August 2013 - Männer vom Morgenstern

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August 2013 - Männer vom Morgenstern
Mitteilungsblatt der Männer vom Morgenstern
Heimatbund an Elb- und Wesermündung e. V.
Postvertriebsstück
Gebühr bezahlt
H 1914 E
August 2013
Nr. 764
Das untergegangene Dorf Nückel
Historische Gebäude wurden zu Feuerholz verarbeitet
Am südlichen Stadtrand zwischen
Wulsdorf und Bexhövede liegt Nückel. Nur ein Ortshinweisschild am
Straßenrand weist auf diesen Ort hin.
Dass sich dort bis 1960 ein altes Gut
befunden hat mit Häusern, die zum
Teil aus dem 16. Jahrhundert stammten, ist kaum bekannt. Abgeschieden
überdauerte das Gut mit seinen Gebäuden die Jahrhunderte, bis auch sie
von der „neuen“ Zeit erfasst wurden.
Die alten Häuser sind abgebrochen
worden, und die Menschen sind fort.
Grund genug sich mit der Geschichte von fünf dieser bemerkenswerten
Häuser zu beschäftigen.
Das Gutswohnhaus
Das Gutswohnhaus musste die
meisten Veränderungen über sich ergehen lassen, bevor es 1967 abgerissen
wurde. Fundamentreste, die neben
dem Gebäude sichtbar waren, wiesen
auf andere Grundrisse bzw. Gebäude
hin.
Besonders auffällig war ein Bereich
des Kellers. Dieser konnte nur in gebückter Haltung betreten werden. Ein
Gewölbemauerwerk, das teilweise mit
Klosterformatziegeln gemauert war,
bildete die Decke. Die Wandstärke lag,
so weit sichtbar, bei 0,75 m. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich hierbei um Reste des ehemaligen „festen
Hauses“ handelte. Bereits 1139 wurde von einem „Schloss“ auf „Nucla“
berichtet. Der Knappe Engelbert von
Rode öffnete laut einer Urkunde von
1346 seinem Schwager, dem Grafen
von Stotel, das Schloss Nückel und erklärte, dass er ohne Einwilligung des
Grafen keinen Bergfried bauen wolle.
Als Detlev von der Hude und Carsten von Brobergen das Gut 1586 erwarben, war die Burg verfallen. Deshalb bauten sie eigene Gutshäuser,
auf die an anderer Stelle noch einmal
eingegangen wird. Erst um 1690 errichtete Christoph von Lütken, der
das Gut in der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts kaufte, am selben Platz
Das Gutshaus von Carsten von Brobergen.
ein Jagdschloss. 1899 wurden Teile
einer Brandruine abgerissen, bei der
nicht klar ist, ob sie vom Jagdschloss
stammten. Auch eine Bogenhalle und
ein Türmchen wurden entfernt. Dadurch erhielt das Haus das Aussehen,
wie es auf dem Bild von 1964 abgebildet ist.
Um 1900 wurde das Haus als Forstund Gasthaus eingeweiht. Die Gaststätte erwarb sich einen guten Ruf als
Ausflugslokal und wurde in den Sommermonaten stark frequentiert.
Nach der Beendigung des 1. Weltkrieges wechselte der Besitzer erneut
und das Haus wurde wieder seiner
alten Bestimmung zugeführt. Hier
wurde bis zur Auflösung des Gutes die
Gutsverwaltung von Nückel untergebracht. Bemerkenswert waren die
auf der Südseite angebrachten Reliefs zwischen den Fenstern im Erdgeschoss und denen im ersten Stock.
Das Gutshaus von
Carsten von Brobergen
1616 ließ Carsten von Brobergen ein
Gutshaus erbauen, das nach seiner
Errichtung sehr häufig den Besitzer
wechselte. Auf Carsten von Brobergen
folgte schon bald Bernhard Quiter,
der das Gutshaus bereits 1621 mitsamt
dem Gut an Parm Drewes weiter verkaufte.
Doch schon vier Jahre später wechselte der Besitzer erneut. Nun erwarb
es Jacob Gransneb, genannt Tengnagel. Laut Pratje soll das Gut dann von
einer Holländerin erworben worden
sein, die es auch bewohnte. Es handelte sich dabei um Maria Cabliau verwitwete Roon. Sie vermachte es dem
Armenhaus „Almosiner“ in Amsterdam. Dieses versteigerte das Gut öffentlich.
Auf diese Weise kam der Besitz
wieder für längere Zeit in feste Hände. Der Käufer 1689 war der Landrat Christoph von Lütken, der im 17.
Jahrhundert auch das Gut von der
Das Gutswohnhaus.
Hude dazu erwarb. Als das Haus
1957 abgerissen wurde erschien in
der Nordsee-Zeitung der folgende
Artikel: Holz besonderer Art – Bexhövede. Auf dem Schmidtschen Zimmerplatz war kürzlich die Anfuhr einer
besonderen Art von Holz zu beobachten. Es war gutes Eichenholz, nur mit
dem Beil bearbeitet und von gewaltiger
Mächtigkeit. Auf einem vierkantigen
Balken findet sich die Inschrift „Anno
1616“. Der Platzherr gibt bereitwillig
Auskunft: Auf dem Gut Nückel wurde
das zweit älteste Haus abgebrochen,
weil Einsturzgefahr bestand. Voll Achtung machte der Zimmermann auf die
Arbeit seiner Kollegen von 1616 aufmerksam, wie sie die großen Balken
von einer Stärke 42 mal 45 cm und einer Länge von 9,5 m bearbeitet haben
und dann mit dem Gewicht von rund
28 Zentnern (1,4 Tonnen!) an den richtigen Platz brachten. Noch gibt es das
Breitbeil, mit dem in früheren Jahren
das Holz bearbeitet wurde, aber nur
(Foto: J. Meyer 1952) Das Gutshaus derer von der Hude.
(Foto: A. Schmedes 1964)
wenige verstehen damit umzugehen.
Eine Zapfnut in den Balken zu schlagen, dauerte zweieinhalb Stunden, mit
der Fräse ist die Arbeit heute in wenigen Minuten getan. In einigen Tagen
sind die Balken durch die Maschinensäge gegangen, nur die mit den Inschriften versehenen Balken sollen als
letzte Zeugen für das Ganze erhalten
bleiben.
Das Gutshaus derer
von der Hude
Ein weiteres Gebäude wurde 1586
von Detlef von der Hude als Gutshaus errichtet. Diesen Hof erwarb
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Landrat Christoph von
Lütken, der vorher auch schon – wie
dargestellt - den ehemaligen Hof des
Carsten von Brobergen gekauft hatte. Dadurch wurde das Gut so, wie
es bis 1586 bestanden hatte, wieder
vereint.
Fortsetzung auf Seite 2
(Foto: G. Hansson 1934)
NIEDERDEUTSCHES HEIMATBLATT
Nr. 764
August 2013
Erinnerung an den Bildhauer Albert H. Hußmann
Vor 60 Jahren verstarb der aus Lüdingworth gebürtige Tierplastiker
Der Bildhauer und Maler Albert
Hinrich Hußmann entstammte dem
kleinen
Hadelner
Marschendorf
Lüdingworth. Dort erblickte er am
3. März 1874 als Sohn des Lüdingworther Tierarztes Rudolf Hußmann
und dessen Ehefrau Luise, geborene
Köhler, das Licht der Welt. Aus heutiger Sicht ist es kaum verständlich,
dass diese in Fachkreisen Deutschlands nach wie vor anerkannte und
geschätzte Persönlichkeit in unserem
Raum nahezu in Vergessenheit geraten ist. Im Jahre 1877 hatten die Eltern auf dem Gelände der heutigen
Jacobistraße Nr. 44 ein stattliches
Wohnhaus errichtet, in welchem heu-
Albert Hinrich Hußmann und seine
Frau Wally, geb. Globisch.
Das untergegangene Dorf ...
Fortsetzung von Seite 1
Die Kunstdenkmalinventare der
Provinz Hannover
beschreiben
1939 dieses Bauernhaus auf Seite 81 wie folgt: Ältestes und noch an
der ursprünglichen Stelle stehendes
Bauernhaus des Kreises Wesermünde, zurzeit von der Schweizerfamilie
bewohnt (1936). Baujahr am Torholm
eingeschnitten 1556 [Anmerkung Gerhard König: die genaue Zahl ist 1586
!]. Eichenfachwerk. Ausfachung mit
Backsteinen erneuert. Größe etwa 30
x 13 m. Scheunenteil fünf Fach. Flett
nur ein Fach tief. Leerer Dachstuhl.
Sparren verschwertet. Hausständer
mit Innenneigung. Sämtliche Hölzer
der Innenkonstruktion zeigen mehr
oder weniger starke Baumkanten. Die
Aufschieblinge der Kübbungen aus entborkten Rundhölzern. Auch die an den
Fußenden etwa 25 cm starken Sparren
sind nur wenig besäumt. Ganze Walme. Retdeckung. Ladeluke oberhalb
des Einfahrtstores später hergestellt.
Schwelle des Giebelwalmes auf 42 cm
vorkragenden, von profilierten Konsolen unterstützten Stichbalken. Eine
alte Brunnenanlage aus Feldsteinen
mit Zugangstreppe seitlich des Hauses
ist vor einigen Jahrzehnten zugeschüttet.
Der mit dem Haus entstandene
Schuppen und die Torfscheune wurden bereits 1920 abgerissen. Der Abriss des Haupthauses erfolgte 1967.
Der Meierhof
der Familie Grimm
Es ist nicht klar, ob das Gebäude
schon stand, als 1586 Detlef von der
Hude und Carsten von Brobergen das
Gut Nückel erwarben und aufteilten.
Fest steht aber, dass es sich um den
Meierhof handelt. In diesem Haus
lebte nachweislich über 200 Jahre
die Familie Grimm. In der Heuerliste
te die Post eine Filiale unterhält.
Begonnen hatte Hußmann seine
Ausbildung als Schüler der Hochschule für bildende Künste in Berlin
unter Woldemar Friedrich, Paul Meyerheim und Gerhard Janesch. Er spezialisierte sich schon frühzeitig auf
Pferde- und Reiterstatuen in Bewegung. Als typische Merkmale seiner
Kunst gelten die harmonischen und
oftmals dramatischen Bewegungen
seiner Darstellungen.
Seit 1899 hatte Hußmann als Tierbildhauer regelmäßig die Große Berliner Kunstausstellung beschickt. Der
Kaiser wurde früh auf den begabten
Tierplastiker aufmerksam. So wurde
ihm 1914 die erste große Ehrung zuteil:
Kaiser Wilhelm II. verlieh ihm für seine monumentale Reiterfigur die „Goldene Medaille“. Mehrere seiner Werke dienten der Ausstattung der Villa
Hügel und des sie umgebenden Parks
der Familie Dr. Gustav Krupp (Krupp
von Bohlen und Halbach) in Essen,
darunter ein „Weidendes Pferd“ in
Lebensgröße. Das Verhältnis zwischen Pferdebronze (ca. 44 x 56 cm), auf der Plinthe signiert.
(Fotos: Bussler)
den Familien Krupp und Hußmann
soll außerordentlich eng und freund- Majolika-Figuren entsprechende Ent- Jahre auch Entwürfe für die Porzelschaftlich gewesen sein. Hußmann würfe und Modelle liefern sollten. So lanmanufaktur Rosenthal geliefert
zählte bald zu den bedeutendsten wurde Hußmann einer der jüngsten hat. Bereits seit Mitte der 1920erTierplastikern in der ersten Hälfte des Künstler der Cadiner Majolikawerk- Jahre hatte die Firma Rosenthal nach
Entwürfen Hußmanns eine Porzel20. Jahrhunderts in Deutschland.
statt.
Verheiratet war der Künstler seit lanplastik des Trabers ‚Hannibal’ soEr schuf außerdem viele gelungene
Entwürfe für die bekannte Majolika- 1911 mit der aus Berlin stammenden wie als Detail daraus den Kopf dieses
werkstatt Cadinen im ehemaligen Wally Globisch (1877-1953). Wäh- Pferdes hergestellt.
Die von Hußmann geschaffenen
Landkreis Elbing, die 1898 Kaiser rend des Ersten Weltkrieges war er
Wilhelm II. erworben hatte. Um die Soldat und als Kriegsmaler bei der Bronzen wurden überwiegend durch
gewöhnliche
Tonwarenproduktion III. Armee eingesetzt. Später gingen die bekannte Berliner Bildgießerei
auf ein künstlerisch anspruchsvol- seine Hauptaktivitäten von den bei- Gladenbeck ausgeführt, gelegentlich
les Niveau zu heben, beauftragte der den Ateliers aus, die er sich in der durch die ebenfalls dort ansässige
Kaiser die Werkleitung, sich nach Reichshauptstadt eingerichtet hatte. Bronzegießerei Kraas sowie die Düsgeeigneten Künstlern umzusehen, Ein Blick in alte Firmenkataloge zeigt seldorfer Bronzebildgießerei.
Fortsetzung auf Seite 3
die für die Produktion hochwertiger zudem, dass er seit Mitte der 1920er-
von 1713 ist Otto Grimm verzeichnet,
der 5 Thaler zu entrichten hatte. Ab
1905 betrieb Hinrich Grimm dort eine
Gastwirtschaft mit Sommergarten.
Im Jahr 1920 zog die Familie
Grimm von hier fort und wurde auf
Hohewurth ansässig.
Das Haus war 24,8 m lang und
10,8 m breit. Der Anbau rechts neben
dem Niedersachsenhaus wurde 1920
erstellt. Der hintere Teil des Anbaus
neben der Tür war aber wesentlich
älter. Es war der Rest eines einzeln
stehenden Fachwerkhauses, das vermutlich aus dem Jahre 1586 stammte.
Hier war der Schafskoben ab 1920
untergebracht. Eine fachgerechte Untersuchung vor dem Abriss 1987 war
leider nicht möglich.
Niedersachsenhaus
aus dem Jahre 1630
Der Meierhof der Familie Grimm.
(Foto: T. Hansson 1962)
Das Arbeiterhaus bestand laut
Gutsverwaltungsliste seit dem Jahre
1630. Bei der Aufnahme in die Liste
der Kunstdenkmäler im Kreis Wesermünde von 1939 wurde mit der
Zitation der Inschrift am Holm des
Einfahrtstores Pax intrantibus – Salus
exeuntibus. Anno 16 .. das Baujahr mit
Fragezeichen für das Jahr 1635 angenommen.
Bis auf das Dach wurde dieses Haus
wenig verändert. Es überragte die übrigen Häuser um ca. 1 bis 2 m.
Das 26 m lange und 12 m breite
Haus entsprach in der Raumaufteilung dem typischen Niedersachsenhaus. Im vorderen Bereich waren
die Stallungen und im hinteren die
Wohnräume untergebracht. Abgerissen wurde das Haus 1962.
(Foto: G. Hansson 1934)
Eine 3 mal 4 Meter große Torf- Das Niedersachsenhaus aus dem Jahre 1630.
scheune, die laut Kunstdenkmalinventar aus der gleichen Zeit wie das Dem Beitrag liegen Unterlagen des Archivs von Gerhard König, Bexhövede, zu Grunde.
Haus stammt und die auf der Aufnah- Weitere Quellen: Arthur von Düring, Ehemalige und jetzige Adelssitze im Kreise Wesermünde.
me dieses Hauses vorne rechts zu se- (= Stader Archiv 27, 1937) Stade 1938; Die Kunstdenkmale des Kreises Wesermünde. II. Der
hen ist, wurde 1957 abgerissen.
frühere Kreis Geestemünde. Bearb. v. Oskar Kiecker u. Richard Capelle. Hannover 1939. S.80-82;
Peter Raap Heuergeld Register von 1713; Nordsee-Zeitung
NIEDERDEUTSCHES HEIMATBLATT
Nr. 764
August 2013
Die Otterndorfer Feuersbrünste von 1513 und 1529
Vor 500 Jahren wurde die Stadt Otterndorf Opfer einer Brandkatastrophe
Von der Antike bis in die Neuzeit
sind viele Städte Feuerkatastrophen
zum Opfer gefallen. Einige wurden
wiederholt davon getroffen. In unserer näheren Umgebung wurden die
Hansestädte Bremen, Hamburg und
Stade genauso heimgesucht wie das
vergleichbar kleine Otterndorf.
Bei einem Brand im Jahr 1041 wird
die Innenstadt von Bremen total zerstört. Auch der Dom brennt nieder.
Hamburg wird – abgesehen von den
Bombardements während des 2. Weltkrieges – im Jahr 1842 von der bis
dahin schwersten Feuersbrunst getroffen. 1659 fielen zwei Drittel von
Stade einer Feuersbrunst zum Opfer.
Abgesehen von den Mordbrennern
während kriegerischer Auseinandersetzungen waren es häufig kleine Unachtsamkeiten, die zu diesen Katastrophen führten.
So blieb auch Otterndorf nicht
von solchen Schicksalsschlägen verschont. 1499 legte die Soldateska des
Erzbischofs von Bremen im Verlauf
kriegerischer Auseinandersetzungen
Feuer in Otterndorf. Nicht nur Teile
der Stadt, auch das Schloss brannte
nieder.
Vierzehn Jahre später – 1513 –
brannte es in Otterndorf erneut. Nach
dem damals geltenden Julianischen
Kalender war es der 15. Mai 1513.
Die Chronisten berichten, dass um
Pfingsten herum in der Stadt eine
Feuersbrunst ausbrach, wodurch fast
das ganze Städtlein einschließlich der
hölzernen Westerbrücke (heutige Medembrücke) in Flammen aufging. Das
Schloss, in dem sich gerade Herzog
Magnus samt seiner Gemahlin Catharina aufhielt, war dieses Mal nicht
betroffen.
Ein Schuldiger war schnell gefunden. Ein stummer Mensch, so heißt
es, soll das Feuer absichtlich gelegt
haben. Leider sind die Prozessakten
nicht erhalten.
Unterm Galgen gevierteilt
Der Chronist Bilcau berichtet aber
in seiner Hadeleriologia Historica
Albert Hinrich Hußmann ...
Fortsetzung von Seite 2
1943 wurden seine Wohnung und
die Berliner Ateliers ausgebombt.
Hußmann übersiedelte zunächst nach
Bad Harzburg, danach auf das Rittergut Teichhof bei Jerxheim.
Zuletzt lieferte er zahlreiche Entwürfe für die Fürstenberger Porzellanmanufaktur, die stolz darauf war,
(1722), dass dieser Stumme sehr bald
von einem Gericht verurteilt und alsbald unter einen Galgen geführt und
dort gevierteilt worden sei. Bisher ist
es die einzige bekannte Verurteilung
bei der ein Delinquent von einem
Hadler Gericht einer derart grausamen Bestrafung zugeführt wurde.
Offensichtlich handelte es sich um
ein Fehlurteil, denn später stellte sich
heraus, dass das Feuer durch eine
Unachtsamkeit entstanden war. Eine
Magd hatte, weil bei ihrer Herrschaft
das Herdfeuer erloschen war, von
einem Nachbarn Glut geholt. Beim
Transport war ihre Schürze in Brand
geraten. Den Berichten nach soll sie
die Schürze in eine Scheune geworfen und dort vergessen haben. Durch
nicht weiter geschilderte Ereignisse
hat die Scheune Feuer gefangen und
hat so die Feuerkatastrophe ausgelöst. Über das weitere Schicksal der
Magd ist nichts überliefert.
Die Zerstörungen durch ein Großfeuer in Otterndorf im 20. Jahrhundert.
Sechszehn Jahre später, das Städt(Foto: Heiko Völker)
lein Otterndorf hatte sich wohl gerade
von der ersten Feuersbrunst und dem Diese Artikel wurden jährlich der auf
Als besonders gefährlich erkannte
Überfall des Erzbischofs von Bremen dem Rathausplatz versammelten Bür- man das Trocknen von Flachs. Muss(1524) mit all seinen üblen Folgen er- gerschaft jeweils am Montag nach hl. ten laut Verordnung früherer Jahre
holt, brannte Otterndorf wieder. Am Dreikönige verlesen.
Baulichkeiten, in denen der Flachs
Unter anderem heißt es:
Freitag nach Ostern 1529 brach im
getrocknet wurde, eine HartbedaHaus des Diakons Nikolaus Heye in
chung aufweisen, so wurde diese TäArt. 13 Es soll niemand in der Stadt
der Küsterstraße ein Feuer aus. Durch
tigkeit nun ganz aus der Stadt verOtterndorf mit Büchsen schießen
die enge Bebauung und bedingt durch
bannt und mehr noch, denn laut
oder brennende Lunten tragen …
die Baumaterialien, breitete sich das
Art. 14 Es soll auch in Sommer
Feuer schnell über die ganze Stadt
Art. 21: „...soll kein Bürger, er sey
Zeiten ein jeder Bürger eine Tonne
aus. Selbst das Schloss blieb dieses
reich oder Arm, er habe ein groß
oder ein Fass Wasser vor der Tür
Mal nicht verschont. Der Herzog und
oder Klein Hauß, Kein grün Flachs
haben …
seine Familie flüchteten in den Kirchherein in Otternd: bringen, daß darturm, der vom Feuer verschont blieb.
Art. 15 Es soll ein Jeder zum wenigsin soll getrocknet oder reingemacht
Diakon Heye wurde gefänglich eingeten einen ledernen Eimer und eine
werden, besonders die es bauen solzogen. Über sein weiteres Schicksal
hölzerne Schaufel zu haben auferlens außer der Stadt hantieren…“
ist nichts bekannt geworden.
legt sein…
Art. 16 regelt, dass jeder ob Mann,
„Bursprake“ mit 29 Artikeln
ob Frau im Falle eines Feuers beim
Ob es dieser Verordnung und deIn der Folgezeit kam es immer wieLöschen helfen muss.
ren strikter Überwachung durch die
der vor, dass kleinere Brände durch
Art. 17 Dem Küster wird auferlegt,
beiden so genannten Feuerbürger
unvorsichtigen Umgang mit dem
die Sturmglocke zu schlagen
zu verdanken ist oder dem Zufall
Feuer ausbrachen. So sah sich der
Art. 19 Bei Verlust von Leib
zugeschrieben werden kann, dass
Rat der Stadt Otterndorf veranlasst
und Leben soll derjenige, bei dem
bis 1929 kein größeres Feuer innerin seiner 29 Artikel umfassenden
das Feuer ausgebrochen ist,
halb der Stadt Otterndorf beklagt
„Bursprake“ allein 12 Artikel dem
es laut beschreien.
werden musste, vermag ich nicht zu
Umgang mit dem Feuer zu widmen.
Heiko Völker
sagen.
den inzwischen 70-Jährigen für sich
gewinnen zu können. Auch seinen
Wohnort nahm er in Fürstenberg. Die
für die Manufaktur entstandenen Objekte werden von Kunstkennern immer noch außerordentlich geschätzt.
Professor Albert Hinrich Hußmann
verstarb am 15. November 1946 an den
Folgen eines Schlaganfalls und fand
seine letzte Ruhestätte auf dem Fürstenberger Friedhof, wo auch seine
Frau später beigesetzt
wurde.
ses in Berlin-Tempelhof den Wirren
des Krieges weitgehend getrotzt und
nur geringfügige Schäden durch
Bomben und Granatsplitter erlitten
hatte.
Die Verhandlungen zwecks Herausgabe der Statue mit den damaligen DDR-Behörden gestalteten sich
zwar schwierig, doch wurde schließlich die Plastik in zwei Teile zerlegt
und nach dem Transport nach Westdeutschland in Fürstenberg erneut
zusammengefügt, wo sie seit dem
27. Juni 1954 in der Mitte des Ortes
den „Hußmannplatz“ ziert.
Leider hatte die Stifterin die zu
Ehren ihres Mannes erfolgte Aufstellung der Plastik sowie die Benennung
eines Platzes nach Prof. Hußmann
nicht mehr erleben dürfen, denn sie
war schon am 8. September 1953 in
Höxter verstorben. – Es wäre schön,
wenn der Lüdingworther Ortsrat sich
durchringen könnte, eine Straße nach
diesem bemerkenswerten Künstler zu
benennen.
Peter Bussler
Kompletter
Neuanfang
Jüngling auf dem Pferd (Bronze).
Ihr Vermögen hatte
die Familie im Krieg
völlig eingebüßt, so
dass die Witwe mit
dem Tode ihres Mannes relativ mittellos
dastand. Die Gemeinde Fürstenberg
musste die alleinstehende Frau unterstützen. Wally Hußmann zeigte sich für
die von allen Seiten
gewährte Hilfe erkenntlich und übereignete der Gemeinde
Fürstenberg die in
der bekannten Bildgießerei Gladenbeck
hergestellte überlebensgroße
Plastik
„Vollblut“, die seit
dem Jahre 1943 in der
Garage des Rathau- Pferde auf der Weide (Bronze, signiert).
(Fotos: Bussler)
NIEDERDEUTSCHES HEIMATBLATT
Nr. 764
Heiko Völker zum
70 Geburtstag
Schriftführer der Morgensterner feiert Geburtstag
Dass Heiko Völker, langjähriges
Vorstandmitglied der Männer vom
Morgenstern, schon 70 wird, überrascht bei dem vielseitig tätigen Heimatforscher. Seit 2010 ist er Schriftführer der Männer vom Morgenstern,
nachdem er schon lange Jahre als
stellvertretender Schriftführer immer
einsatzbereit war. Er zeichnet sich
durch Beharrlichkeit, Zuverlässigkeit
und eine offene Meinung aus.
Seine Verdienste um die Morgensterner gehen über die eines mitdenkenden Vorstandsmitglieds weit hinaus. Als Leiter der AG Flurnamen
Hadeln war er der führende Kopf bei
der Erarbeitung des „Flurnamenbuch
Hadeln und Ritzebüttel“, das nach nur
zwei Jahren Arbeit 1998 veröffentlicht
werden konnte. Er verstand es, seine
guten Beziehungen zum Kreisarchiv
in Otterndorf und zum Katasteramt
für bestmögliche Arbeitsbedingungen
zu nutzen und außerdem das damals
noch bestehende Institut für Niederdeutsche Sprache der Universität
Göttingen einzubeziehen.
Durch diese Arbeit geschult wurde
anschließend das von Hermann Rodegerdts fast ein Leben lang gesammelte
Material zur Gemeinde Neuenkirchen
bearbeitet und 2002 als „Flurnamenbuch der Gemeinde Neuenkirchen“
publiziert.
Die Arbeitsgruppe, die schlicht als
AG Hadeln firmiert, um ihr Arbeitsgebiet möglichst offen zu halten, bearbeitet seither im Rahmen der Reihe „Quellen zur Familienforschung
zwischen Elb- und Wesermündung“
der Morgensterner Band 3. Altkreis
Neuhaus a.d. Oste und Band 4. Land
Hadeln. Jedes der inzwischen 18 Hef-
te überträgt eine historische Quelle
aus dem Bereich der Musterrollen,
Schatzregister,
Pflugschatzregister
oder Landbeschreibungen des 16.-18.
Jahrhunderts und ergänzt sie durch
quellenkritische Anmerkungen.
Nur wer selber einmal versucht hat,
im Archiv mit historischen Quellen
zu arbeiten, kann die große Arbeitsleistung der Gruppe und ihres Leiters
würdigen. Für den Familienforscher
bieten diese Hefte ein hervorragendes
Material, um seine Nachforschungen
zu ergänzen und in die Zeit vor der
Verfassung von Kirchenbüchern fortzuführen.
Heiko Völker ist gleichzeitig ein aktives Mitglied der Kranichhausgesellschaft in Otterndorf. Dort ist er auch
Ortsheimatpfleger und damit direkter
Ansprechpartner für andere Heimatforscher. Seine Homepage als Ortsheimatpfleger bietet zugleich eine Darstellung der Ortsgeschichte in Text
und Bild als virtuellen Rundgang, der
sowohl für Einheimische wie Besucher
spannend und vorbildhaft für Präsentationen von Ortsheimatpflegern ist.
Immer wieder bringt er neue Erkenntnisse zu seiner Stadt und deren
Umfeld in Stadtführungen, Vorträgen
und Aufsätzen an die Öffentlichkeit.
Er versteht es, seinen Einsatz in Otterndorf und bei den Morgensternern
fruchtbringend zu vernetzen. Die
Morgensterner sprechen Heiko Völker
zum Geburtstag den besonderen Dank
für seinen Einsatz aus und wünschen
nicht ohne Eigennutz von Herzen Gesundheit und Einsatzfreude, damit er
seinen vielfältigen heimatkundlichen
Tätigkeiten noch lange nachgehen
mag.
NBK
Einladung
Der Heimatbund der Männer vom Morgenstern
lädt Mitglieder und Freunde ein zu Vorträgen am
Sonntag, 8. September 2013, 10-17 Uhr,
Bremerhaven-Weddewarden, Schloß Morgenstern, Burgstraße 1
„Tag der Offenen Tür in Schloß Morgenstern“
Beteiligung am Tag des Offenen Denkmals
der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Führungen zu jeder vollen Stunde im Allmers-Zimmer und in
der Bibliothek. Die Familienkundliche Arbeitsgemeinschaft gibt einen
Einblick in ihre Arbeit und erklärt Arbeitsweisen und Ergebnisse.
Dienstag, 17. September 2013, 19 Uhr,
Bremerhaven, Deutsches Schiffahrtsmuseum
Vortrag von Daniel Dübler M.A.
„2000 Jahre Siedeln in Loxstedt,
Landkreis Cuxhaven“
Mittwoch, 25. September 2013, 18 Uhr,
Bremerhaven-Weddewarden, Schloß Morgenstern, Burgstraße 1
Vortrag Hans-Walter Keweloh und Dr. Nicola Borger-Keweloh
„Luxemburg, Belgien und die Niederlande –
eine besondere Konstellation in Europa“
August 2013
Aktuelles aus der Vereinsarbeit
Am 8. September Tag der offenen Tür
in Schloß Morgenstern
Jenseits des Guten und Schönen:
Unbequeme Denkmale? ist das Thema
am Tag des offenen Denkmals 2013
und geht damit eher auf die problematischen Denkmäler ein, die schwer
vermittelbar sind. Sie sind zwar wichtig, aber für heutiges Empfinden hässlich oder haben gar eine anstößige
Vergangenheit.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass das Motto auch eine
ideale Gelegenheit [bietet], gelungene
Lösungen und Erfolge der Erhaltung
historischer Bauten ... zu präsentieren.
Die Morgensterner sind sehr stolz auf
Das Schloss Morgenstern am Deich in Weddewarden.
Veranstaltungen der
Männer vom Morgenstern
September 2013
Montag, 2. September 2013, 15 bis
18 Uhr, Bremerhaven-Weddewarden,
Schloß Morgenstern, Burgstraße 1:
Arbeitsgemeinschaft „Flurnamen im
Spiegel der Geschichte“
Niederdeutsches Heimatblatt
Redaktionsausschuss: Rinje Bernd Behrens, Dr. Hartmut
Bickelmann, Karl-Heinz Carstens und Hans-Walter Keweloh.
Stellungnahmen, Manuskripte und Beiträge
richten Sie bitte an:
Hans-Walter Keweloh, Entenmoorweg 47,
27578 Bremerhaven, Telefon: 0471/65733
burg, Belgien und die Niederlande
1814 – eine besondere Konstellation
in Europa. Ein geschichtlicher Ausblick auf eine Morgensterner-Reise
im Jahr 2014
Sonntag, 8. September 2013, 10 bis
17 Uhr, Bremerhaven-Weddewarden,
Schloß Morgenstern, Burgstraße 1:
Öffnung des Hauses zum Tag des
Offenen Denkmals
Sonntag, 29. September 2013:
Tagesfahrt nach Braunschweig zur
niedersächsischen
Landesausstellung „Roms vergessene Schlacht“.
Abfahrt: 7.30 Uhr BremerhavenHbf.; Leitung: Dr. Nicola BorgerSonnabend, 14. September 2013: Keweloh und Hans-Walter Keweloh
Tagesfahrt – Kirchen und Orgeln in
Bardowick und Winsen. Abfahrt: 7 Die „Arbeitsgemeinschaft Hadeln“,
Uhr Bremerhaven-Hbf.; Leitung: Leitung Heiko Völker, tagt wöchentlich mittwochs um 15 Uhr im GeGudrun und Bernhard Huskamp
meindesaal der evangelischen Kirche
Montag, 16. September 2013, 18.30 in Osterbruch.
Uhr,
Bremerhaven-Weddewarden,
Schloß Morgenstern, Burgstraße 1: Die „Familienkundliche ArbeitsgeBibliotheks-Arbeitsgemeinschaft; meinschaft“, Leitung Fred Wagner,
trifft sich an jedem Dienstag von
Leitung: Peter Schönfeld
15.30 bis 17.30 Uhr in den Räumen
Dienstag, 17. September 2013, von Schloß Morgenstern in Bremer19 Uhr, Bremerhaven, Deutsches haven-Weddewarden zur ArbeitsSchiffahrtsmuseum: Vortrag Dr. Da- und Informationsstunde.
niel Dübler M.A.: 2000 Jahre Siedeln
in Loxstedt, Landkreis Cuxhaven
Sonnabend, 21. September 2013:
Tagesfahrt – Eine kleine Radexkursion nach Blexen, Nordenham
und umzu. Treffpunkt: 9 Uhr an der
Weserfähre. Leitung: Sönke Hansen
Verlag: Nordsee-Zeitung GmbH, Hafenstraße 140,
27576 Bremerhaven, Druck: Druckzentrum Nordsee GmbH.
Das Niederdeutsche Heimatblatt erscheint monatlich als
Verlagsbeilage der Nordsee-Zeitung.
die gelungene Erhaltung des Gasthofs
Schloss Morgenstern und beteiligen
sich gerne am Denkmaltag am Sonntag, den 8. September, und öffnen von
10 – 17 Uhr Besuchern die Türe von
Schloss Morgenstern.
Zu jeder vollen Stunde bieten wir
eine Führung im Friesenzimmer an.
Das Bibliotheksteam führt durch die
Bibliothek.
Einen ganz besonderen Akzent bietet dieses Mal die Familienkundliche
Arbeitsgemeinschaft mit dem Einblick in ihre Arbeit. Kompetente Mitglieder erklären Arbeitsweisen und
stellen Ergebnisse vor.
NBK
Mittwoch, 25. September 2013,
18 Uhr, Bremerhaven-Weddewarden,
Schloß Morgenstern, Burgstraße 1:
Vortrag Hans-Walter Keweloh und
Dr. Nicola Borger-Keweloh: Luxem-
„Männer vom Morgenstern“
Heimatbund an Elb- und Wesermündung e.V.
Vorsitzende: Dr. Nicola Borger-Keweloh
Telefon 04 71 / 6 57 33
Schriftführer: Heiko Völker
Telefon 0 47 51 / 90 01 32
Geschäftsstelle:
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