So machen Sie IhreTeilnehmer glücklich

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So machen Sie IhreTeilnehmer glücklich
40 So machen Sie Ihre Teilnehmer glücklich
So machen Sie Ihre Teilnehmer glücklich
Die zwei erfolgsentscheidenden Fragen
Ihre Teilnehmer sind dann begeistert von Ihnen und Ihrem Seminar, wenn Sie
deren Persönlichkeitsmuster zuverlässig erkennen und so darauf eingehen
können, dass sie das bekommen, was sie von Ihnen erwarten. Wenn Sie in Bezug auf Ihre eigene Trainertätigkeit scharf mitgedacht haben, haben Sie dabei
zwei Herausforderungen ausgemacht. Zwei Fragen, die über Erfolg und Misserfolg von Trainer und Training entscheiden:
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Wie erkennen Sie zuverlässig die Persönlichkeiten Ihrer Teilnehmer?
Wie gestalten Sie Ihre Inhalte so, dass sie den Persönlichkeiten entsprechen?
Beide Fragen klären wir in diesem Kapitel. Übrigens, wenn Sie hin und wieder
zur Grafik auf Seite 29 zurückblättern, um nachzuschlagen, welche MBTIBuchstaben welchem Trainertyp entsprechen, geht das vollkommen in Ordnung. Nach einiger Zeit prägen sich die Typen so ein, dass Sie sie im Kopf haben.
Lieber nicht testen!
Nicht selten kommt ein Trainer auf die Idee: »Am schnellsten bekomme ich
heraus, welche Typen meine Teilnehmer sind, wenn ich sie den MBTI-Test machen lasse, oder?« Diese Idee bietet sich nicht nur bei Verhaltenstrainings und
Seminaren zur Persönlichkeitsentwicklung an. Ein
kurzer Test zu Seminarbeginn, um »besser auf die
Beachten Sie die
Kontextkongruenz:
individuellen Bedürfnisse einzugehen und sich
Tests sind nur für
selbst und gegenseitig besser kennen zu lernen«, ist
einen meist sehr allin vielen Seminaren angebracht und nützlich und
gemeinen Kontext
wird
erfahrungsgemäß von den Teilnehmern akaussagefähig!
zeptiert. Die Sache hat nur einen Haken.
So machen Sie Ihre Teilnehmer glücklich
Der MBTI-Test sagt lediglich aus: Im ganz normalen Leben tendiert ein Teilnehmer zu ... Wenn Sie die Fragen eines solchen Tests einmal genauer betrachten, erschließt sich der Kontext, für den er testet, direkt aus den Fragen selbst:
Es wird immer nach mehr oder weniger alltäglichen Situationen gefragt. In
diesen Situationen, nach denen gefragt wird, verhält sich der Getestete dann so
oder so. Ein Seminar ist jedoch keine alltägliche Situation. Außerdem werden
Sie bemerkt haben, dass im Test auf Seite 137ff. keine einzige Frage auf eine Seminarsituation abzielt. Es drängt sich daher die Empfehlung auf:
Übertragen Sie Ergebnisse von generellen Typentests niemals auf die spezielle
Seminarsituation!
Wenn Sie sich ein wenig mit dem MBTI (oder einer anderen Typologie oder
einfach nur mit Menschen) auskennen, werden Sie immer wieder die Gründe
erkennen, warum dieser Analogieschluss unzulässig ist.
Testen Sie Ihre
Teilnehmer nicht!
So verhält sich zum Beispiel ein im allgemeinen Test als klarer Visionär (N) kategorisierter Teilnehmer in bestimmten Seminarsituationen sehr detailversessen (S). Oder ein als eher geduldiger (SP) getesteter Teilnehmer pocht im Seminar nun plötzlich auf die Einhaltung von
Anfangs- und Endzeiten.
Die Ergebnisse eines allgemeinen Tests verraten Ihnen nicht, welche Verhaltensprädispositionen ein Teilnehmer in der speziellen Seminarsituation an den
Tag legt – aber die Reaktionen des Teilnehmers sagen es Ihnen. Verlassen Sie
sich deshalb nicht auf Tests, sondern auf Ihre Wahrnehmung!
Sie kommen bei der Abstimmung Ihrer Inhalte auf Ihre Teilnehmer ohnehin nicht um eine geschulte Wahrnehmung herum. Doch keine Bange: Auch
und gerade ohne schriftlichen Typentest erkennen Sie das typische Teilnehmerverhalten mit etwas Übung auf den ersten Blick. Denn die Hinweise darauf
sind reichlich und überdeutlich – sobald Sie Ihren Blick dafür geschärft haben.
Genau das ist das Ziel der folgenden Seiten.
So erkennen Sie charismatische Teilnehmer (NJ)
Es liegt auf der Hand, dass den vier Trainerstilen des Triathlon-Modells auch
vier Teilnehmerstile entsprechen. Den eher an charismatisch vermitteltem
Wissen interessierten Teilnehmer (NJ) erkennen Sie an folgenden Hinweisen.
Es gibt keinen Ersatz
für eine geschulte
Wahrnehmung
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Jeder einzelne Hinweis für sich genommen weist zuverlässig auf das offenbarte
Verhaltensmuster hin. Denn jede Kommunikation ist zugleich auch Selbstoffenbarung.
Daran erkennen Sie
den Charismatiker
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Der charismatische Teilnehmer stellt Zwischenfragen zum größeren Zusammenhang: »Warum bringt uns das jetzt weiter?« – »Insgesamt frage ich
mich ...« Diese Formulierung ist typisch für einen Charismatiker.
Er denkt oft weit voraus, in die Zukunft: »Um das zu erreichen, sollten wir
da nicht ...?« – »Was wäre, wenn ...?«
Er weiß ganz genau, was er von Ihrem Seminar erwartet und wofür er den
Inhalt verwenden will – und lässt Sie das auch immer wieder wissen. Er
geht nicht (wie der Virtuose, NP) zu einem Seminar mit der Einstellung
»Ich lass mich mal überraschen«.
Er hasst Überraschungen und Abweichungen vom Seminarfahrplan.
Er bewertet schnell, er diskutiert nach Gruppenarbeiten nicht so sehr den
Inhalt, sondern: »Welche Gruppe hat besser gearbeitet? Welches Ergebnis
ist besser?« Genau das möchte man als Trainer natürlich nicht haben.
Er wünscht klare Aussagen, in denen der Trainer Ross und Reiter nennt
und sich auf eine bestimmte Option festlegt.
Er diskutiert gerne und ausführlich auf rein theoretischem Niveau: »Was
ist hier richtig und was falsch?«
Er übernimmt gerne Verantwortung, indem er zum Beispiel bei Gruppenarbeiten vorab regelt: »Wie wollen wir denn vorgehen?«
Er wird sichtlich ungeduldig, wenn Sie Ihre Ausführungen zu detailliert gestalten oder – und daran erkennen Sie den NJ ganz deutlich – wenn sich
andere Teilnehmer (natürlich S) ausführlich zu Wort melden. Er rollt die
Augen, stöhnt oder trommelt ungeduldig mit den Fingern.
Er legt Wert auf ein Seminarprotokoll.
Er findet Praxistransfer langweilig: »Schon wieder eine Gruppenarbeit.
Wozu denn das? Wir haben das doch alle längst kapiert!«
Es gibt keine Störungen
Bei der Diagnose der verschiedenen Teilnehmertypen drängt sich beim Blick
auf deren typisches Verhalten eine Schlussfolgerung auf:
Das, was viele Trainer als »Störung« betrachten, ist in Wirklichkeit lediglich ein typisches Verhaltensmuster.
So machen Sie Ihre Teilnehmer glücklich
Wenn ein Charismatiker (NJ) zum wiederholten Male quengelt: »Aber wozu
soll denn dieses Instrument gut sein? Bringt uns das wirklich weiter?«, kann
man das mangels Typenerfahrung zwar als Störung auffassen. Doch was der
Teilnehmer damit eigentlich meint, ist: »Ich bin Charismatiker und du lieber
Trainer redest zu spezialisiert (SJ) oder geduldig (SP) – gib mir mehr Zusammenhänge!«
Also ist der Trainer schuld daran, wenn die Teilnehmer stören? Nein.
»Schuld und Sühne« sind Denkkategorien der Belletristik, die Dostojewski in
seinem gleichnamigen Roman eindrucksvoll beschrieben hat. Der Trainer ist
nicht schuld, er ist verantwortlich. Denn nur er allein kann dafür sorgen, dass
es zu keinen typbedingten Störungen kommt. Indem er den Typ erkennt und
typgerecht behandelt. Wie die Triathlon-Methode aus »schwierigen Teilnehmern« handzahme Musterschüler macht, erfahren Sie im folgenden Abschnitt.
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Wer Teilnehmer
nicht typgerecht
behandelt, provoziert
Störungen!
So trainieren Sie Charismatiker
Wenn Sie selbst Charismatiker sind, haben Sie mit NJ-Teilnehmern keine Probleme. Erinnern Sie sich, mit welchen Gruppen Sie in jüngster Zeit hervorragend klarkamen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit waren sie stark NJ-orientiert.
Erinnern Sie sich rückblickend an die verschiedenen Verhaltenshinweise?
Langsam ergibt das Ganze ein zusammenhängendes Bild, nicht wahr? Doch
selbst wenn Sie kein Charismatiker sind, werden Sie bei der Diagnose des NJTeilnehmers (s.o.) erkannt haben: Eine gute Diagnose ist schon die halbe Lösung.
Denn aus den diagnostischen Hinweisen können Sie ableiten, was dem
Teilnehmer zu seinem Glück fehlt und was Sie ihm geben sollten, um Seminarerfolg zu ernten.
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Wenn Sie mit charismatischen Teilnehmern rechnen, warten Sie nicht, bis
diese Fragen zum größeren Zusammenhang stellen, sondern bauen Sie
schon in der Seminarvorbereitung zu jedem inhaltlichen Element deutliche Hinweise auf die Zusammenhänge ein. Notieren Sie sich diese Hinweise ruhig, solange der charismatische Stil Ihnen noch nicht so geläufig
ist, dass Sie frei formulieren können. Exakt dafür ist die Seminarvorbereitung da.
Planen Sie häufige Verweise auf die Zukunft ein, die dem NJ am Herzen
liegt: »Um dies und jenes zu erreichen, würde man also ...« Reden Sie im
Konjunktiv, der Sprache des NJ.
Jeder Typ verrät Ihnen
selbst, was er
von Ihnen erwartet
Das erwarten
Charismatiker von
Ihnen
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Wenn Sie den Verdacht haben, dass viele Charismatiker unter den Teilnehmern sein werden, informieren Sie sich (per kurzen Telefoninterviews)
stichprobenartig über die konkreten Absichten, aus denen heraus diese Ihr
Seminar besuchen. Für welche Zwecke benötigen sie das Seminar? Bauen
Sie diese konkreten Zwecke als Referenzpunkte fortlaufend ins Seminar
ein.
Legen Sie zu Beginn einen formalen Seminarfahrplan vor – und halten Sie
sich weitgehend daran!
Erklären Sie zwangsläufige Abweichungen vom Fahrplan und treffen Sie
sofort eine Vereinbarung mit den Teilnehmern über einen korrigierten
Fahrplan: »Wir schaffen es nicht planmäßig – ist es okay, wenn wir die Pause fünfzehn Minuten später machen?« Eine triviale Frage, doch wenn der
NJ sie nicht hört, wird er nervös, unzufrieden und störungslustig.
Kippen Sie einmal gemachte Absprachen bloß nicht kommentarlos oder en
passant um: »Wir müssen flexibel bleiben!« Das geht dem NJ gegen den
Strich!
Verkneifen Sie sich unbedingt offene Antworten wie: »Das kann man so
oder so sehen/machen/angehen.« – »Da gibt es mehrere Möglichkeiten, je
nachdem.« Das mag zwar stimmen, doch der NJ hält das für intolerable
Unverbindlichkeiten! Wenn der Charismatiker eine Wertung will, dann geben Sie sie ihm: »Für Ihre Frage ist die beste Lösung: ...«
Planen Sie pro Programmpunkt immer einige Minuten für Grundsatzdiskussionen ein, die Charismatiker für ihr Leben gern führen (SJ dagegen
hassen solche Diskussionen!).
Bei Gruppenarbeiten brauchen Sie nicht ständig zu überwachen, ob sich
die Gruppen nicht etwa verzetteln. Charismatiker übernehmen Verantwortung für die Organisation der Gruppe und organisieren gut.
Geben Sie ein Seminarprotokoll aus, das Überblick verschafft (also kein
wortwörtliches Protokoll!), zum Beispiel eine Mind-Map.
Planen Sie nicht zu viele Praxistransferübungen ein, vor allem nicht zu viele ähnliche Übungen. Wenn schon Transfer, dann abwechslungsreich!
Visualisieren Sie nur das Wesentliche, das jedoch klar, einfach und übersichtlich; eben KISS (keep it short and simple).

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