11 Bezeichnungsschutz – „Diätkäse“, Vorabent

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11 Bezeichnungsschutz – „Diätkäse“, Vorabent
II Urteile Europäischer Gerichtshof - Europäisches Gericht
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11 Bezeichnungsschutz – „Diätkäse“, Vorabentscheidungsverfahren
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Bezeichnungsschutz –
„Diätkäse“, Vorabentscheidungsverfahren
11.1
EuGH – Urteil vom 16.12.1999,
Rechtssache C 101/98
11.2
Schlagworte
„Diätkäse“, Verwendung der Bezeichnung „Käse“ zur Kennzeichnung eines diätetischen Erzeugnisses, in dem das Milchfett durch
Pflanzenfett ersetzt wurde
11.3
Leitsatz
Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1898/871 des Rates
vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der Milch und
Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung in Verbindung mit Artikel
3 Absatz 2 der Richtlinie 89/398/EWG des Rates vom 3. Mai 1989
zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, ist
dahin auszulegen, dass ein Milcherzeugnis, bei dem das Milchfett
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Heute inhaltsgleich EG-VO 1234/2007, Anhang XII
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aus diätetischen Gründen durch Pflanzenfett ersetzt worden ist,
nicht als „Käse“ bezeichnet werden darf.
11.4
Rechtsgrundlage
Schutz der Bezeichnung der Milch und der Milcherzeugnisse bei
ihrer Vermarktung, EG-Verordnung 1898/87 2 – Richtlinie
89/398/EWG
11.5
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Aus den Gründen
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 5. März 1998, beim
Gerichtshof eingegangen am 9. April 1998, gemäß Artikel 177
EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1898/873
des Rates vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der
Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung (ABl. L 182,
S. 36; im Folgenden: Verordnung), und des Artikels 3 Absatz 2 der
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EG-VO 1234/2007, Anhang XII
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Für Erzeugnisse aus Milch, bei denen ein natürlicher Bestandteil
der Milch durch einen Fremdstoff ersetzt worden ist, ist die Verwendung einer Bezeichnung wie „Diät-Käse (oder DiätWeichkäse) mit Pflanzenöl für die fettmodifizierte Ernährung“ auch dann nicht zulässig, wenn diese Bezeichnung durch
beschreibende Zusätze auf der Verpackung wie „Dieser Diät-Käse
ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ oder „Dieser DiätKäse ist ideal für eine cholesterinbewusste Lebensweise“ ergänzt
wird.
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Richtlinie 89/398/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. L 186, S.
27; im Folgenden: Richtlinie), zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Union Deutsche Lebensmittelwerke GmbH (im Folgenden: UDL),
einem Unternehmen der Lebensmittelindustrie, und dem Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e. V. (im Folgenden:
Schutzverband), einem Wettbewerbsverein, über die Bezeichnung,
unter der die UDL zwei ihrer Erzeugnisse zu verkaufen beabsichtigt.
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Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften
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Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Verordnung bestimmen:
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„(2) Milcherzeugnisse im Sinne dieser Verordnung sind ausschließlich aus Milch gewonnene Erzeugnisse, wobei jedoch für
die Herstellung erforderliche Stoffe zugesetzt werden können,
sofern diese nicht verwendet werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen.
Folgende Bezeichnungen sind ausschließlich Milcherzeugnissen
vorbehalten:
– die Bezeichnungen im Anhang;
– die tatsächlich für Milcherzeugnisse verwendeten Bezeichnungen gemäß Artikel 5 der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18.
Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den
Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung
hierfür, zuletzt geändert durch die Richtlinie 85/7/EWG.
(3) Die Bezeichnung ‚Milch‘ und die für Milcherzeugnisse verwendeten Bezeichnungen können auch zusammen mit einem oder
mehreren Worten für die Bezeichnung von zusammengesetzten
Erzeugnissen verwendet werden, bei denen kein Bestandteil einen
beliebigen Milchbestandteil ersetzt oder ersetzen soll und bei dem
die Milch oder ein Milcherzeugnis einen nach der Menge oder
nach der für das Erzeugnis charakteristischen Eigenschaft wesentlichen Teil darstellt.“
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Artikel 3 der Verordnung lautet:
„(1) Die Bezeichnungen gemäß Artikel 2 dürfen nur für die in
Artikel 2 genannten Erzeugnisse verwendet werden.
Dies gilt jedoch nicht für Erzeugnisse, deren Art aufgrund ihrer
traditionellen Verwendung genau bekannt ist, und/oder wenn die
Bezeichnungen eindeutig zur Beschreibung einer charakteristischen Eigenschaft des Erzeugnisses verwandt werden.
Bei Erzeugnissen, die Milch oder Milcherzeugnisse enthalten,
dürfen die Bezeichnung ‚Milch’ und die in Artikel 2 Absatz 2
Unterabsatz 2 genannten Bezeichnungen jedoch nur zur Beschreibung der Ausgangsrohstoffe und zur Aufführung der Bestandteile
gemäß der Richtlinie 79/112/EWG verwandt werden.“
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Im Anhang der Verordnung ist unter den Bezeichnungen gemäß
Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich die Bezeichnung „Käse“ aufgeführt.
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Artikel 1 der Richtlinie lautet:
„(1) Diese Richtlinie bezieht sich auf diejenigen Lebensmittel, die
für eine besondere Ernährung bestimmt sind.
(2) a) Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt
sind, sind Lebensmittel, die sich aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung
deutlich von den
Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden, die sich
für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen
Zweck geeignet sind.
b) Eine besondere Ernährung muss den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
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(2) Bei anderen als den in Artikel 2 genannten Erzeugnissen darf
nicht durch Etikett, Handelsdokumente, Werbematerial, Werbung
irgendwelcher Art (im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie 84/450/EWG) oder Aufmachung irgendwelcher Art behauptet
oder der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei dem betreffenden Erzeugnis um ein Milcherzeugnis handelt.
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i) bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- bzw.
Resorptionsprozeß oder Stoffwechsel gestört ist, oder
ii) bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen
physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der
Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
iii) gesunder Säuglinge oder Kleinkinder.“
Artikel 3 der Richtlinie bestimmt:
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„(1) Erzeugnisse im Sinne des Artikels 1 müssen aufgrund ihrer
Beschaffenheit oder Zusammensetzung für den vorgesehenen
besonderen Ernährungszweck geeignet sein.
(2) Für die in Artikel 1 genannten Erzeugnisse gelten auch die
zwingenden Vorschriften für Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs, abgesehen von solchen Änderungen, die vorgenommen
worden sind, damit den in Artikel 1 vorgesehenen Begriffsbestimmungen entsprochen wird.“
Artikel 7 Absätze 1 und 2 der Richtlinie sehen folgendes vor:
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„(1) Die Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember
1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie
die Werbung hierfür, zuletzt geändert durch die Richtlinie
89/395/EWG, gilt für die in Artikel 1 genannten Erzeugnisse gemäß den nachstehenden Bedingungen.
(2) Zu der Bezeichnung, unter der ein Erzeugnis verkauft wird,
muss die Angabe seiner besonderen nutritiven Eigenschaften gehören. Bei den in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b) Ziffer iii) genannten Erzeugnissen wird diese Angabe jedoch durch die Angabe des
Zwecks, für den sie bestimmt sind, ersetzt.“
Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/112/EWG4 des
Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvor4
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Heute EG-Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG
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schriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln
sowie die Werbung hierfür (ABl. 1979, L 33, S. 1) sieht vor:
„Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen
nicht
a) geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere
nicht
i) über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art,
Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit,
Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;
iii) indem zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.“
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Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 79/112/EWG in der Fassung der
Richtlinie 89/395/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 (ABl. L 186,
S. 17) bestimmt:
„Die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels ist die Bezeichnung, die in den diesbezüglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, und, bei Fehlen einer solchen, die verkehrsübliche Bezeichnung in dem Mitgliedstaat, in dem die
Abgabe an den Endverbraucher und an gemeinschaftliche Einrichtungen erfolgt, oder eine Beschreibung des Lebensmittels und
erforderlichenfalls seiner Verwendung, die hinreichend genau ist,
um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von ähnlichen Erzeugnissen zu
unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte.“
Der Ausgangsrechtsstreit und die Vorabentscheidungsfragen
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Die UDL ist ein Unternehmen der Lebensmittelindustrie, das u. a.
Käse und Erzeugnisse aus Käse herstellt, darunter auch solche, die
für eine besondere oder diätetische Ernährung bestimmt sind. Sie
vertreibt u. a. unter der Marke „Becel“ Lebensmittel, in denen
tierische Fette mit gesättigten Fettsäuren durch pflanzliche Fette
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ii) durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das
Lebensmittel nicht besitzt;
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mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren
ersetzt werden, die die Eigenschaft haben, den Cholesterinspiegel
im Blut zu senken.
Seit Anfang der 90er Jahre vertreibt die UDL unter der Bezeichnung „diätetischer Brotbelag“ zwei Erzeugnisse der Marke
„Becel“, die sie in Zukunft unter der Bezeichnung „Holländisches
Appetitstück. – Diät-Käse mit Pflanzenöl für die fettmodifizierte
Ernährung“ und „Diät-Weichkäse mit Pflanzenöl für die fettmodifizierte Ernährung“ verkaufen möchte. Außerdem beabsichtigt die
UDL, auf der Verpackung bei dem ersten Erzeugnis anzugeben:
„Dieser Diät-Käse ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“;
bei dem zweiten soll es heißen: „Dieser Diät-Käse ist ideal für eine
cholesterinbewusste Lebensweise“.
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Der Schutzverband hält die neuen Bezeichnungen und die beschreibenden Zusätze, die die UDL auf den beiden Erzeugnissen
der Marke „Becel“ anbringen will, für wettbewerbswidrig, weil
Käse ein Milcherzeugnis sei, während in der Zusammensetzung
der letztgenannten Erzeugnisse das Milchfett vollständig durch
Pflanzenfette ersetzt sei; er erhob beim Landgericht Hamburg
Klage gegen die UDL mit dem Antrag, dieser zu verbieten, zum
einen die Bezeichnung „Käse“ für diese Erzeugnisse zu verwenden und zum anderen auf deren Verpackung die genannten Angaben anzubringen. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen,
das Berufungsgericht gab ihr jedoch statt. Die UDL legte Revision
beim Bundesgerichtshof ein. Dieser ist der Ansicht, dass der
Rechtsstreit Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts
aufwerfe; er hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die
beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Ist Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1898/87 des
Rates vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der
Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung auch unter
Berücksichtigung der in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie
89/398/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die
für eine besondere Ernährung bestimmt sind, getroffenen Regelung so auszulegen, dass ein Milcherzeugnis, bei dem aus
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diätetischen Gründen Milchfett durch Pflanzenfett ersetzt worden ist, nicht als Käse bezeichnet werden darf?
2. Falls die erste Frage bejaht werden sollte: Ist es von Bedeutung,
dass die Bezeichnung „Diät-Käse (bzw. Diät-Weichkäse) mit
Pflanzenöl für die fettmodifizierte Ernährung“ mit beschreibenden Zusätzen auf der Verpackung ergänzt wird, wie „Dieser
Diät-Käse ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ...“ bzw. „Dieser Diät-Käse ist ideal für eine cholesterinbewusste Lebensweise ...“?
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Vor der Beantwortung dieser Frage ist zu prüfen, ob Artikel 3
Absatz 1 der Verordnung für Lebensmittel gilt, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.
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Die Verordnung und die Richtlinie haben unterschiedliche Zielsetzungen, und die Richtlinie schließt die Anwendung der Verordnung auf Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt
sind, nicht aus. Während die Verordnung die Bezeichnung der
Milch und der Milcherzeugnisse im Hinblick auf deren natürliche
Zusammensetzung im Interesse der Erzeuger und der Verbraucher
schützen soll, besteht das Ziel der Richtlinie darin, genaue Vorschriften für die Etikettierung und die Aufmachung der in ihren
Anwendungsbereich fallenden Erzeugnisse festzulegen, um sicherzustellen, dass diese Erzeugnisse nach ihrer Beschaffenheit
und Zusammensetzung für den vorgesehenen besonderen Ernährungszweck geeignet sind.
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Außerdem ergibt sich entgegen dem Vorbringen der UDL aus
Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie in Verbindung mit der Verordnung keineswegs, dass das Gemeinschaftsrecht der Kennzeichnung der diätetischen Variante eines Lebensmittels mit der Verkehrsbezeichnung des entsprechenden Normallebensmittels nicht
nur nicht entgegensteht, sondern die Verwendung dieser Bezeichnung für die Kennzeichnung dieser Variante sogar gebietet.
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Wie die deutsche Regierung vorträgt, ergibt sich nämlich aus dem
Wortlaut des Artikels 3 Absatz 2 der Richtlinie, dass diese Vorschrift nur „Änderungen“ der Erzeugnisse erfasst und daher nur
deren Zusammensetzung und nicht deren Bezeichnung betrifft.
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Zur ersten Frage
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Diese Auslegung wird durch den Wortlaut der vierten Begründungserwägung der Richtlinie bestätigt, aus dem sich ergibt, dass
Abweichungen von den allgemeinen oder besonderen Bestimmungen für Lebensmittel nur insoweit erforderlich sind, als diese Bestimmungen es nicht erlauben würden, die Zusammensetzung oder
Herstellung eines Lebensmittels zu ändern, um dem spezifischen
Ernährungszweck zu entsprechen, der mit den unter die Richtlinie
fallenden Erzeugnissen verfolgt wird.
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Die Bezeichnung der für eine besondere Ernährung bestimmten
Lebensmittel wird folglich durch die Verordnung geregelt, und sie
dürfen daher nur dann mit der Gattungsbezeichnung der ihnen
entsprechenden Erzeugnisse des allgemeinen Verzehrs gekennzeichnet werden, wenn ihre Zusammensetzung zwar geändert
worden ist, um dem besonderen Ernährungszweck zu entsprechen,
aber den Bestimmungen über den Schutz dieser Bezeichnung nicht
widerspricht.
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Was die Frage angeht, ob die Bezeichnung „Käse“ zur Kennzeichnung eines Erzeugnisses verwendet werden darf, bei dem das
Milchfett durch Pflanzenfett ersetzt worden ist, ist zunächst darauf
hinzuweisen, dass die Bezeichnung „Käse“ nach Artikel 2 Absatz
2 der Verordnung und nach deren Anhang „Milcherzeugnissen“ vorbehalten ist; dies sind „ausschließlich aus Milch gewonnene Erzeugnisse, wobei jedoch für die Herstellung erforderliche
Stoffe zugesetzt werden können, sofern diese nicht verwendet
werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise
zu ersetzen“.
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Sodann bestimmt Artikel 2 Absatz 3, dass „die für Milcherzeugnisse verwendeten Bezeichnungen auch zusammen mit einem oder
mehreren Worten für die Bezeichnung von zusammengesetzten
Erzeugnissen verwendet werden [können], bei denen kein Bestandteil einen beliebigen Milchbestandteil ersetzt oder ersetzen
soll und bei dem die Milch oder ein Milcherzeugnis einen nach der
Menge oder nach der für das Erzeugnis charakteristischen Eigenschaft wesentlichen Teil darstellt“.
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Aus dem Wortlaut dieser Vorschriften geht eindeutig hervor, dass
ein Milcherzeugnis, bei dem irgendein Milchbestandteil, sei es
auch nur teilweise, ersetzt worden ist, nicht mit einer der in Artikel
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Erzeugnisse aus Milch wie die im Ausgangsverfahren streitigen,
bei denen ein Milchbestandteil, im vorliegenden Fall das Fett
tierischen Ursprungs, vollständig durch einen anderen Stoff, nämlich Fett pflanzlichen Ursprungs, ersetzt worden ist, gehören daher
nicht zu den „Milcherzeugnissen“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 2
der Verordnung und dürfen gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung nicht als „Käse“ bezeichnet werden.
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Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Artikel 3
Absatz 1 der Verordnung in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 2 der
Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Milcherzeugnis, bei dem
das Milchfett aus diätetischen Gründen durch Pflanzenfett ersetzt
worden ist, nicht als „Käse“ bezeichnet werden darf.
Zur zweiten Frage
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Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach
Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung, der für andere als die in Artikel
2 genannten Erzeugnisse, wie z. B. die im Ausgangsverfahren
streitigen, gilt, „nicht durch Etikett, Handelsdokumente, Werbematerial, Werbung irgendwelcher Art oder Aufmachung irgendwelcher Art ... behauptet oder der Eindruck erweckt werden [darf],
dass es sich bei dem betreffenden Erzeugnis um ein Milcherzeugnis handelt“.
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Wie die griechische Regierung zu Recht festgestellt hat, kann die
Verwendung der Bezeichnung „Diät-Käse“ zur Kennzeichnung
von Erzeugnissen wie den im Ausgangsverfahren streitigen beim
Verbraucher aber den irrigen Eindruck erwecken, dass es sich um
Erzeugnisse handelt, die die Bezeichnung „Milcherzeugnisse“ im
Sinne der Verordnung tragen dürfen. Die beschreibenden Zusätze,
die die UDL auf der Verpackung anbringen will, können weder
diesen Eindruck tilgen noch die sich daraus ergebende Verwechslungsgefahr beseitigen.
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Diese beschreibenden Zusätze zeigen nicht nur nicht eindeutig an,
dass das Milchfett vollständig durch Pflanzenfett ersetzt worden
ist, sie erhöhen sogar die Verwechslungsgefahr für den Verbraucher noch dadurch, dass sie unter Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 2
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2 Absatz 2 Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich der Verordnung
genannten Bezeichnung gekennzeichnet werden darf.
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durch die rechtswidrige Verwendung des Begriffes „Käse“ den
Eindruck erwecken, es handele sich bei den genannten Erzeugnissen um Milcherzeugnisse.
Somit ist festzustellen, dass die Verwendung von beschreibenden
Zusätzen wie den in Randnummer 12 dieses Urteils genannten
keine Auswirkungen auf das Verbot der Verwendung der Bezeichnung „Diät-Käse“ zur Kennzeichnung von Erzeugnissen hat, bei
denen irgendein Milchbestandteil durch einen anderen Stoff ersetzt
worden ist.
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Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der UDL in
Frage gestellt, dass es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, die Verwendung des Begriffes „Käse“ zur Bezeichnung von aus Milch gewonnenen Erzeugnissen, bei denen ein
natürlicher Bestandteil durch einen Fremdstoff ersetzt worden sei,
auch dann zu verbieten, wenn auf den Verpackungen beschreibende Zusätze angebracht seien.
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Insgesamt ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der
zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört,
die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und
erforderlich ist. Dabei ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen
zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen;
ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88, Fedesa u. a., Slg. 1990,
I-4023, Randnr. 13, und vom 5. Mai 1998 in der Rechtssache C180/96, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1998, I-2265,
Randnr. 96).
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Was die gerichtliche Nachprüfbarkeit dieser Voraussetzungen
betrifft, so verfügt der Gemeinschaftsgesetzgeber ebenfalls nach
ständiger Rechtsprechung im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über einen Ermessensspielraum, der der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Artikel 40 EG-Vertrag (nach Änderung
jetzt Artikel 34 EG), 41 und 42 EG-Vertrag (jetzt Artikel 35 EG
und 36 EG) sowie 43 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 37
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Insoweit ergibt sich zum einen aus der dritten und der sechsten
Begründungserwägung der Verordnung, dass das vom Gesetzgeber
verfolgte Ziel darin besteht, die natürliche Zusammensetzung der
Milch und der Milcherzeugnisse im Interesse der Erzeuger und der
Verbraucher in der Gemeinschaft zu schützen und die Gefahr einer
Verwechslung zwischen Milcherzeugnissen und anderen Lebensmitteln, einschließlich der Lebensmittel mit Milchbestandteilen,
für den Verbraucher auszuschließen.
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Zum anderen steht nicht fest, dass durch die Verwendung der
Bezeichnung „Käse“ in Verbindung mit beschreibenden Zusätzen
wie den im Ausgangsverfahren streitigen zur Bezeichnung von
Erzeugnissen, bei denen das Milchfett vollständig durch Pflanzenfett ersetzt worden ist, beim Verbraucher die Gefahr von Verwechslungen in Bezug auf die Zusammensetzung des Erzeugnisses,
das er erwerben will, mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte.
Dagegen wäre die Verwendung dieser Bezeichnung offensichtlich
geeignet, den Schutz der natürlichen Zusammensetzung der Milch
und der Milcherzeugnisse zu gefährden.
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Der Umstand, dass die Verwendung der Bezeichnung „Käse“ zur
Kennzeichnung von aus Milch gewonnenen Erzeugnissen, bei
denen ein natürlicher Bestandteil der Milch durch einen Fremdstoff ersetzt worden ist, auch dann verboten ist, wenn auf den
Verpackungen insoweit beschreibende Zusätze angebracht sind,
stellt folglich keine zur Erreichung des verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignete Maßnahme dar; ein solches Verbot verstößt
daher nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass für Erzeugnisse aus Milch, bei denen ein natürlicher Bestandteil der
Milch durch einen Fremdstoff ersetzt worden ist, die Verwendung
einer Bezeichnung wie „Diät-Käse (bzw. Diät-Weichkäse) mit
Pflanzenöl für die fettmodifizierte Ernährung“ auch dann nicht
zulässig ist, wenn diese Bezeichnung durch beschreibende Zusätze
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EG) übertragen. Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene
Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des
Zieles, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (Urteile Fedesa u. a. Randnr. 14, und Vereinigtes Königreich/Kommission, Randnr. 97).
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auf der Verpackung wie „Dieser Diät-Käse ist reich an mehrfach
ungesättigten Fettsäuren“ oder „Dieser Diät-Käse ist ideal für eine
cholesterinbewusste Lebensweise“ ergänzt wird.
Kosten
Die Auslagen der deutschen, der griechischen, der französischen
und der österreichischen Regierung sowie der Kommission, die
vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das
Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht
anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache
dieses Gerichts.
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Aus diesen Gründen
hat DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer) auf die ihm vom
Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 5. März 1998 vorgelegten
Fragen für Recht erkannt:
1. Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1898/87 des
Rates vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der
Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 89/398/EWG des
Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, ist dahin auszulegen, dass ein
Milcherzeugnis, bei dem das Milchfett aus diätetischen Gründen durch Pflanzenfett ersetzt worden ist, nicht als „Käse“ bezeichnet werden darf.
2. Für Erzeugnisse aus Milch, bei denen ein natürlicher Bestandteil der Milch durch einen Fremdstoff ersetzt worden ist, ist die
Verwendung einer Bezeichnung wie „Diät-Käse (oder DiätWeichkäse) mit Pflanzenöl für die fettmodifizierte Ernährung“ auch dann nicht zulässig, wenn diese Bezeichnung durch
beschreibende Zusätze auf der Verpackung wie „Dieser DiätKäse ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ oder
„Dieser Diät-Käse ist ideal für eine cholesterinbewusste Lebensweise“ ergänzt wird.
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11.6
Anmerkungen – Was bedeutet
das Urteil?
Hier stellt sich schon die Grundsatzfrage, ob der Begriff „Käse“ auch ohne Bezeichnungsschutzregelung überhaupt gerechtfertigt ist. Denn z. B.die deutsche Käse-VO definiert in § 1, was Käse
ist, ebenso der Codex Alimentarius, CODEX GENERAL
STANDARD FOR CHEESE CODEX STAN A-6-1978, Rev. 11999, Amended 2006. Diese Voraussetzung erfüllt das hier behandelte Erzeugnis nicht, da hier entgegen der definierten Zusammensetzung Pflanzenfett eingesetzt wurde. Damit ist sowohl nach
nationalem als auch nach internationalem Recht die Bezeichnung
„Käse“ nicht zutreffend und damit irreführend. Die europäische
Bezeichnungsschutzregelung unterstreicht diese Interpretation und
stellt ausdrücklich klar, dass der Einsatz von Lebensmitteln, die
Milchbestandteile ersetzen, ausgeschlossen ist, wenn ein Produkt
noch die Bezeichnung für ein Milcherzeugnis, also hier „Käse“,
für sich in Anspruch nehmen will.
Wiederum in Anlehnung an die Bezeichnungsschutzregelung für
Milch und Milcherzeugnisse gemäß EG-VO 1234/2007, Anhang
XII bzw. ihrer Vorläuferregelung, hat § 2 Absatz 1 Nr. 5 Milchund Margarinegesetz (MMG) Erzeugnisse definiert, die wegen
ihrer Zusammensetzung als „mit Milch oder Milcherzeugnissen
verwechselbares Erzeugnis“ bezeichnet werden, also „ein Erzeugnis, das wegen übereinstimmender charakteristischer Eigenschaften mit Milch oder Milcherzeugnissen verwechselt werden kann“.
Um ein solches handelt es sich hier. Auch danach liegt ein als Käse
bezeichbares Produkt nicht vor.
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Das vorliegende Urteil stellt das Verhältnis des Schutzes von allgemeinen Lebensmittelbezeichnungen und Bezeichnungen für
Diäterzeugnisse klar. Danach ist es nach dem Sinn und Zweck der
Bezeichnungsschutzregelung für Milch und Milcherzeugnisse
gemäß EG-VO 1234/2007, Anhang XII (früher EG-Bezeichnungsschutz-VO 1898/87), nicht erlaubt, durch das Ausweichen auf die
Kennzeichnung von Diäterzeugnissen den Bezeichnungsschutz zu
umgehen.
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11.7
Konsequenzen aus dem Urteil:
Was ist zu tun? Was ist zu
beachten?
Die Bezeichnungsschutzregelung für Milch und Milcherzeugnisse
gemäß EG-VO 1234/2007, Anhang XII, wurde erst jüngst neu
aufgelegt und damit ihr seit 1987 geltender Regelungsinhalt bestätigt. Außerdem sieht der Codex Alimentarius einen Standard zum
Schutz von Milch und Milcherzeugnissen (Codex General Standard for the use of Dairy terms - Codex STAN 206-1999) vor, der
weltweiter Rahmen für die richtige Verwendung von Bezeichnungen von anderen als Milcherzeugnissen ist. Er ergänzt den allgemeinen Codex Alimentarius Standard für die Kennzeichnung von
Lebensmitteln (Codex-Standard for the Labelling of Prepackaged
Foods - Codex STAN 1-1985).
Dementsprechend ist der Bezeichnungsschutz ein wichtiger Bestandteil des Schutzes vor Irreführung und entsprechend zu beachten und gilt nicht nur als Sonderregelung für Milch und Milcherzeugnisse, sondern als allgemeiner Grundsatz für alle Lebensmittel
im Rahmen der Verkehrsauffassung. Allerdings ist es bei ungeregelten Lebensmitteln erforderlich, die Verkehrsauffassung festzustellen, was mangels festgelegter Standards durchaus schwierig
sein kann. Eine gewisse nationale Hilfe stellen die Leitsätze nach §
15 LFGB dar.
Unabhängig davon ist ein Nachmachen von Lebensmitteln, so
kann die Herstellung des o.a. Lebensmittels bezeichnet werden,
gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2 a) LFGB untersagt, ohne ausreichende
Kenntlichmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen.
Urteilssammlung Lebensmittelwirtschaft 08 12 01
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