Ermittler auf Burg Mylau - Vogtland

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Ermittler auf Burg Mylau - Vogtland
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Ermittler auf Burg Mylau
Ernst-Georg Schwill,
bekannt aus vielen DEFA-Filmen und als "Tatort"- Assistent Lutz Weber, las aus
seinem Buch "Is doch keene Frage nich - Erinnerungen eines Schauspielers" und der
Fortsetzung "Icke, meine und andere Tatorte" am Freitagabend auf der Burg Mylau
innerhalb der aktuellen Ausstellung "Gesichter der DEFA". Von Mario Morgner Mylau Gerne hätten die rund 20 Fans des kleinen Mannes mit Berliner Witz und Schnauze noch weiter
zugehört, denn Ernst-Georg Schwill hatte viel zu erzählen. Zwei Stunden lang zog am
Freitagabend im Ratssaal auf der Burg Mylau das turbulente Leben des beliebten Schauspielers
vorüber. Angefangen von seiner Berliner Hinterhof-Kindheit mit "plörriger Funzelsuppe" über
die Unterbringung im Heim für Schwererziehbare bis hin zu seiner Karriere bei der DEFA und
im vereinten Deutschland beim "Tatort" als Assistent Lutz Weber gab der Schauspieler viele
persönliche Einblicke in sein Leben. Seine bodenständige Art, gepaart mit seiner Berliner
Schnauze, kabarettistischen Einschlägen und einer Prise Sarkasmus, zog die Gäste von der
ersten Minute in den Bann. Schwill ließ das von Zille beschriebenen Hinterhof-Milieu bei seiner
Geschichte über den Auftritt eines Leierkastenmannes mit seinem Äffchen als "Sensation für
kleine Leute" lebendig werden und vergaß nicht zu erwähnen, dass diese Art des Broterwerbs in
den heutigen Berliner Hinterhöfen verboten ist. "Vieles hat sich in Berlin verändert, leider nicht
immer zum Guten", so sein Kommentar und Schwill weiß wovon er spricht - er wohnt noch
immer im Kiez. Amüsiert nahmen die Zuhörer die Erlebnisse mit der russischen
Besatzungsmacht der Nachkriegszeit auf und lachten herzhaft über den ersten Rausch des
damals Siebenjährigen. Die beiden vorgestellten Bücher mit ihren kleinen Geschichtchen, kaum
eine länger als zwei Seiten, könnten gut doppelt so dick sein, denn der Schauspieler las nicht
nur, sondern erzählte mindestens genauso viele Begebenheiten rund um die Geschichten. Als
Ernst-Georg Schwill nach einer Stunde besorgt sein Publikum fragte, ob es denn noch Zeit habe,
weil die Tagesschau angefangen habe, wollte keiner nach Hause gehen. Der 74-Jährige blickte
im Mylauer Ratssaal ohne Verbitterung und ohne Groll auch auf die schweren Zeiten in seinem
Leben zurück. Gelassen, aber immer aus der kritischen Sicht eines in der DDR sozialisierten,
nahm er die gesellschaftlichen Gegebenheiten in Ost und West auf. Mit den Brecht-Worten "Was
ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" schloss seine Erklärung des
heutigen Banken- und Börsen(un)wesens. Ernst-Georg Schwill wuchs mit seinen vier
Geschwistern bei seiner Mutter auf. Sein Vater fiel im Krieg. Als seine Mutter starb, kam er
zunächst bei einer Tante und anschließend in verschiedenen Heimen unter. Im Alter von erst 14
Jahren wurde er von Regisseur Gerhard Klein in einem Heim für schwererziehbare Jugendliche
entdeckt und als "Max" für den DEFA-Krimi "Alarm im Zirkus" (1954) besetzt. Das weckte in
Schwill, der eigentlich Autoschlosser hatte werden wollen, das Interesse am Film. Zunächst
absolvierte er eine Ausbildung als Filmfotograf mit dem Berufswunsch Kameramann. Von 1957
bis 1960 absolvierte er ein Schauspielstudium an der Hochschule für Film und Fernsehen in
Potsdam-Babelsberg. Noch während des Studiums drehte Schwill verschiedene Filme für die
DEFA, darunter den Jugendfilm "Berlin - Ecke Schönhauser" (1957) und wurde zu einem
gefragten Charakterdarsteller. Gleichzeitig engagierte er sich politisch in der damaligen DDR.
Zu Beginn der 1960er-Jahre war er Kandidat im Zentralrat der FDJ und Mitglied des
Erich-Weinert-Ensembles der NVA. Schwill spielte vorwiegend in Nebenrollen. Oft war er im
"Polizeiruf 110" zu sehen, bei dem Schwill von 1972 bis 1997 in elf Folgen mitwirkte. Seit 2001
ist Schwill als Lutz Weber, Assistent der Kommissare Ritter und Stark im Berliner "Tatort", auch
dem gesamtdeutschen Publikum bekannt. Als Schwill 2011 im ARD-Stasi-Drama "Es ist nicht
vorbei" einen ehemaligen Stasi-Offizier darstellte, kam es zum Skandal, da nach Hinweisen der
Birthler-Behörde Schwill als Inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi tätig gewesen sein soll. Innerhalb
der Ausstellung "Gesichter der DEFA", gibt es am 18. August einen Abend mit Schauspieler
Peter Sodan zu erleben. Beginn: 19 Uhr im Ratssaal der Burg Mylau statt.
2013-08-05