ENTSCHEIDUNG der Vierten Beschwerdekammer vom 15. Dezember
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ENTSCHEIDUNG der Vierten Beschwerdekammer vom 15. Dezember
HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) Die Beschwerdekammern ENTSCHEIDUNG der Vierten Beschwerdekammer vom 15. Dezember 2004 In der Sache R 249/2004-4 Dualstar Entertainment Group, Inc. C/O Thorne and Company 1801 Century Park East, 12th Floor, Los Angeles California 90067 United States of America Anmelderin und Beschwerdeführerin vertreten durch Marks & Clerk, Edificio Carbonell, Explanada de España 1, E-03002 Alicante, Spanien gegen Karstadt Quelle Aktiengesellschaft Theodor-Althoff-Straße 2 D-45133 Essen Deutschland Widersprechende und Beschwerdegegnerin vertreten durch Lovells, Bilbao 1, 5o Piso, E-03001 Alicante, Spanien BESCHWERDE betreffend das Widerspruchsverfahren (Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr. 1 277 755) Nr. B 276271 erlässt DIE VIERTE BESCHWERDEKAMMER unter Mitwirkung von C. Hoffrichter-Daunicht (Vorsitzende und Berichterstatterin), W. Peeters (Mitglied) und I. Mayer (Mitglied) Geschäftsstellenbeamter: E. Gastinel die folgende Verfahrenssprache: Deutsch ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 2 Entscheidung Sachverhalt 1 Mit Anmeldung vom 13. August 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Eintragung der Wortmarke DUALSTAR, soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Belang, für die folgenden Waren der Klasse 9 – Audiovisuelle und Tonaufzeichnungen auf dem Gebiet Musik und Theater; bespielte Videobänder mit dramatischen Werken aus dem Bereich der fiktionalen Literatur und Musikwerken; mit Musik bespielte Schallplatten, Tonbänder und CDs. Die Anmeldung wurde am 13. März 2000 veröffentlicht. 2 Gegen die Anmeldung erhob die Beschwerdegegnerin vollumfänglich Widerspruch. Sie stützte den Widerspruch auf die seit dem 25. Februar 1983 für die Waren „Elektrische, optische und akustische Nachrichtenübertragungs-, aufzeichnungsund Wiedergabegeräte; Verstärkergeräte für die mehrdimensionale Tonraumübertragung, auch in Kombination mit Tonbandgeräten und Plattenspielern, Plattenspieler, Tonaufzeichnungs- und Tonwiedergabegeräte, Kassettenrecorder, Rundfunk/TonbandKombinationsgeräte, Fernsehsignalaufzeichungs- und Wiedergabegeräte, VideoRecorder, Video-Kassetten- Recorder, Fernsehkameras, Fernbedienungsgeräte für die vorgenannten Geräte, Lautsprecher, Lautsprecherboxen, Kopfhörer, Mikrofone, bespielte und unbespielte Bild- und Tonträger, insbesondere Schallplatten, Videoplatten, Ton- und Videomagnetbänder sowie –Kassetten; Kombinationen der vorgenannten Waren untereinander, Teile aller vorgenannten Waren“ in Klasse 9 eingetragene deutsche Wortmarke Nr. 1 045 233 DUAL. 3 Die so genannte Cooling-off-Frist wurde mehrfach verlängert. 4 Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass zwischen den beiden Marken Verwechslungsgefahr im Sinne des Artikel 8 Abs. 1 Buchst. b) GMV bestehe und die Anmeldemarke im Sinne des Artikel 8 Abs. 5 GMV den guten Ruf der in Deutschland bekannten Widerspruchsmarke unlauter aus nutze. Zur Verwechslungsgefahr führte die Beschwerdegegnerin aus, die jeweiligen Waren seien, sofern nicht identisch, jedenfalls hochgradig ähnlich, weil es sich bei bespielten Ton- und Bildträgern einerseits und Abspielgeräten andererseits um komplementäre Produkte handele, die häufig von denselben Unternehmen produziert und in derselben Abteilung großer Kaufhäuser verkauft würden. Es bestehe auch eine deutliche Ähnlichkeit der Zeichen, weil die Widerspruchsmarke vollständig in der Anmeldemarke enthalten sei. Die ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 3 Übereinstimmung befinde sich am Wortanfang des Anmeldezeichens, dem der Verkehr gewöhnlich die größte Aufmerksamkeit schenke. Der zusätzliche Bestandteil „STAR“ der Anmeldemarke sei als nicht unterscheidungskräftiger Zusatz vernachlässigenswert. Der Bestandteil „STAR“ werde in Deutschland häufig als beschreibender Zusatz für eine besondere Qualität oder Bekanntheit eines Produktes verwendet. Dies würden mehr als 600 allein in Deutschland in Klasse 9 angemeldete Marken mit dem Bestandteil „STAR“ zeigen. Mehr als 100 „Star“-Marken seien zudem in Deutschland als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen worden. Die Verwechslungsgefahr werde durch die Bekanntheit der Widerspruchsmarke in Deutschland zudem noch gesteigert. Zum Nachweis der Bekanntheit reichte die Widerspruchsführerin zum Teil auch eidesstattlich versicherte Umsatzzahlen, Katalogmaterialien sowie Zeitungsartikel ein. In den Zeitungsartikeln ist zu lesen, dass die Marke „DUAL“ in den sechziger und siebziger Jahren Weltmarktführer für Schallplattenspieler gewesen war, mit Beginn der zunehmenden Digitalisierung jedoch einen Niedergang erlitten hatte und Mitte der neunziger Jahre durch die Beschwerdeführerin „wiederbelebt“ wurde. Auch wenn es andere Marken mit dem Bestandteil „dual“ gebe, so beeinträchtigten diese Drittmarken nicht die Kennzeichnungskraft der Widerspruchs marke. Auf Veranlassung der Beschwerdegegnerin seien einige kollidierende Markeneintragungen nicht zur Eintragung gelangt oder wieder gelöscht worden. Bei vielen Paralleleintragungen bestehe hingegen aufgrund deutlich unterscheidender Zusätze oder unterschiedlicher Warenverzeichnisse keine Verwechslungsgefahr. 5 Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Nichtbenutzungseinrede. Ausdrücklich rügte sie die mangelnde Benutzung des Widerspruchszeichens für „bespielte Bild- und Tonträger, insbesondere Schallplatten, Videoplatten, Ton- und Videomagnetbänder sowie Kassetten“. Im Weiteren erwähnte sie, dass ihrer Auffassung nach die Widerspruchsmarke auch für unbespielte Bild- und Tonträger nicht benutzt werde, bezog sich im Schlusssatz jedoch wiederum nur auf bespielte Bild- und Tonträger. In einem nachfolgenden Schriftsatz erwähnte sie erneut unbespielte und bespielte Tonträger. Auf den ersten Schriftsatz hin forderte das Amt die Beschwerdegegnerin auf, Nachweise zu erbringen, dass die Marke für „bespielte Bild- und Tonträger“ verwendet werde. Daraufhin reichte die Beschwerdegegnerin keine neuen Unterlagen ein, sondern verwies auf die bereits zum Nachweis der erhöhten Kennzeichnungskraft beigebrachten Unterlagen, die eine Benutzung der Marke lediglich für TV-, Video- und Hi-FiGeräte zeigten. 6 Im Übrigen bestritt die Beschwerdeführerin das Vorliegen jeglicher Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen. Beim Vergleich der Waren seien mangels Benutzung der Widerspruchsmarke für einen Großteil der unter der Widerspruchsmarke registrierten Waren lediglich TV-, Video- und Hi-Fi-Geräte einerseits mit u.a. bespielten Ton- und Bildträgern andererseits zu vergleichen. Diese Waren seien unähnlich. Bespielte Ton- und Bildträger würden in anderen Abteilungen von Kaufhäusern verkauft als die Abspielgeräte. Da die Käufer der Unterhaltungsprodukte zudem bereits Abspielgeräte besäßen, handele es sich beim Erwerb der jeweiligen Waren um voneinander getrennte Kaufentscheidungen. ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 4 Auch seien die Zeichen unähnlich. Das Anmeldezeichen DUALSTAR sei absichtlich als ein einheitliches Wort geschaffen worden, das vom Verbraucher einheitlich wahrgenommen würde und nicht in seine beiden Bestandteile zergliedert werden dürfe. Da der Bestandteil „Star“ zusammen mit dem Bestandteil „dual“ ein neues, einheitliches Wort bilde, sei der Bestandteil „star“ auch nicht kennzeichnungsschwach. Das Anmeldezeichen sei zudem sowohl in phonetischer als auch in schriftbildlicher Hinsicht deutlich länger als die Kurzmarke „DUAL“. Die Widerspruchsmarke habe schließlich auch keine erhöhte Kennzeichnungskraft. Deren frühere Bekanntheit lasse keinen Schluss zu, dass das Zeichen auch heute noch bekannt sei. Die ohnehin aufgrund ihrer beschreibenden Bedeutung kennzeichnungsschwache Marke sei zudem wegen zahlreicher Drittmarken mit dem Bestandteil „dual“ in ihrer Kennzeichnungskraft noch weiter geschwächt. 7 Mit der angefochtenen Entscheidung gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch bezüglich aller in Klasse 9 angemeldeten Waren statt und wies ihn hinsichtlich sämtlicher anderer Waren zurück. Nach Auffassung der Widerspruchsabteilung besteht zwischen den Marken Verwechslungsgefahr, weil der Verbraucher die beiden Marken miteinander gedanklich in Verbindung bringe. Der Verbraucher nehme an, bei dem Anmeldezeichen handele es sich um eine „Edelmarke“ der Beschwerdegegnerin. Die Nachweise der Beschwerdegegnerin reichten aus, um die Benutzung der älteren Marke für Fernseher, Multimedia-Center und Audio-Kleingeräte zu belegen. Zwar lasse sich allein aus den dargelegten Umsatzzahlen nichts über Art und Umfang der Benutzung schließen, aber die Kataloge und Werbeanzeigen zeigten, dass die Marke in Verbindung mit den entsprechenden Produkten verwendet wurde. Die Waren seien den von der Beschwerdeführerin beanspruchten audiovisuellen und Tonaufzeichnungen, bespielten Videobändern und bespielten Tonträgern äußerst ähnlich. Die Waren stünden in einem zweckgebundenen Zusammenhang, würden über dieselben Vertriebswege verkauft und richteten sich an dieselben Konsumenten. Zudem seien die Zeichen ähnlich. In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht ergebe sich die Ähnlichkeit aus dem gemeinsamen Beginn. Darüber hinaus seien die Marken aufgrund des in beiden enthaltenen Begriffs „DUAL“ konzeptionell ähnlich, da sie jeweils auf eine Zweiheit hindeuteten. Diese Ähnlichkeiten reichten im vorliegenden Fall aus, da die Beschwerdegegnerin nachgewiesen habe, dass die Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft für Fernseher, Hi-Fi-Anlagen, Multimedia-Center und Audio-Kleingeräte besitze. Während der bekannte und einprägsame Bestandteil „DUAL“ am zumeist beachteten Wortanfang stehe, trete das in der Anmeldemarke zusätzlich enthaltene Element „STAR“ in den Hintergrund, weil es in Deutschland als bloßer Hinweis auf eine besondere Qualität oder „Edelmarke“ angesehen werde. Mangels ausreichenden Tatsachenvortrags hinsichtlich Artikel 8 Abs. 5 GMV verneinte die Widerspruchsabteilung das Vorliegen einer unlauteren Rufausnutzung oder Rufbeschädigung. 8 Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin fristgemäß Beschwerde und begründete diese rechtzeitig. Zur Begründung rügt die Beschwerdeführerin ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 5 zunächst die Beurteilung der Benutzungsnachweise. Die Annahme der Widerspruchsabteilung, die angegebenen Umsätze bezögen sich auf die beworbenen Produkte, sei lediglich eine Mutmaßung. Darüber hinaus fehle es wegen der visuellen, klanglichen und begrifflichen Unterschiede zwischen den Vergleichszeichen bereits an einer Zeichenähnlichkeit. Die Beschwerdeführerin betont insbesondere erneut, dass die Marke DUALSTAR als Einheit aufgefasst werde und nicht in zwei Bestandteile zergliedert werden dürfe. Die beiden Bestandteile würden von den angesprochenen Verkehrskreisen als untrennbare Einheit mit einem eigenen, sich von der Bedeutung „Zweiheit“ unterscheidenden Bedeutungsinhalt wahrgenommen. Unter der kraftvollen, innovativen und einzigartigen Marke würden nämlich die Produkte der Olson-Twins vertrieben, die beginnend mit einem Alter von neun Monaten seit vielen Jahren in diversen Filmen und Fernsehserien aufgetreten und dadurch berühmt geworden seien. Da sie jahrelang aufgrund ihres nahezu identischen Aussehens dieselbe Rolle in einer Fernsehserie gespielt hätten, sei dadurch die Markenidee eines „doppelten Filmstars“ entstanden. Das Wort „Star“ werde deshalb wörtlich verstanden und sei dementsprechend kennzeichnungskräftig. Der Bestandteil „dual“ werde allein als beschreibender, sich auf das Wort „Star“ beziehender Begriff verstanden. Diese Wahrnehmung des Anmeldezeichens werde noch dadurch verstärkt, dass aufgrund der Berühmtheit der Olson- Twins auch ihre beiden Marken „marykateandashley“ sowie „DUALSTAR“ weltweit bekannt seien. Die Beschwerdeführerin sei gegründet worden, um die wachsende Fan-Gemeinde der Olson-Twins „kommerziell abzuschöpfen“. Sofern in der angefochtenen Entscheidung von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen worden sei, fehle dazu jegliche Begründung. 9 In ihrer Stellungnahme verteidigt die Beschwerdegegnerin die angefochtene Entscheidung und wiederholt die Argumente, die sie bereits vor der Widerspruchsabteilung geltend gemacht hat. Die Warenähnlichkeit sei insbesondere auch deshalb gegeben, weil zwischen den von der Beschwerdeführerin beanspruchten bespielten und den für die Widerspruchsmarke registrierten unbespielten To nträgern eine große Warennähe bestünde. Der Benutzungseinwand der Beschwerdeführerin erfasse die unbespielten Tonträger der Beschwerdegegnerin nämlich nicht, da er sich lediglich auf bespielte Tonträger bezogen habe. Entscheidungsgründe 10 Die Beschwerde ist zulässig (Artikel 57, 58, 59 GMV, Regel 48 GMDV), aber unbegründet. Zwischen den Zeichen besteht Verwechslungsgefahr im Sinne des Artikel 8 Abs. 1 Buchst. b GMV. Die von den Vergleichszeichen jeweils beanspruchten Waren sind äußerst ähnlich. Die Widerspruchsmarke ist darüber hinaus vollständig in der Anmeldemarke enthalten. Aufgrund der Üblichkeit des Zusatzes „Star“ in Marken einerseits und der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Dual“ andererseits besteht die Gefahr, dass die Zeichen entweder direkt miteinander verwechselt oder aber zumindest gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 6 11 Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat unter Berücksichtigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Faktoren der Warenähnlichkeit, der Zeichenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu erfolgen (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C342/97 Lloyd Schuhfabrik Meyer & Co. GmbH/Klijsen Handel BV („Lloyd Schuhfabrik “) Slg. 1999, I-3819, Randnr. 19, 20; siehe Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1998 in der Rechtssache C-39/97 Canon Kabushiki Kaisha/Metro-Goldwyn-Mayer, Inc., vormals Pathe Communications Corporation („Canon“) Slg. 1998, I-5507, Randnr. 17, 18). Warenähnlichkeit a) Zu vergleichende Waren und Dienstleistungen 12 Zur Bestimmung der Warenähnlichkeit sind sämtliche von der Anmeldemarke beanspruchten Waren in Klasse 9 mit fast allen für die Widerspruchsmarke registrierten Waren zu vergleichen. Eine Ausnahme besteht insoweit nur hinsichtlich „bespielter Bild- und Tonträger, insbesondere Schallplatten, Videoplatten, Ton- und Videomagnetbänder sowie Kassetten“, denn insoweit hat die Beschwerdegegnerin keinerlei Nachweise dafür erbracht, dass sie diese Produkte unter ihrer Marke vertrieben hat. 13 Die Nichtbenutzungseinrede (Artikel 43 Abs. 2 GMV) war ausdrücklich auf diese Waren beschränk t worden. Dies folgt allerdings nicht schon, wie die Beschwerdegegnerin meint, aus dem Aufforderungsschreiben des Amtes, nur für diese Waren Benutzungsnachweise zu liefern, denn eine falsche Auslegung durch das Amt könnte die Parteien nicht binden, sondern allenfalls den Eintritt der Ausschlussfrist für weitere Nachweise gemäß Regel 22 Abs. 1 GMDV verhindern. Die Erhebung einer auf einige Produkte beschränkten Nichtbenutzungseinrede folgt jedoch aus den Erklärungen der Beschwerdeführerin selbst. So formulierte sie in ihrem Schriftsatz vom 12. April 2002 wörtlich: „Im Übrigen wird die Benutzung der Marke DUAL für bespielte Bild- und Tonträger, insbesondere Schallplatten, Videoplatten, Ton- und Videomagnetbänder sowie Kassetten bestritten“. Eine solche Beschränkung der Benutzungseinrede lediglich auf Teile der dem Widerspruch zugrunde liegenden Waren ist möglich, da Artikel 43 Abs. 2 GMV die Erhebung der Einrede vollständig in das Ermessen des Widerspruchsgegners stellt. Zweifel könnten allein deshalb aufkommen, weil es im nachfolgenden Absatz heißt: „aus keiner der Kopien geht aber die Benutzung für bespielte und unbespielte Bild- und Tonträger hervor“. Da sich die Beschwerdeführerin jedoch im Abschlusssatz wiederum allein auf bespielte Bild- und Tonträger bezieht, ist der einmalige Bezug auf auch unbespielte Bild- und Tonträger als sprachliche Ungenauigkeit beim Diktat zu verstehen. Unk larheiten bei der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede müssen zu Lasten des Erklärenden gehen. Der Antrag auf Erbringung von Benutzungsnachweisen muss schon deshalb eindeutig formuliert sein, weil er dem Widerspruchsgegner eine erhebliche Beweislast aufbürdet. 14 Eine über den dargestellten Umfang hinausgehende Erhebung der Nichtbenutzungseinrede ergibt sich auch nicht aus den in späteren Schriftsätzen ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 7 und der Beschwerdebegründung enthaltenen Ausführungen zu den Benutzungsnachweisen. Die erstinstanzlichen Schriftsätze vor dem Amt beziehen sich lediglich auf die bereits erhobene Benutzungseinrede. Die Stellungnahme in der Beschwerdebegründung bezieht sich lediglich auf die Begründung der abschließenden Entscheidung der Widerspruchsabteilung, in der die Widerspruchsabteilung die nur beschränkte Erhebung der Benutzungseinrede völlig übersehen hatte. In diesen Schriftsätzen eine konkludente Erhebung der Benutzungseinrede zu sehen, verbietet sich wegen der Notwendigkeit eindeutiger Verfahrenserklärungen. Ein gesonderter Hinweis der Kammer an die Beschwerdeführerin auf diese Tatsache war entbehrlich, da der Beschwerdegegner in seiner Beschwerdeerwiderung ausdrücklich auf die Beschränkung der Einrede (und ihre Folgen) verwiesen hatte. b) Warenvergleich 15 Damit sind einerseits „audiovisuelle und Tonaufzeichnungen auf dem Gebiet Musik und Theater, bespielte Videobänder mit dramatischen Werken, aus dem Bereich der fiktionalen Literatur und Musikwerken; mit Musik bespielte Schallplatten, Tonbänder und CDs“ auf Seiten des Anmeldezeichens mit sämtlichen unter der Widerspruchsmarke registrierten Waren mit Ausnahme von bespielten Bild- und Tonträgern zu vergleichen. Die Beurteilung der Warenähnlichkeit hat anhand sämtlicher erheblicher Faktoren zu erfolgen, insbesondere der Art der Waren, ihres Verwendungszweckes und ihrer Nutzung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (siehe Canon a.a.O. Randnr. 23). Die angefochtene Entscheidung ist zu Recht von einer großen Warenähnlichkeit ausgegangen. Bei Abspielgeräten für Ton- und Bildträger und Ton- und Bildträgern selbst handelt es sich um komplementäre Produkte, die notwendigerweise zusammen benutzt werden. Sie werden vom Verbraucher häufig in denselben Elektronik- und Unterhaltungsmärkten gekauft, wo beides in räumlicher Nähe zueinander angeboten wird. Zudem ist dem Verbraucher bekannt, dass einige Hersteller der technischen Abspielgeräte unter ihrer Marke zugleich die notwendigen Datenträger vertreiben. Auch zwischen bespielten und unbespielten Tonträgern besteht eine deutliche Warennähe. Abspielgeräte und unbespielte Bild- und Tonträger werden von denselben Unternehmen hergestellt und in denselben Abteilungen an Endverbraucher verkauft. Hat der Endverbraucher einen unbespielten Tonträger einmal bespielt, unterscheidet sich dieser zudem in keiner Weise im Endgebrauch mehr von einem von Hause aus bespielten Ton- oder Bildträger. Zeichenähnlichkeit 16 Auch die Zeichen sind ähnlich. In schriftbildlicher und phonetischer Hinsicht bestehen die Übereinstimmungen darin, dass die Widerspruchsmarke als Wortanfang der Anmeldemarke vollständig in dieser enthalten ist. In konzeptioneller Hinsicht ist zu beachten, dass beide Marken den Bestandteil „DUAL“ besitzen, der eine Zweiheit andeutet. Diese Ähnlichkeit wird nicht allein dadurch beseitigt, dass die Anmeldemarke noch den Zusatz „S TAR“ besitzt. Denn für einen erheblichen Teil der hier maßgeblichen deutschen ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 8 Verbraucher ist der Bestandteil „S TAR“ lediglich ein beschreibender Hinweis. Zwar besteht die Möglichkeit, dass ein Verbraucher den Begriff als einheitlichen, englischsprachigen Begriff auffasst, der auf einen „doppelten Star“ hinweist. Für den deutschen Verbraucher liegt es allerdings viel näher, die Marke als rein deutsches Wort zu verstehen, weil es sich sowohl bei dem Wort „dual“ als auch bei dem Wort „Star“ inzwischen um Wörter der deutschen Sprache handelt. Da das Wort „dual“ jedoch im Deutschen nicht in Verbindung mit Personen oder Personenbezeichnungen gebraucht wird, ist es für einen hier maßgeblichen deutschen Verbraucher nahe liegend, das Zeichen als Zusammensetzung der Marke „DUAL“ und des als Markenzusatz und in der Werbung häufig gebrauchten, beschreibenden Bestandteils „STAR“ zu verstehen. Darin ist keine unzulässige analysierende Betrachtungsweise zu sehen. Vielmehr geschieht eine solche Wahrnehmung der beiden Bestandteile „D UAL“ und „STAR“ automatisch. Der hier maßgebliche deutsche Verbraucher erkennt aufgrund der Besonderheit der deutschen Sprache, neue Wörter durch einfache Aneinanderfügung bekannter Wörter zu schaffen, die Einzelbestandteile eines derartig zusammengesetzten Wortes jedenfalls dann ohne weiteres, wenn es sich wie hier bei beiden Wortbestandteilen um Begriffe der deutschen Sprache (zumindest eingedeutschte Begriffe) handelt. Verwechslungsgefahr 17 Die Verwechslungsgefahr ist aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der betreffenden Warenart zu beurteilen (siehe Lloyd a.a.O. Randnr. 26). Dies ist vorliegend ein Verbraucher des allgemeinen deutschen Verkehrs, da sich die unter den Vergleichszeichen angebotenen Waren an alle Käuferschichten richten. Bei einem erheblicher Teil dieser Verbraucher wird aufgrund der Übereinstimmungen der Zeichen in dem Bestandteil „DUAL“ wegen der großen Warenähnlichkeit die Gefahr von Verwechslungen bestehen. Diese Verwechslungsgefahr wird insbesondere dadurch geschaffen, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um ein gerade bei älteren Verbrauchern in Deutschland aufgrund seiner Bekanntheit überdurchschnittlich kennzeichnungskräftiges Zeichen handelt. 18 Die Marke „DUAL“ ist in Deutschland entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht von Hause aus kennzeichnungsschwach, sondern besitzt für die hier maßgeblichen Waren jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Wort „Dual“ in Alleinstellung ist nicht unmittelbar beschreibend. Das Wort, als Substantiv verwendet, bezeichnet entweder einen sprachlichen Numerus oder die Lösung eines Schachproblems (vgl. Duden, Das Große Fremdwörterbuch, 2. Aufl., 2000). Keine dieser Bedeutungen passt auf die unter der Marke registrierten Waren und Dienstleistungen. Als Adjektiv steht es für „eine Zweiheit bildend“. Für ein Verständnis als Adjektiv fehlt der Widerspruchsmarke aber ein Bezugsobjekt. Selbst wenn es auf die unter dem Zeichen registrierten Waren gedruckt würde, ergäbe sich daraus nichts anderes. Denn auch dann bliebe dem Verbraucher unklar, was an den Produkten „dual“ sein solle. Allenfalls für unbespielte CDs mag eine ursprünglich schwache Kennzeichnungskraft angenommen werden, weil es mittlerweile sog. „dual- layer CDs“ gibt. Der Kammer ist aber nicht bekannt, dass für entsprechende CDs die Abkürzung „dual“ ohne Bezugsobjekt üblich ist. ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 9 19 Die Kennzeichnungskraft der Marke DUAL ist auch nicht durch Paralleleintragungen geschwächt. Eine Vielzahl der von der Beschwerdeführerin angeführten Paralleleintragungen betreffen vollkommen andere Waren. Allein zwei Markeneintragungen, nämlich DUALVISON und DUAL HEROES, sind überhaupt vergleichbar. Wie der Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamtes zu entnehmen ist, ist jedoch gegen DUALVISION ein Widerspruchsverfahren anhängig. Die unter DUAL HEROES eingetragenen Waren betreffen demgegenüber allein Video- und Computerspiele und das zugehörige Equipment und damit einen anderen Warenbereich. Darüber hinaus handelt es sich bei DUAL HEROES, anders als bei dem Anmeldezeichen, auch eindeutig um eine englischsprachige Verwendung des Wortes „dual“. Entsprechendes gilt im Übrigen für die von der Beschwerdegegnerin angeführ te Entscheidung über einen Widerspruch der Beschwerdegegnerin gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung DUAL FORCE. 20 Die von der Beschwerdegegnerin beigebrachten Zeitungsartikel belegen im Gegenteil, dass die ältere Marke in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine deutlich erhöhte Kennzeichnungskraft für Plattenspieler besessen hat. Dieser Umstand ist im Übrigen kammerbekannt und wird auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht bestritten. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Marke wegen des Verschwindens von Plattenspielern einen erheblichen wirtschaftlichen Niedergang erlebt und bei jungen Käufern stark an Bekanntheit eingebüßt hat, so führt dies nach Ansicht der Kammer nicht zu einem vollständigen Verlust der erhöhten Kennzeichnungskraft. Wer in den sechziger und siebziger Jahren einen Dual-Plattenspieler gekauft hat, dem ist die Marke wie der Plattenspieler in Erinnerung geblieben. Plattenspieler waren teure Anschaffungen, bei denen der Verkehr besonders auf Markenqualität geachtet hat. Diese älteren Verbraucher bildeten auch zum Zeitpunkt der Gemeinschaftsmarkenanmeldung (1999) noch einen erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise. Sie gehörten zwar überwiegend nicht mehr zur Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen der Fernsehwerbung, dafür aber zur besonders solventen Gruppe der „bestager“. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntheit einer Marke im Bereich der Musikgeräte, die in aller Regel viele Jahre halten, langsamer sinkt als dies in anderen Warengruppen der Fall sein mag. Aufgrund ihrer langen Lebensdauer stehen die hier relevanten Produkte immer noch in vielen Haushalten. Darüber hinaus hat die Beschwerdegegnerin belegt, dass über den Neustart der Marke bei der Beschwerdegegnerin in mehreren auflagenstarken überregionalen deutschen Zeitschriften und Tageszeitungen kurz zuvor (1996) berichtet wurde. Auch dies trägt nach Auffassung der Kammer dazu bei, bei einem erheblichen Teil der relevanten Verkehrskreise die Marke mit Ruf wieder ins Gedächtnis zu rufe n. Dabei ist die Bekanntheit der Marke nicht allein auf Plattenspieler beschränkt: da alle Hersteller von Musikgeräten sich nicht auf einen Typ von Musikgeräten beschränken, erstreckt sich die Bekanntheit für die angesprochenen Verbraucher auf den gesamten Bereich dieser Technologie. 21 Berücksichtigt man die zumindest nachwirkende erhöhte Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens, so reichen die Unterschiede allein in dem Zusatz „STAR“ des Anmeldezeichens nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu verneine n. Die Widerspruchsmarke ist vollständig im Anmeldezeichen enthalten. Die Übereinstimmung besteht dabei am Zeichenanfang, dem der Verkehr ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 10 regelmäßig die größte Aufmerksamkeit schenkt. Die Unterschiede bestehen einzig in dem im Anmeldezeichen enthaltenen Zusatz „STAR“. Wie oben zur Zeichenähnlichkeit ausgeführt, führt der Zusatz für einen erheblichen Teil der deutschen Verbraucher nicht dazu, dass die Anmeldemarke einen vollständig anderen Sinngehalt ergibt. Würde die Anmeldemarke – zulässigerweise – die beiden Bestandteile in unterschiedlichen Schrifttypen oder –größen darstellen, nähme der Verkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit den Zusatz allein beschreibend auf und würde die Marken direkt miteinander verwechseln. Aber selbst wenn das Widerspruchszeichen als zusammengeschriebenes Wort dargestellt wird, wird der Verkehr zumindest geschäftliche Beziehungen zwischen den Markeinhabern vermuten. Dies resultiert insbesondere daraus, dass es für Musikgerätehersteller nicht unüblich ist, unter derselben oder aber den Markennamen enthaltenden Zweitmarke auch bespielte Ton- und Filmträger anzubieten. 22 Auch eine angebliche Bekanntheit der Olson-Twins in Deutschland ändert an dieser Beurteilung nichts. Die von der Beschwerdeführerin eingereichten Artikel über die Olson-Twins in deutschen Zeitschriften belegen im Wesentlichen die Absicht für das zu Ende gehende Jahr 2004, die Olson-Twins und ihre Merchandising-Produkte in den deutschen Markt zu drücken. Sie reichen indes nicht aus, um nachzuweisen, dass dem deutschen Verkehr aufgrund einer angeblichen Bekanntheit der Olson-Twins auch die Marke DUALSTAR bekannt wäre und er die Marke allein deshalb von der Widerspruchsmarke nicht unterscheiden könnte, schon gar nicht rückwirkend für den Kollisionszeitpunkt 1999. 23 Soweit die Beschwerdeführerin sich auf die Entscheidung Alpha / Alpha Star der erkennenden Kammer beruft (R 195/2000-4 vom 4. Juli 2001), fehlt es nach Ansicht der Kammer an einem vergleichbaren Sachverhalt. Kosten 24 Die Beschwerdeführerin hat gemäß Artikel 81 Abs. 1 GMV als unterliegende Beteiligte die der Beschwerdegegnerin entstandenen Gebühren und notwendigen Kosten zu ersetzen. ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL 11 Tenor der Entscheidung Aus diesen Gründen entscheidet DIE KAMMER wie folgt: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Beschwerdeführerin trägt die der Beschwerdegegnerin Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten. C. Hoffrichter-Daunicht W. Peeters I. Mayer Geschäftsstellenbeamter: E. Gastinel ENTSCHEIDUNG VOM 15. DEZEMBER 2004 – R 249/2004 - 4 – DUALSTAR / DUAL im -