Cockpit September 2012

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Cockpit September 2012
Civil Aviation
Cockpit 09 2012
Hohe Ziele, eiserner Willen
Der Weg ins Fokker-100-Cockpit
Der 28-jährige Rico Maier durchlief bei der Horizon Swiss
Flight Academy die Berufspilotenausbildung. Nach dem
Type Rating und internen Weiterbildungskursen ist der
gelernte Polymechaniker nun Co-Pilot auf Fokker 100
der Helvetic. Während des grössten Teils seiner Ausbildung war Maier als Triebwerks-Engineer voll berufstätig
und hat sich dadurch sein Studium selbst finanziert. Beweis dafür, dass sich mit Disziplin und einer gehörigen
Portion Durchhaltewillen auch hochfliegende Bubenträume verwirklichen lassen.
Cockpit: Rico Maier, wie verdauten Sie nach
Ihrer Ausbildung zum Berufspiloten den
Sprung von den kleinen Schulflugzeugen zum
veritablen Airliner?
Rico Maier: Also, die Fokker 100 mit ih­
ren 45 Tonnen ist ja schon ein anderes Ka­
liber: viel schneller und viel grösser. Dazu
sind die Systeme und vor allem deren ge­
genseitige Abhängigkeit viel komplexer.
Und vielleicht das Wichtigste: Ich trage
in einem Airliner die Mitverantwortung
für unsere Passagiere. Da hat man schon
Respekt.
An Bord eines Airliners sind Sie Teil einer
Crew. Diese Situation lässt sich während des
Studiums zum Berufspiloten schlecht üben.
Aus diesem Grund durchlaufen die Piloten
den Multi Crew Cooperation Course (MCC).
Er macht angehende Piloten erstmals mit
den Aufgaben und Procedures im Cockpit
eines Airliners vertraut. Der MCC wird be­
nötigt, um überhaupt das Type Rating be­
ginnen zu können.
Gutes Stichwort, wie sieht das Type-Rating,
in Ihrem Fall die Umschulung auf die Fokker 100, aus?
Das ganze Type Rating bei Helvetic ist da­
rauf ausgerichtet, um in einem Zwei-MannCockpit zu arbeiten. Der theoretische Teil
Persönlich
Rico Maier, 28
Hobby: Tennis; Schlüsselerlebnis zur Fliegerei: Da gab es mehrere, beispielsweise mein
erster Soloflug während der Ausbildung.
Was mir am Pilotenberuf gefällt: Kein Tag in
der Luft gleicht dem anderen.
Foto: Hans-Heiri Stapfer
20
Diesmal auf dem Weg nach Pristina: Der 28-jährige Rico Maier ist seit
April dieses Jahres Co-Pilot auf Fokker 100 der Helvetic.
dauert rund einen Monat, dann geht es für
drei Wochen ab in den Simulator – in mei­
nem Fall war das in Paris. Anschliessend
habe ich in Epinal im Rahmen eines Trai­
nings sechs Landungen absolviert. Diese
waren nötig, um das Type Rating erfolg­
reich abzuschliessen. Dann war ich fit für
die Strecke.
Sie haben während über der Hälfte Ihrer 20
Monate dauernden Ausbildung voll gearbeitet, den Rest im 80-Prozent-Pensum absolviert. Geht das nicht an die Substanz?
Sich seinen Bubentraum zu erfüllen setzt
ganz enorme Kräfte frei. Natürlich geht
es nicht ohne eine eiserne Disziplin und
Durchhaltewillen.
Das bedeutet?
Während eines Monats absolvierte ich die
Streckenflüge zusammen mit Line Training
Commander. Das sind bei Helvetic speziell
ausgebildete Captains, die frisch geschulte
Co-Piloten in die Praxis einweisen. Heute
kann ich mit jedem Captain von Helvetic
fliegen und absolvierte bislang an die 300
Flugstunden.
Der Grossteil angehender Berufspiloten sucht
sich während der Ausbildung einen Teilzeitjob. Gibt es Gründe für Ihr hohes Arbeitspensum?
Dank des damit verbundenen höheren Ein­
kommens war ich in der Lage, meine ge­
samte Ausbildung selber zu finanzieren.
Zudem konnte ich mir als Powerplant Engi­
neer sehr viel praktisches und theoretisches
Wissen aneignen, das mir bei meiner neuen
Tätigkeit als Pilot sehr zugutekommt.
Die Ausbildung der Horizon Swiss Flight
Academy zum Airlinepiloten garantiert noch
keinen Job. Wie schwierig war für Sie die Suche nach einer Stelle im Cockpit?
Rund ein Jahr nach Ende der Ausbildung
habe ich meine Stelle angetreten. Bis zu die­
sem Zeitpunkt arbeitete ich ganz normal
in meinem Beruf als Powerplant Engineer
bei der SR Technics. Aufgrund meiner gu­
ten Leistungen habe ich bereits während
des Studiums die Vorselektion bei Helve­
tic geschafft.
Eine Art Jobgarantie?
Das nicht. Man gehört allerdings zum en­
geren Kreis, wenn Plätze im Cockpit frei
werden. Als Vorselektionierter durfte ich
noch während meiner Ausbildung in inter­
nen Kursen der Helvetic schnuppern und
auf dem Jump-Seat einige Flüge im FokkerCockpit erleben. Diese Privilegien motivie­
ren enorm.
Voll im Beruf eingespannt, nebenbei eine Weiterbildung und die nicht eben niedrigen Kosten des Studiums: Ist das nicht ein zu hoher
Preis für einen Arbeitsplatz über den Wolken?
Nein. Diese Zufriedenheit und Lebensfreu­
de, die mir der Pilotenberuf bietet, ist ein­
fach unbezahlbar.
Interview: Hans-Heiri Stapfer
Horizon Swiss Flight Academy
Steinackerstrasse 56, 8302 Kloten
Telefon 044 862 07 07, Horizon-sfa.ch