Vollständiger Artikel als

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Vollständiger Artikel als
Heer
Heer
Die Drohnen des Heeres
im Einsatz
(Fotos: Bundeswehr)
Detlef H. Keller
Start KZO aus einem Feldlager
in Afghaninstan
Unbemannte Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicles, UAV) haben in den letzten Jahren für Streitkräfte
eine immer stärkere Bedeutung gewonnen. Bedingt durch rasante technologische Fortschritte auf diesem Gebiet sind unbemannte Plattformen in zunehmendem Maße im Einsatz. Vornehmlich die USA haben eine steigende Zahl an UAVs eingesetzt – sowohl zur Aufklärung, als auch zum gezielten Einsatz von Waffen.
D
ie Bundeswehr definiert UAV als
aerodynamisch fliegendes, angetriebenes Luftfahrzeug ohne
Besatzung an Bord, dessen Flugführung
autonom, ferngeführt und/oder ferngesteuert erfolgt. Es ist wiederverwendbar
und für eine oder mehrere Einsatzrollen
(Konzeptionelle Grundvorstellungen, KGV,
zum Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge
in der Bundeswehr vom 21. Februar 2008)
ausgelegt. Die KGv nennen als aktuelle
Einsatzoption die Lage-, Überwachungs-,
Ziel- und Wirkungsaufklärung. Im weiteren
sollen diese durch die Befähigung zur signalerfassenden weiträumigen Aufklärung,
allwetterfähigen, abstandsfähigen Gefechtsfeldaufklärung und der Aufklärung
von chemischen, biologischen, radiologischen, nuklearen (CBRN) oder explosiven
Substanzen ergänzt werden.
Die Bezeichnung UAS (Unmanned Aerial
System), für Heeresdrohnen manchmal
auch als TUAS (Tactical UAS) bezeichnet,
umfasst ein Gesamtsystem aus dem UAV
(der fliegenden Drohne), der Bodenstation
zum Start und gegebenenfalls Landung,
der Station zur Führung und Überwachung
des Fluges (kann in Station für Start und
Landung integriert sein) sowie den Anteilen für Materialerhaltung und Versorgung.
Je nach Einsatzgebiet und Ausstattung
können Drohnen Nutzlasten tragen, wie
z. B. Sensoren zur Aufklärung oder Raketen
für einen militärischen Angriff. Die Abmessungen reichen dabei von nur einigen Zentimetern (Mikrodrohne) bis zur Größe eines
Verkehrsflugzeuges mit 40 m Spannweite.
Informationsüberlegenheit ist für die
Bundeswehr im Einsatz von wachsender
Bedeutung. Militärische Entscheidungen
stützen sich heute maßgeblich auf die Aufklärungsergebnisse der modernen Drohnen ab.
Die Nutzung von UAS ermöglicht so eine
deutliche Verbesserung der bisherigen militärischen Möglichkeiten in nahezu allen Fä-
higkeitskategorien. Durch das Herauslösen
des Bedieners aus der Plattform sind ein
höheres Maß an Robustheit, Überlebensfähigkeit und Schutz entstanden und eine
längere Einsatzdauer möglich geworden.
Außerdem sollte der Betrieb der UAS einen
reduzierten Personalansatz im Einsatzgebiet ermöglichen.
Verfügbare Aufklärungskapazität in Afghanistan
Der nachfolgende Artikelanteil zu UAS, mit
Schwerpunkt KZO basiert in Anteilen auf
einem Bericht von Brigadegeneral Heribert
Hupka, Kommandeur der Artillerieschule
und General der Artillerietruppe, der im
März 2011 das deutsche Einsatzkontingent
ISAF besuchte.
Im Raum Kunduz werden außer den Drohnensystemen des Heeres KZO (Kleinfluggerät Zielortung), LUNA (Luftgestützte
Unbemannte Nahaufklärungs-AusstatStrategie & Technik · August 2011
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Xxxx
Nachtstart KZO
werter, Instandsetzer und Luftfahrzeugnachprüfer.
Zu Beginn des Einsatzes war KZO noch
der gemischten Aufklärungskompanie
des damaligen Provincial Reconstruction
Team (PRT) Kunduz unterstellt. Im Zuge
der Umstrukturierung des deutschen Einsatzkontingentes wurde KZO Bestandteil
der Aufklärungskompanie des Ausbildungs- und Schutzbataillons Kunduz. KZO
wird somit als taktisches Aufklärungs- und
Zielortungsmittel eines Einsatzverbandes
eingesetzt. Das Ausbildungs- und Schutzbataillon verfügt dadurch über ständigen,
unmittelbaren Zugriff auf das System.
Das System wird durch Heereskräfte instand gehalten. Rheinmetall unterstützt
bei besonders schwierigen Fehlern oder
Kapazitätsengpässen durch Einfliegen
von Personal aus Deutschland im Rahmen
eines „Instandsetzungsrahmenvertrags
Ausland“. Seit Rheinmetall mit dem UAS
Heron in Mazar-e Sharif präsent ist, ist die
industrieseitige Unterstützung etwas einfacher geworden, da drei Mechaniker aus
dem Instandsetzungsteam für das UAS
Heron auch die komplette KZO-Befähi-
(Foto: Rheinmetall)
tung), MIKADO (Mikroaufklärungsdrohne
für den Ortsbereich) und ALADIN (Abbildende luftgestützte Aufklärungsdrohne
im Nächstbereich) auch der unbemannte
US-Aufklärungshubschrauber Fire Scout
eingesetzt. Weiter stehen auf Ebene Regional Command (RC) North das durch die
Luftwaffe betriebene israelisch/deutsche
Aufklärungssystem Heron, das US-System
Hunter sowie sogenannte „Theatre Assets“
zur Verfügung. Darunter sind vornehmlich
Aufklärungssysteme der US-Streitkräfte
zu verstehen, wobei die Palette von unbemannten Systemen wie Predator, Reaper
und Warrior A über bemannte Aufklärungsflugzeuge verschiedener Typen bis hin zu
Höhenaufklärern, wie beispielsweise der
U-2 Dragon Lady und Global Hawk, reicht.
Das UAS Heron und die genannten Theatre Assets werden entsprechend ihrer
Verfügbarkeit und der jeweiligen Operationspriorität durch ISAF Joint Command zur
Deckung des Aufklärungsbedarfs aller Einsatzverbände im RC North bereitgestellt.
Das Aufklärungssystem KZO wird beim
deutschen Einsatzkontingent ISAF derzeit
ausschließlich durch das Ausbildungs- und
Schutzbataillon Kunduz eingesetzt, das
Aufklärungssystem LUNA durch das Ausbildungs- und Schutzbataillon Masar-e Sharif.
Beide Aufklärungssysteme sind Bestandteil
der jeweiligen Aufklärungskompanie und
klären auf taktischer Ebene und komplementär zu weiteren luftgestützten Systemen auf. Die Ausbildungs- und Schutzbataillone verfügen organisch zusätzlich über
die Systeme Mikrodrohne MIKADO und
Minidrohne ALADIN.
Das UAS KZO
Das Aufklärungssystem KZO der Rheinmetall Defence Electronics GmbH steht seit
Mitte 2009 in Kunduz zur Verfügung. Da
sowohl die Heeresaufklärungstruppe als
auch die Artillerietruppe strukturell über
das System verfügen, stellen beide Truppengattungen das Personal im Wechsel.
Einsatzwichtiges Schlüsselpersonal sind
dabei die Drohnensteuerer, Luftbildaus18
August 2011 · Strategie & Technik
gung zur Wartung und Instandsetzung
haben. So können mittlerweile auch kurzfristig bei Bedarf Mechaniker von Mazare Sharif nach Kunduz zur Unterstützung
eingeflogen werden. Die Einsatzbereitschaft des Systems und damit verfügbare Aufklärungskapazitäten wurden
jedoch durch limitierte logistische Ressourcen begrenzt. Während es vermehrt
zu Versorgungsengpässen bei einzelnen
Komponenten der Fluggeräte kam, ist es
hingegen gelungen, die Versorgung mit
Flugverbrauchsmaterial dem gestiegenen
Bedarf anzupassen.
Die Aufklärungsreichweite einer KZO liegt
zur Zeit bei etwa 100 km. Rheinmetall arbeitet an einer Reichweitensteigerung auf
140 km, eine Beauftragung durch die Bundeswehr ist bisher nicht erfolgt.
Die Einsatzzeit, ursprünglich auf 3,5 Stunden festgesetzt bei einem definierten Flugprofil, beträgt in Afghanistan im Schnitt 4,5
Stunden, bei einer Standardmission sind
schon über 5,5 Stunden erreicht worden.
Die vergleichsweise niedrigen Aufklärungsflughöhen der UAS KZO (1.200 bis
2.000 m über Grund) und LUNA (bis zu
1.600 m) sind dem Einsatzzweck Erkundung im Nahbereich angemessen und decken das Gebiet um das Feldlager herum
im Rahmen des Aufklärungsverbundes
zur Überwachung von Patrouillen ab. Die
taktischen UAS werden auch zur Vorbereitung und während laufender Operationen
sowie insbesondere zur Überwachung der
Verbindungsstraßen bei Nacht (Verhindern
bzw. Aufklären von IED-Vorbereitungen)
eingesetzt. KZO hat bislang rund 600 Einsatzflüge absolviert, dies entspricht einem
statistischen Durchschnitt von mehr als
sechs Flügen pro Woche.
Bodenkontrollstation (BKS) KZO
Heer
Die beiden UAS sind, durch ihre Flughöhe bedingt, durchaus hör- und aufklärbar
und damit angreifbar. Andererseits kann
gerade dies in bestimmten Szenarien einen
nicht zu unterschätzenden Beitrag zum
Schutz eigener Kräfte darstellen. Denn gerade wenn die Drohne in Hörweite im Einsatz ist, wissen die Aufständischen, dass sie
überwacht werden und zur Bekämpfung
unter anderem weitreichende Wirkmittel
(z.B. PzH 2000) bereitgehalten werden. Zudem bieten geringe Flughöhen den Vorteil,
dass auch bei niedriger Wolkenuntergrenze
Aufklärungsergebnisse mit optischen Sensoren (aktuell nur mit LUNA) erzielt werden
können. Verluste durch Beschuss mit Luftabwehrmitteln sind nicht bekannt.
Obwohl weitere Aufklärungsmittel,
auch der MALE (Medium Altitude, Long
Endurance)-Klasse (z.B. Heron), den Einsatzverbänden im RC North in beachtlichem Ausmaß grundsätzlich zur Verfügung stehen, bieten Systeme wie KZO und
LUNA, die organisch den Ausbildungs- und
Schutzbataillonen zugeordnet sind, unter
aktuellen Einsatzbedingungen deutliche
Vorteile gegenüber diesen „Hochwertaufklärungsmitteln“. Denn sowohl Heron als auch Theatre Assets müssen beim
RC North angefordert (Recce-Request)
werden. Aufgrund der unterschiedlichen
Recce-Requests (ggf. auch von Streitkräften anderer Länder) wird eine Mission zusammengestellt, die dann von RC
North, bzw. vom ISAF Joint Command,
genehmigt und zugewiesen wird. Dabei
können, ggf. durch Priorisierungen der
Anträge, die Heeresforderungen unter den
Tisch fallen. Natürlich sind auch bei Heron
Ad-hoc-Einsätze möglich, aber die Kommunikationswege zum Auslösen einer Aufklärungsmission sind deutlich länger, zumal
hier ein ganz anderes Aufgabenspektrum
abgedeckt wird. Wollte man mit der Heron
die Aufgaben von KZO/LUNA durchführen,
müsste man Heron in einer ganz anderen
Stückzahl verfügbar und eine entsprechende Infrastruktur (z.B. Start- und Landebahn,
Hangar) zur Verfügung haben. Somit sind
die MALE-Aufklärungsmittel mehr eine Ergänzung als eine Überlappung.
KZO wie auch LUNA hingegen stehen dem
Einsatzverband unmittelbar und ständig
zur Verfügung und können buchstäblich
auf Zuruf gestartet werden. Somit sind
diese Aufklärungsmittel deutlich flexibler
einsetzbar. Starts sind innerhalb von 30
Minuten möglich, bei Vorwarnung des
Funktionspersonals reduziert sich sogar
diese Reaktionszeit.
Die UAS KZO und LUNA erweisen sich
insgesamt als technisch stabil und zuverlässig. Durch zeitlich überlappenden
Einsatz mehrerer Fluggeräte lassen sich
Nachgefragt:
Kurzinterview mit Luitjen Ennenga,
Geschäftsführer Rheinmetall Defence
Electronics GmbH
S&T: Welche Drohnen hat Ihre Firma im Auslandseinsatz der Bundeswehr (z.B. Afghanistan) und leisten Sie dafür eine Unterstützung
im Einsatzgebiet?
Ennenga: Wir haben zwei Systeme in Afghanistan im Einsatz: Unser
taktisches Drohnensystem KZO beim Heer sowie das weitreichende
MALE UAV-System Heron 1, das wir der Luftwaffe im Rahmen eines
Dienstleitungsvertrags zur Verfügung stellen. KZO unterstützen wir
vor Ort im Bedarfsfall auf Abruf. Heron betreiben wir vollumfänglich für die Luftwaffe und haben dafür ständig ca. 20 RheinmetallMitarbeiter vor Ort in Mazar-e Sharif.
S&T: Werden Sie über die Einsatzerfahrungen, die Technik und Handhabung der
Systeme betreffend, so informiert, dass eine verzugslose Mängelbehebung und
Fortentwicklung der Systeme möglich sind?
Ennenga: In Bezug auf die Technik auf jeden Fall. Wir bekommen regelmäßig
Feedback, sind an das Berichtswesen der Bundeswehr angebunden und bekommen
Ereignisse verzugslos auf den Tisch. Bezüglich der operativen Erfahrungen besteht
aus unserer Sicht noch Optimierungspotential – was aber auch daran liegt, dass die
Systeme von verschiedenen Nutzergruppen eingesetzt werden.
S&T: Werden von Ihnen Leistungssteigerungen der Systeme aktuell oder in naher
Zukunft durchgeführt?
Ennenga: Von besonderer Bedeutung ist für uns und das Heer in diesem Zusammenhang das Projekt WABEP. Mit dem Verbund zweier existierender Systeme, unserem KZO und dem Wirkmittel Harop von IAI, wird kurzfristig eine Fähigkeitslücke
geschlossen.
Ein Erfolg war sicherlich der Vertragsabschluss über die Einrüstung einer neuen
multispektralen Nutzlast für KZO, die Rheinmetall eigenfinanziert entwickelt hat.
Weitere Vorhaben zur Leistungssteigerung stoppen oft kurz vor Vertragsschluss.
Das erschwert eine gezielte Weiterentwicklung der Produkte. So werden derzeit
beispielsweise eine neue Bildverarbeitungseinheit im Fluggerät und neue Rechner
für die Bodenkontrollstation – eine notwendige Grundlage für noch bessere Aufklärungsleistung – diskutiert.
Bei der SAATEG-Zwischenlösung ist eine Verlängerung des Dienstleistungsvertrags
über 2012 hinaus geplant. Auch hier bietet sich an, in diesem Zuge die Aufklärungsleistung noch weiter zu steigern.
S&T: Welches weitere Entwicklungspotenzial sehen Sie für Ihre Systeme?
Ennenga: Wir haben eine ganze Palette von kurzfristig möglichen Maßnahmen, von
Flugeigenschaften über IT-basierte Themen wie Sensorfusion bis hin zu Schwarmverfahren und Human Factors. Die momentan angespannte Haushaltslage fordert
von uns, diese Potenziale zur Fähigkeitserweiterung eng mit dem Nutzer und dem
Bedarfsdecker abzustimmen. Mit diesen Themenfeldern und den laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten, in denen wir eine aktive Rolle übernehmen,
stellen wir die Aktualität des Systems KZO bis etwa 2020 sicher. Hinzu kommt ein
Ausbau unserer Kernkompetenzen bei Sensorsystemen, Bodenkontrollstationen
und Führungssystemen – damit sehen wir uns für die Zukunft gut aufgestellt.
Auch unser sehr erfolgreiches Engagement im Vorhaben SAATEG-Zwischenlösung
eröffnet Zukunftspotenzial, z. B. im Bereich einsatznaher technisch-logistischer
Dienstleistungen für weitere Systeme der Bundeswehr und andere Kunden.
Aufbauend auf den Erfahrungen aus der SAATEG-Zwischenlösung werden wir der
Luftwaffe gemeinsam mit unserem Partner Israel Aerospace Industries die hochmoderne Heron TP für die anschließende SAATEG-Anfangsbefähigung anbieten, um
einen nahtlosen und risikofreien Übergang von der Zwischenlösung mit Heron 1 zur
Anfangsbefähigung zu gewährleisten.
Die Fragen stellte Detlef H. Keller
Strategie & Technik · August 2011
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(Foto: Rheinmetall)
Heer
Landung KZO am Fallschirm
zudem die Stehzeiten des Systems über
dem Einsatzraum verlängern. Lageabhängig wurden so bereits fünf KZOFluggeräte nacheinander eingesetzt.
Damit ergab sich eine ununterbrochene
Aufklärungsdauer von 17 Stunden. Das
System ermöglicht dem Bediener in der
Bodenkontrollstation mit der vorhandenen Ausstattung die zeitgleiche Führung
von zwei Fluggeräten und damit eine Ablösung im Aufklärungsraum, um eine ununterbrochene Aufklärung sicherzustellen. Limitierende Faktoren sind das Personal und die materielle Verfügbarkeit von
Fluggeräten. Durch fehlende Ersatzteile
beträgt die Einsatzbereitschaft – auch mit
gesteuertem Ausbau – zurzeit zwischen
drei und fünf KZO-Fluggeräte.
KZO wird derzeit bei zwei Drittel seiner Aufträge nachts eingesetzt. Hierfür ist die derzeit vorhandene Infrarotsensorik sehr gut
geeignet. Andererseits wurde im Afghanistaneinsatz auch sehr rasch deutlich, dass
zur Identifizierung und Diskriminierung von
Zielen, besonders bei Aufträgen am Tage,
eine elektrooptische Kamera unverzichtbar
ist. Die Forderung aus dem Einsatz lautete
deshalb: „Benötigt werden Echtzeitbilder
in Farbe und Identifizierungsmöglichkeiten
von Einzelpersonen und deren tatsächlicher
Ausstattung oder Bewaffnung.“
Das System KZO ist als Zielortungsmittel
der Artillerietruppe, eingebunden in das
Führungs- und Waffeneinsatzsystem Artillerie ADLER II (Artillerie-, Daten-, Lageund Einsatz Rechnerverbund), konzipiert.
Es kam daher darauf an, in der Bodenkontrollstation ein möglichst gutes Echtzeitbild
zur unmittelbaren Auswertung zu erhalten
und lediglich ausgewertete Informationen
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August 2011 · Strategie & Technik
weiter zu geben. Da eine direkte Übertragung des Bildmaterials an externe Stellen
vom Bedarfsträger nicht vorgesehen war,
erfolgt die Abspeicherung von Bild- und
Videomaterial stark komprimiert in der
Bodenkontrollstation, was derzeit noch
zu Qualitätseinbußen bei der Darstellung
außerhalb der Bodenkontrollstation führt.
Das System erfährt zurzeit auf Basis der
Erfahrungen und Forderungen aus dem
Einsatz in Afghanistan eine Weiterentwicklung, die bereits zum Teil umgesetzt werden konnte.
Erste Ergebnisse sind die Beschaffung einer
neuen Multisensor-Nutzlast mit deutlich
verbesserter Bildqualität. Neu daran ist ein
bei Rheinmetall mit Eigenmitteln entwi-
ckeltes höher auflösendes Wärmebildgerät
mit geringerem Einbauvolumen. Dadurch
entsteht eine Einbaumöglichkeit für eine zusätzliche elektrooptische Farbkamera (kompatibel zur jetzigen KZO-Konfiguaration;
d.h. Wechselnutzlast) sowie die Einrüstung
eines Transponders zur Lokalisierung und
Identifizierung des Fluggerätes im Luftraum.
Die zur jetzigen KZO-Konfiguration kompatible Multisensor-Nutzlast kann vom Nutzer
vor Ort ausgetauscht werden. Das erste System steht voraussichtlich Ende des Jahres zur
Verfügung und soll in Afghanistan Anfang
nächsten Jahres eingesetzt werden. Zusätzlich werden geplante Verbesserungen
an der Hardware der Bodenkontrollstation
den Einsatzwert von KZO weiter steigern.
Die vorgesehene Flugplanung und -führung
mittels hochgenauer Satellitenkarten, verbunden mit einer möglichen Verbesserung
der Zielortungsgenauigkeit und die Möglichkeit, Bildmaterial STANAG-konform,
georeferenziert und ohne Qualitätsverlust
exportieren zu können, werden zu einen
weiteren Qualitätssprung des Systems führen. Die Realisierung dieser Maßnahmen ist
jedoch noch von verfügbaren Haushaltsmitteln abhängig.
Das System WABEP
Ein wichtiges weiteres Drohnen-Vorhaben
für das Heer ist das System WABEP (Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung
von Einzel- und Punktzielen). WABEP stellt
die Vernetzung zweier existenter Systeme
dar, nämlich zunächst KZO als Aufklärungsmittel und des Wirkmittels Harop
als Kampfdrohne, um damit die neue
Fähigkeit zu schaffen, über große Entfernungen punktgenau und zeitnah wirken
Die israelische Kampfdrohne Harop nach dem Start
Heer
zu können. Dieser vernetzte AufklärungsWirkungsverbund ermöglicht es dem „Einsetzer“, bis kurz vor dem Einschlag das Ziel
zu beobachten, laufend hochpräzise nachzulenken und notfalls den Angriff abzubrechen. Harop wird dabei in der Kooperation
vom Partner IAI (Israel Aerospace Industries
Ltd.) beigesteuert. KZO soll zunächst neben der Aufklärungsaufgabe noch die zu
implementierende wichtige Funktion des
Relaisträgers übernehmen, d.h. das Funkrelais zwischen der Bodenstation und der
Kampfdrohne in einer Datenkette, die es
dann ermöglicht, die Kampfdrohne über
große Entfernungen bis kurz vor dem Aufschlag auch sicher kontrollieren zu können.
Grundsätzlich muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass die Rolle der
für den Einsatz der Kampfdrohne notwendigen Aufklärungs- uns Relaiskomponente
auch durch andere UAS geleistet werden
könnte. Die Relaisfunktion könnte dabei
z.B. durch vorgeschobene Joint Fire Support Teams (JFST) übernommen werden.
Ein großes Manko vieler Wirkmittel heute ist, dass, wenn sie abgeschossen oder
gestartet wurden, ein Eingriff in die Missionserfüllung oder gar ein Abbruch des
Angriffs in der Regel nicht oder nur noch
sehr eingeschränkt möglich ist, zumindest
nicht mehr bis kurz vor dem Einschlag. WABEP bietet diese wichtige Fähigkeit bis zu
einer Entfernung von 120 km bei maximal
neun Stunden Flugzeit lückenlos und hilft
damit die Gefahr von Kollateralschäden signifikant zu reduzieren.
Das Vorhaben steht in der Projektierungsphase, die noch im September 2011 fristgerecht abgeschlossen wird. Im Mai 2011
wurde in Bremen mit dem Bedarfsdecker/
Bedarfsträger der Nachweis der Funktion
des WABEP-Verbunds im Rahmen einer
Systemsimulation mit Originalbedienkonsolen erbracht. Daran schließen sich nun
in Israel die Systemnachweise im Flug an.
Das UAS LUNA
Am 27. Juni 2011 absolvierte das Aufklärungssystem LUNA (Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstattung) der
Firma EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing.
Hartmut Euer mbH seinen 7.000. Flug in
der afghanischen Provinz Baghlan. Bei einer
Flugdauer von vier Stunden und zwölf Minuten wurde die Aufklärung mit EO/IR (Electro Optical/Infrared)-Sensorik entsprechend
der Missionsvorgaben erfolgreich durchgeführt. Technisch ist das UAS LUNA zu Flügen von bis zu acht Stunden in der Lage.
LUNA wurde erstmalig im Jahr 2000, anfänglich noch im Rahmen eines Truppenversuches, im Kosovo eingesetzt. Seither ist
das System im Einsatz, bis 2008 zeitgleich
Nachgefragt:
Kurzinterview mit Sascha Lange,
Marktanalyse und Geschäftsentwicklung,
EMT Ingenieurgesellschaft
Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH
S&T: Welche Drohnen hat Ihre Firma im Auslandseinsatz der
Bundeswehr (z.B. Afghanistan) und leisten Sie dafür eine Unterstützung im Einsatzgebiet?
Lange: Die ersten Versionen des LUNA-Systems wurden von der
Bundeswehr bereits im Jahr 2000 in Mazedonien und im Kosovo
zum Einsatz gebracht. Seit 2003 ist das LUNA-System in Afghanistan im Einsatz. Das ALADIN-System kam 2003 ebenfalls zuerst
auf dem Balkan zum Einsatz. In Afghanistan befindet es sich seit
2005. Durch beide Systeme hat EMT sehr viel über die harten
Einsatzbedingungen wie Temperatur-und Staubbelastung gelernt. Unsere Produkte
wurden besser und haltbarer. Um die Einsatzfähigkeit unserer Systeme fortlaufend
sicherstellen zu können, können wir bei Bedarf auch kurzfristig Servicemitarbeiter
anbieten. Technische Hindernisse werden dann direkt vor Ort schnell identifiziert
und ausgemerzt.
S&T: Werden Sie über die Einsatzerfahrungen, die Technik und Handhabung der
Systeme betreffend, so informiert, dass eine verzugslose Mängelbehebung und
Fortentwicklung der Systeme möglich sind?
Lange: EMT ist als erfahrener UAS-Spezialist ganz wesentlich an einem engen Kontakt und intensiven Informationsaustausch mit dem Kunden Bundeswehr interessiert. Beispielsweise haben wir eine 24/7 Telefonhotline um jederzeit aufkommende
Fragen oder Probleme angehen zu können. Das funktioniert gut und ist inzwischen
ganz selbstverständlich. Da sich EMT voll auf taktische unbemannte Flugzeugsysteme (TUAS) konzentriert, haben unsere Kunden die Garantie, dass unsere Produkte zufriedenstellend funktionieren. Wenn unsere Produkte nicht gekauft würden,
würden wir nicht mehr lange am Markt sein. Letztendlich profitieren sowohl der
Kunde Bundeswehr als auch EMT, da wir durch die immense Einsatzerfahrung im
Ausland, von mittlerweile über zehn Jahren, zu ausgereiften und bewährten TUAS
gelangt sind.
S&T: Werden von Ihnen Leistungssteigerungen der Systeme aktuell oder in naher
Zukunft durchgeführt?
Lange: Wir sind als Unternehmen, das im harten internationalen Wettbewerb steht,
auf ständige Innovation und Leistungssteigerung angewiesen um konkurrenzfähig
zu bleiben. Sonst hätten wir kaum Kunden auf mittlerweile drei Kontinenten gewinnen können. Beispielsweise hatte das erste Fluggerät des LUNA-Systems eine Flugdauer von zwei Stunden. Durch verschiedene Verbesserungen bei Triebwerk, Aerodynamik und Rumpfauslegung können wir für das Fluggerät im LUNA-System heute
bis zu acht Stunden Flugdauer bieten. Der Nutzer erhält hierdurch eine gewaltige
Steigerung von Einsatzflexibilität und Aufklärungsleistung. Natürlich werden auch
unsere Sensorpakete wie Kamera-, Radar-, COMINT- oder CBRN-detektorsysteme
fortlaufend auf den Stand der Technik gebracht. Bei unseren bispektralen (EO/IR)
Mehrfachkameramodulen befindet sich seit 2010 bereits die vierte Generation im
Afghanistan-Einsatz. Die Bundeswehr ist mit den gelieferten Aufklärungsergebnissen sehr zufrieden. Weiterhin können wir inzwischen die sichere Integration
des Flugbetriebs im Luftraum mit eingeführten Mode-S-Transpondern dramatisch
verbessern. EMT wird selbstverständlich auch in Zukunft für fortlaufende Verbesserungen stehen, wir haben da einiges in der Entwicklung.
Die Fragen stellte Detlef H. Keller
bei KFOR und ISAF, und hat dort seit 2003
insgesamt ca. 4.200 Flüge durchgeführt.
Hier flossen auch nach anfänglichen
Schwierigkeiten ständig wertvolle Ein-
satzerfahrungen in die technische Weiterentwicklung des Systems ein.
Das Fluggerät startet mit Hilfe eines Katapultes. Die Landung erfolgt an einem
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Katapultstart des UAV LUNA
Fallschirm oder mittels Netzlandung mit
autonomem Landeanflug. Die Flugroute
wird vor dem Start programmiert, kann
aber auch während des Flugkurses von der
Bodenstation geändert werden. Die Aufklärungsdaten werden über eine DuplexMikrowellenverbindung in Echtzeit übertragen. Dabei können über einen Uplink
Steuerbefehle zur Korrektur des Flugkurses
eingegeben werden.
Die LUNA-Drohne verfügt über eine militärische Musterzulassung der Kategorie 2.
Mit dieser Zulassung darf die Drohne außerhalb von Sperrgebieten und über dünn
besiedeltem Gebiet eingesetzt werden.
Das Heer verfügt über sechs Systeme Mech
Brig (geschützt) für die mechanisierten
Brigaden, zwei Systeme MTH (Mittlerer
Transport Hubschrauber) und ein Ausbildungssystem.
Das Systemgerät besteht aus:
s zwei Bodenkontrollstationen (BKS) mit
Antennenanhänger. BKS mit modularem Design und Missions & Nutzlastkontrolle, externer ETHERNET-Schnittstelle über ABUL (Automatisierte
Bildauswertung) mit Echtzeit-Analyse,
Erweiterung der Auswertefähigkeiten
(z. B. Mosaikierung) und übersichtlicher Archivierung.Weitere Vernetzungsfähigkeit und Integration C4ISR
über ADLER II. Die Bodenkontrollstation muss zur Optimierung oftmals eine
exponierte und damit auch gefährdetere Stellung beziehen, gleichzeitig
ist die Überflughöhe anzuheben, um
eine quasi optische Datenverbindung
sicherzustellen. Dies wiederum führt zu
einer Minderung der Aufklärungsleistung bedingt durch die Begrenzung der
Auflösung der Sensoren. Zur Lösung
dieses Problems wurde Ende 2006
die Relaisfähigkeit des LUNA-Systems
in die Wege geleitet. Damit wurde es
den Aufklärungskräften ab Ende 2007
ermöglicht, über eine sich in der Luft
befindlichen Relaisdrohne LUNA eine
weitere Aufklärungsdrohne, auch tief
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August 2011 · Strategie & Technik
MIKADO-Start in Afghanistan
in Täler eindringend, zu steuern.
s einem abgesetzten, tragbaren EchtzeitEmpfangsgerät Remote Video Terminal
(RVT) für Videodaten;
s Fluggeräten (zehn pro Mech Brig, acht
pro MTH);
s Startkatapulten (zwei pro Mech Brig
und MTH);
s Start-/Netzlandesystemen (zwei pro
Mech Brig);
s Werkstattausstattung (WSA) und
s Transportmodulen (fünf pro MechBrig.)
BKS und WSA sind integriert in einem
geschützten Mehrzweckaufbau, die restlichen Systemanteile sind ebenfalls verlastet auf Yak-LKW nach STANAG 4569
3/3a und luftverlastbar in der MTH-Version (C-160).
Das Technologiepotenzial für modulare Nutzlasten und deren Möglichkeiten
s „Bispektralnutzlast“ (Kombinierte EO/
IRKamera) mit IR-Doppelsehfeld und
EO-Zoom;
s Elektronische Aufklärung;
s MiSAR für All-Wetter/Tag & Nacht-Aufklärung. MiSAR ist ein miniaturisierter
SAR-Sensor (Synthetic Aperture Radar:
Radar mit elektronischer Strahlschwenkung) mit extrem geringen Gewicht
und Volumen, der speziell für den Einsatz in kleineren taktischen UAVs entwickelt wurde. MiSAR liefert hochaufgelöste Radarbilder bei Tag und bei Nacht.
Durch das eingesetzte Millimeterwellen-Radar können erstmalig mit einem
so kompakten Radar Nebel, Regen und
Schnee durchdrungen und damit eine
echte Allwetteraufklärungsfähigkeit
hergestellt werden. Darüber hinaus bietet MiSAR auch ein MTI-Modus (Moving Target Indication) zur Detektion
und Verfolgung bewegter Objekte z.B.
Fahrzeuge am Boden.
s Sense and Avoid (selbständige Detektierung eines Lufthindernisses, dieses
im Sensor automatisch weiter verfolgen
und nach Erreichen einer kritischen Ausweichzeit durch die Steuereinheit selbständig ein Ausweichmanöver einleiten).
s Transponder zur Einbindung in Luftlagebild, Identifizierung durch Flugsicherung mit dem Ziel des Flugbetriebs
im kontrollierten Luftraum (Air Traffic
Management).
ALADIN kann aus der Hand gestartet werden
Heer
Der Service kann durch EMT bezüglich der
UAS-Komponenten, Ersatzteile, Ausbildung, Simulation, Instandsetzung sichergestellt werden.
Das UAS ALADIN
Zukünftige LUNA Nutzlast-Optionen
s Multi-IR-Spektral-Sensor in Kooperation mit der Firma AIM Infrarot-Module
GmbH (z.B. zur Erkennung Sprengfallen),
s Sensoren für chemische, biologische,
radiologische oder nukleare Bedrohungen.
LUNA System Zukunftsoption
Der MUSECO (Multi Sensor Copter) mit
dem Partner SWISS UAV ist eine Erweiterung des eingeführten LUNA-Systems
durch eine Drehflügler-Komponente in
der VTOL (Vertical Take-Off and Landing)Option mit einem VPRS (VTOL Parachute Rescue System) unter Nutzung der
vorhandenen LUNA-Bodeninfrastruktur
wie Personal, BKS, Sensoren, Software,
Daten-Link, Werkstattausstattung, Fahrzeuge.
Technische Daten
Rotordurchmesser: > 3 m, Masse: > 100 kg,
Flugdauer: ca. 3 Stunden, Fluggeschwindigkeit: > 130 km/h, Reichweite (DatenLink): > 100 km.
Am 29. Juni 2011 absolvierte das Aufklärungssystem ALADIN (Abbildende Luftgestützte Aufklärungsdrohne im Nächstbereich) seinen 10.000. Flug im afghanischen
Kunduz. Mit einer Flugdauer von 18 Minuten lag das System dabei noch unter der
Maximaldauer (30 Minuten) der ALADINSysteme der Bundeswehr.
Das (UAS) ALADIN der Firma EMT Ingenieurgesellschaft Dipl.-Ing. Hartmut Euer mbH
leistet bereits seit 2003 im Kosovo wertvolle
Einsatzbeiträge zur Unterstützung bei der Lagebilderstellung in den Einsätzen der Bundeswehr. Durch eine Reihe von Leistungssteigerungen bei Sensorik sowie Vereinfachung der
Handhabung ist ALADIN mittlerweile noch
umfassender einsetzbar. Der ständig anwachsende Nutzwert von ALADIN führte so konsequenterweise zu weiteren Auslandseinsätzen
wie zum Beispiel seit 2005 in Afghanistan.
Mit einer Spannweite von 1,46 Metern ist
das von einem Zweiblattpropeller getriebene
Luftfahrzeug relativ klein, es wird durch einen
Elektromotor angetrieben. Das System ist
ohne Werkzeuge leicht zerleg- und zusammensetzbar, um den Transport zu vereinfachen. Es ist so innerhalb von fünf Minuten
einsatzbereit.
Die Aufklärungsdrohne wird von Hand oder
per Gummiseil gestartet. Die Steuerung
erfolgt autonom per eingebautem GPSEmpfänger auf festgelegtem Flugweg. Der
Benutzer ist in der Lage, den Flug über die
Bodenkontrollstation zu beeinflussen. Die
Videodaten werden in quasi Echtzeit über-
tragen, mit Hilfe des Bedienteils (Laptop)
unmittelbar ausgewertet und anschließend
auf DV-Kassetten zur weiteren Auswertung
gespeichert. Die Datenübertragungsstrecke
bestimmt die Einsatzreichweite.
Beim Deutschen Heer gehören zu jedem
Einsatzsystem der 132 Aufklärungsausstattungen zwei Fluggeräte Tagsicht, ein
Rumpf Nachtsicht mit Windmesser und
eine handliche Bodenkontrollstation mit
Antenne zur Missionsplanung und Flugsteuerung. Diese besitzt die Möglichkeit
zur Kontrolle der autonomen Umfliegung
von Geländehindernissen, kann digitale
Missions-Karten in 2D- oder 3D-Anzeige
abrufen und hat die Möglichkeit zur Bildauswertung und -speicherung.
Die Bodenkontrollstation hat ein Gewicht
von 17 kg, nutzt beim Senden das UHFBand und für den Empfang das C-Band.
Das gesamte System lässt sich durch einen
kleinen Trupp (zwei Personen) bedienen,
transportieren bzw. tragen. Die Drohne
selbst ist aufgrund ihrer geringen Größe
nur schwer auszumachen. Die Sensorik ist
austauschbar, sie kann Farbbilder bei Tages- und Schwarz-Weiß-Bilder bei Dämmerungslicht aufnehmen oder eine Infrarotkamera für Dunkelheit verwenden.
Das System wird auf Fahrzeugen mitgeführt und erlaubt so auch flexible Operationen in Konfliktregionen. Durch die
direkte Integration in die Einsatzverbände
des Heeres ist eine zeitnahe Verfügbarkeit
der Überwachungsergebnisse für den taktischen Einsatzführer vor Ort gewährleistet.
Das UAS MIKADO
Die Bundeswehr beschaffte bzw. beschafft
die taktische Mikroaufklärungsdrohne
für den Ortsbereich (MIKADO) des Typs
Heer
AR100B: 2009 zwölf UAS mit analogem
DatenLink, 2010 15 UAS mit analogem DatenLink und 30 UAS mit digitalem DatenLink, 2011 68 UAS mit digitalem DatenLink
und 2012 20 UAS mit digitalem DatenLink.
Das sind für das Heer insgesamt 158 UAS
und für die Marine sechs Systeme.
Das UAS der AirRobot GmbH & Co. KG
wurde im vergangenen Jahr mit integrierter Nachweisführung (u. a. in den australischen Outbacks) zusammen mit dem
Gepanzerten Transport-Kfz Boxer taktisch
einsatzgeprüft. Weitere Funktionen wie
der Simultanflug (Steuerung von zwei Systemen mit der jeweiligen BKS zur gleichen
Zeit im Abstand von ca. 20 m) sind noch im
Zulassungsprozess.
Zur Verbesserung der Aufklärung im
Nahbereich verlegte die Bundeswehr seit
Ende März 2011 mindestens 30 AR100B-Systeme an verschiedene Standorte in Afghanistan. Seitdem wurden
bis jetzt insgesamt mehr als 1.150 Flüge
über 800, zur Ausbildung und für den
Einsatz ca. 230, der Rest Übungsflüge
absolviert.
Soldat bei der Aufklärung mit MIKADO
Bebaute (urbane) Räume bieten vielfältige
Möglichkeiten zur Tarnung und Deckung.
Die extrem kurze Distanz zu Gegnern und
Konfliktparteien und das unüberschaubare oder gar nicht einsehbare Gelände
stellen an die Aufklärungsfähigkeiten besondere Anforderungen. Der Winzling mit
dem Prinzip einer „Rucksackdrohne“ ist
MIKADO im Flug
MIKADO umfasst Flüge im 1.000-MeterRadius-Bereich bei maximal 35 km/h Einsatzgeschwindigkeit. Sie ist einfach zu
transportieren, zu zerlegen und zusammenzusetzen. Die Mikrodrohne mit einem
Durchmesser von nur einem Meter, kann je
nach Funkverbindung in einem Bereich von
500 (analoges Video) bis 1.000 m (digitales
Video) Entfernung und bis zu 1.000 Meter
Flughöhe und ca. 20 Minuten Flugzeit eingesetzt werden. Bei guter Manövrier- und
leichten Steuerbarkeit ist die einzige Limitierung, wenn der Wind stärker als acht
m/s ist. Dann wird ein stabiler Flug sehr
schwierig, wenn nicht unmöglich.
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August 2011 · Strategie & Technik
1,3 Kilo leicht, wird im urbanen Gelände
eingesetzt und soll Personen, Personengruppen, Waffen und Sperren, Fahrzeuge,
Plattformen und sonstige Objekte orten
und identifizieren. So wird ein genaues
Lagebild schnell verfügbar, ohne dass
sich der Bediener exponieren muss. Zudem erhält die taktische Führung auf der
Gruppen- und Zugebene echtzeitnah und
detailliert präzise Aufklärungsergebnisse
für ihre Beurteilung der Lage. Ein Blick um
Häuser, unter Brücken oder hinter Waldkanten, ermöglicht dem vorgehenden Zug
durch sofortige Aufklärung vor Ort ein sichereres Fortkommen.
Ein symmetrischer 4-Rotor-Hubschrauber
mit vier Elektromotoren startet das vertical take-off and landing (VTOL)-System.
Die Struktur besteht aus vier dünnen CFKStäben in Kreuzanordnung, die sehr leicht
und robust ist. Die Nutzlast, der Akku und
die Elektronik sind zentral angeordnet. Die
starren Rotorblätter sind ebenfalls aus CFK
gefertigt und werden über jeweils einen
bürstenlosen Elektromotor direkt (ohne
Getriebe) angetrieben. Ein Schutzring verhindert, dass die Rotoren bei Hindernisberührungen Schaden nehmen.
Die Minidrohne trägt zurzeit zwei verschiedene Nutzlasten (bis 200 g), eine
Dämmerungskamera und eine TaglichtColour-Kamera mit Tele- und Weitwinkel. Aus dem Einsatz heraus fordert der
Bedarfsträger eine Infrarot-Kamera zur
Nachtsichtfähigkeit. Das handelsübliche
Tagsicht-Videokameramodul kann je nach
Einsatzerfordernissen auch gegen andere
Module getauscht werden. Durch einen
Schwenkmechanismus kann die Kamera
in einer Ebene in einem Winkelbereich von
0° (senkrecht zum Boden) bis 120° stufenlos, eingestellt werden. MIKADO hat eine
Einsatzdauer von ca. 20 Minuten. Die Aufklärungsdaten werden dabei in nahezu
Echtzeit übertragen. Die Video-Sequenzen werden in einer bodengebundenen
Basisstation aufbereitet und können auch
für eine spätere Detailanalyse gespeichert
werden. Im Falle eines technischen Fehlers
oder einer entladenen Batterie wird eine
Autolandung ausgelöst. Eine ComingHome-Funktion wird automatisch gestartet, wenn ein kurzzeitiger Steuerfunkabriss erfolgt, sie vor dem Abflug aktiviert
wurde oder der Drohnensteuerer sie einleitet.
Das Fluggerät ist mit einer elektronischen GPS- und OPS (optische Positionsbestimmung)-basierten Flugregelungseinrichtung versehen. Diese hält das Fluggerät
im Schwebeflug automatisch auf konstanter
Nachgefragt:
Höhe und in einer stabilen horizontalen Lage. Es fliegt dabei nahezu geräuschlos.
Die Materialerhaltung wird im Nutzerbereich und in der Industrie durchgeführt.
MIKADO wurde so ausgelegt, dass alle
Prüfarbeiten und Instandhaltungsmaßnahmen durch das Bedienpersonal durchgeführt werden können. Das Auswechseln
von Hauptbaugruppen erfordert keine
besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten.
Neue Entwicklungspotenziale sind beispielsweise die Ausstattung mit einer
Nachtsichtkamera oder der Einbau eines
Lichtwellenleiters, um konsistente Bilddaten aus einem Gebäude empfangen zu
können. Die Anbindung des Systems Mikrodrohne an das Führungs- und Waffeneinsatzsystem der zugeordneten Führungsebene, z.B. „Infanterist der Zukunft“, wird
eine vernetzte Informationsstruktur innerhalb der Infanteriegruppe sicherstellen. Die
Mikrodrohne erhält dadurch eine weitere
Steigerung ihrer Wirksamkeit.
Kurzinterview mit Burkhard Wiggerich,
Geschäftsführer der AirRobot GmbH & Co. KG
S&T: Welche Drohnen hat Ihre Firma im Auslandseinsatz der Bundeswehr (z.B.
Afghanistan) und leisten Sie dafür eine Unterstützung im Einsatzgebiet?
Wiggerich: Das derzeit eingesetzte System MIKADO entspricht unserer Version
AR100-B. Es ist ein 4-Rotor-UAV mit einem Meter Durchmesser und einer Abflugmasse von 1,3 kg. Wir pflegen dabei einen engen Kontakt zu den Nutzern im
Rahmen der TLB (Technisch-Logistische-Betreuung)
S&T: Werden Sie über die Einsatzerfahrungen, die Technik und Handhabung des
Systems betreffen, so informiert, dass eine verzugslose Mängelbehebung und Fortentwicklung des Systems möglich sind?
Wiggerich: Da diese Systeme durch die Bundeswehr in Afghanistan während
der letzten Wochen über 1.000 Flüge absolviert haben, sind natürlich auch einige
Anregungen aus dem Praxiseinsatz an uns heran getragen worden, die wir schnellstmöglich umsetzen werden.
S&T: Werden von Ihnen Leistungssteigerungen des Systems aktuell oder in naher
Zukunft durchgeführt?
Wiggerich: Im Bereich der Kameranutzlast werden von uns weitere Ergänzungen
angeboten, die die Einsatzfähigkeit und das Einsatzspektrum erweitern.
Da der MIKADO (AR100-B) durchaus als sehr ausgereift bezeichnet werden kann,
konzentrieren wir uns auf die Entwicklung größerer Systeme. Diese werden dann
mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet wie z. B. Beispiel eine Radar-gestützte
Kollisionsvermeidung sowie eine Laser-basierte Entfernungsmessung mit Positionsbestimmung.
Unterstützungssysteme
der ESG
Im Juni 2011 präsentierte die ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH u.a. ihren
Unbemannten Missionsausrüstungsträger
(UMAT). Der UMAT ist ein UAS für vertikale
Starts und Landungen (VTOL-UAV, Vertical
Take-Off & Landing-UAV). Der UMAT kann
teilautonom fliegen oder wird vom Boden
aus geführt. Mit dem System verfügt die
ESG über ein UAS, das als Versuchsträger zur
Durchführung operationeller/technischer Untersuchungen eingesetzt werden kann.
Eine weitere Entwicklung ist das Produkt
Sense & Avoid Assistenzfunktion (SAAFu). Es ermöglicht dem UAV-Operateur,
S&T: Welches weitere Entwicklungspotenzial sehen Sie für Ihr System?
Wiggerich: Wir fühlen uns immer noch auf der Spitze eines Eisberges. Das Potenzial an möglichen Entwicklungen ist nahezu unerschöpflich. Sie können unsere
Flugplattform durchaus mit dem Automobil vergleichen, was und wohin sie etwas
transportieren ist genauso unbegrenzt, nur steht uns auch noch die dritte Dimension
zur Verfügung.
Die Fragen stellte Detlef H. Keller
auftretende Kollisionsrisiken frühzeitig zu
erkennen und durch geeignete Flugmanöver aufzulösen. Die ESG hat mit der Sense
& Avoid Assistenzfunktion (SAAFu) ein
System geschaffen, das die dafür erforderlichen Daten in optimaler Form aufbereitet und dem UAV-Operateur zur Anzeige
bringt.
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Grube 29 . 82377
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Strategie & Technik · August 2011
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