Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen
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Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen
7305 Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen Fachliche Bestellungsvoraussetzungen S t a n d: (0 7 ) (2 0 1 3 ) R e vi s i o n s n u mm e r : ( 0 ) E r s te Fa s s u n g: (0 7 ) ( 2 0 1 3 ) Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen I. Allgemeine Gliederung 1. Sachgebiet Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen 2. Sachgebietsbeschreibung 2.1 Begriffsdefinition Zur Überprüfung des Fahrverhaltens motorisierter Verkehrsteilnehmer stehen den Polizeiund Ordnungsbehörden spezielle technische Anlagen zur Verfügung. Die Frage, ob durch Geschwindigkeitsmessanlagen und Rotlichtlichtüberwachungsanlagen erzielte Messergebnisse auch entsprechend verwertbar sind im Rahmen eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens, ist Gegenstand dieser Bestellungsvoraussetzungen. Die Beurteilung der Verwertbarkeit dieser Messungen hat darüber hinaus auch Relevanz für die Herstellerunternehmen der jeweiligen Messgeräte. Damit erfolgt die Sachverständigentätigkeit auf einem Gebiet der Wirtschaft i.S.v. § 36 GewO. Geschwindigkeitsmessungen erfolgen beispielsweise durch den Einsatz von Lasermesstechnik, Radar oder Lichtschranken. Rotlichtüberwachungsanlagen arbeiten beispielsweise mittels Induktions- und Lasermessung. Abstandsmessungen werden beispielsweise durch Videoaufzeichnungen vorgenommen und sind von der Begrifflichkeit Geschwindigkeitsmessungen umfasst, da Abstandsverstöße immer geschwindigkeitsabhängig sind. Verwertbare Messergebnisse sind abhängig von ordnungsgemäßer Inbetriebnahme und Aufbau über die Einhaltung der Herstellervorgaben und gültige Eichung bis hin zur fehlerfreien Betreibersoftware. Aufgrund rasanter technischer Entwicklungen der jüngsten Zeit spielt auch die Beurteilung der Messelektronik und Datenverarbeitung eine zentrale Rolle. Dies umfasst die Datenverarbeitung elektronisch erfasster Messdaten, die Elektronik von Messgeräten sowie die Analyse digitaler Fotografiertechnik. Nicht umfasst sind in diesem Zusammenhang die Bewertung der verwandten Hardware oder der elektronischen Bauteile. Aufgabe des Sachverständigen für „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ ist es, mit entsprechendem Grundlagenwissen die jeweiligen technischen Zusammenhänge darzustellen und Fehlermöglichkeiten zu beurteilen. Dabei geht es ausschließlich um die Auswertung bereits vorliegender Messergebnisse. 2.2 Inhalt und Umfang des Sachgebietes Das Sachgebiet „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ ist eine aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung der letzten Jahre erforderlich gewordene Spezialisierung zu dem entsprechenden Teilgebiet des Sachgebiets „Unfallanalyse“ bzw. „Straßenverkehrsunfälle“ und zu diesem abzugrenzen. In den bisherigen Bestellungsvoraussetzungen für das Sachgebiet „Straßenverkehrsunfälle“ wird das Fachgebiet „Verkehrsmesstechnik“ unter dem Überpunkt 7.7. „Sonstige Fragestellungen“ aufgeführt als Punkt 7.7.1 und ist dort lediglich durch Grundkenntnisse abgebildet. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 2 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen Das Sachgebiet „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ beschäftigt sich mit der Frage, ob durch korrekt vorgenommene Messabläufe verwertbare Messergebnisse entstanden sind. Es handelt sich dabei aufgrund der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Messtechniken um ein breit gefächertes und technologisch hoch anspruchsvolles Sachgebiet. Dies ist vor allem der rasanten technischen Entwicklung der jüngsten Zeit geschuldet, durch die wesentlich komplexere technologische Komponenten zu beurteilen sind als dies in der Vergangenheit der Fall war. Während in der Vergangenheit ausschließlich Radaranlagen und Piezosensoren im Einsatz waren, herrschen heute Geräte mit erheblichen Softwareanteilen vor. Dies verlangt den dafür bestellten Sachverständigen ab, alle aktuellen Softwareversionen sowie deren jeweilige Weiterentwicklungen zu kennen und insbesondere, um den zugeordneten Gerätetypus einschätzen zu können. Auch im Bereich Lasertechnik ist eine rasante Entwicklung zu verzeichnen, die Art und Umfang des Lasereinsatzes für „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ erheblich erweitert. 3. Vorbildung Abgeschlossenes Studium in einer der Fachrichtungen Physik Fahrzeugtechnik Maschinenbau Elektrotechnik Informatik bzw. entsprechende Kombinationen an einer Universität oder Fachhochschule oder im Rahmen eines Dualen Studiums und eine mindestens fünfjährige praktische Tätigkeit, die ihrer Art nach geeignet ist, die erforderlichen Kenntnisse vollumfassend zu erlangen. Darüber hinaus soll der Sachverständige ausreichende Erfahrungen in einer sachverantwortlichen Stellung im Bereich der „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ nachweisen und entsprechende überdurchschnittliche Kompetenz erworben haben. 4. Kenntnisse Der Sachverständige muss in diesem Zusammenhang des weiteren nachweisen, dass er über erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse, praktische Erfahrungen und über die Fähigkeit verfügt, sowohl Gutachten zu erstatten als auch die in § 2 Abs. 2 der Mustersachverständigenordnung des DIHK genannten Leistungen zu erbringen. Vertiefungsgrade: Grundkenntnisse (1) Vertiefte Kenntnisse (2) Detailkenntnisse (3) Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 3 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen 4.1 Theoretische Kenntnisse Dieses besondere Fachwissen im Bereich „Geschwindigkeitsmessungen“ sollte in folgenden Bereichen vorhanden sein: Physik (1) Elektrotechnik (2) Kinematik (2) Optik (2) Digitale Video- und Bildbearbeitung (2) Statistik (1) Messtechniken (3) (Prinzip und Aufbau von Messsystemen und Fehlerkorrektur, Nassfilm- und digitale Bilddokumentation, Videoauswertung, Standard-Messgeräte stationär und mobil), insbesondere Radar (3) Lichtschranke (3) Einseitensensor (3) Piezo- und Induktionskabel (3) Laser (3) Nachfahrmethoden (3) Abstandsmessverfahren (3) Eichung und Zulassung Aufgaben der PTB (1) Aufgaben der Eichbehörden (1) Der Sachverständige muss mit Aspekten wie z.B. Qualität, Branchenüblichkeit, Stand der Technik, Anschaffungs- und Unterhaltungskosten der Messgeräte und –anlagen sowie den fachspezifischen Märkten vertraut sein. Ebenso muss der Sachverständige über die Fähigkeit zur verständlichen Erläuterung fachlicher Feststellungen und Bewertungen verfügen. 4.2 Theoretische Kenntnisse Im Bereich „Rotlichtüberwachungsanlagen“ sollte folgendes Fachwissen vorhanden sein: Arten der Lichtzeichen-Steuerung, (3) zeitplanabhängige Steuerung (feste Umlaufzeiten), (3) verkehrsabhängige Steuerung, (3) Gelbzeiten in Abhängigkeit der erlaubten Geschwindigkeit, (3) Technik der Rotlichtüberwachung (3) Ampelphasenplan lesen und in ein Weg-Zeit-Diagramm einarbeiten (3) Zuordnung der Signalphasen, (3) Feststellen von Rotlichtverstößen, (3) Vermeidbarkeitsbetrachtung. (3) Signalsicherung der Lichtzeichenanlagen beschreiben (3) Verkehrsgefährdung (Bsp. Feindliches Grün) (3) Lichtzeichenanlage-Abschaltmodus (3) Lichtzeichenanlage-Kontrollmöglichkeiten (3) Signalerzeugung (3) Induktionsschleife (3) Laser (3) Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 4 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen Signalerweiterung und -verarbeitung (1) Signalverstärkung (1) Eichung und Zulassung Aufgaben der PTB (1) Aufgaben der Eichbehörden (1) 5. Allgemeine Rechtskenntnisse Sachverständigentätigkeit Die „Allgemeinen Rechtskenntnisse Sachverständigentätigkeit“ sind Bestandteil dieser Bestellungsvoraussetzungen. 6. Sachgebietsspezifische Rechtskenntnisse Der Sachverständige muss folgende juristische Detailkenntnisse besitzen: Vertiefungsgrade: Grundkenntnisse (G) Vertiefte Kenntnisse (V) Detailkenntnisse (D) 6.1 Sachverständigenrecht Überblick über die verschiedenen Sachverständigen und ihre Anerkennungsformen (G) Rechte und Pflichten öffentlich bestellter Sachverständiger nach Sachverständigenordnung, Umfang der öffentlichen Bestellung (D) Vergütung bei gerichtlichem und privatem Auftrag (JVEG, Honorarvereinbarung) (V) 6.2 Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozessrecht (Verfahren, Unterschiede) 6.3 Zivilrecht 6.4 Justizaufbau und Instanzenzug (G) Zivilprozessverfahren, Strafverfahren (Amtsermittlungsgrundsatz) und Verwaltungsprozess (G) Stellung und Aufgaben des Sachverständigen im Prozess unter Berücksichtigung der verschiedenen Prozessarten (§§ 402-414, §§ 485-494a ZPO; §§ 72-93 StPO) (D) Beweisbeschluss (D) Selbständiges Beweisverfahren (V) Ortsbesichtigung (D) Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (D) Vertragsrecht (Werkvertragsrecht, Abschluss, Erfüllung und Beendigung von Verträgen, AGB) (G) Haftung bei gerichtlichem und privatem Auftrag (§§ 839a, 823, 826 BGB, Vertragshaftung) (V) Werbung (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG; Sachverständigenordnung) (G) Außergerichtliche Streitlösungsverfahren (Schiedsgutachten, Mediation, Schlichtung, Schiedsgericht, Adjudikation) (G) Rechtsdienstleistungsgesetz (G) Strafrecht Aussagedelikte (§§ 153 ff. StGB) (G) Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 5 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen 7. Missbrauch von Titeln (§ 132a StGB) (G) Verletzung der Schweigepflicht (§ 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB, Sachverständigenordnung) (G) Hausfriedensbruch (§§ 123, 124 StGB) (G) Sachbeschädigung (§ 303 StGB) (G) Vorzulegende Arbeitsproben Die Fachgremiumsmitglieder erhalten rechtzeitig vor dem Termin zur Überprüfung eine kurze Übersicht über den Lebenslauf und den beruflichen Werdegang des Antragstellers, ein Gutachtenjournal über in den letzten beiden Jahren gefertigte Gutachten und soweit vorliegend Referenzschreiben sowie von diesem bereits erstellte sieben Gutachten über unterschiedliche Geschwindigkeits-messverfahren für den Bereich „Geschwindigkeitsmessungen“ und zwei Gutachten für den Bereich „Rotlichtüberwachungsanlagen“, hierbei sollte es sich nicht um gutachterliche Vorabstellungnahmen handeln. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 6 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen II. Anforderungen an Gutachten bzw. Sachverständigenleistungen Grundsätzlich sollten bei technischen Gutachten folgende Angaben gemacht werden: 1. Allgemeine Angaben 1.1 Auftraggeber/in, Datum der Auftragserteilung; bei Gerichtsaufträgen: Angabe der Parteien und des Aktenzeichens 1. 2 Inhalt des Auftrags und Zweck des Gutachtens; bei Gerichtsaufträgen: Wiedergabe des Beweisbeschlusses 1. 3 Verwendete Arbeitsunterlagen, z. B. Akten, Pläne, Untersuchungs/Überprüfungsergebnisse und Fotografien etc. 1. 4 Überprüfungsergebnisse, Ortsbesichtigung, Datum und Teilnehmer 2. Feststellungen 2. 1 Kurze zusammenfassende Darstellung der Gesamtsituation, Inhalt evtl. vorliegender Vorgutachten sowie andere wichtige Angaben zur Vorgeschichte 2. 2 Genaue, umfassende Beschreibung der eigenen Feststellungen zum Schadensbild bzw. zur Situation. Im Sonderfall deutliche Kenntlichmachung, wenn von fremden Vorgaben bei der Beurteilung ausgegangen wird. 3. Untersuchungen 3. 1 Untersuchungen und Ermittlungen, Auswertungen von Laborprüfungen, Messungen u. ä. 3. 2 Auswertung der getroffenen Feststellungen, Erläuterung der Schadensursache mit Angabe und Begründung, worin die Ursache liegt (eventuell Planungs- oder Ausführungsfehler). 3.3 Aufzeigen, wie der Schaden behoben werden kann. Angaben zu den Kosten der Schadensbehebung. Falls ein Mangel nicht oder nicht vollständig beseitigt werden kann, ist der verbleibende Mangel und/oder die Wertminderung anzugeben. 4. Zusammenfassung Ein Gutachten muss die gestellten Fragen umfassend, eindeutig nachvollziehbar sowie übersichtlich mit allgemein verständlichen Formulierungen beantworten. Die Anforderungen an andere Sachverständigenleistungen können je nach Inhalt des Auftrags (gerichtlich oder außergerichtlich) abweichen. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 7 von 8 Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen II. Literaturliste (optional oder als Anlage) Jeder Antragsteller für das Sachgebiet „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ muss die Gebrauchsanweisungen zu den einzelnen Messgeräten, vor allem auch in der aktuellen Ausfertigung kennen, dazu jeweils die Bauartzulassungen der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) in Braunschweig und/oder Berlin. Er muss wenigstens Zugang zu diesen Dokumenten haben. Für den Zugang von durch „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ digital gespeicherten, signierten und verschlüsselten Falldaten müssen die jeweils von den Herstellern autorisierten Viewer (z.B.: esoDigitales II Viewer oder BIFFProcess der Firma Robot oder TUFF-Viewer der Firma Vitronic) vorhanden und die Handhabungsvorschriften zu diesen Viewern bekannt sein, Fachzeitschriften aus juristischer Sicht (beispielsweise SVR -Straßenverkehrsrecht- oder DAR -Deutsches Automobil Recht-) erscheinen turnusmäßig und bilden aktuell die Fortentwicklung ab. Aus dem technischen Ressort erscheint die Fachzeitschrift VKU -Verkehrs- Unfall- und Fahrzeugtechnik- unentbehrlich. Auch hier sind regelmäßig Beiträge zum Thema „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“ publiziert. Weitere Fachliteratur kann leicht über das Internet gefunden werden. Handbücher für die forensische Arbeit beinhalten regelmäßig ausgiebige Beiträge zum Thema „Geschwindigkeitsmessungen und Rotlichtüberwachungsanlagen“, wobei hier sicher keine konkrete Literaturangabe angezeigt ist, um vollständige Neutralität in allen Richtungen zu wahren. Es gibt auch Fachbücher, deren Autoren sich sowohl aus der juristischen als auch aus der technischen Disziplin rekrutieren. Auch solche Quellen sollte der Antragsteller zum Nachweis der besonderen Sachkunde kennen. Darüber hinaus gilt auch für dieses Sachgebiet, dass man einschlägige Informationen über Fachtagungen, Konferenzen und auch Hausschulungen bei den Geräteherstellern ansammelt. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 8 von 8