger
angeboten und ist inzwischen bei einigen Jugendämtern eine der Vorraussetzungen
um überhaupt als Pflegeeltern akzeptiert zu werden. (vgl. Konzeption der
Vollzeitpflege für den Bereich der Jugendhilfe in Mühlheim an der Ruhr, S. 11 im
Anhang) Der Pädagoge und Sozialarbeiter Dr. Martin. R. TEXTOR fand in einer von
ihm 1995 durchgeführten Pflegeelternbefragung heraus, dass 38% der von ihm
29
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
befragten Pflegeeltern mit ihrer Vorbereitung auf die Pflegeelternschaft nicht
zufrieden waren, beziehungsweise diese als “mangelhaft“ bezeichneten. Nur 22%
der Befragten wurde die Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar ermöglicht, 70%
erhielten lediglich Gespräche im Jugendamt. (vgl. TEXTOR 1995, 503) Diese
Untersuchung von Martin R. TEXTOR ist inzwischen zwar zwölf Jahre alt und wie
bereits erwähnt werden heute sicher häufiger Vorbereitungsseminare angeboten
beziehungsweise vorausgesetzt. Doch die nach wie vor existierenden Forderungen
von Pflegeeltern nach verbesserten und verbindlichen Vorbereitungsseminaren
(siehe oben) deuten darauf hin, dass an einigen Stellen solche Angebote noch
gänzlich fehlen oder ausgebaut werden müssen.
Wie
bereits
in
einigen
oben
gegebenen
Zitaten
erwähnt,
sollen
Vorbereitungsseminare sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen. Zu aller erst ist
hier natürlich die Information der Pflegeeltern zu nennen. Wichtige Elemente dieser
Information sind:
„Rechtsfragen […], kindliche Entwicklung […], Verhaltensauffälligkeiten und
Behinderungen […], Probleme in der Eingewöhnungsphase […],
Problematik der doppelten Elternschaft […], Problematik der Beziehung zur
Herkunftsfamilie des Kindes […], Probleme leiblicher Kinder bei Aufnahme
eines Pflegekindes […], mit der Rückführung eines Pflegekindes
verbundene Gefühle […] und die Aufgaben des Jugendamtes“. (TEXTOR
1995, 503)
Außerdem
sollen
Vorbereitungsseminare
„weitergehende
Überlegungen
wie
Überprüfung von Einstellungen und Beziehungen […][anregen und] die erforderliche
Zusammenarbeit mit der ’Institution Jugendamt’“ erleichtern. (MIKUSZEIT 1981, 8) Hier
ist noch zu ergänzen, dass diese Seminare natürlich auch dazu beitragen sollten,
dass sich die Pflegeeltern über ihre eigenen Motivationen und Einstellungen bewusst
werden und diese hinterfragen. Auf dem Hintergrund dieser Informationen und
Überlegungen sollen die Pflegeelternbewerber dann eine fundierte Entscheidung
darüber treffen, ob sie sich einer solchen Aufgabe gewachsen fühlen und diese
immer noch übernehmen wollen. (vgl. KÜPPER 4/97, 22) Außerdem kann im Rahmen
eines Vorbereitungsseminars „die Begutachtung pflegewilliger Personen weniger
stigmatisierend erfolgen, können Aussagen über Kooperationswillen, pädagogische
30
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
und soziale Einstellungen der Bewerber realistischer eingeschätzt werden“.
(HANSELMANN, W EBER 1986, 136)
Durch das in den Vorbereitungsseminaren vermittelte Theoriewissen werden
Pflegeeltern zunehmend professioneller, so dass sie sich als Partner der Fachkräfte
wahrnehmen, was ihnen zum einen ermöglicht ihre Bedürfnisse klarer zu artikulieren
und Forderungen zu stellen, ohne sich als “Bittsteller“ wahrzunehmen, und zum
anderen dort die Anerkennung ihrer Arbeit zu erfahren, die ihnen in der Gesellschaft
häufig noch versagt bleibt. (vgl. STEEGE 2001, 94; HUBER 2001, 136 ff)
Zu guter Letzt soll hier nun noch eine Funktion von Vorbereitungsseminaren genannt
werden, die in der Fachliteratur zunehmend Beachtung findet, nämlich die
Prävention.
In dem Buch “Erziehung in Pflegefamilien“, herausgegeben von Ulrich GINTZEL,
werden Faktoren für vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse, im Sinne eines Abbruchs
beziehungsweise Scheiterns, betrachtet. Zahlreiche Faktoren tragen zum Gelingen
oder Scheitern eines Pflegeverhältnisses bei, die nicht immer klar benannt werden
können. Es gibt aber sogenannte “Risikofaktoren“, die einen Abbruch begünstigen.
Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Seite der Jugendämter, die es häufig
versäumen die Pflegeeltern gründlich vorzubereiten und zu beraten. Aber auch auf
Seite der Pflegeeltern lassen sich Risikofaktoren ausmachen, diese sind: ein „rigider
und unflexibler Erziehungsstil, [ein] pessimistisches Weltbild, [eine]„abgeschlossene“
Familie […], [die]Weigerung der Pflegeeltern, Kontakt zur Herkunftsfamilie zu halten
[und] Dankbarkeitserwartungen“ an das Pflegekind. (JORDAN 1996, 79) Diese
Risikofaktoren
könnten
durch
verbindliche
und
gut
konzipierte
Vorbereitungsseminare zumindest minimiert werden. Iris PALTINAT und Birgit
WARZECHA beschäftigen sich in ihrem Buch “Qualifizierung von Pflegeeltern statt
Burnout und Streß“ mit dem Burnout-Phänomen bei Pflegeeltern und kommen zu
dem
Schluss,
dass
Burnouterscheinungen
durch
eine
verringert
gezielte
werden
Vorbereitung
und
so
von
einem
Pflegeeltern
Abbruch
des
Pflegeverhältnisses vorgebeugt werden könnte. (vgl. PALTINAT, WARZECHA 1999,
102ff) Auch Jürgen BLANDOW macht in seinem Artikel “Versorgungseffizienz im
Pflegekinderwesen“ die Aussage, „dass einer qualifizierten Vorbereitung und
Begleitung der Pflegeverhältnisse höchste Priorität für erfolgreich verlaufende
Pflegeverhältnisse zukommt“. (BLANDOW 1999, 764)
31
Zur Bedeutung von Vorbereitungsseminaren in der Fachliteratur
Während man also der Vorbereitung von Pflegeeltern offensichtlich hohe Bedeutung
zuschreibt und darauf hinweist, dass diese verbessert, intensiviert und verbindlicher
gestaltet werden sollte und ihr auch zahlreiche wichtige Funktionen für die
erfolgreiche Gestaltung einer Inpflegegabe zuschreibt, wird jedoch selten über den
realistischen zeitlichen Umfang oder die inhaltliche Gestaltung dieser Vorbereitung
“gesprochen“.
Es stellt sich also die Frage: Wie sehen Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern in
Deutschland eigentlich aus oder wie sollten sie aussehen?
32
Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare
Kapitel II: Die Konzeptionen
1. Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare
Nachdem
ich
beschlossen
hatte,
mich
in
meiner
Diplomarbeit
mit
Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber zu beschäftigen, nahm ich
zunächst Kontakt zu einigen Jugendämtern beziehungsweise Pflegekinderdiensten
in
Nordrhein-Westfalen
auf.
Da
mir
bekannt
war,
dass
das
Thema
„Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber“ bisher in der Fachliteratur nicht
ausgiebig diskutiert wurde und es in der Praxis keine Standards zur Gestaltung
solcher Seminare gibt, ging ich davon aus, dass die entsprechenden Einrichtungen
mein Anliegen gerne unterstützen würden. Den ersten Kontakt versuchte ich
herzustellen, indem ich den entsprechenden Abteilungen und Diensten im
Jugendamt, die für das Pflegekinderwesen zuständig sind, eine E-Mail schickte. In
dieser E-Mail stellte ich mich und mein Vorhaben für die Diplomarbeit, nämlich die
Untersuchung von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber, vor und bat um
eine Rückmeldung, ob die entsprechende Stelle Vorbereitungsseminare für
Pflegeelternbewerber anbietet.
Leider erhielt ich sehr wenige Rückmeldungen auf meine Anfrage und auch meine
telefonischen Anfragen bei weiteren Pflegekinderdiensten in der Region waren wenig
erfolgreich. Daher versuchte ich im zweiten Schritt Kontakt zu Jugendämtern in
größeren Städten in ganz Deutschland aufzunehmen. Der Rücklauf war immer noch
sehr gering. Allerdings hatte ich nun einen kleinen Pool von Stellen, die
Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern anbieten.
Als nächstes nahm ich telefonisch Kontakt zu den Stellen auf, die meine Anfrage
positiv beantwortet hatten, um zu erfragen, ob die Einrichtungen über eine
Konzeption für ihre Seminararbeit verfügten und ob sie mir diese für meine
Diplomarbeit zur Verfügung stellen würden. Hier stieß ich erneut auf Schwierigkeiten.
Einige
Stellen
verfügten
Vorbereitungsseminars,
nicht
andere
über
eine
Jugendämter
schriftliche
hatten
die
Konzeption
Gestaltung
ihres
und
Durchführung der Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber an freie Träger
delegiert, versorgten mich aber mit den nötigen Kontaktdaten, um meine Anfrage an
diese freien Träger zu richten.
33
Die Erhebung von Konzeptionen für Vorbereitungsseminare
Am
häufigsten
erhielt
ich
von
den
Jugendämtern
beziehungsweise
Pflegekinderdiensten die Auskunft, dass die Konzeption des Vorbereitungsseminars
für Pflegeelternbewerber gerade überarbeitet würde und man mir die bisherige
Version leider nicht zur Verfügung stellen könne.
Einmal wurde ich sogar mit der Aussage konfrontiert, dass man mir die Konzeption
des Vorbereitungsseminars nicht zur Verfügung stellen könne, da man befürchte,
dass andere Einrichtungen das Konzept sonst einfach übernehmen könnten. Diesen
Einwand kann ich nicht nachvollziehen, da es meiner Ansicht nach nur im Sinne des
Pflegekinderwesens sein kann, dass gute Konzeptionen für Vorbereitungsseminare
veröffentlicht werden und so die Vorbereitungsarbeit generell verbessert werden
kann.
Ich glaube, dass die Schwierigkeiten, die ich bei der Erhebung der Konzeptionen
hatte, darauf hindeuten, dass bei der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in
Seminarform in Deutschland noch einiges im Argen liegt und vor allem eine große
Unsicherheit herrscht, wie eine gute Konzeption für ein Vorbereitungsseminar
aussehen könnte.
Trotz
aller
Schwierigkeiten
gelang
es
mir
am
Ende,
mit
Hilfe
meines
Diplomarbeitbetreuers Herrn Prof. Dr. Klaus W OLF, der mir den Kontakt zu einer
weiteren Einrichtung vermittelte, vier Konzeptionen für Vorbereitungsseminare für
Pflegeelternbewerber von zwei Jugendämtern und zwei freien Trägern zu
bekommen, welche ich im Folgenden vorstellen werde.
34
Pro Kind e.V. Schwerin
2. Die Vorbereitungsseminare
Ich möchte nun vier Beispiele für Seminararbeit mit Pflegeeltern in Deutschland
vorstellen, deren Konzeptionen mir die verantwortlichen Fachkräfte freundlicher
weise zur Verfügung gestellt haben. So unterschiedlich jedoch die einzelnen
Seminare sind, so unterschiedlich sind auch die mir zur Verfügung gestellten
Informationen.
3. Pro Kind e.V. Schwerin
Zunächst möchte ich das Konzept der Vorbereitungsseminare von Pro Kind e. V. aus
Schwerin vorstellen.
Die integrative Fachstelle Pro Kind e.V. arbeitet eng mit dem öffentlichen Träger der
Jugendhilfe zusammen und übernimmt für diesen alle Aufgabenbereiche im
Pflegekinderwesen, die nicht mit der konkreten Vermittlung von Pflegeverhältnissen,
einzelfallbezogener Beratung und Begleitung dieser zusammenhängen. Sie steht in
regem fachlichen Austausch mit anderen Fachgremien der Region und ist um eine
enge Zusammenarbeit mit Anbietern anderer Hilfeleistungen bemüht. Die Aufgaben
von Pro Kind e.V. sind vor allem die Werbung, Vorbereitung und Weiterbildung von
Pflegeeltern und die Aufklärung der Öffentlichkeit über Vorurteile, Illusionen und
tatsächliche Inhalte im Bezug auf das Pflegekinderwesen. Pro Kind e.V. ist eine
fachliche Informations- und Anlaufstelle für alle, die sich mit dem Pflegekinderwesen
auseinander setzen oder sich für dieses interessieren.
3.1. Allgemeine Grundlagen
Das Vorbereitungsseminar setzt sich aus sechs Abendveranstaltungen á zwei bis
drei Stunden und zwei Wochenendveranstaltungen zusammen und umfasst
insgesamt etwa 34 Stunden.
Für die Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber, die von Pro Kind e.V.
durchgeführt werden, hat der Träger im Rahmen eines Projektes namens “Pro filiA“
einige grundlegende Vorgehensweisen festgeschrieben.
Ein
wesentlicher
Bestandteil
der
Vorbereitung
ist
die
Stärkung
des
Selbsthilfepotentials der Pflegeeltern. Zu diesem Zweck ist die Teilnehmerzahl für die
Seminare auf mindestens fünf und maximal 15 Personen beschränkt und es soll
35
Pro Kind e.V. Schwerin
während des gesamten Seminars auf ein Zusammenwachsen der Gruppe
hingearbeitet werden.
Um der Hilflosigkeit der Pflegeeltern bei später eventuell auftretenden Problemen mit
dem
Pflegekind
oder
Pflegeelternbewerbern
der
während
eigenen
des
Familie
Seminars
vorzubeugen,
ein
Überblick
soll
den
über
die
pädagogischen, psychologischen und pädiatrischen Hilfsangebote in der Region
geboten werden. Aus diesem Grund werden Referenten verschiedener Träger in die
Seminararbeit mit einbezogen.
Damit - falls es sich nicht um Einzelpersonen handelt - beide Partner an den
Veranstaltungen teilnehmen können wird parallel dazu eine Kinderbetreuung
angeboten.
Wichtige Bezugspersonen, wie zum Beispiel Freunde oder Verwandte der
Pflegefamilie, die von der Entscheidung zur Aufnahme eines Pflegekindes mit
betroffen sind, oder auf deren Unterstützung die Pflegefamilie angewiesen ist, sollen
ebenfalls an einzelnen und thematisch geeigneten Veranstaltungen teilnehmen
können.
Die Vermittlung der einzelnen Inhalte soll möglichst vielseitig, praxis- und
teilnehmerorientiert
stattfinden.
Wissensvermittlung
stattfinden
Das
heißt,
soll
und
dass
die
möglichst
wenig
eingesetzten
frontale
Methoden12
abwechslungsreich sein sollten und der Aktivierung der Teilnehmer dienen sollen.
Die Teilnehmer sollen “aus dem Leben für das Leben lernen“.
Neben der Teilnahme am Seminar (es müssen mindestens 75% der Veranstaltungen
besucht werden) finden mit jeder Bewerberfamilie mindestens drei Einzelgespräche
statt.
3.2. Ziele der Seminararbeit
Pro Kind e.V. hat Ziele formuliert, die themenübergreifend durch die Teilnahme an
ihren Vorbereitungsseminaren erreicht werden sollen. Diese wurden in drei Bereiche
unterteilt, die ich gerne darstellen möchte.
12
Mit dem Begriff “Methoden“ sind Verfahrensweisen gemeint die in der Seminararbeit eingesetzt
werden und die geeignet sind vorhandenes Interesse zu verstärken, Informationen wirklich
ankommen zu lassen, eigene Einfälle und Ideen zu fördern, das wechselseitige Gespräch zu
fördern, die Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen anzuregen und gemeinsames Tun in
Gang zu bringen. (vgl. KNOLL 1992, 11)
36
Pro Kind e.V. Schwerin
Der erste Bereich betrifft die persönliche Entwicklung der Pflegeeltern. Die
Pflegeeltern sollen im Rahmen des Seminars Klarheit über ihre eigenen Motive zur
Aufnahme eines Kindes erlangen. Sie sollen ihre Motive hinterfragen und sie
gegebenenfalls modifizieren, sich von ihnen verabschieden oder neue Motive kennen
lernen und diese eventuell für sich annehmen. Sie sollen sich über ihre
Familienstruktur,
ihr
Bild
von
Familie
und
damit
zusammenhängende
Wertvorstellungen klar werden und ihre eigene Position innerhalb der Familie
reflektieren.
Die Vorbereitungsseminare sollen dazu beitragen, die Toleranzschwelle der
Teilnehmer
in
Hinblick
auf
andere
Verhaltensweisen,
Lebensformen,
Wertvorstellungen etc. zu modifizieren und vorbehaltsfreier mit ihnen fremden
Gegebenheiten umzugehen. Außerdem soll das Selbsthilfepotential jedes einzelnen
und der Gruppe gefördert werden.
Im zweiten Bereich geht es um das Wohlergehen des Pflegekindes. Hier soll das
Vorbereitungsseminar dazu beitragen, die Pflegeelternbewerber falls nötig zu
“desillusionieren“ und ihnen ein möglichst realistisches Bild über das Leben als
Pflegefamilie vermitteln. Desweiteren soll das, im Seminar vermittelte, Basiswissen
über allgemeine und das Pflegekind betreffende pädagogische und psychologische
Grundlagen den angehenden Pflegeeltern Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges
Verhalten des Pflegekindes liefern, ihnen Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit
diesen eröffnen und ihre Frustrationstoleranz erhöhen.
Die Pflegeeltern sollen einen Überblick über pädagogische, psychologische und
pädiatrische Hilfsangebote in der Region erhalten. All diese Informationen sollen zur
Prävention von Pflegeabbrüchen dienen.
Der
letzte
Bereich
betrifft
die
formalen
Rahmenbedingungen
eines
Pflegeverhältnisses. Die Pflegeeltern sollen im Laufe des Seminars rechtliche
Kompetenz in Bezug auf das Pflegekind erlangen (Rechte, Pflichten, Möglichkeiten,
Zuständigkeiten, etc.), sowie den Hilfeprozess und die Amtsstrukturen genau kennen
lernen,
um
so
ein
Selbstverständnis
als
Pflegefamilie
und
das
nötige
Selbstbewusstsein im Umgang mit den zuständigen Behörden und Fachkräften zu
erlangen.
37
Pro Kind e.V. Schwerin
3.3. Die einzelnen Veranstaltungen
3.3.1. Die Einführungsveranstaltung
Die Einführungsveranstaltung ist eine ca. zweistündige Abendveranstaltung, die
neben der ersten Informationsvermittlung und Einführung in die Seminarinhalte vor
allem dazu dienen soll einen gruppendynamischen Prozess in Gang zu bringen, da
die Veranstalter davon ausgehen, dass die Aufnahme der im Seminar erarbeiteten
Kenntnisse
und
Einsichten
unmittelbar
mit
gruppendynamischen
Abläufen
korrelieren.
Inhalte
Die Entstehungsgeschichte und die Arbeitsabläufe von Pro filiA werden vorgestellt.
Es findet eine Vorstellung und ein erstes Kennenlernen der Teilnehmer und deren
Motivationen zur Aufnahme eines Pflegekindes statt.
Methoden
Kurzvorträge,
sowie
Gespräche
und
Partnerinterviews13
werden
in
dieser
Veranstaltung genutzt.
Ziele
Die Einführungsveranstaltung soll der Information der Teilnehmer über das Projekt
Pro filiA und dessen Inhalte dienen. Die Teilnehmer sollen sich gegenseitig und ihre
jeweiligen Motivationen kennen lernen und erste Einblicke in Arbeitsaufträge von
Pflegefamilien erhalten und deren Einfluss auf Lebensabläufe und Lebensplanungen.
3.3.2. “Das andere Verhalten“
Diese Veranstaltung ist eine ca. dreistündige Abendveranstaltung. Ausgehend von
bindungstheoretischen14 Erkenntnissen und Erfahrungen über den Verlauf der
Integration von Pflegekindern in der Pflegefamilie und die unterschiedlichen Phasen
dieses Integrationsprozesses soll die Veranstaltung ein Verständnis für die
Verhaltensweisen des Pflegekindes schaffen. Verhaltensstörungen sollen in dieser
13
14
Das Partnerinterview führt jeweils zwei Personen zu einem Gespräch zusammen. Diese Methode
dient der Kontaktaufnahme und dem schrittweisen Kennenlernen. Inhalte können z.B. sein: Wer
bin ich?; Warum bin ich hier?; Was erwarte ich mir von der Teilnahme? (vgl. KNOLL 1992, 97f)
Zur “Bindungstheorie“ siehe Punkt (3.3.3.) „Die Bindungstheorie“ in diesem Kapitel
38
Pro Kind e.V. Schwerin
Veranstaltung als andere, verstehbare Verhaltensweisen erkannt werden, als
Verhalten mit einem Sinn, den es zu entschlüsseln gilt, auch wenn dies oft schwierig
scheint.
Inhalte
Während dieser Veranstaltung sollen die Teilnehmer ihr eigenes Verhalten
reflektieren, vor allem ihr Umgang mit Aggressivität, Ängsten und eigenen „Macken“
spielt hier eine Rolle.
Es
soll
eine
Auseinandersetzung
Verhaltensnormen
stattfinden
mit
individuellen
und
auf
und
der
gesellschaftlichen
Grundlage
von
wahrnehmungstheoretischen Betrachtungen erarbeitet werden, was “anderes
Verhalten“ eigentlich ist. Die Teilnehmer sollen den Unterschied zwischen anderem
und krankhaftem Verhalten kennen lernen und Erklärungsmöglichkeiten für anderes
Verhalten vermittelt bekommen. Als eine Ursache für anderes Verhalten wird in
dieser Veranstaltung das Trauma und dessen Entstehung behandelt. Während
dieser Themeneinheit sollen den Teilnehmern Handlungsstrategien im Umgang mit
auffälligem
Verhalten
ihres
Pflegekindes
aufgezeigt
werden
und
ihnen
entsprechende Hilfsangebote vorgestellt werden.
Methoden
Als
Methoden
kommen
Fachvorträge,
Rollenspiele15,
Gespräche,
Bildinterpretationen16 und Reflexionsübungen17 zum Einsatz.
Ziele
Die Pflegeelternbewerber sollen ihr eigenes Verhalten reflektieren und einen
theoretischen und emotionalen Zugang zu Verhaltensweisen, die auf den ersten
Blick nicht verstehbar erscheinen, erhalten. Dadurch, dass das Verhalten des Kindes
in
15
16
17
seinem
Lebenszusammenhang
betrachtet
wird
und
die
Pflegeeltern
Das Rollenspiel dient der erlebnisorientierten Erschließung von Inhalten, Informationen und
Erfahrungen können durch Reden und Spielen dargestellt werden. Zusätzlich ermöglicht es den
Teilnehmern neue Perspektiven spielerisch zu “erleben“. (vgl. KNOLL 1992, 166f)
Bildinterpretationen helfen assoziatives und schöpferisches Denken zu entwickeln und bieten
Möglichkeiten eigene Erfahrungen und Einfälle mitzuteilen. (vgl. KNOLL 1992, 153f)
“Reflexionsmethode“ bezeichnet ein weites Feld an Methoden, so kann zum Beispiel die
Bildinterpretation (s.o.) der Reflexion dienen. Eine vollständige Aufzählung ist hier nicht möglich,
allen Methoden ist allerdings gemein dass sie der Reflexion von Verhalten (dem eigenen oder
dem anderer) dienen.
39
Pro Kind e.V. Schwerin
Entstehungshintergründe für Verhaltensauffälligkeiten kennen lernen, soll ihre
Toleranz
gegenüber
diesem
Verhalten
gesteigert
werden.
Ihnen
sollen
Handlungskompetenzen und Möglichkeiten sich Hilfe zu holen vermittelt werden.
Gleichzeitig
soll
diese
Veranstaltung
aber
auch
dafür
sorgen,
Verhaltensauffälligkeiten auf den Boden der Normalität zu stellen, denn nicht jedes
Pflegekind ist verhaltensauffällig und nicht jedes verhaltensauffällige Kind ist ein
Pflegekind.
3.3.3. Die Bindungstheorie18
Diese
Veranstaltung findet
im
Rahmen
eines Blockwochenendes vor Ort
(Übernachtung im eigenen Zuhause) statt und umfasst etwa acht Stunden. Die
Bindungstheorie nimmt im Pflegekinderwesen eine zentrale Rolle ein und soll daher
eingehend thematisiert werden. Da Kinder ihre Bindungsmuster entsprechend des
Zusammenspiels von nähesuchendem Verhalten ihrerseits und Fürsorgeverhalten
der Bezugspersonen darauf entwickeln (vor allem die gesammelten Erfahrungen des
ersten Lebensjahres spielen eine wichtige Rolle) und diese Bindungsmuster sich in
Bindungsverhalten manifestieren, zeigen viele Pflegekinder ein Bindungsverhalten,
dass den Aufbau neuer Bindungen in der Pflegefamilie, aber auch den Kontakt oder
die Loslösung von „alten“ Bindungspersonen, erschwert.
Inhalte
Im Rahmen dieser Veranstaltung werden bindungstheoretische Grundkenntnisse
über Bindungsverhalten, Bindungspersonen, unterschiedliche Bindungsmuster, den
Zusammenhang
von
Bindung
und
Selbstwertgefühl,
Bindungsaspekte
im
Familiensystem, Bindungs- und Ausstoßungsmodus und Bindung und Ablösung
vermittelt. Es werden Integrationsprozesse von Pflegekindern in Pflegefamilien
thematisiert und sowohl das Ersatz- als auch das Ergänzungsfamilienkonzept
vorgestellt und diskutiert.
18
„Die Bindungstheorie beschreibt in der Psychologie die Neigung des Menschen, eine enge und
von intensiven Gefühlen geprägte Beziehung zu Mitmenschen aufzubauen. Sie wurde von dem
britischen Kinderpsychiater John BOWLBY und der kanadischen Psychologin Mary AINSWORTH
entwickelt. Ihr Gegenstand ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Laufe des
Lebens.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungstheorie)
40
Pro Kind e.V. Schwerin
Methoden
Das methodische Vorgehen für diesen Themenbereich umfasst Fachvorträge,
Fallbeispiele,
Erfahrungsberichte,
Arbeit
mit
Schaubildern,
Rollenspiele
und
Skulpturarbeit19.
Ziele
Durch
die
Vermittlung
Integrationsprozesse
der
bindungstheoretischen
sollen
den
Kenntnisse
Pflegeelternbewerbern
und
der
praktische
Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt werden und sie für die Erlernung neuer
Verhaltensweisen und Ansichten sensibilisiert werden. Sie sollen eigene (Bindungs-)
Erfahrungen reflektieren und lernen, sich in die Berichte anderer hinein zu versetzen
und einen emotionalen Zugang zu diesen zu finden. Die Teilnehmer sollen eventuell
vorhandene Idealbilder (z.B. “mit viel Liebe wird das alles schon wieder gut“) ablegen
und Hilfsangebote kennen lernen. Der Praxisbezug in dieser Einheit soll vor allem
durch Fallbeispiele hergestellt werden.
3.3.4. Das Leben mit zwei Familien
Diese Themeneinheit wird in einer etwa zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung
behandelt und befasst sich mit Kontakten zur Herkunftsfamilie. Pflegekinder führen
ein Leben mit zwei Familien, die beide eine große Bedeutung für die
Identitätsfindung der Kinder haben. Die Kinder müssen mit dieser Realität leben
lernen und eine Vermeidung des Kontaktes zur Herkunftsfamilie oder gar eine
Tabuisierung dieser Thematik verhindert dies nicht nur, sondern kann zu schweren
Loyalitätskonflikten20 für die Kinder führen. Daher soll diese Veranstaltung auf die
Schwierigkeiten, die beim Kontakt mit Herkunftsfamilien entstehen können,
aufmerksam machen und den Teilnehmern Möglichkeiten aufzeigen, wie sie den
Pflegekindern dieses Leben mit zwei Familien erleichtern können und welche
Formen der Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie die Kinder entlasten können.
19
20
Die Skulpturarbeit ermöglicht es, die Positionen der Beziehungen der Familie in Haltung und
Position darzustellen und schafft so einen ganzheitlichen Zugang zu komplexen Familien- und
Beziehungssystemen. (vgl. SCHLIPPE, SCHWEITZER 2003, 164ff)
“Loyalitätskonflikt“ bezeichnet die Situation eines Pflegekindes, dass “zwischen den Stühlen sitzt“.
Es versucht den Erwartungen beider Familien gerecht zu werden und will keine der Familien
enttäuschen oder verletzen. Loyalitätskonflikte sind nicht immer schädigend, problematisch sind
sie dann, wenn vom Kind ein “entweder - oder“ verlangt wird.
(vgl. http://www.stejh.de/Pflegeelternschule/Paedagogik/Lexikon/loyalitaet)
41
Pro Kind e.V. Schwerin
Inhalte
Der Loyalitätskonflikt, seine Entstehung und Folgen für das Pflegekind werden hier
eingehend besprochen, und es werden Entlastungsmöglichkeiten für das Kind im
Umgang mit seinen leiblichen Eltern vorgestellt und erarbeitet. Einer Methode, die
den Kontakt und das Kennenlernen erleichtern kann, wird hier besondere
Aufmerksamkeit geschenkt, nämlich der Biographiearbeit21. Außerdem werden in
dieser Veranstaltung Gründe, die zur Abgabe eines Kindes führen können
besprochen, um den Pflegeelternbewerbern die Situation und die Sichtweisen der
Herkunftsfamilie näher zu bringen und so mehr Verständnis für diese zu schaffen
und mit Vorurteilen aufzuräumen.
Methoden
Um dieses Thema möglichst realistisch zu behandeln wird in dieser Einheit neben
Fachvorträgen und Diskussionen auf Genogrammarbeit22, Fallbeispiele, Rollenspiele
und Skulpturarbeit zurückgegriffen.
Ziele
Ziel dieser Veranstaltung soll es sein, die Pflegeelternbewerber dazu anzuregen, ihre
Einstellungen gegenüber der abgebenden Familie zu reflektieren und eine größere
Akzeptanz
zu
entwickeln.
Des
weiteren
sollen
die
Teilnehmer
Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit der Herkunftsfamilie und seelische
Entlastungsmöglichkeiten für das Pflegekind kennen lernen. Sie sollen außerdem
Alternativen vorgestellt bekommen, wie sie den Kontakt zwischen dem Pflegekind
und seinen leiblichen Eltern aufrechterhalten können, auch wenn für sie selbst der
persönliche Umgang nicht (mehr) möglich ist.
21
22
Der Begriff “Biographiearbeit“ umfasst mehrere Methoden, die alle zum Ziel haben die
Seminarteilnehmer zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit anzuregen.
“Genogrammarbeit“ bezeichnet eine Möglichkeit Familienstrukturen darzustellen. Das
Genogramm ist eine Erweiterung des Stammbaums und kann weitere Personen enthalten, z.B.
Stiefeltern, Halbgeschwister, Partner und Nachkommen. Besondere Ereignisse können vermerkt
werden.
42
Pro Kind e.V. Schwerin
3.3.5. Amtsstruktur, Hilfeprozess, Hilfeplan23 und einzelne Zuständigkeiten
Diese Veranstaltung findet als ca. dreistündige Abendveranstaltung statt und wird
dem Umstand gerecht, dass die Pflegefamilie spätestens während der Vermittlung
eines Pflegekindes mit einer Vielzahl von Verfahren und Institutionen und somit auch
Personen konfrontiert wird. Um den Umgang mit all diesen Personen für die
zukünftigen Pflegeeltern zu erleichtern und Frustrationen zu vermeiden ist es wichtig,
dass diese wissen, mit wem sie was absprechen/klären können oder müssen, denn
die Tätigkeit der Pflegefamilie ist eng mit dem Wirken aller am Hilfeprozess
Beteiligten verknüpft.
Inhalte
Das Amt für Jugend, Soziales und Wohnen und seine Struktur sowie die Aufgaben
und Zuständigkeiten der Regionalbüros, des Pflegekinderdienstes und von Pro filiA
werden vorgestellt. Der Hilfeprozess und die Beteiligung der unterschiedlichen Helfer
an diesem werden thematisiert um zu verdeutlichen, dass alle Beteiligten zusammen
wirken um einen Hilfeprozess möglichst erfolgreich zu gestalten. Die Veranstaltung
schildert auch den Verlauf, die Intentionen und den zeitlichen Rahmen eines
Hilfeplanverfahrens und erläutert die Verantwortlichkeiten und wer an einem solchen
Hilfeplanverfahren
üblicherweise
beteiligt
wird
(Fachkraft
der
Jugendamtes,
Herkunftseltern, Pflegeeltern, das Pflegekind selbst und eventuell weitere am
Hilfeprozess Beteiligte).
Methoden
Methodisch kommen neben Fachvorträgen Fallbeispiele zum Einsatz.
Ziele
Den Teilnehmern sollen sowohl Kenntnisse über Institutionen, Verfahren und
Zuständigkeiten vermittelt werden, als auch ein Verständnis für das Zusammenspiel
aller Beteiligten. Sie sollen für ihre spätere Arbeit als Pflegefamilie ein
Selbstverständnis für sich als Pflegefamilie entwickeln und sich als Partner des
23
Als “Hilfeplan“ bezeichnet man in den Hilfen zur Erziehung eine Vereinbarung, die zwischen
Fachleuten und Klienten getroffen wird und Ziele der Zusammenarbeit festhält. Der Hilfeplan wird
in regelmäßigen Abständen überprüft und bei Bedarf überarbeitet.
43
Pro Kind e.V. Schwerin
Amtes und als Leistungserbringer von Hilfe zur Erziehung wahrnehmen und sich
nicht als Klienten oder Bittsteller fühlen.
3.3.6. Rechtliche Aspekte des Pflegekinderwesens
Pflegeeltern erfüllen eine Leistung der Hilfen zur Erziehung. Ihre Tätigkeit wird erst
durch
ihre
gesetzliche
Verankerung
möglich.
Gleichzeitig
bringt
das
Pflegekinderwesen als Bestandteil der Hilfen zur Erziehung aber auch viele weitere
rechtliche
Rahmenbedingungen
mit
sich.
Im
Rahmen
dieser
etwa
zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung sollen die Pflegeelternbewerber eine
Rechtssicherheit erhalten, damit sie für ihre spätere Aufgabe als Pflegefamilie
handlungsfähig sind, denn sie werden bei der Betreuung ihrer Pflegekinder im Alltag
mit einer Reihe rechtlicher Aspekte konfrontiert werden.
Inhalt
Während
dieser
Einheit
Entstehungshintergrund
und
des
die
Vorbereitungsseminars
Grundsatzgedanken
des
werden
der
Kinder-
und
Jugendhilfegesetz (im Folgenden KJHG) vorgestellt und eine Unterscheidung
zwischen Rechtsbegriffen des KJHG (§§ 33 und 44) und des Bürgerliches
Gesetzbuch
(im
Folgenden
BGB)
(§§
1773-1895)
vorgenommen.
Die
Personensorge, wie sie im BGB verankert ist, der Entzug von Personensorge und
deren Übertragungsmöglichkeiten auf Pflegepersonen werden erläutert und das
Kindeswohl
als
Rechtsbegriff
erklärt.
Des
weiteren
wird
eine
rechtliche
Unterscheidung von Adoption, Pflege und Pflegschaft vorgenommen und der
Einfluss
des
§
36
KJHG
auf
Hilfeplanung,
Perspektivenplanung
und
Rückkehroptionen thematisiert. Die Teilnehmer werden über Umgangsrechte und
deren mögliche Einschränkungen (§§ 1684, 1685, 1632) informiert und erfahren,
dass sie laut § 1632 Abs. 4 BGB ein Antragsrecht auf Verbleib des Pflegekindes in
der Pflegefamilie haben, falls sie der Ansicht sind, dass die geplante Rückführung
ihres Pflegekindes in seine Herkunftsfamilie nicht dem Wohl des Kindes dient.
Methoden
In dieser Veranstaltung wird mit Gesetzestexten gearbeitet und es werden
Fallbeispiele herangezogen, um die Bedeutung und Anwendung von Recht in der
Praxis zu verdeutlichen und den Bezug zur Realität herzustellen.
44
Pro Kind e.V. Schwerin
Ziele
Den Seminarteilnehmern sollen zum einen rechtliche Kenntnisse vermittelt werden,
zum andere sollen sie ein rechtliches Grundverständnis für das Pflegekinderwesen
und dessen rechtlichen Gesamtzusammenhang entwickeln, um Sicherheit für ihre
spätere Tätigkeit als Pflegefamilie zu erlangen.
3.3.7. Familie als Begriff
Dieser Teil des Seminars findet als Wochenendveranstaltung außerhalb von
Schwerin statt und umfasst etwa acht Arbeitsstunden. An dieser Veranstaltung sollen
alle Familienmitglieder teilnehmen, da jede Familie eine besondere und einzigartige
Struktur und Dynamik hat, die durch die Aufnahme eines Pflegekindes nachhaltig
verändert wird. Die Familien sollen sich selbst als Familie erkunden, sich ihrer eigene
Familienstruktur bewusst werden und sich mit möglichen Veränderungen dieser
Struktur und deren Bedeutung für die einzelnen Familienmitglieder bewusst werden.
Außerdem sollen sie sich mit anderen Familien auseinander setzen, die ebenfalls
den Wunsch haben, ein Pflegekind aufzunehmen.
Den
Fachkräften
bietet
diese
Wochenendveranstaltung
und
das
dadurch
stattfindende intensive Beisammensein die Möglichkeit, sich ein genaueres Bild von
den Bewerbern und ihren Familien zu machen.
Inhalte
Thematisch geht es in dieser Einheit des Vorbereitungsseminars um Familie als
Lebensform. Es werden demokratische Familienformen, wie zum Beispiel die
Familienkonferenz nach Thomas GORDON vorgestellt. Das Rollenverständnis der
einzelnen Familienmitglieder wird besprochen, die Familiendynamik erkundet und
Auswirkungen auf diese Dynamik durch die Aufnahme eines neuen Familienmitglieds
besprochen. Die Situation des Pflegekindes das zwischen zwei - mitunter sehr
unterschiedlichen - Familienformen steht wird behandelt und der Umgang der
eigenen Familie mit anderen Familien wird erkundet und erprobt. Es finden
zahlreiche Familienaktivitäten, wie Spiele und besondere Aktionen statt.
45
Pro Kind e.V. Schwerin
Methoden
An
diesem
Wochenende
kommen
Vorträge,
Rollenspiele,
Standbilder24,
Kleingruppenarbeit, Gruppenspiele, Gespräche und Diskussionen zum Einsatz.
Ziele
Die Teilnehmer sollen sich mit ihrem eigenen Familienbegriff auseinandersetzen und
erkennen, dass dieser Begriff eine vielseitige flexible Lebensform umschreibt. Diesen
unterschiedlichen Lebensformen gegenüber soll bei den Teilnehmern eine Öffnung
und Akzeptanz erreicht werden. Die Auswirkungen der eigenen Wertvorstellungen
und des eigenen Handelns auf die Familiendynamik der einzelnen Teilnehmer soll
reflektiert werden. Geschwisterkonstellationen sollen behandelt werden - falls bereits
eigene Kinder vorhanden sind - und die Teilnehmer sollen sich die Auswirkungen der
Ankunft eines neuen Familienmitglieds auf das Leben der gesamten Familie bewusst
machen.
3.3.8. Die öffentliche Familie
In dieser zweieinhalbstündigen Abendveranstaltung geht es um die zwangsläufige
Öffnung der Familie nach außen, die mit der Vermittlung eines Pflegekindes eintritt.
Zum einen wird die Pflegefamilie in den Fokus der Umgebung rücken, die ihren
Erziehungsstil und entsprechende Maßnahmen von nun an beobachten und
bewerten wird, zum anderen wird von amtlicher Seite die Integration des
Pflegekindes in die Familie genau beobachtet werden.
Inhalte
Die Pflegefamilie als Leistungserbringer wird thematisiert. Inwieweit wird die Familie
zu einem Objekt öffentlichen Interesses und wo bleiben ihre privaten Räume
bestehen. Es wird besprochen, was eine Öffnung der Familie eigentlich heißt, was
diese beinhaltet und welche familiären Veränderungen zu erwarten sind. Außerdem
wird besprochen, welche Emotionen diese Veränderung hervorrufen kann und wie
man mit diesen umgehen kann.
24
“Standbilder“ ähneln der Skulpturarbeit (s.o.). Hierbei wird unter der Anleitung der Seminarleitung
eine bestimmte Situation nachgestellt. Die Methode hilft den Teilnehmern neue Perspektiven
einzunehmen.
46
Pro Kind e.V. Schwerin
Methoden
Moderierte Gespräche, Erfahrungsberichte und Rollenspiele helfen bei der
Gestaltung dieser Veranstaltung.
Ziele
Den Teilnehmern sollen Kenntnisse über den Prozess der Öffnung und der
Öffentlichkeit von Pflegefamilie vermittelt werden. Sie sollen sowohl die zu
erwartenden Emotionen der eigenen Familienmitglieder, als auch die zu erwartenden
Reaktionen im Freundes-, Verwandten- und Familienkreis überdenken und sich
deren Einfluss auf das Familienleben bewusst machen.
3.3.9. Die Abschlussveranstaltung
Diese
Veranstaltung
findet
im
Rahmen
einer
ca.
zweieinhalbstündigen
Abendveranstaltung statt und dient vorrangig dazu, noch offene Fragen zu klären,
die gemeinsame Zeit des Arbeitens zu reflektieren, sowie die jetzt bestehenden
Emotionen im Bezug auf die Aufnahme eines Pflegekindes zu äußern.
Inhalte und Ziele
Diese Veranstaltung dient dem Feedback der Vorbereitungsreihe. Für die Leiter ist
dies wichtig, damit Veränderungsvorschläge eingebracht und später umgesetzt
werden können. Außerdem soll das entstandene Gruppenpotential unterstützt
werden, also auf weitere (informelle) Treffen dieser Gruppe oder Kontakte einzelner
Teilnehmer untereinander hingewirkt werden.
Methoden
Es sollen Fotos und ein Video25 zum Einsatz kommen und es wird ein
Evaluationsbogen ausgeteilt, den die Teilnehmer ausfüllen sollen.
3.4. Weiteres Vorgehen
Haben die Teilnehmer das Seminar erfolgreich beendet, das heißt bis zum Schluss
teilgenommen, erhalten sie ein Zertifikat von Pro Kind e. V. das ihnen die Teilnahme
25
In der Konzeption wird nicht erläutert, um was für Fotografien es sich handeln soll und welchen
Inhalt der Film hat. Ich gehe davon aus, dass sowohl die Fotos als auch der Film im Verlauf der
gemeinsamen Arbeit entstanden sind und der Reflexion dieser Arbeit dienen sollen.
47
Pro Kind e.V. Schwerin
bestätigt. Wenn sie sich immer noch für die Aufnahme eines Pflegekindes
interessieren, können sie nun die nötigen Unterlagen einreichen. Die Veranstalter
des Seminars erstellen Empfehlungsschreiben für die Teilnehmer, die gemeinsam
mit diesen und dem Pflegekinderdienst besprochen werden. Dann werden die
Teilnehmer an die entsprechenden Fachstellen, die für die eigentliche Vermittlung
verantwortlich sind, weitergeleitet.
Natürlich
werden
die
Pflegeelternbewerber
auch
auf
weitere
Weiterbildungsveranstaltungen und den Aufbaukurs für professionelle Pflegestellen
hingewiesen, an denen sie bei Interesse teilnehmen können.
48
Deutsches Rotes Kreuz Köln
4. Deutsches Rotes Kreuz Köln
In Köln wurde das Deutsche Rote Kreuz (DRK) vom Jugendamt Köln mit der
Durchführung
von
Vorbereitungsseminaren
für
Pflegeeltern
beauftragt.
Familienbildungswerk des DRK bietet in regelmäßigen Abständen
Das
sowohl
Vorbereitungsseminare als auch Weiterbildungsseminare zu unterschiedlichen
Themen für Pflegeeltern an. Die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs ist in Köln
Voraussetzung für die Aufnahme eines Pflegekinds.
4.1. Allgemeine Grundlagen
Die Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber werden in Form von vier
Modulen á sechs Stunden angeboten, welche immer Samstag stattfinden. Insgesamt
umfasst das Vorbereitungsseminar somit 24 Stunden. Die einzelnen Module sind
untereinander Austauschbar, das heißt, dass man nicht alle Module in der
angebotenen Reihenfolge besuchen muss, sondern unter den angebotenen
Terminen, die für einen persönlich günstigsten auswählen kann. Insgesamt werden
alle vier Module viermal im Jahr angeboten, so dass man das Vorbereitungsseminar
innerhalb von etwa anderthalb bis zwei Monaten beenden kann, sich aber auch ein
Jahr dafür nehmen kann.
Die Teilnehmerzahl liegt in der Regel zwischen 12 und 20 Teilnehmern und die
Seminarleitung wird immer von, dem Thema entsprechend, geeigneten und
qualifizierten Fachkräften übernommen. Alle Referenten haben langjährige Erfahrung
in der Arbeit mit Pflegeeltern und Pflegekindern.
Nach
Abschluss
aller
vier
Module
erhalten
die
Teilnehmer
eine
Teilnahmebescheinigung und es erfolgt eine Auswertung des Seminars mit den
Pflegeelternbewerbern, den Seminarleitern und den entsprechenden Fachkräften
des Jugendamtes.
4.2. Die einzelnen Veranstaltungen
4.2.1. Modul I: Rechtliche Grundlagen und Zusammenarbeit mit dem
Jugendamt
Dieses Modul wird von zwei Mitarbeiterinnen des Jugendamtes Köln durchgeführt
und beschäftigt sich zum einen mit der Amtsstruktur und den Arbeitsprozessen des
49
Deutsches Rotes Kreuz Köln
Jugendamtes, um eine spätere Zusammenarbeit zu erleichtern, zum anderen werden
juristische Fragen geklärt, mit denen die Teilnehmer während ihrer Tätigkeit als
Pflegeeltern konfrontiert werden können.
Methoden
Während dieses Moduls kommen Fachvorträge und Gruppenarbeit zu vorbereiteten
Fragen zum Einsatz. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit werden im Plenum
zusammengetragen. Es finden Diskussionen statt und die Gesetzestexte werden mit
Hilfe von Fallbeispielen aus der Praxis gemeinsam bearbeitet.
4.2.2. Modul II: Selbsterfahrung Familie
Modul zwei wird von einer Sozialarbeiterin durchgeführt, die ebenfalls Supervisorin
ist. Das Modul setzt sich inhaltlich mit Familienstrukturen auseinander. Die
Teilnehmer sollen sich zum einen mit den Erfahrungen auseinandersetzen, die sie in
ihrer eigenen Herkunftsfamilie gemacht haben und inwiefern diese Einfluss auf ihr
Bild von Familie und ihre eigene Familienstruktur haben. Zum anderen werden
Bedingungen und Struktur der eigenen Familie und die unterschiedlichen Rollen der
einzelnen Familienmitglieder thematisiert und hinterfragt.
Ein weiterer wichtiger Themenbereich ist die Veränderung dieser Familienstrukturen
durch die Aufnahme eines Pflegekindes, was diese Veränderung für die einzelnen
Mitglieder der Familie bedeuten kann und wie mit dieser Veränderung umgegangen
werden kann.
Methoden
Es werden unter anderem Skulpturarbeit, Rollenspiele, Identifikationsaufgaben,
Gruppen- und Einzelarbeiten und unterschiedliche Moderationstechniken eingesetzt,
um möglichst vielfältige Zugänge zu dieser Thematik zu erreichen und den
Teilnehmern unterschiedliche Blickwinkel auf ihre eigene Situation, die der anderen
Familienmitglieder, ihres sozialen Umfeldes und die des Pflegekindes zu eröffnen.
4.2.3. Modul III: Wie zeigen / äußern Pflegekinder, was sie brauchen? und
Modul IV: Pflegekinder leben zwischen zwei Familien
Diese
beiden
Veranstaltungen
werden
von
einer Psychologin
und
einem
Heilpädagogen angeboten und beschäftigen sich umfassend mit der Situation des
50
Deutsches Rotes Kreuz Köln
Pflegekindes. In Modul drei werden Bedürfnisse, Besonderheiten und mögliche
Verhaltensauffälligkeiten von Pflegekindern vorgestellt und Handlungsmöglichkeiten
erarbeitet, wie Pflegeeltern mit diesen umgehen können. Im vierten Modul sollen die
Teilnehmer sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Pflegekinder mit zwei
Familien leben, und dass beide Familien einen großen Einfluss auf die
Identitätsentwicklung
des
Kindes
haben.
Das
Ersatz-
und
das
Ergänzungsfamilienkonzept werden vorgestellt und es werden mögliche Formen des
Kontaktes mit der Herkunftsfamilie erarbeitet. Auch die möglichen Schwierigkeiten
beim Umgang mit der Herkunftsfamilie werden thematisiert und Lösungen erarbeitet.
Des weiteren werden Unterstützungsmöglichkeiten erarbeitet, um dem Pflegekind die
oftmals aufwühlenden Kontakte mit seinen Herkunftseltern zu erleichtern und es im
Anschluss wenn nötig wieder aufzufangen.
Während dieser beiden Module wird mit den Teilnehmern prozessorientiert
gearbeitet.
51
Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main
5. Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main
In Frankfurt am Main werden Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber von
Fachkräften des Sozialdienstes Pflegekinderhilfe gestaltet und durchgeführt, einem
besonderen Dienst, der vom Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt eigens für
das
Pflegekinderwesen
eingerichtet
wurde.
Ergänzend
zu
den
Vorbereitungsseminaren bietet der Sozialdienst Pflegekinderhilfe einmal im Jahr
einen Informationsabend zu juristischen Fragestellungen an und hält außerdem
einen Büchertisch mit Fachliteratur bereit, an dem sich Personen, die sich für die
Aufnahme eines Pflegekindes interessieren, informieren können und eine Liste mit
Buchempfehlungen mitnehmen können. In Frankfurt ist die Teilnahme an einem
solchen
Vorbereitungsseminar
für
Pflegeelternbewerber
eine
notwendige
Voraussetzung für einen späteren Vermittlungsprozess.
5.1. Allgemeine Grundlagen
Die Vorbereitungsseminare werden in Form von fünf Abendveranstaltungen á zwei
Stunden durchgeführt und umfassen insgesamt etwa 10 Stunden. Die maximale
Teilnehmerzahl liegt bei 16 Personen, die minimale bei 8 Personen. Die Teilnehmer
sollen während des Seminars die Gelegenheit erhalten zu erfahren, was es für sie
selbst und ihre Familie bedeuten kann, ein Pflegekind aufzunehmen. Außerdem
sollen sie ein Gespür dafür entwickeln, was es für ein Kind bedeuten kann, in eine
ihm fremde Umgebung zu kommen und dort mit ihm zunächst fremden Menschen zu
leben. Um nicht nur frontal reine Informationen zu vermitteln, sondern den
Pflegeelternbewerbern auch emotionale Erfahrungen zu ermöglichen und einen
Praxisbezug herzustellen, werden unterschiedliche Methoden, wie zum Beispiel
Rollenspiele, Skulpturarbeit sowie Fallbeispiele aus der konkreten Arbeit genutzt. Die
Arbeit mit der Gruppe der Teilnehmer findet themenzentriert statt und der Austausch
innerhalb der Gruppe soll den Teilnehmern die Möglichkeit bieten, das Gelernte zu
vertiefen.
Um
die
Teilnehmer
zu
aktivieren,
wird
zu
Beginn
jedes
Veranstaltungsabends eine Warming-Up-Übung durchgeführt und jede Veranstaltung
52
Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main
mit einer Blitzlichtrunde26 beendet. Um den Teilnehmern auch einen möglichst
genauen Einblick in den Hilfeprozess zu ermöglichen wird mit den Teilnehmern
exemplarisch eine Hilfeplanung im Sinne des § 36 SGB VIII für ein Pflegekind
entwickelt. Offene Fragen, rechtlicher, finanzieller und struktureller Art werden
gesammelt und am letzten Abend des Vorbereitungsseminars geklärt.
Im Anschluss an das Seminar finden mit den einzelnen Teilnehmern, der
Seminarleitung und der nun für die Bewerber zuständigen Fachkraft ein
Überleitungsgespräch
statt,
in
dem
die
Einschätzungen,
Beobachtungen,
Erfahrungen und Erkenntnisse der Teilnehmer ausgewertet und reflektiert werden
und das weitere Vorgehen besprochen wird.
5.2. Ziele der Seminararbeit
Die Pflegeelternbewerber sollen ihre eigenen Motivationen, Erwartungen und
Wünsche kennen lernen und gegebenenfalls überdenken, sowie sich ihrer eigenen
Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen bewusst werden. Im Rahmen dieses
Vorbereitungsseminars
sollen
die
Teilnehmer
ihre
eigene
und
andere
Familiensysteme und deren Dynamik kennen lernen und sich mit den möglichen
Veränderungen auseinandersetzen, die durch die Aufnahme eines Pflegekindes
ausgelöst werden. Außerdem sollen sie auf Probleme vorbereitet werden, die sich
aus
einem
Pflegeverhältnis
entwickeln
können.
Hier
stehen
vor
allem
Schwierigkeiten, die sich bei der Integration und Entwicklung eines Pflegekindes
ergeben können und die häufig problembehaftete Kommunikation und Kooperation
mit der Herkunftsfamilie im Mittelpunkt.
26
„Leitung und Teilnehmende nehmen reihum mit einem oder zwei Sätzen zu einer einzelnen Frage
Stellung. Es soll nicht nachgefragt, kritisiert oder kommentiert werden. Die Einzeläußerungen
sollen wirklich kurz sein (wie ein Blitzlicht) und die subjektive und persönliche Sicht des
Teilnehmers betreffen.“ (KNOLL 1992, 184)
53
Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main
5.3. Die einzelnen Abendveranstaltungen
5.3.1. Der erste Abend
Dieser Abend steht unter dem Motto: „Einführung in das Thema: ‘Ein Pflegekind
aufnehmen – Motivation von Pflegeeltern’“. Neben dem Kennenlernen der
Teilnehmer und der Vorstellung des Seminarplans und der Seminarleiter, dient diese
Veranstaltung dazu, dass die Teilnehmer ihre eigene Motivation zur Aufnahme eines
Pflegekindes erforschen, sich mit ihren Erwartungen und Wünschen an die
Inpflegenahme eines Kindes auseinandersetzen und diese hinterfragen und
gegebenenfalls
verändern.
Außerdem
werden
die
Teilnehmer
über
die
Datenschutzbestimmungen informiert (nichts dringt nach Außen).
5.3.2. Der zweite Abend
Diese Veranstaltung trägt die Überschrift „Familien als Bezugssystem, Erkennen der
eigenen Familienstruktur, wo findet das Pflegekind seinen Platz, seine Rolle?“. An
diesem Abend steht, wie der Titel bereits verrät, die Erkundung des eigenen
Familiensystems im Zentrum. Die Teilnehmer sollen sich mit der Struktur ihrer
Familie sowie mit den unterschiedlichen Rollen, die die einzelnen Familienmitglieder
innehaben auseinander setzen. Außerdem sollen sie sich überlegen, welchen Platz
und welche Rolle das Pflegekind innerhalb ihrer Familie einnehmen soll und was
diese Anforderungen an das Pflegekind für dieses bedeuten. Sie sollen also einen
emotionalen und empathischen Zugang zu der Situation des Pflegekindes vermittelt
bekommen.
5.3.3. Der dritte Abend
Der dritte Abend knüpft thematisch an den vorherigen an und beschäftigt sich mit der
„Veränderung der Familienstruktur, wenn ein neues Familienmitglied hinzukommt“.
Die Teilnehmer sollen sich mit den möglichen Veränderungen, die mit der Aufnahme
eines Pflegekindes auf sie zukommen, auseinander setzen. Gleichzeitig werden sie
auf mögliche Probleme bei der Integration und Entwicklung des Pflegekindes
vorbereitet.
54
Sozialdienst Pflegekinderhilfe Frankfurt am Main
5.3.4. Der vierte Abend
Diese Veranstaltung trägt den Titel „Kooperation zwischen Herkunfts- und
Pflegefamilie, Notwendigkeit und Grenzen“ und thematisiert vor allem die
Schwierigkeiten, die bei der Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie des
Pflegekindes entstehen können und soll Mittel und Wege aufzeigen, wie mit diesen
umgegangen werden kann.
5.3.5. Der fünfte Abend
Am Abschlussabend des Vorbereitungsseminars werden rechtliche, finanzielle und
strukturelle Fragen, die während des Seminars aufgekommen sind, beantwortet und
es findet eine gemeinsame Auswertung des Seminars statt. Außerdem findet eine
exemplarische Hilfeplanung statt.
Zusätzlich wird an einem der Abende ein Film gezeigt, der während einer
Projektarbeit in Frankfurt am Main entstanden ist und den Alltag von drei
Pflegeelternfamilien zeigt.
55
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe in Bayern
6. Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe in Bayern
Auf einer Fortbildung für Fachkräfte der Jugendhilfe bayerischer Jugendbehörden,
die 1995 vom bayerischen Landesjugendamt ausgerichtet wurde, wurden von den
teilnehmenden Fachkräften drei Konzepte für Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern
erarbeitet. Inhaltlich sind diese Seminare identisch, vermutlich weil zuvor ein
Brainstorming stattgefunden hat, in dem wichtige Inhalte der Seminararbeit
zusammengetragen wurden. Aus diesem Grund möchte ich nur eines dieser
Konzepte27 an dieser Stelle vorstellen.
Da es sich um eine sehr detaillierte Seminarplanung handelt sind auch geplante
Essens- und Kaffeepausen mit aufgeführt. Ich werde mich bei der Darstellung des
Vorbereitungsseminars auf die tatsächlichen Arbeitsphasen beschränken.
6.1. Allgemeine Grundlagen
Das
Vorbereitungsseminar
für
Pflegeelternbewerber
wird
in
Form
eines
Wochenendseminars durchgeführt, welches von Freitag bis Sonntag geht und
insgesamt ca. 15 Stunden Arbeitszeit umfasst. An dem Seminar sollen beide Partner
teilnehmen (dies gilt natürlich nicht für Alleinerziehende angehende Pflegepersonen).
Um dies zu ermöglichen findet parallel zum Seminar eine Kinderbetreuung statt. Das
Seminar soll in einer geeigneten Bildungsstätte stattfinden, die zum einen
Vollpension und Übernachtungsmöglichkeiten für alle Teilnehmer bietet, zum
anderen mediengerechte Räume für die Seminararbeit und Freizeitmöglichkeiten
bereit hält. Die Leitung des Vorbereitungsseminars wird von zwei Fachkräften des
Jugendamtes übernommen und es sollen fünf bis acht Paare teilnehmen. Dem
Vorbereitungsseminar geht ein Vorbereitungsabend voraus, der ca. zwei bis vier
Wochen vorher stattfinden sollte und an dem ein erstes Kennenlernen aller
Beteiligten stattfindet und wichtige Informationen zum Vorbereitungswochenende
gegeben werden.
Ein Tisch mit Informationsmaterialien und thematisch passenden Büchern soll für alle
Teilnehmer während des Wochenendseminars zur Verfügung stehen und es soll eine
zeitliche Ausgewogenheit zwischen Bildungs- und Ruhephasen bestehen. Die
Wissensvermittlung soll sowohl auf kognitiver, als auch emotionaler Ebene erfolgen.
27
Ich habe mich für dieses Seminarkonzept entschieden, weil es mir von der zeitlichen Aufteilung
am besten gefiel.
56
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
Dies soll durch eine Methodenvielfalt gewährleistet werden, die diese beiden Ebenen
anspricht und gleichzeitig die Konzentrationsfähigkeit fördert. In einem solchen
Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber soll nicht nur auf die Bewerber, die
leiblichen Eltern und das Jugendamt eingegangen werden, sondern auch auf die
eventuell vorhandenen leiblichen Kinder der Pflegeelternbewerber.
6.2. Ziele der Seminararbeit
Das Vorbereitungsseminar soll die Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für
oder gegen die Inpflegenahme eines Kindes unterstützen und sie auf ihre besondere
Situation als Pflegefamilie vorbereiten. Sie sollen ihre bestehende Familienstruktur
kennen lernen und sich mit den Veränderungen dieser Struktur, die die Aufnahme
eines Pflegekindes mit sich bringt, auseinandersetzen. Während des Seminars sollen
die Teilnehmer ihre Belastbarkeit und Grenzen erkennen und sich mit ihrer eigenen
Familiengeschichte und deren Auswirkung auf ihr jetziges Bild von Familie
auseinandersetzen. Es soll eine Desillusionierung der Pflegeeltern erfolgen, indem
sie möglichst genaue Kenntnisse von den möglichen Schwierigkeiten, die ein
Pflegeverhältnis mit sich bringt, vermittelt bekommen (z.B.: Pflegekind als
Spielgefährte für leibliches Kind – Realität des möglicherweise problematischen
Pflegekindes). Die Teilnehmer sollen ihre Toleranz und Akzeptanz dem Pflegekind
und dessen Herkunftsfamilie gegenüber erhöhen und mögliche Formen der
Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern kennen lernen. Sie sollen außerdem die
unterschiedlichen Phasen der Integration des Pflegekindes in die Pflegefamilie
vermittelt bekommen und sich mit dem Ablösungsprozess und der nötigen
Trauerarbeit beschäftigen. Des weiteren soll das Vorbereitungsseminar (in Form
eines
Wochenendseminars)
einerseits
den
Austausch
zwischen
den
unterschiedlichen Teilnehmern und andererseits das intensive Kennenlernen der
Bewerberfamilien durch das Jugendamt begünstigen.
6.3. Die einzelnen Arbeitseinheiten
6.3.1. Der Vorbereitungsabend
Dieser Vorbereitungsabend soll, wie bereits erwähnt, etwa zwei bis vier Wochen vor
dem Vorbereitungswochenende stattfinden und hauptsächlich der Information und
57
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
einem ersten Kennenlernen der Teilnehmer dienen. Er dauert ungefähr drei bis vier
Stunden.
Inhalte
Es erfolgt eine Begrüßung und eine Vorstellung der Seminarleiter. Im Anschluss
daran findet ein erstes Kennenlernen der Teilnehmer und eine Abklärung ihrer
Bedürfnisse, Erwartungen und Ängste statt. Die Teilnehmer werden über den
organisatorischen und inhaltlichen Ablauf des Vorbereitungsseminars informiert und
darüber, welchen Sinn und Zweck die Vorbereitung in Form eines Seminars hat. Die
Gruppenregeln für das Vorbereitungswochenende werden vorgestellt, zum Beispiel,
dass niemand gezwungen wird, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern, und
dass alle privaten Informationen in der Teilnehmergruppe verbleiben und nicht nach
außen getragen werden dürfen. Während des Vorbereitungsabends sollen die
allgemeinen Fragen der Teilnehmer geklärt werden. Hierfür werden ca. zwei Stunden
anberaumt.
Methoden
Die meisten Inhalte werden durch einen Vortrag vermittelt. Das Kennenlernen soll
durch
ein
geeignetes
Kennenlernspiel28
unterstützt
werden
und
die
Bedürfnisabklärung erfolgt mit Hilfe von Kärtchen. Es findet eine Fragerunde statt.
Ziele
Die Teilnehmer sollen sich kennen lernen und über das Vorbereitungsseminar
informiert werden. Außerdem sollen Fragen geklärt werden, die eventuell nicht in das
Konzept des Wochenendes passen, aber auch nicht unbeantwortet bleiben sollen.
Die Bedürfnisse, Erwartungen und Ängste der Teilnehmer sollen in Erfahrung
gebracht werden, damit diese, falls nötig oder sinnvoll, in der Seminarplanung
berücksichtigt werden können.
28
Zum Beispiel kann ein Wollknäuel geworfen werden. Wer das Wollknäuel fängt, sagt seinen
Namen. Dabei wird aus dem Wollfaden ein Netz, dass die Gruppe “verbindet“. (Diese Methode
kann auch mit einer Fragestellung verknüpft werden)
58
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
6.3.2. Die erste Arbeitseinheit: Begrüßung
Die
erste
Arbeitseinheit
des
Wochenendseminars
zur
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern findet am Freitagabend nach der Zimmerverteilung und einem
gemeinsamen Abendessen mit allen Familien statt. Da diese Veranstaltung mit
einem gemütlichen Beisammensein endet, gibt es keine zeitliche Vorgabe,
vermutlich dauert sie etwa zwei bis drei Stunden. Die Familien nehmen an dieser
Veranstaltung mit ihren Kindern teil (falls leibliche Kinder oder bereits andere
Pflegekinder vorhanden sind).
Inhalte
Zunächst werden noch einmal die Gruppenregeln besprochen (Vertraulichkeit, kein
“Redezwang“, jeder soll zu Wort kommen, etc.) und darauf hingewiesen, dass für
eine erfolgreiche Zusammenarbeit gegenseitige Offenheit sehr wichtig ist. Die Leiter
der Kinderbetreuung und ihre Aufgaben werden vorgestellt. Es wird aber auch darauf
hingewiesen, dass die Kinder auch an den Arbeitseinheiten teilnehmen dürfen, und
dass Störungen durch die Kinder während der Arbeitseinheiten Vorrang haben.
Während der Freizeiten sind die Eltern für die Betreuung der Kinder verantwortlich.
Es finden weitere Kennenlernspiele statt. Die Familien stellen sich gegenseitig vor
und es werden noch offene Fragen geklärt. Das Programm für das Wochenende wird
an alle verteilt und gemeinsam besprochen. Dann können alle gemeinsam den
Abend bei Musik, Getränken und Knabbereien ausklingen lassen und sich in diesem
informellen Rahmen noch ein wenig besser kennen lernen.
Methoden
Für das Kennenlernen sind unterschiedliche Kennenlernspiele vorgesehen. Die
Teilnehmer sollen sich gegenseitig einen Ball zu werfen und den Namen der
betreffenden Person nennen, um die Namen der anderen Teilnehmer möglichst
schnell zu lernen. Es gibt ein Partner-Interview, bei dem sich die einander zugeteilten
Personen gegenseitig vorstellen. Das Zuteilen der Partner kann zum Beispiel durch
Bonbons erfolgen (gleiche Farbe = Partner in diesem Spiel). Die Teilnehmer können
sich selbst vorstellen und dazu ein Stofftier oder eine Ansichtskarte wählen, anhand
derer sie ihre Eigenschaften und/oder Vorlieben der Gruppe mitteilen. Die Familien
können sich gemeinsam vorstellen, in dem sie zum Beispiel gemeinsam ein Bild
malen, das sie dann gemeinsam der Gruppe erklären.
59
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
Ziele
Die Teilnehmer sollen das Programm für das Wochenende kennen, um
Verzögerungen möglichst gering zu halten und die Teilnehmer nicht mit einem
Thema zu überfallen. Gleichzeitig sollen sie ihre Kinder gut aufgehoben wissen,
damit sie sich auf die Arbeit in der Gruppe konzentrieren können. Das intensive
Kennenlernen soll den Gruppenprozess fördern und eine Vertrauensgrundlage für
die weitere Arbeit schaffen.
6.3.3. Die zweite Arbeitseinheit: Die aktuelle Familienstruktur
Während dieser Arbeitseinheit sollen sich die Teilnehmer intensiv mit ihrer eigenen
Familienstruktur auseinandersetzen und andere Familienstrukturen kennen lernen.
Für diesen Themenbereich sind ca. drei Stunden eingeplant.
Inhalte
Zunächst
findet
eine
kurze
Aufwärmphase
mit
Auflockerungs-
oder
Vertrauensübungen statt und es wird auf noch bestehende Unsicherheiten und
Fragen eingegangen. Die Teilnehmer sollen sich jeder für sich ihre eigene
Familienstruktur bewusst machen und diese dann im Plenum darstellen. Es wird
anhand einer Falldarstellung auf die Geschwisterreihenfolge eingegangen und in
Kleingruppen anschließend auf die derzeitig bestehenden Konstellationen der
einzelnen Familienmitglieder der eigenen Familie übertragen. Die Teilnehmer sollen
hierbei schon mal versuchen, einen Platz für das Pflegekind zu finden. Die Partner
sollen sich bei dieser Übung in unterschiedlichen Gruppen befinden, sich aber nach
Bearbeitung der Aufgabe auch mit dem Ergebnis des Partners auseinandersetzen.
Methoden
Für
die
Auflockerungsphase
kommen
Übungen
wie
das
„Rennbahnspiel“,
„Rückenklopfen“, „Fallenlassen im Kreis“ oder „Blind führen lassen“ in Frage. Es wird
ein Fallbeispiel gegeben. Es findet ein Plenum und Diskussionen in den
Kleingruppen
statt
und
die
Familienkonstellationen
werden
zur
besseren
Visualisierung mit Bauklötzchen gestellt oder gezeichnet.
60
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
Ziele
Die Seminarteilnehmer sollen sich intensiv mit ihrer derzeitigen Familienstruktur und
den Rollen, die die einzelnen Familienmitglieder innehaben, auseinandersetzen und
diese reflektieren. Außerdem sollen sie sich bewusst machen, dass es neben ihrer
eigenen noch viele andere Familienformen gibt.
6.3.4. Die dritte Arbeitseinheit: Veränderungen der Familienstruktur
Diese Arbeitseinheit soll die Teilnehmer dazu bringen, sich mit den Veränderungen
ihrer Familienstruktur auseinander zu setzen, die mit der Aufnahme eines
Pflegekindes auf sie zukommen. Sie dauert etwa drei Stunden.
Inhalte
Die Teilnehmer sollen sich mit den von ihnen in der vorherigen Arbeitseinheit
„gestellten“ Familienkonstellationen und denen ihres Partners auseinandersetzen.
Haben die Partner eventuell ein unterschiedliches Bild davon, wie ihre Familie mit
Pflegekind aussehen könnte und wie geht es ihnen mit dieser neuen Konstellation,
sehen sie vielleicht schon Schwierigkeiten? Sie sollen sich in die Situation aller
Familienmitglieder hineinversetzen und reflektieren, was die Aufnahme eines
Pflegekindes für jeden einzelnen bedeutet. Sie sollen sich noch einmal mit der
Platzsuche für das Pflegekind in ihrer Familie beschäftigen. Außerdem werden die
Teilnehmer dazu aufgefordert, sich in die Situation der Herkunftsfamilie des
Pflegekindes hinein versetzen und sich mit der Herausnahme eines leiblichen Kindes
aus der Familie beschäftigen.
Methoden
Es finden Diskussionen im Plenum und in Kleingruppen statt, Skulpturarbeit kommt
zum Einsatz und es wird erneut mit Bauklötzen gearbeitet. Um die Veränderung des
Familiengleichgewichts
zu
verdeutlichen
wird
diese
anhand
eines
Mobiles
dargestellt. Zum Ende gibt es eine Blitzlichtrunde, um Fragestellungen für den letzten
Tag zu klären und zu reflektieren, wie es den einzelnen Teilnehmern mit den an
diesem Tag gemachten Erfahrungen und erlangten Erkenntnissen geht.
61
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
Ziele
Ziel dieser Arbeitseinheit ist es, die Systemveränderungen sowohl bei der
aufnehmenden als auch bei der abgebenden Familie zu verdeutlichen und
Betroffenheit bei den Teilnehmern dafür zu erzeugen, was das Jugendamt mit der
Herausnahme eines Kindes aus seiner Herkunftsfamilie verursacht. Die Teilnehmer
sollen sich selbst und ihre Familienstruktur reflektieren, sich mit den auf sie
zukommenden Veränderungen auseinandersetzen und sich in die Situation des
Pflegekindes einfühlen (Trennung von der eigenen Familie, Hineinfinden in ein
fremdes Familiensystem).
Der Tag wird mit einem gemütlichen Beisammensein beendet.
6.3.5. Die vierte Arbeitseinheit: Abschluss
Vor der Abreise am Sonntag findet noch einmal eine etwa dreistündige Arbeitseinheit
statt, um dem ganzen Vorbereitungswochenende einen runden Abschluss zu
verleihen und die Teilnehmer nicht mit noch ungeklärten Fragen zu entlassen.
Inhalte
Zu Beginn findet erneut eine Auflockerungsübung statt. Die Restfragen, die noch
bestehen und noch ausstehende Themenwünsche, werden aufgearbeitet. Es wird
auf weitere Veranstaltungen für Pflegeeltern hingewiesen. Das weitere Vorgehen
wird mit den einzelnen Familien abgeklärt (Wie geht’s jetzt weiter, hat sich vielleicht
jemand gegen die Aufnahme eines Pflegekinds entschieden?). Eine Auswertung des
Seminars findet statt (Wie geht es mir jetzt?/ Wurden meine Wünsche und
Bedürfnisse erfüllt?/ Was nehme ich mit?/Gibt es Veränderungsvorschläge für
kommende Seminare?/...) und man bedankt sich bei den Teilnehmern und den
Kinderbetreuern. Zum Schluss findet ein Abschiedsspiel mit allen Anwesenden (auch
die Kinder) statt.
Methoden
Eine Auflockerungsübung findet wie in Arbeitseinheit drei statt. Es erfolgen
Gespräche in der Gruppe und mit den einzelnen Paaren und für das Abschiedsspiel
könnte „Ich packe meinen Koffer und nehme mit…(Zweifel/Hoffnung/Zuversicht/…)“
genutzt werden.
62
Vorbereitungsseminar der Jugendhilfe Bayern
Ziele
Ziel dieser Arbeitseinheit ist es in Erfahrung zu bringen, wo die einzelnen Teilnehmer
jetzt stehen (Pflegekind, Ja oder Nein), die weitere Zusammenarbeit mit den
einzelnen Bewerbern abzuklären, die Pflegeelternbewerber nicht mit ungeklärten
Fragen nach Hause zu schicken und einen positiven Abschluss zu finden.
63
Schweden - Die PRIDE-Methode
7. Schweden - Die PRIDE-Methode29
Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber in Schweden
Nachdem ich mich bisher mit vier sehr unterschiedlichen Konzeptionen zur
Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Deutschland beschäftigt habe, möchte
ich nun noch ein Beispiel dafür liefern, dass es möglich ist, die Vorbereitung von
Pflegeelternbewerbern einheitlich zu gestalten. Zu diesem Zweck möchte ich einen
Blick auf die Vorbereitungspraxis im schwedischen Pflegekinderwesen werfen.
In Schweden hat man sich darauf geeinigt, dass, wenn genügend Bewerber
zusammen kommen, die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in Seminarform
nach
der
PRIDE-Methode
gestaltet
wird.
Die
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern ist in Schweden also weitestgehend einheitlich geregelt. Den
ersten Teil dieses Seminarkonzepts möchte ich an dieser Stelle vorstellen30.
7.1. Allgemeine Grundlagen
Die Inhalte des Seminars basieren auf 5 Kompetenz-Kategorien, die die
Pflegeelternbewerber im Rahmen des Seminars kennen lernen sollen. Diese sind:
•
Kinder pflegen und erziehen
•
Der Umgang mit Entwicklungsbedürfnissen und Entwicklungsstörungen
•
Die Beziehung zur Herkunftsfamilie des Pflegekindes aufrecht erhalten
•
Dem Kind sichere Beziehungen ermöglichen
•
in einem professionellen Team arbeiten
Das Vorbereitungsprogramm besteht aus 10 Sitzungen á 3 Stunden die einmal pro
Woche stattfinden und dient neben der Informationsvermittlung dem besseren
Kennenlernen der Bewerber und der Auswahl von geeigneten Pflegeeltern. Das
Seminar soll aber auch der Unterstützung der Entscheidungsfindung, ob die
29
30
Die PRIDE-Methode (Parents Ressources for Information, Development, Education) stammt
ursprünglich aus den USA und wird inzwischen in vielen europäischen Ländern (Holland, Belgien,
Ungarn, Finnland, Dänemark, Island, Norwegen und Polen) und Australien zur Vorbereitung von
Pflegeeltern eingesetzt.
(vgl. http://www.x.komforb.se/nya_sajten/dokument/projekt/fosterpride.pdf)
Der zweite Teil ist für die Fortbildung bereits tätiger Pflegefamilien gedacht und findet deshalb in
dieser Arbeit keine Erwähnung
64
Schweden - Die PRIDE-Methode
Teilnehmer sich der Aufnahme eines Pflegekindes in ihre Familie gewachsen fühlen,
dienen. Das engere soziale Umfeld der Bewerber soll in thematisch geeigneten
Sitzungen in die Seminararbeit mit einbezogen werden.
7.2. Ziele der Seminararbeit
Es gibt 4 Stadien der Kompetenzentwicklung, von denen die angehenden
Pflegeeltern mindestens die ersten beiden während des Seminars erreichen sollen.
Diese beiden Stadien gemeistert zu haben ist eine Grundvoraussetzung, um als
Pflegeeltern in Frage zu kommen. Das erste Stadium ist das Erlangen von
Bewusstsein für eine bestimmte Thematik. Das heißt, dass die Teilnehmer im
Seminar wichtige Inhalte des Pflegekinderwesens vermittelt bekommen sollen, die
ihnen vorher eventuell noch unbekannt waren. Im zweiten Stadium geht es darum,
dass die Teilnehmer sich das Wissen aneignen, was diese Thematiken beinhalten
und warum sie für das Pflegekinderwesen beziehungsweise die Aufnahme eines
Pflegekindes so wichtig sind und Verständnis für diese entwickeln (z.B.: 1. Stadium:
Verhaltensauffälligkeiten spielen eine große Rolle im Pflegekinderwesen; 2. Stadium:
Was sind Verhaltensauffälligkeiten und warum zeigen manche Pflegekinder solche
Verhaltensweisen?). Das dritte Stadium ist das Kennenlernen von Methoden, wie
man mit bestimmten Schwierigkeiten umgehen kann und das vierte Stadium ist das
Erlangen der Fähigkeit, diese Methoden anzuwenden. Die Pflegeelternbewerber
sollen also neben der Wissensvermittlung auch Handlungsmöglichkeiten kennen
lernen, wie sie auf bestimmte Schwierigkeiten reagieren können. Außerdem soll das
Seminar die Teilnehmer zur Selbstreflexion anregen und sie bei der Entscheidung für
oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes unterstützen.
7.3. Die Inhalte der einzelnen Veranstaltungen
Einführung in PRIDE
Es findet eine Vorstellung der Inhalte des Programms statt und die Teilnehmer
werden darüber informiert, dass die Ausbildung nicht nur der Auswahl von
Pflegeeltern dient, sondern den potentiellen Pflegeeltern auch dazu dienen soll, sich
zu entscheiden, ob sie sich der Aufgabe ein Pflegekind aufzunehmen gewachsen
65
Schweden - Die PRIDE-Methode
fühlen.
Arbeiten im Team
Die Wichtigkeit der Zusammenarbeit und Vernetzung aller am Hilfeprozess
Beteiligten wird verdeutlicht, damit die Kinder sich auf die Verlässlichkeit der für sie
zuständigen Personen einlassen können und Vertrauen in Beziehungen entwickeln.
Es wird herausgestellt, wie wichtig Familie und die Beziehungen innerhalb dieser für
die Entwicklung einer stabilen Identität und eines gesunden Selbstwertgefühls eines
Kindes sind. Die Einbeziehung der Herkunftsfamilie und die Wichtigkeit der
Pflegefamilie in diesem Punkt wird hier thematisiert.
Das Bedürfnis des Kindes nach Nähe und Integration
Hier wird behandelt, wie die Pflegefamilie dazu beitragen kann, dem Pflegekind, das
schlechte Erfahrungen gemacht hat, das Vertrauen in Beziehungen wieder zu geben
oder neu zu schaffen. Wichtige frühkindliche Entwicklungsstadien und die
Bindungstheorie werden vorgestellt.
Der Umgang mit Verlusten
Die häufig schlimmen Vorerfahrungen und die Trennung von den leiblichen Eltern
beinhalten große Verluste. Der Trauerprozess der auf die Trennung folgt, dessen
unterschiedliche Phasen und die damit verbundenen Gefühle und Verhaltensweisen
werden besprochen. Ebenso die Auswirkungen, die diese Erfahrungen auf die
Entwicklung eines Kindes haben können. Die Teilnehmer sollen sich mit ihren
eigenen Verlusterfahrungen auseinandersetzen und wie sie mit diesen umgegangen
sind. Außerdem sollen sich die Pflegeelternbewerber damit beschäftigen, was der
Trauerprozess des Pflegekindes für ihr Familienleben bedeutet und wie sie damit
umgehen wollen.
Unterstützung der Beziehung zur Herkunftsfamilie
In dieser Veranstaltung wird thematisiert, wie wichtig die Beziehung zur
Herkunftsfamilie für die Entwicklung von Identität, kultureller Zugehörigkeit und
Selbstwertgefühl eines Pflegekindes ist. Es wird während dieser Sitzung darauf
eingegangen, wie man als Pflegeeltern diese Beziehung aufrechterhalten und
unterstützen kann, denn die Kontakte erfordern Planung, Vorbereitung und die
66
Schweden - Die PRIDE-Methode
Bereitschaft, die Reaktionen des Kindes vor und nach dem Kontakt zu begleiten.
Gleichzeitig sollen sich die Teilnehmer damit auseinander setzen, dass das Ziel einer
Inpflegegabe, wenn möglich, immer die Rückführung des Kindes in seine
Herkunftsfamilie ist und Pflegeeltern sich auf eine Elternschaft auf Zeit einlassen und
mit einer Trennung vom Pflegekind rechnen müssen.
Kinder erziehen
Es wird eine Definition des Wortes Erziehung gegeben und besprochen, welche
Herausforderungen Erziehung beinhaltet und welche Ziele Erziehung verfolgt. Die
Pflegeelternbewerber lernen in dieser Sitzung die Ursachen und Hintergründe für die
oftmals
starken
Gefühle
von
Pflegekindern
und
daraus
resultierende
Verhaltensweisen kennen und wie und mit welchen erzieherischen Mitteln man
diesen wirkungsvoll begegnen kann. Es wird ebenfalls thematisiert, dass ein
Unterschied zwischen Erziehung und Bestrafung besteht.
Kindern die Möglichkeit geben, lebenslange Bande zu knüpfen
In dieser Sitzung wird behandelt, wie wichtig es für Kinder und Jugendliche ist,
sichere Beziehungen zu anderen Personen zu knüpfen und wie diese Beziehungen
die Entwicklung des Kindes beeinflussen. Es wird darauf eingegangen, dass wenn
eine Rückführung nicht möglich ist, die Pflegefamilie zum lebenslangen Engagement
für das Pflegekind aufgefordert ist. Die Teilnehmer sollen reflektieren, ob die
Bereitschaft dazu bei ihnen vorhanden ist. Die Aufgabe, den Jugendlichen bzw.
jungen Erwachsenen bei der Verselbstständigung zu unterstützen wird behandelt.
Mit der Veränderung leben
Man geht auf die Veränderungen in der eigenen Familie ein, die die Aufnahme eines
Pflegekindes mit sich bringt. Die Teilnehmer sind dazu aufgefordert, sich mit ihrer
eigenen Familienstruktur und deren Veränderung auseinander zu setzen. Ebenso
wird
darauf
eingegangen,
dass
man
als
Pflegefamilie
Anklagen
wegen
Misshandlung, Ausnutzung, etc. ausgesetzt sein kann, da das Umfeld die Familie
nach Aufnahme eines Pflegekindes genauer und vor allem anders betrachten wird.
Es wird auch behandelt, wie man diesen Anklagen entgegen wirken kann, zum
Beispiel indem man besonders offen mit der Thematik Pflegekind umgeht.
67
Schweden - Die PRIDE-Methode
Eine gut fundierte Entscheidung treffen
In dieser Sitzung trifft man Fachleute (Sozialarbeiter, Psychologen, etc.) die zu einem
Team um das Pflegekind gehören können. Es wird behandelt, wie die
Zusammenarbeit mit diesen Personen aussehen kann und welche Anforderungen
das für die Pflegefamilie mit sich bringt (Öffnung der eigenen Familie, Ehrlichkeit,
regelmäßige Kontakte, etc.). Ebenso sind zu dieser Veranstaltung Freunde und
Verwandte eingeladen, die von der Entscheidung ein Pflegekind aufzunehmen mit
betroffen sein können. Die Teilnehmer sollen sich noch einmal intensiv mit den
Auswirkungen beschäftigen, die die Aufnahme eines Pflegekindes für ihre Familie
und ihr Umfeld mit sich bringt.
Verabschiedung und Fortlauf
Es findet eine Reflexion über die Inhalte des Seminars und die persönliche
Entwicklung der Teilnehmer innerhalb des Seminars statt. Die Anforderungen an
eine Pflegefamilie werden noch einmal herausgestellt und die Pflegeelternbewerber
sollen diese mit ihren Möglichkeiten und Ressourcen vergleichen, um den Entschluss
zu fassen, ob sie sich der Aufgabe, eine Pflegefamilie zu werden, gewachsen fühlen
oder nicht. Es findet eine Verabschiedung statt und das weitere Vorgehen wird mit
den einzelnen Teilnehmern besprochen.
Methoden
Neben unterschiedlichen Methoden der Gesprächsführung, Gruppenarbeit und
Wissensvermittlung,
spielen
in
diesem
Seminar
vor
allem
praktische
Handlungsmöglichkeiten für Pflegeeltern eine wichtige Rolle. Eine der Methoden, die
Pflegeelternbewerber im Rahmen dieses Seminars lernen, ist das Führen eines
Lebensbuches.
Das Lebensbuch dient der Aufarbeitung der eigenen Geschichte, mit Hilfe von
Genogrammen, Netzwerkkarten31, Lebenslauf und einem Fragenkatalog. Die
Pflegepersonen sollen diese Methode nicht nur für sich nutzen, um sich mit ihren
Erfahrungen, Gefühlen und ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen, sondern
31
Für die Erstellung der Netzwerkkarte wird eine Ankerperson gewählt, die das Zentrum des
Netzwerks bildet. Nun werden die Personen des sozialen Umfelds eingetragen. Je wichtiger die
Person ist, desto näher wird das Symbol für diese Person zur Ankerperson gezeichnet. Besteht
zwischen zwei Personen Kontakt, werden diese mit einer Linie verbunden.
(vgl. http://www.pantucek.com/diagnose/netzwerkkarte/netzwerkkarte_manual.pdf)
68
Schweden - Die PRIDE-Methode
später auch die Pflegekinder dazu anregen ein solches Buch anzulegen und sie
dabei unterstützen. Das Lebensbuch dient während des Seminars als Grundlage für
die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und der Selbstreflexion.
69
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
KAPITEL III: Ergebnisse
1. Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Die
Auswertung
der
vier
Konzeptionen
für
Vorbereitungsseminare
für
Pflegeelternbewerber findet in Form deskriptiver Statistiken statt und beschränkt sich
auf die Verteilung der messbaren Merkmale der Seminare. Da mir keine weiteren
Informationen (wie z.B. die Zufriedenheit der Teilnehmer oder Abbruchquoten bei
Seminarteilnehmern) vorliegen, kann ich zu deren Bedeutung für die Effektivität der
Vorbereitungsseminare keine Aussage treffen. Ich möchte allerdings versuchen,
Gemeinsamkeiten zwischen den Seminaren aufzudecken, die darauf schließen
lassen, dass sie für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern von Bedeutung
sind. Ich beschränke mich in dieser Auswertung auf die vier vorgestellten
Seminarkonzeptionen aus Deutschland, da ich mich mit den Angeboten auseinander
setzen möchte, die deutschen Pflegeeltern zur Verfügung stehen.
Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern in Deutschland sind, wie man im letzten
Kapitel sehen konnte, sehr unterschiedlich gestaltet. Dies beginnt schon bei der von
den einzelnen Trägern gewählten Seminarform. Während es sich bei der Konzeption
der bayerischen Jugendhilfe (im Folgenden “Konzeption Bayern“ genannt) um ein
reines Wochenendseminar handelt, bieten der soziale Dienst der Pflegekinderhilfe in
Frankfurt am Main (im Folgenden “Konzeption Frankfurt“ genannt) und das
Familienbildungswerk des DRK Köln (im Folgenden “Konzeption Köln“ genannt) ihre
Vorbereitungsseminare als Einzelveranstaltungen an. Das Pro filiA Programm von
Pro Kind e.V. in Schwerin (im Folgenden “Konzeption Schwerin“ genannt) hingegen
basiert auf einer Kombination aus Einzel- und Wochenendveranstaltungen.
1.1. Die Teilnehmerzahl
Die Teilnehmerzahl liegt bei drei von vier Seminaren zwischen fünf und acht Paaren,
also zehn bis 16 Personen. Einzig das Familienbildungswerk in Köln lässt bis zu 20
Teilnehmer zu seinen Vorbereitungsseminaren zu.
70
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Abb. 1: Zeitlicher Umfang der Vorbereitungsseminare
1.2. Der zeitliche Umfang
(in Stunden)
Gegensatz
zu
Teilnehmerzahl
ist
der
der
zeitliche Umfang bei allen vier
Vorbereitungsseminaren sehr
unterschiedlich.
Die
Vorbereitungsabende
Konzeption
umfassen
zehn
fünf
der
Frankfurt
insgesamt
etwa
Stunden.
Das
Wochenendseminar
der
Konzeption
sich
Bayern
inklusive
Zeitlicher Umfang in Stunden,
ca.
Im
40,0
30,0
20,0
34,0
24,0
10,0
15,0
10,0
0,0
Konzeption
Schwerin
Konzeption
Köln
Konzeption
Frankfurt
Konzeption
Bayern
beläuft
des
Vorbereitungsabends auf insgesamt 15 Stunden, in denen thematisch gearbeitet
wird. Die vier Module des Vorbereitungsseminars der Konzeption Köln dauern
zusammen 24 Stunden. Deutlich umfangreicher ist mit etwa 34 Arbeitsstunden das
Vorbereitungsseminar der Konzeption Schwerin.
Betrachtet man den zeitlichen Umfang und unterscheidet dabei zwischen öffentlichen
und freien Trägern, so zeigt sich, dass die freien Träger im Durchschnitt mehr als
doppelt so viel Zeit (56,9%) auf ihre Vorbereitungsseminare verwenden, bei den mir
vorliegenden Fällen entspricht dies 16,5 Stunden.
1.3. Die Leitung der Vorbereitungsseminare
Für die Durchführung der Seminare sind bei allen vier Vorbereitungsseminaren
Fachkräfte mit einer sozialpädagogischen oder sozialarbeiterischen Ausbildung
verantwortlich, die über das notwendige inhaltliche Wissen und die Kompetenz zur
Leitung einer Gruppe verfügen und auch praktische Erfahrungen mit dem
Pflegekinderwesen haben. Bei der Konzeption Köln werden zusätzlich zwei Module
des Vorbereitungsseminars von einer Psychologin und einem Heilpädagogen
übernommen. Die Konzeption Schwerin für das Vorbereitungsseminar sieht vor, dass
neben den Seminarleitern zu einzelnen Sitzungen Fachkräfte eingeladen werden, die
Vorträge zum jeweiligen Thema halten und die entsprechende Sitzung mit begleiten.
71
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
1.4. Die Kinderbetreuung
Nur zwei der Vorbereitungsseminare, nämlich die Konzeption Schwerin und die
Konzeption Bayern, bieten während der Seminararbeit eine Kinderbetreuung an und
sehen eine aktive Einbeziehung der eventuell vorhandenen leiblichen Kinder in
bestimmte Themeneinheiten vor. Bei den anderen beiden Seminaren sind die
Bewerber selbst dafür verantwortlich ihre eigenen Kinder für diese Zeit geeignet
unterzubringen. Diese werden auch nicht aktiv in die Seminararbeit einbezogen.
1.5. Die Inhalte
Um die Inhalte der Vorbereitungsseminare vergleichen zu können, habe ich diese in
insgesamt 19 Themenbereiche gegliedert, wobei einige Themenbereiche als
Teilbereiche eines Oberthemas betrachtet werden können. Diese habe ich daher als
Unterpunkte aufgeführt, allerdings nur um deren Zusammenhang zu verdeutlichen.
Die Themenbereiche werden im Folgenden aufgelistet und deren Inhalt kurz erläutert
Die Nummerierung der einzelnen Themenbereiche soll keine Rangfolge darstellen
und auch nicht darauf hindeuten, in welcher Reihenfolge die einzelnen Themen
behandelt werden, sondern lediglich den Überblick erleichtern. Welche der
Themenbereiche die einzelnen Seminare abdecken kann Tabelle 1 entnommen
werden. Folgende Themenbereiche kommen insgesamt zum Einsatz:
I 1.
Kennenlernen und Vorstellung: Die Teilnehmer lernen sich gegenseitig
kennen und werden über die Inhalte des Seminars und die Gruppenregeln
informiert
I 2.
Auffälliges Verhalten und dessen Entstehung: Formen von auffälligem
Verhalten bei Pflegekindern und mögliche Ursachen für dieses Verhalten
werden besprochen, es findet eine Unterscheidung zwischen auffälligem und
gestörtem Verhalten statt
I 2.1. Reflexion des eigenen Verhaltens: Die Teilnehmer setzen sich mit ihrem
eigenen
Verhalten
und
Beweggründen
für
dieses
auseinander,
Bewusstmachen eigener Macken beziehungsweise „Verhaltensauffälligkeiten“
I 3.
Bindungstheorie:
Bindungstheoretische
Grundkenntnisse
über
Bindungsverhalten und Bindungspersonen werden vermittelt, unterschiedliche
Bindungsmuster vorgestellt und die Zusammenhänge von Bindung und
Selbstwertgefühl sowie sicherer Bindung und erfolgreicher Ablösung erläutert
72
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
I 4.
Integrationsphasen: Die Phasen der Integration des Pflegekindes in die
Pflegefamilie
werden
thematisiert
und
mögliche
Schwierigkeiten
und
Verhaltensweisen besprochen
I 5.
Herkunftsfamilie: Ursachen für Inpflegegaben und mögliche Probleme der
Herkunftsfamilie werden besprochen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit
der Herkunftsfamilie werden vorgestellt
I 5.1. Zwei Familien/Identität: Es wird thematisiert, dass Pflegekinder mit zwei
Familien leben und dies erst lernen müssen, und dass beide Familien für die
Identitätsbildung des Pflegekindes eine wichtige Rolle spielen
I 6.
Amtsstruktur: Alle am Hilfeprozess Beteiligten und deren Aufgaben werden
vorgestellt, ebenso Arbeitsabläufe, besondere Vorgehensweisen und der
Prozess der Hilfeplanung
I 7.
Rechtliche Aspekte: Es werden für die Pflegeelternbewerber wichtige
rechtliche Informationen gegeben
I 8.
Finanzielle Aspekte: Die für die Region spezifischen Pflegesätze, zusätzliche
Fördermöglichkeiten und Versicherungsfragen werden vorgestellt
I 9.
Familienstruktur: Die derzeitige Familienstruktur der Teilnehmer und die
Rollen der einzelnen Familienmitglieder in dieser werden erkundet und
hinterfragt
I 9.1. Familienstruktur der eigene Herkunftsfamilie: Die Erfahrungen mit der eigenen
Herkunftsfamilie und deren Einfluss auf die heutige Familienstruktur werden
thematisiert und reflektiert
I 9.2. Veränderungen der Familienstruktur: Veränderungen, die durch die Aufnahme
eines Pflegekindes auf die Familie zukommen werden und deren Bedeutung
für die einzelnen Familienmitglieder werden besprochen
I 9.3. Hineinkommen in eine fremde Familienstruktur: Die Schwierigkeiten, die für
das Pflegekind entstehen können, wenn es in eine fremde Familie kommt,
deren Strukturen es nicht kennt, werden vorgestellt
I 10.
Die öffentliche Familie: Die Pflegefamilie als Leistungserbringer wird
thematisiert, in wieweit die Familie dadurch zu einem Objekt öffentlichen
Interesses wird und wo ihre privaten Räume bestehen bleiben, außerdem wird
besprochen,
wie
die
Familien
mit
dieser
ihnen
zuteil
werdenden
Aufmerksamkeit umgehen können
73
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
I 11.
Motivation: Die Motive der Teilnehmer zur Aufnahme eines Pflegekindes
werden besprochen und hinterfragt
I 12.
Ersatz- oder Ergänzungsfamilie: Die beiden Konzepte werden vorgestellt, es
wird auf die Aufgabe “Eltern auf Zeit“ zu sein eingegangen und die Trennung
vom Pflegekind und die zu leistende Trauerarbeit eingegangen
I 13.
Handlungsmöglichkeiten: Es werden während des Vorbereitungsseminars
praktische Handlungsmöglichkeiten vermittelt
I 14.
Hilfsangebote: Während des Seminars werden die Pflegeelternbewerber auf
in der Region vorhandene Hilfsangebote aufmerksam gemacht, die sie bei
Problemen mit dem Pflegekind anlaufen können
Tabelle 1: Themenbereiche und deren Abdeckung durch die einzelnen Vorbereitungsseminare
(X = Dieses Thema wird im obenstehenden Seminar behandelt)
Konzeption Konzeption
Köln
Schwerin
Konzeption
Frankfurt
Konzeption
Bayern
X
X
X
X
I 1. Kennenlernen und
Vorstellung
I 2. Auffälliges Verhalten
und dessen Entstehung
I 2.1. Reflexion des
eigenen Verhaltens
X
I 3. Bindungstheorie
X
X
I 4. Integrationsphasen
X
X
X
X
I 5. Herkunftsfamilie
I 5.1. Zwei
Familien/Identität
X
X
X
X
X
X
X
X
I 6. Amtsstruktur
X
X
I 7. Rechtliche Aspekte
X
X
X
X
X
X
I 8. Finanzielle Aspekte
I 9. Familienstruktur
I 9.1. Familienstruktur
der eigene
Herkunftsfamilie
I 9.2. Veränderungen
der Familienstruktur
I 9.3. Hineinkommen in
eine fremde
Familienstruktur
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
74
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
I 10. Die öffentliche
Familie
X
I 11. Motivation
I 12. Ersatz- oder
Ergänzungsfamilie
I 13.
Handlungsmöglichkeiten
X
X
X
X
X
X
X
X
14
12
X
X
X
X
I 14. Hilfsangebote
17
Gesamt
12
Es zeigt sich, dass neun Themenbereiche in allen vier Vorbereitungsseminaren für
Pflegeelternbewerber behandelt werden Dies sind auffälliges Verhalten und seine
Entstehungshintergründe, die Phasen der Integration des Pflegekindes in die
Pflegefamilie, Aspekte die Herkunftsfamilie betreffend, der wichtige Einfluss beider
Familien
auf
die
Entwicklung
des
Pflegekindes,
die
Familienstruktur
der
Pflegeelternbewerber, Veränderungen dieser Struktur, die Herausforderung für das
Pflegekind sich in diese ihm fremde Struktur einzufügen, die Motivation der
Pflegeelternbewerber
zur
Aufnahme
eines
Pflegekindes
und
Handlungsmöglichkeiten, wie mit auftretenden Problemen umgegangen werden
kann. Von drei Anbietern werden auch noch das Kennenlernen sowie die Vorstellung
des
Seminarprogramms,
rechtliche
Aspekte
und
das
Ersatz-
und
das
Ergänzungsfamilienkonzept behandelt. Die Bindungstheorie, Amtsstrukturen und
Erfahrungen, die die Pflegeelternbewerber in ihrer eigenen Herkunftsfamilie gemacht
haben, werden nur in der Hälfte der Vorbereitungsseminare thematisiert. Jeweils nur
noch ein Anbieter beschäftigt sich während des Vorbereitungsseminars zusätzlich
noch mit der Reflexion von eigenem Verhalten, finanziellen Aspekten, der
öffentlichen Aufmerksamkeit für die Pflegefamilie und Hilfsangeboten, die bei später
auftretenden Problemen genutzt werden könnten.
75
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Abbildung 2: Anzahl der angewendeten Methoden
1.6. Die Methoden
den
Vorbereitungs-
seminaren
kommen
13
unterschiedliche Methoden zum
Einsatz,
und
Diskussionen,
arbeit,
vorträge,
zwar
Kleingruppen-
Einzelarbeit,
Fach-
Erfahrungsberichte,
Fallbeispiele,
Rollenspiele,
Skulpturarbeit, Entspannungs-,
Auflockerungs-
und
12
Anzahl der angewendeten
Methoden
In
10
8
6
12
11
12
12
Konzeption
Frankfurt
Konzeption
Bayern
4
2
0
Konzeption
Schwerin
Konzeption
Köln
Aktivierungsübungen/spiele,
diverse Medien und Moderationsformen, Selbsterfahrungsübungen, Reflexionen und
die Auswertung des Seminars. Die Anzahl der in den einzelnen Seminaren
angewandten Methoden unterscheidet sich nur geringfügig (siehe Abb. 2).
Die Konzeption Schwerin und die Konzeption Frankfurt sehen keine Einzelarbeit vor,
während die Konzeption Köln und die Konzeption Bayern keine Erfahrungsberichte
vorsehen. Die Konzeption Köln sieht außerdem keine Entspannungs- und
Aktivierungsübungen vor.
1.7. Die Ziele der Seminararbeit
Drei Anbieter der Vorbereitungsseminare für Pflegeelternbewerber haben jeweils
Ziele formuliert, die durch die von ihnen konzipierte Seminararbeit erreicht werden
sollen. Vom Vorbereitungsseminar des DRK Köln liegen mir darüber leider keine
Informationen vor, daher muss ich die Auswertung dieses Punktes auf die anderen
drei Konzeptionen beschränken.
Insgesamt werden in den drei Konzeptionen 14 Ziele formuliert, die ich im Folgenden
auflisten und kurz erläutern möchte. Die Nummerierung der einzelnen Ziele soll keine
Rangfolge darstellen, sondern lediglich den Überblick erleichtern. Welcher Anbieter
welche Ziele für seine Seminararbeit benannt hat kann Tabelle 2 entnommen
werden. Folgende Ziele der Seminararbeit wurden formuliert:
76
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Z 1.
Entscheidungshilfe
für
Pflegeelternbewerber:
Die
Teilnahme
am
Vorbereitungsseminar soll die Pflegeelternbewerbern bei der Entscheidung für
oder gegen die Aufnahme eines Pflegekindes unterstützen
Z 2.
Entscheidungshilfe für Fachkräfte: Die intensive Seminararbeit soll den
Fachkräften ermöglichen sich ein möglichst genaues Bild von den Bewerbern
und deren Eignung als Pflegeeltern zu machen
Z 3.
Motivation klären: Die Teilnehmer sollen ein genaues Bild über ihre Motivation
zur Aufnahme eines Pflegekindes erlangen und diese hinterfragen und
gegebenenfalls modifizieren
Z 4.
Familienstruktur
erkennen:
Die
Pflegeelternbewerber
sollen
ihre
Familienstruktur und die Rollen aller Familienmitglieder innerhalb dieser
kennen
Z 5.
Veränderungen
kennen:
Die
mit
der
Aufnahme
eines
Pflegekindes
entstehenden Veränderungen der Familienstruktur sollen den Teilnehmern
bewusst sein, sie sollen auf diese vorbereitet sein
Z 6.
Eigene Wertvorstellungen: Die Teilnehmer sollen ihr Bild von Familie und
damit verbundene Wertvorstellungen reflektieren und hinterfragen
Z 7.
Toleranzschwelle erweitern: Durch die Beschäftigung mit und Aufklärung über
andere Verhaltensweisen, Lebensformen und Wertvorstellungen soll die
Toleranz der Teilnehmer gegenüber diesen erweitert werden
Z 8.
Desillusionieren: Die Seminararbeit soll den Pflegeeltern ein möglichst
realistisches Bild vom Leben als Pflegefamilie vermitteln und mit eventuell bei
ihnen bestehenden Illusionen aufräumen
Z 9.
Selbsthilfepotential fördern: Durch die Vorstellung von Hilfsangeboten und den
Austausch der Teilnehmer untereinander sollen die Pflegeelternbewerber
dazu befähigt werden ihre Schwierigkeiten selbst zu lösen
Z 10. Handlungsmöglichkeiten kennen: Die Pflegeelternbewerber sollen in die Lage
versetzt werden auf schwierige Situationen reagieren zu können
Z 11. Frustrationstoleranz
Schwierigkeiten
erhöhen:
vorbereitet
Indem
die
werden
und
Teilnehmer
die
auf
mögliche
pädagogischen
und
psychologischen Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges Verhalten kennen
lernen, soll ihre Frustrationstoleranz erhöht werden
Z 12. Selbstverständnis als Pflegefamilie: Durch das Transparentmachen von
Strukturen,
Prozessen
und
Aufgaben soll den Pflegeelternbewerbern
77
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Selbstbewusstsein im Umgang mit Behörden und Fachkräften vermittelt
werden und sie sollen ein Selbstverständnis als Pflegefamilie entwickeln
Z 13. Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen: Die Pflegeelternbewerber
sollen ihre Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen und realistisch
einschätzen lernen
Z 14. Prävention von Pflegeabbrüchen: Die Seminararbeit soll dazu beitragen, dass
die Pflegeelternbewerber für ihre Aufgabe als Pflegeeltern so gut vorbereitet
sind, dass ein späterer Abbruch verhindert werden kann
Tabelle 2: Ziele der Seminararbeit und Nennung dieser durch die einzelnen Anbieter
(X= Dieses Ziel wurde in der oben stehenden Konzeption genannt)
Konzeption Konzeption Konzeption
Schwerin Frankfurt
Bayern
X
X
X
Z 1. Entscheidungshilfe für Pflegeelternbewerber
Z 2. Entscheidungshilfe für Fachkräfte
X
X
Z 3. Motivation klären
X
X
Z 4. Familienstruktur erkennen
X
X
X
Z 5. Veränderungen kennen
X
X
X
Z 6. Eigene Wertvorstellungen
X
X
Z 7. Toleranzschwelle erweitern
X
X
Z 8. Desillusionieren
X
X
Z 9. Selbsthilfepotential fördern
X
Z 10. Handlungsmöglichkeiten kennen
X
Z 11. Frustrationstoleranz erhöhen
X
Z 12. Selbstverständnis als Pflegefamilie
X
X
Z 13. Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen kennen
13
Gesamt
Vorbereitungsseminare
sollen
X
X
X
6
10
X
Z 14. Prävention von Pflegeabbrüchen
Die
X
in
allen
drei
Fällen
dazu
dienen,
die
Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines
Pflegekindes zu unterstützen, den Teilnehmern ihre eigene Familienstruktur bewusst
zu machen, sie auf Veränderungen dieser Familienstruktur vorzubereiten und ihre
78
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Frustrationstoleranz zu erhöhen, indem ihnen pädagogisches und psychologisches
Grundlagenwissen
vermittelt
wird
und
somit
Erklärungs-
und
Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden. Von jeweils zwei Anbietern werden die
Entscheidungshilfe
für
Fachkräfte,
die
Klärung
der
Motivation
der
Pflegeelternbewerber, das Erkunden der eigenen Wertvorstellungen der Teilnehmer,
die
Erweiterung
der
Toleranzschwelle,
die
Desillusionierung
der
Pflegeelternbewerber und das Vermitteln von Handlungsmöglichkeiten als Ziele der
Seminararbeit benannt. Nur in jeweils einem Fall werden die Förderung des
Selbsthilfepotentials der Teilnehmer, die Entwicklung eines Selbstverständnisses als
Pflegefamilie
und
die
Prävention
von
Pflegeabbrüchen
als
Ziele
des
Vorbereitungsseminars genannt.
1.8. Zusätzliche Materialien
Über zusätzliche Materialien, die den Teilnehmern ausgehändigt werden, ist mir
nichts bekannt. Allerdings sehen zwei der Konzeptionen, nämlich die Konzeption
Frankfurt und die Konzeption Bayern, einen Büchertisch vor, an dem sich die
Seminarteilnehmer über Literatur zum Pflegekinderwesen informieren können und
eine Literaturliste erhalten.
1.9 Die Auswertung
Ich möchte nun auf die eingangs formulierte Frage eingehen, ob sich in den vier mir
vorliegenden
Konzeptionen
der
Vorbereitungsseminare
für
Pflegeeltern
Gemeinsamkeiten feststellen lassen, die darauf hindeuten, dass diesen Merkmalen
eine besondere Bedeutung für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern
zugeschrieben wird.
Betrachtet man die Auswertung der einzelnen Merkmale, so lassen sich trotz der
Unterschiedlichkeit der einzelnen Konzeptionen einige Gemeinsamkeiten bei der
Gestaltung der Vorbereitungsseminare feststellen. Es zeigt sich, dass die
Teilnehmerzahlen und die eingesetzten Methoden sehr einheitlich sind. Dies liegt
meines
Erachtens
daran,
dass
es
sich
bei
der
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern in Seminarform um eine Methode der Erwachsenenbildung
handelt für die sich eine Gruppengröße von etwa 10 bis 20 Teilnehmern anbietet, um
die gemeinsame Arbeit sinnvoll gestalten zu können. Die Auswahl der Methoden wird
bei allen vier Seminaren von der Tatsache beeinflusst, dass die Zielgruppe
79
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Pflegeelternbewerber sind, die für ihre spätere Aufgabe als Pflegeeltern vorbereitet
und qualifiziert werden sollen und zwar in Form eines Seminars. Aufgrund dieser
Einflussfaktoren überrascht es nicht, dass die dafür ausgewählten Methoden
dieselben sind. (vgl. KNOLL 1992, 29ff )
Auch die Leitung der Seminare wird einheitlich von Fachkräften aus der
sozialpädagogischen /-arbeiterischen Praxis übernommen. Dies ist sinnvoll, da es
sich bei den Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber um ein Angebot
handelt, das von Fachstellen des Pflegekinderwesens angeboten wird und sich an
Menschen
richtet,
die
sich
in
diesem
Bereich
engagieren
möchten.
Die
Pflegeelternbewerber können so von der Erfahrung der Fachkräfte profitieren, diese
als kompetent wahrnehmen und sich vorbehaltsfreier auf die Inhalte der
Seminararbeit einlassen.
Die Themen, die in den vier von mir untersuchten Konzeptionen behandelt werden,
sind,
wie
sich
gezeigt
hat,
recht
unterschiedlich.
Jedoch
gibt
es
neun
Themenbereiche die in allen vier Seminaren vorkommen. Daraus lässt sich
schließen, dass diesen eine besondere Bedeutung bei der Vorbereitung von
Pflegeelternbewerbern zukommt. Diese sind auffälliges Verhalten und seine
Entstehungshintergründe, die Phasen der Integration des Pflegekindes in die
Pflegefamilie, Aspekte die Herkunftsfamilie betreffend, der wichtige Einfluss beider
Familien
auf
die
Entwicklung
des
Pflegekindes,
die
Familienstruktur
der
Pflegeelternbewerber, Veränderungen dieser Struktur, die Herausforderung für das
Pflegekind sich in diese ihm fremde Struktur einzufügen, die Motivation der
Pflegeelternbewerber
zur
Aufnahme
eines
Pflegekindes
und
Handlungsmöglichkeiten, wie mit auftretenden Problemen umgegangen werden
kann.
Auch bei den Zielen der Seminararbeit gibt es Übereinstimmungen. Die Anbieter der
von mir untersuchten Vorbereitungsseminare scheinen besonderen Wert darauf zu
legen die Pflegeelternbewerber bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme
eines Pflegekindes zu unterstützen, den Teilnehmern ihre eigene Familienstruktur
bewusst zu machen, sie auf Veränderungen dieser Familienstruktur vorzubereiten
und ihre Frustrationstoleranz zu erhöhen, indem ihnen pädagogisches und
psychologisches Grundlagenwissen vermittelt wird und somit Erklärungs- und
Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden.
80
Die inhaltliche Auswertung der Konzeptionen
Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch viele Unterschiede. Vor allem die
Konzeption Schwerin zeigt, dass es viele weitere Themen (vgl. „Inhalte“ in diesem
Kapitel) und Ziele (vgl. „Ziele“ in diesem Kapitel) gibt, die für die Vorbereitung von
Pflegeelternbewerber in Seminarform von Interesse sind. Dass diese Ziele nicht von
allen
Anbietern
benannt
werden
und
diese
Themen
nicht
in
allen
Vorbereitungsseminaren behandelt werden, deutet meines Erachtens nicht darauf
hin, dass diese weniger wichtig für die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern sind,
sondern eher darauf, dass die Kapazitäten der anderen Vorbereitungsseminare für
einen solchen inhaltlichen Umfang nicht ausreichend sind. Dies zeigt sich auch im
sehr unterschiedlichen zeitlichen Umfang der einzelnen Seminare (vgl. „Zeitlicher
Umfang“ in diesem Kapitel). Ich vermute, dass dies auch daran liegt, dass den
öffentlichen
Trägern,
die
Vorbereitungsseminare
anbieten
die
personellen
Ressourcen für eine umfangreichere Seminararbeit fehlen und gleichzeitig die Angst
besteht,
mit
einer
umfangreicheren
Vorbereitung
eventuelle
Interessenten
abzuschrecken (Aussage einer Fachkraft in einem gemeinsamen Telefonat).
Allerdings
wurde
mir
in
diesem
Telefonat
auch
mitgeteilt,
dass
viele
Pflegeelternbewerber nach der Seminarteilnahme den Wunsch nach weiteren
Vorbereitungsmaßnahmen und mehr Informationen äußern.
81
Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
2. Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
Die intensive Beschäftigung mit den vier unterschiedlichen Konzeptionen führte mich
zu der Frage, wie eine gute Seminararbeit mit Pflegeelternbewerbern aussehen
sollte. Um diese Frage zu beantworten, möchte ich die vier deutschen Konzeptionen
und auch die schwedische noch einmal betrachten und aus deren Elementen
Standards erstellen, die meiner Ansicht nach die in Kapitel I 6. und Kapitel III 1.
genannten Funktionen und Ziele der Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in
Seminarform erfüllen.
2.1. Die Seminarform
Bei der Seminarform scheint mir die von Schwerin gewählte Form (eine Mischung
aus Einzel- und Wochenendveranstaltungen) sehr geeignet. Es gibt einige Themen,
die in einer Einzelveranstaltung behandelt werden können, wie zum Beispiel die
finanziellen und rechtlichen Aspekte. Für andere Themenbereiche wie zum Beispiel
die Familienstruktur und deren Veränderung bei Aufnahme eines Pflegekindes halte
ich es für wichtig, mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Eine Wochenendveranstaltung
bietet
diese.
Außerdem
können
sich
die
Fachkräfte
während
einer
Wochenendveranstaltung ein genaueres Bild von den Bewerberfamilien und deren
Eignung als Pflegefamilie machen (vgl. Hanselmann/Weber 1986, S. 136 und Kapitel
III 1. “Ziele“), vor allem, wenn die eventuell bereits vorhandenen Kinder der Familien
mit anwesend sind. Die Gestaltung eines Vorbereitungsseminars in Modulform, wie
die Kölner Konzeption dies vorsieht, empfinde ich als schwierig, da bei dieser Form
die Gefahr besteht, dass keine feste Gruppe entsteht und sich keine Vertrauensbasis
entwickeln kann.
2.2. Die Teilnehmerzahl
Die in den Konzeptionen von Frankfurt und Bayern angegebene Teilnehmerzahl von
fünf bis acht Paaren, also zehn bis 16 Personen erscheint mir für die gemeinsame
Seminararbeit besonders geeignet. Auf jeden Fall sollte aber die Obergrenze von 20
Teilnehmern, wie sie für Köln vorgesehen ist, nicht überschritten werden, da in einem
Vorbereitungsseminar für Pflegeelternbewerber zum Teil sehr private Themen
behandelt werden. Um dies erfolgreich tun zu können, sollten die Teilnehmer ein
82
Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
vertrauensvolles Verhältnis zu einander aufbauen können und eine zu große
Gruppengröße wirkt dem entgegen.
2.3. Der zeitliche Umfang
Ein gutes Vorbereitungsseminar sollte mindestens den zeitlichen Umfang der
Schweriner Konzeption haben (ca. 34 Stunden), um genügend Zeit zur Bearbeitung
der einzelnen Themen zu gewähren. Ich würde mich in Anlehnung an die
Tagespflegeverordnung (siehe hierzu auch Kapitel III 3.) sogar für eine zeitlich noch
umfangreichere Seminargestaltung aussprechen, da ich davon ausgehe, dass bei
mehr zeitlichem Aufwand die einzelnen Themen noch intensiver behandelt werden
könnten
und
ich
denke,
dass
eine
umfangreiche
Information
der
Pflegeelternbewerber diesen zu mehr Sicherheit im Umgang mit dem späteren
Pflegekind und möglichen Problemen verhilft. Ein zeitlich höherer Umfang ist
natürlich auch mit höheren Kosten verbunden und könnte im schlimmsten Fall (wie
von einigen Anbietern befürchtet)32 potentielle Pflegeeltern abschrecken. Um eine
“Obergrenze“ für den zeitlichen Umfang festzulegen, die sowohl die Qualität der
Seminare sichert als auch die ökonomischen Gesichtspunkte der Anbieter
berücksichtigt, ist meiner Ansicht nach eine umfangreiche Evaluation von
Vorbereitungsseminaren - mit besonderem Blick auf die Qualität und die
Nachhaltigkeit aus Sicht der Teilnehmer - notwendig.
2.4. Die Methoden
Als Methoden zur Gestaltung der Seminararbeit bieten sich die in Kapitel III 1.6.
stehenden an. Sie erleichtern in der Seminararbeit die Behandlung von Inhalten
(Diskussionen, Kleingruppenarbeit, Einzelarbeit, Fachvorträge, unterschiedliche
Moderationstechniken
und
Medien),
schaffen
einen
Praxisbezug
(Erfahrungsberichte, Fallbeispiele), ermöglichen die Einnahme unterschiedlicher
Perspektiven (Rollenspiele, Skulpturarbeit), regen die Auseinandersetzung mit der
eigenen Person an (Selbsterfahrungsübungen, Reflexionen) und schaffen eine
produktive
Arbeitsatmosphäre
(Entspannungs-,
Auflockerungs-
und
Aktivierungsübungen/spiele).
32
siehe Kapitel III 1.9. “Die Auswertung“
83
Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
Allerdings würde ich sie noch um den Einsatz des in der schwedischen Konzeption
vorgestellten “Lebensbuchs“ ergänzen (Kapitel II 7.3.). Ich bin der Ansicht, dass das
Führen eines Lebensbuches eine besonders geeignete Methode ist, den
Pflegeelternbewerbern zu helfen, sich während des Seminars (und darüber hinaus)
mit der eigenen Geschichte auseinander zu setzen und diese zu reflektieren. Dass
die Pflegeeltern lernen mit Hilfe des Lebensbuches das Pflegekind bei der
Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit und seiner neuen Situation als
Pflegekind zu unterstützen spricht ebenfalls für den Einsatz dieser Methode.
Es ist in meinen Augen für den Qualitätserhalt von Vorbereitungsseminaren
unumgänglich, die angewendeten Methoden immer wieder auf ihre Effizienz hin zu
überprüfen und neue Methoden in der Praxis auszuprobieren.
2.5. Die Inhalte
Sämtliche von mir in Kapitel III 1.5. festgestellten Inhalte der Seminare sollten
behandelt werden. Die Vorstellung des Seminarprogramms und das Kennenlernen
der Seminarleiter und Teilnehmer untereinander sorgt dafür, dass sich alle
Beteiligten innerlich auf die gemeinsame Seminararbeit einstellen und einlassen
können.
•
Eine
gute
Kenntnis
der
Amtsstrukturen,
Hilfeprozesse,
besonderer
Vorgehensweisen, sowie rechtlicher und finanzieller Aspekte tragen dazu bei,
die erforderliche Zusammenarbeit mit der ’Institution Jugendamt’ zu
erleichtern und bieten den Pflegeelternbewerbern die Möglichkeit, sich als
Partner der Fachkräfte wahrzunehmen. (vgl. MIKUSZEIT 1981, 8; STEEGE 2001,
94)
•
Das Wissen über die Bindungstheorie, Verhaltensauffälligkeiten, das Ersatzund das Ergänzungsfamilienkonzept, Besonderheiten im Zusammenhang mit
der Herkunftsfamilie, den Einfluss beider Familien auf das Pflegekind und die
Herausforderungen die das Pflegekind bewältigen muss, ermöglichen es den
Teilnehmern, ihre Toleranzschwelle zu erweitern, die Frustrationstoleranz zu
erhöhen und ein realistisches Bild vom Leben als Pflegefamilie zu entwickeln.
(siehe auch Kapitel III 1.7.)
84
Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
•
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Familienstruktur, deren möglicher
Veränderung, dem Integrationsprozess des Pflegekindes in die Familie und
seinen
Auswirkungen,
den
eigenen
Motiven
zur
Aufnahme
eines
Pflegekindes, sowie der Öffnung der Familie nach außen und Folgen dieser
Öffnung, bereitet die Pflegeeltern auf eventuell für sie problematische
Ereignisse vor und regt zur Selbstreflexion an. (siehe auch Kapitel III 1.7.)
•
An dieser Stelle würde ich aus der schwedischen Konzeption zusätzlich noch
die Sitzung übernehmen, zu der für die Familie wichtige Verwandte und
Freunde eingeladen sind. In dieser Sitzung können sich die wichtigsten
Bezugspersonen der Bewerber ein Bild davon machen, was die Aufnahme
eines Pflegekindes für die Familie bedeutet. Gleichzeitig erfahren die
Pflegeelternbewerber,
wie
ihr
engeres
soziales
Umfeld
zu
dieser
Entscheidung steht und ob sie dort auf Unterstützung hoffen können.
•
Das Vorstellen von Hilfsangeboten und Handlungsmöglichkeiten im Seminar
erscheint mir ebenfalls wichtig, da so das Selbsthilfepotential der Teilnehmer
gestärkt wird und sie gleichzeitig erfahren, wo sie Unterstützung finden
können. (vgl. Kapitel III 1.7.)
2.6. Abschließende Gedanken
Die Menge der Inhalte zeigt, dass ein gutes Vorbereitungsseminar auch Zeit braucht.
(siehe
oben)
Erst
die
intensive
Auseinandersetzung
mit
allen
genannten
Themenbereichen ermöglicht es den Teilnehmern eine fundierte Entscheidung
darüber zu treffen, ob sie sich der Aufgabe Pflegefamilie zu sein gewachsen fühlen
und diese immer noch übernehmen wollen. (vgl. KÜPPER 4/97, 22)
Eine Prävention von Pflegeabbrüchen, wie sie in Kapitel II 3.2. und Kapitel III 1.7. als
Ziel von Vorbereitungsseminaren für Pflegeelternbewerber genannt wird, kann
meines Erachtens nicht erreicht werden. Familien sind hochkomplexe Systeme und
die verschiedenen Faktoren, die Einfluss auf dieses System nehmen, sind längst
nicht vollständig bekannt. Der Versuch, alle Faktoren auszuschalten, die einen
Abbruch des Pflegeverhältnisses bewirken könnten, ist daher schon im Ansatz zum
Scheitern verurteilt.
Eine gute Vorbereitung kann jedoch dazu beitragen, die Risiken für einen Abbruch zu
minimieren. Sie stärkt die Kompetenzen der Pflegeeltern im Umgang mit dem
85
Die Erstellung von Standards für Vorbereitungsseminare
Pflegekind, ermöglicht ihnen das Prinzip “Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leben und trägt so
nicht zuletzt zu ihrer allgemeinen Zufriedenheit bei.
86
Persönliche Schlussbemerkungen
3. Persönliche Schlussbemerkungen
Als ich mit den Vorbereitungen für diese Arbeit begann, hatte ich die Hoffnung auf
eine Fülle von Daten und Informationen zugreifen zu können, die sich auf die
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern
beziehen.
Schon
während
der
Literaturrecherche gezeigte sich aber, dass das Thema „Vorbereitung von
Pflegeeltern“ in der Fachwelt eher stiefmütterlich behandelt wird. Dies mag unter
anderem daran liegen, dass die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in
Deutschland
noch sehr uneinheitlich gehandhabt wird. Vielerorts gibt es noch
überhaupt keine Angebote für die Vorbereitung von Pflegeeltern in Seminarform.
Dort beschränkt man sich offensichtlich nach wie vor auf einige wenige
Informationsgespräche mit den Bewerbern im Vorfeld der Vermittlung eines Kindes in
die
Pflegefamilie.
(vgl.
TEXTOR
1995,
503)
Doch
auch
dort,
wo
Vorbereitungsseminare für Pflegeeltern angeboten werden, sind diese keineswegs
einheitlich gestaltet. So kann in einigen Jugendämtern ein Informationsnachmittag für
eine Gruppe von Pflegeelternbewerbern bereits als ausreichend angesehen werden
und als Vorbereitungsseminar deklariert werden, während andere Jugendämter
mehrere Nachmittage oder ganze Wochenenden für die Durchführung solcher
Seminare veranschlagen. Auch einige freie Träger bieten Vorbereitungsseminare für
Pflegeelternbewerber an und auch hier unterscheiden sich die Konzeptionen in
zeitlichem Umfang und Inhalten.
Ein anderer Punkt, der meiner Ansicht nach zu dieser so unterschiedlichen
Gestaltung
der
Vorbereitung
von
Pflegeelternbewerbern
beiträgt
sind
die
unterschiedlichen finanziellen und personellen Ressourcen der einzelnen Träger.
Wie ich in Kapitel II 1. angedeutet habe, gestaltete es sich unerwartet schwierig,
Informationen zu den Konzeptionen der Vorbereitungsseminare zu bekommen.
Oftmals wurde mir mitgeteilt, dass die Konzeption gerade überarbeitet werde und
man nicht die quasi schon veralteten Informationen herausgeben möchte.
In einem anderen Gespräch wurde mir auf die Frage, ob es nicht im Sinne des
Pflegekinderwesens sei die Konzeptionen öffentlich zu machen und einen Austausch
der Träger untereinander anzuregen mitgeteilt, dass dies prinzipiell richtig sei, die
Realität aber leider anders aussehe.
87
Persönliche Schlussbemerkungen
An dieser Stelle sehe ich ein großes Problem des Pflegekinderwesens in
Deutschland, nämlich den Mangel an Kooperation zwischen den einzelnen Trägern
und die fehlende aber meiner Ansicht nach notwendige Transparenz ihrer Arbeit.
Einige Träger vermittelten mir das Gefühl, sie wollten sich vor “Betriebsspionage“
schützen, was in einem gewissen Rahmen verständlich ist, schließlich kostet das
Erarbeiten einer Konzeption (unabhängig von ihrer Qualität) Geld. Es wäre jedoch
wünschenswert, wenn die Anbieter von Vorbereitungsseminaren von sich aus
beginnen würden, den fachlichen Austausch untereinander mehr zu suchen und die
Evaluation der Seminare anderen Trägern zur Verfügung zu stellen. So könnten
Aussagen über Probleme der Konzeption und Qualität der Seminararbeit verglichen
werden und einheitliche Maßstäbe könnten besser entwickelt werden.
Vielleicht wäre auch ein Eingreifen des Gesetzgebers sinnvoll. Für die Tagespflege
ist dies bereits geschehen, in dem mit der Tagespflegeverordnung vom 11.11.2003
klare Regelungen über Art, Umfang und Inhalt der Vorbereitung und Ausbildung von
Tagespflegepersonen getroffen wurden.
(vgl. http://st.juris.de/st/gesamt/TPflV_ST.htm)
Wenn eine solche Regelung für Personen sinnvoll ist, die fremde Kinder nur für einen
Teil des Tages betreuen, sollte man darüber nachdenken, ob nicht auch für die
Vollzeitpflege – bei der die Kinder ganztägig in einer Pflegefamilie leben – eine
ähnliche Regelung wünschenswert wäre.
Letztendlich bleibt es den Fachkräften des Pflegekinderwesens und der Gesellschaft
überlassen, wie die Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern in der Zukunft gestaltet
sein wird. Die Geschichte des Pflegekinderwesens zeigt deutlich, wie wandelbar
diese Form der Hilfe sein kann. Notwendig für weitreichende Veränderungen ist aber
der Wille aller Betroffenen, aller Beteiligten und der Gesellschaft, sich für eine
Verbesserung einzusetzen und notwendige Reformen einzufordern.
Ich hoffe, dass ich mit dieser Arbeit dazu anregen konnte, sich intensiver mit diesem
Bereich des Pflegekinderwesens auseinander zu setzen und die derzeitige Situation
zu hinterfragen; denn eine gute Vorbereitung von Pflegeelternbewerbern dient in
meinen Augen nicht nur den Pflegeeltern selbst, sondern hat auch wichtigen Einfluss
auf die Zusammenarbeit zwischen der Pflegefamilie, dem Jugendamt und der
Herkunftsfamilie und dient somit vor allem dem Kindeswohl.
88
Literaturverzeichnis
4. Literaturverzeichnis:
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SOZIALGESETZBUCH (2004). München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
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WIESNER, R. (2001): Familienpflege in Deutschland – Auswirkungen des KJHG (SGBVIII)
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aus bundespolitischer Sicht. In: Stiftung Zum Wohl des Pflegekinderwesens (Hrsg.)
(2001): 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesens. Pflegekinder in Deutschland
-Bestandsaufnahme und Ausblick zur Jahrtausendwende-. Idstein: Schulz-Kirchner Verlag
GmbH. S.68-75.
91
Verzeichnis verwendeter Onlinedokumente
5. Verzeichnis verwendeter Onlinedokumente
Alle Quellen zuletzt überprüft am 24.09.2007
http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungstheorie
http://www.stejh.de/Pflegeelternschule/Paedagogik/Lexikon/loyalitaet
http://www.x.komforb.se/nya_sajten/dokument/projekt/fosterpride.pdf
http://www.pantucek.com/diagnose/netzwerkkarte/netzwerkkarte_manual.pdf
http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm
http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statisti
ken/Sozialleistungen/KinderJugendhilfe/Tabellen/Content50/ErzieherischeHilfenAusg
aben,templateId=renderPrint.psml
92
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
6. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis:
Abbildung 1: Zeitlicher Umfang der Vorbereitungsseminare (in Stunden) ........ S. 71
Abbildung 2: Anzahl der angewendeten Methoden........................................... S. 76
Tabelle 1: Themenbereiche und deren Abdeckung durch
die einzelnen Vorbereitungsseminare ............................................ S. 74
Tabelle 2: Ziele der Seminararbeit und Nennung dieser durch
die einzelnen Anbieter.................................................................... S. 78
93
Erklärung
7. Erklärung:
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig verfasst und
keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Die aus
fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind nach bestem
Wissen als solche kenntlich gemacht.
Die Arbeit wurde bisher keinem anderen Prüfungsamt vorgelegt und bisher auch
nicht veröffentlicht.
Siegen, den 24.09.2007
Anna Klemp
94
A I: Inhalte eines Bewerberfragebogens (PKD)
Inhalte eines Bewerberfragebogens
1. Persönliche Angaben
(Name, Geburtsdatum, -ort, -name, Religion, Staatsangehörigkeit, Adresse,
Telefonnummern)
2. Familiensituation
(Eheschließungen, Scheidungen, leibliche Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder)
3. Eltern und Geschwistern der Bewerber
(Name, Alter, Beruf, Familienstand, Kinder, evtl. Todestag)
4. Wohnsituation
(Wohnung / Haus, Größe und Zimmeranzahl, Haustiere, andere Mitbewohner)
5. Angaben zu Hobbys und Nachbarschaft
(Kinder in der Nachbarschaft, Spielgelegenheiten, Außenkontakte)
6. Nähere Angaben zu den im Haushalt lebenden Personen
(z.B. über: geistige/ körperliche Behinderungen oder Beeinträchtigungen, Krankheiten,
Drogen-, Alkohol- oder psychische Probleme, Vorstrafen, bisherige Kontakte zu Jugendamt
oder anderen Beratungsstellen)
7. Berufliche und wirtschaftliche Situation
(Schulabschluss, Beruf, momentane Tätigkeit, Nettoeinkommen, Schulden)
8. Angaben zur Pflegestelle
(Angaben zur gewünschten Pflegeform, Erfahrungen mit Pflegekindern, vorherige
Bewerberverfahren, Wünsche über Alter und Geschlecht des Pflegekindes)
9. Angaben zu Befürchtungen bei Besonderheiten von Pflegekindern
(z.B. ausländische Staatsangehörigkeit, andere Hautfarbe, Verhaltensauffälligkeiten,
Lernbehinderung, geistige oder körperliche Behinderung, Sprach-, Hör- oder
Sehbehinderung, chronische Erkrankungen, noch ungeklärte Risiken)
10. Wünsche, Vorstellungen, Erwartungen zum aufzunehmenden Kind
(z.B. in Bezug auf Temperament, Herkunft, Schulausbildung)
11. Fragen in Bezug auf die Herkunft des Kindes
(Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Herkunftsfamilie, Rolle der Herkunft für die Bewerber,
Befürchtungen bei bestimmten Auffälligkeiten in der Herkunftsfamilie wie Straffälligkeit,
körperliche und sexuelle Gewalterfahrung, Alkohol- und Drogenprobleme, Prostitution,
geistige oder körperliche Krankheiten)
12. Gründe für eine Inpflegenahme, besondere Fähigkeiten im Umgang mit Kindern,
Angaben zu erzieherischen Vorstellungen, bisherige pädagogische Erfahrungen
13. Interesse an gemeinsamen Veranstaltungen mit anderen Pflegeeltern
(Erfahrungsaustausch, Fortbildungsveranstaltungen, Gruppenarbeit,
Wochenendveranstaltungen mit Kindern)
14. Sonstige Mitteilungen, vorherige Bewerbungsverfahren
(Vorlage von: Deutscher Kinderschutzbund Euskirchen e.V.)
Quelle:
http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm
A II: Leitfaden für ein Bewerbergespräch (FBB)
Leitfaden für ein Bewerbergespräch
1.
-
Rahmenbedingungen erläutern
was erwarten wir von der FBB- Stelle?
wie sind deren familiäre/häuslichen Verhältnisse?
welche Schulen/ Institutionen (z.B. Kinderarzt o.ä.) sind vor Ort?
2.
-
Motivation zur Bewerbung
was motiviert die Bewerber?
gibt es den Wunsch nach einem dauerhaften Familienmitglied?
können sich die Bewerber vorstellen, das Kind auch wieder abzugeben?
3.
-
persönlicher Hintergrund
was hat sie in ihrem Leben in besonderer Weise beeinflusst?
welche Erfahrungen haben sie in besonderer Weise geprägt?
wie würden sie vom heutigen Standpunkt ihre eigene Erziehung beurteilen?
was haben/ würden sie übernehmen?
wo würden sie sich abgrenzen?
wie ist der Kontakt zur Herkunftsfamilie heute?
was war/ist ihnen in der Erziehung ihrer eigenen Kinder wichtig?
unsere Familie ist wie _______________ (Metapher)
welche Erfahrungen gibt es mit Trennung?
4.
-
Ressourcen der Familie
was sind die Fähigkeiten und Ressourcen der Familie?
was kann die Familie leisten?
woher beziehen die Mitglieder Kraft?
welche Ressourcen gibt es im Umfeld?
5.
-
Grenzen der Familie
was kann die Familie nicht leisten?
was macht Angst?
wo fühlt sich die Familie nach eigener Einschätzung überfordert?
6.
-
Problemlagen der Kinder
Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten
Umgang mit traumatisierten Kindern
was ist der Familie wichtig im Umgang mit den Kindern? /Grundhaltung
mit welchen Problematiken können sie gut umgehen, mit welchen weniger?
7.
-
Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie?
wie/was denkt die FBB über die Eltern der betreuten Kinder?
können sie sich vorstellen, respektvoll mit ihnen umzugehen?
gibt es Elternproblematik, mit der sie nicht umgehen können (z.B. sex. Missbrauch?)
können sie sich vorstellen, die Loyalitäten des Kindes zu achten?
(Vorlage von: Städtische Kinderheime Köln, Fr. Brück)
Quelle: http://www.lvr.de/JUGEND/fachthemen/erziehungshilfe/plegekindervorlagen.htm
A III:
Soziale Sicherung Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland
Gegenstand der Nachweisung
1
Beendete Hilfen.
2
Während des Jahres.
3
Am Jahresende.
Erzieherische Hilfen
Ambulante Hilfen
Institutionelle Beratung 1
Betreuung einzelner junger Menschen
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
bestehende Hilfen 3
Sozialpädagogische Familienhilfe
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
bestehende Hilfen 3
Stationäre / teilstationäre Hilfen
Erziehung in einer Tagesgruppe
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
Vollzeitpflege in einer anderen Familie
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
Heimerziehung; sonstige betreute Wohnform
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
begonnene Hilfen
beendete Hilfen 2
Sonstige Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe
Adoptionen 2
Amtspflegschaften und Amtsvormundschaften 3
Beistandschaften 3
Sorgerechtsentziehungen (auch teilweise) 2
Vorläufige Schutzmaßnahmen 2
Ausgaben der öffentlichen Jugendhilfe in Mill. EUR
Ausgaben insgesamt
darunter:
für Kindertageseinrichtungen
2004
2005
304.972
309.357
28.596
26.082
24.840
28.192
26.033
25.847
20.760
17.774
27.413
21.976
18.324
29.978
7.974
6.954
7.717
6.970
10.617
8.948
10.272
9.043
26.937
24.898
25.037
24.184
1.654
1.552
1.540
1.552
5.064
66.538
684.062
8.527
25.916
4.762
68.177
694.227
8.773
25.664
20.671
20.865
11.431
11.056
Quelle:
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Sozi
alleistungen/KinderJugendhilfe/Tabellen/Content50/ErzieherischeHilfenAusgaben,templateId
=renderPrint.psml
A IV:
KONZEPTION
der Vollzeitpflege für den Bereich
der Jugendhilfe in Mülheim an der Ruhr
November 2005
Erstellt in Zusammenarbeit mit dem Initiativkreis „Mülheimer Adoptiv- und Pflegeeltern“,
PAN- Pflege- und Adoptivfamilien in Nordrhein -Westfalen e.V., dem Landesjugendamt Rheinland,
der Ev. Familienbildungsstätte Mülheim an der Ruhr, den Fachkräften der Wohlfahrtsverbände und
des Kommunalen Sozialen Dienstes der Stadt Mülheim an der Ruhr
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