Der Perfektionist
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Der Perfektionist
BAUEN & KLIMAENERGY Foto: Alexander Alber Ivo Barth: Weltoffen und weitsichtig. Den Unternehmer fasziniert all das, was andere nicht interessiert Der Perfektionist Die Welt ist klein für Ivo Barth: Ob London, Singapur oder Mailand – weltweit bekannte Flagshipstores und Museen tragen die Handschrift seines Innenausbauunternehmens. Groß gemacht hat ihn die Perfektion und die Liebe zum Detail. Die Skizze eines weitsichtigen Unternehmers, dem es ganz egal ist, ob seine Kunstinstallationen polarisieren oder provozieren. K unst inspiriert, Kunst rüttelt auf, Kunst provoziert, Kunst setzt Diskussionen in Gang. Bei zeitgenössicher Architektur ist es ähnlich – selbst im 21. Jahrhundert noch. Wer beides zum Einsatz bringt, braucht ein dickes Fell. Ivo Barth hat ein solches. Ihn fasziniert all das, was andere nicht interessiert. Als er die „Große Skulptur für kleinen Balkon“ von Künstler Hans Kuppelwieser vor drei Jahren erwarb, gab es noch keine Entwürfe für das neue Verwaltungsgebäude von Barth Innenausbau in Brixen. Die Architekten Gerd Bergmeister und Christian Schwienbacher hatten gerade erst den Auftrag erhalten. Fest stand aber bereits damals: Die Aluminiumskulptur bekommt einen wichtigen Platz am neuen 24 Südtirol Panorama September | 2009 Gebäude. Genauso wie das Kunstprojekt Silo Barth, das Künstlerin Esther Stocker im selben Jahr installiert hat. Sie hüllte den 21,50 Meter hohen Silo, in dem die Holzspäne gesammelt werden, in ein Kleid. In eine schwarz-weiße Hülle aus Nitrolack. Eine Installation, die für Aufsehen sorgte und Barth den „Südtiroler Preis für Kunst am Bau 2007“ einbrachte. DER POLARISIERER. Der neue Verwal- tungssitz in der Brixner Industriezone ist seit einem Jahr bezugsfertig. Das Aluminiumkunstwerk Kuppelwiesers steht wie ein überdimensionaler Polster auf einem der herausragenden Balkonvorsprünge. Der Bau mit den vielen Auskragungen ist gewöhnungsbedürftig: der Farbton smaragdgrün, die Markisen schwarz, die Skulpur silbern. Dass ihn die Leute fragen, was es mit der Skulptur auf sich hat, daran hat sich Ivo Barth längst gewöhnt. Er mag es zu polarisieren. Für ihn ist die Skulptur mehr als „dropped sculpture“. Sie ist ein künstlerischer Beitrag zur Bauaufgabe mit Bezug zum Ort, zur Architektur und zur Nutzung des Gebäudes. „Wer sich nicht für Kunst interessiert, wird auch nicht Kunst am Bau installieren. Ich kann nicht anders. Ich habe einfach diesen permanenten Wunsch, immer wieder Projekte mit Künstlern zu realisieren“, so der 45-Jährige, der am Unternehmenssitz auch Installationen von Arnold M. Dall´Ó, Ernst Trawöger und Josef Rainer besitzt. Foto: Alexander Alber BAUEN & KLIMAENERGY Die Skulptur von Künstler Hans Kuppelwieser „Große Skulptur für kleinen Balkon“ sieht Ivo Barth als Visitenkarte des Unternehmens Südtirol Panorama September | 2009 25 BAUEN & KLIMAENERGY DER INDIVIDUELLE. Gegen den Strom Barth heute als seine Partner. 200 Architekten, die immer wieder auf ihn zurückkommen. „Zeigt sich ein Architekt einmal mit deiner Arbeit, Präzision und Zuverlässigkeit zufrieden, so wird er dich auch beim nächsten Projekt engagieren“, so der Kunstliebhaber. DER ZURÜCKHALTENDE. Ivo Barth ist der Mann für das Detail. Er beschreibt sich als äußert genau und präzise. Einer, der zu keinem Termin zu spät kommt. Eine typische Jungfrau eben. Mehr zu seiner Person lässt sich der passionierte Sportler nicht entlocken: Ivo Barth ist kein Mann der großen Worte. Projekte vor versammelter Runde Unternehmer vor 13 Jahren angetan war. Unangemeldet stand er damals in der Tischlerei von Barth und fragte den gerade 32-Jährigen, ob er nicht Interesse daran hätte, seine Villa am Starnberger See einzurichten. Was für eine Frage! Natürlich hatte er Interesse! Von dem Moment an tauchte der Brixner in eine ihm bis damals unbekannte Welt ein: in die Welt des Luxus und Lifestyles. Eine Welt, in der man herumgereicht und empfohlen wird, die aber auch eine neue Denkweise erfordert. „Kunden im Luxussegment haben völlig andere Ansprüche. Von der Kommunikation, über die Lieferung bis hin zur Montage, jedes Detail muss mit Foto: Alexander Alber zu schwimmen, liegt in seinem Naturell, beim Sammeln von Kunst genauso wie bei der Entwicklung von Unternehmenskonzepten. Kaum sonst lässt sich seine Erfolgsgeschichte erklären: Innerhalb von nur zwanzig Jahren hat Ivo Barth die Tischlerei seines Vaters zu einem der europaweit führenden Unternehmen im Innenausbau von Museen und Luxusstores geführt. Die Mitarbeiterzahl ist von 15 auf fast 50 angestiegen. Heute trägt die Einrichtung des vierstöckigen Mailänder Rolex-Flagshipstores genauso seine Handschrift, so wie der Teuco-Store in Paris oder das Deutsche Museum in München. Wenn Ivo Barth spricht, dann ruhig, besonnen und bescheiden. Den Architekten, seinen Partnern, gefällt seine zurückhaltende Art Hinter einem so steilen Aufstieg steht ein klares Konzept. „Wir haben uns von der Designkompetenz verabschiedet und konzentrieren uns auf die Umsetzung von Ideen. Die Kreativität überlassen wir zur Gänze den Architekten. Sie sind unsere Partner. Sie haben die Ideen und kennen die Trends“, so der Vater von zwei erwachsenen Töchtern und einem Sohn. „Ich habe bei mir zu Hause kein einziges Möbelstück selbst entworfen …“ Ivo Barth DER ANDERSDENKENDE. Während alle anderen Tischler danach lechzen, Neues zu entwerfen, interessiert ihn das kein bisschen. „Ich habe bei mir zu Hause kein einziges Möbelstück selbst entworfen. Mir macht das einfach keinen Spaß“, so der Neffe von Architekt Othmar Barth, dem maßgeblichen Präger der Südtiroler Baukultur. Weltweit 200 Architekten bezeichnet Ivo 26 Südtirol Panorama September | 2009 zu präsentieren, das liegt ihm nicht. Wenn er spricht, dann ruhig, besonnen und bescheiden . DER NEUGIERIGE. Den Architekten gefällt seine zurückhaltende Art. Ein Charakterzug, von dem auch ein deutscher absoluter Perfektion ausgeführt werden. Um diese Welt zu verstehen, haben wir die Mitarbeiter gezielt geschult. Als bodenständiger Südtiroler muss man sich an solche Ansprüche erst gewöhnen“, so Barth. DER WELTOFFENE. Von Singapur, über Kanada und die USA bis hin zu Großbritannien – Barth ist mittlerweile weltweit vertreten. Von Krise keine Spur. „Wir haben rechtzeitig dagegengesteuert und uns auf Projekte außerhalb von Südtirol konzentriert. Unser Know-how für den Export, dazu gehören Sprachenkenntnisse genauso wie logistische Anforderungen, ist mittlerweile bekannt“, so Barth. So glücklich er sich einerseits schätzt, in Zeiten der Baurückgänge nicht Foto: Alexander Alber Ivo und Verena Barth: Ein Unternehmerpaar ohne Starallüren Von der Kunsttischlerei in die Welt Die Tischlerei Barth ist ein Familienunternehmen, 1877 gegründet, führt sie Ivo Barth heute in vierter Generation. Sein Einstieg in das Unternehmen verlief klassisch: Nach Abschluss der zweijährigen Handelsschule ging er im Alter von 16 Jahren bei seinem Vater in die Lehre, machte die Ausbildung zum Holztechniker in Rosenheim, jobbte für zwei Jahre bei zwei Mitbewerbern, bevor es ihn 1989 wieder ins eigene Unternehmen zurückzog. „Mein Vater hat mich von dem Moment an machen lassen und ist als Chef in den Hintergrund getreten. Ich hoffe, dass es auch mir gelingt, den Generationenwechsel so reibungslos zu gestalten“, so der 45-jährige Unternehmer. Mit seinem Enthusiasmus erlebte die Tischlerei einen tief greifenden Wandel: Büros wurden eingerichtet, Zeichnungen nicht mehr per Hand, sondern mit Hilfe von Autocad gefertigt, CNC-Maschinen installiert. „Wenn man so jung ist, macht man natürlich auch Fehler, aber wer keine Fehler macht, kann nicht daraus lernen und verliert die Freude an der Arbeit“, so Barth. Heute hat sich das Unternehmen auf die vier Sparten Museum, Headquarter, Shop-Showroom und Private spezialisiert. Zu den wichtigsten Referenzprojekten zählen die Einrichtung der Wohnung von Papst Benedikt im Brixner Priesterseminar anlässlich des Besuches 2008, Einrichtungen im Vatikan, die Rolex-Flagshipstores in Mailand, Berlin und Frankfurt, die iGuzzini-Showrooms weltweit, die LK-Bennett-Stores in Großbritannien, der neue 600 qm große Multilabel-Store Kraler in Toblach, der Sitz der Helvetia-Versicherung in Mailand, verschiedene Einrichtungen für Architekt Fuksas in Rom oder das Ötzimuseum in Bozen. nur auf den Südtiroler Markt angewiesen zu sein, so weiß er andererseits die Vorteile des Standortes Südtirol zu schätzen. Den Standort zu verlegen, das käme für ihn nie infrage. Allein der qualifizierten Mitarbeiter wegen, die letztendlich den Wettbewerbsvorteil ausmachen. Über die hohen Steuersätze in Italien zerbricht er sich den Kopf nicht: „Wer gut arbeitet, der muss auch Steuern bezahlen können“, so Barth. DER DIRIGENT. Heute kümmert sich Ivo Barth hauptsächlich um das Segment Museumseinrichtung. „Viel von der Verantwortung über die Bereiche Showrooms, Privateinrichtungen und Firmensitze habe ich an meine Mitarbeiter übertragen“, sagt er. 13 Meister beschäftigt er heute. Jedes Jahr holt er sich einen neuen Lehrling ins Boot. Er bildet sie aus und lässt sie aufsteigen. Wie alle Mitarbeiter lässt sie Ivo Barth an der langen Leine und lässt sie wachsen. Genauso wie ihn damals sein eigener Vater wachsen ließ. Mit Erfolg – und der Erfolg gibt ◀ ihm Recht! VERENA PLIGER www.provinz.bz.it/wasser-energie