Eurozentrismus versus ReOrientierung

Transcrição

Eurozentrismus versus ReOrientierung
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
Nr.39
Ulrich Menzel
Eurozentrismus versus ReOrientierung.
Die Rückkehr der großen Theorie in die
entwicklungspolitische Debatte
Oktober 2000
ISSN-Nr. 0949-2267
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
1. Das Millenium und die Rückkehr der großen Theorie
Warum die einen Nationen wohlhabend und die anderen arm sind diese
Frage
bewegt
die
entwicklungs theoretische
Diskussion
seit dem Jahre 1776, als mit Adam Smiths "Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations" die erste grundlegende Arbeit zu dieser Thematik erschienen ist.
Während für
Smith der Bezugsrahmen das zeitgenössische Großbritannien bzw.
Westeuropa
rung,
den
war,
von den
das,
so
seine
entwicklungspolitische
Fesseln des Merkantilismus
wohlstands fördernden
Wirkungen
des
Forde-
zu befreien sei,
Marktes,
der
um
Konkur-
renz,
der Arbeitsteilung und der unternehmerischen Initiative
freie
Bahn
sehr
viel
zu
verschaffen,
wei teren
hat
die
Bezugsrahmen .
heutige
Diskussion
Entwicklung
im
Sinne
einen
einer
breitenwirksamen Wohlstandsvermehrung hat seitdem nicht nur im
alten
Okzident,
Nordamerika,
also
in
Australien,
Westeuropa,
Neuseeland
stattgefunden,
und weniger
der
um
eindeutig
in
anderen europäischen Siedlerkolonien zum "Greater Europe" ausgewei tet wurde,
sondern auch in einem Teil des al ten Orients,
nämlich in Ost- und Südostasien,
gig
wenn
könnte,
schen
auch
etwas
unscharf
eine Region,
als
"Greater
die man großzü-
China"
bezeichnen
soweit man die Länder Südostasiens mit ihren chinesiund
hinzuzählt
Minderheiten
"Strategische Gruppen'"
diese
Minderheiten
als
des dortigen Entwicklungsprozesses be-
trachtet. Hinzu kommen Japan und Korea, wobei hier trotz aller
kulturellen
Eigenständigkeit
flüsse
Prägungen
und
werden dürfen.
von
die
seiten
lange
zurückliegenden
Chinas
lich der
unterschlagen
Diesen beiden großen Entwicklungsregionen ste-
hen andere Teile der Welt in Lateinamerika,
leren Osten,
nicht
Ein-
in Osteuropa,
Sahara gegenüber,
im Nahen und Mitt-
in Zentralasien und in Afrika süddie von
Entwicklung weit entfernt sind,
einem Prozeß
nachholender
wo stattdessen anhaltende oder
Vgl. zum Begriff und seiner Verwendung Hans-Dieter Evers/Tilman Schiel, Strategische Gruppen. Vergleichende Studien zu Staat, Bürokratie und Klassenbildung
in der Dritten Welt. Berlin 1988.
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2
sogar
zunehmende
Unterentwicklung ,
mindestens
aber
sehr
hete-
rogene und zerklüftete Gesellschaften zu konstatieren sind.
Neben
der
regionalen
zesse
von
Entwicklung
darauf
bezogene
und
und
Differenzierung
Unterentwicklung
erweiterte
berücksichtigen.
stattgefunden,
Ausweitung
ordnungspolitische
aber
Pro-
auch
Bandbreite
die
zu
Entwicklung hat nicht nur in "Greater Europe"
wo
ganz
im
Sinne
des
absolutistisch/merkantilistische
der
ist
der
Marktkräfte zurückgedrängt wurde,
klassischen
Staat
Liberalismus
der
zugunsten
auch wenn dieses
in der an-
gelsächsischen Variante sehr viel radikaler geschah als in der
kontinentaleuropäischen
talismus.
In
"Greater
bzw.
"rheinischen"
China"
und
Variante
insbesondere
hat Entwicklung in einer Region stattgefunden,
rokratische
tet
hat
wurden,
schen
und
Entwicklungsstaat
die
Kräfte
des
eine
dominante
Marktes
eher
eine entwicklungspolitische Lehre,
Regierung
auch
ganz
offensiv
gleichzeitig in einer Region,
in
des
Japan/Korea
in der der büPo s i tion
the
Ri.m"? einen
tionalstaatlich
die von der japani-
propagiert
wi r d ,"
und
in der die grenzüberschreitenden
"ethnischen Kapitalismus "
verfaßten
behaup-
instrumentalisiert
Netzwerke der auslandschinesischen Familienkonzerne als
of
Kapi-
Ordnungspolitik
jensei ts
praktiziert
"Lords
der nahaben,
gleichviel ob diese liberal wie in Hongkong oder staatsinterventionistisch wie in Singapur orientiert ist. 4
Der
sich
Umstand,
in
Asien
daß
in
eine
der
zweiten
zweite
große
Hälfte
des
20.
Jahrhunderts
Entwicklungsregion
etabliert
Vgl. dazu Ulrich Menzel, Die Wiederentdeckung des Staates. Die neue Politik der
Weltbank und die entwicklungspolitische Diskussion über das asiatische Wirtschaftswunder. In: asien afrika lateinamerika 28.2000. S. 1-26, wo auch die
einschlägige Literatur zitiert wird.
z.8. Sterling Seagrave, Lords of the Rim: The Invisible Empire of Overseas Chinese. New York 1995.
Vgl. dazu demnächst Hartwig Hummel/Ulrich Menzel (Hrsg.), "Kampf der Kulturen"
in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen? Münster 2000 (LE.) mit Fallstudien zum japanisch-amerikanischen Handelskonflikt und zur "ethnischen Logik" des chinesischen Familienkapitalismus; ferner Hartwig Hummel, Der neue
weste~. Der Han~elskonflikt zwischen den USA und Japan und die Integration der
westllchen Gemelnschaft. Münster 2000.
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3
hat,
ist
auch
Literatur.
des
ein
Darunter
zweiten
wichtiges
werden
Jahrtausends
Thema
Arbeiten
Bilanz
oder
gar
des
wenn
der
Jahrtausendwechsel
storischen
und
gesamten
Analysen
markiert
damit
men Vorgang.
be
Debatte
einen
ein
den
ziehen
diesen
singulärer
als
"Ende
der
vornehmen. 6
Anlaß
zu
Auch
makrohi-
die entwick-
die
zur
großen
sie
so bedeutet er doch für
neben
Bei trag
indem
Ende
.Ia h r h urid e r t a " '
"kurzen 20.
Jahrtausends
am
Perspektiven
Von Rückkehr
als
die
unterschiedlichsten
auch
Abschied
Millenniums-
suchen,
Rückkehr
der
großen
Theorie
wissenschaftssoziologisch
kann allerdings
anderen
sog.
seit
in
der
bedeutsa-
20
Ich selber haJahren
"Endism-Li teratur"
Theorie"
und
nur gesprochen wer-
wenn vorher ein Abschied zu vermelden war.
Schri tten
und
aus
Fragestellungen war,
lungspolitische
den,
zweiten
sog.
verstanden,
zu
entweder eine Gesamtdarstellung des
der
in
vier
konstatiert
entwicklungspoliti-
schen Diskussion auch proklamiert.?
Z.B. Eric Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. München 1995; Theodore H. von Laue, The World Revolution of Westernization: The Twentieth Century in Global Perspective. New York 1987 oder die Sondernummer der Frankfurter Rundschau vom 8.12.1999 "Das 20. Jahrhundert. Kommunikation, Ideologie, Gewalt, Emanzipation, Beschleunigung, Konzentration."
Z . B. Felipe Fernandez-Armesto, Millennium., Die Weltgeschichte unseres Jahrtausends. München 1998; George Modelski/William R. Thompson, Leading Sec tors and
World Powers: The Coevolution of Global Economics and Politics. Columbia, S.C.
1996; Stephen K. Sanderson, Social Transformations: A General Theory of Historical Development. London 1999; David S. Landes, Wohlstand und Armut der Nationen. Warum die einen reich und die anderen arm sind. Berlin 1999; Andre
Gunder Frank, ReOrient: Global Economy in the Asian Age. Berkeley 1998; David
Gress, From Plato to NATO: The Idea of the West and Its Opponents. New York
1998.
Vgl. dazu zuerst noch vorsichtig Ulrich Menzel, Der Differenzierungsprozeß in
der Dritten Welt und seine Konsequenzen für den Nord-Süd-Konflikt und die Entwicklungstheorie.
In:
Politische Vierteljahresschrift 24.1983,1. S.
31-59
(dieser Aufsatz geht auf meinen Habilitationsvortrag von 1981 zurück); dann
entschiedener in ders., Das Ende der "Dritten Welt" und das Scheitern der großen Theorie. Zur Soziologie einer Disziplin in auch selbstkritischer Absicht.
In: Politische Vierteljahresschrift 32.1991,1. S. 4-33; wieder aufgenommen und
um die entwicklungspolitische Konsequenzen erweitert in ders., Das Ende der
Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie. Frankfurt 1992; und
schließlich angesichts der Auflösung nicht nur des Konstrukts "Dritte Welt"
sondern auch vieler postkolonialer Staaten selber in ders., Das Ende der Einen
Welt und die Unzulänglichkeit der kleinen Theorien. In: Entwicklung und Zusammenarbeit 39.1998,2 bzw. überarbeitet in: Reinhold E. Thiel (Hrsg.), Neue Ansätze zur Entwicklungstheorie. Bonn 1999. S. 379-388, wo bereits die Renaissance der Großtheorien beobachtet wird. Kritisch dazu Franz Nuscheler, Warum
brauchen wir Entwicklungstheorien. In: Ebd. S. 389-399 und ders., Vom (großen)
Nutzen und (kleinen) Elend der Komparatistik in der Entwicklungstheorie. In:
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4
Hintergrund
für
diese
Proklamation war
renzierungsprozeß der sog.
der
zunehmende
Diffe-
Dritten Welt in junge Industrielän-
Öl exportierende
Länder
am
Persischen
der,
Schwellenländer,
Golf,
arme und ganz arme Länder bis hin zum Kollaps der sozia-
listischen
Entwicklungswelt
wei ten Teilen Afrikas
und
den
südlich der
Katastrophenregionen
Sahara .
Diese
in
Differenzie-
rung bedeutete nämlich am Ende sogar in manchen postkolonialen
Räumen die faktische und nicht nur die diskursive
tion des
Konstrukts
"Dritte Welt"
("Ende
der
Dekonstruk-
Dritten Welt").
Betroffen waren auch die auf dieses Konstrukt bezogenen analytischen und normativen Großtheorien,
modernisierungstheoretischen
Lager
stammten,
weil
sie
oder
gleichviel ob sie aus dem
dem
entweder
weltsystemtheoretischen
die
ausbleibende
karikatureske Modernisierung in einem Teil bzw.
vermochten
und
weil
die
daraus
nur
das Schwellen-
länderphänomenen in einem anderen Teil der Wel t
klären
oder
nicht
abgeleiteten
lungsstrategien offensichtlich gescheitert waren.
zu er-
Entwick-
Die Entwick-
lungsregion Ost- und Südostasien hat hier als empirischer wie
als theoretischer Fokus eine wichtige Rolle gespielt.
Die gleiche Region ist derzeit im Kontrast zu "Greater Europe"
auch der Bezugspunkt
für
die
Renaissance der
großen Theorie,
wobei diese Renaissance wieder sowohl aus modernisierungstheoretischer wie aus weltsystemtheoretischer Perspektive zu beobachten
ist.
strierung,
Diskurs
al ten
Diese
Duplizität
bedarf
einer
aufmerksamen
Regi-
da sich hier ein neuerlicher Wandel im akademischen
von
den
Theorien mittlerer
Groß theorien
andeutet.
druck gebracht werden,
Damit
Reichweite
soll
zu
neuen
keineswegs
oder
zum
Aus-
daß die im folgenden zitierten und re-
ferierten Autoren in den letzten 20 Jahren keine große Theorie
betrieben
druck
hätten.
gebracht
mainstream
der
Das
werden
Gegenteil
soll
ist
eher
vielmehr
entwicklungspolitischen
der
der
Fall.
Eindruck,
Diskussion
Zum Ausdaß
der
wieder
ein
Ulrich Menzel (Hrsg.), Vorn Ewigen Frieden und vorn Wohlstand der Nationen.
ter Senghaas zum 60. Geburtstag. Frankfurt 2000. S. 467-492.
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Die-
5
neues
Fahrwasser aufnimmt.
Die eigentliche Absicht dieses Bei-
trags ist deshalb eine wissenschaftspolitische.
ster
Linie
mentieren
darum,
diesen
und weniger
Wandel
darum,
zu
Es geht in er-
dokumentieren
eine
eigene,
an
und
zu
anderen
Stellen
vielfach vorgetragene,
Position zum Ausdruck zu bringen.
Wenn
der
man
Prämisse
von
der
ausgeht,
in
der
Milleniums-Literatur
zuzustimmen
ist,
Entwicklung in Europa und Asien bzw.
der
die
Prozesse
die
Phasen beschleunigten wirtschaftlichen Wachstums
im Anschluß
seit
den
1950er
strukturellen Wandels
schaft
und
Technik,
voraussetzen,
die
an
dann
die
von Staat
von
Ursachen
Industrielle
Jahren
lange
haben
und
die
großen
in
eines
von Wissen-
mentaler
Entwicklung
von allerhöchster Relevanz,
zu beantworten sind,
etwa
oder
Vorgeschichte
und Gesellschaft,
kultureller
und daß
wie
Revolution
ist eine makrohistorische Analyse
Entwicklungstheorie
Fragen
langfristige
die
von
Unterentwicklung in ande-
Teilen
Asien
sehr
unterstellten
ren
in Europa
Wel t
daß
kom-
auch
weil
für
hier
theoretischen Tiefgang
besitzen.
Welche Prozesse haben stattgefunden,
die zur Industriellen Re-
volution geführt haben? Welche Umstände bewirkten eine militärische
Überlegenhei t
kul turen,
so daß
lich war? Was
derts aus,
ropäer
so
Europas
gegenüber
nichtwestlichen
die europäische Wel teroberung überhaupt mög-
zeichnete Asien schon vor Ende des
15.
attraktiv machte?
modernen
Häufung
des
ostasien ?
mochte
Wieso
Sinne
war
industrialisiert
Schwellenländerphänomens
Gefragt
werden muß
gerade
hat?
Japan
Indien und insbesondere China
Wieso
gerade
umgekehrt
lungsvorsprung gegenüber Europa,
aber
seinen
und nicht
haben
diese
nicht
in
gibt
Ost-
auch:
das sich
es
eine
und
Süd-
Warum ver-
früheren
Entwick-
den beide mindestens im euro-
päischen Mi t telal ter noch besessen haben,
Warum
Jahrhun-
das die Suche des "Seewegs nach Indien" für die Eu-
etwa China oder Indien das erste nichtwestliche Land,
im
Hoch-
umgekehrt
den
nicht
Versuch
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zu behaupten?
gemacht,
den
6
"Seeweg nach Europa" zu suchen und Europa zu kolonisieren? Oie
chinesischen Kriegsflotten
zu Beginn des
15.
ren dazu zweifellos in der Lage gewesen.
se,
daß
bevor
Route
Vasco
nach
Warum haben
da
behaupten
Gama
Europa
sich manche
im Nahen Osten nicht
wohl?
in
senden
Ost-
dann
deutlich,
daß
wie
Japan
Überlegungen,
Literatur ,
der
weiter
Akzent
hat.
oder
oder
Westens
China
aber
zu
sehr
alten Orients,
in
einem
umfas-
im
in-
aber
Raum?
der
Gefragt
Ursachen
und
zurückliegenden
bis
Diese
Fragen
machen
entwicklungstheoretischen
soweit
wird
nicht
Konsequenzen
gefragt
ins
die
von
wird
letzterer
im
europäische
Begriff
nur
Vergleich
von
nach
Industrialivielmehr
oder
erlaubt
vor Beginn der europäischen Welteroberung,
Frühphasen,
mehr
innergesellschaftlichen
zurück
Entwicklungsunterschieden
sen
verfolgten.
z. B in Amerika
nicht
Agrarmodernisierung,
mationsprozessen
Mi ttelal ter,
gelangte,
das ist ein Verdienst der zitierten Millenniums-
verschoben
oder
weiter
Entwicklung
stattgefunden,
unmittelbaren
sierung
Ozean
in einem Teil des
Südostasien,
sich
nicht
Hochkulturen wie
andere
und
Sinne
Indischen
disch/persisch/arabisch/osmanischen
viel
Auch gibt es Hinwei-
gegenüber dem Eindringen des
vermocht,
in
den
aber
Warum hat bislang nur
nämlich
den
wä-
arabische Schiffe Afrika in anderer Richtung umsegelt
haben,
diese
Jahrhunderts
nach
Transforasiatische
ist,
bzw.
nach
Groß regionen
noch
weil hier,
entscheidenden Weichenstellungen
in dievermutet
werden.
2. Vier Positionen der Debatte
Innerhalb der Literatur,
ner
die das
entwicklungstheoretischen
zweite Jahrtausend unter ei-
Perspektive
betrachtet,
indem
sie entweder den gesamten Zeitraum oder unterschiedliche,
aber
immer
vier
weit
ge faßte
grundsätzliche
Ausschnitte
Positionen,
man
behandelt,
könnte
fast
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lassen
sagen
sich
Paradigmen,
7
unterscheiden -
nämlich zwei eurozentrische,
eine eher asiani-
stische und eine globalistische.
1. Die
von
klassische
Er ic
John A.
eurozentrische
Lionel
Jones,
Position wird
David
Landes,
derzeit
Michael
Mann
z.B.
oder
Hall vertreten B und steht in der Tradition der eu-
ropäischen Aufklärung von Montesquieu und Hegel über Marx,
Weber,
Polanyi,
Wittfogel bis
zur amerikanischen Moderni-
sierungstheorie der 1950er/60er Jahre,
die derzeit auch in
Deutschland eine Renaissance erfährt. 9 Sie geht von einer,
je
nach
Autor
Konstellation
unterschiedlich
gewichteten,
naturräumlicher,
politischer,
einzigartigen
sozialer
und
vor allem geistiger Faktoren in Europa aus, die dazu führten,
daß
"Krise
wahlweise
des
etwa
seit
dem
Jahre
1000,
seit
der
Feudalismus",
seit
der
Renaissance,
seit
der
Reformation oder seit der Aufklärung entweder in Großbritannien
zuerst
und allein
oder
in
Teilen
von
Westeuropa
ein alle gesellschaftliche Dimensionen erfassender "großer
Transformationsprozeß"lo
stattgefunden
hat,
der
in einer umfassenden Entwicklung kulminierte,
zu
einem
substantiellen
nicht
nur
sondern auch
Entwicklungsvorsprung
gegenüber
allen anderen Weltregionen führte.
Dieser hat im Laufe der
folgenden
wei ter
Jahrhunderte
immer
noch
zugenommen.
Europa in direkten Kontakt mit den asiatischen,
schen oder amerikanischen Kulturen kam,
Als
afrikani-
war es bereits in
jeder Hinsicht überlegen.
Eric Lionel Jones, Das Wunder Europa. Umwelt, Wirtschaft und Geopolitik in der
Geschichte Europas und Asiens. Tübingen 1991; Landes 1999; Michael Mann, The
Sources of Social Power: Vol. 1. A History of Power from the Beginning to A.D.
1760. Cambridge 1986; John A. Hall, Powers and Liberties: The Causes and Consequences of the Rise of the West. Oxford 1985.
Vgl. dazu etwa Themenheft Nr. 1, 1996 des "Leviathan", in dem die deutschen Modernisierungstheoretiker (Berger, Zapf, Hondrich, Giesen) zu Wort kommen.
10
Karl Polanyi, The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprunge
von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. Frankfurt 1978 (von 1944).
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8
Die weitere Entwicklungsgeschichte wird dann als ein Prozeß
der
schen
Diffusion
Modells)
Südeuropa,
und
des
auf
evtl.
englischen
Nordwesteuropa,
auf Osteuropa
Südostasien
interpretiert .11
des
Nordamerika,
salopp
die
sprung,
wanderte dann nach Athen,
feudale
Biblische
Geschichte
und absolutistische
und zuletzt nach New York.
auf
auf
Ost-
formuliert
wobei hier "Greater Eu-
auch auf den Nahen Osten ausgeweitet
wo
westeuropäi-
schließlich
Etwas
Region,
ins
auf
und
hat die europäische Zivilisation,
rope"
(bzw.
wird,
handel t,
ihren
dann nach Rom,
Paris,
dann
in der
Ur-
von dort
nach
London
Die europäische Welteroberung,
die europäische Siedlungsauswanderung, die Etablierung einer von Europa ausgehenden internationalen Arbeitsteilung
haben trotz aller Kritik am Kolonialismus und Imperialismus im Detail letztlich positiv gewirkt, da diese Prozesse
auch immer zur freiwilligen oder unfreiwilligen Diffusion
der westlichen Ideen,
chen
ökonomischen
Verwal tung,
des
chen Lebensstils,
der westlichen Technik,
Prinzipien,
von
westlichem
westlichen Erziehungswesens,
Stagnation
Staat
des
und
westli-
des westlichen Verständnisses von Demo-
kratie und Sozialstaat geführt und damit die
nente
der westli-
systemimma-
asiatischer, . halbasiatischer
(Rußland),
afrikanischer oder altamerikanischer Produktionsweisen und
Despotien
aufgebrochen
haben.
Kein
geringerer
als
Karl
Marx hat dieses Argument in seinen Indienschriften auf den
Punkt gebracht. \2
Gerade im Hinblick auf Asien wird das dort verbreitete System der Treaty Ports oder Hafenkolonien -
in vielen Fäl-
len identisch mit den heutigen asiatischen Metropolen vom
11
12
Zur Kritik an dieser Diffusionsthese vgl. J.M. Blaut, The Colonizers Model of
the World: Geographical Diffusionism and Eurocentric History. New York 1993.
.
z.B. ln "Die britische Herrschaft in Indien" und "Die künftigen Ergebnisse der
britischen Herrschaft in Indien" in: Marx Engels Werke Bd. 9. S. 127-133 u. S.
220-226.
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9
Schlage
tons,
Yokohamas,
Hongkongs,
Jakartas oder Bangkoks -
Diffusionsthese 13 ,
Singapurs,
Shanghais,
Kan-
zum geographischen Ort der
weil dort der Westen und der Osten auf-
einandertrafen, weil die Treaty Ports unternehmerische Talente
aus
dem ganzen
Land anzogen
und
ihrersei ts
Ausstrahlungskraft auf das Hinterland ausübten.
14
wieder
Übersehen
wird dabei allerdings oft, daß es Treaty Ports oder Hafenkolonien
auch
schon
Asien gegeben hat,
Ankunft
vor
der
ersten
die auf Akti vi tä ten arabischer,
scher oder chinesischer Händler zurückgehen,
Zuge
des
Europäer
europäischen
Kolonialismus
in
.i n
indi-
und daß es im
den
Treaty
Ports
außerhalb wie innerhalb von China zu einer Art z wei ten Kolonisierung
ist,
heute
von
seiten
chinesischer
die seitdem als Kompradoren
erhaltener
Migranten
gekommen
(Mittelsmänner)
ein bis
portugiesischer
Begriff,
zwischen
den
einheimischen Produzenten und den westlichen Handelskompanien und später Handelshäusern fungiert haben. Wie bei den
europäischen
Auswanderern
handelt
es
sich
hier
um einen
bemerkenswerten Selektionsprozeß der mobilsten, wagemutigsten und innovations freudigsten Teile einer ansonsten sozial
deklassierten
erklären hil ft,
Europäer
sind.
oder
oder
perspektivlosen Bevölkerung,
warum so viele Migran ten
Chinesen!)
Bemerkenswert
ist
in
in
der
(aber nicht nur
Fremde
diesem
der
so
erfolgreich
Zusammenhang
noch
ein
weiterer Faktor, nämlich der Unterschied zwischen dem flächendeckenden
und
zerstörerisch
wirkenden
Kolonialismus
der Spanier in Amerika und dem eher auf die Errichtung von
13
Vgl. dazu mit unterschiedlicher Tendenz Robert Bickers/Christian Henriot
(Hrsg.), New Frontiers: Imperialism's New Communities in East Asia, 1842-1953.
Manchester 2000; Frank Broeze (Hrsg.), Brides of the Sea: Port Ci ties of Asia
form the 16th-20th Centuries. Honolulu 1989; Dilip K. Basu (Hrsg.), The Rise
and Growth of the Colonial Part Cities in Asia. Berkeley, University of California, Center for South and Southeast Asian Studies 1985; Wil1iam Rhoads Murphey, The Outsiders: The Western Experience in India and China. Ann Arbor
1977; Mark Elvin/Wil1iam Skinner (Hrsg.), The Chinese City Between Two Wor1ds.
Stanford 1974; Ernst Grünfeld, Hafenkolonien und kolonieähnliche Verhältnisse
in China, Japan und Korea. Eine kolonialpolitische Studie. Jena 1913.
14
Diese These ist natürlich nicht unumstritten. Umgekehrt lassen sich die Treaty
Ports auch als Vorposten kolonialer Ausbeutung interpretieren.
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10
Handelsstützpunkten ausgerichteten Kolonialismus der
tugiesen
und
cherweise
Holländer
die
Motive
in Asien.
einer
eher
Por-
Dahinter
stehen
mögli-
feudalen
Expansion
von
seiten Spaniens gegenüber handelskapitalistischen Motiven
auf seiten Portugals und Hollands.
2. Die revisionistische eurozentrische Position ist die klassische Weltsystemtheorie,
wie sie von der Wallerstein-Schule,
von Samir Amin oder dem frühen Andre Gunder Frank vertreten
wi.r d ;" Die Entstehung des Kapitalismus wird auch hier in Eu-
ropa,
etwa
im 15.
Jahrhundert,
verortet,
wobei
die internen geistigen und sozialen Antriebe,
Transformation herbeigeführt haben,
nomische
Rahmensetzung
nämlich
nicht
die die große
sondern die externe ökoder
Fernhandel,
blierung einer internationalen Arbeitsteilung,
sche Welteroberung,
aber
die
Eta-
die
europäi-
die anfängliche Plünderung und
spätere
Ausbeutung der Kolonien und daraus resultierend der Ressourcentransfer
nach Westeuropa
aus
der
übrigen Wel t
scheidende Faktoren angesehen werden.
es grundsätzlich wenig erheblich,
als
ent-
Für diese Position ist
ob,
wie Wallerstein argu-
mentiert, die frühe Arbeitsteilung zwischen West- und Osteuropa mit der Konsequenz von Ent~eudalisierung hier und zweiter Leibeigenschaft dort,
oder,
wie Frank argumentiert,
das
amerikanische Edelmetall, das die Spanier und Portugiesen in
Mexiko,
Peru und Brasilien geraubt haben,
die "ursprüngliche
Akkumulation" und damit die Industrialisierung in Westeuropa
finanziert,
den
Entwicklungsvorsprung
Unterentwicklung
der
(west)europäische
falls
erst
aus
Kolonien
beschleunigt
bewirkt
Entwicklungsvorsprung
dem Kontakt
mit
der
Wel t
die
Der
haben.
resultierte
übrigen
und
jedenund
war
nicht schon vorher gegeben. Kolonialismus und internationale
15
Irrunanue1 Wallerstein, The Modern World System. 3 Bde. New York 1974, 1980,
198~; Samir Amin, Die ungleiche Entwicklung. Essay über die Gesellschaftsformatlonen ?es peripheren Kapitalismus. Harnburg 1975; Andre Gunder Frank, Wor1d
Accumulatlon, 1492-1789. London 1978; ders., Abhängige Akkumulation und Unterentwicklung. Frankfurt 1980.
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11
Arbeitsteilung sind demzufolge im Gegensatz
zur
klassischen
eurozentrischen Position auch die wesentlichen Ursachen von
Entwicklungsblockaden
Wel t.
und
Unterentwicklung
in
der
übrigen
Das heutige Phänomen der asiatischen Schwellenländer,
selbst der Fall Japan,
ist aus dieser Sicht eigentlich nicht
erklärbar.
Gemeinsam
ist
beiden
Posi tionen
aber
die
Betrachtung
der
letzten 500 Jahre Weltgeschichte aus einer europäischen Perspektive,
wobei
das Jahr 1498
das
Jahr
1492
(erste
Kolumbus-Reise)
bzw.
(Landung von Vasco da Gama in Calicut) und da-
mit die tatsächliche Entdeckung des Seewegs nach Indien als
entscheidende Wendepunkte mit bis heute struktureller Bedeutung für die gesamte Wel t angesehen werden.
der
Vertrag
von
Tordesillas
aus
dem Jahre 1493 für
zwischen
16
Immerhin führte
Portugal
und
Spanien
den atlantischen Raum,
der
1529 um
den Vertrag von Zaragossa für den pazifischen Raum ergänzt
wurde,
zur
ersten Teilung der Welt.
Für
Lateinamerika
der Vertrag von Tordesillas bis heute wirksam.
ist
Inwieweit der
Vertrag von Zaragossa für die asiatischen Anrainer des Pazifiks je große Relevanz besessen hat,
ist eine andere Frage.
Immerhin ist die damalige Abgrenzung der portugiesischen und
der
spanischen Einflußsphäre
erkennbar.
auch
in Asien bis
heute
noch
Gemeinsam ist beiden Posi tionen auch das diffu-
sionistische
Argument,
wenn
es
auch
anders
gewendet
wird.
Während der klassische Eurozentrismus die positiven Ausbreitungseffekte
der
der
europäischen Wel teroberung
revisionistische
Eurozentrismus
fekte in den Vordergrund,
muß,
dessen
betont,
stellt
abträgliche
Ef-
wenn auch Wallerstein konzedieren
daß es nicht nur eine Abwärts- sondern auch eine Auf-
wärtsmobilität im Weltsystem geben kann. So wie sich bei den
einen das westliche Modell schrittweise über die Welt aus-
16
Vgl. dazu den im "Kolumbus-Jahr" erschienenen Band von J.M. Blaut (Hrsg.),
1492: The Debate on Colonialism, Eurocentrism and History. Trenton, N.J. 1992,
mit sehr kontroversen Beiträgen.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
12
brei tet,
kommt
es
bei
den
anderen
zu
einer
schr i t tweisen
Ausbrei tung und Konsolidierung des modernen,
wes tlich
kapitalis tischen,
tionierung
seiner
Teile
Wettbewerbsfähigkei t
und
Wel ts ys tems
nach
und
Maßgabe
daraus
das
heißt
dami t
der
de r
des
Pos i-
internationalen
resultierenden
Arbei ts tei-
lung.
3. Eine
eher
Lughod,
asienzentrierte
K. N.
Chaudhuri
orientieren sich
Ansatz,
des
leugnen
Position
wird
oder Anthony
von
Janet
Reid vertreten.
17
AbuDiese
zwar auch an einem weltsystemtheoretischen
aber
die
modernen Weltsystems
Einzigartigkeit
oder
Besonderheit
westlich-kapitalistischer
Damit leugnen sie auch die These,
Prägung.
daß der Beginn der
päischen Welteroberung am Ende des 15.
euro-
Jahrhunderts den Be-
ginn einer qualitativ neuen Phase in der Weltgeschichte markiert,
seit
der
die
über
den
Weltmarkt
den.
"Asia before
äl teren
Wel treiche
konstituierte,
Europe" ,
durch
auch
schon
im
chinesischen Raum,
mi t
wechselnden
das
durch
alten
"Before
Orient,
European
also
im
Fernhandel
sammengehalten wurde.
und
Hegemony"
oder
daß
arabisch-indischnur
Führungsrnächten
internationale
wur-
sollen heißen,
ein Weltsystem und nicht
despotischen
mode rne,
Wel tsystem abgelös t
"Southeast Asia in the Age of Commerce"
es
das
Wel treiche
gegeben
habe,
Arbeitsteilung
Die Titel annoncieren auch,
zu-
daß dessen
Aufstieg und Niedergang unabhängig vom Westen zu sehen ist.
Der
geographische
Ort
dieses
Weltsystems
war
der
Indische
Ozean mit seinen drei über ein dichtes Handelsnetz verbundenen Subregionen Arabisches Meer,
Golf von Bengalen und Süd-
chinesisches Meer mit Ausläufern ins Rote Meer,
sischen
17
Golf,
entlang
der
ostafrikanischen
in den Per-
Küste
bis
nach
Janet Abu-Lughod, Before European Hegemony: The Wor1d System A. D. 1250-1350.
New York 1989; K.N. Chaudhuri, Trade and Civilisation in the Indian Ocean: An
Economic History from the Rise of Islam to 1750. Cambridge 1985; de r s . Asia
Before Europe: Economy and Civilisation of the Indian Ocean from the Rise of
Islam to 1750. Cambridge 1990; Anthony Reid, Southeast Asia in the Age of Commerce 1450-1680. Vol. 1: The Lands Below the Winds. Vol. 2: Expansion and CriSlS. New Haven 1993.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
13
Madagaskar,
in die indonesische Inselwelt und in das Japani-
sche Meer. Auch hier vermochten mal die Araber,
mal die In-
der, mal die Chinesen eine Führungsrolle zu spielen.
Die makrohistorische Analyse der genannten Werke behandel t
deshalb einen Zeitraum, der lange vor dem Eindringen der ersten Portugiesen in den Indischen Ozean beginnt und bis etwa
1800 reicht.
Die erste Kolumbus-Reise,
Vasco da Gama,
deutung,
macht,
selbst die Reise von
hat aus dieser Sicht gar keine besondere Be-
so wie es aus dieser Perspekti ve auch keinen Sinn
vom "Zeitalter der Entdeckungen" zu sprechen.
Insbe-
sondere für Indien und China wird für diesen Zeitraum durchgängig ein Entwicklungsniveau,
lich -technischer 1&,
gerade auch in wissenschaft-
kommerzieller
Hinsicht konstatiert,
und
(haus) industrieller
das dem europäischen zur Zeit der Re-
naissance weit überlegen war und auch noch lange danach weiter behauptet wurde. Erst die Industrielle Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts ließ den asiatischen Vorsprung rasch
dahinschmelzen.
Spiel,
weil
sie
Die Portugiesen hatten nur deshalb leichtes
im Indischen Ozean ein bloß militärisches
Machtvakuum vorfanden, das die damals eigentlich hochüberlegenen chinesischen Flotten 60 bis 70
Jahre zuvor mit ihrem
freiwilligen Rückzug hinterlassen hatten.
19
Weder die Portu-
giesen noch später die Holländer w oder Engländer vermochten
im Sinne der klassischen Wel tsystemtheorie im 16.,
17.
und
selbst im 18. Jahrhundert in Asien eine hegemoniale Rolle zu
spielen und eine mehr als nur akzidentielle Arbeitsteilung
18
Vgl. dazu die vielbändigen Studien von Joseph Needham über "Science and Civilization in China" oder Mark Elvin, The Pattern of the Chinese Past: A Social
and Economic Interpretation. Stanford 1973.
19
Vgl. dazu Louise Levathes, When China Ruled the Seas: The Treasure Fleet of
the Dragon Throne, 1405-1433. New York 1994; Bodo Wiethoff, Die chinesische
Seeverbotspolitik und der private Überseehandel von 1368 bis 1567. Hamburg
1963.
20
Damit würden sich auch die makrohistorischen Arbeiten von Boxer relativieren.
Vgl. dazu Charles R. Boxer, The Portuguese Seaborne Empire, 1415-1825. London
1969; ders., The Dutch Seaborne Empire, 1600-1800. London 1990; ders., Portuguese Conquest and Commerce in Southern Asia, 1500-1750. London 1997; de r s . ,
Dutch Merchants and Mariners in Asia, 1602-1795. London 1997.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
14
zwischen Europa und Asien zu etablieren.
Sie waren vielmehr
nur Juniorpartner eines nach wie vor von arabischen,
indi-
schen und chinesischen Händlern dominierten innerasiatischen
Handels.
Internationale Arbeitsteilung, Handel, Kapitalismus und wissenschaftlich-technische
Entwicklung
sind
demzufolge
keine exklusiven westlichen Errungenschaften,
die
auch
auf
eine
einzigartige Konstellation in Europa hinweisen, sondern auch
in
anderen und dazu noch älteren Kulturkreisen
Hier
liegen
auch
die
klassischen Asianismus,
die
lange
Wurzeln
Tradition
derzeit
finden.
wiederbelebten
der die heutigen Erfolge Asiens auf
und im Grunde
staatliche
des
zu
ungebrochene
zurückführt.
zivilisatorische
Ein
und
revisionistischer
Asianismus, den es nach meiner Kenntnis in der Literatur als
entfaltete Theorie aber nicht gibt, müßte demzufolge die damalige
oder
heutige
relative
Rückständigkeit
schen Peripherie mit der Hegemonie Chinas,
der
chinesi-
mit dem Tribut-
handel und ähnlichen externalistischen Argumenten begründet
werden.
Warum das
asiatisch dominierte Weltsystem im Indik
unter-
ging, warum die Pax Sinica, die durch eine überragende militär ische
Flottenpräsenz
zumindest
von
1405-1433
eindrucks-
voll untermauert wurde, verschwand, das hat aus dieser Sicht
innerasiatische Ursachen, da der Niedergang einsetzte, lange
bevor der westliche Kolonialismus seine durchschlagende Wirkung
erzielen
konnte.
Hierzu
gehört
insbesondere
die
Ent-
scheidung des chinesischen Mandarinats, sich von der maritimen Expansion, der "blauen Kultur", abzuwenden und stattdessen durch den Bau der Großen Mauer die innerasiatische Grenze gegen den Ansturm der zentralasiatischen Völker zu stärken, die es dennoch immer wieder vermochten (Mongolen, Mandschuren), China zu erobern und einer Fremdherrschaft zu unterwerfen.
Hierzu gehören auch die Abwrackung der chinesi-
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
15
schen
Kriegsflotte,
Kompetenz
und die
der
damit
verbundene
in der Ming-Zeit
Verlust mari timer
immer wieder verhängten
Verbote des Überseehandels,
also ein freiwilliger
n i. smus,
"gelben Kul tur "21,
die
Hinwendung
zur
Isolatio-
eine
Pol i ti k ,
die in Japan seit Beginn der Tokugawa-Zeit und der Vertreibung
der
Portugiesen
trafaktisch
läßt
wel toffene,
mari time,
den
noch
sich
chinesischen
radikaler
sogar
die
verfolgt
argumentieren:
"blaue"
Fernhändlern
Hätte
Fraktion
gegenüber
wurde.
sich
die
Bündnis
mi t
"gelben",
der
im
der
Mauerfraktion innerhalb des Mandarinats durchgesetzt,
das
erste Viertel des
chinesischen
China"
mit
mindest nicht
15.
Jahrhunderts
Welteroberung,
wel twei ter
der
hätte
auch den Beginn der
Etablierung
Reichwei te
Kon-
bedeuten
eines
"Greater
können.
Oder
zu-
so das Argument der asiatischen "Okzidentalisten"
Abwehr
und
Selbstisolation,
Kontakt mit dem Westen hätten
sondern
Offenheit
schon im 17./18.
und
Jahrhundert
die Modernisierung Chinas und damit die Diffusion universalistischer Werte in Gang setzen können. n
Die
entwicklungstheoretische
lautet
jedenfalls,
Weltsystem ein
durchaus
kann,
von
ohne
auf
europäisch
einem
daß
unmittelbarer
daß
bei
Konseqenz
ein
Zusammenhang
folgte,
dominierten
diesem Wechsel
dieser
orientalisch
dom.i.n i.e r t e s
asiatisch
aus
ein
bestehen
von
muß.
Analyse
dominiertes
das
wiederum
abgelöst
außen
Es
werden
wirksamer
handelt
sich
hier also nicht um die positiv oder negativ gewendete Vor-
21
Vgl.
dazu die Kontroverse über den Film "Heshang"
(Gelber Fluß)
in China bei
Sabine Peschel (Hrsg.) und Redaktionsgruppe Heshang, Die Gelbe Kultur. Der
Film Heshang: Traditionskritik in China. Unkel 1991; Rudolf G. Wagner, Der
Strei t zwischen der gelben und der blauen Kultur. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 7.11.1989, S. 37; Chen Xiaomei, Occidentalism: A Theory of Counter-discourse in Post-Mao China. New York 1995, insbesondere Kap. 1 "Occidentalism as a Counter-Discourse: Heshang Controversy."
22
Das klassische Beispiel einer verpaßten Chance aus Sicht der Okzidentalisten
müßte deshalb die Weigerung der chinesischen Regierung in den Jahren 1792-1794
gewesen sein, diplomatische und kommerzielle Kontakte mit Großbritannien aufzunehmen. Vgl. dazu Aubrey Singer, The Lion and the Dragon: The Story of the
First British Embassy to the Court of the Emperor Qianlong in Peking 1792-94.
London 1992; Robert A. Bickers (Hrsg.), Ritual and Dip1omacy: The Macartney
Mission to China 1792-1794. London 1993.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
16
stellung
eines
Reichweite,
eine
einzigartigen
Diffusionsprozesses
der von Westeuropa ausgegangen ist,
revisionistische
Diffusionsthese
(mit
eher
globaler
sondern um
regionaler
Reichweite), insofern solche Prozesse nicht nur exklusiv von
Europa,
Wel t
sondern
auch
ausgegangen
von
sind und
Asien
in
oder
anderen
Zukunft
Regionen
auch wieder
der
ausgehen
können. Die westliche Überheblichkeit, die in Eurozentrismus
und Orientalismus zum Ausdruck kommen, findet ihr arrogantes
Gegenstück im Asianismus und der Deklarierung der Europäer
und Amerikaner als Barbaren, Aliens,
während die
Kritik
an
Kolonialismus
Weiguoren oder Gaijin,
und
Imperialismus
des
Westens im Osten ihr paradoxes Gegenstück im asiatischen Okzidentalismus im Sinne einer aufklärerischen Verwestlichung
findet, der als Kritik an der asianistischen Selbstisolation
gemeint ist.
4. Die radikal-globalistische Position vertreten der späte And-
re
Gunder
Frank
und
Barry
Gills,
die
sich
wiederum
auf
Blaut, aber auch Abu Lughod, Chaudhuri u.a. stützen. 23 Demzufolge soll bereits seit 5000 Jahren ein einziges Weltsystem
existieren, dessen Zentrum sich in jahrhundertelangen zyklischen Bewegungen um die Welt bewegt.
Die einzelnen Gesell-
schaften und Groß regionen der Welt sind einem ausschließlich
extern verursachten,
immer wiederkehrenden Auf
und Ab ver-
haftet.
innerhalb des Weltsystems
wird
Deren Status
ledig-
lich durch ihre relative internationale Konkurrenzfähigkeit
und
dami t
die
Posi tionierung
beitsteilung bestimmt,
in
einer
internationalen
Ar-
die wiederum vorrangig durch externe
Einflüsse und Zuflüsse bestimmt wird. Wichtiger und durchaus
auch quantitativ faßbarer Indikator dieser zirkulationstheoretischen Argumentation zur Positionsbestimmung eines Landes
in der internationalen Hierarchie wird damit die Zahlungsbi-
23
Andre Gunder Frank/Barry K. Gi11s (Hrsg.), The Wor1d System? Five Hundred Years or Five Thousand? London 1993; Frank 1998.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
17
lanz.
Edelmetall- bzw.
Devisenzuflüsse indizieren eine zen-
trale Position, Abflüsse eine periphere Randlage.
Damit distanziert sich Frank radikal von seinen eigenen früheren Arbeiten, indem er dem Jahre 1492 und damit dem Beginn
der
europäischen
Welteroberung
keine
besondere
Bedeutung
mehr beimißt. 24 Nur noch globalen Handelsbeziehungen wird eine entwicklungsdeterminierende Funktion zugebilligt, während
innergesellschaftliche Transformationsprozesse (fast)
ausgeblendet
werden.
Kapi talismus
ist
demzufolge
völlig
weder
in
Westeuropa im 15. Jahrhundert noch lange zuvor in Asien wie
bei Abu Lughod u.a.
Phänomen,
und
entstanden,
sondern ein quasi zeitloses
seit es überhaupt Handel und Arbeitsteilung gibt,
damit
konsequenterweise
sinnentleerte
Kategorie,
die
eine
gesellschafts theoretisch
ganz
fallengelassen
werden
kann.
3. Landes kontra Frank
Die Spannbreite der gesamten Debatte läßt sich sehr schön anhand von zwei prominenten Beiträgen zur Millenniums-Literatur,
nämlich David Landes'
den
klassischen
Andre
Age"
Gunder
"Wohlstand und Armut der Nationen",
der
eurozentrischen mainstream repräsentiert,
und
Franks
als Beispiel
"ReOrient ":
Global
Economy
in
the
Asian
für einen extremen Globalismus herausarbei-
ten.
Landes historisch sehr früh angelegte und eine langen Zeitraum
übergreifende Kernthese lautet:
Die treibende Kraft der Welt-
geschichte war seit etwa 1000 Jahren die westliche Zivilisation mit
ihren
technischen,
rungenschaften.
24
Andre Gunder Frank,
institutionellen
Diese konnten sich entfalten,
und
geistigen
weil bereits das
Fourteen Ninety-two Once Again. In: Blaut 1992. S. 65-80.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
Er-
18
frühmittelalterliche Europa mit seiner politischen Zersplitterung,
dem Gegensatz von Staat und Kirche,
den
Freiräumen aus
städtisch-bürgerlicher und klösterlicher Kultur,
den dis senten
religiösen und sozialen Bewegungen schon lange vor der Reformation ein idealer Nährboden für die spätere Entwicklung war,
während die zentralistischen und bürokratischen orientalischen
oder altamerikanischen Groß reiche trotz ihrer beachtlichen zivilisatorischen
oder
sogar
technischen
freie Entfaltung des Individuums,
novationsgeistes,
Forschung
und
der
deren
industrieller
Montesquieu,
Wittfogel
und
und
Co.
des Unternehmertums,
systematischen
ganz unterdrückten.
deren
Höchstleistungen
die
des In-
naturwissenschaftlichen
Umsetzung
Hegel,
Marx,
Varianten
der
behinderten
Weber,
oder
Polanyi,
Stagnationsthese
lassen wieder grüßen. Der von Edward Said~ gegen diese vergleichende
Kontrastierung
plizi t a l s
terten'
Die
Gegenkonstruktion,
Orientalismusvorwurf
als
die
Ideologie
wird
der
ex-
Geschei-
zurückgewiesen.
beiden
waren
erhobene
der
entwicklungsgeschichtlich
Beginn
15.
Jahrhunderts
18.
Jahrhunderts.
einersei ts
die
wissenschaften,
tionskunde,
der
europäischen
einschneidenden
Etappen
Welteroberung
am Ende
des
Industrielle Revolution
am Ende
des
Deshalb muß der: Nachweis geführt werden,
wie
und die
Renaissance
bahnbrechend wirkte
in
insbesondere in der Meteorologie,
der Kartographie,
aber auch
zunächst
aber doch entscheidende militärische Überlegenheit
Natur-
der Naviga-
im Schiffsbau
der Waffentechnik und damit eine wenn auch
wurde. Gezeigt werden muß andererseits,
den
und
in
geringe,
geschaffen
daß die so ausgerüste-
ten Spanier und Portugiesen bei ihrer Welteroberung auf Großreiche stießen,
die ihren Zenit bereits überschritten hatten.
Hier gibt es zwangsläufig eine argumentative Koinzidenz zu Abu
Lughod und Co.,
die aus
ihrem Erkenntnisinteresse
heraus
die
These vom selbstverschuldeten Niedergang ebenfalls vertreten.
25
Edward Said, Orienta1ismus. Frankfurt 1981.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
19
Nur weil das auf despotischem Zwang beruhende Aztekenreich berei ts
aus
lich war,
innergesellschaftlichen
vermochte Cortez mi t
Gründen
im
Zerfall
befind-
seiner kleinen Truppe aus gie-
rigen Abenteurern die ihrerseits von den Azteken unterdrückten
Völker
in
seinem Sinne als Verbündete
instrumentalisieren.
schaftlichen Blüte
nach
1433
ihre
Nur
weil
in der
Chinesen
Sung-Zei t
überragende
das
ihrer
im
zu
wirt-
und die Ming
Indischen
Ozean
vermochten die Portugiesen 70 Jahre
kleineren Streitmacht das hinterlassene
Vakuum ohne großen Widerstand zu füllen.
des
sei t
stagnierten
Flottenpräsenz
freiwillig geräumt hatten,
später mit einer viel
die
zu mobilisieren und
Entwicklungsgefälle
zwischen
Dennoch schätzt Lan-
Europa
und
Indien
oder
China bis zum Jahre 1750 auf lediglich 1,5-2 zu 1. Dies änderte
die
sich
erst
als
grundsätzlich mi t
Frucht
des
langen
der
Industriellen
Revolution,
wissenschaftlich-technischen
Vor-
laufs in Europa betrachtet wird und zur eigentlichen Spaltung
der Welt zwischen arm und reich führte.
tutionellen
und
die
Westeuropa
nur
in
Hinzu kamen die insti-
sozialen Voraussetzungen
nicht
Frühzeitige Agrarreformen,
aber
in
und
Asien
jensei ts
zu
finden
waren:
Lockerung der Zunftordnungen,
sende Einkommen der Masse der Bevölkerung,
Binnenmarkts
Beglei tumstände,
der
Luxusgü ter,
wach-
Herausbildung eines
a lies
das,
was
im
20.
Kontinent,
in
Jahrhundert im Fordismus kulminierte.
Nachholende
Entwicklung
Nordamerika
und
später
auf
in
dem
Ost-
europäischen
und
Südostasien
sei
bester listianischer Manier unter Verletzung der
immer
in
komparativen
Kosten-Doktrin und des Freihandelsgebots durch Protektionismus
auf
Zei t
und
kluge
Staatsintervention
gefördert
wurden.
entpuppt sich Landes als scharfer Kritiker der Neoklassik,
an
jeder
Bowr in q
sich
und
bietenden
andere
Stelle
Vertreter
der
gegen
David
Ricardo,
universalistischen
Hier
der
John
Freihan-
delslehre stichelt. Gleichzeitig wird aber im Sinne des diffusionistischen Modells
immer wieder betont,
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
wie die Nachzügler
20
jeweils
vom
Vorreiter,
zuerst
und später Asien von Europa,
keit
zu
lernen,
Techniken
zu
bereits
übernehmen,
Kontinentaleuropa
gelernt haben.
vorhandenes
ist
gar
England
In dieser Möglich-
Wissen
der
von
und
ausgereifte
besondere
Vorteil
des
Nachzüglers zu sehen.
Auch wenn Landes die negativen Konsequenzen des
keineswegs
leugnet,
sie
immer wieder anspricht,
entscheidende
im
Gegenteil
drastischen
Worten
so sieht er doch hier keinesfalls die
Entwicklungsblockade.
hat er folglich
mit
Kolonialismus
Für
die
nur Hohn und spott übrig.
Dependenztheorie
Zum Beleg verweist
er auf die lange zurückliegende Unabhängigkeit der Kolonien in
Nord- und Südamerika und deren anschließende ganz unterschiedliche Entwicklung oder auf den Kontrast
zwischen den
asiati-
schen Schwellenländern und der afrikanischen Katastrophenregion oder die Krise in den postsozialistischen Staaten Osteuropas.
Auf
die
naheliegende
ausgerechnet
in
Italien
in
oder
Frage,
warum
Nordwesteuropa
Sung-China,
die
und
skizzierten
nicht
durchaus
in
Prozesse
Renaissance-
potentielle
Kandidaten,
einsetzte, hat Landes drei Antworten: Es war der kontinuierliche Aufbau von Wissen,
es war die Durchsetzung der rationali-
stischen
über
Methode,
die
Staats-
und
Kulturgrenzen
hinweg
anerkannt verwendet und verstanden wird; und es war die Erfindung
der
Erfindung,
Forschung
samt
nämlich
deren
der
Übergang
Verbreitung.
zur
Hilfreich
routinemäßigen
war
frühzei tige Überwindung der Scholastik in Europa,
mus
von
Kirche
schen Kirche
und
die
von
asiatische
Staat,
gegen
Experimentieren
auf
empirische
gestützten
Im Orient hingegen kam es nicht
Kirche
und
Form der
Staat,
konnte
Scholastik,
der
den Widerstand der
Durchsetzung der
systematisches
chen Methode.
nung
und
dabei
der
die
DualisKatholi-
Beobachtung
wissenschaftlizu einer Tren-
Konfuzianismus,
sich behaupten.
Warum
die
zuerst
das keineswegs von der Natur begünstigte England und nicht et-
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
21
wa Frankreich Antworten:
auf diese Frage liefert Landes institutionelle
Frühe Nationalstaatsbildung ,
frühe
Konsti tutionali-
sierung beginnend mit der Magna Charta von 1215,
minierung
stischen
religiöser Minderhei ten
Spanien),
Bauernbefreiung
zuletzt
eine
die
und
(wie etwa auch im absoluti-
Einhegungen,
Aufhebung
das
der
als
England berei ts
Verlagswesen,
Zunftverfassung
kluge merkantilistische
geben wurde,
keine Diskri-
Politik,
frühe
und
nicht
die erst
an der Spi tze
aufge-
stand und der
Industrialisierungsdurchbruch vollzogen war.
Geradezu
Frank,
zen
kontradiktarisch
dessen
für
die
argumentiert
jüngstes Buch nicht
Betrachtung
der
nur
letzten
der
späte Andre
fundamentale
500
Jahre
Gunder
Konsequen-
hat,
sondern
auch seine eigene Argumentation in der Weltsystemtheoriedebatte der 1970er Jahre revidiert.
legenhei taus,
gegen den
Deshalb läßt er auch keine Ge-
früheren
Weggefährten Wallerstein
zu
polemisieren und ihn in einen Topf mit den europäischen Modernisierungstheoretikern zu werfen,
te allerdings nur
ent "
was von seiner jetzigen War-
konsequent ist.
Der englische Ti tel
birgt ein doppeltes Wortspiel.
Einersei ts
"ReOri-
ist dami teine
Reorientierung im Hinblick auf die Weltgeschichte gemeint,
anderen soll
eine
"ReOrient " heißen,
weltwirtschaftliche
daß
der Orient
Führungsposition,
zum
zurückkehrt
die
er
bis
in
etwa
1800 schon einmal eingenommen habe.
Die
Kernthesen
heute
kennen,
Wel teroberung
lauten:
hat
am
Das
seinen
Ende
des
moderne
Ursprung
15.
Wel tsystem,
nicht
in
Jahrhunderts,
so
der
wie
sich
auch
die
prägende
Kraft
sondern
besonderer
exklusiver europäischer Errungenschaften,
technischer oder
insti tutioneller Art.
es
europäischen
ist
viel älter und reicht vermutlich etwa 5000 Jahre zurück.
rela ti viert
wi r
sehr
Damit
oder
gar
seien sie geistiger,
Das
Jahr
1500 markiert
keinen fundamentalen Strukturbruch im Sinne der Entstehung der
kapi talistischen
Wel twirtschaft,
Eintritt Westeuropas
sondern
in ein bereits
lediglich
lange
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
den
späten
zuvor existierendes
22
eurasisches Weltsystem.
Der Kapitalismus ist mithin auch nicht
während der Renaissance und schon gar nicht exklusiv in Westeuropa entstanden,
orientalischen
Begriff
als
sondern sehr viel äl ter und gerade auch
Gesellschaften
Zei traum keinen Sinn,
1ismus
von
zum
finden,
gesellschaftstheoretische
gelassen werden sollte.
Polanyi
zu
großen
wenn
nicht
Kategorie
in
gar
ganz
der
fallen
Jedenfalls mache es für den fraglichen
in Europa oder anderswo
Trans forma tionsprozessen,
Kapitalismus,
zu
sprechen.
in Anlehnung an
etwa
Überall
vom
und
Feuda-
zu
allen
quellenmäßig belegbaren Zeiten bis in die frühe Antike habe es
Handel,
Geldwirtschaft,
Kaufmannskapital ,
Marktproduktion
und
Arbeitsteilung gegeben.
Unsere
überkommene
Sicht
grunde
liegenden Großtheorien
Weltgeschichte
seit
ki/Thompson und Wallerstein 26 heute,
pli zi t
den
Zeitraum
um
der
1500
als
und
die
Aufklärung
ihr
bis
zu
Models-
die alle impli zi t
großen
zu-
hin
Kindleberger,
Kennedy,
Jones,
Landes,
Braudel,
der
oder ex-
Eins chni t t
ansehen,
seien das Produkt eines ideologischen Eurozentrismus,27 an dessen Stelle eine wirklich globale,
spektive
hei t,
zu
die
stellen
Zeit
sei.
Dies
vom Zerfall
des
Renaissance als das finstere
zeichnen,
bei
werde
und damit
"menschheitszentrierte"
gelte
auch
Weströmischen
Zeitalter
27
die
Gepflogen-
Reiches
vergessen,
die
antike
daß
das
bis
(The Dark Ages)
auf das die Periode der Aufklärung gefolgt
Zivilisation nach
dem Zerfall
.i m
daß in Persien,
zur
zu be-
sei.
Oströmisch-Byzantinische
noch 1000 Jahre weiter bestanden habe,
26
für
Per-
Da-
Reich
Westen
Indien
Fernand Braudel, The Mediterranean and the Mediterranean World in the Age of
Philip 11. 2 Bde. Glasgow 1972; Landes 1999; Jones 1991; Paul Kennedy, The Rise and Fall of the Great Powers: Economic Change and Military Conflict from
1500 to 2000. New York 1987; Charles Kindleberger, World Economic Primacy:
1500 to 1990: New York 1996; George Modelski/William R. Thompson, Seapower in
Global Polltlcs, 1494-1993. London 1988; dies., Leading Sectors and World Powers: 'I'he Coevolution of Global Economics and Politics. Columbia, S.C. 1996;
Wallersteln 1974, 1980, 1989.
Dieses Argument wird von Blaut 1993 übernommen, der sich insbesondere mit der
These vom "Wunder Europa" kritisch auseinandersetzt.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
23
oder
China
von
Finsternis
bis
zum Einbruch des
Westens
über-
diesen
radi-
haupt keine Rede sein könne.
Franks
kalen
durchaus
plausible
Perspektivwechsel
Ausgangsüberlegung
lautet:
Wenn
für
Kolumbus
oder
Vasco
da
Gama den Seeweg nach Indien zu den dort vermuteten Reichtümern
gesucht haben,
der zu Land von den Arabern kontrolliert wurde,
dann muß es in Asien schon eine florierende Wirtschaft gegeben
haben,
der
an
sie,
der
die
Europäer
Chaudhuri
1400-1800
niert
te.
konstatiert
wechselweise
diese
Weise,
I slam nach Malaysia,
seln
der
so
ist
haben
demnach
und
Osteuropa,
und
sukzessive integriert,
Wel tsystem
etwa
von
chinesisch domi-
hinzufügen,
hin
sind
zu den
auch
der
südlichen
In-
Hinduismus
nach
sich
arabische,
südindische
die
ganze
und
Region
Indonesien
von
ihrerseits
und
Ostafrika
Hafenkolonien
bevor die Europäer überhaupt auf dem
Selbst diese
keineswegs
Nord-
von
nur mythenhafte
der
über
Bildschirm erschienen sind.
wäre
das
indisch und
sich
ausgebreitet
(z.B. Malakka)28 gegründet,
mus
und
Zentrum im Indischen Ozean hat-
läßt
Migranten
Südostasien
daß
Indonesien bis
gelangt,
südchinesische
bis
Frank,
arabisch,
Phillippinen,
Bali)
(z.B.
suchten
Gestützt auf die Arbeiten von Abu-Lughod
war und sein regionales
Auf
partizipieren
etwa durch die Berichte Marco Polos,
Vorstellungen hatten.
und
zu
eine
Form des
westliche
Südamerika
sowie
Kolonialis-
Erfindung.
Afrika
bildeten aber damals die
wurden
Westzwar
Peripherie des
europäischen Weltsystems.
Asien,
der
insbesondere China und Indien,
Hinsicht,
merziell,
gerade
überlegen.
auch
sollen
wobei
dieser Anteil
sich
erhöht hätte.
technologisch,
Schätzungsweise
alprodukts
noch
waren dem Westen in je-
um 1750
80
industriell
Prozent
des
und
Weltsozi-
in Asien erzeugt worden
gegenüber
dem Jahre
1400
kom-
sogar
sein,
noch
Während also Landes bereits beim ersten direkten
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
24
Kontakt
zwischen Europa
und dem Fernen Osten von
auch noch bescheidenen genhei tausgeht,
muß
einer,
so doch aber entscheidenden,
Frank
die
deutliche,
über
wenn
Überle-
Jahrhunderte
anhaltende und sogar noch zunehmende Überlegenheit des Orients
annehmen.
nen
bzw.
und
dem
Jahr
Der Wendepunkt in den Beziehungen beider Großregioder
zyklischen
1500,
später
und
gelegt.
Schnittpunkt
Abstieg
sondern
dami t
im
wird
den
zyklischen Aufstieg
des
auf
Ostens
einen
Durchbruch
ist
deshalb
Zei tpunkt
der
300
das
Jahre
Revolution
Zumindest in der Bedeutung dieses Datums sind sich al-
giesischen
oder
rend des 16.
später
und 17.
unterstellt~,
delsbilanz
holländischen
Jahrhunderts,
Von einer portu-
Hegemonie
in
Asien
wäh-
wie etwa von Modelski oder
kann demnach gar keine Rede sein.
Die Han-
zwischen Europa und Asien war in der Tat immer ne-
gativ und führte
europäische
waren,
Westens
nicht
etwa
Industriellen
so alle hier vorgestellten positionen einig.
Boxer
des
zu einem kontinuierlichen Silberabfluß,
Waren
umgekehrt
woll textilien
u. a.
innerasiatischen
in
China
aber
Tee,
aus
und
Seide,
Asien
Handel
Indien
Porzellan,
importiert
vermochten
nicht
die
konkurrenzfähig
Gewürze,
wurden.
Baum-
Lediglich
Europäer
als
Möglich war aus der Sicht von
der
Eintritt
das
nur
durch
und
Brasilien,
das
in
in
asiatisch
Lateinamerika,
geraubte
bzw.
dominierte
insbesondere
geförderte
am
Junior-
partner zu partizipieren.
Europas
weil
Frank
Weltsystem
in Mexiko,
Edelmetall,
mit
Peru
dem
die negative Handelsbilanz gegenüber Asien ausgeglichen werden
konnte.
Dieses war also in Europa eher ein durchlaufender
Po-
sten von Spanien über Holland und England nach Asien und kaum
ein Beitrag zur ursprünglichen Akkumulation in Europa.
xikanische Silberdollar oder
nicht erwähnt,
"Dollar/Mex",
auch wenn
Der meFrank e s
war bis in die 1930er Jahre ein geläufiger Be-
griff in den chinesischen Küstenstädten wie z. B . Shanghai.
28
29
Malakka war keine portugiesische Gründung,
hender Hafen mit Treaty Port-Funktion.
Boxer 1969,
der 1987.
1990,
Der
sondern ein bereits vorher beste-
1997; George Mode1ski, Long Cycles in Wor1d Politics. Boul-
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
25
Edelmetallzufluß
wirkte
insbesondere
die
immerhin,
Europe"
für
allerdings
chinesische
stimulierend
Wirtschaft.
auf
Asien,
Verblüffend
ist
daß auch derzeit die Handelsbilanz zwischen "Greater
und
ausfällt,
"Greater
wobei
China"
diesmal
Direktinvestitionen,
der
wieder
zuungunsten
Kapitalzufluß,
z.B.
des
Westens
in
Form
von
stimulierend wirkt.
Es handelt sich bezüglich des relativen Entwicklungsniveaus in
den diversen Perioden also um eine zentrale empirische Kontroverse
mi t
fundamentalen
theoretischen
derum nicht nur von der Datenlage,
katorenauswahl
wenn
abhängt.
überhaupt,
Belege
für
zu
ihre
Diese
die
wie-
sondern auch von der Indi-
Kontroverse
entscheiden
jeweilig
Konsequenzen,
sein.
Posi tion
dürfte
nur
Überzeugende
müssen
schwer,
empirische
deshalb
Landes
wi e
Frank schuldig bleiben.
Mit
Franks
Argumentation
werden
auch
andere,
oben
zitierte,
Annahmen in Frage gestellt wie etwa die These von der Jahrhunderte währenden chinesischen oder japanischen Selbstisolation.
"-'Insbesondere die Auslandschinesen
in Südostasien waren demzu-
folge schon seit alters her wichtige Akteure eines durchgängig
betriebenen chinesischen Überseehandels gerade auch mit Japan,
der
phasenweise
hätte
die
raschen
nur
Entdeckung
Niedergang
orientalischen
als
Tributhandel
kaschiert
des
Seewegs
nach
Indien
Europa
und
der
zwischen
Gesellschaften
geführt.
wurde.
Auch
ke in e s we q s
China
Nicht
nur
zum
gelegenen
die
Routen
vom östlichen Mittelmeer über Bagdad zum Persischen Golf bzw.
über Kairo und das Rote Meer,
sche
Karawanen-Route,
die
sondern sogar die zentralasiati-
sog.
Seidenstraße,
und
die
an
ihr
gelegenen Zentren wie Samarkand und Buchara hätten noch lange
flor ieren
funden
den
können,
war.
obwohl
Arabische
de r
Händler
"Seeweg
nach
I ndi en"
ihn
überdies
hätten
Portugiesen in umgekehrte Richtung bis
fahren,
ohne
ihn weiter
kommerziell
zu
läng s t
ge-
schon
vor
ins Mittelmeer be-
nutzen.
Warum sie das
nicht taten, wird allerdings nicht befriedigend beantwortet.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
26
Das Entwicklungsgefälle zuungunsten Europas verschwand erst in
der Folge der Industriellen Revolution ab etwa 1800,
pa begann,
mit Asien wettbewerbs fähig
zu werden.
als Euro-
Ganz im Stil
der heutigen asiatischen Schwellenländer habe man sich damals
zunächst protektionistisch gegenüber der überlegenen,
lem indischen,
nenbootdiplomatie,
Aufstieg
des
Peripherie,
gen,
unterstützt durch eine Kano-
die asiatische Industrie niederkonkurriert.
Westens
gleichzei tigen Abstieg des
nur
korrespondierte
Ostens.
demnach
Der Westen war
mit
dem
lange
Zei t
vermochte auf den Schultern Asiens aufzustei-
dank des amerikanischen Edelmetalls,
bianischen Austausches
Kulturpflanzen
al-
Konkurrenz abgeschottet und dann über eine ag-
ressive Exportindustrialisierung,
Der
vor
wie
etwa
der
(Kartoffel,
Mais
u.a.)w,
dank des sog.
aus
Amerika
der
kolum-
importierten
die
europäische
Nahrungsmittelversorgung grundlegend verbesserte,
dank der aus
Afrika geraubten Sklaven und dank der
importierten
wohlfeilen
Waren,
denen
(wie
im
aus Asien
Falle
der
USA
heute)
keine
entsprechenden Exporte gegenüber standen.
Der Auf- und Abstieg von Groß regionen innerhalb dieses Weltsystems
wird als
tiert.
ein
langfristiger
zyklischer
Prozeß
Der zweihundert jährige Zyklus vom Aufstieg und Abstieg
des Westens nähert sich derzeit seinem Ende zu,
nach
interpre-
seinem langen Niedergang
Wodurch
darauf
diese
bleibt
Auf-
und
Frank
einen
Abschwünge
allerdings
während Asien
neuen Aufschwung
jeweils
eine
ausgelöst
wirklich
erlebt.
werden,
befriedigende
Antwort schuldig. Geleugnet wird jedenfalls wie bei Abu Lughod
und Co.
die These der
klassischen Weltsystemtheorie,
Kolonialismus den Niedergang in Asien bewirkt habe.
daß
der
Frank ent-
wickelt eher die Vorstellung eines langfristigen gegenseitigen
Lernens,
wobei
der
gerade
Unterlegene
immer
im Vorteil
weil er bereits vorhandenes Wissen übernehmen könne.
30
sei,
Warum be-
Im G;,genzu g brac~ten die Europäer Krankheiten nach Amerika, gegen die die "IndlOS , auch so eln eurozentrlsches Wort, keine Abwehrkräfte besaßen und daran
starben.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
27
stimmte
ren,
technologische Kenntnisse,
wie
z.B.
.i m
Schiffsbau,
tilindustrie oder
die in Asien vorhanden wa-
in der Metallurgie,
in der Waffentechnik vor 200
in der Tex-
Jahren im Un-
terschied zu Europa dort nicht zum Aufbau der modernen Fabrikindustrie genutzt wurden,
gische
wird auf demographische und ökolo-
Faktoren zurückgeführt.
völkerungsdichte
in
Europa
So habe etwa die geringere Be-
zur
Verknappung
von
Arbei tskraft,
damit zu vergleichsweise höheren Löhnen und damit zu einem Rationalisierungsdruck
geführt,
während
die
hohe
Bevölkerungs-
dichte in Asien trotz hoher technologischer Kompetenz das Verharren auf arbeitsintensiven Methoden habe ökonomisch sinnvoll
erscheinen lassen.
Dieses Argument von der "high level equili-
brium trap" ist von Mark EI vin übe r nomrneri" und wäre dann doch
ein
internalistisches,
Argument.
ihrer
wenn
auch
materialistisch
gewendetes
An dieser Stelle bleiben die Thesen von Frank trotz
ansonsten
inspirierenden
leicht auch deshalb,
Wirkung
unbefriedigend,
viel-
weil er eigene empirische Untersuchungen
nicht betrieben hat und sich nur auf gerade passende Sekundärliteratur stützt oder weil er spürt,
daß hier seine rein glo-
balistische Argumentation sich nicht durchhalten läßt.
4. Die entwicklungspolitischen Perspektiven der großen Theorie
Aus
den
vier
skizzierten
schiedliche Perspektiven.
gumentation von Landes,
zigartige,
Paradigmen
ergeben
sich
ganz
unter-
Folgt man der diffusionistischen ArJones und Co.,
dann war es eine ein-
nicht wiederholbare Konstellation,
die in Westeuro-
pa vor etwa 1000 Jahren einen grundsätzlichen Transformationsprozeß
eingeleitet
und
vorbereitet
hat.
Eine
lange
schichte kulminierte in der Industriellen Revolution,
lichen
läßt
31
Entwicklungsvorsprung,
im
westlichen
Modell.
Vorgeim westDieses
sich aber durchaus exportieren in nichtwestliche Gesell-
Vg1. E1vin 1973.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
28
da
ist
der
hier
einen
es
schaften,
erste
und
Dl' e
Diffusionsthese.
damit
Chancen
f
Modells
sind
Modell
noch
übernehmen,
zu
entwickeln
haben,
lungsgefälles
langen
ganze
sofern
ü
sogar
was
r
d i.e
gut,
weitere
da
aber
die
so
angesichts
die
des
optimistische
(und
damit
seinen
gesamten
zum
Japan
Beleg
der
Ausbreitung
des
Nachzügler
bestehenden
auch
ist.
Am
dieses
Entwick-
Ende
Botschaft,
eines
müßte
"verwestlicht")
sie nur bereit und in der Lage ist,
in
ha t .
nicht mehr mühsam selber
gar nicht mehr möglich
entwickelt
übernehmen.
on
auch
Prozesses,
Welt
dell
zu
Fall
klassische
westlichen
nur
Anspruch
universalistischen
das
gesellschaftlichen
die
sein,
westliche Mo-
Dimensionen
zu
Warum aber gerade in Teilen von Asien die Diffusi-
gelungen ist,
in anderen Teilen der Welt aber
nicht,
wird
nicht befriedigend erklärt.
Folgt
man
Botschaft
der
Argumentation
eher
pessimistisch.
summenspiel.
Wallers tein-Schule
Hier
ist
Entwicklung
ist
ein
die
Null-
Der Aufstieg des Westens war nur möglich auf Ko-
sten anderer Groß regionen und Altamerikas,
Chinas usw.
der
erst Osteuropas ,
dann West- und Ostafrikas,
dann der Karibik
dann Indiens,
dann
Eine Aufwärtsmobilität von der Peripherie über die
Semiperipherie
ins
Zentrum
ist
zwar
möglich,
wie
die
Fälle
USA,
Japan oder die heutigen asiatischen Schwellenländer
gen,
der Preis ist aber der gleichzeitige Abstieg anderer Re-
gionen,
wie die
sammenbruch
ter
Beweis
Krise
der
Zu-
in den postsozialistischen Staaten Osteuropas
un-
stellen
es
insgesamt.
die
aus.
Auch wenn
für
aus
dem NUllsummenspiel
also ein Zuwachs
Hält man diese
für
Industrieländer oder
Damit
grundlegenden
Perspektiven
klärt,
Ost-
einer
alten
sollen.
Nichtnullsummenspiel,
bedarf
der
zei-
letzteres
alle,
Transformation
nicht
weite
für
(mehr)
Teile
der
einiges
des
werden
so
anhaltend
spricht,
und Südostasien aber durch Aufwärtsmobilität
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
sehen
düster
wird nicht
warum ein Teil der Welt durch Abwärtsmobili tä t,
net ist.
kann,
Wel tsystems
für möglich,
Welt
ein
er-
gerade
ausgezeich-
29
Folgt man der Argumentation von Abu Lughod,
Chaudhuri und Co.,
dann stehen wir am Beginn eines asiatisch dominierten Weltsystems.
sion
Dessen neuerlicher Aufschwung ist aber nicht der Diffudes
westlichen
Modells,
sondern
innergesellschaftlichen
Transformationsprozessen in Asien selber zu verdanken,
durch
eine makrohistorische Beschäftigung mit
Gesellschaften
aufzudecken
sind.
Aus
der Westen unter wachsenden Druck,
innergesellschaftlichen
oder
Eurosklerose )
überschritten hat.
Gründen
wie Asien
dieser
den asiatischen
Perspekti ve gerä t
weil dieser seinerseits aus
(Stichwort
zu
die nur
früheren
american
Zei ten
decline
seinen
Zeni t
Für die übrige Welt läßt sich daraus
keine
unmittelbare Perspektive entwickeln,
da,
fusionsthese
Lateinamerika
geleugnet
wird,
weder
von Ost- und Südostasien lernen können.
wenn die globale Difnoch
Afrika
Sie müssen sich viel-
mehr konseqenterweise auf ihre eigenen endogenen Entwicklungspotentiale besinnen.
Folgt man
stehen
schließlich der Argumentation von
wir
zwar
auch
am
hier
Beginn
fehlt,
eines
ist
aber
Frank und Gills,
asiatisch
die
dominierten
Weltsystems,
was
emanzipatorische
Perspektive.
Ein übermächtiges Weltsystem macht die
einzelnen
Welt regionen zum Spielball eines langfristigen zyklischen Prozesses,
nes
der gegenwärtig bedeutet,
langen
Aufschwungs
steht,
daß der Orient am Beginn e1-
während
der
Okzident
sich
1m
Niedergang befindet.
Gemeinsam ist aber allen vier noch so konträren Positionen die
Rückkehr zur großen Theorie in der entwicklungspolitischen Debatte und der nachdrückliche Hinweis,
langfristiger
durch
eine
Perspektive
Prozeß
ist
und
makrohistorische
daß Entwicklung ein sehr
daß
ihre
und
Großregionen
zu verstehen sind.
Einen
treibenden
Kräfte
nur
vergleichende
Fortschri tt bedeutet die
daß sie nicht mehr nur
formuliert werden. Nicht viel
Rückkehr der großen Theorien insofern,
aus
Neues
' h er
europälsc
bietet
sie
Perspektl've
insofern,
als
sich
immer noch
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
(oder wieder)
30
universalistische
Modernisierungstheorie,
sche
eine
Ansätze
und
immer
weiter
kulturrelativisti-
radikalisierte
Weltsy-
stemtheorie gegenüberstehen. Jeder Ansatz kann ein Stück Plausibilität für sich beanspruchen,
aber jeder Ansatz allein ver-
mag auch nicht so ganz zu überzeugen.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
FORSCHUNGSBERICHTE
aus dem Institut für Sozialwissenschaften (ISW)
Das .Institut ~ Sozi~lwissensc?afte~ gi?t Forschungsberichte heraus, die die Forschungsarbeiten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dokumentieren. Die Nummern 1-15 sind als
Forschungsberichte des Seminars für Politikwissenschaft und Soziologie erschienen.
1. Krieger, IngridILompe, Klaus: Zur Lebenslage von Frauen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - ein Ost-West-Vergleich. Erste Interpretation empirischer Ergebnisse und
Konsequenzen für die Instrumente des "zweiten" Arbeitsmarktes. November 1993, 2.
Aufl. April 1994. 52 S.
2. Lompe, Klaus (Hrsg.): "Von der Automobilregion zur Verkehrskompetenzregion". Die
Region als politisches und ökonomisches Handlungsfeld für die Steuerung politischer,
sozialer und technologischer Innovationen. Januar 1994, 3. Aufl. April 1994. 52 S.
3. Vogel, Ulrike: Fachengagement und Studienerfolg bei Ingenieurstudentinnen und studenten. Zur Entwicklung verallgemeinerungsfähiger Aussagen in einer qualitativen
Studie. April 1994. 30 S.
4. Menzel, Ulrich: Der Flug des Drachen. Nachholende Modernisierung in Ostasien aus
entwicklungspolitischer Perspektive. Mai 1994. 83 S.
5. Lompe, KlauslBlöcker, Antje/Lux, BarbaraJSyring, Oliver: Neue Formen der Kooperation und der wissenschaftlichen Politikberatung in der Region - Wirkungen und Folgeaktivitäten des HBS-Projektes: "Regionale Bedeutung und Perspektiven der Automobilindustrie" unter besonderer Berücksichtigung der Gewerkschaften als regionale
Akteure der Wirtschafts- und Strukturpolitik in Südostniedersachsen. September 1994.
125 S.
6. Hummel, Hartwig: Weltmacht wider Willen? Japan in der internationalen Politik der
neunziger Jahre. Januar 1995.40 S.
7. Lompe, Klaus (Hrsg.): "Perspektiven der Regionalisierung der Strukturpolitik in Niedersachsen". Dokumentation eines Workshops am 21.10.1994 in Braunschweig.Februar 1995. 103 S.
8. Lompe, Klaus/Wamecke, Dirk: "Die Verarbeitung von nachwachsenden Rohstoffen
als Diversifikationsstrategie zur Beschäftigungssicherung in der Region Südostniedersachsen? - Dokumentation eines Symposiums am 9.2.1995 in Wolfsburg/Fallcrsleben.
Juni 1995. 100 S.
9. Vogel, Ulrike: Zur Qualifikation von Studentinnen und Studenten der Ingenieurwissenschaften. Empirische Ergebnisse. September 1995.40 S.
10.Gambe, Annabelle/Hummel, Hartwig/Menzel, Ulrich/Wehrhöfer, Birgit: Die Ethnisierung internationaler Wirtschaftsbeziehungen und daraus resultierende Konflikte. Entwurf eines Forschungsprojekts. Oktober 1995. 32 S.
l l.Humrnel, Hartwig/Wehrhöfer, Birgit: Geopolitische Identitäten. Kritik der E:hnisierung einer sich regionalisierenden Welt als paradigmatische Erweiterung der Friedensforschung. Januar 1996. 33 S.
12.Lompe, KlauslMangels-Voegt, BirgitIDüsing, Ralf/Fricke, GeraldIVlcek, Olaf: Zur
Diskussion abnehmender Handlungsfähigkeit des Zentralstaates und der Rolle neuerdezentraler Verhandlungssysteme. Februar 1996. 136 S.
13.Menzel, Ulrich: Lange Wellen und Hegemonie. Ein Literaturbericht. 2. Aufl. November 1996. 58 S.
14.Gambe, Annabelle: Overseas Chinese Entrepreneurship in Southeast Asia. November
1996. 145 S.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
15.Vogel, Ulrike/Capello, Claudia: Zur Steigerung der "Attraktivität" des Ingenieurstudiums. Vorarbeiten zu einem empirischen Projekt. Dezember 1996. 45 S.
16.Hummel, Hartwig: "Japan Bashing". Die Ethnisierung der Handelsbeziehungen zu
.
Japan im politischen Diskurs der USA. Februar 1997. 68 S . .
17.Wehrhöfer, Birgit: Der französische Migrationsdiskurs als Beitrag zur ethnischen
Grenzziehung Europas. Februar 1997; 2. Aufl. Juli 1998, 87 S.
18.Menzel, Ulrich: The West Against the Rest. Samuel Huntingtons Rekonstruktion des
Westens. Mai 1997; 2. überarb. Aufl. Oktober 1997. 36 S.
19.Lompe, Klaus/Schirmacher, Andrea/Wamecke, Dirk: Regionales Risikokapital und
Existenzgründung. September 1997. 185 S.
20.Menzel, Ulrich unter Mitarbeit von Katharina Varga: Theorie der Internationalen Beziehungen: Einführung und systematische Bibliographie. Oktober 1997, 3. Aufl. Oktober 1998.151 S.
2l.Hummel, Hartwig: Der neue Asianismus. Die Ethnisierung der Handelsbeziehungen zu
den USA im politischen Diskurs Japans. November 1997. 76 S.
22.Gambe, Annabelle: Competitive Collaboration: Western Liberal and Overseas Chinese
Entrepreneurship in Southeast Asia. November 1997. 101 S.
23.Wehrhöfer, Birgit: Das Ende der Gemütlichkeit. Ethnisierung im deutschen Migrationsdiskurs nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. November 1997.121 S.
24.Gambe, AnnabellelHummel, Hartwig/Menzel, UlrichiWehrhöfer, Birgit: "Kampf der
Kulturen" in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen? Februar 1998, 2. Aufl. Oktober 1998. 95 S.
25.Vogel, Ulrike/Capello, Claudia/Meinel, Tanja/Brants, Oliver/Carsten, Ingo: Zum Interesse am Technikstudium bei Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. April 1998.91 S.
26.Lompe, Klaus (Hrsg.): Verbundspezifische Projekte im Rahmen regionalisierter
Strukturpolitik in Nordrhein-Westfalen. Dokumentation eines Workshops am
12.11.1998. Januar 1999. 59 S.
27.Dietz, Bernhard/Menzel, Ulrich: "Brandstifter" oder Anwälte des demokratischen
Friedens? Die Rolle der Medien in bewaffneten Konflikten. Untersucht anhand politischer Entscheidungsprozesse der deutschen Bundesregierung in ausgewählten militärischen Konflikten der 1990 Jahre. Entwurf eines Forschungsprojekts. März 1999. 34 S.
28.Vogel, Ulrike/Capello, Claudia /Meinel, Tanja/Brants, Oliver/Carsten, Ingo: Zur Steigerung der Attraktivität des Ingenieurstudium. Bericht über Maßnahmen im Studium.
März 1999. 127 S.
29.0kfen, Nuria: Das Asia-Europe-Meeting - Eine neue Partnerschaft? März 1999, 2.
Aufl, Januar 2000. 95 S.
30.Menzel, Ulrich: Jenseits des Staates oder Renaissance des Staates? Zwei kleine politische Schriften. März 1999.2. Aufl. Januar 2000.59 S.
31.Vogel, Ulrike/Meinel, Tanja/Capello, Claudia/Brants, Oliver/Thomas, Dirk: Zur Effizienz des Magisterstudiengangs an der TU Braunschweig. März 1999. 48 S.
32.Lipper, Tobias: Die Realität des Virtuellen. Grundüberlegungen zur empirischen Usenet-Forschung, Mai 1999.53 S.
33.Hurnmel, Hartwig: Schwindet die Bedeutung der UNO? Juli 1999.21 S.
34.Rehfeld, Dieter: Regionalisierungsprozesse - eine Zwischenbilanz. Februar 2000.52 S.
35.Dietz, Bernhard: Medienberichterstattung, "Öffentliche Meinung" und Außenpolitik.
Grundelemente eines interdisziplinären Forschungsansatzes. Februar 2000.48 S.
36.Vogel, UlrikelHinz, Christiana/Brants, Oliver: Befragungen von Absolventinnen und
Absolventen sowie Studierenden zur "Attraktivität" des Ingenieurstudiums. März 2000.
57 S.
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00033658
37.Vogel, Ulrike/Fröhlich, Evelin: Frauen und Männer im Ehrenamt im Landkreis Gifhorn. März 2000.53 S.
38.Matthias, Maik: Internet Governance. Der Wandel des Domain Name Service. April
2000.87 S.
39.Menzel, Ulrich: Eurozentrismus versus ReOrientierung. Die Rückkehr der großen
Theorie in die entwicklungspolitische Debatte. Oktober 2000. 30 S.
Die Forschungsberichte können beim Institut für Sozialwissenschaften zum Selbstkostenpreis + Portokosten bestellt
werden. Anschrift: Wendenring 1,38114 Braunschweig, Tel. 0531-391-2327/2305, FAX 0531-391-82 I I
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