14 / 3199 - Landtag Baden Württemberg

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14 / 3199 - Landtag Baden Württemberg
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
14. Wahlperiode
00. 00. 2003
Beschlussempfehlungen und Berichte
der Fachausschüsse zu Anträgen von Fraktionen
und von Abgeordneten
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
1. Zu dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/2611
– Die neue Ehrenamtspauschale und die steuerliche Praxis in Baden-Württemberg
5
Beschlussempfehlungen des Wirtschaftsausschusses
2. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Reinhard Löffler u. a. CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/1976
– Liberalisierung des Apothekenmarktes
6
3. Zu dem Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a. SPD und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2216
– Entwicklung der Papierindustrie im Murgtal (Landkreis Rastatt) im Zusammenhang mit der Schließung der Papierfabrik Wolfsheck (Forbach)
8
4. Zu dem Antrag der Abg. Paul Nemeth u. a. CDU und der Stellungnahme
des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2234
– „Engineers Week“
9
5. Zu dem Antrag der Abg. Winfried Mack u. a. CDU und der Stellungnahme
des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2283
– Gebührenordnung im Baugenehmigungsverfahren
11
6. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke u. a. FDP/DVP und der
Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2345
– Zukunftsfähigkeit von Unternehmen im Bereich von Forschung und Entwicklung (FuE) stärken
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7. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Drucksache 14/2416
– Business und Biodiversität
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Beschlussempfehlungen des Innenausschusses
8. Zu dem Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum –
Drucksache 14/2627
– Haltung gefährlicher Tiere in Privathaushalten
Ausgegeben: 26. 09. 2008
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
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9. Zu dem Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2653
– Marketingaktivitäten des Baden-Airports
18
10. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU und der Stellungnahme des
Innenministeriums – Drucksache 14/2659
– Verflechtung der Verkehrsverbünde im Raum Bodensee und Oberschwaben
19
11. Zu dem Antrag der Abg. Werner Wölfle u. a. GRÜNE und der Stellungnahme
des Umweltministeriums – Drucksache 14/2692
– Lärmaktionsplan für den Flughafen Stuttgart
20
12. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD und der Stellungnahme des
Innenministeriums – Drucksache 14/2702
– Vereinbarung zur Unterstützung der schweizerischen Sicherheitskräfte
durch baden-württembergische Polizeikräfte bei der Fußball-Europameisterschaft 2008
21
13. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD und der Stellungnahme des
Innenministeriums – Drucksache 14/2741
– Polizeibegleitung bei Großraum- und Schwerverkehrtransporten
23
14. Zu dem Antrag der Abg. Hans-Ulrich Sckerl u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2760
– Bewertung neuer Forschungsergebnisse zum Einsatz von Taser-Waffen
24
15. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD und der Stellungnahme des
Innenministeriums – Drucksache 14/2764
– Bekleidungswirtschaft der Polizei – Pilotversuch zur Systemversorgung
durch einen privaten Dienstleister
25
16. Zu dem Antrag der Abg. Hans-Martin Haller u. a. SPD und der Stellungnahme
des Innenministeriums – Drucksache 14/2770
– Finanzierung der verkehrlichen Änderungen entlang der Stuttgarter „Kulturmeile“
25
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Umwelt und Verkehr
17. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU und der Stellungnahme des
Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Drucksache 14/1060
– Grenzen der Biomassenutzung?
27
18. Zu
2
a) dem Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2386
– Hintergründe der Korruptionsvorwürfe gegen leitende Mitarbeiter des
Forschungszentrums Karlsruhe
30
b) dem Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a. SPD und der Stellungnahme
des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2387
– Probleme im Bereich Stilllegung der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK)
30
19. Zu dem Antrag der Abg. Alfred Winkler u. a. SPD und der Stellungnahme des
Umweltministeriums – Drucksache 14/2395
– Ausweitung der „Epidemiologischen Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken“ auf grenzortnahe Standorte ausländischer Atomkraftwerke
31
20. Zu dem Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2466
– Potenziale der Wasserkraft in Baden-Württemberg
33
21. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2467
– Reduzierung der PFT-Einträge in Gewässer
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22. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2473
– Situation der Gewerbeaufsicht
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23. Zu dem Antrag der Abg. Thomas Knapp u. a. SPD und der Stellungnahme des
Umweltministeriums – Drucksache 14/2578
– Energieagenturen und Energieberatung in Baden-Württemberg
36
24. Zu
a) dem Antrag der Abg. Werner Raab u. a. CDU und der Stellungnahme des
Umweltministeriums – Drucksache 14/2583
– Altlastensanierung in Baden-Württemberg
37
b) dem Antrag der Abg. Dr. Bernd Murschel u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2630
– Kommunale und private Altlasten in Baden-Württemberg
37
25. Zu dem Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a. SPD und der Stellungnahme
des Umweltministeriums – Drucksache 14/2606
– Dammsanierungen und Sicherheitszuschläge aufgrund des Klimawandels im
Rahmen des IRP (Integriertes Rheinprogramm)
39
26. Zu dem Antrag der Abg. Dieter Ehret u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme
des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2628
– Gesundheitliche Folgen des Klimawandels
40
27. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a. SPD und der Stellungnahme
des Umweltministeriums – Drucksache 14/2718
– Betrugsverdacht gegen Betonlieferanten u. a. beim Bau des Zwischenlagers
für abgebrannte Brennelemente beim Gemeinschaftskraftwerk Neckarwestheim
41
28. Zu dem Antrag der Abg. Johannes Stober u. a. SPD und der Stellungnahme
des Umweltministeriums – Drucksache 14/2730
– Förderung von Abwasserentsorgungsanlagen im Land
42
29. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2744
– Beitrag des Landes zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
43
Beschlussempfehlungen des Sozialausschusses
30. Zu
a) dem Antrag der Fraktion GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/1992 Abschnitt II
– Umsetzung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes in Baden-Württemberg;
hier: Ausgestaltung der Pflegestützpunkte und Pflegeberater
45
b) dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Ministeriums
für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2476 Abschnitt II
– Beratungsangebote für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen verbessern
45
31. Zu dem Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a. GRÜNE und der Stellungnahme
des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2645
– Hungern in der Überflussgesellschaft – Maßnahmen gegen die Magersucht
ergreifen
47
32. Zu dem Antrag der Abg. Ilka Neuenhaus u. a. GRÜNE und der Stellungnahme
des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2646
– Forschungen zum Problem gesundheitlicher Gefahren für Frühgeborene als
Folge der Aufnahme cytomegalievirushaltiger Muttermilch
49
33. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Staiger u. a. SPD und der Stellungnahme
des Innenministeriums – Drucksache 14/2736
– Barrierefreie Bahnhöfe in Baden-Württemberg
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34. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Ulrich Noll u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/2790
– Familienbewusste Personalpolitik – steuerliche Behandlung des Arbeitgeberzuschusses zur Kinderbetreuung
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35. Zu dem Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a. GRÜNE und der Stellungnahme
des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2853
– Keine Chancengleichheit für den CSD 2008 in Stuttgart
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Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst
36. Zu dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/2126
– Aufwand und Kosten der Akkreditierung der Studiengänge an unseren Hochschulen und Berufsakademien und sich abzeichnende Ausweichstrategien
56
37. Zu dem Antrag der Abg. Christine Rudolf u. a. SPD und der Stellungnahme des
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/2531
– Die Aufhebung des Studienschwerpunkts Haushalt an der Pädagogischen
Hochschule
57
38. Zu dem Antrag der Abg. Martin Rivoir u. a. SPD und der Stellungnahme des
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/2632
– Studienabbruch im Ingenieurstudium
58
39. Zu dem Antrag der Abg. Sabine Kurtz u. a. CDU und der Stellungnahme des
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/2664
– Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung an Hochschulen
60
40. Zu dem Antrag der Abg. Rita Haller-Haid u. a. SPD und der Stellungnahme des
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/2763
– Kindertageseinrichtungen an Universitätsklinika
60
Beschlussempfehlung des Europaausschusses
41. Zu
4
a) dem Antrag der Abg. Siegfried Lehmann u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Staatsministeriums – Drucksache 14/2506
– Änderung des Entwurfs des überarbeiteten Internationalen Bodenseeleitbildes
62
b) dem Antrag der Abg. Norbert Zeller u. a. SPD und der Stellungnahme des
Staatsministeriums – Drucksache 14/2532
– Fortschreibung des Bodenseeleitbildes der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK)
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Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
1. Zu dem Antrag der Fraktion der SPD und der
Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/2611
– Die neue Ehrenamtspauschale und die steuerliche Praxis in Baden-Württemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/2611 –
für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Theurer
Rust
Bericht
Der Finanzausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2611 in
seiner 28. Sitzung am 10. Juli 2008.
Eine Abgeordnete der SPD trug vor, in der Stellungnahme des
Finanzministeriums zu Ziffer 1 des Antrags werde auf Erörterungen zwischen den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern verwiesen. Gegenstand dieser Erörterungen seien im Wesentlichen die Fragen, die die SPD in den Ziffern 2 bis 9 ihres
Antrags gestellt habe. Weiter heiße es, dass das Bundesministerium für Finanzen nach Abschluss der erwähnten Erörterungen ein
entsprechendes BMF-Schreiben veröffentlichen werde. Sie bitte
um Auskunft über den Sachstand zu diesem Schreiben.
In der Stellungnahme zu Ziffer 10 sei von einer Öffnungsklausel
die Rede, die es den Ländern ermögliche, auch Zwecke als gemeinnützig anzuerkennen, die der Gesetzgeber nicht als solche
aufgeführt habe. Sie frage, ob bereits Anträge auf Anerkennung
weiterer Tätigkeiten als gemeinnützig eingegangen seien.
Die Finanzämter hätten das neue Gesetz zur weiteren Stärkung
des bürgerschaftlichen Engagements teilweise sehr unterschiedlich angewandt. Sie interessiere, welche Erkenntnisse dem Finanzministerium über die Handhabung des Gesetzes vorlägen.
solche Entscheidung im Interesse eines bundesweit einheitlichen
Verfahrens mit den anderen Bundesländern abgestimmt. Anträge auf Anerkennung weiterer Tätigkeiten als gemeinnützig
lägen bisher seines Wissens nicht vor.
Dass bei der Anwendung eines neuen Gesetzes zunächst Unsicherheiten aufträten, sei nicht unüblich. Allerdings besitze das
Finanzministerium keine Erkenntnisse darüber, dass bezüglich
der Handhabung des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements größere Unsicherheiten bestünden.
Das Ministerium habe die Finanzämter bei auftretenden Fragen
im Übrigen schon bisher im Sinne der Ausführungen informiert,
die in der Stellungnahme zu dem Antrag wiedergegeben würden.
Die Finanzämter warteten aber in der Tat auf einen Verwaltungserlass. Dieser werde durch das Finanzministerium auf der Grundlage des BMF-Schreibens ergehen.
Ein Abgeordneter der SPD erkundigte sich danach, ob sich über
die Öffnungsklausel der Katalog der als gemeinnützig anerkannten Zwecke z. B. auf einen Bereich wie den Straßenbau und damit fundamental ausweiten lasse oder ob nur solche weiteren
Tätigkeiten für gemeinnützig erklärt werden könnten, die sich im
Rahmen der bisher anerkannten Zwecke bewegten.
Der Vertreter des Finanzministeriums wies darauf hin, Letzteres
treffe zu. Wohltätigkeit und Gemeinnützigkeit z. B. seien immer
als Oberbegriffe zu beachten. Der Gesetzgeber habe einen enumerativen Katalog von als gemeinnützig anerkannten Zwecken
gebildet. Insofern könne es sein, dass darin ein Zweck nicht aufgeführt sei, der eben auch z. B. das Kriterium der Gemeinnützigkeit erfülle. In diesem Sinn sei die Öffnungsklausel zu verstehen.
Straßenbau wiederum stelle sicher keine gemeinnützige Tätigkeit
im Sinne des Gesetzes dar.
Er sagte auf Bitte einer SPD-Abgeordneten zu, das BMF-Schreiben nach dessen Eingang beim Finanzministerium dem Ausschuss zuzuleiten.
Sodann kam der Ausschuss einvernehmlich zu der Beschlussempfehlung an das Plenum, den Antrag für erledigt zu erklären.
31. 07. 2008
Berichterstatter:
Theurer
Ein Vertreter des Finanzministeriums teilte mit, die von seiner
Vorrednerin aufgegriffenen Erörterungen seien inzwischen abgeschlossen. Alle Fragen hätten einvernehmlich geklärt werden
können, und zwar im Sinne der inhaltlichen Aussagen, die das
Finanzministerium in seiner Stellungnahme zu dem Antrag der
SPD-Fraktion getroffen habe. Das Finanzministerium unterrichte
die Finanzämter auch bereits entsprechend. Mit der Herausgabe
des BMF-Schreibens sei in den nächsten Wochen zu rechnen.
Die von der SPD-Abgeordneten in ihrer zweiten Frage angesprochene Öffnungsklausel sei der Rechtssicherheit und der
Sicherheit des Verwaltungshandelns nicht von vornherein ohne
Weiteres dienlich. Daher müsse eine von der Landesregierung
benannte Behörde über die Anerkennung weiterer Tätigkeiten
als gemeinnützig entscheiden. Dabei handle es sich in BadenWürttemberg um das Finanzministerium. Gemäß einem Beschluss der Finanzministerkonferenz wiederum werde eine
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Beschlussempfehlungen des Wirtschaftsausschusses
2. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Reinhard Löffler u. a.
CDU und der Stellungnahme des Ministeriums für
Arbeit und Soziales – Drucksache 14/1976
– Liberalisierung des Apothekenmarktes
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Reinhard Löffler u. a. CDU
– Drucksache 14/1976 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Haas
Netzhammer
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/1976
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, in Baden-Württemberg hafteten Apotheker für ihre Tätigkeit. Sie hätten aufgrund
des Fremd- und Mehrbesitzverbots nur eingeschränkte Möglichkeiten, Filialen zu gründen, müssten Notdienste leisten, den ländlichen Raum bedienen und stellten eine gesundheitliche Ergänzung zu den ärztlichen Verordnungen dar.
Am 13. März 2008 habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Gewerbetreibende wie Drogerieketten auch als Arzneimittelversorgungslogistiker auftreten dürften. Außerdem werde
das Fremd- und Mehrbesitzverbot durch europäisches Primärrecht
aufgelockert. Dadurch könnten verstärkt Versandketten, Großhandelsunternehmen und Arzneimittelversorger in den Markt drängen
und die traditionelle Apothekenversorgung infrage stellen. Hiermit
gebe es bereits Erfahrungen in Norwegen.
In Norwegen gebe es inzwischen kaum noch freiberuflich selbstständige Apotheker, sondern fast nur noch Großhandelsketten,
unter denen auch etliche deutsche Unternehmen seien. Die Preise
der frei verkäuflichen Arzneimittel seien dort höher als in anderen skandinavischen Ländern, und die Versorgungsdichte sei insbesondere im ländlichen Bereich geringer geworden.
Die Entwicklung des Gesundheitsmarkts sei für das ländlich
strukturierte Land Baden-Württemberg von großer Bedeutung.
Wichtig sei, dass gerade im ländlichen Raum jeder einen Zugang
zu Apothekerdienstleistungen habe. Auch dort müssten Apotheker bereit sein, Nachtdienst zu übernehmen. Es müsse verhindert
werden, dass große Arzneihandelsunternehmen lediglich in Großstädten vertreten seien und Apotheker im ländlichen Raum die
Kärrnerarbeit leisteten.
Gerade im Gesundheitssektor sei Wettbewerb sehr schwierig und
bedeute meist eine Einschränkung der Gesundheitsleistungen für
die Bürger. Aus diesem Grund lehne er auf diesem Sektor ordoliberale Positionen ab und spreche sich nachdrücklich für eine
Beibehaltung der bisherigen Regelungen aus. Dabei müsse auch
die europäische Entwicklung dieses Sektors abgewartet werden.
Das norwegische Beispiel zeige eher negative Tendenzen mit der
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Bildung von Arzneimitteloligopolen, höheren Preisen und einer
schwächeren Versorgung des ländlichen Raumes auf.
Eine Abgeordnete der FDP/DVP brachte vor, die Schaffung von
Oligopolen und damit der Möglichkeit, den Markt aufzuheben,
sei kein ordoliberales Ziel. Die Frage sei, wie der Markt, der den
Verbrauchern Vorteile bringe, aufrechterhalten werden könne.
Die Apotheken übernähmen viele Pflichten. Sie müssten auch
dringend benötigte Medikamente besorgen und Nachtdienste
wahrnehmen. Sie unterlägen strengeren Auflagen als der Großhandel. Außerdem könnten unter Umständen gefälschte Rezepte
leichter erkannt werden.
Die bisherige Versorgung mit Apotheken sei in Baden-Württemberg sehr gut, wenngleich in den letzten Jahren immer mehr
Apotheken eröffnet worden seien, die zum Teil hart an der Wirtschaftlichkeitsgrenze arbeiteten. Das Beispiel Norwegen zeige,
dass nicht alles, was „liberalisiert“ werde, immer auch erfolgreich sein müsse. Hier müsse genau abgewogen werden.
Eine Abgeordnete der Grünen meinte, sie finde es interessant,
dass sich beide Redner der Regierungsfraktionen gegen einen
freien Wettbewerb ausgesprochen hätten. In der Stellungnahme
des Sozialministeriums zu dem Antrag würden die Entwicklungen wesentlich positiver beurteilt. Das Sozialministerium sehe
nicht die Gefahr, dass in Deutschland die Bildung eines Oligopols mit nur wenigen Anbietern auf diesem Markt bevorstehe.
Auch eine Gefahr für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung werde vom Sozialministerium nicht gesehen.
Die in der Stellungnahme zu dem Antrag dargestellten Erfahrungen aus Norwegen seien nicht so negativ, wie sie der Erstunterzeichner des Antrags dargestellt habe. Die aufgeführten Zahlen
bestätigten nicht, dass eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots tatsächlich negative Konsequenzen nach sich zöge.
Eine Entscheidung auf europäischer Ebene über eine Lockerung
sei noch nicht getroffen. Die Grünen gingen davon aus, dass innerhalb eines fairen Wettbewerbs durchaus auch Verbesserungen
und günstigere Preise in Verbindung mit einem noch immer günstigen Beratungsangebot zustande kommen könnten und auch die
flächendeckende Versorgung weiterhin gewährleistet sei, und
sprächen sich in diesem Bereich für mehr Wettbewerb aus.
Ein SPD-Abgeordneter zeigte auf, unter dem Gesichtspunkt
einer Kostenminimierung sei eine Liberalisierung des Apothekenmarkts sicher vorteilhaft. Nachdem der Anteil nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel am gesamten Arzneimittelmarkt kontinuierlich zurückgehe, hätten sich auch die Preise
hierfür inzwischen verringert. Diese Entwicklung sei zu begrüßen, da viele Medikamente nicht mehr verschrieben würden
oder verschrieben werden dürften, sondern nur noch frei verkäuflich seien.
In der Vergangenheit hätten sich einige Apotheken im Schwarzwald abgeschottet und untereinander ihre Wochenendöffnungszeiten so geregelt, dass zwischen zwei Apotheken bis zu 40 km
Entfernung gelegen hätten. Erst auf einer gemeinsamen Veranstaltung, auf der auch ein gewisser Druck von außen durch die
großen Arzneihandelsketten deutlich geworden sei, hätten sich
die Apotheken auf eine bessere Vertretungssituation geeinigt.
Er begrüße eine Marktöffnung dahin gehend, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel dadurch kostengünstiger seien. Vor
allem Patienten, die diese Medikamente benötigten, könnten
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Wirtschaftsausschuss
hiervon profitieren. Durch die Liberalität des Arzneimittelmarkts
und den dadurch entstandenen Druck könnten aber viele Apotheker, die bald in den Ruhestand gehen wollten, ihre Apotheken
nicht mehr zu dem Preis verkaufen, den sie für ihre Alterssicherung ursprünglich erwartet hätten. Hinzu komme, dass jede Apotheke, die aufgeben müsse, auch Arbeitskräfte freisetze. Der
Apothekerverband Baden-Württemberg habe ihm hierzu Zahlen
genannt, die er allerdings nicht überprüfen könne.
Allerdings sei ihm auch eine Apothekenschließung bekannt, die
darauf beruhe, dass kein Apotheker als Nachfolger habe gefunden werden können. Die Apotheker bekämen kaum noch qualifizierte Nachwuchskräfte, weil die Einkommensmöglichkeiten als
zu gering und durch den Wettbewerbsdruck von außen das
Führen einer Apotheke nicht als sichere Bleibe für die berufliche
Zukunft angesehen würden.
Er appelliere an die Apotheker, ihre Öffnungszeiten großzügig
zu handhaben und sich nicht vom Markt abzuschotten. Wenn die
Marktwirtschaft hier zu mehr Flexibilität führe, sei dagegen
nichts einzuwenden. Allerdings gelte es, den in dem Antrag befürchteten Kahlschlag zu verhindern. Der Wettbewerb müsse ein
„gesunder“ Wettbewerb mit einer Zugänglichkeit der Apotheken
für Patienten auch an Wochenenden sein.
Der Wirtschaftsminister erläuterte, im März 2009 werde der Europäische Gerichtshof wohl ein Urteil zum Fremd- und Mehrbesitz von Apotheken fällen. Es sei damit zu rechnen, dass zukünftig ein stärkerer Wettbewerb und eine höhere Liberalisierung zugelassen werden. Politisch entscheidend sei, welche Situation dabei letztendlich zustande komme. Hierfür müssten Qualitätsmerkmale formuliert werden. In der Zukunft müsse weiterhin
eine flächendeckende Versorgung mit qualitativ hochwertigen
Medikamenten gewährleistet sein. Nachts, an Wochenenden und
Sonn- und Feiertagen müssten in einer vertretbaren Entfernung
Medikamente besorgt werden können. Dies müsse bei einer
möglichen Änderung der gesetzlichen Grundlagen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigt werden.
Der Bundesrat werde demnächst auch über den Versandhandel
beraten. Gemäß einem im Jahr 2003 vom Deutschen Bundestag
erlassenen Gesetz sei der Versandhandel insgesamt erlaubt. Drogerien könnten Rezepte einsammeln und weiterreichen, die Medikamente damit einkaufen und dann an den Endkunden abgeben. Neue Entwicklungen gingen dahin, dass auch immer mehr
Kioske, Zeitungsverkaufsstellen, Tankstellen oder andere Geschäfte auf diesem Markt sowohl als Sammelstellen für Rezepte
als auch als Ausgabestellen für die Medikamente aufträten. Diese
Entwicklung gebe Anlass zur Sorge. Ein Tauschhandel beispielsweise von Rezepten gegen Benzin müsse unbedingt verhindert
werden.
Bayern habe nun eine Bundesratsinitiative gestartet, um den Versandhandel wieder abzuschaffen. Diese werde von der badenwürttembergischen Landesregierung nicht unterstützt. Medikamente müssten allerdings im Zuge des Versandhandels immer an
den Endkunden versandt und nicht an einer Sammelstelle zwischengelagert werden. Hierzu gebe es auch einen Antrag im
Deutschen Bundestag.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, die höheren Arzneimittelpreise würden nicht von den Apothekern, sondern von den
Pharmaunternehmen verursacht. Europaweit seien die Preise überdies in jedem Land unterschiedlich. Einen freien Wettbewerb im
Gesundheitswesen halte er für nicht möglich, da es sich um eine
Aufgabe der Daseinsvorsorge handle. Alle Bürger müssten sich
ihre Gesundheit auch leisten können. Gerade ein Apotheker
nehme wichtige Aufgaben im Gesundheitssektor wahr, die große
Arzneimittelketten nicht in gleicher Weise erfüllen könnten. Hierzu zählten beispielsweise Beratungen, die Versorgung rund um
die Uhr, Notdienste und auch die Versorgung im ländlichen
Raum. Es müsse eine Sensibilität dafür entstehen, eine Billigversorgung im Gesundheitswesen zu verhindern.
Ein SPD-Abgeordneter führte an, für verschreibungspflichtige
Medikamente seien nicht die Apotheken, sondern die verschreibenden Ärzte verantwortlich. Erst die Rezepte würden dann in
Apotheken oder im Arzneimittelhandel eingelöst. Der Patient habe den Anspruch auf die ihm verschriebenen Medikamente.
Selbst die Verabreichung eines anderen, vergleichbaren Medikaments sollte erst mit dem Arzt besprochen werden. Über den
Versandhandel gebe es keine Änderung im Verschreibungsverhalten der Ärzte.
Bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten greife der
Markt. Hierbei entscheide derjenige, der ein Medikament bestelle, was er haben wolle. In diesem Fall sei die Auswahl des preisgünstigsten Angebots nachvollziehbar. Darüber hinaus sei ihm
erklärt worden, dass einige Versandapotheken keine Rezeptgebühren verlangten. Falls dies tatsächlich zutreffe, stelle es durchaus eine Verlockung für den Kunden dar. Dabei könne der Versandhandel keine akute medizinische Versorgung leisten.
Eine CDU-Abgeordnete bestätigte, der Versandhandel beliefere
keinen Patienten, der in der Nacht auf Samstag auf Sonntag dringend ein Medikament benötige.
Der Wirtschaftsminister stellte klar, ihm gehe es in erster Linie
um verschreibungspflichtige Medikamente, die ebenfalls im
Versandhandel erhältlich seien. Inzwischen sei es durchaus gängige Praxis, dass nicht qualifizierte Sammelstellen Rezepte einsammelten und hinterher die Medikamente zur Abholung bereithielten und unter Umständen nicht sachgerecht zwischenlagerten. Der Deutsche Bundestag werde die Regelung von 2003 so
überarbeiten müssen, dass solche Situationen nicht vorkommen
könnten.
Eine Abgeordnete der Grünen merkte an, es gebe bereits vielfältige Internetangebote für Medikamente. Viele entsprechende
E-Mails seien sicher auch unseriös. Darüber hinaus gebe es in
Grenznähe die Möglichkeit, im eigenen Land teuere oder verschreibungspflichtige Medikamente im Nachbarland günstiger
oder ohne Rezeptpflicht einzukaufen. Nationale Lösungen seien
in diesem Bereich nicht mehr zeitgemäß.
Die Gesundheit sei das wertvollste Gut. Die politischen Rahmenbedingungen müssten ein qualitativ hochwertiges Niveau der Gesundheitsversorgung ermöglichen. Die Gesundheitsversorgung
müsse für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zugänglich
sein, unabhängig davon, ob sie in städtischen oder ländlichen Regionen lebten.
Schon heute richteten aber viele Apotheken ihre Standortentscheidungen an Umsatzerwartungen aus. Hierdurch gebe es in
Großstädten in einem Umkreis von 500 m teilweise mehrere
Apotheken, während in ländlichen Gebieten nur eine geringe
Apothekendichte bestehe.
Sie könne nicht nachvollziehen, aus welchem Grund eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots negative Auswirkungen
auf das Gesundheitswesen haben solle. Eine gute Gesundheitsversorgung werde sich sicher nicht allein an der Reform des
Apothekenrechts entscheiden.
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Landtag von Baden-Württemberg
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Wirtschaftsausschuss
Ein SPD-Abgeordneter meinte, die Regierungsparteien lobten
das bisherige System und hätten offenbar große Sorgen im Hinblick auf eine Liberalisierung des Apothekenmarkts. Das Sozialministerium habe jedoch im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium zu dem Antrag Stellung genommen und viele Argumente vorgebracht, die diese Befürchtungen zerstreuen sollten.
Insbesondere die Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags, der er
sich durchaus anschließen könne, zeige eine weitaus offenere
Haltung der Landesregierung hierzu als die im Wirtschaftsausschuss vorgetragenen Äußerungen der Vertreter der Regierungsfraktionen. Er finde es merkwürdig, dass lediglich die Redner der
Oppositionsfraktionen die in der Stellungnahme zu dem Antrag
enthaltene Position der Landesregierung unterstützten.
Eine CDU-Abgeordnete warf ein, die 2003 für Apotheken beschlossenen Regelungen seien in der Zeit der rot-grünen Koalition auf Bundesebene verabschiedet worden.
Der Ausschuss empfahl dem Plenum mehrheitlich, den Antrag
Drucksache 14/1976 für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatter:
Haas
3. Zu dem Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a.
SPD und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2216
– Entwicklung der Papierindustrie im Murgtal
(Landkreis Rastatt) im Zusammenhang mit der
Schließung der Papierfabrik Wolfsheck (Forbach)
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a. SPD – Drucksache 14/2216 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Dr. Rülke
Netzhammer
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2216
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, nach der Schließung
der Papierfabrik Wolfsheck in Forbach stelle sich nun die Frage
der weiteren Entwicklung der dortigen Papierindustrie. Die Gemeinde Forbach habe nun große Industriebrachen, für die sich nur
schwer ein Investor finden lasse, da dort auch Altlasten beseitigt
werden müssten.
In der Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags habe das Wirtschaftsministerium dargelegt, die Papierindustrie in Deutschland
stehe in Europa an vorderster Stelle. Die Betreiber von großen
8
Papierfabriken verlegten immer wieder ihre Standorte. Das sei
nichts Ungewöhnliches. Die Papierhersteller im Murgtal hätten
sich nun auf Marktnischen spezialisiert.
Vor der Schließung der Papierfabrik Wolfsheck hätten sehr viele
Menschen dort Arbeit gefunden, die jetzt ohne Arbeit seien. Die
Fördermöglichkeiten für diese Menschen seien in der Stellungnahme zu Ziffer 2 nicht zufriedenstellend dargestellt. Das aufgeführte Problem sei kein Einzelfall, sodass bei diesem Thema das
Land gefordert sei.
Die Unternehmensgruppe, nach deren wirtschaftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Schließung der
Papierfabrik Wolfsheck in Ziffer 3 des Antrags gefragt sei, habe
ihn gebeten, den Antrag anonym zu halten. Dies habe er abgelehnt, weil er das Verhalten dieser Unternehmensgruppe unter juristischen und moralischen Gesichtspunkten für fragwürdig erachte. Diese Unternehmensgruppe habe die Papierfabrik in einzelne Bestandteile zergliedert und das Werk für einen symbolischen Preis verkauft.
Als den Beschäftigten dann die Löhne nicht mehr ausbezahlt
worden seien, hätten sie am Hauptsitz der Unternehmensgruppe
in Bayern durch einen Streik, über den in der Presse berichtet
worden sei, auf ihre Forderungen aufmerksam gemacht. Daher
habe es ihn verwundert, dass seitens des Wirtschaftsministeriums
keine Erkenntnisse über die Aktivitäten der Unternehmensgruppe vorlägen. Diese werbe sogar auf ihrer Homepage mit dem Bau
und Erwerb von Wasserkraftwerken. Sie habe die Papierfabrik
Wolfsheck aufgekauft und alles bis auf die Wasserrechte weiterverkauft. Das Land müsse klarstellen, wie ein derartiges Verhalten zu bewerten sei, damit nach außen nicht der Eindruck entstehe, ein solches Verhalten werde stillschweigend hingenommen.
Die ehemaligen Beschäftigten der Papierfabrik seien inzwischen
weitgehend in einer Transfergesellschaft untergekommen. Darauf habe sich die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie mit der dortigen Papierfabrik geeinigt. Allerdings bleibe weiterhin die Frage offen, welche Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen für das Murgtal geleistet werden könnten.
Ein Abgeordneter der CDU begrüßte das Engagement des Erstunterzeichners des Antrags, wenngleich die Stellungnahme des
Wirtschaftsministeriums dazu eher übersichtlich ausgefallen sei.
Er teilte mit, ihn habe die Aussage positiv überrascht, die deutsche Papierindustrie belege weltweit Platz 5 und sei Marktführer
in Europa.
Die angesprochene Unternehmensgruppe betreibe offensichtlich
ein Missmanagement, da sie nicht an dem Erhalt einer gut funktionierenden Papierfabrik, sondern nur am Verkauf der Firmenteile und an den Wasserrechten interessiert gewesen sei. Ein solches
Verhalten sei die Kehrseite der freien Wirtschaft.
Der Antrag sei zu begrüßen, weil dadurch eine gewisse Sensibilität geschaffen werde, damit solche „Heuschreckenaktivitäten“
in Deutschland nicht überhand nähmen.
Das Land müsse sich Gedanken um die Förderung der industriellen Aktivitäten im Murgtal machen. Allerdings könne das Wirtschaftsministerium nicht als Strafverfolgungsbehörde agieren
und nachforschen, ob die Unternehmensgruppe in strafrechtlich
relevanter Weise gehandelt habe oder warum zivilrechtliche Ansprüche nicht erfüllt worden seien.
Eine Abgeordnete der FDP/DVP bemerkte, der Papierindustrie
in Deutschland gehe es noch gut. Allerdings sei sie zurzeit u. a.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
durch steigende Energiekosten belastet. Fast ein Fünftel der Ausgaben der Papierindustrie seien Energiekosten. Der von der Bundesregierung beschlossene Ausstieg aus der Kernkraft sei kein
Beitrag, um dem entgegenzuwirken.
hinzuweisen. Daher rate er, dass das Murgtal oder einzelne Gemeinden dort ein Konzept entwickelten und dem Wirtschaftsministerium vorlegten, damit dieses über notwendige Hilfen beraten und beschließen könne.
Der internationale Druck sei sehr groß. Dennoch belaste das
Land die Industrie, den Mittelstand und die Wirtschaft immer
mehr in dem Glauben, dass diese das verkraften könnten. Einer
zunehmenden „Ausnutzung“ der Arbeitskräfte müsse auch vom
Land aus entgegengewirkt werden.
Der Erstunterzeichner des Antrags erwiderte, die Betroffenen
wandten sich meist zuerst an die Abgeordneten aus dem Wahlkreis und nicht gleich an ein Ministerium.
Sie danke dem Vorredner für die Aussage, dass unternehmerische „Heuschrecken“ eine Gefahr für die soziale Marktwirtschaft
bedeuteten.
Ein Abgeordneter der Grünen merkte an, der Begriff „Heuschrecke“ sei aus der NS-Zeit negativ belegt und sollte daher
nicht im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaft verwendet
werden.
Er wolle wissen, warum in Baden-Württemberg der Strom so
teuer sei, wenn der Atomstrom angeblich billig sei und der Anteil
von Atomstrom an der Gesamtstromproduktion in Baden-Württemberg rund 50 % betrage.
Er fuhr fort, die deutsche Papierindustrie leide auch darunter, das
gewünschte Papier nicht liefern zu können. Viele Verlage, z. B.
der Verlag der Harry-Potter-Bücher, drängten darauf, dass nur
FSC-zertifiziertes Papier verwendet werde. Dies müsse im Ausland eingekauft werden.
Eine Abgeordnete der CDU warf ein, das Papier für die Harry-Potter-Bücher stamme von einem baden-württembergischen Papierhersteller. Dieser habe das gegenüber dem Wirtschaftsausschuss
bestätigt. Die Auflagen dieser Bücher seien zudem extrem hoch.
Ein Abgeordneter der Grünen widersprach, bei zahlreichen
Büchern müsse Papier aus der Schweiz hinzugekauft werden.
Der Verlag der Harry-Potter-Bücher habe sich mit dem Problem,
Papier im Ausland kaufen zu müssen, an die Grünen gewandt.
Dieses Problem der Papierindustrie sei ebenfalls zu beachten.
Ein Abgeordneter der SPD wies darauf hin, dass die angesprochene Unternehmensgruppe bereits vor dem Kauf und Weiterverkauf
der Papierfabrik im Murgtal negativ aufgefallen sei. In seiner Heimatgemeinde sei eine Papierfabrik insolvent geworden, weil sie
nicht in die Modernisierung ihrer Anlage investiert habe, und
ebenfalls von der Unternehmensgruppe aufgekauft worden sei.
Kurze Zeit danach sei die Papiermaschine ins Ausland verkauft
worden. Daher gebe es dort nun auch eine Industriebrache. Diese
Vorgehensweise der Unternehmensgruppe sei allerdings strafrechtlich nicht zu bewerten. Die Gemeinde sei nun im Gespräch
mit der Unternehmensgruppe, um das weitere Vorgehen abzuklären.
Die Zuwendung der Politik zur mittelständischen Industrie sei
zudem in den letzten Jahrzehnten ständig gewachsen. Das müsse
bei allen Diskussionen berücksichtigt werden.
Der Wirtschaftsminister erläuterte, er könne den Verkauf der Papierfabrik im Murgtal nicht rückgängig machen. Bei der Überwindung solcher Probleme helfe er, wenn die Betroffenen auch
selbst Ideen und Konzepte entwickelten, um diese Probleme anzugehen. Wenn diese Konzepte, die meistens einer finanziellen
Unterstützung bedürfen, beim Wirtschaftsministerium vorlägen,
sei er bereit, zu helfen. Zurzeit lägen dem Ministerium aber keine
Konzepte vor. Es habe sich auch noch kein Bürgermeister aus
dem Murgtal gemeldet, um auf die dort entstandenen Probleme
Eine Abgeordnete der CDU machte darauf aufmerksam, die Bürgermeister sollten alle Förderprogramme des Landes kennen, sodass sie sich direkt an das zuständige Ministerium wenden könnten. Sie finde es seltsam, dass sich noch kein Bürgermeister beim
Wirtschaftsministerium um Hilfen bemüht habe.
Außerdem habe das Murgtal inzwischen einen ihrer Meinung
nach sehr guten öffentlichen Nahverkehr mit direkter Anbindung
an Rastatt und an die Rheinebene bekommen. Dies seien Regionen, in den die Wirtschaft stark wachse, sodass dort wohl Alternativen für viele der durch die Schließung der Papierfabrik verlorenen Arbeitsplätze zu finden seien. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, als ob ohne diese Papierfabrik kein Leben
im Murgtal mehr möglich sei.
Der Erstunterzeichner des Antrags brachte vor, er werde das Angebot des Wirtschaftsministers, zu helfen, wenn die nötigen Konzepte vorlägen, an die betroffenen Stellen weiterreichen. Die Situation im Murgtal habe sich bezüglich der Infrastruktur deutlich
verbessert. Dennoch werde der Strukturwandel im Murgtal noch
nicht in ausreichendem Maß gefördert.
Im Murgtal sei inzwischen ein Ausbildungszentrum für Papieringenieure ansässig, das in Deutschland wohl das größte Ausbildungszentrum dieser Art sei. Die wenigen Ansätze entsprächen nicht den
Erwartungen der dort lebenden Menschen. Allerdings könne mit
der Aussage des Wirtschaftsministers, er werde Hilfestellungen
leisten, vielleicht eine positive Perspektive gefunden werden.
Der Ausschuss empfahl dem Plenum ohne förmliche Abstimmung, den Antrag für erledigt zu erklären.
21. 07. 2008
Berichterstatter:
Dr. Rülke
4. Zu dem Antrag der Abg. Paul Nemeth u. a. CDU
und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2234
– „Engineers Week“
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Paul Nemeth u. a. CDU – Drucksache
14/2234 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Die Berichterstatterin:
Die Vorsitzende:
Sitzmann
Netzhammer
9
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2234
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags bedankte sich beim Wirtschaftsministerium für die Stellungnahme zu seinem Antrag und
führte aus, dies sei nicht der erste Antrag in diese Richtung. Die
in der Stellungnahme aufgeführten Daten seien umfangreich und
korrekt. Dennoch habe er sich von der Stellungnahme mehr erhofft. Das Wirtschaftsministerium unternehme bekanntlich vieles
zur Verminderung des Fachkräftemangels. Die Notwendigkeit
dazu sei gegeben.
Ein Konzept zur Gewinnung von Ingenieuren für Baden-Württemberg, das in einem Netzwerk arbeite, müsse flexibel sein, um
neue Aktivitäten aufnehmen zu können. Das Ministerium müsse
ein solches Konzept flexibel, agil und adaptiv gestalten, damit
sich neue Teilnehmer problemlos integrieren könnten. Das Konzept „Engineers Week“ sei ein solches Konzept und diene dem
Ziel, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Das Wirtschaftsministerium lehne aber eine gesonderte Förderung dieses Konzepts und dessen Aufnahme in die eigene Konzeption ab und
überlasse die Finanzierung und Steuerung den daran teilnehmenden Akteuren.
Ein Abgeordneter der SPD legte dar, die Stellungnahme zu dem
vorliegenden Antrag zeige bekannte Tatsachen auf. Laut den Ergebnissen einer Umfrage der IHK fehlten allein in Baden-Württemberg 20 000 Ingenieure.
In der Stellungnahme zu Ziffer 3 des Antrags sei die Entwicklung der Studienanfängerzahlen im Bereich der Ingenieurwissenschaften aufgelistet. In den Ingenieurstudiengängen, deren Absolventen Baden-Württemberg dringend benötige, habe es insgesamt eine leicht rückläufige Entwicklung der Studienanfängerzahlen gegeben.
Weiterhin seien in dieser Stellungnahme viele Einzelbeispiele
zur Motivation von jungen Menschen aufgeführt, ein naturwissenschaftliches Studium oder ein Ingenieurstudium aufzunehmen, die aber nicht miteinander vernetzt seien. Die im Antrag
genannte Kampagne „Engineers Week“, die aus den USA stamme, könne ein Netzwerk sein, um diese Einzelaktionen in BadenWürttemberg miteinander zu verknüpfen. Die Finanzierung dieses Netzwerks müsse vorab geklärt werden. Er sei der Meinung,
die Kosten seien nicht sehr hoch, da dieses Konzept „Engineers
Week“ auch in Zusammenarbeit mit der Berufsakademie Stuttgart von Beschäftigten aus Firmen umgesetzt werde.
Dieser Antrag zeige das Problem auf, dass es kein nachhaltiges,
über Einzelaktionen hinausgehendes Konzept zur Verhinderung
eines Fachkräftemangels gebe. Erst dann, wenn es einen Fachkräftemangel gebe, werde versucht, über Motivationsaktionen
für diese Berufe zu werben. Einem solchen Mangel sollte aber
durch vorausschauende Aktionen an Schulen vorgebeugt werden.
Diese Aufgabe müsse das Kultusministerium übernehmen.
In den nächsten Jahren werde sich der Fachkräftemangel in
Deutschland aus verschiedenen Gründen weiter verschärfen. Daher müsse jetzt über nachhaltige Regulierungen zur Verringerung
dieses Fachkräftemangels nachgedacht werden.
Eine Abgeordnete der Grünen teilte mit, der Wirtschaftsausschuss habe bereits mehrfach über den Fachkräftemangel diskutiert. Sie wolle ihre bereits gemachten Ausführungen nicht wiederholen.
10
In den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 9. Juli 2008 habe gestanden,
Fachkräfte mieden Deutschland, seit August 2007 seien erst 19
ausländische Ingenieure eingewandert. Dies zeige die Brisanz des
Fachkräftemangels. Der Bund diskutiere gerade erneut über die
Zuwanderungsbedingungen für ausländische Fachkräfte. Da noch
keine Entscheidung darüber gefallen sei, fordere sie die Landesregierung sowie die Vertreter von CDU und SPD auf, sich im Bundesrat für eine Senkung der Zuwanderungshürden für ausländische
Fachkräfte einzusetzen. Eine große Hürde stelle das von ausländischen Fachkräften nachzuweisende Einkommen dar. Zurzeit müssten sie ein jährliches Bruttoeinkommen von über 80 000 € nachweisen. Dieses Einkommen wolle der Bund auf 63 600 € senken.
Dies hielten der Handwerkstag und auch die IHK immer noch für
zu hoch. Die Höhe des Mindesteinkommens müsse weiter gesenkt
werden, um mehr ausländische Fachkräfte gewinnen zu können.
Eine andere Ursache für den Fachkräftemangel in Deutschland sei
die Auswanderung deutscher Fachkräfte in andere europäische
Länder. Diese Bilanz müsse ausgeglichen werden. Das Konzept
„Engineers Week“ könne einen guten Beitrag dazu leisten.
Ein Abgeordneter der SPD erläuterte, ein weiterer Grund für den
Fachkräftemangel sei das Problem, dass in den jeweiligen
Fächern weniger Ingenieure ausgebildet würden als Menschen
altersbedingt aus dem Ingenieurberuf ausschieden. Hinzu kämen
sehr hohe Studienabbrecherquoten, die in den letzten Jahren sogar gestiegen seien.
Eine Abgeordnete der CDU warf ein, die Fachhochschule Konstanz wolle für Studienanfänger Vorkurse anbieten, um die Abbrecherquote zu senken.
Der Abgeordnete der SPD fuhr fort, einige Kommunen würden
auf diese Situation mit Schülerforschungszentren reagieren. Das
Interesse bei den Schülern an diesen Forschungszentren sei groß.
Die Industrie beteilige sich hieran durch finanzielle Mittel. Allerdings stünden für diese Schulzentren zu wenige pädagogische
Betreuer zur Verfügung. Das Kultusministerium sei nicht in der
Lage, hierfür ausreichend Lehrdeputate zur Verfügung zu stellen,
da die Pädagogen zuerst an der Schule eingesetzt würden. Die
Schülerforschungszentren könnten sich deshalb nicht weiterentwickeln, obwohl die Industrie Roboter und andere Maschinen
zur Verfügung stelle, um die jungen Menschen mit Experimenten für ein naturwissenschaftliches Studium zu begeistern. In dieser Hinsicht sei das Wirtschaftsministerium gefordert.
Eine Abgeordnete der CDU meinte, die technischen Gymnasien
böten eine gute Grundlage, um junge Menschen für ein Ingenieurstudium zu begeistern. In ihrem Wahlkreis hätten sich
17 Schüler aus einem Zug mit 21 Schülern für ein ingenieurwissenschaftliches Studium entschlossen. Sie halte es für einen richtigen Ansatz, die jungen Menschen in der Schule gezielt in diese
Richtung vorzubereiten. Allerdings reiche das nicht aus, um dem
Fachkräftemangel zu begegnen.
Eine Abgeordnete der FDP/DVP brachte vor, die in der Stellungnahme zu den Ziffern 1 und 2 des Antrags gegebenen Antworten
zeigten die Engpässe bei den Fachkräften auf. Bei diesen Erhebungen seien auch die Aussagen der Kammern berücksichtigt
worden. In diesem Bereich sollten zukünftig mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.
Die Unternehmen hätten den derzeitigen Fachkräftemangel mit
verschuldet. Noch bis vor Kurzem hätten sie suggeriert, wer Karriere machen wolle, solle Volkswirtschaft studieren, und hätten
Ingenieure im Alter von 50 oder 55 Jahren in den Vorruhestand
geschickt. Ein junger Mensch überlege sich angesichts dieser
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
Tatsachen, ob er ein solch anstrengendes Fach studieren wolle,
wenn die Zukunftsaussichten in diesem Beruf ungewiss seien.
Sie finde es erfreulich, dass bei den Unternehmen inzwischen
umgedacht werde.
Ausländische Fachkräfte seien eine Möglichkeit, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Allerdings seien ihr auch Fälle
bekannt, bei denen Unternehmen diese Fachkräfte nicht einstellen wollten. Die Industrie wolle mehrsprachige Fachkräfte zu
einem möglichst geringen Tarif beschäftigen. Nun sei es erfreulich, dass Fachkräfte wieder gefragt seien, denn dadurch würden
diese auch besser bezahlt. Eine große Nachfrage nach Arbeitskräften biete einen hohen Arbeitnehmerschutz. Bevor die Wirtschaft neue Gebiete wie „Business und Biodiversität“ angehe,
müsse sie sich für die Integration von ausländischen Fachkräften
einsetzen und versuchen, Jugendliche für ein ingenieurwissenschaftliches Studium zu begeistern.
Ein Abgeordneter der SPD trug vor, gemäß der Stellungnahme zu
Ziffer 2 des Antrags Drucksache 14/2632 hätten bei einer HISStudie über die Abbruchquote 22 % der Studienabbrecher Leistungsprobleme als Hauptursache genannt, ebenfalls 22 % finanzielle Probleme und 18 % eine mangelnde Studienmotivation. Die
finanziellen Probleme beruhten seiner Meinung nach auf den Studiengebühren. Auch Studenten, die vor der Aufnahme eines Studiums eine Lehre gemacht hätten, hätten finanzielle Probleme.
Studenten hätten ihm überdies gesagt, in einem Kurs mit 450
Studenten bestünden nur 100 oder weniger Teilnehmer eine
Klausur. Dies deute darauf hin, dass in den ingenieurwissenschaftlichen Studienfächern sehr viel verlangt werde, was für den
späteren Ingenieurberuf möglicherweise irrelevant sei. Das Studium sei vermathematisiert und verwissenschaftlicht worden.
Daran scheiterten seiner Meinung nach die Studenten, die als Ursache für einen Studienabbruch Leistungsprobleme angegeben
hätten. Die Hochschulen versuchten, diesem Problem durch die
Einführung von Vorsemestern entgegenzuwirken. Wenn aber die
Verwissenschaftlichung der Hochschulen weiter andauere, dann
werde das Problem des Fachkräftemangels immer größer.
Gymnasien sollten die Schüler für ein Studium vorbereiten. Die
Universitäten besäßen allerdings durch die Klausuren einen eigenen Filter. Der Wissenschaftsminister vertrete die Meinung, gut
aufgestellte Studenten hätten mit den Klausuren kein Problem.
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln habe in der 21. Ausgabe
seines Informationsdienstes dargelegt, dass viele Ingenieure fachfremd arbeiteten. Sie arbeiteten als Informatiker, Mathematiker und
Naturwissenschaftler sowie Lehrer. Die Wirtschaft mache nun die
Erfahrung, dass es zu wenig Ingenieure gebe. Wer heute ein Ingenieurstudium abschließe, könne sich im Prinzip aus mehreren Jobangeboten eines auswählen. Nur die Bauingenieure hätten Probleme,
da die Verwaltungen immer weniger Bauingenieure einstellten.
Er appelliere an die Hochschulen, von der Verwissenschaftlichung
der Ingenieurstudiengänge wegzugehen und das Studium eher den
Neigungen der angehenden Ingenieure anzupassen. Ansonsten
werde der Fachkräftemangel immer größer, denn die Zahl der Berufsabgänger sei größer als die Zahl der Berufseinsteiger.
Die Ausschussvorsitzende bat einen Abgeordneten aus dem Ausschuss, der zugleich Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft,
Forschung und Kunst ist, diesen Appell auch in den Wissenschaftsausschuss zu tragen.
Der Wirtschaftsminister trug vor, die geringe Zahl der eingewanderten Ingenieure halte er für bedauerlich. Allerdings beziehe
sich die in den „Stuttgarter Nachrichten“ genannte Zahl nur auf
Einwanderungen aus Osteuropa und nicht aus anderen Ländern
außerhalb der Europäischen Union. Die Maßnahmen aus den
Meseberger Beschlüssen vom August 2007 seien noch nicht alle
auf den Weg gebracht. Die vom Bundeskabinett gefassten Beschlüsse zur Anwerbung ausländischer Fachkräfte seien zum
16. Oktober 2007 umgesetzt worden. Die genannten 19 Ingenieure seien in der Zeit vom 16. Oktober bis 31. Dezember 2007 nach
Deutschland eingewandert. Die Einwanderungen aus dem Jahr
2008 seien in dieser Aufstellung nicht enthalten. Er habe die
Hoffnung, dass inzwischen deutlich mehr als die genannten
19 Ingenieure eingewandert seien.
Bei der letzten Sitzung des Innovationsrats habe ein Experte berichtet, junge Menschen entschieden sich spätestens im Alter von
14 Jahren für oder gegen ein Ingenieurstudium. Konzepte zur
Motivation junger Menschen müssten also sehr früh ansetzen.
Dabei seien auch das Kultusministerium und das Wissenschaftsministerium gefragt, um die angesprochene Nachhaltigkeit für
die Fachkräfteausbildungen zu erreichen.
Die in der Stellungnahme zu Ziffer 6 des vorliegenden Antrags
enthaltene Aussage, der Landesregierung erscheine eine gesonderte Förderung der „Engineers Week“ nicht angezeigt, bedeute
ausdrücklich nicht, dass dieses Konzept nicht in das bestehende
Netzwerk aufgenommen werden könne, sondern dass dem Land
nur wenige Mittel zur Verfügung stünden, um die daran teilnehmen Firmen bei diesem Konzept finanziell zu unterstützen.
Dieser Satz sei missverstanden worden.
Der Wirtschaftsminister sagte zu, in weiteren Gesprächen mit
den teilnehmenden Firmen am Konzept „Engineers Week“ zu
versuchen, diese in das Netzwerk von Wirtschaftsministerium
und Kultusministerium aufzunehmen, sofern sich die finanziellen
Forderungen im Rahmen hielten.
Der Ausschuss empfahl dem Plenum daraufhin einvernehmlich,
den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatterin:
Sitzmann
5. Zu dem Antrag der Abg. Winfried Mack u. a. CDU
und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2283
– Gebührenordnung im Baugenehmigungsverfahren
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Winfried Mack u. a. CDU – Drucksache 14/2283 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Haas
Netzhammer
11
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2283
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, vor dem Bau eines
Hauses oder dem Erwerb von Wohneigentum fielen viele Gebühren an, die insgesamt sehr hoch seien. Dies lege die Frage
nahe, ob hohe Gebühren für den Erwerb von Eigentum im Widerspruch zu der Förderung von Wohneigentum durch das Land
stünden.
Ende des Jahres 2005 sei durch das Landesgebührengesetz die
Gebührenfestsetzung für Baugenehmigungen auf Landratsämter,
Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften, sofern sie Aufgaben einer unteren Verwaltungsbehörde im Sinn des Landesverwaltungsgesetzes oder Aufgaben einer unteren Baurechtsbehörde
im Sinn der Landesbauordnung für Baden-Württemberg wahrnehmen, übertragen worden. Jetzt könne festgestellt werden, dass
sich die Gebührensätze für die Erteilung einer Baugenehmigung
von zuvor 4 Promille auf durchschnittlich 5 bis 6 Promille der
voraussichtlichen Baukosten erhöht hätten.
Beim Aufkommen aus den Gebühren für Baugenehmigungen
werde diese Anhebung der Gebührensätze deutlich: Im Jahr 2004
habe dieses Aufkommen ca. 47 Millionen € betragen, im Jahr
2007 hingegen ca. 65 Millionen €, obwohl wesentlich weniger
Baugenehmigungen erteilt worden seien. Das Land solle seiner
Meinung nach den Kommunen anheimstellen, zu überlegen, diese hohen Gebühren zu senken. Der Landesgesetzgeber solle die
Entwicklung dieser Gebührensätze beobachten und eventuell die
Zuständigkeit der Kommunen für die Gebührenerhebung bei
Baugenehmigungen überdenken.
Für die Festlegung des Grunderwerbsteuersatzes seien inzwischen die Länder zuständig. Das Bundesland Berlin habe diesen
Steuersatz als einziges Bundesland auf 4,5 % festgelegt. Die anderen Bundesländer hätten den Steuersatz von 3,5 % vom Bund
übernommen. In Europa seien die Steuersätze für die Grunderwerbsteuer unterschiedlich. Der niedrigste Steuersatz sei mit
1 bis 3 % in vielen Gemeinden in der Schweiz zu finden, der
höchste Steuersatz mit 12,5 % in Belgien. In Frankreich variierten die Steuersätze je nach Departement zwischen 2,4 und 5 %.
In der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags sei in einer Tabelle
die Entwicklung der Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer in
den Stadt- und Landkreisen im Zeitraum von 2003 bis 2007 aufgelistet. Bei der Auswertung dieser Daten müsse die Konjunkturentwicklung berücksichtigt werden. Bei der Entwicklung dieser
Steueraufkommen habe es deutliche Unterschiede gegeben. Der
Stadtkreis Stuttgart habe im Jahr 2007 ca. 46 Millionen € mehr
an Grunderwerbsteuer eingenommen als im Jahr 2003. Das entspreche einer Steigerung um etwa 57 %. Auch die Entwicklung
dieser Gebührensätze müsse beobachtet werden, da der Landesgesetzgeber hier eventuell eine Steuerungsmöglichkeit habe.
Die Aufstellung zum Aufkommen aus den Vermessungsgebühren in der Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags zeige einen
leichten Rückgang des Aufkommens. Allerdings seien die Gründe hierfür nicht ersichtlich. Seiner Meinung nach dürften nun
auch die Vermessensgebühren nicht weiter angehoben werden.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP brachte vor, die Konjunktur in
Baden-Württemberg sei beim Export und beim Maschinenbau
relativ robust. Im Baugewerbe allerdings seien massive Umsatzeinbußen zu verzeichnen. Auf diesem Sektor seien die Auswirkungen der Abschaffung der Eigenheimzulage deutlich zu
12
spüren. Das Land solle über Maßnahmen bei diesen drei Steuersätzen nachdenken, um diese Entwicklung zu stoppen. Am Steuersatz für die Grunderwerbsteuer wolle das Finanzministerium
aus fiskalischen Gründen vorerst nichts ändern. Allerdings müsse
angesichts der Entwicklung der Baukonjunktur über eine mögliche Senkung der angesprochenen Steuersätze nachgedacht werden.
Eine Abgeordnete der Grünen meinte, die FDP/DVP fordere
vom Land immer wieder die Senkung oder Abschaffung von
Steuern oder neue Investitionen. Dadurch würden aber sehr
große Finanzierungslücken entstehen.
Die Entwicklung des Aufkommens aus den Vermessungsgebühren sei in der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag
kurz dargestellt worden. Sie wolle wissen, wie sich die Änderungen aufgrund der Verwaltungsreform auf diese Gebühren ausgewirkt hätten und ob sich die Kosten für Eigentumserwerber verändert hätten.
Trotz der Verlagerung der Zuständigkeit bei der Grunderwerbsteuer auf die Länder habe sich der Prozentsatz von 3,5 % nicht
geändert. Dies zeige, dass dieser Steuersatz offenbar nicht zu
hoch sei. Wenn das Land diesen Steuersatz senke, müsse es
gleichzeitig dafür sorgen, die fehlenden Steuereinnahmen auf
eine andere Art und Weise zu kompensieren.
Bei den Gebühren von Baugenehmigungen seien Steuersätze im
Promillebereich angesetzt. In Anbetracht der Höhe der Bausummen sei sie der Meinung, es mache für einen Bauherrn keinen
großen Unterschied, ob er für die Erteilung einer Baugenehmigung 3, 4 oder 5 Promille der Baukosten zahlen müsse. Aus der
Auflistung in der Stellungnahme zu Ziffer 3 des Antrags sei ersichtlich, dass nur wenige Baurechtsbehörden 8 Promille der
Baukosten als Gebühr verlangten. Die Kommunen sollten weiterhin für diese Gebührenerhebung zuständig sein, da sie den
Aufwand für die Erteilung der Baugenehmigungen zu tragen hätten.
Ein Abgeordneter der SPD führte aus, er halte den Vorschlag des
Erstunterzeichners des Antrags, die angesprochenen Gebührensteuersätze zu senken, für verfehlt. Die Freigabe des Gebührenrahmens bei den Baugenehmigungen durch die Verwaltungsreform solle für Wettbewerb auf diesem Gebiet sorgen. Wenn
eine Stadt sehr große Steigerungen bei dem Aufkommen aus der
Grunderwerbsteuer habe, wirkten sich die Attraktivität des Standorts und der Markt aus.
Die hohen Gebühren für die Erteilung einer Baugenehmigung seien seiner Meinung nach gerechtfertigt. Mit einer Baugenehmigung erhalte der zukünftige Eigentumsbesitzer ein wertvolles Dokument. Denn mit der Baugenehmigung besitze er einen Nachweis für die Prüfung der Statik des Hauses und der Emissionswerte des Gebäudes, für die Einhaltung der Brandschutzverordnung sowie für die arbeitsbezogenen Qualitäten, wenn es ein Gewerbebau sei. Diese Baugenehmigung gleiche einem Zertifikat.
Um bei einem Verkauf des Gebäudes alle positiven Qualitäten
durch Fachgutachten bestätigt zu bekommen, müsste der Besitzer
ein Vielfaches der Gebühren der Baugenehmigung bezahlen.
Durch eine Baugenehmigung erhalte der Besitzer eine Art Garantie, dass sich benachbarte Hausbesitzer und Bauherren an bestimmte Regelungen im Verhältnis zu ihm halten und z. B. eine
maximale Bauhöhe einhalten müssten. Auch seine Rechte in der
Nachbarschaft, z. B. bei Stellplatzpflichten, müsse er nicht mit
den Nachbarn aushandeln. Eine Baugenehmigung sei daher wesentlich mehr wert als die dafür zu bezahlenden Gebühren. Ge-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
bäude in Gewerbeparks, die über die Baugenehmigung die Erfüllung höchster Anforderungen an Umwelt- und Qualitätsregelungen nachweisen könnten, seien in der Vergangenheit schneller
verkauft worden als Gebäude, die nur geringere Standards erfüllten.
Wichtiger als die Gebühren sei bei der Erteilung einer Baugenehmigung die fachkundige und gute Behandlung der Anträge, damit zukünftige Hausbesitzer z. B. nicht zu lange auf eine Genehmigung warten müssten. Die Kommunen sollten die Gebühren
weiterhin festlegen können.
Eine Abgeordnete der CDU fragte den Vorredner, ob die erhobenen Gebühren für die Erteilung einer Baugenehmigung seiner
Meinung nach kostendeckend, niedriger oder höher als die anfallenden Kosten seien und ob im Fall einer höheren Gebühr aus
diesem Gewinn andere städtische Leistungen quersubventioniert
würden.
Ein Abgeordneter der SPD antwortete, aus der Kosten-Leistungsrechnung der Kommunen sei eindeutig belegt, dass die Gebühren in der Regel nicht kostendeckend seien, sondern die Kosten je nach dem Rationalisierungsgrad einer Gemeinde nur zu etwa zwei Dritteln gedeckt seien.
In den Kommunen spielten bei der Gebührenfestsetzung weitere
Aspekte eine Rolle. Jede Kommune wolle, dass in ihr gebaut
werde. Einer Gebührenerhöhung stünden sie zögerlich gegenüber, da eine zu hohe Gebühr dazu führen könne, dass interessierte Personen in der Nachbargemeinde bauten. Für das Nachlassen der Bautätigkeiten gebe es andere Ursachen als die Gebühren der Baugenehmigungsverfahren.
Ein Abgeordneter der CDU wies darauf hin, dass es im Petitionsausschuss immer wieder Fälle gebe, in denen ein Bürger für
einen bestimmten Betrag sein Grundstück verlängern lassen wolle. Allerdings müsse er zurzeit noch einmal die Hälfte des Betrags für die Vermessung aufbringen. Als die Gebührenfestsetzung für Vermessungen Aufgabe des Landes gewesen sei, habe
die Höhe der Gebühren nur ein Viertel des Betrags für die
Grundstücksverlängerung betragen. In solchen Fällen stimme das
Verhältnis von Wert und Gebühr nicht mehr. Eine solche Petition
könne er nicht ablehnen, da er dies für unmoralisch hielte.
Ein Abgeordneter der SPD teilte mit, dies sei ein Spezialfall, der
ihm bekannt sei. Diese Unverhältnismäßigkeit hänge mit der
Verwaltungsreform zusammen. Durch diese seien die staatlichen
Vermessungsämter auf die Landratsämter übergegangen. Die
Landratsämter seien verpflichtet, eine Effizienzrendite von 20 %
zu erbringen. Die Zahl der Vermessungen sei allerdings wie die
Zahl der Bauleistungen bei gleichbleibendem Personal zurückgegangen.
Der Wirtschaftsminister erläuterte, das am 2. Januar 2005 in
Kraft getretene Landesgebührengesetz sei mit großer Mehrheit
vom Landtag verabschiedet worden. Ein Grund für diese Mehrheit seien die Proteste und Aussagen von Städtetag und Gemeindetag gewesen, sie wollten im Interesse der kommunalen Hoheit
der Gemeinden, einer vernünftigen Kostendeckung und aufgrund
der Tatsache, dass die Situationen in den einzelnen Kommunen
unterschiedlich seien, die Gebührenfestlegung in Baugenehmigungsverfahren nicht zentral auf Landesebene, sondern dezentral
in den Gemeinden regeln. Diese Argumentation besitze noch
heute Gültigkeit.
Bei der Erteilung einer Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus, dessen Baukosten sich auf 200 000 € beliefen, bezahle ein
Bauherr nun 300 € mehr als vor der Verwaltungsstrukturreform.
Dieser Betrag stelle keine Kostendeckung des Aufwands der
Kommune dar. Letztendlich müsse der Landtag entscheiden, ob
die Gebührenfestlegung weiterhin bei den Kommunen verbleiben solle. Die Landesregierung plane keine Änderung des Landesgebührengesetzes. Er halte dies vor dem Hintergrund der genannten Argumente für sinnvoll.
Ein Abgeordneter der SPD merkte an, diese hohen Gebühren
könnten mit der ersten Verwaltungsreform Anfang der Siebzigerjahre mit der Eingliederung von Verwaltungseinheiten zusammenhängen. Damals seien die Baurechtsbehörden bei Gemeinden
ab 7 500 Anwohner angesiedelt worden. Inzwischen müsse eine
Gemeinde mindestens 10 000 Einwohner haben, um eine Baurechtsbehörde zu unterhalten. In Baden-Württemberg gebe es
noch viele kleine Verwaltungseinheiten, die eine entsprechende
Anzahl an Personal und deswegen einen höheren Personalkostenanteil je Baugenehmigung hätten als größere Behörden, die viele
Baugenehmigungen im Jahr erteilten. In kleinen Verwaltungseinheiten entscheide oft ein Kämmerer über die Gebührensätze in
Abhängigkeit von den Personalkosten. Niemand wolle den kleineren Verwaltungseinheiten ihre Baugenehmigungsbehörden absprechen. Deshalb werde sich an den hohen Gebührensätzen wohl
nichts ändern.
Der Ausschuss empfahl dem Plenum einvernehmlich, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatter:
Haas
In der Stellungnahme zu Ziffer 3 des Antrags der SPD, Drucksache 14/692, stehe bereits:
Die Landesregierung verfolgt auf der Grundlage der Vorgaben des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes mit Nachdruck das Ziel, die Privatisierung von Vermessungsleistungen
weiter zu forcieren und den Anteil der Öffentlich bestellten
Vermessungsingenieure (ÖbV) an Liegenschaftsvermessungen
(ÖbV-Anteil) auf rund 80 % zu erhöhen.
Dies halte er für richtig. Die Landratsämter seien allerdings gegen diese Privatisierung. Die Landräte hätten beim Ministerium
für Ernährung und Ländlichen Raum eine Erhöhung der Vermessungsgebühren erwirkt, um die Kostendeckung bei den Landratsämtern zu verbessern.
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
6. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke
u. a. FDP/DVP und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2345
– Zukunftsfähigkeit von Unternehmen im Bereich
von Forschung und Entwicklung (FuE) stärken
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke u. a. FDP/
DVP – Drucksache 14/2345 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Pfisterer
Netzhammer
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2345
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags bedankte sich für die Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag und führte aus, ein Grund für
diesen Antrag sei ein Hinweis eines Unternehmens mit rund 3 000
Mitarbeitern gewesen, dass es weder zu den Großunternehmen
noch zu den KMUs zähle. Für solche Unternehmen sei es schwer,
in den Fokus des politischen Interesses zu geraten. Die Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag habe dies bestätigt. Die Politik
müsse für die Förderung dieser Unternehmen sensibilisiert werden.
Ein weiterer Grund für den Antrag sei die Abhängigkeit der Unternehmen in Baden-Württemberg und damit der baden-württembergischen Wirtschaft von der Innovationskraft und von Forschung und Entwicklung (FuE). Baden-Württemberg liege mit
einer Förderung von Forschung und Entwicklung in Höhe von
4,2 % des Bruttoinlandsprodukts im weltweiten Vergleich an der
Spitze. 80 % aller FuE-Aufwendungen in Baden-Württemberg
entfielen auf Unternehmen. Die Wirtschaft finanziere ihre FuEAufwendungen mit 93 % selbst.
Bei Großunternehmen gebe es wohl keine Probleme mit FuE, da
diese die notwendigen Leistungen finanzieren könnten. Schwierigkeiten hätten die kleinen und mittleren Unternehmen, denen
vielfach die kommunikativen Möglichkeiten und Verbindungen
zu den Forschungseinrichtungen fehlten. Diese Kommunikation
zu verbessern sei Aufgabe der Politik.
Eine weitere Aufgabe der Politik stelle die entsprechende Ausstattung der Forschungsinstitute dar. Vor wenigen Wochen habe
der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft in einem Brief an den
Ministerpräsidenten auf einen Investitionsstau in Millionenhöhe
verwiesen und eine zurückhaltende Förderung durch das Land
beklagt. Nun sei es erfreulich, dass die Fraunhofer-Institute in
Baden-Württemberg mit Mitteln der EU, des Bundes und des
Landes gefördert würden, damit sich die in diesem Brief genannten Konsequenzen nicht verwirklichten.
In der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag seien die Möglichkeiten des Landes, die Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen durch Eigenkapital, Fremdkapital oder
Mezzanine-Kapital zu fördern, aufgelistet. Für das Land bleibe
auch in Zukunft die Frage, wie kleine und mittlere Unternehmen
14
an Forschung, Wissenschaft und Infrastruktur angekoppelt werden könnten, um ihnen beim Erhalt ihrer Innovationskraft zu helfen. Innovationen und die Innovationskraft von Unternehmen
seien für die Erfolgsfähigkeit der baden-württembergischen
Wirtschaft zukunftweisend.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, die Stellungnahme zu
dem vorliegenden Antrag gebe die Tatsachen wieder, dass die
baden-württembergische Wirtschaft sehr innovativ sei und
marktgeregelt arbeite. Wo Produkte gebraucht würden, werde
geforscht und würden Forschungsergebnisse relativ schnell umgesetzt. Der Staat greife nur dort ein, wo er unterstützend regeln
und helfen könne. Die innovativen Firmen arbeiteten zum Wohl
des Landes Baden-Württemberg eng verzahnt mit der Wirtschaft
zusammen.
Ein Abgeordneter der SPD trug vor, bei den Fragen des Antrags
vermisse er eine liberale Handschrift. In Ziffer 1 werde nach thematisch festgelegten Basisförderprogrammen gefragt, obwohl
sich Innovation und Fortschritt nicht vorhersehen ließen. Die
darauf folgenden Fragen würden immer spezifischer und gipfelten in der Frage, ob für Unternehmen mit 3 000 Beschäftigten die
Chance bestehe, an Programmen der Innovationsförderung teilzunehmen. Hinter einer solchen Vorgehensweise sehe er eine
staatsintervenistische Grundhaltung. Das Wirtschaftsministerium
habe seiner Meinung jedoch nach elegant pariert und darauf aufmerksam gemacht, dass Unternehmen bereits ab 250 Beschäftigten zu den Großunternehmen zählten.
In der Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags habe das Ministerium umfänglich erläutert, wie das Förderinstrumentarium des
Bundes über institutionelle Förderungen und Projektförderungen
gestaltet sei. Die Stärken von Baden-Württemberg lägen in dem
hohen Anteil an Forschung in den Unternehmen und dem hohen
Besatz mit Trägerorganisationen für Forschung im Land, die in
der Regel mischfinanziert seien. Die institutionelle Förderung
werde durch die Trägerorganisationen überdurchschnittlich ausgeschöpft. 23 % der Bundesmittel für Projektforschungen gingen
an baden-württembergische Unternehmen.
An der Umsetzung von Forschungsergebnissen müsse in Zukunft
verstärkt gearbeitet werden. Dafür seien bereits erste Ansätze
vorhanden. Die Forschungsinfrastruktur müsse weiter gesichert
und auf einem aktuellen Stand bleiben. Mit europäischen Projekten müsse sich die Politik ebenfalls beschäftigen.
In Baden-Württemberg gebe es sehr viele Patente. Allerdings
würden nur 10 % dieser Patente genutzt. Das Land müsse eine
Strategie aufbauen, um seine Patente besser ausnutzen zu können. Bei technologieorientierten Existenzgründungen sei BadenWürttemberg bestenfalls durchschnittlich aufgestellt. Diese Tatsache sei u. a. durch die Arbeitsmarktlage erklärbar. Hier müsse
das Land in der Forschungs- und Entwicklungspolitik künftig
Akzente setzen.
Eine Abgeordnete der Grünen brachte vor, die baden-württembergische Politik müsse sich intensiv mit der Forschung beschäftigen, wenngleich die Ausgangslage in Baden-Württemberg gut
sei. Bei Existenzgründungen gebe es noch Probleme. Im Gründungsreport des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung
vom Juni 2008 sei zu lesen, Baden-Württemberg, insbesondere
die Region Stuttgart, falle bei Hightech-Gründungen zurück. Die
Politik müsse daher die passenden Rahmenbedingungen für Innovationen und Gründungen schaffen.
Für die Landesregierung sei der Brief des Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, in dem er u. a. ankündige, wegen fehlender
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
Förderung durch das Land nicht die Institute in Baden-Württemberg, sondern die Institute in anderen Bundesländern weiter auszubauen, ein akutes Signal, mehr in die Forschungsinstitute zu
investieren. Die Fraunhofer-Institute leisteten einen wichtigen
Beitrag zur anwendungsorientierten Innovation im Land. Dieses
Potenzial müsse in Baden-Württemberg gehalten werden.
Ein Abgeordneter der SPD wies darauf hin, dass in Baden-Württemberg von der absoluten Summe her relativ hohe Forschungsausgaben getätigt würden. Viele dieser Ausgaben finanziere die
Wirtschaft selbst. Die Unternehmen, die in die Forschung investierten, seien zu einem erheblichen Teil große Unternehmen.
Viele der Forschungsausgaben fänden in der Region Stuttgart
statt. Zwischen den städtischen und ländlichen Gebieten existiere
ein starkes Gefälle, da Großunternehmen eher in den Städten angesiedelt seien.
In Baden-Württemberg bestehe eine gute Infrastruktur bezüglich
der Forschung. Dennoch hätten viele kleine und mittlere Unternehmen keine Kontakte zu den Hochschulen oder Instituten, die
Anwendungstransfere leisteten. Das Land müsse sich verstärkt
darum bemühen, die KMUs mit Hochschulen und anderen Forschungsinstituten zu verbinden, um die vorhandenen Kräfte zu
bündeln. Baden-Württemberg habe dafür schon erste Ansätze.
Bei der Verbundforschung, die Landesmittel für FuE bekomme,
gebe es das Problem, wirklich die passende Klientel, die KMUs,
zu erreichen.
In der Forschung und Entwicklung sei Baden-Württemberg
stark. Diese Stärke müsse weiter gestärkt werden. Es gebe noch
viel Potenzial, das genutzt werden solle. Dies werde sich sicherlich für den Standort Baden-Württemberg auszahlen.
Der Wirtschaftsminister erläuterte, die KMUs an Forschung und
Entwicklung heranzuführen sei ein Problem, das ihn sehr beschäftige. Forschung finde allerdings nicht nur in der Region
Stuttgart, sondern auch in anderen Gebieten in Baden-Württemberg statt.
Das Forschungszentrum für Informatik in Karlsruhe habe eine
Prämie erhalten, weil es sich beim Technologietransfer in besonderer Weise um die kleinen und mittleren Unternehmen kümmere. Bei Innovationen achte das Land verstärkt auf die Einbeziehung der KMUs, indem z. B. Forschungsassistenten in Betriebe bis 150 Beschäftigten gingen oder Innovationsgutscheine an
Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten verteilt würden. Die KMUs
würden bei FuE verstärkt in den Fokus genommen.
Er sagte auf Vorschlag der Vorsitzenden zu, dass das Wirtschaftsministerium dem Ausschuss bis Ende 2009 über das bis
dahin Erreichte berichte.
Einvernehmlich empfahl der Ausschuss dem Plenum, den Antrag
für erledigt zu erklären.
24. 07. 2008
Berichterstatter:
Pfisterer
7. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums
für Ernährung und Ländlichen Raum – Drucksache 14/2416
– Business und Biodiversität
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2416 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Die Berichterstatterin:
Die Vorsitzende:
Schütz
Netzhammer
Bericht
Der Wirtschaftsausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2416
in seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Eine Abgeordnete der Grünen verwies darauf, dass eine Initiative der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft darauf abziele,
die biologische Vielfalt zu erhalten und nachhaltig, ausgewogen
und gerecht zu nutzen. Obwohl die Stellungnahme zu dem Antrag in erster Linie vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum stamme, wollten die Grünen im Wirtschaftsausschuss darüber beraten, da auch bei Unternehmen und in der
Wirtschaft für diese Initiative und deren Ziele geworben werden
müsse. Eine verstärkte Einbindung der Wirtschaft in die Umsetzung der Biodiversitätsziele halte auch die Landesregierung für
sinnvoll. Gemäß der Stellungnahme zu dem Antrag seien in
Deutschland bis zum 6. März 2008 bereits 21 Unternehmen an
dieser Initiative beteiligt gewesen, davon drei aus Baden-Württemberg.
Sie wolle wissen, ob sich inzwischen weitere Entwicklungen ergeben hätten, ob sich weitere Unternehmen dieser Initiative angeschlossen hätten und ob das Wirtschaftsministerium und der
Wirtschaftsminister ebenfalls für diese Initiative aktiv würden
und dafür werben wollten. Es wäre wichtig, wenn auch das Wirtschaftsministerium diese Ziele unterstütze und geeignete Initiativen ergreife, um mehr Unternehmen dafür zu gewinnen.
Ein SPD-Abgeordneter meinte, der Antrag sei durchaus sinnvoll
und habe zu den zu erwartenden Antworten geführt. Die geringe
Zahl von Unternehmen, die sich an dieser Initiative beteiligten,
lasse die Frage aufkommen, ob eine bessere Werbung hierfür gemacht werden müsse. Er könne sich vorstellen, dass es sich positiv
auswirke, wenn die Initiative auch bei den baden-württembergischen Mitgliedern des Bundesdeutschen Arbeitskreises B.A.U.M.
noch einmal bekannt gemacht werde.
Der Wirtschaftsminister erläuterte, die gesamte Landesregierung
und damit auch das Wirtschaftsministerium hielten die Einbindung der Wirtschaft in die Biodiversitätsziele für sinnvoll. Für
deren Umsetzung sei das Bundesumweltministerium zuständig.
Die Bewerbung dieses Vorhabens obliege der Länderebene und
sei in Baden-Württemberg federführend beim Ministerium Ländlicher Raum angesiedelt. Auch das Wirtschaftsministerium werde die Umsetzung nach seinen Möglichkeiten unterstützen.
15
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Wirtschaftsausschuss
Ihm sei nicht bekannt, dass bisher noch weitere Unternehmen
hinzugekommen seien.
Eine Vertreterin des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen
Raum ergänzte, das Ministerium Ländlicher Raum verfolge im
Rahmen dieser Initiative vor allem den Aktionsplan Biologische
Vielfalt, den das Landeskabinett im März 2008 verabschiedet
habe. Bei diesem Aktionsplan sei ein 111-Arten-Korb zusammengestellt worden, der 111 für die biologische Vielfalt wichtige
Arten aufzähle. Hiermit versuche das Ministerium, an die Unternehmen heranzutreten, um für Unterstützung zu werben, und die
Unternehmen stärker einzubinden. Dies erfolge parallel zur Initiative „Business and Biodiversity“, die vom BMU selbst beworben werden.
Eine Abgeordnete der Grünen wollte wissen, was dabei konkret
vom Ministerium aus unternommen werde und auf welche Weise,
mit welchem möglicherweise abgestuften Zeitplan und mit welcher Konzeption die Landesregierung an Unternehmen herantrete.
Sie meinte, auch wenn das Ministerium Ländlicher Raum hierfür
die Federführung habe, gebe es vielfältige Kontakte seitens des
Wirtschaftsministeriums und des Wirtschaftsausschusses direkt
zu Unternehmen, die ebenfalls genutzt werden sollten.
Der Wirtschaftsminister wiederholte, dies werde vom Wirtschaftsministerium durchaus gemacht. Dort, wo sich das Wirtschaftsministerium beteiligen könne, werde es zur Umsetzung
der Initiative beitragen.
Eine CDU-Abgeordnete brachte vor, aus den vorangegangenen
Ausführungen sei ersichtlich, dass sowohl das Land als auch die
beteiligten Unternehmen bereits viel zur Umsetzung der Initiative beitrügen. Darüber hinaus beinhalte der Aktionsplan Biologische Vielfalt alles Weitere, was zur Umsetzung der Initiative
erforderlich sei.
Die Vertreterin des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen
Raum machte deutlich, das Ministerium versuche mit verschiedenen Anschreiben, Unternehmen zum Mitmachen zu gewinnen.
Die Kontaktaufnahme werde gegenwärtig vorbereitet. Auf Nachfrage einer Abgeordneten der Grünen fügte sie hinzu, bei Unternehmen, die nicht antworteten, werde sicher ein zweites Mal
nachgefragt. Die Unternehmen könnten jedoch nicht zu einer Beteiligung gezwungen werden.
Eine Abgeordnete der Grünen legte dar, wenn sich bisher nur
drei baden-württembergische Unternehmen beteiligten, könne
diese Zahl sicher noch erhöht werden. Sie bitte darum, dass die
Landesregierung in Abhängigkeit von der jeweiligen Resonanz
intensiver werbe als nur mit Anschreiben und einmaligem Nachhaken, um die Unternehmen von der Sinnhaftigkeit der Initiative
zu überzeugen.
Die Vertreterin des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen
Raum erwiderte auf Frage einer CDU-Abgeordneten, der Aktionsplan Biologische Vielfalt sei am 17. März verabschiedet worden. Die Kampagne mit dem 111-Arten-Korb stelle lediglich einen
Baustein dieses Aktionsplans dar. Darüber hinaus gebe es einen
Biodiversitäts-Check für Gemeinden, mit dem für eine größere
Berücksichtigung der biologischen Vielfalt auf Gemeindeebene
geworben werde, einen Baustein „Klimawandel und biologische
Vielfalt“, der in der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes verankert
sei, und einen Biodiversitäts-Parameter im Wald.
Sie sagte auf Vorschlag der Vorsitzenden zu, dem Wirtschaftsausschuss bis Ende 2009 zu berichten, zu welchen Ergebnissen
der Aktionsplan geführt habe.
16
Der Ausschuss empfahl dem Plenum daraufhin einvernehmlich,
den Antrag Drucksache 14/2416 für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatterin:
Schütz
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Beschlussempfehlungen des Innenausschusses
8. Zu dem Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum –
Drucksache 14/2627
– Haltung gefährlicher Tiere in Privathaushalten
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 14/2627 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Vorsitzende und Berichterstatter:
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2627 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, im hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) sei in
§ 43 a – Halten gefährlicher Tiere – Folgendes geregelt:
Die nicht gewerbsmäßige Haltung eines gefährlichen Tieres
einer wild lebenden Art ist verboten. Gefährliche Tiere sind
solche, die in ausgewachsenem Zustand Menschen durch Körperkraft, Gifte oder Verhalten erheblich verletzen können und
ihrer Art nach unabhängig von individuellen Eigenschaften
allgemein gefährlich sind. Die Bezirksordnungsbehörde kann
auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot zulassen …
Ausweislich der Gesetzesmaterialien des Hessischen Landtags
sei allein im Jahr 2006 am Flughafen Frankfurt der Import von
946 142 gefährlicher Tiere, darunter 43 236 Skorpione und Spinnen, 228 951 Amphibien und 673 955 Reptilien, festgestellt worden.
Weil die Antragsteller nicht der Auffassung seien, dass es trotz
dieses umfangreichen Imports gefährlicher Tiere in Baden-Württemberg eines Verbots analog zum auszugsweise zitierten § 43 a
HSOG bedürfe, hätten sie mit dem vorliegenden Antrag abgefragt, ob mit gefährlichen Tieren bereits Straftaten verübt worden
seien. Die Aussage in der Stellungnahme der Landesregierung zu
Ziffer 5 des Antrags, mit Tieren seien in Baden-Württemberg im
Jahr 2006 nur 67 und im Jahr 2007 nur 59 Straftaten verübt worden, gebe den Antragstellern recht und zeige, dass sich die baden-württembergische Bevölkerung auch ohne ein solches Verbot sicher fühlen könne.
Im Nachgang zum Inkrafttreten des geänderten HSOG in Hessen
habe das für den Flughafen Frankfurt zuständige Regierungspräsidium Darmstadt auf Antrag den Verbleib von 870 Grubenottern, 252 Klapperschlangen, von zwei Tigern, einem Puma, von
49 Krokodilen und eines Ozelots genehmigt. Insofern sei er nicht
zufrieden mit der unter Federführung des Ministeriums für
Ernährung und Ländlichen Raum erarbeiteten Stellungnahme der
Landesregierung zum Antrag; denn statt sich zum Verbleib von
solchen Tieren zu äußern und einen Sachkundenachweis als Voraussetzung für die Haltung derartiger Tiere zu befürworten, was
auch dem Tierschutz dienen würde, gehe das Ministerium im
Wesentlichen auf Hauskatzen ein.
Ein Abgeordneter der Grünen merkte an, die in der Stellungnahme aufgezeigte Gefährlichkeit der Hauskatze sei ihm neu gewesen und im Übrigen sei er dankbar für die Aussage, dass sich
gefährliche Tiere eher nicht als Waffen für Terroristen eigneten.
Ein Abgeordneter der SPD erkundigte sich danach, ob die Landesregierung die bestehenden Regelungen zur Haltung von
Kampfhunden als bewährt einstufe oder eventuell beabsichtige,
sie zu ändern.
Der Ministerialdirektor im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum legte dar, mit der Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten
gefährlicher Hunde habe auch das Signal an die Gesellschaft ausgesandt werden sollen, von der Haltung von Kampfhunden möglichst abzusehen. Diese Regelung habe sich bewährt und sollte
beibehalten werden.
Insgesamt gebe es in der Bundesrepublik schätzungsweise 100
Millionen Haus- und Heimtiere. Von solchen Tieren könnten
aufgrund ihrer Nähe zum Menschen wesentlich mehr Gefährdungen ausgehen als von manchen auch giftigen wild lebenden Tieren, und deshalb werbe die Landesregierung bei der Bevölkerung
um Zurückhaltung hinsichtlich der Haltung exotischer Tiere zu
Hause. Diesem Ziel diene auch die Stellungnahme der Landesregierung zum vorliegenden Antrag.
Der Innenminister merkte an, bei Anschlägen und Anschlagsvorbereitungen islamistischer Terroristen hätten gefährliche Tiere
bisher keine Rolle gespielt. Er weise in diesem Zusammenhang
jedoch darauf hin, dass in Afghanistan in fünf Fällen Esel zum
Transport von Sprengstoff eingesetzt worden seien, welcher
letztlich zur Explosion gebracht worden sei. Ein solches Szenario
halte er in Europa jedoch für wenig wahrscheinlich.
Der Erstunterzeichner des Antrags bedankte sich für die Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag und die ergänzenden
Ausführungen und führte weiter aus, seiner Fraktion sei es mit
diesem Antrag gelungen, zu verhindern, dass Baden-Württemberg
wie Hessen vorgehe und ein weiteres Verbot erlasse. Er hielte es
im Übrigen für wünschenswert, wenn im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum dem Schutz der Tiere als Mitgeschöpfe künftig eine größere Aufmerksamkeit gewidmet würde,
als dies offenbar derzeit der Fall sei.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
31. 07. 2008
Berichterstatter:
Junginger
17
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
9. Zu dem Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2653
– Marketingaktivitäten des Baden-Airports
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dietmar Bachmann u. a. FDP/DVP
– Drucksache 14/2653 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Braun
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2653 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, nachdem die Landesregierung ihre Stellungnahme zum vorliegenden Antrag erarbeitet gehabt habe, habe der Ministerpräsident in der 47. Plenarsitzung am 25. Juni 2008 eine Information zum Flughafen Stuttgart abgegeben und in diesem Zusammenhang u. a. erklärt, der
Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden, dessen Verkehrsanbindung
weiter verbessert werde, nehme eine erfreuliche Entwicklung
und sei in der Lage, weitere Verkehre aufzunehmen. Dies erfordere aus Sicht der Antragsteller jedoch Anreizsysteme und Werbemaßnahmen, und in diesem Zusammenhang interessiere ihn,
ob die Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag anders
ausgefallen wäre, wenn die erwähnte Information des Ministerpräsidenten bereits erfolgt wäre, und, wenn ja, wie.
den Reiseveranstaltern. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass auch im aktuellen Flugplan des Flughafens Stuttgart für
den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden geworben werde.
Ferner werde die Verkehrsanbindung des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden verbessert, was jedoch aufgrund der hohen
Kosten nur schrittweise erfolgen könne, und im Übrigen sei anzumerken, dass sowohl für das Bundesfernstraßennetz als auch
für die Bahn der Bund zuständig sei. In jedem Fall werde darauf
zu achten sein, dass keine in Relation zur Steigerung der Fluggastzahlen überteuerten Investitionen getätigt würden, was durch
eine Arbeitsgruppe sichergestellt werde.
Der Erstunterzeichner des Antrags brachte vor, aufgrund dessen,
dass die rund 600 Millionen € teuere geplante zweite Start- und
Landebahn am Flughafen Stuttgart nun doch nicht realisiert werde,
sollte nach seiner Auffassung genug Geld zur Verbesserung der
Situation am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden vorhanden sein.
In diesem Zusammenhang interessiere ihn nach wie vor, ob die
Landesregierung ihre Stellungnahme zum vorliegenden Antrag
und insbesondere die zu Ziffer 6 des Antrags nach der erfolgten
Entscheidung des Ministerpräsidenten zum Flughafen Stuttgart
noch so formulieren würde, wie sie es im April getan habe.
Der Staatssekretär im Innenministerium antwortete, der Bau
einer zweiten Start- und Landebahn am Flughafen Stuttgart hätte
zwar zunächst Geld gekostet, doch hätten sich die Investitionskosten durch höhere Einnahmen letztlich wieder amortisiert. Insofern ergebe sich durch den Verzicht auf die Investitionen keine
Einsparung in der dargelegten Höhe und schon gar nicht das Bereitliegen nunmehr nicht mehr benötigter Geldmittel.
Abschließend erklärte er unter Hinweis auf die zu Ziffer 6 des Antrags aufgeworfene Frage, er habe bereits dargelegt, in welcher
Weise die Landesregierung auf eine Attraktivitätssteigerung des
Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden hinarbeite. Marketingaktivitäten des Flughafens sei jedoch operatives Geschäft des Flughafens
und keine Sache der Landesregierung.
Ein Abgeordneter der Grünen merkte an, eine bessere Werbung
für den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden als durch die medienwirksame Äußerung des Ministerpräsidenten, welche Personengruppe nach seinen Vorstellungen welchen Flughafen bevorzugen sollte, sei kaum vorstellbar. Ihn interessiere, wann mit einer
Umsetzung der vom Ministerpräsidenten in Aussicht gestellten
Verbesserungen am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden gerechnet werden könne und wie sie finanziert werden sollten.
Ein Abgeordneter der SPD äußerte, die Aussage, dass die Verantwortung für die Anbindung des Flughafens Karlsruhe/BadenBaden an das Bundesfernstraßennetz beim Bund liege, sei formal
richtig. Doch sei in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten, da der
Bund kein großes Interesse daran habe, in etwas zu investieren,
wovon er später praktisch keinen Nutzen habe. Deshalb sei es
legitim, die Frage aufzuwerfen, ob sich das Land hinsichtlich der
Verbesserung der Verkehrsanbindung des Flughafens Karlsruhe/
Baden-Baden stärker als bisher engagieren sollte.
Ein Abgeordneter der SPD führte aus, wichtiger als Marketingmaßnahmen zugunsten des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden
wären Verbesserungen der verkehrlichen Anbindung dieses
Flughafens. Ferner müssten die Airlines davon überzeugt werden, auf diesem Flughafen mehr Flüge anzubieten, sodass die potenziellen Fluggäste eine echte Wahlmöglichkeit hätten. Er entnehme der Stellungnahme der Landesregierung zum vorliegenden Antrag, dass nun offenbar auch die Landesregierung bereit
sei, entsprechend tätig zu werden.
Der Staatssekretär im Innenministerium entgegnete, er halte diese
Strategie, den Bund zu entlasten, für falsch. Die Landespolitik
sollte sich zwar für möglichst viele Investitionen im Land einsetzen, doch primär auf Kosten des dafür Zuständigen, und im konkreten Fall, nämlich für die Bundesautobahnen und deren Verknüpfungen mit anderen Straßen und anderen Verkehrsträgern, sei
das der Bund, der von Verbesserungen im Übrigen durchaus profitiere. Das schließe jedoch ein gewisses Engagement des Landes,
wenn es um die Wahrung von Landesinteressen gehe, nicht aus.
Der Staatssekretär im Innenministerium legte dar, der Flughafen
Karlsruhe/Baden-Baden habe bereits eine außerordentlich erfolgreiche Entwicklung genommen, die sich in rasch steigenden Fluggastzahlen niederschlage. Diese Entwicklung werde fortgesetzt,
was im Übrigen auch zu einer Entlastung des Flughafens Stuttgart
führe. Dazu würden die Werbemaßnahmen für den Flughafen
Karlsruhe/Baden-Baden verstärkt, und zwar sowohl bei den Fluggesellschaften mit dem Ziel, mehr Flüge anzubieten, als auch bei
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
18
04. 08. 2008
Berichterstatter:
Braun
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
10. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU
und der Stellungnahme des Innenministeriums –
Drucksache 14/2659
– Verflechtung der Verkehrsverbünde im Raum
Bodensee und Oberschwaben
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU – Drucksache 14/2659 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Sckerl
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2659 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Ein Sprecher der Antragsteller legte dar, er entnehme der Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag, dass sich hinsichtlich der Verflechtung der Verkehrsverbünde im Raum Bodensee
und Oberschwaben in letzter Zeit große Verbesserungen ergeben
hätten. Von so guten Verflechtungen seien der Verkehrsverbund
Pforzheim-Enzkreis und der Verkehrsverbund Stuttgart jedoch
noch weit entfernt. Er weise in diesem Zusammenhang darauf
hin, dass der Verkehrsverbund Stuttgart die Auffassung vertrete,
diejenigen Verbünde, die Vergünstigungen wie beispielsweise
bessere Übergangsmöglichkeiten begehrten, müssten sich nicht
nur an den unmittelbar dadurch bedingten Kosten beteiligen,
sondern auch anteilig an den Kosten, die die am Verbund Beteiligten bisher für den Verbund aufgewendet hätten. Dies halte
er für ungerechtfertigt, zumal der Verkehrsverbund Stuttgart zu
einem großen Teil mit Steuergeldern bezahlt worden sei.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP merkte an, auch seine Fraktion
halte die in der umfangreichen Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag dargestellte Situation im Raum Bodensee und
Oberschwaben hinsichtlich der Verkehrsverbünde für überdurchschnittlich gut. Doch auch der Verkehrsverbund Stuttgart habe
schon viel erreicht und entwickle sich positiv. Er persönlich halte
es im Übrigen für gerecht und zielführend, wenn andere, wenn sie
an dieser erfolgreichen Entwicklung partizipieren wollten, eine
Art Eintritt zahlen müssten.
des ÖPNV hinzuwirken. Die mit den Verkehrsverbünden vertraglich vereinbarte verbesserte Zusammenarbeit der Verbünde
untereinander sei ein Schritt in die richtige Richtung, reiche jedoch noch nicht aus.
Der Sprecher der Antragsteller merkte an, er wohne genau in der
Mitte zwischen dem Karlsruher Verkehrsverbund und dem Verkehrsverbund Stuttgart und habe deshalb Vergleichsmöglichkeiten. Dabei stelle sich der Karlsruher Verkehrsverbund hinsichtlich der Tarife für verbundgrenzenüberschreitende Fahrten als
wesentlich entgegenkommender dar als der Verkehrsverbund
Stuttgart.
Ein Abgeordneter der SPD schloss sich den Ausführungen des
Abgeordneten der FDP/DVP zum Verkehrsverbund Stuttgart an
und führte weiter aus, er halte es für zu wenig, wenn die Landesregierung Kooperationen zwischen den Verkehrsverbünden koordiniere und dabei moderierend berate. Angesichts dessen, dass
die Landesregierung wesentlich wirksamere Einwirkungsmöglichkeiten habe, erscheine ihm das als zu wenig, und er fordere
die Landesregierung auf, im Interesse intensiverer Kooperationen und vielleicht auch Integrationen stärker als bisher Einfluss
zu nehmen. Denn die Tarife seien nach wie vor recht unübersichtlich, was auch die Bedienbarkeit von Fahrkartenautomaten
erschwere.
Der Staatssekretär im Innenministerium führte aus, die Frage, ob
es in Baden-Württemberg zu viele Verkehrsverbünde gebe, werde immer wieder aufgeworfen und diskutiert, zumal es in Nordrhein-Westfalen sehr große Verkehrsverbünde gebe, die beispielsweise hinsichtlich der Tarifgestaltung durchaus vorteilhaft
seien, jedoch auch Nachteile hätten, beispielsweise den, dass der
Kontakt zu den Kunden aufgrund der großen Entfernungen
schwieriger sei. Insgesamt betrachtet sei Baden-Württemberg
hinsichtlich seiner Verbundlandschaft gut aufgestellt, wie auch
das im Antrag thematisierte Beispiel zeige, doch seien mehr Kooperationen in der Tat sinnvoll und wünschenswert, und zwar
Kooperationen innerhalb Baden-Württembergs als auch über die
Landesgrenzen hinaus. Das Land sei bereit, entsprechende Aktivitäten auch finanziell zu fördern.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
31. 07. 2008
Berichterstatter:
Sckerl
Ein Abgeordneter der Grünen entgegnete, er halte die Konstruktion des Verkehrsverbunds Stuttgart und dessen offensichtliches
Bestreben, möglichst niemanden hinzukommen zu lassen, für auf
Dauer nicht haltbar. Aus Sicht seiner Fraktion sollte die Zahl der
Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg, hinsichtlich derer Baden-Württemberg im Übrigen bundesweit an der Spitze liege,
deutlich reduziert werden; denn dies würde aufgrund der Tarifvereinheitlichung vielen Fahrgästen, die den ÖPNV derzeit verbundgrenzenüberschreitend nutzten, helfen. Der ÖPNV sollte für
den Regelverkehr so attraktiv gemacht werden, wie er es beispielsweise mit dem Baden-Württemberg-Ticket für den Gelegenheitsverkehr bereits sei. Aus Sicht seiner Fraktion rechtfertige
die Tatsache, dass das Land viel Geld für den ÖPNV bereitstelle,
stärker als bisher auf eine aus Landessicht sinnvolle Entwicklung
19
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
11. Zu dem Antrag der Abg. Werner Wölfle u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2692
– Lärmaktionsplan für den Flughafen Stuttgart
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Werner Wölfle u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2692 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Scheuermann
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2692 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, die Antragsteller
sähen sich durch die Stellungnahme der Landesregierung zum
vorliegenden Antrag in der Auffassung bestätigt, dass die Landesregierung nicht umhinkommen werde, für den Flughafen
Stuttgart einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Die Auslösewerte
seien bereits grundsätzlich bekannt, und wenn auch hinsichtlich
der Schutzzonen Klarheit herrsche, könne mit der Erarbeitung
begonnen werden.
Ein Abgeordneter der CDU stellte klar, aus der Stellungnahme
der Landesregierung zu Ziffer 1 des Antrags gehe hervor, dass
eine gesetzeskonforme Ermittlung der Lärmbelastung im Umfeld
des Flughafens Stuttgart bislang deshalb nicht habe erfolgen können, weil der Bundesverkehrsminister es bisher versäumt habe,
die Berechnungsmethode für die Ermittlung der Lärmbelastung
und die Festlegung von Schutzzonen nach dem Fluglärmgesetz
durch Rechtsverordnung zu regeln. Insofern sei die Ursache für
das Fehlen einer Maßnahmenplanung nicht auf Landes-, sondern
auf Bundesebene zu suchen.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP merkte an, er stimme den Ausführungen seines Vorredners im vollen Umfang zu, und bat die
Landesregierung um eine Aussage dazu, wie sie sich die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie in nationales Recht und
letztlich ihre Anwendung in Baden-Württemberg vorstelle.
Abschließend äußerte er, seine Fraktion sei den Antragstellern
dankbar für den vorliegenden Antrag und halte Maßnahmen zur
Lärmminderung grundsätzlich für sinnvoll; denn die in der Umgebung des Flughafens Stuttgart wohnenden Menschen seien
sehr stark von Fluglärm betroffen. Vorstellbar wäre aus Sicht seiner Fraktion beispielsweise, durch verstärkte Anreize dafür zu
sorgen, dass die Flughäfen im Land vorwiegend oder im besten
Fall ausschließlich von lärmemissionsarmen Flugzeugen angeflogen würden. Begrenzungen des Flugbetriebs bis hin zu einer
kompletten Einstellung hingegen wären aus Sicht seiner Fraktion
nicht praktikabel.
Der CDU-Abgeordnete warf ein, nach seinen Informationen differenziere der Flughafen Stuttgart bereits seit Längerem bei der
Festlegung der Start- und Landegebühren nach den Emissionen
und insbesondere den Lärmemissionen der Flugzeuge.
20
Der Abgeordnete der FDP/DVP entgegnete, am Flughafen Stuttgart werde hinsichtlich der Lärmemissionen der Flugzeuge in der
Tat differenziert, doch offenbar nicht stark genug. Denn es sei
nach wie vor attraktiv, den Flughafen Stuttgart auch mit lauten
Flugzeugen anzufliegen.
Ein Abgeordneter der SPD brachte vor, aus der Stellungnahme
der Landesregierung zu Abschnitt I Ziffer 3 des Antrags gehe
nicht hervor, ob sich das Regierungspräsidium Stuttgart in der in
dieser Ziffer des Antrags wörtlich wiedergegebenen Weise
geäußert habe. Hierzu bitte er um eine klarstellende Aussage der
Landesregierung.
Ein Vertreter des Umweltministeriums teilte mit, den genauen
Wortlaut der Mitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart an
die Stadt Leinfelden-Echterdingen mit dem Inhalt, dass derzeit
nicht an einem Lärmaktionsplan für den Flughafen Stuttgart gearbeitet werde, kenne er nicht. Fakt sei jedoch, dass es keine
Schwellenwerte gebe. Die Landesregierung habe zwar einmal
über den Bundesrat versucht, Schwellenwerte für die Auslösung
von Aktionsplänen einzuführen; diese Bemühungen hätten sich
jedoch auf den Straßenverkehr bezogen, und zwar vor der Novellierung des Fluglärmgesetzes. Für den Luftverkehr habe sich,
weil das novellierte Fluglärmgesetz in § 14 festlege, dass bei der
Lärmaktionsplanung für Flugplätze die jeweils anwendbaren
Werte des § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes zu beachten seien, die Frage
der Schwellenwerte für die Auslösung von Lärmaktionsplänen
erübrigt. Schwellenwerte könnten daher keine Grundlage für die
Überlegung, einen Lärmaktionsplan aufzustellen, sein. Vielmehr
müssten Berechnungen angestellt werden, für die es derzeit jedoch noch keine Vorgaben des Bundes gebe.
Anschließend führte er aus, die EU-Umgebungslärmrichtlinie
werde nicht in der Weise wirksam, dass innerhalb einer bestimmten Frist für jeden Flughafen ein Lärmaktionsplan erstellt werden
müsse. Einen solchen Automatismus werde es also nicht geben.
Die Richtlinie gebe vielmehr vor, Lärmkarten zu erstellen und
bei Bedarf Lärmaktionspläne aufzustellen, ohne jedoch einen
Schwellenwert oder Grenzwert zu nennen. Insofern bleibe es den
zuständigen Behörden überlassen, zu entscheiden, wann und wo
ein Lärmaktionsplan erstellt werden müsse.
Der Abgeordnete der FDP/DVP bedankte sich für die Klarstellung, dass die EU nicht automatisch Lärmaktionspläne fordere.
Da es derzeit auch keine nationale Verordnung gebe, die dies fordern würde, müssten am Flughafen Stuttgart derzeit keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden.
Der Erstunterzeichner des Antrags warf ein, sobald der Bund in
der Weise, wie sie in der Stellungnahme der Landesregierung zu
Abschnitt I Ziffer 1 beschrieben werde, tätig geworden sei, müsse
für den Flughafen Stuttgart ein Lärmaktionsplan erstellt werden.
Insofern erübrige sich eine Abstimmung über Abschnitt II des
Antrags, sodass der Antrag im Ganzen für erledigt erklärt werden
könne.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
21. 07. 2008
Berichterstatter:
Scheuermann
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
12. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD
und der Stellungnahme des Innenministeriums –
Drucksache 14/2702
– Vereinbarung zur Unterstützung der schweizerischen Sicherheitskräfte durch baden-württembergische Polizeikräfte bei der Fußball-Europameisterschaft 2008
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD – Drucksache 14/2702 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Blenke
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2702 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, im Umfeld der
Fußball-Europameisterschaft sei es nicht im befürchteten Umfang zu Ausschreitungen und Eskalationen gekommen. Gleichwohl habe es genügend Anlässe gegeben, in denen das Einschreiten der Polizei erforderlich gewesen sei. Der Polizei, die mit der
nötigen Besonnenheit vorgegangen sei, gebühre für ihren Einsatz
Dank.
Wichtiger als ein Dank sei für die betroffenen Polizeibeamten jedoch die Frage, wie die in diesem Zusammenhang geleisteten
Überstunden finanziell oder in Freizeit abgegolten würden, und
diese Frage richte er an den Innenminister.
Der positive Eindruck, den die deutsche Polizei bei der FußballEuropameisterschaft letztlich hinterlassen habe, sei für die Antragsteller angesichts der in der Antragsbegründung dargelegten
Zitate aus der Presse nicht selbstverständlich gewesen, und deshalb hätten die Antragsteller die im Antrag thematisierten Fragen
aufgeworfen. Beispielsweise hätten sich die Antragsteller dafür
interessiert, ob beabsichtigt gewesen sei, deutsche Polizeibeamte
auch in Planungen der Einsatztaktik einzubinden. Ihn interessiere, wie die Zusammenarbeit zwischen den Schweizer Polizeidienststellen und den deutschen Polizeibeamten in der Realität
abgelaufen sei.
Weiter brachte er vor, die Antragsteller hätten befürchtet, dass es
aufgrund der Vielzahl öffentlicher Veranstaltungen, die anlässlich der Fußball-Europameisterschaft auch in Deutschland stattgefunden hätten und bei denen es mitunter 25 000 Teilnehmer
gegeben habe, auch in Deutschland punktuell zu Übergriffen
komme. Auch diese Befürchtungen hätten dem vorliegenden Antrag zugrunde gelegen.
Abschließend bat er darum, den Ausschussmitgliedern die in der
Stellungnahme der Landesregierung zu Abschnitt II des Antrags
erwähnte Verwaltungsabsprache mit der Schweiz zur Kenntnis
zu geben. Davon, diese zu veröffentlichen, sei nie die Rede gewesen. An diesem Wunsch nach Kenntnisnahme hielten die Antragsteller fest.
Ein Abgeordneter der CDU führte aus, anlässlich der FußballWeltmeisterschaft 2006 seien Polizeikräfte aus der Schweiz in
Deutschland eingesetzt gewesen und im Gegenzug seien bei der
letzten Fußball-Europameisterschaft deutsche Polizeibeamte in
der Schweiz eingesetzt gewesen, wobei es sich angesichts der
guten Nachbarschaft um einen völlig normalen Vorgang handle.
Nach Informationen seiner Fraktion seien die deutschen Polizeibeamten in der Schweiz auf sehr hohe Akzeptanz und sehr hohen
Respekt gestoßen. Für ihre hervorragende Arbeit und den gelungenen Einsatz der deutschen Polizei zolle er ihr Dank und Anerkennung. Er stelle im Nachhinein fest, dass sich die von den Antragstellern thematisierten Befürchtungen u. a. dank der guten
Arbeit der Polizei nicht bewahrheitet hätten.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP legte dar, die Stellungnahme
der Landesregierung zum vorliegenden Antrag zeige, dass sich
die Befürchtungen der Antragsteller nicht bewahrheitet hätten.
Dies sei positiv und auch im Sinne der Antragsteller. Er schließe
sich dem Dank an die Polizeikräfte an. Positiv habe sich im Übrigen ausgewirkt, dass viele der in der Schweiz eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten vor zwei Jahren bei der FußballWeltmeisterschaft Gelegenheit gehabt hätten, Erfahrungen im
Umgang mit dem Personenkreis, der bei solchen Veranstaltungen auch anzutreffen sei, zu sammeln. Er gehe davon aus, dass
die Polizeiführung dafür Sorge trage, dass die im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft geleisteten Überstunden im Interesse einer weiterhin hohen Motivation der Polizeibeamtinnen und -beamten möglichst bald in geeigneter Weise abgegolten würden.
Ein Abgeordneter der Grünen stellte klar, die Besorgnis, die es
im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft gegeben habe, sei
nicht von der Opposition ausgelöst worden, sondern habe sich
aus der Wiedergabe von Äußerungen von Führungskräften der
Schweizer Polizei in der Presse ergeben. Insofern sei der vorliegende Antrag völlig berechtigt gewesen. Er sei dankbar, dass
sich noch vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft herausgestellt habe, dass die Situation besser sei, als zu befürchten gewesen sei.
Anschließend stellte er fest, die Polizei sei während der FußballEuropameisterschaft professionell aufgetreten und habe gute Arbeit geleistet. Denn die Vorfälle, die es gegeben habe, seien bei
Veranstaltungen, an denen einschließlich Public Viewing, Autokorsos usw. Millionen von Menschen beteiligt seien, völlig normal. Für besonders erfreulich halte er, dass es gelungen sei, große
Hooliganauseinandersetzungen bereits in ihrer Entstehungsphase
einzudämmen und damit zu vermeiden.
Positiv sei ferner die Art der Unterbringung der deutschen Polizeibeamtinnen und -beamten zu bewerten; denn er wisse von
einem Verwandten, der bei der Polizei tätig sei und in Basel im
Einsatz gewesen sei, dass die Unterkünfte sowie die Betreuung
und Verpflegung in der Schweiz erstklassig gewesen seien. Er
habe ihm versprochen, im Ausschuss seinen Wunsch zum Ausdruck zu bringen, dass sich die baden-württembergische Polizei
an dieser erstklassigen Unterbringung und Verpflegung bei Einsätzen ein Beispiel nehme.
Der Erstunterzeichner des Antrags stellte klar, als völlig unberechtigt hätten sich die Befürchtungen der Antragsteller nicht
erwiesen. Denn die französische Polizei habe in der Schweiz andere Rechte gehabt als die deutsche.
Weiter führte er aus, der vorliegende Antrag eigne sich gut, sich
auch einmal darüber zu unterhalten, was bei Großereignissen wie
21
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
einer Fußball-Europameisterschaft seitens der Bevölkerung an
Erschwernissen hingenommen werden müsse. Er beispielsweise
sei nicht bereit, sich damit abzufinden, dass bei derartigen Sportereignissen mitunter über einen halben Tag hinweg die komplette
Infrastruktur einer Stadt lahmgelegt werde, sodass beispielsweise
Jugendliche keine Möglichkeit mehr hätten, nach 23 Uhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu fahren.
Anschließend warf er die Frage auf, ob es sinnvoll sei, sich als
Veranstalter darauf zu verlassen, dass das entsprechende Land
polizeilich in der Lage sei, für diese Veranstaltung Sicherheit
und Ordnung zu gewährleisten, und plädierte dafür, im Vorfeld
der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft auch Fragen der Sicherheit offensiv zu diskutieren.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP merkte an, sportliche Großereignisse stellten eine besondere Situation dar, in der auch ausgelassen gefeiert werde. So etwas sollte erlaubt sein. Er vertraue
darauf, dass sich die Polizei besonnen verhalte und nur dann einschreite, wenn dies geboten sei, und im Übrigen träten Situationen, in denen Menschen in sehr großer Zahl ausgelassen feierten,
nicht überraschend ein, sodass sich die Bevölkerung darauf einstellen könne.
Der Erstunterzeichner des Antrags warf ein, in Heilbronn sei nach
einem Fußballspiel so ausgelassen gefeiert worden, dass der Nahverkehr habe komplett eingestellt werden müssen, sodass mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine Heimfahrt mehr möglich gewesen sei. Dies halte er für unangemessen und für nicht tolerierbar.
Der Innenminister führte aus, Autokorsos würden nicht wie eine
Demonstration angemeldet, sondern bildeten sich spontan. Die
Polizei habe auch keine Möglichkeit, diese zu verbieten oder aufzulösen, sondern habe lediglich die Möglichkeit, Gefahrensituationen zu beseitigen und die Korsos zu kanalisieren. Im Übrigen
kämen solche Autokorsos nicht überraschend zustande, und jeder,
der sich zum Zeitpunkt der Beendigung eines Spiels beispielsweise einer Fußball-Europameisterschaft in der Öffentlichkeit aufhalte, müsse Verkehrseinschränkungen in Kauf nehmen. Dort, wo
es hinsichtlich ausgelassener Feiern nur wenig Toleranz gebe,
sollte darüber nachgedacht werden, ob an diesen Orten überhaupt
wieder Public-Viewing-Veranstaltungen stattfinden sollten, die
praktisch immer Verkehrseinschränkungen zur Folge hätten.
Anschließend brachte er vor, das Lob an die Polizei gebe er gern
weiter. Er weise jedoch darauf hin, dass trotz der erwarteten
Mehrarbeitsstunden wesentlich mehr Polizeibeamte Interesse an
einem Einsatz in der Schweiz bekundet gehabt hätten, als letztlich zum Zuge gekommen seien. Es sei also niemand zu einem
Einsatz in der Schweiz gezwungen worden. Zur Abgeltung von
Mehrarbeitsstunden stünden 3,1 Millionen € zur Verfügung. Die
Unterkunft und Verpflegung in der Schweiz seien im Übrigen in
der Tat erstklassig gewesen. Derartige Rahmenbedingungen
könnten bei Veranstaltungen wie beispielsweise dem G-8-Gipfel
in Heiligendamm u. a. aus einsatztaktischen Gründen jedoch
nicht erwartet werden, wobei anzumerken sei, dass die badenwürttembergischen Polizeibeamten in Heiligendamm vergleichsweise gut untergebracht gewesen und verpflegt worden seien.
Weiter führte er aus, während der Fußball-Europameisterschaft
habe es in der Tat unterschiedliche rechtliche Situationen zwischen der Schweizer und der französischen Polizei einerseits und
der Schweizer und der baden-württembergischen Polizei andererseits gegeben, doch zugunsten der baden-württembergischen Polizei, weil Deutschland im Unterschied zu Frankreich
einen Polizeivertrag mit der Schweiz habe. Im Übrigen hätten
22
sich die in der Antragsbegründung thematisierten Zitate als unzutreffend herausgestellt. Er erinnere in diesem Zusammenhang
diejenigen an ihre Verantwortung, die einen Presseartikel mit
missverständlichen und falsch wiedergegebenen Zitaten zum Anlass genommen hätten, diese Aussagen dadurch, dass sie sie auswalzten, noch zu verstärken, obwohl die in der Stellungnahme
der Landesregierung zum Antrag erwähnte Polizeiabsprache
nichts in dieser Richtung hergebe. Der Einsatz deutscher Polizeibeamter in der Schweiz sei vielmehr auf der Grundlage des
deutsch-schweizerischen-Polizeivertrags erfolgt. Er sei erstaunt
darüber gewesen, in welchem Maße die Schweiz bereit gewesen
sei, hoheitliche Befugnisse an die baden-württembergische Polizei abzugeben; er weise in diesem Zusammenhang darauf hin,
dass die deutschen Polizeibeamten die gleichen Eingriffsrechte
gehabt hätten wie ihre Schweizer Kollegen. Deshalb hätten die
baden-württembergischen Polizeibeamten bei ihren Einsätzen,
die immer auch in gemischter Besetzung erfolgt seien, auf Augenhöhe mit den Schweizer Kollegen agiert. Im Übrigen würden
baden-württembergische Polizeibeamte sehr gern zu solchen
Auslandseinsätzen hinzugezogen, weil die baden-württembergische Einsatztaktik im Ausland hohes Ansehen genieße und sich
immer wieder bewährt habe.
Abschließend teilte er mit, die wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich des Polizeieinsatzes während der Fußball-Weltmeisterschaft seien in der erwähnten Verwaltungsabsprache sowie in
vielen vorausgegangen Konferenzen wie beispielsweise der Bodensee-Sicherheitskonferenz erfolgt. In der Schweiz sei bekannt,
wie die baden-württembergische Polizei konzeptionell aufgestellt
sei. In die Einsatzplanung sei im Übrigen der baden-württembergische Landespolizeipräsident eingebunden gewesen. Nachdem
der Polizeieinsatz in der Schweiz beendet sei, übergebe er dem
Ausschussvorsitzenden die Verwaltungsabsprache mit der Ermächtigung, sie auch an die Ausschussmitglieder weiterzugeben,
und bitte um Verständnis, dass eine solche Unterlage, die polizeitaktische Interna beinhalte, wenn überhaupt nur nach einem
Einsatz herausgegeben werden könne.
Der Erstunterzeichner des Antrags warf ein, wenn Randalierer
über polizeitaktische Informationen verfügten, wie es leider vielfach der Fall sei, sei nicht gesagt, dass diese Informationen aus
den Reihen der Polizei oder der Politik stammten.
Anschließend stellte er klar, seine Kritik an der Situation nach
dem Public Viewing in Heilbronn habe sich in keiner Weise gegen die Polizei gerichtet. Er kritisiere vielmehr, dass Kommunen
einerseits vielfach wetteiferten, möglichst große Events zu veranstalten, und werbewirksam darauf hinwiesen, dass in ihrer Stadt
rund um die Uhr etwas geboten sei, sich jedoch andererseits über
Begleitprobleme wie Ruhestörung und Vandalismus beklagten
und die Schuld bei der Polizei oder der Landespolitik suchten.
Darüber sollte eine sachliche Diskussion auf der Ebene der Landespolitik möglich sein.
Der Innenminister warf ein, er teile diese Auffassung.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP äußerte, Verkehrseinschränkungen durch Autokorsos oder aufgrund von Public-Viewing-Veranstaltungen bei Fußballwelt- oder -Europameisterschaften träten
nicht überraschend ein, sodass sich die Bevölkerung darauf einstellen könne. Einige wenige Menschen, die sich durch das Feiern anderer Menschen gestört fühlten, gebe es jedoch immer, doch sollte
dies nicht zum Anlass genommen werden, das Feiern zu verbieten.
Der Ausschussvorsitzende nahm vom Innenminister ein Exemplar der erwähnten Verwaltungsabsprache entgegen und merkte
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
an, er hätte es begrüßt, wenn auch darüber hätte diskutiert werden können, welche Gründe eine frühere Bekanntgabe im Ausschuss verhindert hätten.
In seiner Eigenschaft als Mitunterzeichner des Antrags erkundigte er sich abschließend danach, in welchem Umfang Mehrarbeitsstunden angefallen seien und ob mit den zur Abgeltung von
Mehrarbeitsstunden zur Verfügung stehenden Mitteln nicht nur
die in der Schweiz geleisteten Mehrarbeitsstunden abgegolten
würden, sondern auch die im Zusammenhang mit der FußballEuropameisterschaft bei in Deutschland tätigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten angefallenen Überstunden.
Der Innenminister antwortete, die vom Innenministerium angegebenen Mehrarbeitsstunden seien landesweit entstanden und
würden landesweit zeitnah ausgeglichen. Bei den zwei in der
Schweiz eingesetzten Hundertschaften seien rund 4 500 Mehrarbeitsstunden angefallen, die etwa je zur Hälfte finanziell und
durch Freizeit abgegolten würden. Landesweit habe es 177 000
Einsatzstunden gegeben, aus denen jedoch die reguläre Dienstzeit herausgerechnet werden müsse. Die finanziellen Mittel, die
zur Abgeltung von Mehrarbeitsstunden zur Verfügung stünden,
seien durchaus auskömmlich, doch bevorzugten viele Polizeibeamtinnen und -beamte einen Freizeitausgleich, was jedoch in der
Umsetzung schwieriger sei.
Der Ausschussvorsitzende legte abschließend dar, er spreche den
Einsatzkräften namens des Ausschusses Dank und Anerkennung
für ihre sehr gute Arbeit sowohl vor der Fußball-Europameisterschaft als auch während dieses unter Sicherheitsgesichtspunkten
nicht ganz risikolosen Großereignisses aus. Er gehe davon aus,
dass sich mit der Aushändigung der Verwaltungsabsprache Abschnitt II des Antrags erledigt habe, sodass der Antrag im
Ganzen für erledigt erklärt werden könne.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
18. 07. 2008
Berichterstatter:
Blenke
13. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD
und der Stellungnahme des Innenministeriums –
Drucksache 14/2741
– Polizeibegleitung bei Großraum- und Schwerverkehrtransporten
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD – Drucksache 14/2741 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Kluck
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2741 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags trug die Antragsbegründung
vor und führte weiter aus, die Polizeibegleitung bei Großraumund Schwerverkehrtransporten belaste die betroffenen Polizeireviere, weil dadurch eine Streife über Stunden gebunden werde,
außerordentlich stark, zumal bestimmte Reviere zum Teil mehrmals pro Woche mit solchen Einsätzen konfrontiert seien und die
Zahl der polizeibegleiteten Schwertransporte dramatisch zunehme. Die Einnahmen, die die Polizei durch solche Einsätze erziele, glichen die Erschwernisse jedoch nicht aus; interessanterweise stiegen sie auch nicht korrespondierend mit der steigenden
Zahl der Transporte, sondern gingen sogar zurück. Hierfür bitte
er um eine Erklärung.
Abschließend erkundigte er sich danach, welches Ziel das Land
mit der in der Stellungnahme der Landesregierung zu den Ziffern 6 und 7 des Antrags angekündigten Bundesratsinitiative
verfolge.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP äußerte, auch er interessiere
sich für die Ursache dafür, dass sich die Höhe der Gebühreneinnahmen nicht entsprechend der Zahl der Einsätze entwickle. Im
Übrigen sei seine Fraktion der Meinung, dass in einem Großteil
der Fälle nicht die Polizei tätig werden müsste, sondern ein Privatunternehmen beauftragt werden könnte.
Der Innenminister antwortete, der Rückgang der Gebühreneinnahmen liege daran, dass seit einiger Zeit die Rückfahrten von
den Einsätzen nicht mehr als abrechenbare Dienstfahrten gälten,
und zwar mit dem Argument, es sei nicht so, dass die Polizeibeamten auf der Rückfahrt nichts zu tun hätten, sondern als Präsenzstreifen durchaus polizeilich tätig seien und damit unabhängig von der vorausgegangenen Transportbegleitung im normalen
Polizeidienst seien. Pro angefangener halber Stunde würden für
die Transportbegleitung je eingesetztem Polizeibeamten nach der
Gebührenverordnung des Innenministeriums im Übrigen 28 €
berechnet.
Unter Bezugnahme auf die angesprochene Bundesratsinitiative
teilte er mit, bereits derzeit sei der überwiegende Teil der
Großraum- und Schwertransporte nicht polizeibegleitungspflichtig und an der Absicherung der verbleibenden Transporte
würden zunehmend auch Private beteiligt, und zwar zur Absicherung nach hinten, um Auffahrunfälle zu vermeiden. In
Niedersachsen werde zudem auch erprobt, inwiefern private
Sicherungsfahrzeuge solche Transporte auch nach vorn absichern könnten, was jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei.
Derzeit untersuche eine Projektgruppe der Innenministerkonferenz, inwieweit der Anteil der Privaten an der Transportbegleitung erhöht werden könnte und welche Rechtsänderungen dafür
erforderlich wären; denn nicht alle in diesem Zusammenhang zur
erfüllenden Aufgaben seien originär polizeiliche Aufgaben. Im
Vordergrund stünden im Übrigen Aspekte der Verkehrssicherheit.
Diese Projektgruppe solle im Herbst einen Abschlussbericht vorlegen. Die Ergebnisse würden dem Bundesminister für Verkehr
zugeleitet und letztlich in eine Bundesratsinitiative münden, mit
der das Ziel verfolgt werde, die Transportbegleitung möglichst
weitgehend auf Private zu übertragen.
23
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, die Einsatzverhältnisse
von Waffen in Deutschland unterschieden sich stark von denen
in Kanada, sodass Vergleiche schwierig seien. Er verweise in
diesem Zusammenhang darauf, dass die Taser-Waffen in Kanada
mehr oder weniger Standardwaffen der Polizei seien, während
sie in Deutschland nur in ganz eingeschränktem Umfang durch
besonders geschulte Beamte eingesetzt würden, um den Gebrauch der Schusswaffe zu vermeiden.
18. 07. 2008
Berichterstatter:
Kluck
14. Zu dem Antrag der Abg. Hans-Ulrich Sckerl u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2760
– Bewertung neuer Forschungsergebnisse zum
Einsatz von Taser-Waffen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Hans-Ulrich Sckerl u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2760 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Zimmermann
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2760 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags rief in Erinnerung, dass sich
der Innenausschuss bereits im Januar mit dem Thema TaserWaffen befasst habe, und zwar auf der Grundlage des Antrags
Drucksache 14/2056, und führte weiter aus, der Einsatz dieser
Waffen erfordere ein seriöses und sensibles Vorgehen. Insofern
begrüße er den äußerst restriktiven Einsatz solcher Waffen in Baden-Württemberg. Die bisherigen Studien über die Wirkung von
Taser-Waffen seien im Übrigen zu relativieren, weil sie letztlich
von der Herstellerfirma finanziert worden seien.
Kürzlich hätten jedoch kanadische Kardiologen die Wirkung von
Taser-Waffen untersucht und seien zu signifikant anderen Ergebnissen gekommen, und zwar sowohl bei der nachträglichen Auswertung früherer Studien als auch bei Tierversuchen. Bemerkenswert sei, dass in früheren Untersuchungen bei der Ermittlung der Gefährlichkeit davon ausgegangen worden sei, dass Personen von hinten mit einer Taser-Waffe beschossen würden. Ein
Schuss von vorn in Richtung Herz habe jedoch deutlich größere
Auswirkungen und sei bei drei Menschen, die keinerlei Herzerkrankungen gehabt hätten, tödlich gewesen. Diese Erkenntnisse
zögen voraussichtlich weitere Untersuchungen nach sich und
sollten aus Sicht der Antragsteller zum Anlass genommen werden, seitens der Innenministerkonferenz eine unabhängige Begutachtung der Wirkung von Taser-Waffen in Auftrag zu geben.
Abschließend stellte er klar, dass die Polizei, wenn gegen sie Gewalt ausgeübt werde, reagieren können müsse und gleichzeitig
den Einsatz von Schusswaffen möglichst vermeiden sollte. Taser-Waffen könnten in solchen Situationen eventuell sinnvoll
24
sein, doch sei es dennoch notwendig, ihre Wirkung im Lichte der
neuen Erkenntnisse kritisch zu hinterfragen.
Ein Abgeordneter der SPD legte dar, die Polizei sei aufgrund der
gestiegenen Gewaltbereitschaft, mit der sie konfrontiert sei, dringend auf Distanzwaffen angewiesen. In vielen Fachzeitschriftenartikeln würden Taser-Waffen für bestimmte Einsatzbedingungen als geeignet eingeordnet. Deshalb sei es verdienstvoll, dass
die Antragsteller im vorliegenden Antrag thematisiert hätten,
dass mit dem Einsatz dieser Waffen durchaus auch Risiken verbunden seien, die eine sorgfältige Abwägung erforderten, und
dass ein Einsatz nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen
könne. Die derzeitige restriktive Handhabung in Baden-Württemberg finde daher seine Zustimmung.
In diesem Zusammenhang biete sich eine Diskussion im Ausschuss an, welche Arten von Distanzwaffen überhaupt zur Verfügung stünden und wie sinnvollerweise reagiert werde, wenn sich
aus scheinbar völlig harmlosen Situationen heraus Gewalt entwickle und ein unmittelbarer Körperkontakt mit entsprechenden
Verletzungsrisiken vermieden werden müsse.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP brachte vor, nach seiner Kenntnis
hätten Schusswaffen den Nachteil, dass ein Schuss in Arm oder Bein
nicht zwangsläufig schlagartig zu einer völligen Bewegungsunfähigkeit führe. Insofern und angesichts der steigenden Gewaltbereitschaft auch gegen Polizeibeamte sei eine grundsätzliche Diskussion
über Distanzwaffen sinnvoll und notwendig. Die Stellungnahme der
Landesregierung zum Antrag zeige im Übrigen, dass Baden-Württemberg hinsichtlich des Einsatzes von Taser-Waffen sehr restriktiv
vorgehe, und er empfehle, diese Vorgehensweise beizubehalten.
Der Innenminister äußerte, er stimme seinen Vorrednern zu. In
Deutschland würden Taser-Waffen in der Tat äußerst restriktiv
eingesetzt. Zudem werde jeder Einsatz dieser Waffe der Deutschen
Hochschule für Polizei gemeldet und dort wissenschaftlich ausgewertet. Insofern werde dem Anliegen der Antragsteller durchaus
Rechnung getragen. Seit dem 1. März 2007 sei in Baden-Württemberg in vier Fällen eine Taser-Waffe eingesetzt worden, davon
dreimal erfolgreich und einmal nicht erfolgreich. Er weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass u. a. die Kleidung des potenziellen Täters Auswirkungen auf das Funktionieren dieser Waffe
habe. Bislang sei es nicht zu Verletzungen gekommen. Eine
flächendeckende Ausstattung der baden-württembergischen Polizei mit solchen Waffen sei nicht vorgesehen.
Abschließend sagte er zu, dem Ausschuss, wenn neue Erkenntnisse über die Wirkung von Taser-Waffen vorlägen, unaufgefordert darüber zu berichten.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
29. 07. 2008
Berichterstatter:
Zimmermann
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Innenausschuss
15. Zu dem Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD
und der Stellungnahme des Innenministeriums –
Drucksache 14/2764
– Bekleidungswirtschaft der Polizei – Pilotversuch zur Systemversorgung durch einen privaten Dienstleister
16. Zu dem Antrag der Abg. Hans-Martin Haller u. a.
SPD und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2770
– Finanzierung der verkehrlichen Änderungen
entlang der Stuttgarter „Kulturmeile“
Beschlussempfehlung
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Reinhold Gall u. a. SPD – Drucksache 14/2764 – für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
09. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Blenke
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2764 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, in der Stellungnahme der Landesregierung zu den Ziffern 1 bis 3 des Antrags
sei davon die Rede, dass immer wieder Interesse an der Durchführung eines Pilotversuchs für die Systemversorgung der Polizei durch einen privaten Dienstleister geäußert worden sei. Ihn
interessiere, wer ein solches Interesse zum Ausdruck gebracht
habe; denn er kenne niemanden, der daran ein Interesse haben
könnte. Ferner wolle er wissen, welches Ziel die Landesregierung mit dem Pilotversuch verfolge.
Abschließend merkte er an, die Landesregierung schreibe in ihrer
Stellungnahme zu Ziffer 4 des Antrags, das grundsätzliche Einverständnis der Dienststellen zur Teilnahme am Pilotversuch sei
relativ kurzfristig eingeholt worden. Konkret habe es sich um
einen Zeitraum von drei Tagen gehandelt, worin sogar noch ein
Feiertag enthalten gewesen sei. Eine solche Fristsetzung hielten
die Antragsteller für unangemessen kurz.
Der Landespolizeipräsident teilte mit, grundsätzlich verfolge das
Innenministerium das Ziel, Kosten zu senken. In diesem Zusammenhang werde im Wege eines sechsmonatigen Pilotprojekts geklärt, ob es überhaupt möglich sei, eine so diffizile Einrichtung wie
die landesweit präsente Polizei durch einen privaten Dienstleister
zu versorgen, und ob sich Potenziale für Kostensenkungen abzeichneten. Der Versuch werde auf 200 Beamte in 14 Dienststellen begrenzt und landesweit alle Bereiche abdecken. Die 14 Dienststellen,
die sich für eine Teilnahme entschieden hätten, hätten im Übrigen
nicht nur drei Tage Zeit gehabt, sich für oder gegen eine Teilnahme
zu entscheiden, sondern seien bereits vorher informiert gewesen;
lediglich die formale Anfrage habe sich aufgrund eines Krankheitsfalls etwas verzögert. Insofern sei die Frist vertretbar gewesen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
18. 07. 2008
Berichterstatter:
Blenke
den Antrag der Abg. Hans-Martin Haller u. a. SPD
– Drucksache 14/2770 – für erledigt zu erklären.
Die Berichterstatterin:
Der Vorsitzende:
Razavi
Junginger
Bericht
Der Innenausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2770 in
seiner 20. Sitzung am 9. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, die Bundesstraße
B 14 im Bereich der Stuttgarter Kulturmeile stelle eine funktionierende Verkehrsader dar, während das Straßennetz an anderen
Stellen im Land dringend repariert oder ausgebaut werde müsse.
Trotz des Funktionierens dieser Verkehrsader entlang der Stuttgarter Kulturmeile plane die Stadt u. a. unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine aus Sicht der Antragsteller verkehrlich nicht
notwendige Veränderung und wolle sie trotz erheblich gestiegener Einnahmen beispielsweise aus der Gewerbesteuer nicht komplett selbst bezahlen, sondern behaupte, das Land hätte die Bereitstellung von Bundesmitteln in Aussicht gestellt. Die verkehrliche Notwendigkeit der ins Auge gefassten Veränderungen entlang der Kulturmeile habe aus Sicht der Antragsteller bisher weder die Stadt noch das Land nachvollziehbar belegen können,
und die Antragsteller befürchteten, dass die Prüfung der verkehrlichen Notwendigkeit nicht ganz unvoreingenommen erfolge. Er
bitte den Staatssekretär daher, im Ausschuss konkret darzustellen, welche Verbesserungen der Verkehrsverhältnisse sich die
Landesregierung von den Baumaßnahmen entlang der Kulturmeile verspreche.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP warf ein, die hohen Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Stuttgart lägen u. a. daran, dass Stuttgart die mit Abstand höchsten Gewerbesteuerhebesätze in der
Region habe. Die FDP-Gemeinderatsfraktion in Stuttgart fordere
daher bereits seit Langem, die Gewerbesteuerhebesätze zu senken, um den Stuttgarter Betrieben zu ermöglichen, dieses Geld
ihren Beschäftigten zugute kommen zu lassen.
Zum Thema Kulturmeile merkte er an, eine Tunnellösung würde
insofern eine verkehrliche Verbesserung bedeuten, als sie ermögliche, die Kulturmeile vom Durchgangsverkehr zu entlasten; im
Übrigen würde die Kulturmeile erheblich aufgewertet, wenn sie
künftig von weniger Fahrzeugen passiert werde.
Eine Abgeordnete der CDU äußerte, der Stadt Stuttgart seien,
wie aus der Stellungnahme der Landesregierung zu Ziffer 5 des
Antrags hervorgehe, in der Tat 16 Millionen € für die Förderung
der verkehrlichen Belange der Kulturmeile in Aussicht gestellt
worden. Trotzdem könne jedoch nicht von einer bevorzugten Be-
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Landtag von Baden-Württemberg
Innenausschuss
handlung der Stadt Stuttgart im Verhältnis zu anderen Städten
und Gemeinden gesprochen werden; denn die erwähnten 16 Millionen € würden auf die Zuweisungen nach dem Entflechtungsgesetz an die Stadt Stuttgart angerechnet.
Ein Abgeordneter der Grünen merkte an, der Landesregierung
werde es sicher gelingen, die verkehrlichen Vorteile einer Lösung herauszuarbeiten und gesetzeskonform zu beschreiben, bei
der auf einer Länge von 800 m der innerörtliche Verkehr vom
überörtlichen Verkehr getrennt werde und auf dieser Länge die
Situation für die Fußgänger und Radfahrer verbessert werde. Ferner werde es der Landesregierung und der Stadt Stuttgart sicher
gelingen, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass für die Investition zusätzliches Geld bereitgestellt werde, um der Befürchtung
entgegenzutreten, dass andere Projekte erst später verwirklicht
werden könnten.
Der Erstunterzeichner des Antrags stellte klar, die Stadt Stuttgart
habe nicht das Recht, Entflechtungsgesetzmittel nach Belieben
zu verwenden, sondern müsse sie den rechtlichen Normen entsprechend investieren, was er im konkreten Fall bezweifle. Diese
Zweifel seien nach wie vor nicht ausgeräumt.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP merkte an, er gehe von einer
fairen Verteilung der vorhandenen Mittel aus.
Der Staatssekretär im Innenministerium teilte mit, das Bauvorhaben werde rund 70 Millionen € kosten. Wenn es sich um ein
reines Projekt nach dem Entflechtungsgesetz handelte, läge der
Zuschussanteil bei rund 60 %, also bei etwa 40 Millionen €. Die
Tatsache, dass der Zuschuss auf jeden Fall auf 16 Millionen €
gedeckelt werde, zeige jedoch, dass bei diesem Projekt nicht nur
verkehrliche, sondern auch städtebauliche Aspekte eine Rolle
spielten, zumal diese Straße mitten durch die Landeshauptstadt
Stuttgart und am Landtag vorbei führe und die Innenstadt durch
die Zerschneidungswirkung praktisch zerstöre. Eine komplette
Verlagerung der B 14 in einen Tunnel sei jedoch deshalb nicht
möglich, weil diese Straße in das innerörtliche und das regionale
Straßennetz eingebunden sei und beispielsweise am GebhardMüller-Platz und am Charlottenplatz mit diesen Netzen verknüpft sei.
Um für ein Projekt Mittel nach dem Entflechtungsgesetz erhalten
zu können, müsse ein verkehrlicher Zugewinn eindeutig nachgewiesen werden. Die Stadt Stuttgart habe dazu ein Verkehrsgutachten vorgelegt, aus dem hervorgehe, dass die verkehrliche Verbesserung hauptsächlich darin bestehe, dass im Bereich der Kulturmeile der Nahverkehr vom Fernverkehr getrennt werde und
diese beiden Verkehrsarten dadurch entzerrt würden. Dies diene
im Übrigen auch dem Ziel, den Verkehr flüssiger zu machen und
die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
Die Stadt Stuttgart gehe davon aus, dass weit über die Hälfte des
derzeitigen Verkehrs künftig im Tunnel stattfinden werde, sodass
künftig nur noch rund 35 000 Fahrzeuge pro Tag oberirdisch verkehrten. Dies eröffne, wie beispielsweise an der Straße „Unter
den Linden“ in Berlin sichtbar sei, ganz neue städtebauliche Perspektiven. Dafür sei das Land jedoch nicht zuständig.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
27. 07. 2008
Berichterstatterin:
Razavi
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Drucksache 14 / 3199
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Umwelt und Verkehr
17. Zu dem Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU
und der Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Drucksache
14/1060
– Grenzen der Biomassenutzung?
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Ulrich Müller u. a. CDU – Drucksache 14/1060 – für erledigt zu erklären.
21. 06. 2007 / 23. 04. und 19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Knapp
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/1060 in
seiner 8. Sitzung am 21. Juni 2007 und setzte die Beratung in seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008 fort.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, die vorliegende
Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen
Raum zum Antrag lasse erkennen, dass aus Gründen des Landschaftsschutzes und der Ökologie die – an sich positiv zu bewertende – Biomassenutzung doch an gewisse Grenzen stoße. Die zu
beobachtenden Steigerungsraten in diesem Bereich stellten eine
zusätzliche Einkommensmöglichkeit für Landwirte dar und böten
zweifellos wichtige Ressourcen für erneuerbare Energien. Ein
Problem hierbei liege jedoch darin, dass aufgrund der gestiegenen
Nachfrage Importe nötig seien, die jedoch manchmal mit gewissen ökologischen Risiken verbunden seien. Ein Beispiel hierfür
sei die Abholzung des Regenwaldes, um die steigende Nachfrage
nach Holz befriedigen zu können. Die Europäische Union fordere
hierzu seit Längerem ökologische Gütesiegel, um zu verhindern,
dass Biomasse zu Bedingungen produziert werde, die für die Umwelt eine Belastung darstellten. Die Stellungnahme mache zudem
deutlich, dass der Anbau von bioenergetisch zu verwendenden
Nutzpflanzen Auswirkungen auf die Preisgestaltung bei Grundlebensmitteln habe. Marktwirtschaftlich gesehen gebe es somit
auch in diesem Feld Gewinner und Verlierer.
Die Landesregierung beabsichtige, den Anteil der Energiegewinnung aus Biomasse von derzeit 4 % auf 8 % zu verdoppeln. In
dieser Größenordnung seien nach seiner Einschätzung noch
keine wesentlichen zusätzlichen ökologischen Probleme gegeben; sollte der Anteil jedoch auch darüber hinaus noch steigen,
befürchte er, dass die mit dem Antrag thematisierten Probleme
an Bedeutung gewännen.
Ein Abgeordneter der Fraktion GRÜNE legte dar, in weiten Teilen könne er sich den Ausführungen seines Vorredners anschließen. Allerdings würden manche der angesprochenen Befürchtungen durch die Stellungnahme zum Antrag entkräftet. So
bewege sich in Baden-Württemberg der Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche für Pflanzen zur Energiegewinnung lediglich in einer Größenordnung von 4 oder 5 %. Einbußen bei der
Nahrungsmittelversorgung seien nach seinem Dafürhalten nicht
zu befürchten.
Bei der Befassung mit diesem Thema müsse zwischen einer stärker regionalen Betrachtungsweise, die konkret die Situation in
Baden-Württemberg in den Blick nehme und der globalen Betrachtung unterschieden werden. Daran knüpfe sich die Frage,
welche Einflussmöglichkeiten das Land Baden-Württemberg habe, um außerhalb seines Einflussbereichs auf Prozesse einzuwirken, die möglicherweise Anlass zu Sorge gäben.
Prinzipiell bestehe sicher Konsens, dass der Ausbau erneuerbarer
Energien vorangetrieben werden müsse und dass die Biomassenutzung hierbei eine zentrale Rolle spiele. Zu ihren unbestrittenen Vorteilen zähle, dass sie breit einsetzbar, grundlastfähig und
flexibel sei. Selbstverständlich müsse der Ausbau der Biomassenutzung einhergehen mit dem Bemühen, die Umweltverträglichkeit sicherzustellen und die Biodiversität aufrechtzuerhalten. Zudem müsse im globalen Maßstab die Problematik der Preisentwicklung berücksichtigt werden. Hieran knüpfe sich beispielsweise auch die Forderung nach Zertifikationsverfahren für Importe. Im Rahmen der anstehenden Novelle des EEG sei sicherlich Gelegenheit, diese Aspekte einfließen zu lassen. Dabei müsse immer wieder auch grundsätzlich die Frage gestellt werden, in
welche Richtung die Entwicklung verlaufen solle. Er persönlich
sei der Überzeugung, dass noch stärker als bislang Abfälle einer
energetischen Nutzung zugeführt werden sollten. Auch Effizienzfragen müssten noch stärker in den Vordergrund rücken.
Diesem Aspekt müsse auch durch eine veränderte Förderpolitik
Rechnung getragen werden. Auch müsse die Frage gestellt werden, ob im Bereich der Mobilität tatsächlich weiterhin verstärkt
auf Biokraftstoffe gesetzt werden solle, anstatt zunächst einmal
die technischen Standards so zu entwickeln, dass eine größtmögliche Effizienz gegeben sei. Er hielte es für sinnvoller, Biomasse
vorrangig bei der stationären Energiegewinnung einzusetzen.
Er schlage vor, zunächst noch keinen Beschluss über den vorliegenden Antrag herbeizuführen, sondern zuvor gemeinsam mit
dem Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft eine Anhörung zu veranstalten, um Aufschluss über Chancen und Potenziale, aber auch mögliche Risiken der Biomassenutzung im nationalen und globalen Kontext sowie über entsprechende Steuerungsmöglichkeiten zu erhalten.
Ein Abgeordneter der Fraktion der SPD fragte, welche Möglichkeiten die Landesregierung sehe, um das Thema Biomassenutzung bei der Novelle des EEG stärker zu berücksichtigen, und
welche Leitlinien dabei verfolgt werden sollten. Wichtig sei,
auch bei den erneuerbaren Energien noch stärker als bislang auf
eine Effizienzsteigerung hinzuwirken. Auch für nachwachsende
Rohstoffe gelte, dass sie zu knapp und zu wertvoll seien, als dass
sie in ineffizienter Weise eingesetzt werden dürften.
Ihn interessiere zudem die Frage, welche Veränderungen im
Landschaftsbild bei einem verstärkten Anbau bioenergetischer
Nutzpflanzen erwartet würden und wie die Landesregierung diese Veränderungen beurteile. Dabei stehe die Frage im Vordergrund, wie sich die Biodiversität zukünftig gewährleisten lasse.
Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels, der seinerseits
vorhersehbar zu einer weiteren Abnahme der Biodiversität
führen werde, erhalte dieses Thema besondere Brisanz. Andererseits sei auch das Bild der derzeitigen Kulturlandschaft nicht naturgegeben, sondern verdanke sich menschlicher Einwirkung.
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Bei allen Problemen sollte dennoch nicht außer Acht gelassen
werden, dass die Biomasse erhebliche Vorteile mit sich bringe.
Wer in längeren Zeiträumen von 50 oder 100 Jahren denke, der
wisse, dass die Strom- und Wärmeerzeugung spätestens dann
komplett auf erneuerbare Energien umgestellt sein müsse. Auch
die Auswirkungen des verstärkten Anbaus von bioenergetisch
nutzbaren Pflanzen auf die Landwirtschaft und das Landschaftsbild dürfen seines Erachtens nicht nur unter negativen Vorzeichen betrachtet werden. Für die Landwirte könnten die über
einen längeren Zeitraum hinweg abgeschlossenen Verträge zur
wirtschaftlichen und finanziellen Sicherheit beitragen.
Ein Abgeordneter der Fraktion der FDP/DVP äußerte, auch seine
Fraktion setze sehr stark auf die Biomasse und begrüße den vorliegenden Antrag sowie die Stellungnahme hierzu. Noch sei
nicht von einem Konkurrenzverhältnis zwischen Ernährungspflanzen und Energiepflanzen zu sprechen. Die Verbandsvertreter hätten erst vor Kurzem versichert, die Versorgung der Bevölkerung sei in jedem Fall gesichert, auch wenn parallel zum
Anbau von Ernährungspflanzen in immer größerem Maße auch
Energiepflanzen auf den Feldern stünden.
Er halte es für sehr wichtig, dass, wie in der Stellungnahme zu
Ziffer 4 des Antrags angeführt, über die Abschaffung der obligatorischen Flächenstilllegung und der Energiepflanzenprämie
nachgedacht werde. Bei einer stärker global ausgerichteten Betrachtung der Sachlage müsse festgestellt werden, dass die erhöhte Nachfrage nach Palmölen in den Anbauländern tatsächlich ein
hohes Gefährdungspotenzial für Naturwaldflächen mit sich bringe. Anderseits sei, wie auch aus der Stellungnahme zu Ziffer 2
des Antrags hervorgehe, eine Bestockung von Brachflächen mit
Ölpalmen eine begrüßenswerte Alternative zur weiteren Rodung
von Flächen. Hier müsse eine Ökobilanz erweisen, wie dies zu
beurteilen sei.
Auch er halte es für sinnvoller, Biomasse zur Wärmeerzeugung
und nicht lediglich zur Stromproduktion einzusetzen und entsprechende Förderrichtlinien hierauf auszulegen. Hier biete sich
die Direkteinspeisung an.
Ein weiterer Abgeordneter der Fraktion der FDP/DVP erklärte,
das in Rede stehende Thema sei auch auf der jüngsten Wintertagung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) im
vergangenen Frühjahr angesprochen worden. Dabei habe die Frage in zugespitzter Weise gelautet: „Nahrung und Energie – oder
Nahrung oder Energie?“ Er lege den Ausschussmitgliedern die
Lektüre des Dokumentationsbandes dieser Tagung nahe, da dort
eine Vielzahl von Aspekten behandelt würden.
Er beobachte dennoch mit einer gewissen Sorge die Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Angesichts von 150 ha Mais, etwa
im Nördlinger Ries oder in Franken, stelle sich schon die Frage,
welche Auswirkungen auf das Grundwasser hiermit verbunden
seien. Auch Aspekte wie Fruchtfolge und Humusbildung müssten berücksichtigt werden. Auch müsse dabei die Gesamtbilanz
gesehen werden, und die umfasse auch Faktoren wie Grundwasserbelastung und Humusbildung. Die Novellierung des EEG böte
Gelegenheit, hier steuernd einzugreifen.
Im Übrigen weise er darauf hin, dass die an sich begrüßenswerten Preiserhöhungen etwa beim Getreide durchaus nicht immer
den Erzeugern selbst zugute kämen. Auf die von ihnen zu zahlenden Pachtpreise wirkten sich diese unterstellten Gewinne jedoch sehr rasch aus.
In seinem Wahlkreis befinde sich ein großes Wärmeheizkraftwerk, das auf Palmölbasis arbeite. Er frage in diesem Zusam-
28
menhang, wie dafür gesorgt werden könne, dass bei der Produktion dieser Pflanzen in den entsprechenden Herkunftsländern
ökologische Standards eingehalten würden. Mit Zertifizierungsmaßnahmen allein sei dabei nicht geholfen.
Abschließend fragte er, wie die Landesregierung die sogenannten
C-4-Pflanzen beurteile.
Die Umweltministerin teilte mit, auch ihrem Hause liege der Erfahrungsbericht im Rahmen der Novellierung des EEG noch
nicht vor. Es sei noch nicht einmal klar, ob dieser Bericht überhaupt vor der Sommerpause veröffentlicht werde. Daher habe die
Landesregierung noch nicht die Möglichkeit gehabt, die ihr
wichtigen Punkte in dieser Angelegenheit zu formulieren.
Welche Kritikpunkte, Wünsche und Anregungen Baden-Württemberg einbringen werde, hänge ganz entscheidend von diesem
Bericht ab. Sicher sei, dass das Thema Biogas Eingang in die
Novellierung finden müsse. Die Frage, die derzeit auf Bundesebene an zentraler Stelle diskutiert werde, sei, ob die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gemeinsam mit dem EEG diskutiert werden solle. Die Antwort hierauf sei selbstverständlich maßgeblich
für den weiteren Verlauf der Novellierungsgespräche.
Was die Frage der Zertifizierung angehe, so bestehe innerhalb
der Landesregierung Einigkeit, dass gerade im Hinblick auf das
Palmöl ökologische Leitlinien für notwendig erachtet würden.
Hierüber bestehe im Übrigen auch unter den anderen Bundesländern und auf der Ebene des Bundes Konsens. Auch auf europäischer Ebene werde dies thematisiert; offen bleibe allerdings, wie
die Umsetzung erfolgen solle.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, wie bereits aus
der Stellungnahme zum Antrag ersichtlich werde, blieben derzeit
noch viele Fragen offen. Um alle relevanten Punkte in die Abwägung einfließen zu lassen und geeignete Strategien zu entwickeln, bedürfe es noch vielfältiger Forschungsanstrengungen.
Die Erfahrung zeige, dass das Thema Biomassenutzung an Komplexität gewinne, je mehr praktische Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt würden.
Was die Novellierung des EEG betreffe, so müsse aus der Sicht
des Umweltministeriums die Frage der Energieeffizienz eine
zentrale Rolle spielen. Dabei gehe es nicht nur um Kraft-WärmeKopplung, sonder auch um die Frage, inwieweit Biogas so aufbereitet werden könne, dass es in die Erdgassysteme eingespeist
werden könne, um auf diese Weise sehr direkt der Wärmeversorgung zugute kommen zu können.
Geprüft werden müsse sicherlich auch, ob der Ansatz richtig sei,
vollständig auf Energieerzeugung aus Energiepflanzen zu setzen.
Immerhin seien damit eine Reihe von weiteren ökologischen
Problemen verbunden, beispielsweise die erhöhte Feinstaubbelastung. Auch müsse abgewogen werden, ob eher die stoffliche
oder aber die energetische Verwendung im Einzelfall sinnvoll
sei. Effizienter sei es sicherlich, die aus den Pflanzen gewonnenen Fasern zunächst stofflich zu verwerten und sie erst am Ende
ihres „Lebenszyklus“ einer energetischen Nutzung zuzuführen.
Dieses Argument werde beispielsweise von der papiererzeugenden Industrie immer wieder vorgebracht.
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen könne die grobe Richtung angegeben werden: Optimierung der Energieeffizienz in
quantitativer und qualitativer Hinsicht müsse die Leitlinie sein.
Was die Frage nach der Veränderung der Landschaft und den
Auswirkungen auf die Biodiversität angehe, so betone auch er,
dass es d i e Landschaft an sich nicht gebe, sondern dass „Land-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
schaft“ immer ein Ergebnis des gestalterischen Eingreifens in die
Natur sei. Klar sei, dass es zu Veränderungen komme und dass
sich der Wert von Flächen an deren ökonomischer Nutzbarkeit
bemesse. Inwieweit durch staatliche ordnungspolitische Maßnahmen in diese marktwirtschaftlichen Prozesse eingegriffen
werden könne und solle, müsse dahingestellt bleiben. Auch lasse
sich nur am jeweiligen Einzelfall beurteilen, ob solche Veränderungen unter ökologischen Aspekten zu begrüßen oder aber eher
abzulehnen seien. Auch müsse bedacht werden, dass viele
Flächen zukünftig wohl kaum mehr einer landwirtschaftlichen
Nutzung im hergebrachten Sinn zugeführt werden könnten. Auch
dann müsse abgewogen werden, ob es vorteilhafter sei, das entsprechende Gebiet brach liegen zu lassen, oder ob eine Bewirtschaftung der Fläche mit Energiepflanzen nicht doch mehr Vorteile böte. Nicht ausgeschlossen sei auch, dass der Anbau von
Energiepflanzen sogar zu einer Bereichung der Biodiversität
führen könnte. Hier gebe es insgesamt keine einfachen Antworten. Zweifellos seien vermehrte Forschungsanstrengungen unerlässlich.
Als eine Energiepflanze, die je nach Standort sinnvoll zum Einsatz kommen könne, sei die Sorte „Miscanthus“ zu nennen. Ob
sich diese Pflanze am Markt durchsetzen werde, müsse sich aufgrund des Verhältnisses zwischen Produktionskosten und zu erzielendem Gewinn noch zeigen.
Der Vertreter der Fraktion GRÜNE äußerte, sicherlich lägen die
Vorteile der Einspeisung von Biogas in das allgemeine Gasnetz
auf der Hand. Allerdings seien hiermit auch etliche Probleme
verbunden; beispielsweise verursache dessen Aufbereitung erhöhte Kosten, was dazu führe, dass die Produktion von Biogas
sich nur bei größeren Anlagen rechne. Hier müsse dann in
Größenordnungen von 1 Megawatt und höher geplant werden;
zur Einspeisung in eine solche Anlage seien nachwachsende
Rohstoffe in einer Menge erforderlich, die einer Anbaufläche
von 700 bis 900 ha entspräche. Solche Monokulturen brächten
fraglos große ökologische Probleme mit sich. Hinzu komme ein
erhöhtes Verkehrsaufkommen im Umkreis einer solchen Anlage.
Insofern müsse das Interesse eigentlich sein, die Anlagen nicht
immer noch größer zu bauen, sondern eher auf eine bessere Verteilung in der Fläche zu achten.
Novellierung des EEG anstehe. Er rate jedoch dazu, die Thematik nicht zu komplex zu gestalten, sondern sich auf das Thema
Biomassenutzung zu beschränken.
Der als Zweiter zur Wort gekommene Abgeordnete der Fraktion
der FDP/DVP schlug vor, bei der in Rede stehenden Anhörung
auch das baden-württembergische Wirtschaftsministerium in seiner Kompetenz für den Energiebereich einzubeziehen.
Der Umweltausschuss kam überein, an den Ausschuss Ländlicher
Raum und Landwirtschaft mit der Bitte heranzutreten, die Durchführung einer gemeinsamen Anhörung zum Thema Biomassenutzung auf der Grundlage des Antrags Drucksache 14/1060 zu prüfen.
Des Weiteren verständigte er sich darauf, die Beratung des Antrags Drucksache 14/1060 nach der Anhörung fortzusetzen und
dabei die im Rahmen dieser Anhörung gewonnenen Erkenntnisse
einfließen zu lassen.
Der Umweltausschuss nahm die Beratung des Antrags Drucksache 14/1060 in seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008 wieder auf.
Der Ausschussvorsitzende berichtete, die öffentliche Anhörung
zum Thema Biomassenutzung auf der Grundlage des Antrags
Drucksache 14/1060 habe inzwischen am 23. April 2008 als öffentlicher Teil der 16. Sitzung des Umweltausschusses ganztägig
stattgefunden. Diese Anhörung unter dem Titel „Chancen und
Grenzen der Biomassenutzung“ sei gemeinsam mit dem Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft und dem Wirtschaftsausschuss unter Beteiligung zahlreicher Referenten und in
Gegenwart vieler interessierter Zuhörer durchgeführt worden
und habe sehr aufschlussreiche Ergebnisse erbracht. Das umfangreiche Wortprotokoll dieser Anhörung mit allen Anlagen sei
im Internetportal des Landtags http://www.landtag-bw.de unter
der Rubrik „Gremien“ abrufbar.
Weiter verwies er auf die den Ausschussmitgliedern bereits zugegangenen Beschlussempfehlungen des Ausschusses Ländlicher Raum und Landwirtschaft und des Wirtschaftsausschusses,
die in Nachbereitung der Anhörung vom 23. April 2008 bereits
am 18. Juni bzw. 11. Juni 2008 über den Antrag Drucksache
14/1060 beraten hätten.
Der Vertreter des Umweltministeriums erwiderte, in dieser Frage
müsse sicherlich das Motto gelten, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Maßgeblich sei immer die Frage nach der Effizienz. Es sei nicht einfach, genügend Standorte zu finden, die zu
jeder Jahreszeit die erforderlichen Temperaturbedingungen aufwiesen. Hier müssten regionale Lösungen gefunden werden, die
innerhalb einer Raumschaft akzeptiert würden und in ihrer Gesamtheit Vorteile brächten. Es sei allerdings absehbar, dass kleine KWK-Anlagen, verteilt in der Fläche, effizienztechnisch sehr
schnell an ihre Grenzen stießen.
In seiner Eigenschaft als Erstunterzeichner des Antrags stellte er
fest, weiteren Beratungsbedarf hierüber gebe es offenbar nicht
mehr. Er regte abschließend an, auf der Basis dieser Anhörung
die Formulierung eines Beschlussantrags zu erwägen, der möglicherweise sogar interfraktionell verabschiedet werden könnte.
Der Erstunterzeichner merkte in seiner Eigenschaft als Ausschussvorsitzender an, auch er halte den Vorschlag, gemeinsam
mit dem Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft eine
Anhörung zum Thema Biomassenutzung durchzuführen, für gut.
Über den Zeitpunkt müsse allerdings noch nachgedacht werden.
Berichterstatter:
Der Ausschuss beschloss daraufhin ohne förmliche Abstimmung,
dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
17. 09. 2008
Knapp
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU gab zu bedenken, die
geplante Anhörung solle sinnvollerweise nicht nur das Thema
Biomassenutzung, sondern auch die Novellierung des EEG insgesamt behandeln.
Der Sprecher der Fraktion der SPD meinte dagegen, die vorgeschlagene Anhörung sollte zu einem Zeitpunkt stattfinden, da die
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
18. Zu
a) dem Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2386
– Hintergründe der Korruptionsvorwürfe gegen leitende Mitarbeiter des Forschungszentrums Karlsruhe
b) dem Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a.
SPD und der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Drucksache 14/2387
– Probleme im Bereich Stilllegung der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK)
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2386 – und den Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a. SPD – Drucksache 14/2387 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Schebesta
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet die Anträge Drucksachen 14/2386
und 14/2387 in seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2386 fragte,
ob es seit Ausgabe der Stellungnahme zum Antrag neue Informationen bezüglich der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu
den Korruptionsvorwürfen gegen leitende Mitarbeiter des Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) gebe.
Weiter äußerte er, nach seinem Dafürhalten sei es als Konsequenz
aus den Korruptionsvorwürfen gerade mit Blick auf die immensen
Kosten für die Stilllegung der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) notwendig, die Verfahren zur Vergabe entsprechender Aufträge zu überdenken. Vor diesem Hintergrund wolle er wissen, ob die Überprüfung der organisatorischen Beschaffungsabläufe im Geschäftsbereich Stilllegung durch das FZK, von der in der
Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags die Rede sei, zwischenzeitlich abgeschlossen sei und welche Ergebnisse sie erbracht habe.
Nach wie vor könne er nicht verstehen, weshalb das Land BadenWürttemberg als maßgeblicher Finanzierungspartner für die
Stilllegung und das für die Atomaufsicht zuständige Landesumweltministerium erst ein Jahr nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens über die Verdachtsfälle informiert worden seien. Er
bitte die Landesregierung, den zuständigen Bundesbehörden zu
übermitteln, dass im Landtag von Baden-Württemberg Unverständnis über diese Informationspolitik herrsche.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2387 bat
ebenfalls um aktuelle Informationen zu den Ermittlungsverfahren und den möglichen organisatorischen Konsequenzen.
Zudem wolle er wissen, ob und in welcher Höhe im Zuge der
Stilllegung der WAK mit weiteren Kostensteigerungen gerechnet
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werden müsse. Er habe den Eindruck, die Kosten für die Stilllegung der WAK überträfen die Aufwendungen des Landes für die
Förderung regenerativer Energien inzwischen beträchtlich, und
frage, welche Umstände dafür verantwortlich seien, dass es bei
der Inbetriebnahme der Verglasungsanlage Karlsruhe (VEK) immer wieder zu neuen Verzögerungen komme und es offenbar
nicht gelinge, Zielvereinbarungen zu treffen und einen verbindlichen Zeitplan einzuhalten.
Des Weiteren frage er, ob es bereits Ergebnisse im Rahmen der
vom Bundesrechnungshof vorgenommenen Prüfverfahren zur
Stilllegung der WAK gebe.
Ein Vertreter des Umweltministerium erklärte, er gehe davon
aus, dass inzwischen allen Verantwortlichen klar geworden sei,
dass das baden-württembergische Umweltministerium erheblich
schneller hätte in Kenntnis gesetzt werden müssen, und dass
zukünftig auf eine zügigere Informationsübermittlung geachtet
werde. Dies müsse gerade für einen sicherheitstechnisch so sensiblen Bereich wie die WAK gelten. Das Umweltministerium
übe allerdings nicht die Rechtsaufsicht über den Stilllegungsprozess der WAK aus und könne daher auch keine Zielvereinbarungen zu organisatorischen Abläufen treffen.
Ein weiterer Vertreter des Umweltministeriums führte aus, zum
Stand der laufenden Ermittlungsverfahren gebe es derzeit keine
neuen Informationen. Klar sei inzwischen, dass keiner der Verdachtsfälle irgendwelche Bezüge zu nukleartechnisch oder atomrechtlich relevanten Fragen aufweise. Unter diesem Aspekt habe
auch nicht die Verpflichtung bestanden, das Umweltministerium
frühzeitiger zu informieren.
Was die zeitlichen Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der
Verglasungsanlage betreffe, so gelte nun einmal das Prinzip
„Sicherheit vor Schnelligkeit“. Genehmigungen könnten nicht
erteilt werden, solange die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt und einer sorgfältigen Prüfung unterzogen worden seien.
Selbstverständlich habe das Umweltministerium ein großes Interesse daran, dass der Bau der Verglasungsanlage rasch voranschreite. Daher tue dieses Haus alles, um die erforderlichen Prüfungen schnellstmöglich abzuschließen. Entsprechendes gelte für
den als Sachverständigen hinzugezogenen TÜV Süd Energietechnik. Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass es sich
um sehr komplexe technische Verfahren handle, deren Abwicklung größter Sorgfalt bedürfe. Er sei dennoch sicher, dass das
Prozedere rascher vonstatten gehe, als dies bei einer kommerziell
betriebenen Anlage der Fall wäre.
Der Genehmigungsentwurf für die VEK liege seit kurz vor
Ostern beim Bundesumweltministerium, das sich selbst dessen
Prüfung vorbehalten habe und hierzu voraussichtlich auch die
Reaktorsicherheitskommission und die Strahlenschutzkommission als Beratungsgremien einschalten werde.
Die aufgetretenen Kostensteigerungen für das Projekt resultierten zum einen aus den genannten Verzögerungen; jedes Jahr
schlage infolge der erhöhten Personalkosten mit einem zweistelligen Millionenbetrag zu Buche. Zum anderen habe sich gezeigt,
dass die technische Umsetzung aufwendiger sei, als vom Antragsteller, der WAK GmbH, zunächst wohl angenommen. Dies bedeute, dass die ursprünglichen Kostenschätzungen immer wieder
nach oben hätten revidiert werden müssen.
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU bekräftigte, der den beiden Anträgen zugrunde liegende Sachverhalt sei im Hinblick auf
atomrechtliche Genehmigungsverfahren nicht relevant. Auch
gebe es keinen Zusammenhang zwischen den Korruptionsver-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
dachtsfällen und den aufgetretenen Kostensteigerungen. Zudem
seien bereits organisatorische Konsequenzen gezogen worden,
um vergleichbare Vorfälle zu verhindern. Es sei nun Aufgabe der
Ermittlungsbehörden, die Angelegenheit im Rahmen der Korruptionsaufklärung und -bekämpfung zu untersuchen.
Ein Abgeordneter der SPD führte aus, anlässlich eines Informationsbesuchs im WAK stelle sich ihm die Frage, ob die aufgetretenen Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der VEK nicht
auch darin ihre Ursachen hätten, dass die Kontrollen punktuell
noch umfassender und detailgenauer vorgenommen werden. Diese vertieften Kontrollen erfolgten sicherlich nicht ohne Anlass.
In diesem Zusammenhang wolle er auch wissen, wie viele Landes- und Bundesbeamten sich in den zuständigen Behörden derzeit mit den Genehmigungsverfahren befassten. Seinen Informationen zufolge liege diese Zahl im dreistelligen Bereich.
Der als Zweiter zu Wort gekommene Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, es sei klar, dass im Rahmen der aufwendigen
Prüfverfahren die eine oder andere Einzelheit etwas genauer betrachtet werden müsse. Dies führe zu den sogenannten Nacharbeitungsschleifen. Er sei jedoch überzeugt, dass alle Prüfverfahren
bis zu den Sommerferien vollständig abgeschlossen seien. Das
Gutachten des TÜV liege im Entwurf komplett vor und müsse nur
noch in einigen Punkten, nämlich bei den noch offenen Fragen innerhalb der Prüfschleifen, überarbeitet werden. Mit dem Abschluss sei bis Ende August dieses Jahres zu rechnen.
Für Fragen nach den Kosten und einem entsprechenden Kostenplan, also für die kaufmännischen Aspekte der Stilllegung, trage
das Wirtschaftsministeriums als Aufsichtsbehörde die Zuständigkeit. Das Umweltministerium sei hiermit nicht befasst. Im Aufsichtsrat werde das Land daher durch einen Vertreter des Wirtschaftsministeriums repräsentiert.
Er ergänzte, er selbst habe keine Hinweise auf einen neuen Kostenplan; nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums sei derzeit
auch nicht mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen.
Der Ausschussvorsitzende erinnerte daran, dass seinerzeit die Alternative für die Verglasung der radioaktiv belasteten Materialien
ihr Abtransport aus der WAK ins belgische Mol gewesen wäre.
Die Entscheidung für die Verglasung sei auf Bundes- und auf
Landesebene nicht zuletzt auch deshalb getroffen worden, da
Transporte in ein Zwischenlager wegen der zu erwartenden Proteste von Umweltaktivisten grundsätzlich auf Bedenken gestoßen
seien.
Der Ausschuss kam ohne förmliche Abstimmung zu der Beschlussempfehlung an das Plenum, die Anträge Drucksachen
14/2386 und 14/2387 für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Berichterstatter:
Schebesta
Das Umweltministerium habe dem BMU die Einschätzung übermittelt, die Verglasungsanlage könnte innerhalb kurzer Zeit betreibbar sein. Derzeit sei jedoch nicht absehbar, zu welchen weiteren Verzögerungen es aufgrund der demnächst beginnenden
Prüfverfahren auf Bundesebene kommen werde. Nach optimistischer Prognose könne mit dem Betrieb der VEK ab Oktober dieses Jahres gerechnet werden.
Was die personelle Besetzung angehe, so seien zwei Mitarbeiter
des baden-württembergischen Umweltministeriums und ca. zehn
Mitarbeiter des BMU über jeweils einen Monat hinweg mit dem
Fall befasst. Bei der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission beschäftigten sich sämtliche ca. 20 Mitarbeiter über den Zeitraum von einer Woche hinweg damit. Der Personalaufwand halte sich insgesamt also durchaus im Rahmen.
Der Vertreter der Fraktion GRÜNE betonte, die Feststellung, der
Fall habe keine sicherheitstechnische Relevanz, werde sicherlich
mit Erleichterung aufgenommen. Dies sei jedoch kein Anlass,
sich nun entspannt zurückzulehnen. Vielmehr müsse auch weiterhin höchste Wachsamkeit gewährleistet sein, damit sich Ähnliches nicht wiederhole.
Der Sprecher der SPD fragte, ob es einen neuen Zeitplan für den
Stilllegungsprozess gebe, und wollte weiter wissen, ob auch eine
überarbeitete Projektkostenaufstellung vorliege, aus der hervorgehe, wie hoch der Aufwand für das Land tatsächlich sei.
Er bat darum, dass sich der Vertreter des Landes im Aufsichtsrat
der WAK nochmals entschieden dafür einsetze, dass der Verglasungsbetrieb im Oktober dieses Jahres aufgenommen werden
könne.
Der Vertreter des Umweltministeriums bekräftigte, das Ministerium gehe davon aus, dass die Betriebsgenehmigung hierfür im
Herbst 2008 erteilt werde. Das würde bedeuten, dass nach einem
mehrmonatigen Testbetrieb die sogenannte heiße Verglasung im
Frühjahr 2009 starten könnte. Diese Phase werde dann voraussichtlich eineinhalb Jahre, also bis zum Herbst 2010, andauern.
19. Zu dem Antrag der Abg. Alfred Winkler u. a.
SPD und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2395
– Ausweitung der „Epidemiologischen Studie zu
Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken“ auf grenzortnahe Standorte ausländischer Atomkraftwerke
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
1. festzustellen, dass der Landtag die Bemühungen der
Landesregierung in ihrem Engagement bei der Bundesregierung unterstützt, die Nachbarregionen der grenznahen Kernkraftwerke Leibstadt und Fessenheim in die
aktuelle Bewertung der „Epidemiologischen Studie zu
Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken“
durch das Bundesamt für Strahlenschutz und die Strahlenschutzkommission einzubeziehen;
2. den Antrag der Abg. Alfred Winkler u. a. SPD – Drucksache 14/2395 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Vorsitzende und Berichterstatter:
Müller
31
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2395 in
seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Der Ausschussvorsitzende teilte eingangs mit, dass sich die vier
Fraktionen über eine Neufassung von Abschnitt II des Antrags
verständigt hätten. Ein entsprechender Formulierungsvorschlag
vonseiten der CDU liege zur Beratung vor.
Ein Mitunterzeichner des Antrags verwies auf die Antragsbegründung und äußerte sich erfreut über die interfraktionelle Initiative, einen gemeinsamen Beschlussantrag herbeizuführen, damit in die Erhebungen im Rahmen der „Epidemiologischen Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken“
(KiKK-Studie) auch diejenigen Kinder einbezogen würden, deren Wohnort in der Nähe von ausländischen grenznahen Kernkraftwerken liege.
Des Weiteren hielt er es für wünschenswert, auch die Krebsfälle
bei baden-württembergischen Kindern zu berücksichtigen, die in
Nachbarschaft zum bayerischen Kernkraftwerk Gundremmingen
wohnten.
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU erinnerte an die Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/2199, aus der hervorgehe,
dass das für die KiKK-Studie herangezogene Datenmaterial noch
nicht ausreiche, um die Frage nach einem Kausalitätszusammenhang zwischen der Zahl von Kinderkrebsfällen und der Nähe des
Wohnorts zu einem Kernkraftwerk eindeutig zu beantworten,
und dass offenbar Unklarheit darüber bestehe, welche für BadenWürttemberg relevanten Kernkraftwerke überhaupt in diese Studie einbezogen worden seien. Nicht zuletzt dies sei der Anlass
dafür, dass sich der Ausschuss erneut mit der Thematik befasse.
Seine Fraktion unterstütze den nun vorliegenden Antrag vonseiten der SPD, denn zweifellos sei es nicht befriedigend, wenn sich
die genannte Studie starr an nationale Grenzen halte, ohne die
Tatsache zu berücksichtigen, dass etliche grenznahe Kernkraftwerke in Frankreich und der Schweiz in unmittelbarer Nähe zu
Baden-Württemberg lägen.
Zu der bereits erwähnten Tischvorlage zu einem interfraktionellen Antrag äußerte er, vonseiten der Landesregierung sei ein
Vorschlag zu einer präziseren Formulierung gemacht worden:
Der Landtag unterstützt die Landesregierung in ihrem Engagement bei der Bundesregierung, dass die Nachbarregionen
der grenznahen Kernkraftwerke Leibstadt und Fessenheim in
die aktuelle Bewertung der Epidemiologischen Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken durch das
Bundesamt für Strahlenschutz und die Strahlenschutzkommission einbezogen werden.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, die genannte
aktuelle Bewertung werde Ende des Jahres vorliegen, wobei die
im Rahmen des Kinderkrebsregisters bereits erhobenen Daten für
Leibstadt und Fessenheim ebenfalls einbezogen würden.
Eine Abgeordnete der Fraktion GRÜNE fragte, ob es möglich
sei, auch die Wiederaufarbeitungsanlage am Forschungszentrum Karlsruhe in die genannte Studie aufzunehmen. Sie erklärte, dabei handle es sich zwar nicht um ein Kernkraftwerk, wohl
aber um eine der kerntechnischen Anlagen in Baden-Württemberg, und diese Anlage sei in der Vergangenheit immer wieder
durch relativ hohe Emissionen negativ aufgefallen. Sie bitte daher, einen entsprechenden Prüfauftrag in den Antrag aufzunehmen.
32
Der Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, Auftraggeber
der KiKK-Studie seien das BMU und das Bundesamt für Strahlenschutz gewesen; Grundlage seien im Wesentlichen die Daten
des Kinderkrebsregisters, die in der Nähe von Kernkraftwerken
erhoben worden seien. Das Land könne die Liste der zu untersuchenden Anlagen nun nicht beliebig erweitern. Dies würde
aufgrund der Datenlage die Fortsetzung der Analysen erschweren und könnte dazu führen, dass die Ergebnisse der KiKK-Studie später als erwartet vorlägen. Im Rahmen der Auswertung seien bereits bestimmte Eckwerte zutage getreten, ebenso hätten
schon erste Schlüsse gezogen werden können. Dem Umweltministerium sei es nun besonders wichtig, dass explizit Aussagen
auch zu den grenznahen Standorten getroffen würden, indem Daten, die zu diesen Anlagen ohnehin bereits erhoben worden seien, im Rahmen der Studie eine Auswertung erführen.
Er erklärte, das Ministerium sei gern bereit, dem BMU schriftlich den Wunsch des Ausschusses zu übermitteln, zu prüfen, ob
auch das Forschungszentrum Karlsruhe in die KiKK-Studie einbezogen werden könne.
Der Ausschussvorsitzende stellte dies als Zusage fest.
Die Sprecherin der Fraktion GRÜNE erklärte sich hiermit einverstanden.
Ein weiterer Vertreter des Umweltministeriums erläuterte auf
Nachfrage eines Abgeordneten der SPD, die KiKK-Studie umfasse alle westdeutschen Kernkraftwerke, nicht jedoch die Anlagen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR; Grund hierfür sei,
dass sich diese Studie auf Daten stütze, die seit 1980 erhoben
worden seien. Die Region um das Forschungszentrum Karlsruhe
sei nicht Bestandteil dieser Studie gewesen, sodass – anders als
etwa im Fall der in Rede stehenden grenznahen Kernkraftwerke
Leibstadt und Fessenheim – die Datengrundlage fehle. Das Bundesumweltministerium habe mitgeteilt, dass hierzu keine geokodierten Daten vorlägen und auch keine Kontrollrekrutierung erfolgt sei; daher wäre für das FZK allenfalls auf der Grundlage
des Kinderkrebsregisters eine regionalbezogene Auswertung,
nicht aber eine geokodierte Darstellung möglich. Auf die Durchführung einer solchen regionalbezogenen Auswertung durch das
BMU habe das Umweltministerium nun gedrungen.
Der Ausschuss beschloss als Empfehlung an das Plenum ohne
förmliche Abstimmung, Abschnitt I des Antrags für erledigt zu
erklären, und einstimmig, Abschnitt II in der vom Abgeordneten
der CDU eingangs vorgetragenen Fassung zuzustimmen.
01. 08. 2008
Berichterstatter:
Müller
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
20. Zu dem Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2466
– Potenziale der Wasserkraft in Baden-Württemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Franz Untersteller u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2466 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Dr. Bullinger
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2466 in
seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags erläuterte, der vorliegende
Antrag sei vor dem Hintergrund der Diskussionen, die im Beirat
der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke in Baden-Württemberg gestellt worden, bei denen immer wieder deutlich werde,
dass dringend notwendige Anstrengungen zur Modernisierung
von Wasserkraftanlagen zu häufig unterblieben.
Die Stellungnahme gebe eine umfassende Übersicht über die bestehenden Potenziale und deren Nutzungsmöglichkeiten, lasse
aber dennoch erkennen, welche Diskrepanzen es zwischen den
Möglichkeiten der Wasserkraft und deren technischer Realisierung, aber auch zwischen den verschiedenen Potenzialeinschätzungen noch immer gebe. So gingen die im Auftrag des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg erstellten „Handlungsempfehlungen zur Verdopplung des Anteils regenerativer Energien an der Energieversorgung Baden-Württembergs bis zum
Jahr 2010“ aus dem Jahr 2002 von Wasserkraftpotenzialen aus,
die ungleich höher seien als die nun in der Stellungnahme zum
Antrag angegebenen Werte.
Selbstverständlich müssten die ökologischen Auflagen eingehalten
werden; an der Wasserrahmenrichtlinie werde nicht gerüttelt. Ältere Wasserkraftanlagen könnten durch Modernisierungsmaßnahmen jedoch zumeist auf einen Stand gebracht werden, der auch
den fortgeschrittenen ökologischen Anforderungen entspreche.
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen begrüße er die Idee,
demnächst durch den Ausschuss eine Anhörung zur Wasserkraft
und deren Potenzialen in Baden-Württemberg durchzuführen.
In einer vom BMU herausgegebenen Broschüre mit dem Titel
„Anforderungen an das Umweltgesetzbuch aus der Sicht eines
Landes“ schreibe die Landesumweltministerin, es sei zu begrüßen, wenn, wie im Entwurf des BMU zum neuen UGB offenbar vorgesehen, die alten, teilweise schon seit Hunderten von
Jahren bestehenden Wasserrechte außer Kraft gesetzt würden. Er
selbst hingegen hielte dies für kontraproduktiv. Er könne nicht
nachvollziehen, weshalb es in Baden-Württemberg bislang noch
keinen Überblick darüber gebe, welche Rechte in diesem Bereich
überhaupt landesweit existierten und wie diese heute gerade
im Rahmen der Kleinen Wasserkraft zu nutzen wären. Auf einer
solchen Zusammenstellung aufbauend könnte eine Art „Positivkartierung“ erstellt werden, aus der hervorginge, welche Potenziale sich aufgrund dieser alten Rechte abzeichneten und welche
Erfolgsaussichten entsprechende Anträge potenzieller Betreiber
hätten. In einem weiteren Kontext gesehen könnte eine solche
Klarstellung sicherlich auch zu einem größeren Engagement bei
der Großen Wasserkraft führen.
Ein Abgeordneter der SPD legte dar, das Jahr 2002 sei für die
Wasserkraft ein gutes Jahr gewesen; seinerzeit stammten 8 % der
Bruttostromerzeugung aus Wasserkraft. Diese Quote sei jedoch
seitdem nicht wieder erreicht worden. Derzeit seien laut der Stellungnahme zu den Ziffern 2 und 4 des Antrags im Bereich der
Kleinen Wasserkraft in Baden-Württemberg rund 1 200 Anlagen
in Betrieb; lediglich 45 davon seien in den letzten 15 Jahren errichtet worden. Wenn sich diese Steigerungsrate in den nächsten
Jahren nicht wesentlich erhöhe und wenn auch die notwendigen
Modernisierungen von älteren Anlagen ausblieben, sei zu befürchten, dass die Wasserkraft ihre Bedeutung als Grundstock
der erneuerbaren Energien, auf die auch die Landesregierung
selbst immer wieder so gern verweise, einbüße.
Er fügte hinzu, anders stelle sich die Situation hinsichtlich der
Großen Wasserkraft dar, die seit 2004 im EEG verankert sei.
Weiter äußerte er, auch bei der Biomassenutzung, der zweiten
wichtigen Säule der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg, sei bereits eine Obergrenze absehbar. Bedauerlicherweise
erwiesen sich sehr viel weniger Projekte als umsetzbar als ursprünglich angenommen. Insofern seien für die erneuerbaren
Energien in Baden-Württemberg insgesamt keine großen Fortschritte erkennbar – eine Situation, die angesichts des Klimawandels niemanden zufriedenstellen könne. Die Energiepolitik der
Landesregierung erweise sich auch hier als zu zögerlich.
In der Praxis zeige sich, dass potenzielle Investoren für die Kleine Wasserkraft häufig bereits im Vorfeld so entmutigende Erfahrungen mit den Genehmigungsbehörden machten, dass sie gar
nicht erst einen entsprechenden Antrag einreichten. Daher wäre
es einerseits tatsächlich wichtig, zu wissen, wo die alten Wassernutzungsrechte überall lägen. Zum anderen müsse es darum gehen, die Kleine Wasserkraft viel stärker als bisher zu fördern und
auszubauen, da neben der Windkraft auch diese Art der Energieerzeugung schon heute wirtschaftlich betrieben werden könne.
Ein Abgeordneter der Fraktion der FDP/DVP meinte, dass der
eigentliche Adressat des vorliegenden Antrags das Wirtschaftsministerium als „Energieministerium“ sei, und plädierte für eine
Sanierung mit gleichzeitigem Ausbau der Großen Wasserkraft
am Neckar sowie für eine ökologische Modernisierung der bereits bestehenden – teilweise über 50 Jahre alten – Anlagen, da
dies sehr viel erfolgversprechender sei, als die Kleine Wasserkraft zu erweitern.
Ein Abgeordneter der CDU äußerte, im Laufe der umfassenden
Nutzung der Wasserkraft hätten bereits große Mengen an umweltschädlichen Emissionen vermieden werden können. Was die
Kleine Wasserkraft betreffe, so seien in den Jahren 2001 bis heute von 24 hierzu eingebrachten Anträgen immerhin 22 bewilligt
worden.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, in der Stellungnahme seien für die Ermittlung der Potenziale diejenigen Zahlen
und Daten zugrunde gelegt worden, die sich auf tatsächlich umsetzbare Vorhaben bezögen. Seit Inkrafttreten des Wasserkrafterlasses 1993 habe es insgesamt 311 Genehmigungsersuchen bezüglich Neubau oder Modernisierung gegeben, von denen 292
33
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
positiv beschieden worden seien. Nur 19 Anträge seien somit abgelehnt worden, und zwar zumeist deshalb, weil das Vorhaben
auf einem FFH-Gebiet geplant gewesen sei oder aber Fischereirechte tangiert worden wären.
Das Umweltministerium habe ein großes Interesse daran, dass die
Wasserkraft, wo immer dies möglich sei, auch tatsächlich genutzt
werde. Allerdings dürften – bei allem Respekt vor dem Beitrag,
den die Wasserkraft zum Klimaschutz leiste – naturschutzrechtliche Gesichtspunkte, Gewässerökologie und die berechtigten Interessen der Fischer und Angler nicht ignoriert werden. Dies müsse auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraft in
Baden-Württemberg endlich zur Kenntnis nehmen. Auch bringe es
nichts, die Debatte um die Wasserkraft lediglich theoretisch zu
führen, anstatt praxisnah von konkreten Fällen auszugehen. Er
meine, dieses Prinzip sollte auch die geplante Anhörung leiten.
Im jetzt aktuellen Entwurf des neuen UGB sei der Passus über
die Abschaffung der alten Wasserrechte nicht mehr enthalten. Er
meine jedoch, ein Recht aus dem 17. Jahrhundert dürfe den technologischen und ökologischen Erfordernissen der heutigen Zeit
nicht im Weg stehen. Entsprechend würden heutzutage Rechte
zumeist auch nur befristet vergeben. Nicht zu leisten sei allerdings, alle alten Rechte zu ermitteln; der Aufwand hierfür wäre
einfach zu groß.
Vor gerade einmal eineinhalb Jahren sei der Wasserkrafterlass
zum wiederholten Male novelliert worden, und zwar auch in Absprache mit den parlamentarischen Interessenvertretern des ländlichen Raumes. Diese Regelungen seien nun sehr viel unbürokratischer, unkomplizierter und daher investorenfreundlicher, und er
höre, etwa aus Bayern, immer wieder, dass Baden-Württemberg
um diesen Erlass regelrecht beneidet werde.
Der Vertreter der SPD warf durch Zuruf ein, in der Praxis seien
die Antragsteller jedoch von dem jeweiligen Ansprechpartner
vor Ort abhängig, und die Erfahrungen, die dort jeweils gemacht
würden, seien durchaus unterschiedlich. Der Erlass einerseits
und die Auslegung der darin enthaltenen Regelungen andererseits stellten nun einmal zwei unterschiedliche Ebenen dar.
Ein weiterer Vertreter der CDU äußerte, die Tatsache, dass von
über 300 Anträgen nur 19 ablehnend beschieden worden seien
– und dies zumeist aus ökologischen Erwägungen –, mache deutlich, wie unsinnig es sei, von einer generellen Ablehnung der
Wasserkraft zu sprechen. Seines Erachtens bedürfe es zu diesem
Thema denn auch keiner weiteren Debatten oder Anhörungen.
Der Vertreter der SPD meinte, der großen Zahl der genehmigten
Modernisierungen zum Trotz sei die installierte Leistung durch
Wasserkraft insgesamt nicht oder nur unwesentlich gestiegen. Es
gehe einfach nicht an, die Wasserkraft lediglich auf dem bereits
erreichten Niveau weiterzubetreiben, ohne deren spürbaren Ausbau anzustreben. Immerhin leiste die Wasserkraft einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz; dieser Aspekt müsse ebenfalls in
die ökologische Abwägung einfließen.
Der Erstunterzeichner des Antrags machte darauf aufmerksam,
dass in seinem Antrag durchaus auch von möglichen ökologischen Risiken der Wasserkraft die Rede sei, und fügte hinzu, von
einer Anhörung verspreche er sich Aufschlüsse darüber, welche
Potenziale jenseits der bereits beantragten, bewilligten oder auch
abgelehnten Wasserkraftvorhaben in Baden-Württemberg noch
bestünden.
Der Ausschussvorsitzende gab zu bedenken, bei einer Potenzialanalyse der Wasserkraft müsse sorgfältig differenziert werden.
34
Was technisch möglich sei, rechne sich unter Umständen wirtschaftlich nicht oder sei rechtlich nicht durchsetzbar. Den Verbandsvertretern der Wasserkraft in Baden-Württemberg gehe es
zumeist darum, die rechtlichen Hürden so niedrig wie möglich zu
gestalten und die Wasserkraft de facto zu privilegieren. Unter
diesem Aspekt beharrten sie denn auch auf den alten – möglicherweise jedoch anachronistischen, den Anforderungen der
Moderne nicht mehr entsprechenden – Wasserrechten.
Der Sprecher der SPD warf ein, gerade aus diesem Grunde wäre
es interessant, im Rahmen einer Anhörung zu den Wasserkraftpotenzialen auch einen Juristen zu Wort kommen zu lassen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 09. 2008
Berichterstatter:
Dr. Bullinger
21. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2467
– Reduzierung der PFT-Einträge in Gewässer
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2467 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Behringer
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2467 in
seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags erinnerte an die Beratung
des Antrags Drucksache 14/313 zum Thema „Perfluorierte Tenside“ (PFT) im Jahr 2006; Anlass seien Schadensmeldungen aus
Bayern und Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit PFT
gewesen. Seinerzeit habe das Umweltministerium die Auskunft
gegeben, dass in Baden-Württemberg keine Untersuchungen von
Oberflächengewässern auf PFT geplant seien.
Als im Jahr 2007 dann doch entsprechende Analysen vorgenommen worden seien, hätten sich in einer Reihe von Fällen erhöhte
PFT-Belastungen gezeigt. Im vergangenen August seien an 47
Kläranlagen Überschreitungen des PFT-Werts von über 100 µg/kg
Trockensubstanz festgestellt worden. Das Umweltministerium habe die Umweltbehörden damit beauftragt, jeweils die Quelle der
Belastung auszumachen.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Bei Recherchen im Internet habe sie vor einiger Zeit festgestellt,
dass in Nordrhein-Westfalen eine Reihe von Fallbeschreibungen,
verbunden mit der Nennung der Verursacher, den notwendigen
Sanierungsmaßnahmen und Ratschlägen dazu, wie die Einleitung
von PFT reduziert werden könne, öffentlich zugänglich seien.
Sie habe daraufhin in einem Abgeordnetenbrief gefragt, ob Ähnliches auch in Baden-Württemberg geplant sei bzw. ob solche
Auflistungen bereits existierten. Die Antwort, die sie darauf erhalten habe, sei allerdings recht nichtssagend gewesen und habe
sich in dem Ratschlag erschöpft, die nächste Pressekonferenz der
Umweltministerin zu diesem Thema abzuwarten.
Aus der nun vorliegenden Stellungnahme zu dem Antrag, den sie
aufgrund der geschilderten Erfahrungen initiiert habe, gehe hervor, dass die Ermittlung der Verursacher in Baden-Württemberg
nach wie vor nicht habe zum Abschluss gebracht werden können.
Dies halte sie für unbefriedigend, denn es reiche nicht aus, die
belasteten Klärschlämme zu entsorgen, solange nicht auch Klarheit über die Verursacher bestehe. Ein solcher „End-of-Pipe“Ansatz entspreche in keiner Weise den Anforderungen an eine
moderne Umweltpolitik. Über die Gefährlichkeit von PFT gebe
es keine Zweifel. Dies sei kürzlich auch erst wieder vom Umweltbundesamt bestätigt worden. Sie meine, dass noch großer
Handlungsbedarf bestehe, und sehe hier das Umweltministerium
in der Pflicht.
fer 9 des Antrags deutlich werde, auf EU-Ebene dafür eingesetzt,
das europaweit bestehende Verbot von Perfluoroctansulfonat
(PFOS) um weitere PFT zu erweitern.
Zur Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags teilte er mit, dass das
Kläranlagen-Monitoring voraussichtlich erst bis September 2008
vollständig abgeschlossen sein werde. Ein Grund für die Verzögerungen sei, dass sich gerade in Regionen mit großem Einzugsbereich und dichter Besiedlung die Ermittlung möglicher Emittenten schwierig gestalte.
Der Sprecher der Fraktion der SPD äußerte, als aktives Mitglied
der freiwilligen Feuerwehr wisse er, dass die Feuerwehren ihre
Altbestände an Löschschäumen häufig noch verwendeten, beispielsweise im Rahmen von Übungen, auch wenn sie wüssten,
dass diese Schäume nicht mehr eingesetzt werden sollten. Er rege daher an, die Altbestände zentral zu sammeln, um sie umweltfreundlich zu entsorgen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
16. 07. 2008
Berichterstatter:
Behringer
Von besonderer Relevanz habe sich die Beimischung von PFThaltigen Substanzen in Feuerlöschschäumen erwiesen. Obwohl
es inzwischen fluorfreie Alternativen gebe, gelangten diese
Löschmittel noch immer bei vielen Gelegenheiten in die Umwelt.
Ein Vertreter des Umweltministeriums führte aus, die Verhältnisse in Baden-Württemberg seien nun einmal andere als in
Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg gehe so entschieden
wie kaum ein anderes Bundesland gegen PFT-Belastungen vor
und beschränke sich dabei durchaus nicht auf die Beseitigung der
belasteten Klärschlämme, sondern suche sehr systematisch nach
den Verursachern. Was die Untersuchungssystematik angehe, so
verweise er auf die entsprechenden Ausführungen der Stellungnahme.
Ein weiterer Vertreter des Umweltministeriums ergänzte, tatsächlich habe das in der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags
erwähnte Untersuchungsprogramm noch nicht zum Abschluss
gebracht werden können; Grund hierfür sei auch, dass die Forschungskapazitäten begrenzt seien und noch nicht alle erforderlichen Messergebnisse vorlägen. Er gehe jedoch davon aus, dass
es zu einem spürbaren Rückgang der Belastungen kommen werde – allerdings nicht kurzfristig, auch dann nicht, wenn die Produktion in den Bereichen Galvanik, Löschmittelherstellung etc.
von heute auf morgen eingestellt würde.
Was die Ersatzstoffe angehe, so werde sich die Landesregierung
dafür einsetzen, dass deren Einsatz vorangetrieben werde. De
facto müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass sich die
chemische Industrie recht „kreativ“ verhalte, wenn es darum gehe, Substanzen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, die
nicht unter ein Verbot fielen, in ihren ökologischen Auswirkungen aber doch ähnlich seien wie die verbotenen Stoffe.
Der als Erster zu Wort gekommene Vertreter des Umweltministeriums ergänzte, die anstehende Novellierung der Klärschlammverordnung biete die Chance, einen PFT-Grenzwert festzusetzen.
Hier seien klare Bestimmungen unerlässlich. Des Weiteren habe
sich die Landesregierung, wie auch in der Stellungnahme zu Zif-
22. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2473
– Situation der Gewerbeaufsicht
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2473 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Klenk
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2473 in
seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags dankte für die ausführliche
Stellungnahme des Umweltministeriums und führte weiter aus,
die Fachverwaltung für Umwelt- und Arbeitsschutz in BadenWürttemberg sei aufgrund überdurchschnittlicher Personaleinsparquoten von den Auswirkungen der Verwaltungsstrukturreform in besonderem Maße betroffen. Darunter leide die Qualität
der Aufgabenwahrnehmung.
Der Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags entnehme sie, dass
zwischen Anfang 2004 und Anfang 2008 bei der Gewerbeauf-
35
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
sicht de facto ein Personalabbau von 17 % stattgefunden habe.
Dies führe unter anderem dazu, dass selbst Branchen mit hohem
Gefahrenpotenzial und hoher Umweltrelevanz nur alle ein bis
vier Jahre besucht würden. Hinzu komme, dass die Personalstärke in den einzelnen Regierungspräsidien sehr unterschiedlich
ausfalle. So sei das Regierungspräsidium Tübingen besonders
sparsam ausgestattet. Auch die Aussage in der Stellungnahme zu
Ziffer 3 des Antrags, der Personalbestand solle noch weiter reduziert werden, erfülle sie mit großer Sorge.
Der Ausschussvorsitzende bekräftigte, bei der Gewerbeaufsicht
müsse die Kooperation unter den Landkreisen auf jeden Fall verstärkt werden. Anders könne die mit der Verwaltungsstrukturreform einhergegangene gewisse Zersplitterung von Fachkompetenzen nicht ausgeglichen werden. Hierüber bestehe im Ausschuss sicherlich auch Konsens.
Verwunderlich finde sie, dass dem Ministerium laut Stellungnahme zu Ziffer 6 des Antrags keine Kooperationsvereinbarungen oder Abkommen zur informellen Zusammenarbeit zwischen
den Kreisen zur kreisübergreifenden Wahrnehmung von Aufgaben der Gewerbeaufsicht bekannt seien, obwohl die Landesregierung doch explizit zur Vereinbarung solcher Kooperationen anrege. Immerhin würden laut Jahresbericht der Gewerbeaufsicht
2006/07 „Kooperationslösungen zwischen den Stadt- und Landkreisen untereinander als eine Möglichkeit angesehen, Spezialwissen zu erhalten bzw. effektiv einzusetzen.“
14. 07. 2008
Weiter interessiere sie in Bezug auf die Stellungnahme zu Ziffer 7
des Antrags, welche Erfahrungen in der Zwischenzeit mit dem Instrument der Zielvereinbarungen gemacht worden seien.
Abschließend wollte sie zur Stellungnahme zu Ziffer 10 des Antrags wissen, wie es zu erklären sei, dass die Altanlagensanierung nach der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und
Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU-Richtlinie) aus
dem Jahr 1996 noch immer nicht abgeschlossen sei. Sie bitte um
Auskunft darüber, wann bei den noch anhängigen Verfahren für
die ausstehenden 20 Industriebetriebe mit einem Abschluss zu
rechnen sei.
Ein Abgeordneter der SPD fragte, ob sich die von der Gewerbeaufsicht zu erbringende Effizienzrendite denn auch ökologisch
vorteilhaft auswirke.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, bis zum Jahr
2011 werde auch bei der Gewerbeaufsicht die Effizienzrendite
von 20 % vollständig erbracht sein. Im Zusammenhang mit der
Verwaltungsstrukturreform sei mit den Kreisen bekanntlich vereinbart worden, dass diese Effizienzrendite in erster Linie durch
Personaleinsparungen zu erzielen sei. Er meine jedoch, dass weniger Personal nicht zwangsläufig weniger Kontrolle und weniger Umweltschutz bedeuteten.
Vor dem Hintergrund der Personaleinsparungen würden Kooperationen tatsächlich als wirksames Instrument gesehen, um die
Aufgaben möglichst effizient bewältigen zu können. Der Landtag werde in Kürze im Rahmen der Evaluierung der Verwaltungsstrukturreform und der Beratung über das anstehende umfassende Verwaltungsstrukturreform-Weiterentwicklungsgesetz
Gelegenheit haben, sich mit dieser Thematik, bei der die drei
Hauptkomplexe Zielvereinbarungen, gemeinsame Dienststelle
und Kooperationen im Vordergrund stünden, nochmals ausführlich zu befassen. Hierzu gehörten auch die im neuen Landesverwaltungsgesetz vorgesehenen Eckpunkte für das Treffen von
Zielvereinbarungen mit den unteren Verwaltungsbehörden.
In Bezug auf die Stellungnahme zu Ziffer 10 des Antrags teilte er
mit, die Zahl der Betriebe, bei denen noch Verfahren im Sinne
der IVU-Richtlinie anhängig seien, habe sich zwischenzeitlich
von 20 auf 15 reduziert. Ziel sei, auch diese letzten Verfahren
nun möglichst rasch zum Abschluss zu bringen. Er versicherte,
keineswegs sei der Grund für die aufgetretenen Verzögerungen
in mangelnder Personalausstattung zu suchen.
36
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
Berichterstatter:
Klenk
23. Zu dem Antrag der Abg. Thomas Knapp u. a.
SPD und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2578
– Energieagenturen und Energieberatung in Baden-Württemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Thomas Knapp u. a. SPD – Drucksache 14/2578 – für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Schätzle
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2578 in
seiner 18. Sitzung am 17. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags dankte für die umfängliche
Stellungnahme zum Antrag und äußerte, es sei erfreulich, dass
das Land den Energieagenturen als Anschubfinanzierung für Personal- und Sachkosten Zuschüsse gewähre. Gerade angesichts
des Klimawandels und der sich daraus ergebenden Herausforderungen sei zu wünschen, dass noch mehr Energieagenturen die
Chance erhielten, sich im Land zu etablieren und ihre Leistungen
möglichst in jedem Stadt- oder Landkreis anzubieten.
Ein Abgeordneter der CDU bekräftigte, die Energieagenturen im
Land leisteten wertvolle Arbeit. Erfreulich sei auch der in der Stellungnahme zu Ziffer 1 genannte Abdeckungsgrad von derzeit bereits rund 75 % aller Kreise und die Tatsache, dass die Zahl der Energieagenturen noch immer im Steigen begriffen sei. Hier könne also
uneingeschränkt von einer Erfolgsgeschichte gesprochen werden.
Was die Finanzierung der Energieagenturen betreffe, so würden
diese Einrichtungen laut der Stellungnahme zu Ziffer 2 des Antrags zu über 50 % von den kommunalen Gebietskörperschaften
getragen. Damit werde nicht zuletzt deren Unabhängigkeit von
vorrangig privatwirtschaftlichen Interessen gesichert.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Ein Abgeordneter der Fraktion Grüne äußerte, darüber, wie sinnvoll die Arbeit von Energieagenturen gerade im Hinblick auf die
gestiegenen Anforderungen an effiziente Energiegewinnung und
Energienutzung sei, bestehe sicherlich fraktionsübergreifend
Konsens. Ziel müsse seines Erachtens sein, dass demnächst in jedem der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg eine Energieagentur bestehe. Wichtig sei auch, die Bedingungen dafür zu
schaffen, dass nach Auslaufen der Anschubfinanzierung der Betrieb dieser Agenturen in gleichbleibender Qualität aufrechterhalten werden könne.
regelmäßigen Erfahrungsaustausches der Agenturen die Basisaufgaben sowie die jeweiligen Schwerpunktsetzungen miteinander abgestimmt. Innerhalb dieses Netzwerks könnten die gerade
erst gegründeten Agenturen sicherlich auch sehr vom Wissen derer profitieren, die bereits seit sieben oder acht Jahren arbeiteten.
Er hielte es zudem für sinnvoll, dass die Energieagenturen jeweils eine Art Pflichtenheft führen müssten, um so den Nachweis
zu erbringen, dass ein vorab zu definierender Katalog von Kernaufgaben auch tatsächlich umgesetzt werde. Nicht zuletzt würde
ein solcher Pflichtenkatalog auch die Vergleichbarkeit der Agenturen untereinander erleichtern. Nach seinen Erfahrungen gebe es
zwischen diesen Einrichtungen nämlich erhebliche Unterschiede
in der Qualität ihrer Arbeit. Denkbar wäre auch, die finanzielle
Förderung durch das Land von der Erfüllung solcher Kernaufgaben abhängig zu machen. Darüber hinaus müssten die Agenturen
selbstverständlich auch weiterhin die Möglichkeit haben, eigene
Schwerpunkte zu entwickeln und anzubieten.
Berichterstatter:
Ein Abgeordneter der Fraktion der FDP/DVP bezeichnete die
Energieagenturen als ein sehr gutes Bindeglied zwischen der
Wirtschaft, den Kommunen und dem Land und führte weiter aus,
er wisse, dass in diesen Einrichtungen häufig sehr kreative Ansätze verfolgt würden, und erwarte von der dort vorhandenen
technischen Expertise auch zukünftig wichtige Impulse für die
Politik und einen intensiven Transfer von Ideen und praktischen
Lösungen.
Wünschenswert sei neben der flächendeckenden Versorgung mit
Energieagenturen sicherlich auch deren langfristig stabile Finanzierung. Denn es sei klar, dass sich die einzelnen Agenturen in
absehbarer Zeit nicht selbst würden finanzieren können. Hierfür
müssten neben dem Land allerdings auch die Kommunen und die
Wirtschaft in die Pflicht genommen werden.
Die Umweltministerin führte aus, selbstverständlich verfolge
auch ihr Haus das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit
Energieagenturen. Dabei müsse allerdings nicht jeder Kreis eine
eigene Agentur haben; in vielen Fällen biete es sich an, dass eine
Agentur auch die Zuständigkeit für den Nachbarkreis mit übernehme.
Durch die bislang bestehenden 18 Energieagenturen seien derzeit
23 Stadt- bzw. Landkreise im Land versorgt. Zehn weitere Agenturen befänden sich in der Gründungsphase, die für insgesamt
etwa zwölf weitere Landkreise tätig werden sollten. Sobald diese
Agenturen etabliert seien, könne, wie in der Stellungnahme zu
Ziffer 1 des Antrags auch bereits dargelegt, landesweit mit einem
Abdeckungsgrad von 75 % aller Kreise gerechnet werden.
Was die finanzielle Ausstattung dieser Einrichtungen betreffe, so
habe sich gezeigt, dass die Mehrzahl der Agenturen nach einer
Anschubphase von drei Jahren durchaus in der Lage seien, sich
mithilfe der kommunalen Zuschüsse selbst zu tragen. Herausragende Beispiele hierfür seien die Energieagenturen in Ravensburg und in Heidelberg. Vor diesem Hintergrund halte sie die
Forderung nach einer Dauerfinanzierung durch das Land für
nicht angebracht.
Was das angesprochene Pflichtenheft betreffe, so sei mit dem
Leistungsprofil der Energieagenturen bereits ein grundlegender
Pflichtenkatalog festgeschrieben. Zudem würden im Wege des
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
17. 09. 2008
Schätzle
24. Zu
a) dem Antrag der Abg. Werner Raab u. a. CDU
und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2583
– Altlastensanierung in Baden-Württemberg
b) dem Antrag der Abg. Dr. Bernd Murschel u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2630
– Kommunale und private Altlasten in BadenWürttemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Werner Raab u. a. CDU – Drucksache 14/2583 – und den Antrag der Abg. Dr. Bernd
Murschel u. a. GRÜNE – Drucksache 14/2630 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Die Berichterstatterin:
Der Vorsitzende:
Chef
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet die Anträge Drucksachen 14/2583
und 14/2630 in seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2583 dankte
für die Stellungnahmen zu beiden Anträgen und führte aus, die
Aufarbeitung des Altlastenproblems werde auch in Baden-Württemberg noch viele weitere Jahre in Anspruch nehmen. Es habe
sich bewährt, dabei systematisch nach der Dringlichkeit der Altlastenaufkommen vorzugehen. Selbstverständlich müsse den Fällen, bei denen unmittelbar Gefahr drohe, absolute Priorität eingeräumt werden. Ein besonderer Fokus werde laut Stellungnahme
zu Ziffer 7 des Antrags aber auch auf die Wiedernutzbarmachung
belasteter innerörtlicher Flächen gelegt; dies sei ein effizienter
Beitrag zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme.
Die für die Altlastensanierung eingesetzten Mittel seien in den
letzten Jahren wieder angestiegen. Allerdings müssten nach sei-
37
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
nem Dafürhalten auch die Kommunen je nach Erfordernis im
Einzelfall verstärkt zur Mitfinanzierung herangezogen werden.
Vor diesem Hintergrund könnte auch einmal eine Neuausrichtung des Kommunalen Umweltschutzfonds (KUF) geprüft werden.
Abschließend äußerte er mit Blick auf die Stellungnahme zu Ziffer 10 des Antrags Drucksache 14/2630, er gehe davon aus, dass
die auflaufenden Haushaltsausgabenreste bei den kommunalen
und privaten Altlasten stets ins Folgejahr übertragen werden
könnten, anstatt an den Haushalt zurückzufallen.
Eine Mitunterzeichnerin des Antrags Drucksache 14/2630 fragte
unter Hinweis auf die umfangreichen Sanierungsfälle in den letzten Jahren, ob die verfügbaren Mittel überhaupt ausreichten, um
alle neu auftretenden Altlastenfälle umfassend und zügig zu sanieren, und fügte hinzu, sie vermisse hierzu eine klare Zielsetzung. In der Schweiz gebe es beispielsweise das klar definierte
Ziel, bis zum Jahr 2025 alle bekannten Altlastenfälle saniert zu
haben. Die Maßgabe, in Baden-Württemberg innerhalb der nächsten 20 Jahre ebenfalls zu einem Abschluss der Sanierungsarbeiten
zu kommen, erscheine ihr einerseits recht vage; andererseits sei
selbst diese Erwartung aufgrund der knappen Mittel in diesem
Bereich wohl kaum realistisch.
Wichtig sei, dass die Altlasten nicht nur gesucht und bewertet
würden, sondern dass daraufhin auch eine zügige und umfassende Sanierung erfolge. Es reiche nicht, die Standorte zu kennen
und deren weitere Entwicklung zu beobachten. Selbst die für orientierende Erkundungen zur Verfügung stehenden Mittel reichten jedoch gerade einmal für 50 % der Anträge.
Eine Umwidmung der KUF-Mittel zugunsten der Altlastensanierung hielte sie allerdings für ein zweifelhaftes Instrument, da die
in diesem Fonds enthaltenen Gelder auch anderen wichtigen
Zwecken wie etwa dem Klimaschutz dienen sollten.
Ein Vertreter der Fraktion GRÜNE äußerte, von einer „Verstetigung“ der für die Altlastensanierung zur Verfügung stehenden
Mittel, wie es der Redner der CDU ausgedrückt habe, könne
keine Rede sein. Tatsächlich seien diese Mittel in den letzten
Jahren um die Hälfte reduziert worden. Hinzu komme, dass für
den laufenden Betrieb in Altlastengebieten Kosten in nicht unerheblicher Höhe anfielen. Er halte es daher für unbefriedigend,
dass für die Altlastensanierung ausschließlich die öffentliche
Hand herangezogen werde, während private Unternehmer nicht
belangt würden. Es gehe nicht an, dass überall dort, wo kein direkter Verursacher ausfindig gemacht werden könne, für sämtliche Kosten der Steuerzahler aufzukommen habe. Er wünsche
daher, dass einmal fraktionsübergreifend die Frage thematisiert
werde, welche Möglichkeiten es gebe, die Industrie beim Thema
Altlastensanierung stärker als bislang in die Pflicht zu nehmen.
Nach Abschaffung der Sonderabfallabgabe, die in Teilen ja auch
für die Altlastensanierung eingesetzt worden sei, wäre seines Erachtens ein Altlastenfonds, in den auch die Industrie einzuzahlen
hätte, ein zweckmäßiges Instrument.
Ein Abgeordneter der SPD fragte ebenfalls, ob gesichert sei, dass
die Haushaltsausgabenreste jeweils ins Folgejahr übertragen
werden könnten. Er äußerte, es dürfe nicht sein, dass bis Jahresende nicht abgerufene Mittel verfielen, nur weil möglicherweise
die Bewilligungen durch die Regierungspräsidien zu zögerlich
erteilt würden.
Des Weiteren wolle er wissen, welche Positionen die Regierungsfraktionen in der Frage der Haushaltsfinanzierung der Altlastensanierung einnähmen.
38
Ein Vertreter des Umweltministeriums erläuterte, bei den Mitteln
für die Altlastensanierung handle es sich um Mittel aus dem
Kommunalen Investitionsfonds (KIF) im Rahmen des Kommunalen Umweltschutzfonds (KUF). Diese Mittel seien voll übertragbar und stünden somit nicht in Gefahr, als Haushaltsausgabenreste am Jahresende gestrichen zu werden.
Bei den Mitteln für die Altlastensanierung handle es sich zumeist
um bereits gebundene Mittel; wenn diese über den vorgesehenen
Zeitraum nicht vollständig abflössen, liege dies häufig daran,
dass Bauvorhaben ins Stocken geraten sein könnten. Allerdings
müsse überlegt werden, ob nicht auch eine flexiblere Verwendung der Mittel möglich wäre, damit Beträge, die nicht kurzfristig abgerufen würden, zwischenzeitlich für andere dringende
Vorhaben zur Verfügung gestellt werden könnten. Hierzu liefen
bereits Überlegungen im Umweltministerium.
Auch im Umweltministerium herrsche die Auffassung, dass für
wichtige Projekte im Umweltbereich, etwa auch beim Hochwasserschutz, mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssten.
Unstrittig sei, dass inzwischen weniger Mittel für die Altlastensanierung zur Verfügung stünden. Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass Ende der Achtzigerjahre sehr viel Geld erforderlich gewesen sei, um mit den Erkundungen zu beginnen
und so im Hinblick auf die Altlastensanierung überhaupt initiativ
werden zu können. Nur auf diese Weise habe sichergestellt werden können, dass gefährliche Altlastengebiete lückenlos aufgespürt und saniert würden. Auch er wünschte sich für die kommenden Jahre jedoch wieder mehr finanzielle Bewegungsfähigkeit, damit zumindest die dringendsten Fälle zügig saniert werden könnten. Unstrittig sei jedoch, dass besonders gefährliche
Altlastenfälle stets Priorität haben müssten – was natürlich bedeute, dass andere Sanierungsmaßnahmen entsprechend zurückzustehen hätten.
Altlastensanierung müsse stets und noch auf lange Sicht als Daueraufgabe begriffen werden. Wann die Vorhaben insgesamt zum
Ende zu bringen seien, könne überhaupt noch nicht abgesehen
werden, denn es tauchten, wie kürzlich bei Villingen-Schwenningen, immer wieder neue Altlasten auf. Hinzu komme, dass aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritte auch scheinbar bekannte Fälle und Situationen möglicherweise neu zu bewerten und anzugehen seien. Vor diesem Hintergrund müsse
für die Sanierungsarbeiten mit einem Zeitraum von mindestens
20 weiteren Jahren gerechnet werden.
Die Erkundung von Altlasten spiele nach wie vor eine wichtige
Rolle. Auch für solche eher organisatorischen oder administrativen Aufgaben müssten genügend Mittel verfügbar sein. Die
daraus gewonnenen Erfahrungen seien besonders wichtig, um die
wirklich gefährlichen Fälle sofort identifizieren und in ihrem Gefährdungspotenzial einschätzen zu können. Insofern führe es
nicht weiter, die Erkundung von Altlastenfälle und die praktische
Sanierung gegeneinander auszuspielen.
Was das Thema Altlastenfonds betreffe, so habe es hierüber bereits Mitte der Achtzigerjahre Gespräche mit Industrievertretern
gegeben. Von diesem Vorhaben sei jedoch Abstand genommen
worden, als die Sonderabgabe eingeführt worden sei. Die Wirtschaftsverbände wiederum hätten die Sonderabgabe im Grunde
nur unter der Prämisse akzeptiert, dass hieraus auch Mittel für
die Altlastensanierung gezahlt würden. Derzeit halte er die Einführung eines Altlastenfonds für nicht durchsetzbar.
Der Ausschussvorsitzende merkte an, ein Fonds speziell für Altlastenerkundung und -sanierung wäre seines Erachtens schon
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
rechtlich nicht durchsetzbar, da hiervon nur vergleichweise wenige Betriebe tatsächlich profitieren würden. Die Situation stellt
sich hier anders dar als bei der Sonderabfallabgabe; denn von der
Problematik der Sonderabfälle sei ein nicht unwesentlicher Teil
der Betriebe tangiert.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, die Anträge Drucksachen 14/2583 und 14/2630
für erledigt zu erklären.
18. 07. 2008
Berichterstatterin:
Chef
25. Zu dem Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a.
SPD und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2606
– Dammsanierungen und Sicherheitszuschläge aufgrund des Klimawandels im Rahmen des IRP
(Integriertes Rheinprogramm)
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Gunter Kaufmann u. a. SPD – Drucksache 14/2606 – für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Jägel
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2606 in
seiner 18. Sitzung am 17. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags legte dar, aus der Stellungnahme zum Antrag gehe hervor, dass der Fortgang der Arbeiten
zur Dammsanierung und zum Neubau von Hochwasserschutzdämmen im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) eher
schleppend vonstatten gehe. Notwendig seien Dammneubauten
mit einer Länge von insgesamt 150 km; derzeit würden jedoch
pro Jahr nur durchschnittlich fünf km gebaut. Hinzu komme, dass
laut der Stellungnahme zu Ziffer 3 des Antrags derzeit über 300
Dammabschnitte mit einer Gesamtlänge von rund 500 km als sanierungsbedürftig bzw. prüfbedürftig gelten müssten.
sanierung zukünftig zügiger als bisher angegangen und hierfür
auch die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt würden.
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU wies darauf hin, dass
der Grad der Sanierungsbedürftigkeit der einzelnen Dammabschnitte durchaus unterschiedlich sei. Insofern bestehe nicht die
Notwendigkeit, alle Abschnitte sofort und auf einmal zu sanieren.
Ein weiterer Abgeordneter der Fraktion der CDU bekräftigte, die
Situation müsse tatsächlich sehr differenziert betrachtet werden.
Generell gelte, dass die Sanierung von Hochwasserschutzdämmen eine Aufgabe darstelle, die nie als abgeschlossen betrachtet
werden könne. Erfahrungsgemäß würden zudem die Dämme am
schnellsten wieder durchlässig, die in ihrer Bauweise den ökologischen Erfordernissen am besten entsprächen.
Was die Auswirkungen des Klimawandels auf die Hochwassersituation am Rhein angehe, so bedürfe es hier tatsächlich zunächst noch einer Erweiterung der Datengrundlage, um die baulichen Maßnahmen optimal auf die neuen Anforderungen abstimmen zu können.
Klar sei, dass die Aufgaben im Bereich der Dammsanierung auch
zukünftig im Fokus der Aufmerksamkeit stehen müssten. Allerdings könne das Land allein hierfür nicht aufkommen; auch die
Kommunen seien in der Pflicht, beispielsweise dann, wenn es
darum gehe, rechtzeitig den Ankauf der für den Dammbau
benötigten Flächen zu organisieren.
Eine Abgeordnete der Fraktion GRÜNE fragte, ob sich die in der
Stellungnahme zu Ziffer 9 des Antrags genannte Erhebung des
Regierungspräsidiums Karlsruhe, der zufolge seit Mai 2005 keine Ausnahmen zur Ausweisung neuer Baugebiete in Bauleitplänen sowie zur Errichtung von Gebäuden und anderen baulichen
Anlagen erteilt worden seien, lediglich auf § 31 b Abs. 4 des
Wasserhaushaltsgesetzes bezogen habe, oder ob dabei auch nach
Ausnahmegenehmigungen nach § 78 a des Wassergesetzes gefragt worden sei.
Die Umweltministerin teilte mit, die Antwort auf diese Frage
werde nachgereicht.
Weiter äußerte sie, was die Frage nach den Auswirkungen des
Klimawandels betreffe, so gebe es derzeit tatsächlich keine Hinweise darauf, dass die Situation am Rhein neu bewertet werden
müsste. Durch die Maßnahmen des IRP sei dort bereits ein viel
höheres Maß an Sicherheit gegeben als in vielen anderen Uferregionen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
15. 09. 2008
Berichterstatter:
Jägel
Wenn es in der Stellungnahme zu Ziffer 4 des Antrags heiße, der
Nachweis, ob der Klimawandel zu einer Erhöhung der Hochwassergefahr an Hoch- und Oberrhein führe, habe bislang nicht erbracht werden können, so verweise er auf die Tatsache, dass es in
den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren zu einer deutlichen
Zunahme von schweren Hochwasserereignissen gekommen sei.
Er appelliere an alle Verantwortlichen, sich dafür einzusetzen,
dass die Aufgaben im Bereich des Dammbaus und der Damm-
39
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
26. Zu dem Antrag der Abg. Dieter Ehret u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache
14/2628
– Gesundheitliche Folgen des Klimawandels
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dieter Ehret u. a. FDP/DVP – Drucksache 14/2628 – für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Schätzle
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2628 in
seiner 18. Sitzung am 17. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags dankte für die ausführliche
Stellungnahme durch das Ministerium für Arbeit und Soziales
und erläuterte, die Problematik möglicher gesundheitlicher Folgen des Klimawandels am Oberrhein sei in dieser Region schon
seit Jahren immer wieder thematisiert worden. Die Stellungnahme beweise einmal mehr, wie berechtigt die Sorge sei, dass klimabedingt die Populationen von gesundheitsgefährdenden Stechmücken immer stärker zunähmen. Schon im Jahr 2003 sei von
führenden Gesundheitsexperten die Oberrheinregion als Hochrisikogebiet bezeichnet worden.
Vor diesem Hintergrund müsse seines Erachtens auch das Integrierte Rheinprogramm (IRP) einer Neubewertung unterzogen
werden. Wissenschaftler warnten nämlich davor, dass durch die
in dessen Rahmen neu anzulegenden Fließpolder die Gefahr bestehe, dass sich zahlreiche Tümpel bildeten, die den Insekten als
Brutstätten dienten. Auch die lang anhaltend hohen Grundwasserstände durch Staupolder könnten dazu führen, dass sich die
Stechmückenpopulationen erheblich vermehrten. Es sei daher
notwendig, für jeden neuen Polder exakte Fließgeschwindigkeitskarten zu erstellen und durch geeignete technische Auslegung der Projekte für eine ausreichende Fließgeschwindigkeit zu
sorgen.
Ein Abgeordneter der CDU zeigte sich überzeugt, dass es in Baden-Württemberg gelinge, zeitnah die Situation zu beobachten,
sie auf mögliche Gefährdungen hin zu analysieren und die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch gebe es offenbar
inzwischen sehr wirksame Methoden zur Bekämpfung der unliebsamen Insektenbrut. Insofern bestehe seines Erachtens bislang kein weiterer Handlungsbedarf und damit auch kein Anlass,
das IRP zu modifizieren.
Ein Abgeordneter der SPD äußerte, er halte es für sehr verwegen,
wie mit dem vorliegenden Antrag geschehen, einen Zusammenhang zwischen den Hochwasserschutzmaßnahmen des IRP und
möglichen gesundheitlichen Risiken durch die infolge des Klimawandels angeblich wachsenden Stechmückenpopulationen
herzustellen. Zutreffend sei, dass der Rheingraben bereits in der
Vergangenheit als Risikogebiet für die Übertragung von Krank-
40
heiten durch Stechmücken gegolten habe. So lasse sich das Auftreten von Malaria historisch belegen; angeblich sei der „Begradiger“ des Rheins, Johann Gottfried Tulla, selbst an dieser
Krankheit gestorben. Unstrittig sei auch, dass sich bedingt durch
den Klimawandel die Lebensbedingungen für Stechmücken und
andere gefährliche Insekten verbesserten. Übrigens verzeichneten auch andere europäische Länder eine Zunahme von durch
den Klimawandel begünstigten Infektionskrankheiten, Allergien
oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Niemand bestreite also, dass
die in Rede stehende Problematik sehr ernst genommen werden
müsse. Hierbei jedoch eine Verbindung zu den im Rahmen des
IRP vorgesehenen ökologischen Flutungen herzustellen, halte er
für sehr überzogen.
Die Umweltministerin verwies auf die modernen Methoden der
Insektenbekämpfung und gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass
der medizinische Fortschritt es zudem heutzutage erlaube, durch
Stechmücken übertragene Krankheiten um einiges effizienter zu
bekämpfen als noch zu Zeiten der Rheinbegradigung am Anfang
des 19. Jahrhunderts.
Auch sie halte es für fragwürdig, die Maßnahmen des IRP so, wie
es mit dem vorliegenden Antrag geschehen sei, mit den tatsächlichen oder auch nur anzunehmenden gesundheitlichen Risiken
durch möglicherweise anwachsende Insektenpopulationen zu verknüpfen. Vorrang müsse ein wirksamer Schutz für Hunderttausende von Anwohnern vor den Gefahren des Hochwassers haben. Bezüglich der Maßnahmen des IRP gebe es im Übrigen stets
aufs Neue sehr umfangreiche Abstimmungsprozesse.
Insgesamt teile sie die in der Stellungnahme zu Ziffer 8 geäußerte Einschätzung des Sozialministeriums, dass für die Landesregierung derzeit kein Anlass für eine Umgestaltung der Hochwasserschutzmaßnahmen im Rahmen des IRP bestehe.
Der Erstunterzeichner des Antrags bekräftigte nochmals, dass
auch aus Fachkreisen immer wieder der Rat zu hören sei, die geschilderte Problematik in die Überlegungen im Rahmen des IRP
einzubeziehen. Er halte es somit durchaus nicht für „verwegen“,
dass die Antragsteller mit ihrer Initiative die bestehenden Zusammenhänge dargestellt hätten. Zudem sei er nach wie vor der Meinung, dass geeignete technische Lösungen zur Anwendung kommen müssten, um der Gefahr von Sedimentierungen und Tümpelbildungen zu begegnen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
17. 09. 2008
Berichterstatter:
Schätzle
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
27. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a.
SPD und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2718
– Betrugsverdacht gegen Betonlieferanten u. a.
beim Bau des Zwischenlagers für abgebrannte
Brennelemente beim Gemeinschaftskraftwerk
Neckarwestheim
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Wolfgang Stehmer u. a. SPD
– Drucksache 14/2718 – für erledigt zu erklären.
19. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Schebesta
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2718 in
seiner 17. Sitzung am 19. Juni 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags verwies auf die Antragsbegründung und erklärte, er verstehe noch immer nicht, weshalb so
viel Zeit vergangen sei, bevor das für die Atomaufsicht zuständige Umweltministerium den Gerüchten über einen Betrugsverdacht gegen einen Betonlieferanten nachgegangen sei, der unter
anderem auch für den Bau des Zwischenlagers beim Gemeinschaftskraftwerk Neckarwestheim (GKN) Material geliefert habe. Er halte es nach wie vor für geboten, dass die Befüllung dieses Lagers so lange ausgesetzt werde, bis lückenlos geklärt sei,
welche Materialien beim Bau zum Einsatz gekommen seien und
ob die bauliche Eignung des Gebäudes als Zwischenlager für
Brennelemente überhaupt gegeben sei.
Weiter bat er um detailliertere Erläuterungen der Überwachungsverfahren beim Einsatz von Betonbauteilen.
Ein Sprecher des Umweltministeriums erläuterte in Ergänzung
der Stellungnahme zu Ziffer 2 des Antrags, das Umweltministerium habe nach der telefonischen Anfrage durch die „Süddeutsche Zeitung“ am 7. Mai 2008 alle erforderlichen Maßnahmen in
die Wege geleitet, um die notwendigen Überprüfungen bezüglich
des Verdachts auf Verwendung minderwertigen Betons beim
Bau des Zwischenlagers beim GKN durchführen zu können.
Auf die Nachfrage vonseiten der SPD, weshalb die Landesregierung erst ein Jahr nach Aufnahme eines staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahrens tätig geworden sei, erläuterte er, diese Ermittlungen nähmen nun einmal viel Zeit in Anspruch, zumal
nicht nur das Zwischenlager beim GKN überprüft worden sei,
sondern auch weitere Gebäude, darunter beispielsweise das neu
errichtete Mercedes-Museum in Stuttgart, das aufgrund seines regen Besucherandrangs ebenfalls ein hohes Gefährdungspotenzial
hätte darstellen können.
Stufe würden Probewürfel gezogen, die nach einer gewissen Zeit
einer Druckprüfung unterzogen würden. Verantwortlich hierfür
sei die Firma, die den Bau ausführe. Diese Firma habe im Fall
des Zwischenlagers beim GKN nach der Kontrolle der Papiere
durch ein unabhängiges zertifiziertes Überwachungsbüro Probewürfel ziehen lassen, und zwar zu einem zuvor nicht angekündigten Zeitpunkt. In der dritten Stufe habe das Umweltministerium als überwachende Behörde durch eine weitere unabhängige
Stelle – die auch für die Prüfung der Baustatik zuständig sei –
nochmals Kontrollen durchführen lassen und daneben ebenfalls
Probewürfel ziehen lassen, die gleichfalls der üblichen Druckund Pressprüfung unterzogen worden seien. Diese Verfahren erlaubten stichhaltige Aussagen über die Festigkeit des Materials.
Er versicherte, diese Materialprüfungen und insbesondere die
Untersuchungen der Probewürfel hätten keinerlei Anhaltspunkte
dafür erbracht, dass die geforderten Sollwerte des Betons nicht
erreicht worden wären.
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren seien noch
nicht abgeschlossen, und auch die Landesregierung erhalte derzeit keine Informationen über den Ermittlungsstand.
Ein Abgeordneter der CDU legte dar, die Staatsanwaltschaft
müsse bei ihren Ermittlungen bekanntlich einer Vielzahl von
Hinweisen nachgehen. Im vorliegenden Fall entbehrten diese
Hinweise zumeist wohl jeder realen Grundlage und erklärten sich
möglicherweise nur dadurch, dass Konkurrenten des in Rede
stehenden Betonlieferanten mangels weiterer stichhaltiger Informationen einfach diejenigen Bauprojekte angegeben hätten, die
Gegenstand von Ausschreibungen gewesen seien und bei denen
der in Verdacht geratene Betonlieferant – und nicht sie selbst –
den Zuschlag bekommen habe.
Seine Fraktion sehe keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass
beim GKN mangelhafter Beton verwendet worden sei, und werde den Beschlussteil in Abschnitt II des Antrags daher nicht unterstützen.
Ein Abgeordneter der Fraktion GRÜNE schlug vor, die Landesregierung solle dem Umweltausschuss nach Abschluss des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens schriftlich über dessen
Ergebnisse Bericht erstatten.
Der Ausschussvorsitzende stellte fest, das Umweltministerium
sage dies zu.
Der Ausschuss beschloss daraufhin ohne förmliche Abstimmung,
dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Berichterstatter:
Schebesta
Ein weiterer Vertreter des Umweltministeriums erklärte, die
Qualitätssicherungskontrollen für Beton als Baumaterial seien
äußerst umfangreich. Sie erfolgten in einem dreistufigen Verfahren: Am Anfang stehe die auf der Basis der Unterlagen vorzunehmende eigene Überwachung des Lieferanten. In einer zweiten
41
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
28. Zu dem Antrag der Abg. Johannes Stober u. a.
SPD und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2730
– Förderung von Abwasserentsorgungsanlagen im
Land
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Johannes Stober u. a. SPD – Drucksache 14/2730 – für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Scheuermann
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2730 in
seiner 18. Sitzung am 17. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags dankte für die umfassende
Stellungnahme zum Antrag und bat noch um nähere Erläuterungen zu den Ziffern 5 und 6.
Weiter führte er aus, offenbar sei geplant gewesen, die Förderung der Sanierung bestehender Abwasserentsorgungsanlagen
aus Landesmitteln künftig zu streichen. Damit würde auch einer
Forderung entsprochen, die der Landesrechnungshof in seiner
Denkschrift 2006 erhoben habe. Zu dieser Thematik gebe es
denn offensichtlich auch eine neue Verordnung; hierin sei seines
Wissens nun jedoch nicht von einem Wegfall der Förderung die
Rede, sondern lediglich von einer Deckelung der Zuschüsse auf
10 %, wobei in den Jahren 2011 oder 2012 sogar mit einer Anhebung dieses Betrags auf 15 % zu rechnen sei. Diese Vorgehensweise finde er etwas irritierend.
Ein Abgeordneter der CDU wies darauf hin, dass zwischenzeitlich die Novellierung der Förderrichtlinie zur Wasserwirtschaft
abgeschlossen sei; darin seien die Forderungen des Rechnungshofs berücksichtigt worden.
Ein Abgeordneter der Fraktion GRÜNE legte dar, seines Erachtens
müssten die Kosten für die Entsorgung von Abfällen prinzipiell auf
die Verursacher umgelegt werden, und zwar unabhängig davon, ob
es sich um festen oder aber – wie im Falle der Abwasserentsorgung – um flüssigen Abfall handle. Vor diesem Hintergrund sei es
um so weniger verständlich, dass das Land Anlagen zur Abwasserentsorgung, die es bereits bei der Errichtung gefördert habe, nun
nochmals, und zwar bei deren Sanierung, bezuschusse.
Eine Vertreterin der Fraktion GRÜNE führte aus, in der vergangenen Woche habe der Finanzausschuss über die novellierten
Zuwendungsrichtlinien beraten, deren Veröffentlichung im Gesetzblatt bevorstehe. Auch sie verstehe allerdings nicht, weshalb
die Förderung von Abwasserentsorgungsanlagen nun doch nicht
ganz gestrichen, sondern lediglich gedeckelt werden solle, und
weshalb der Deckelungsbetrag dabei in den nächsten Jahren sogar noch auf 15 % angehoben werden solle. Sie meine, es müsse
in Zukunft noch stärker darauf geachtet werden, Fördermittel des
Landes in innovative Konzepte zur Abwasserbeseitigung fließen
zu lassen, um auch auf diesem Gebiet zu qualitativen Verbesse-
42
rungen zu gelangen. Dies sollte unbedingt Vorrang vor der Bezuschussung bloßer Sanierungsmaßnahmen haben. Dass solche innovativen Konzepte bereits umgesetzt würden, sei erst kürzlich
wieder bei einem Besuch des Fraunhofer-Instituts in Karlsruhe
deutlich geworden.
Die Umweltministerin erläuterte, die in der Stellungnahme zu Ziffer 6 des Antrags enthaltene Aussage, die Gebühren, die die einzelnen Kommunen erhöben, bewegten sich zwischen 0,57 €/m3 bis
5,20 €/m3, beziehe sich lediglich auf die Abwassergebühren. Die
Kosten für Frischwasser kämen noch hinzu. Als förderfähig gälten,
wie auch der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags zu entnehmen
sei, Maßnahmen dann, wenn der von einer Kommune erhobene
Wasserpreis über dem Schwellenwert von 5,50 €/m3 für Frischund Abwasser liege. Derzeit seien damit in rund 170 Kommunen
im Land die Förderfähigkeit gegeben. Nach der neuen Förderrichtlinie werde dieser Antragsschwellenwert auf 5,90 € angehoben.
Weiter erläuterte sie, die Förderrichtlinie Wasserwirtschaft ziele
darauf ab, aufgrund der starken Kostenabweichungen zwischen
städtischem und ländlichem Raum für den Verbraucher im Sinne
der Herstellung vergleichbarer Lebensverhältnisse einen gewissen Ausgleich vorzunehmen und Härtefälle zu mildern.
Was die Forderung des Rechnungshofs betreffe, die Kommunen
sollten die Kosten für Sanierungsmaßnahmen bei Abwasserentsorgungsanlagen aus den Abschreibungen finanzieren, sei zu bedenken, dass in dem Fall, dass vonseiten des Landes ein Zuschuss gewährt worden sei, lediglich das Kanalnetz einer Abschreibung unterliegen dürfe. Das bedeute, dass für die Anlagen
an sich keine Rücklagen im Zuge von Abschreibungen gebildet
werden könnten, da diese Beträge nicht in die Gebühren einfließen dürften.
In der neuen Förderrichtlinie Wasserwirtschaft sei in begründeten Einzelfällen eine Sonderregelung für besondere Härtefälle
enthalten, die ab einer Gebühr von 6,90 € wirksam werde. Die
Zahl der hierdurch geförderten Anlagen sei voraussichtlich sehr
klein. Die neuen Förderrichtlinien enthielten eine Übergangsregelung für Altfälle. Darunter fielen Maßnahmen über mehrere
Jahre. Bei diesen habe es seither ab einem Schwellenwert von
5,50 € eine Förderung gegeben. Diese Antragsschwelle werde
nach der neuen Richtlinie 5,90 € betragen. Maßnahmen ab dem
alten Schwellenwert von 5,50 € bis zum neuen Schwellenwert
von 5,90 € sollten als Altfälle noch bis 2011 gefördert werden,
wobei für diese Jahre maximal je 20 % des jährlichen Bewilligungsrahmens zur Verfügung stehe. Nach Auslaufen dieser Übergangsregelung könnten ab 2012 für besondere Härtefälle statt
bislang 10 % maximal 15 % des jährlichen Bewilligungsrahmens
zur Verfügung gestellt werden.
Bezüglich der Forderung, stärker innovative Projekte und Lösungsansätze zu fördern, betonte sie, das Land unterstütze solche
Ansätze schon jetzt sehr gezielt. So gebe es in Heidelberg eine
sehr innovativ arbeitende dezentrale Kläranlage, die auf der
Grundlage von Membranen aus Keramik betrieben werde. In diesem Zusammenhang interessant sei auch eine Anlage in Knittlingen, die in der erwähnten Sitzung des Finanzausschusses gleichfalls angesprochen worden sei. Allerdings sei deren Akzeptanz
im nahe liegenden Neubaugebiet nicht besonders groß, zudem
habe sich die Reinigungswirkung bislang als niedriger erwiesen
als erhofft. Generell gelte, dass die Bereitschaft auch vonseiten
der Kommunen noch wachsen müsse, technologische Neuentwicklungen tatsächlich in die Praxis umzusetzen. Mit der Neufassung der Förderrichtlinie Wasserwirtschaft solle diese Bereitschaft gestärkt werden.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Der Ausschussvorsitzende merkte an, mit der Anpassung der
Förderrichtlinie Wasserwirtschaft und der darin festgeschriebenen Anhebung des Schwellenwerts auf 5,90 € werde auch der
Tatsache entsprochen, dass zukünftig weniger Fördermittel zur
Verfügung stünden. Zudem diene eine solche Vorgehensweise
sicherlich auch dem Bürokratieabbau. Er würde es begrüßen,
wenn sich auch andere Ministerien hieran ein Beispiel nähmen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
15. 09. 2008
Berichterstatter:
Scheuermann
29. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Umweltministeriums – Drucksache 14/2744
– Beitrag des Landes zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2744 – für erledigt zu erklären.
17. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Ehret
Müller
Bericht
Der Umweltausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2744 in
seiner 18. Sitzung am 17. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags erläuterte, der vorliegende
Antrag wolle eine Brücke zwischen den Aktivitäten des Rates für
Nachhaltige Entwicklung auf Bundesebene und der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg schlagen. Gleich
eingangs in Ziffer 1 dieses Antrags sei daher die Frage gestellt
worden, wie die Landesregierung die Auffassung des Rates für
Nachhaltige Entwicklung beurteile, dass der Begriff Nachhaltigkeit zu einer leeren Floskel zu werden drohe, wenn es an quantifizierten Zielen und Indikatoren mangle. In der Stellungnahme der
Landesregierung werde nun auf die in der Nachhaltigkeitskonferenz im März 2008 landesweit vereinbarten 80 Orientierungsziele
verwiesen, die den Akteuren in Landesregierung und Gesellschaft
als Leitlinien bei ihren Anstrengungen im Sinne der Nachhaltigkeit dienen sollten. Sie bezweifle allerdings, dass eine solch lange
Liste von Orientierungszielen geeignet sei, um den gesellschaftlichen Akteuren die wichtigen Anliegen der Nachhaltigkeitsstrategie in all ihren Facetten zu vermitteln und ihre Umsetzung zu
befördern, und meine, für eine gelingende Kommunikation über
diese Anliegen bedürfe es einer besser strukturierten Darstellung.
Für prinzipiell diskussionsbedürftig halte sie das Denkmodell der
„Drei Säulen der Nachhaltigkeit“ – Ökonomie, Ökologie und Soziales in gleicher Gewichtung –, auf das ebenfalls in der Stellungnahme zu Ziffer 1 des Antrags verwiesen werde. Sie meine, dieses Modell sei inhaltlich schon lange nicht mehr auf der Höhe
der Zeit. So weise das Umweltbundesamt bereits seit Jahren darauf hin, dass Ökonomie, Ökologie und Soziales eben nicht als
drei gleichrangige Säulen zu betrachten seien, sondern dass das
Wirtschaften und damit einhergehend auch die Gestaltung des
Sozialen stets unter dem Vorbehalt der ökologischen Tragfähigkeit stehen müssten. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung und damit auch Wohlfahrt könnten nur in dem Umfang
stattfinden, in dem auf der anderen Seite gewährleistet werden
könne, dass die Natur keinen Schaden nehme. Die Belastbarkeit
des Naturhaushalts stelle damit die letztgültige Richtschnur für
alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten dar. Insofern bestehe die Aufgabe der Politik nicht darin, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialem aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr, dafür zu sorgen, dass der
durch die Ökologie vorgegebene Handlungsspielraum eingehalten werde. Andernfalls würden die Lebensgrundlagen auch der
kommenden Generationen geschädigt.
Des Weiteren sei ihr nicht klar, wie die 80 landesweiten Orientierungsziele mit den konkreten Projekten im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie in Übereinstimmung zu bringen seien. Da diese
Ziele zumeist nicht quantifiziert seien, könnten die notwendigen
Erfolgskontrollen kaum vorgenommen werden.
Der Stellungnahme zu Ziffer 2 des Antrags zufolge messe die
Landesregierung der horizontalen Verzahnung der Nachhaltigkeitsstrategien von Bundesregierung und Ländern große Bedeutung zu. Hierzu stehe jedoch im Widerspruch, dass es bislang
noch immer nicht gelungen sei, sich auf einen einheitlichen Satz
von Indikatoren zu einigen. Bedauerlicherweise sähen sich zahlreiche Länder, darunter auch Baden-Württemberg, offenbar nicht
in der Lage, landesspezifische Daten zu einer nationalen Indikatorensammlung zu liefern. Beispielsweise interessiere sie, wie
sich in Baden-Württemberg die Situation gemessen am Indikator
Artenvielfalt darstelle. Während etwa Schleswig-Holstein durchaus in der Lage sei, zur Bestandsentwicklung ausgewählter Vogelarten konkrete Angaben zu machen, fehlten aus Baden-Württemberg entsprechende Informationen.
In Bezug auf die in Ziffer 6 des Antrags angesprochenen Nachhaltigkeitschecks für rechtliche Regelungen und Förderinstrumente warte sie gespannt auf das abschließende Ergebnis der
entsprechenden Prüfung.
Mit Enttäuschung habe sie der Stellungnahme zu Ziffer 7 des
Antrags entnommen, dass die Landesregierung nicht bereit sei,
einen regelmäßigen Nachhaltigkeitsbericht zur öffentlichen Beschaffung einzuführen. Sie halte an ihrer Auffassung fest, dass
ein solcher Bericht durchaus Wirkungen zeitigen würde, und
hoffe daher, dass hierüber in den kommenden Jahren ein Prozess
des Umdenkens in Gang komme.
Ein Abgeordneter der CDU meinte, vordringlich sei es, beim
Streben nach Nachhaltigkeit von wohlklingenden, aber doch
recht abstrakten Zielen auf die Ebene der Umsetzung konkreter
Projekte zu gelangen. Die Ausführungen seiner Vorrednerin erweckten bei ihm nun allerdings den Eindruck, dass sich die Grünen noch immer eher auf der Ebene theoretischer Erwägungen
bewegten. Dagegen zeigten sich auch in der Stellungnahme zu
vorliegendem Antrag zahlreiche konkrete und erfolgversprechende Ansätze der Landesregierung.
43
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Umwelt und Verkehr
Ein Abgeordneter der SPD äußerte, auch er wolle keine weiteren
theoretischen Erwägungen anstellen und vielmehr seinen Blick
auf die vom Rat für Nachhaltigkeit vorgeschlagenen Indikatoren
richten. Diese erschienen ihm im Wesentlichen nachvollziehbar
und plausibel, und auch den Vorschlag, eine solche Indikatorenliste mit einem „Ampelbericht“ zu verknüpfen, halte er für vernünftig.
Nicht nachvollziehen könne er dagegen, weshalb die Landesregierung in Bezug auf die vielfach geforderte Erarbeitung von
Vergleichsmöglichkeiten noch immer so zurückhaltend agiere.
Er meine, Aussagen etwa über den Pro-Kopf-Ausstoß an CO2,
über Flächeninanspruchnahme oder ähnliche ökologisch relevante Parameter seien vom methodischen Aufwand her relativ leicht
zu erarbeiten. Solche Daten böten gute Grundlagen für länderspezifische Vergleiche. Ähnliches gelte auch für Aussagen zum
Energie- und Ressourcenverbrauch oder für soziale bzw. nationalökonomische Fragen. Insofern halte er die Aussage in der
Stellungnahme zu Ziffer 4 für wenig einleuchtend, die vom Rat
für Nachhaltige Entwicklung entwickelten vergleichenden Aussagen zum Stand der nachhaltigen Entwicklung beim Bund und
in den Bundesländern würden einer wissenschaftlich-methodischen Prüfung nicht standhalten.
Die Umweltministerin erläuterte in Bezug auf die von der Erstunterzeichnerin des Antrags vorgetragene Kritik am „Dreisäulenmodell“, in der Präambel zur Nachhaltigkeitsstrategie des Landes
stehe ausdrücklich:
Dabei handeln wir im Bewusstsein, dass die Belastbarkeit unserer Erde und der Natur sowie die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen Grenzen vorgeben.
Hiermit werde genau das festgeschrieben, was auch erklärte Intention des Umweltbundesamts sei.
Was die Frage nach den Indikatoren und deren Handhabbarkeit
angehe, so gelte für Baden-Württemberg – übrigens im Unterschied zu vielen anderen Ländern und auch zum Bund –, dass die
Elemente der Nachhaltigkeitsstrategie große Konkretheit besäßen.
Dabei stehe auch die Frage im Vordergrund, welche Akteure sich
an den umfassenden Aufgaben beteiligten und sich damit auch
auf die gemeinsam festgelegten Ziele verpflichteten. Dagegen
verzichteten Länder wie Schleswig-Holstein sowie der Bund darauf, die Verantwortlichen zu benennen und festzulegen, wer
denn all die wohlklingenden, mit Indikatoren untermauerten Vorgaben erfüllen solle. Wichtigste Forderung jedoch sei es, die vielfältigen Begrifflichkeiten tatsächlich mit Leben zu erfüllen, anstatt sie immer wieder neu theoretisch gegeneinander abzuwägen.
Aus diesen Gründen sei die Landesregierung auch der Meinung,
dass die Nachhaltigkeitsindikatoren nun im Rahmen der Verzahnung gemeinsam entwickelt werden müssten, um deren Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Eine entsprechende Bund-Länder-Arbeitsgruppe für nachhaltige Entwicklung sei mit deren
Ausarbeitung befasst. Selbstverständlich müssten dabei auch Indikatoren für die Bereiche Ökonomie und Soziales entwickelt
werden.
Baden-Württemberg habe federführend gemeinsam mit den Ländern Berlin und Hessen den Beitrag der Länder zum Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie erstellt und somit auch hier eine sehr wichtige Aufgabe
übernommen.
Die Problematik von Nachhaltigkeitsstrategien – dies gelte sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene – sei nun
44
einmal nach wie vor, dass entsprechende Vernetzungen fehlten.
Erfreulicherweise gebe es nun erstmals Signale vonseiten des
Bundes, dass solche Kooperationen initiiert und ausgebaut werden sollten.
Abschließend äußerte sie, sie sei überzeugt, dass der baden-württembergische Weg erfolgversprechend sei. Dies zeige sich auch
daran, dass andere Bundesländer wie etwa Hessen die Anstrengungen in Baden-Württemberg mit großer Aufmerksamkeit verfolgten und zum Teil auch zum Vorbild nähmen.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags bat darum, zu überlegen, ob
das genannte Dreisäulenmodell entsprechend dem von der Umweltministerin zitierten Passus aus der Präambel zur Nachhaltigkeitsstrategie – etwa auch bei der Abfassung von Landtagsdrucksachen – inhaltlich nicht noch klarer ausgestaltet und kommuniziert werden könnte, und fügte hinzu, in diesem Zusammenhang
stets nur auf die Erläuterungen in dieser Präambel zu verweisen,
reiche ihres Erachtens nicht aus.
Die Umweltministerin wandte ein, für die Landesregierung sei
diese Präambel nun einmal grundlegend. Sie meine, auch die
Grünen täten gut daran, diese grundsätzlichen Ausführungen in
ihrer vollen Tragweite zur Kenntnis zu nehmen. Im Übrigen erbringe auch jede Informationsveranstaltung der Landesregierung
zum Thema Nachhaltigkeit ganz sicher den Beweis dafür, dass
das Dreisäulenmodell stets in dem gerade vorgetragenen Sinne
kommuniziert werde.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
12. 09. 2008
Berichterstatter:
Ehret
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Beschlussempfehlungen des Sozialausschusses
30. Zu
a) dem Antrag der Fraktion GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/1992 Abschnitt II
– Umsetzung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes in Baden-Württemberg;
hier: Ausgestaltung der Pflegestützpunkte
und Pflegeberater
b) dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2476 Abschnitt II
– Beratungsangebote für Pflegebedürftige und
ihre Angehörigen verbessern
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
Abschnitt II des Antrags der Fraktion GRÜNE – Drucksache 14/1992 – sowie Abschnitt II des Antrags der
Fraktion der SPD – Drucksache 14/2476 – abzulehnen.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Raab
Lösch
Bericht
Der Sozialausschuss beriet Abschnitt II des Antrags Drucksache
14/1992 und Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/2476 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Eine Abgeordnete der Grünen verwies auf ihre Ausführungen in
der Beratung der beiden Anträge in der 47. Plenarsitzung am
25. Juni 2008 und trug vor, bei einer Diskussion zur Zukunft der
Pflege in der vergangenen Woche in Breisach mit Bürgermeistern, Ortsvorstehern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
sowie Praktikerinnen und Praktikern sei die gemeinsame Position
aller Beteiligten deutlich geworden, dass es eines umfassenden
Beratungsangebots und passgenauer Unterstützungsangebote für
die Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen bedürfe, damit die
zu betreuenden Personen möglichst lange in ihrem räumlichen
Umfeld verbleiben könnten.
Der Kreisseniorenrat in Esslingen habe berichtet, dass der landesweite Modellpflegestützpunkt in Denkendorf ausschließlich von
der AOK betrieben werde und sich die übrigen Kassen weigerten,
sich an den Kosten dieses Pflegestützpunkts zu beteiligen. Dies habe zur Konsequenz, dass an diesem Modellpflegestützpunkt nur
AOK-Patienten beraten würden; denn die Kassen, die die Kosten
für den jeweiligen Pflegestützpunkt aufbrächten, hätten ein Vorrecht, zu bestimmen, wer in dieser Einrichtung beraten werden
dürfe. Der Aufbau eigener Strukturen durch die Kassen für ihre
Patienten stehe jedoch der von der Sozialministerin ausgegebenen
Zielrichtung der Vermeidung von Parallelstrukturen entgegen.
Fraktionsübergreifendes Ziel sei die Schaffung einer Struktur,
die zusätzliche Angebote und die Verwirklichung neuer Ansätze
im Rahmen der Geh-Struktur ermögliche. Hierzu sei ein neues
Konzept erforderlich. Vonseiten des Sozialministeriums sei bereits hervorgehoben worden, dass eine trägerübergreifende, neutrale Beratung wichtig sei, die nicht nur die versicherungs- und
verwaltungstechnischen Komponenten, sondern auch die sozialarbeiterischen Komponenten beinhalte. Zu bemängeln sei jedoch, dass die Landesregierung noch nicht deutlich gemacht habe, welche Konsequenzen für die Umsetzung dieser Zielvorstellungen zu ziehen seien.
Die Aufgabe der Landesregierung bei der Umsetzung des PflegeWeiterentwicklungsgesetzes dürfe sich nicht auf eine moderierende Rolle beschränken. Vielmehr müsse die Landesregierung
dafür sorgen, dass ein Gesamtkonzept entwickelt werde, das Anreize und einen Rahmen für die Entwicklung geeigneter Strukturen vor Ort biete.
Nur ein trägerübergreifendes und neutrales Beratungsangebot,
das vor Ort angesiedelt sei, werde von der Bürgerinnen und Bürgern auch angenommen. Während in den Ballungszentren in
einer relativen räumlichen Dichte entsprechende Angebote existierten, seien im ländlichen Raum noch keine ausreichenden
wohnortnahen Strukturen geschaffen. Um im ländlichen Raum
ein Beratungsangebot in Form einer Geh-Struktur zu schaffen,
müssten diejenigen einbezogen werden, die mit den ländlichen
Strukturen vor Ort vertraut seien. Bei der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts müssten alle beteiligten Gruppen einbezogen werden, auch die Betroffenenverbände.
Davon auszugehen sei, dass die Kommunen eine finanzielle Beteiligung des Landes gemäß dem Konnexitätsprinzip für die Umsetzung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes forderten. Hier
sollte fraktionsübergreifend im Landtag überlegt werden, welche
Möglichkeiten einer finanziellen Beteiligung des Landes es gebe.
So könnte über eine Umschichtung der durch den Ausstieg des
Landes aus der Pflegeheimförderung frei werdenden Mittel eine
Finanzierung bzw. Bezuschussung der Einrichtung von Pflegestützpunkten erreicht werden. Insgesamt sollte das Land in die
Pflicht genommen werden, lenkend und nicht nur moderierend zu
agieren, um zu gewährleisten, dass das Konzept zur Einrichtung
der Pflegestützpunkte zu neuen und innovativen Angeboten führe.
Eine Abgeordnete der SPD äußerte, sie habe sich darüber gefreut,
dass die Sozialministerin in der Plenardebatte am 25. Juni 2007
mitgeteilt habe, dass es eine positive Grundsatzentscheidung gebe, wonach das bestehende Beratungsnetz weiterentwickelt werden solle und Doppelstrukturen vermieden werden sollten.
Je nach Blickwinkel werde die Einrichtung von Pflegestützpunkten in Baden-Württemberg und darüber hinaus unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Offenkundig sei, dass es nicht nur für
Personen, die im Sinne des SGB XI bereits erheblich pflegebedürftig seien, sondern auch für die Personen im Vor- und Umfeld
von Pflege einen zunehmenden Beratungsbedarf gebe. Die Frage
sei nur, wie das Beratungsangebot geleistet werden solle.
Verwundert sei sie über die Aussage, an dem Modellpflegestützpunkt im Kreis Esslingen würden nur Mitglieder einer bestimmten Kasse beraten. Dies wäre nicht im Sinne des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes. Sie bitte das Ministerium um Aufklärung
in dieser Frage.
Abschließend erkundigte sie sich nach dem Stand der Weiterentwicklung des Beratungsangebots für Pflegebedürftige im Land
45
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
und fragte, in welcher Form sich die Landesregierung an dem
Aufbau von Pflegestützpunkten in Baden-Württemberg beteiligen werde.
heiten unterschiedlich ausdifferenzierte Angebote gebe. Hier habe das Sozialministerium in der Moderation eine federführende
Aufgabe.
Ein Abgeordneter der CDU führte aus, es liege im Interesse aller,
dass im Land eine qualifizierte Beratung der Pflegebedürftigen
und ihrer Angehörigen stattfinde. In den vorliegenden Stellungnahmen der Landesregierung werde konkret aufgezeigt, welches
Verfahren in welchen Stufen stattfinden solle. Abgewartet werden sollte, bis diejenigen, die nach dem Gesetz die Verantwortung trügen, ihre Konzepte hierzu entwickelt hätten.
Den Beschlussteilen der vorliegenden Anträge werde er nicht zustimmen, da diese zu sehr von Zentralismus geprägt seien.
Er sei nicht der Meinung, dass das Land für diese Aufgabe Geld
bereitstellen sollte. Vielmehr seien diejenigen, die für die Umsetzung des Gesetzes zu sorgen hätten, klar definiert. Er vertraue
hierbei auf die hervorragende kommunale Selbstverwaltung in
Baden-Württemberg. Jede Kommune im Land werde darauf aus
sein, für ihren Bereich eine qualifizierte Beratungslösung anzubieten. Hierbei könnten auch für bestimmte Bereiche kommunenübergreifende Lösungen organisiert werden. Er zweifle nicht
daran, dass hierbei gute Lösungen zustande kämen. Das Sozialministerium habe in dem Prozess eine koordinierende Funktion.
Eine Anschubfinanzierung werde vom Bund geleistet. Die Frage
hinsichtlich einer Anschubfinanzierung des Landes stelle sich
derzeit nicht. Die Beteiligten müssten nun zeigen, zu was sie bei
der Organisation in der Lage seien.
Sicherlich sei es wichtig und notwendig, ein Beratungsangebot
für Pflegebedürftige vorzuhalten. Angesichts der demografischen
Entwicklungen sei jedoch darauf zu achten, dass nicht durch zusätzliche weitere Aufgaben die Belastungen für die künftigen
Generationen übermäßig erhöht würden.
In der Konsequenz der geschilderten Sichtweise werde die CDUFraktion den Beschlussteilen der vorliegenden Anträge nicht zustimmen.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP merkte an, die Frage, was an
zusätzlichen Beratungsstrukturen überhaupt benötigt werde, sei
berechtigt. Denn jede neu geschaffene Struktur, auch wenn sie
ehrenamtlich getragen werde, verursache zusätzliche Kosten.
Einigkeit bestehe darin, dass Doppelstrukturen bzw. Strukturen,
bei denen jede Pflegekasse für ihre Mitglieder ein eigenes Angebot vorhalte, nicht sinnvoll seien. Demgegenüber werde eine im
Konsens aller Beteiligten errichtete Struktur zu mehr Transparenz, mehr Wettbewerb, mehr Kundenzufriedenheit und einem
effizienteren Mitteleinsatz führen.
Er sei dezidiert der Meinung, dass das Land nicht mit einem
„goldenen Zügel“ gewisse Strukturen durchsetzen, vorgeben
oder befördern sollte. Vielmehr sollte denjenigen, denen vom
Gesetz aufgetragen sei, ein verbessertes Informationsangebot zu
schaffen, die Umsetzung überlassen bleiben.
Der Landessozialministerin sei er dankbar, dass diese im Bundesrat erreicht habe, dass entgegen den ursprünglichen Planungen der Bundesregierung es den Ländern überlassen bleibe, Kriterien für eine sinnvolle Kooperation zur Schaffung eines Informationsnetzwerks zu entwickeln. Dieses Netzwerk könne in Baden-Württemberg auf den vorhandenen Strukturen aufgebaut
werden.
Er vertraue darauf, dass das Ministerium für Arbeit und Soziales
seine moderierende Rolle angemessen wahrnehme. Darauf geachtet werden müsse, dass einerseits nicht jede Pflegekasse ein
separates Angebot schaffe, dass auf der anderen Seite aber auch
sichergestellt sei, dass es entsprechend den regionalen Gegeben-
46
Anzustreben sei eine stärkere Beteiligung des Ehrenamtes. Die
Seniorenräte hätten bereits signalisiert, dass sie bei der Ausgestaltung der Pflegestützpunkte gerne mitarbeiten wollten. Vor
diesem Hintergrund interessiere ihn, ob vorgesehen sei, bei den
Gesprächen auf Landesebene z. B. den Landesseniorenrat als
Vertreter der ehrenamtlichen Initiativen mitzubeteiligen.
Die Abgeordnete der Grünen hob hervor, sie stimme überein in
der Auffassung, dass es nicht sinnvoll sei, Doppelstrukturen zu
schaffen. Daher halte sie die Initiative des Landes, bei der Umsetzung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes auf den vorhandenen Strukturen im Land aufzubauen, für gut. In Baden-Württemberg seien vor Ort eine Menge Angebote vorhanden, auf denen sich aufbauen lasse. Inhaltlich müsse jedoch eine stärkere
Profilbildung erfolgen.
Genutzt werden sollten etwa die vorhandenen Strukturen der Sozialstationen. Diese seien im ländlichen Raum sehr aktiv und für
eine Einbeziehung des Ehrenamts geeignet. Darüber hinaus
müssten möglichst viele Pflegekassen eingebunden werden. Beispielsweise verfüge die AOK bereits heute über ein Pflegeberatungsangebot. Es gelte, die vorhandenen Angebote in einer sinnvollen Weise zusammenzuführen und die unterschiedlichen Akteure „unter einem Dach“ zu koordinieren. Hier biete sich die
kommunale Selbstverwaltung als „Träger“ an. Gemeinsam mit
den Akteuren müsse ein Konzept entwickelt werden, auf das sich
die Kommunen beim Aufbau ihres Angebots stützen könnten.
Um zu verhindern, dass die starke Zunahme der Zahl der älteren
Menschen zu einem nicht mehr zu bewältigenden Anstieg der
Kosten im Gesundheitswesen führe, müsse so schnell wie möglich mit dem Aufbau entsprechender Strukturen begonnen werden, die es ermöglichten, dass die älteren Menschen so lange wie
möglich in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben könnten.
Ein gewisser Zeitdruck ergebe sich dadurch, dass die entsprechenden Verträge zwischen Pflege- und Krankenkassen, Kommunen
und Sozialhilfeträgern bis zum 31. März 2009 zu schließen seien,
da ansonsten die Kranken- und Pflegekassen verpflichtet würden,
die Pflegeberatung anzubieten und Pflegestützpunkte zu errichten.
Die Abgeordnete der SPD bemerkte, den Handlungsbedarf im
Pflegebereich habe bereits die Enquetekommission „Demografischer Wandel“ in ihren Handlungsempfehlungen formuliert.
Nach dem Landespflegegesetz sei das Land für die Aufgaben im
Vor- und Umfeld von Pflege zuständig. Hierbei sei insbesondere
das Feld der Beratung tangiert.
Die Ministerin für Arbeit und Soziales legte dar, hinsichtlich der
inhaltlichen Ausgestaltung einer guten Pflegeberatung lägen die
Vorstellungen wohl nicht auseinander. Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz des Bundes stelle für die Umsetzung allerdings
nur bestimmte Instrumente zur Verfügung. Sie hätte sich andere
Instrumente zur Umsetzung gewünscht.
Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz werde den Pflegekassen die Verantwortung für die Pflegestützpunkte zugewiesen.
Möglicherweise sei diese Aufgabe deshalb nicht an die Länder
übertragen worden, um eine Zustimmungspflicht des Bundesrats
und damit eine Mitgestaltungsmöglichkeit der Länder zu umgehen.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
Die Pflegekassen müssten im Rahmen der ihnen übertragenen
Zuständigkeit darauf hinwirken, dass sich die Kommunen und
andere Stellen an der Umsetzung beteiligten. Das Land versuche,
die Kommunen, die Pflegekassen und die Krankenkassen „an
einen Tisch zu holen“, um moderierend den Abschluss entsprechender Verträge zu erreichen.
Es könne durchaus das Bestreben von Pflegekassen sein, eine
Beratung nur für ihre Versicherten, nicht aber für den Rest der
Bevölkerung anzubieten. Dies werde an dem Pflegestützpunkt in
Denkendorf so praktiziert. Ein solches Vorgehen liege jedoch
nicht im Interesse des Landes. Die Landesregierung sei daher bestrebt, im Rahmen ihrer moderierenden Funktion alle Beteiligten
zusammenzubringen mit dem Ziel, eine Rahmenvereinbarung
abzuschließen, in der bestimmte Standards und Strukturen festgelegt würden.
31. Zu dem Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums
für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2645
– Hungern in der Überflussgesellschaft – Maßnahmen gegen die Magersucht ergreifen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a. GRÜNE – Drucksache 14/2645 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Die für die Umsetzung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes
vorgesehene Finanzierung werde den mit der Umsetzung beauftragten Pflegekassen zufließen. Das Land werde darüber hinaus
keine eigenen Mittel bereitstellen. Eine zusätzliche vom Land finanzierte Einrichtung von Beratungsstrukturen würde die Gefahr
des Aufbaus von Parallelstrukturen bergen.
Die Berichterstatterin:
Der stellv. Vorsitzende:
Wonnay
Hoffmann
Das Land wolle im Rahmen seiner beschränkten Möglichkeiten,
die das Bundesgesetz zulasse, auf eine bestmögliche Lösung hinwirken. Ziel müsse es sein, alle Beteiligten in der Betreuung und
Pflege von älteren Menschen zusammenzubringen, um eine bestmögliche Beratungsleistung für die Betroffenen zu erreichen.
Notwendig sei ein vielfältiges Angebot, das der zunehmenden
Ausdifferenzierung der Bedürfnisse der zu pflegenden Personen
gerecht werde. Der Beratungsbedarf sei jedoch umso größer, je
vielfältiger das Angebot sei.
Der Sozialausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2645 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Auf die Frage des Abgeordneten der FDP/DVP teilte sie mit, das
Land habe großes Interesse daran, dass die Selbsthilfegruppen
und die Seniorenräte beteiligt würden. In einem ersten Schritt
werde versucht, die in dem Gesetz benannten Akteure, namentlich die kommunalen Landesverbände und die Pflegekassen, zusammenzubringen. Zielsetzung sei, dass dann auch Organisationen wie die Seniorenräte einbezogen würden.
In getrennter Abstimmung beschloss der Ausschuss jeweils mehrheitlich, dem Plenum zu empfehlen, Abschnitt II des Antrags
Drucksache 14/1992 und Abschnitt II des Antrags Drucksache
14/2476 abzulehnen.
23. 07. 2008
Berichterstatter:
Raab
Bericht
Die Erstunterzeichnerin des Antrags brachte vor, die gesellschaftlich weit verbreitete Ansicht „Wer schön sein will, muss
schlank sein“ habe zum Teil dramatische Folgen. Etwa jedes
dritte Mädchen zeige Auffälligkeiten beim Essverhalten. Nach
einer Studie des Robert-Koch-Instituts wiesen bereits 22 % der
11- bis 17-Jährigen Symptome einer Essstörung auf.
Neben familiären Problemen und psychosozialen Faktoren
gehörten insbesondere auch gesellschaftliche Entwicklungen zu
den Auslösern von Essstörungen. So würden von der Modeindustrie, den Medien und der Werbung übermäßig schlanke
Models und Schauspielerinnen als Vorbilder für ganze Mädchengenerationen präsentiert.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abg. Beate Fauser
FDP/DVP, Drucksache 14/2314, teile das Ministerium für Arbeit
und Soziales mit, dass laut der nationalen Verzehrsstudie 2008
rund 10 % der 17-jährigen Mädchen in Deutschland untergewichtig seien. Dies verdeutliche, dass es sich bei Essstörungen um ein
weit verbreitetes Problem handle, mit dem sich die Politik intensiv
auseinandersetzen müsse. Überlegt werden müsse, welche Maßnahmen die Landesregierung und die Politik insgesamt ergreifen
müsse, um der Problematik entgegenzuwirken, und welche Kooperations- und Ansprechpartner miteinbezogen werden könnten.
In der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag werde erwähnt, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
umfangreiches Informationsmaterial entwickelt habe.
Der Stellungnahme entnehme sie, dass das Sozialministerium
zwar die Problematik erkannt habe, aber keinen Handlungsbedarf
sehe, um selbst aktiv zu werden. Sie würde sich wünschen, dass
vonseiten der Landesregierung entsprechende Initiativen ergriffen würden. Die Landesregierung sollte etwa auf eine Selbstverpflichtung der Unternehmen der Modeindustrie hinwirken, keine
unterernährten Models einzusetzen. Die Deutsche Gesellschaft
für Essstörungen habe hierzu bereits entsprechende Richtlinien
entwickelt, die in verschiedenen Bundesländern und auch auf
Bundesebene diskutiert würden. Es gebe auch einige Modeunternehmen, die verantwortungsvoll mit der Problematik umgingen.
Beispielsweise habe ein baden-württembergisches Modeunter-
47
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
nehmen für seine Kampagne zum Herbst/Winter 2008 bewusst
auf lebenserfahrene und selbstbewusste Frauen gesetzt und auf
den Einsatz sehr dünner Models verzichtet.
In der Stellungnahme zu Ziffer 4 des Antrags werde ausgeführt,
dass die Hilfsangebote für Essstörungen weiter vernetzt würden.
Hingewiesen werde auf den Mädchengesundheitsladen e. V. in
Stuttgart, der auch von Mädchen aus dem Umfeld als Anlaufpunkt genutzt werde. Festzustellen sei allerdings auch, dass speziell im Bereich der Essstörungen ein hoher Beratungsbedarf bei
Mädchen und jungen Frauen bestehe. Auffällig sei, dass es ein
Defizit an wohnortnahen ambulanten Angeboten gebe. Hieran
werde auch deutlich, dass es in Baden-Württemberg zu wenig
auf Essstörungen spezialisierte Psychotherapeuten gebe und die
Zahl der Kinder- und Jugendpsychotherapeuten nicht ausreiche.
In der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags werde mitgeteilt,
dass der Landesverband der Betriebskrankenkassen zusammen
mit dem Sozialministerium, dem Kultusministerium und weiteren Projektpartnern eine Initiative zur Prävention von Essstörungen bei Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 17 Jahren
plane, die im Rahmen eines Gesamtprojekts an drei Pilotgymnasien jeweils in der 6. Klasse getestet werden solle. Hierzu bitte sie um Auskunft, was das Projekt zum Inhalt habe, wann es
beginnen solle und an welchen Schulen das Modell gestartet
werden solle.
Ein Abgeordneter der CDU führte aus, der Antrag greife eine
heikle und in ihrem Trend nicht unerhebliche Problematik auf.
Die Stellungnahme zeige, dass bei der Landesregierung die notwendige Sensibilität in alle Richtungen vorhanden sei.
Die in der Begründung des Antrags aufgeführte Vielfalt der Beteiligten von der Modeindustrie über die Medien bis zur Werbung verdeutliche die Schwierigkeit, ein umfassendes Handlungskonzept zu erarbeiten und auf alle Akteure umfassend und
zwingend Einfluss nehmen zu können.
Die CDU-Fraktion halte es für richtig, dass, wie in der Stellungnahme des Sozialministeriums ausgeführt, die Maßnahmen zur
Bekämpfung von Essstörungen frühzeitig und präventiv ansetzten, vor allem im Bereich der Schulen, dass ein Angebot der Information, Beratung und Begleitung existiere, dass in die Ausund Weiterbildung der Ärzte und des medizinischen Personals in
diesem Bereich investiert werde und der Forschung an den
Hochschulen über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten ein entsprechendes Gewicht beigemessen werde.
Insgesamt sollte die Problematik nicht „überdramatisiert“ werden. Untergewichtigkeit sei nicht mit Magersucht gleichzusetzen. Sicherlich gebe es Grenzbereiche, in denen Unterernährung
krankhafte Züge annehme. Allerdings gebe es auch vorübergehende Verhaltensmuster, die nicht als „krank“ bezeichnet werden müssten. Dennoch sehe die CDU-Fraktion die zugrunde liegende Problematik als wichtiges Thema an. In der umfassenden
Stellungnahme der Landesregierung sei der richtige Weg aufgezeigt, um der Problematik zu begegnen.
pflichtung auferlegt hätten, auffordere, sich selbst zu verpflichten, nicht mit untergewichtigen Models zu arbeiten.
In der Stellungnahme zu Ziffer 5 des Antrags werde mitgeteilt,
dass eine Neuakzentuierung der Prävention in Baden-Württemberg (Präventionspakt) anstehe und hierzu die Ergebnisse eines
Modellprojekts in Sachsen abgewartet würden. Hierzu interessiere sie der aktuelle Stand.
Eine Abgeordnete der FDP/DVP dankte den Antragstellern für
die Einbringung der vorliegenden Initiative und äußerte, die in
der Stellungnahme aufgeführten Zahlen zeigten, dass es notwendig sei, sich dem Problem der Fehlernährung zu widmen. Aufgeführt seien in der Stellungnahme eine Reihe von Maßnahmen,
die seitens des Landes ergriffen würden. So sei im Rahmen der
Bildungspläne die Behandlung von Essstörungen wie etwa der
Magersucht vorgesehen. Ferner unterstütze das Ministerium für
Arbeit und Soziales den Trend zur weiteren Sensibilisierung für
die Erkennung und Behandlung von Essstörungen bei den Heilund Gesundheitsberufen, und in die Weiterbildungsangebote
würden neue Erkenntnisse der Ernährungsmedizin einbezogen.
Darüber hinaus gebe es an den medizinischen Fakultäten im
Land intensive Forschungsaktivitäten im Bereich Essstörungen.
Den Handlungsspielraum der Politik in diesem Bereich sehe sie
als begrenzt an. Vielmehr müsse hier ein gesamtgesellschaftlicher
Ansatz verfolgt werden. Wie viele andere Süchte sei auch Magersucht auf ein defizitäres Selbstempfinden der Betroffenen zurückzuführen. Die Gesellschaft müsse mit allen zur Verfügung stehenden Mittel darauf hinwirken, dass die Kinder und Jugendlichen
ein positives Verhältnis zu ihrem Körper entwickelten, um Suchtgefahren vorzubeugen. In vielen Fällen seien Essstörungen auch
auf innerfamiliäre Probleme zurückzuführen. Viele Mädchen signalisierten mit ihrem gestörten Essverhalten, dass sie Angst davor
hätten, die Rolle der Frau zu übernehmen. Hier seien die erwachsenen Frauen, insbesondere die Mütter, gefordert, ein erfülltes
und positives Frau-Sein vorzuleben.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP hob hervor, Essstörungen seien
ein Problem, unter dem zunehmend auch junge Männer litten.
Essstörungen seien ein gesellschaftliches Phänomen, dem nicht
allein durch politische Maßnahmen begegnet werden könne. In
der Regel seien Essstörungen, ob nun Magersucht oder Fettleibigkeit, auf psychische bis psychiatrische Störungen zurückzuführen.
Schönheitsideale und Modetrends seien hierbei nicht ursächlich,
sondern beeinflussten die Richtung, in die sich die Essstörung
entwickle. Oftmals liege Krankheiten wie Bulimie und Anorexie
die Borderline-Störung zugrunde. Daher sei es richtig, dass hierzu
die Forschungsanstrengungen im medizinischen Bereich intensiviert würden. Denn nicht selten endeten diese Krankheitsfälle
tödlich.
Um der Problematik der Essstörungen zu begegnen, bedürfe es
eines ganzheitlichen Ansatzes, bei dem auch der präventive Aspekt beim Ernährungsverhalten nicht vernachlässigt werde.
Eine Abgeordnete der SPD trug vor, die Faktenlage zeige, dass
es notwendig sei, Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung
von Essstörungen zu ergreifen, auch seitens der Politik.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags bemerkte, zu den möglichen
Ursachen von Magersucht gehörten neben psychologischen
Gründen und familiären Gründen auch die durch Modeindustrie,
Medien und Werbung geprägten Schönheitsideale.
Zwar weise die Landesregierung in der Stellungnahme darauf
hin, dass die Medien im Rahmen der Pressefreiheit selbst entscheiden könnten, welche Themen sie aufgriffen und welche
nicht. Dennoch sollte die Landesregierung ein Zeichen setzen,
indem sie die Modelagenturen, die sich bislang keine Selbstver-
Bei dem Suchtverhalten junger Menschen nähmen die Ess- und
Magersucht eine gewichtige Rolle ein. Ebenso wie bei der Nikotin- und der Alkoholsucht wäre es daher angebracht, bestimmte
Maßnahmenpakete anzustoßen, um die Gesellschaft zu sensibilisieren. Sie würde es begrüßen, wenn zur Bekämpfung von Ess-
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
störungen eine Sensibilisierungskampagne gestartet würde, um
die Unternehmen aus der Mode- und Werbeindustrie sowie die
Medien zu einer entsprechenden Selbstverpflichtung zu bewegen. Sie hätte sich gewünscht, dass die Landesregierung in diesem Bereich etwas aktiver wäre.
Die Ministerin für Arbeit und Soziales legte dar, der Bereich der
Essstörungen sei ein bedeutendes Feld in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Daher sei es wichtig, dass hier eine ausreichende Versorgung gewährleistet sei. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten die Möglichkeit, einen höheren Prozentsatz an
Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zuzulassen, um auf diesem psychiatrischen Feld Vorsorge zu treffen. Auch die Zahl der
stationären Betten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie
sei erhöht worden, sodass eine ausreichende ambulante und stationäre Versorgung gewährleistet sei.
Die Prävention von Essstörungen werde bei den kommunalen
Suchthilfenetzwerken verortet. Durch den flächendeckenden Ausbau erführen die kommunalen Suchthilfenetzwerke eine nachhaltige Stärkung.
Im Zuge der Neuakzentuierung der Prävention im Rahmen des
Präventionspakts werde ein Schwerpunkt auf die Prävention bei
Kindern und Jugendlichen gelegt, insbesondere auf die Drogenprävention und die Prävention von Ess- und Magersucht. Ein
gutes Beispiel hierfür sei das von Sozialministerium und Kultusministerium in Kooperation mit den Sozialversicherungsträgern
durchgeführte Projekt „Bauchgefühl“ zur Prävention von Essstörungen bei Jugendlichen, das zum nächsten Schuljahr anlaufen solle.
Erfreulich sei, dass unter der Leitung des Bundesgesundheitsministeriums die Textil- und Modebranche eine Selbstverpflichtung
erarbeitet habe, mit der die Öffentlichkeit für ein gesundes Körperbild sensibilisiert und einem extremen Schlankheitsideal entgegengetreten werden solle. Die Vorstellung dieser Selbstverpflichtung werde am 11. Juli 2008 erfolgen. Sie könne versichern,
dass sich das Sozialministerium Baden-Württemberg derartigen
Aktionen in der Öffentlichkeit anschließen werde.
Ohne förmliche Abstimmung kam der Ausschuss zu der Beschlussempfehlung an das Plenum, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatterin:
Wonnay
32. Zu dem Antrag der Abg. Ilka Neuenhaus u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums
für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2646
– Forschungen zum Problem gesundheitlicher Gefahren für Frühgeborene als Folge der Aufnahme cytomegalievirushaltiger Muttermilch
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Ilka Neuenhaus u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2646 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Teufel
Lösch
Bericht
Der Sozialausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2646 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags trug vor, eine Arbeitsgruppe
Tübinger Wissenschaftler bestehend aus Mitarbeitern der Abteilung Neonatologie der Universitätskinderklinik Tübingen und des
Instituts für Medizinische Virologie der Universität Tübingen
führe grundlegende Forschungsarbeiten zu dem in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannten Problem der Infektion und
Erkrankung Frühgeborener infolge der Aufnahme cytomegalievirenhaltiger Muttermilch durch. Derartige Viren gehörten zu der
Familie der Herpesviren. Etwa die Hälfte aller stillenden Mütter
hätten diesen Virus im Blut. Mit einer Wahrscheinlichkeit von
über 90 % werde der Virus von den betreffenden Müttern nach
der Geburt über die Muttermilch ausgeschieden. Die Aufnahme
des Cytomegalievirus (CMV) könne vor allem für Frühgeborene
mit einem Gewicht unter 1 000 g sehr gefährlich werden. Die Tübinger Forscher hätten festgestellt, dass es bei etwa 10 % aller
Frühgeborenen, die eine CMV-Infektion erlitten hätten, zu ernsthaften Komplikationen bis hin zu Todesfolgen komme.
Um die medizinisch und psychologisch wichtige Muttermilchernährung von Frühgeborenen beibehalten zu können, müsse der
Cytomegalievirus in der Muttermilch inaktiviert werden, wobei die
bioaktiven Substanzen der Muttermilch so weit wie möglich zu erhalten seien.
In Kooperation mit einem Tübinger medizintechnischen Kleinunternehmen hätten die Forscher an der Universität Tübingen das
Gerät Virex II entwickelt, mit dem durch eine Kurzzeitpasteurisierung die Viren vernichtet werden könnten und gleichzeitig die
wertvollen Inhaltsstoffe der Muttermilch erhalten blieben. Von
der Fachwelt werde dieses Verfahren sehr favorisiert. Die Wirksamkeit der Methode werde zurzeit in einer Studie auf der Neugeborenen-Intensivstation des Universitätsklinikums Tübingen untersucht. Die veranschlagte Zeit für diese Studie betrage drei Jahre. Um den Zeitraum der Studie auf ein Jahr reduzieren zu können,
werde eine Ausweitung der Studie auf drei klinische Zentren angestrebt. Hierfür fehlten bislang jedoch die erforderlichen Mittel.
Der vorliegende Antrag habe zum Ziel, nach Möglichkeiten zur
Finanzierung der angesprochenen Studie zu suchen. Deutlich
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
werde in der Stellungnahme, dass sich die Landesregierung intensiv mit der Thematik befasst und die zugrunde liegende Problematik erkannt habe. Bedauerlicherweise enthalte die Stellungnahme jedoch keinen Vorschlag zur Finanzierung der für die
Durchführung der multizentrischen Studie benötigten 800 000 €.
ben worden. Zu berücksichtigen sei, dass sich Baden-Württemberg im nationalen Wettbewerb unter den Bundesländern bei der
Exzellenzinitiative vernünftig aufstellen wolle und im Rahmen
der finanziellen Möglichkeiten Beträge aus den zentralen Forschungsfördermitteln zu diesem Zwecke vorhalte.
Zu Recht stelle die Landesregierung in der Stellungnahme fest,
dass die Gefahr bestehe, dass das von der Forschungsgruppe in
Tübingen erworbene Know-how im Bereich der Inaktivierung
von Cytomegalieviren ins Ausland abwandere, weil der Patentschutz gefährdet sei und in den USA und Australien ebenfalls in
diesem Bereich geforscht werde. Es sei das Anliegen der Antragsteller, das Fachwissen in diesem Bereich in Baden-Württemberg
zu halten und zur Sicherung mittelständischer Unternehmen im
Land beizutragen.
Die Universität Tübingen habe sich bisher bei amerikanischen
Forschungsförderungsorganisationen um Forschungsmittel bemüht. Nicht erörtert worden sei jedoch bislang die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Landeszuführungsbetrag für das
Universitätsklinikum Tübingen. Darüber hinaus sei von der Universität Tübingen bisher kein Antrag auf Förderung des Projekts
aus dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem
Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegten Förderprogramm „Klinische Studien“ gestellt worden, für das der
Bund und die DFG jeweils 15 Millionen € pro Jahr zur Verfügung stellten. Die Förderbedingungen des Programms „Klinische
Studien“ könnten in den Internetangeboten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingesehen werden. Die Beantragung von Fördermitteln aus diesem Programm dürfte den Tübinger Wissenschaftlern keinerlei Schwierigkeiten bereiten.
Abschließend bat sie die Landesregierung, darzulegen, inwieweit
eine finanzielle Unterstützung des angesprochenen Projekts in
Aussicht gestellt werden könnte.
Ein Abgeordneter der CDU äußerte, er halte die vorliegende Initiative für durchaus sinnvoll. Die darin thematisierte Infektion
mit dem Herpesvirus sei weit verbreitet.
Die CDU-Fraktion unterstütze die Untersuchungen und Forschungsarbeiten der Universität Tübingen. Zu erwähnen sei allerdings, dass die untersuchte Virenübertragung nur für einen Teil
der Neugeborenen relevant sei. In Deutschland würden jährlich
ungefähr 7 000 Kinder mit einem Gewicht von unter 1 000 g zu
früh geboren. Somit seien rund 1 % aller Neugeborenen in
Deutschland von Cytomegalieviren gesundheitlich gefährdet.
Die CDU-Fraktion befürworte die Ausweitung der klinischen
Studie zur Wirksamkeit des Virusinaktivierungsverfahrens. Wünschenswert wäre, dass zeitnah belastbare Ergebnisse vorlägen.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP führte aus, eine Vermarktung
des an der Universität Tübingen in Kooperation mit einem medizintechnischen Betrieb entwickelten Verfahrens hätte neben den
positiven gesundheitlichen Wirkungen einer geringeren Gesundheitsgefahr für Frühchen auch den positiven Effekt, dass ein mittelständisches Unternehmen aus Baden-Württemberg eine Marktführerschaft, auch auf internationalen Märkten, erzielen könnte.
Er sei sich wohl bewusst, dass es nicht originäre Aufgabe des Sozialministeriums sein könne, die angestrebte Ausweitung der
monozentrischen dreijährigen Studie auf eine multizentrische
einjährige Studie zu finanzieren. Dennoch halte er es für legitim,
seitens der Landesregierung nach Finanzierungsmöglichkeiten zu
suchen. Für denkbar hielte er eine Finanzierung über die Landesstiftung. Er hielte es auch nicht für verwerflich, wenn der Landesstiftung im Gegenzug etwa Rechte an der Vermarktung des
Verfahrens eingeräumt würden.
Ein noch nicht zu Wort gekommener Abgeordneter der CDU berichtete, er habe sich bei Beteiligten an dem Tübinger Projekt
über die Problematik erkundigt. Das betreffende Verfahren sei
seit acht bis zehn Jahren bekannt. In der Angelegenheit entstehe
jetzt „Druck“, weil die Universität Tübingen nun beabsichtige,
mit amerikanischen Geldgebern zusammenzuarbeiten und daher
das beteiligte kleine medizintechnische Unternehmen die Gefahr
sehe, dass bei einer Finanzierung des Projekts durch internationale Geldgeber die Produktion der Geräte an ausländische Firmen vergeben werde.
Das Tübinger medizintechnische Unternehmen besitze lediglich
das Patentrecht für die deutschsprachigen Länder. Eine weltweite
Vermarktung des Verfahrens sei daher für das Tübinger Unternehmen nicht möglich. Das Absatzpotenzial beschränke sich somit auf ungefähr 400 Geräte.
Die Durchführung der klinischen Studie halte er für sinnvoll, um
die Wirksamkeit der in Tübingen entwickelten Technologie zur
Inaktivierung der Cytomegalieviren zu belegen. Eine Ausweitung der Studie auf drei Zentren zur Reduzierung der Studiendauer von drei Jahren auf ein Jahr werde angestrebt, um den
technologischen Vorsprung gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht zu verlieren.
Er rege mit Nachruck an, die Fraktionen sollten sich bei den zuständigen Ministerien dafür einsetzen, die Möglichkeiten einer Finanzierung des für eine Durchführung der multizentrischen Studie benötigten überschaubaren Betrags über die Landsstiftung zu prüfen.
Nach seinen Recherchen werde die Studie derzeit über Mittel finanziert, die das mittelständische Unternehmen bei externen
Geldgebern akquiriert habe. Fraglich sei, wieso die Universität
Tübingen keine eigenen Mittel für diese Studie aufgewandt habe
und ob überhaupt Interesse seitens der Universität Tübingen bestehe, mit deutschen Firmen daran zu arbeiten. Sollte seitens der
Universität Tübingen kein Interesse an einer Kooperation mit einheimischen Firmen bestehen, wäre es nicht sinnvoll, vonseiten
der Landespolitik nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen.
Ein Vertreter des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und
Kunst teilte mit, der Ministerialdirektor im Wissenschaftsministerium habe der Erstunterzeichnerin mit Schreiben vom 8. Juli
2008 den Sachstand dargelegt und auf die Zusage seitens des Ministeriums hingewiesen, die ganze Angelegenheit noch einmal zu
überprüfen.
Verwunderlich sei, weshalb die Universität Tübingen bisher weder beim Land noch beim Bund Anträge auf Förderung des Projekts zur Inaktivierung von Cytomegalieviren gestellt habe. Seiner Ansicht nach hätte die zugrunde liegende innovative Technologie durchaus Chancen, in den Förderprogrammen berücksichtigt zu werden.
Die zentralen Forschungsfördermittel des Wissenschaftsministeriums seien sehr begrenzt und seit 15 Jahren nicht mehr angeho-
Abschließend fragte er, ob das Wissenschaftsministerium im Falle einer negativen Bescheidung eines Antrags auf Förderung
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
durch Bundesmittel einen Antrag auf Förderung des Projekts
durch die Landesstiftung unterstützen würde.
Der Vertreter des Wissenschaftsministeriums legte dar, sollten
diesbezügliche Anträge konkret vorgelegt werden, werde das Ministerium diese prüfen und gegebenenfalls unterstützen. Die
wohl beste Möglichkeit der Förderung bestünde allerdings über
das erwähnte Programm der Bundesregierung und der Deutschen
Forschungsgemeinschaft.
Unabhängig davon müsste auch die Universität Tübingen bestrebt sein, aus den Mitteln, die ihr jährlich für derartige Zwecke
zur Verfügung gestellt würden, einen Teil der Kosten mitzufinanzieren, zumal von dritter Seite, nämlich aus Stiftungsmitteln,
schon gewisse Gelder bereitgestellt würden.
Der Abgeordnete der FDP/DVP vergewisserte sich, ob das Wissenschaftsministerium hierzu bereits direkten Kontakt mit der
Universität Tübingen respektive dem Hersteller habe.
Der Vertreter des Wissenschaftsministeriums antwortete, das
Problem sei erkannt und mehrfach erörtert worden. Wenn allerdings die Universität Tübingen keine zwingende Notwendigkeit
sehe, konkrete Anträge beim Wissenschaftsministerium vorzulegen, könne das Ministerium seinerseits nichts unternehmen.
Auf Nachfrage des Abgeordneten der FDP/DVP bestätigte er,
das Ministerium habe die Beteiligten bereits auf die Notwendigkeit, einen Förderantrag zu stellen, aufmerksam gemacht.
Er bekräftigte, das Ministerium erwarte, dass vonseiten des
Universitätsklinikums Tübingen eine konkrete Äußerung hinsichtlich der Verwendung der für Lehre und Forschung zur Verfügung stehenden Mittel aus dem Landeszuführungsbetrag erfolge.
Die Ausschussvorsitzende hielt fest, sollten die aufgezeigten Finanzierungsmöglichkeiten für die multizentrische Studie zur
CMV-Problematik über das Förderprogramm des Bundes bzw.
der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder aus Forschungsmitteln der Universität Tübingen nicht erschlossen werden können,
würde der Ausschuss es befürworten, wenn das Wissenschaftsministerium hinsichtlich einer Finanzierung der multizentrischen
Studie bei der Landesstiftung vorstellig würde.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags merkte an, den Stellungnahmen des Vertreters des Wissenschaftsministeriums zufolge
habe sich die Landesregierung bereits mit der zugrunde liegenden Thematik befasst.
Die Antragsteller würden darauf hinwirken, dass vonseiten der
Beteiligten die angesprochenen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft würden.
Sie halte es für etwas bedauerlich, dass die Landesregierung angesichts der Tatsache, dass das Projekt im Interesse der badenwürttembergischen Wirtschaft und Hochschulen liege, mit einem
rigorosen Verweis auf die Möglichkeit, Gelder aus Bundesprogrammen zu akquirieren, reagiere, bevor es eigene Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht ziehe. Angesichts des bestehenden Zeitdrucks sollte kurzfristig eine Finanzierungsmöglichkeit
erschlossen werden.
Eine Vernetzung der Forschungsarbeit mehrerer Kliniken im
Land im Rahmen einer multizentrischen Studie hätte positive Effekte auf die Forschungsarbeit im Land. Im Übrigen rechtfertige
die Aussicht auf eine Reduzierung der Zahl der CMV-Infektionen und der dadurch bedingten Krankheits- und Todesfälle eine
Unterstützung des Projekts.
Ohne förmliche Abstimmung beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
07. 08. 2008
Berichterstatter:
Teufel
33. Zu dem Antrag der Abg. Wolfgang Staiger u. a.
SPD und der Stellungnahme des Innenministeriums – Drucksache 14/2736
– Barrierefreie Bahnhöfe in Baden-Württemberg
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Wolfgang Staiger u. a. SPD – Drucksache 14/2736 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Die Vorsitzende:
Rüeck
Lösch
Bericht
Der Sozialausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2736 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags trug vor, zahlreiche Bahnhöfe
in Baden-Württemberg seien nicht oder nur eingeschränkt barrierefrei zugänglich. Ein möglichst rascher behindertengerechter
Ausbau der Bahnhöfe sei dringend erforderlich.
Zwar liege die Zuständigkeit für Verkehrsangelegenheiten beim
Innenausschuss. Dennoch halte er die Behandlung des vorliegenden Antrags im Sozialausschuss für sinnvoll, da der Sozialausschuss sich übergreifend den Belangen der Behinderten im Land
widme und darüber hinaus der Staatssekretär im Sozialministerium der Behindertenbeauftragte der Landesregierung sei.
Interessieren würde ihn, in welcher Höhe Mittel für das Bahnhofsmodernisierungsprogramm bereitgestellt würden, ob mittlerweile eine vorläufige Prioritätenliste für dieses Programm vorliege und welche Bahnhöfe bzw. Regionen gegebenenfalls den
Schwerpunkt der Modernisierungen bildeten.
Den für das Bahnhofsmodernisierungsprogramm vorgesehenen
Umsetzungszeitraum halte er für zu wenig ambitioniert. Angesichts der Hindernisse, die sich für die behinderten Menschen
und andere Personen an nicht barrierefrei zugänglichen Bahnhöfen ergäben, dürften die Betroffenen nicht einfach auf Umbauten in späteren Jahren vertröstet werden. Zudem erwarte er, dass
die Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit an vorderste Stelle bei den Handlungsfeldern des Bahnhofsmodernisierungsprogramms gerückt würden. Im Interesse der Betroffenen
gelte es, prioritär die allergrößten Mobilitätshindernisse zu beseitigen.
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
Ein Abgeordneter der CDU äußerte, wichtig wäre, dass die Bahn
auch bei ihren Neubauten auf Barrierefreiheit achtete. So sei beispielsweise der Aufzug am Bahnhof Gaildorf überhaupt nicht mit
dem Rollstuhl zu erreichen.
ligung der Bahn, des Bundes und der Kommunen angewiesen.
Naturgemäß gestalteten sich die Verhandlungen über den finanziellen Mitteleinsatz schwierig. In der Tendenz sei jedoch eine
positive Grundeinstellung vorhanden.
Den Antragstellern danke er, dass sie das Thema der Barrierefreiheit wieder einmal aufgegriffen hätten. Die Stellungnahme zu
dem vorliegenden Antrag zeige klar auf, dass das Land und die
Kommunen bereit seien, Mittel für die Bahnhofsmodernisierung
bereitzustellen. Er appelliere an die Landesregierung, in ihrem
Bestreben um Barrierefreiheit an Bahnhöfen nicht nachzulassen.
Details über den geplanten Mitteleinsatz und prioritäre Maßnahmen wolle er gegenwärtig nicht verraten, um den Fortgang
der Verhandlungen nicht zu beeinträchtigen. Die Mittelzusage
des Landes bewege sich in der Größenordnung von ca. 25 Millionen €. Das Gesamtprogramm dürfte über 100 Millionen € betragen, wovon schätzungsweise 30 Millionen € direkt für Maßnahmen zur Herbeiführung von Barrierefreiheit eingesetzt würden. Allerdings stehe eine Zustimmung des Bundes und der
Deutschen Bahn noch aus. Darüber hinaus sei eine Beteiligung
der kommunalen Seite zwingend erforderlich.
Eine Abgeordnete der Grünen brachte vor, eine fehlende Barrierefreiheit beeinträchtige nicht nur Menschen mit Behinderung,
sondern z. B. auch ältere Menschen, Personen mit Rollator oder
Personen mit Kinderwagen.
Barrierefreiheit sei eine wichtige Voraussetzung, um zu erreichen,
dass pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihrem sozialen Umfeld verblieben. Die Festlegung in dem Bahnhofsmodernisierungsprogramm, die Modernisierung stark frequentierter Bahnhöfe zeitlich vorzuziehen, wirke sich nachteilig für den ländlichen
Raum aus. Betroffen seien insbesondere Bewohner des ländlichen
Raums, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen seien.
Weiterhin werde ein verstärktes Augenmerk von der Politik darauf zu richten sein, welche Handlungsbedarfe es zur Erreichung
von Barrierefreiheit gebe.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP führte aus, oftmals entstehe der
Eindruck, dass die Herbeiführung von Barrierefreiheit für die
Bahn vorrangig eine „lästige Kostenfrage“ sei. Im Zusammenhang mit dem geplanten Börsengang wolle sich die Deutsche
Bahn ein modernes Image zulegen und vor allem junge Kunden
für Bahnreisen gewinnen. Dabei werde außer Acht gelassen, dass
Senioren, behinderte Menschen und Familien mit Kindern Bahnreisen attraktiver fänden, wenn sich die Bahn mit Maßnahmen
zur Herbeiführung von Barrierefreiheit etwas moderner zeigen
würde. Möglicherweise sollte das Innenministerium die Bahn
einmal auf die bevorstehenden Entwicklungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel hinweisen.
Die Bahn müsse beachten, dass es eine Vielfalt an möglichen
Problemen für die Kunden gebe. Geachtet werden müsse auf eine
gute Erreichbarkeit der Bahnsteige und Aufzüge. Auch die Funktionstüchtigkeit der Aufzüge müsse sichergestellt sein. Darüber
hinaus sei darauf zu achten, dass etwa die Fahrkartenautomaten
auch von Rollstuhlfahrern oder kleinwüchsigen Menschen bedient werden könnten.
Das Innenministerium sollte bestärkt werden, im Rahmen seiner
Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Bahn der Barrierefreiheit mehr Gewicht beimesse, auch in finanzieller Hinsicht.
Ein Vertreter des Innenministeriums legte dar, nach schwierigen
und zähen Verhandlungen mit den beteiligten Partnern, insbesondere der Deutschen Bahn, sei auf Arbeitsebene eine Einigung
hinsichtlich des Bahnhofsmodernisierungsprogramms zustande
gekommen. Das Land habe seine Beteiligung bereits zugesagt.
Über die Mittelbereitstellung des Bundes und der Deutschen
Bahn werde voraussichtlich im Oktober 2008 entschieden, sodass mit der Umsetzung des Programms im folgenden Jahr begonnen werden könne.
Verschiedene Beispiele aus dem Land verdeutlichten den Handlungsbedarf zur Modernisierung der Bahnhöfe. Das Bahnhofsmodernisierungsprogramm habe zum Ziel, Modernisierungsmaßnahmen zeitlich vorzuziehen. Das Land sei hierbei auf die Betei-
52
Arbeitsgrundlage bei der Einschätzung des Handlungsbedarfs im
Rahmen des Bahnhofsmodernisierungsprogramms sei das von
der DB AG erstellte und regelmäßig fortgeschriebene Bahnhofsentwicklungsprogramm. In diesem Programm werde der Handlungsbedarf anhand verschiedener Kriterien wie Erscheinungsbild, bauliche Anlagen, Kundeninformation, Aufenthaltsqualität,
Reisebedarf und Barrierefreiheit beurteilt. Grundlage für das
Bahnhofsmodernisierungsprogramm seien somit fachlich-qualitative und nicht politische Kriterien.
Insgesamt sei eine Umsetzung des Bahnhofsmodernisierungsprogramms mit den vorgesehenen Maßnahmen als ein enormer Fortschritt zu beurteilen.
Auf Bitte der Ausschussvorsitzenden sagte der Vertreter des Innenministeriums zu, den Ausschuss nach Abschluss der Verhandlungen über den konkreten Inhalt des Bahnhofsmodernisierungsprogramms zu informieren.
Ohne förmliche Abstimmung kam der Ausschuss zu der Beschlussempfehlung an das Plenum, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatter:
Rüeck
34. Zu dem Antrag der Abg. Dr. Ulrich Noll u. a.
FDP/DVP und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/2790
– Familienbewusste Personalpolitik – steuerliche
Behandlung des Arbeitgeberzuschusses zur Kinderbetreuung
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Dr. Ulrich Noll u. a. FDP/DVP
– Drucksache 14/2790 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Die Berichterstatterin:
Die Vorsitzende:
Mielich
Lösch
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
Bericht
Der Sozialausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2790 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags führte aus, angesichts der demografischen Entwicklung werde es für die Unternehmen im Land
immer wichtiger, eine familienbewusste Personalpolitik zu betreiben, etwa um sich im Wettbewerb um gute Kräfte einen Vorteil zu
verschaffen. Insbesondere für größere Betriebe komme hierbei
auch die Einrichtung von betrieblichen Kindertageseinrichtungen
in Betracht. Mit dem Kindergartengesetz solle eine Erleichterung
bei der Schaffung von betrieblichen Kindertageseinrichtungen erreicht werden. Alternativ biete die im Jahr 1992 eingeführte Regelung des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes den Betrieben
die Möglichkeit, ihren Beschäftigten einen steuerfreien Arbeitgeberzuschlag zu den Kinderbetreuungskosten zu gewähren. Dies sei
oftmals für kleinere Betriebe die interessantere Alternative zur
Vorhaltung eigener Kindertageseinrichtungen.
Dass der Landesregierung keine Zahlen darüber vorlägen, in welchem Ausmaß Unternehmen im Land Zuschüsse zur Kinderbetreuung im Sinne des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes
gewährten, sei angesichts des gebotenen Bürokratieabbaus zu respektieren. Er hoffe, dass diese Möglichkeit der steuerfreien Zuschussgewährung in hohem Maße in Anspruch genommen werde.
Die Regelung in § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes enthalte nach Ansicht der Antragsteller insofern einen Systembruch,
als Zuschüsse für Kinder über sechs Jahren nicht steuerbefreit
seien. Die hierfür angeführte Begründung, auch bei Großbetrieben mit Kinderbetreuungseinrichtungen sei die Organisation der
Betreuung von Kindern über sechs Jahren nicht mehr üblich,
weil diese dann die Schule besuchten, erscheine ihm „weit hergeholt“. Vielmehr wäre es im Sinne einer familienbewussten Politik, die Arbeitgeber durch entsprechende Steueranreize dazu zu
ermuntern, auch für Kinder über sechs Jahre Zuschläge zu den
Kinderbetreuungskosten zu zahlen. Im Übrigen umfassten auch
andere kinderbezogene Leistungen im Steuer- und Transferrecht
in aller Regel die Altersgruppe bis zu 14 Jahren.
In der Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags signalisiere das Finanzministerium die Bereitschaft, sich Änderungen bei den steuerlichen Vorschriften im Wege einer Neuausrichtung der familienpolitischen Leistungen nicht zu verschließen. Nach Ansicht
der Antragsteller sollte die Landesregierung hierzu selbst initiativ werden. Er habe bereits vom Wirtschaftsministerium signalisiert bekommen, dass auch dieses eine entsprechende Initiative
im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kleinen
und mittleren Unternehmen unterstützen würde, und würde sich
auch über eine Unterstützung seitens des Sozialministeriums
freuen. Er bitte um Auskunft, ob sich die Landesregierung vorstellen könne, eine Bundesratsinitiative zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes
auf Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs zu initiieren.
Eine derartige Initiative des Landes hielte er für ein gutes Signal
sowohl an die Betriebe als auch an die Eltern im Sinne einer
Stärkung der Familienfreundlichkeit.
Eine Abgeordnete der Grünen äußerte, die Stellungnahme des Finanzministeriums zu dem vorliegenden Antrag sei in steuersystematischer Hinsicht einleuchtend. Vor diesem Hintergrund teile
sie nicht die Meinung der Antragsteller.
In der Stellungnahme seien als wichtige Aufgabenfelder die Erhöhung der Familienfreundlichkeit der Betriebe, die außerschuli-
sche Betreuung von schulpflichtigen Kindern sowie die Tagespflege genannt. In der Vergangenheit seien auch die Tagespflegestrukturen für die unter Dreijährigen und die über Sechsjährigen
entsprechend unterstützt worden. Sie bitte um Auskunft, ob es zutreffe, dass mit der Verabschiedung der Verwaltungsvorschriften
zur Förderung der Strukturen in der Tagespflege im Jahr 2006 nur
noch die Zahl der unter Dreijährigen bei der Ermittlung der Zuschusshöhe an die Stadt- und Landkreise berücksichtigt werde.
Sie würde sich wünschen, dass das Sozialministerium dafür eintrete, dass für die Höhe der Zuschüsse im Bereich der Tagespflege die Zahl aller Kinder unter 14 Jahren zugrunde gelegt werde.
Eine Abgeordnete der SPD merkte an, die Steuerfreiheit für Arbeitgeberzuschläge zu Kinderbetreuungskosten bis zu einem bestimmten Lebensalter des Kindes mache nur einen sehr geringen
Anteil an den gesamten familienpolitischen Maßnahmen aus.
Wie in der Stellungnahme zu Ziffer 7 des Antrags dargelegt, stelle die Vorschrift des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes
eine unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit notwendige Gleichbehandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
größerer Unternehmen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
kleinerer und mittlerer Unternehmen sicher.
Darauf hinzuweisen sei, dass die Eltern der über sechsjährigen
Kinder sowie deren Arbeitgeber die Aufwendungen im Rahmen
der üblichen Kinderbetreuungskosten in ihrer Steuererklärung
geltend machen könnten.
Die in der Stellungnahme erwähnten Untersuchungen auf Bundesebene zu den finanzpolitischen Maßnahmen zugunsten von
Familien halte sie für richtig. Sollten die Untersuchungsergebnisse einen Veränderungsbedarf aufzeigen, könnten bei der Neuausrichtung der familienpolitischen Leistungen auch Maßnahmen
zur Stärkung der Familienfreundlichkeit bei den Arbeitgebern
berücksichtigt werden. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes als singuläres
Instrument hielte sie zum jetzigen Zeitpunkt für sehr schwierig.
Ein Vertreter des Finanzministeriums legte dar, die in § 3 Nr. 33
des Einkommensteuergesetzes in einem gewissen Umfang gewährte Steuerfreiheit von Arbeitgeberzuschüssen zur Kinderbetreuung sei nur ein Bestandteil des Familienleistungsausgleichs,
der Maßnahmen der Leistungsgewährung und der steuerlichen
Begünstigung enthalte. Nach einer Erhebung des Instituts für
Weltwirtschaft in Kiel im Jahr 2006 belaufe sich das Volumen
derartiger familienpolitischer Leistungen in Deutschland auf insgesamt 240 Milliarden €. Im Rahmen eines Generalrevirments
wäre zu prüfen, in welcher Form der Förderung – etwa Transferleistungen oder Steuerbefreiungen – die Gelder sinnvoll zur Stärkung der Familienfreundlichkeit eingesetzt werden könnten.
Sicherlich werde es für die Betroffenen spürbar, wenn mit Beginn der Schulpflicht des Kindes, also regelmäßig mit Vollendung des sechsten Lebensjahres, die Steuerfreiheit des Arbeitgeberzuschlags zu den Kinderbetreuungskosten wegfalle. Allein in
steuerlicher Hinsicht habe der Wegfall keine großen Auswirkungen, da gemäß § 4 f des Einkommensteuergesetzes innerhalb der
vorgegebenen Grenzen die Betreuungsaufwendungen für Kinder
bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden könnten. Allerdings habe der Wegfall der Steuerbefreiung Auswirkungen im
Hinblick auf die zu leistenden Sozialversicherungsbeiträge. Denn
nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung gälten steuerfreie Leistungen als beitragsfrei, sofern die Beitragsbemessungsgrenze noch nicht erreicht sei, was bei der absoluten Mehrzahl
der Arbeitnehmer der Fall sei. Insofern löse die Aufhebung der
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
Steuerbefreiung eine Sozialversicherungsbeitragspflicht für die
vom Arbeitgeber geleisteten Zuschüsse zur Kinderbetreuung aus.
Der Arbeitgeber sei nicht daran gehindert, Betreuungszuschüsse
für schulpflichtige Kinder von Arbeitnehmern zu leisten. Allerdings seien für Zuschüsse für Kinder nach Vollendung des sechsten Lebensjahres vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer die
entsprechenden Anteile zur Sozialversicherung zu übernehmen.
Die steuerliche Komponente könne vielfach über die Förderung
erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten aufgefangen werden.
Auf diesem Wege könnten bis zu zwei Drittel der Aufwendungen,
höchstens 4 000 €, einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Der Erstunterzeichner des Antrags bemerkte, aufgrund der zusätzlichen Steuer- und Abgabenbelastung würden viele Arbeitgeber davon abgehalten, Zuschläge zur Betreuung schulpflichtiger
Kinder zu zahlen.
Eine Ausweitung der Steuerbefreiung auf Kinder bis zu 14 Jahren wäre ein Signal an die Arbeitgeber, dass ihre Bemühungen,
durch zusätzliche familienpolitische Leistungen qualifiziertes
Personal zu gewinnen oder zu halten, honoriert würden.
Sollte es gelingen, eine familiengerechte Steuerreform mit niedrigen Steuersätzen hinzubekommen, wären einzelne Nachjustierungen wie im Bereich des Arbeitgeberzuschlags zu den Kinderbetreuungskosten nicht notwendig. Solange jedoch ein „steuersystematischer Wirrwarr“ vorhanden sei, bedürfe es auch Ausnahmeregelungen in Detailbereichen. Er vermute, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes nicht zu hohen Steuerausfällen führen würde.
Er richtete den Appell an die Landesregierung, sich im Wege
einer Bundesratsinitiative – gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Bundesländern initiiert – dafür einzusetzen, den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes auf
Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs auszudehnen. Er
fügte an, aufseiten des Bundesfamilienministeriums bestünde
große Sympathie für eine derartige Regelung.
Die bereits zu Wort gekommene Abgeordnete der Grünen richtete die Frage an den Erstunterzeichner, wie sich die in dem Antrag
zum Ausdruck gebrachte Wertlegung der Antragsteller auf eine
Betreuung von Kindern über sechs Jahren in der Tagespflege damit vereinbaren lasse, dass nach einer Verwaltungsvorschrift, die
auch von der FDP/DVP mitgetragen werde, Kinder zwischen
sechs und 14 Jahren künftig bei der Finanzierung der Tagespflege nicht mehr berücksichtigt würden.
Der Erstunterzeichner des Antrags erwiderte, die Programme und
Verwaltungsvorschriften des Landes seien so ausgestaltet worden, dass sie den Vorgaben des Bundes entsprächen. So sei das
Tagesbetreuungsausbaugesetz des Bundes explizit auf die Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren ausgerichtet.
Im Übrigen würde eine Ausweitung des Anwendungsbereichs
des § 3 Nr. 33 des Einkommensteuergesetzes die Bezuschussung
der Tagespflege indirekt befördern.
Ohne förmliche Abstimmung kam der Ausschuss zu der Beschlussempfehlung an das Plenum, den Antrag für erledigt zu erklären.
16. 09. 2008
Berichterstatterin:
Mielich
54
35. Zu dem Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Ministeriums
für Arbeit und Soziales – Drucksache 14/2853
– Keine Chancengleichheit für den CSD 2008 in
Stuttgart
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Brigitte Lösch u. a. GRÜNE – Drucksache 14/2853 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der stellv. Vorsitzende:
Rombach
Hoffmann
Bericht
Der Sozialausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/2853 in
seiner 19. Sitzung am 10. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags brachte vor, es sei in der Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar, weshalb die Landesregierung
es abgelehnt habe, ein Grußwort für den Christopher Street Day
(CSD) 2008 in Stuttgart zu verfassen.
Homosexualität sei noch längst nicht zur gesellschaftlichen Normalität geworden. Viele homosexuelle Menschen litten im Alltag
unter Diskriminierung. Kaum ein Anlass in Baden-Württemberg
sei so gut geeignet wie der CSD, um sich öffentlich gegen die
Diskriminierung von homosexuellen Menschen auszusprechen
und für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz homosexueller
Menschen einzutreten.
Als Motto für den CSD wählten die Veranstalter immer gesellschaftspolitische Themen, um zu konstruktiven Debatten einzuladen. Für den CSD Stuttgart 2008 hätten die Veranstalter das
Motto „Ich glaube …“ gewählt. Dieses Thema sei nicht als Provokation gedacht, sondern solle zum Nachdenken anregen. Der
der CDU angehörende Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart
schreibe hierzu in seinem Grußwort:
Die Initiatoren des Christopher Street Day 2008 haben ein
Motto gewählt, das zum Nachdenken auffordert: „Ich glaube
…“ – zwei Worte, mit denen meist religiöse Bekenntnisse beginnen.
Hier geht es um etwas anderes: um den Glauben an sich
selbst, um den Glauben an die gleichberechtigte Akzeptanz
von Schwulen und Lesben in der Gesellschaft und um den
Mut, an sich selbst und die eigene sexuelle Orientierung zu
glauben.
Es stehe der Landesregierung frei, darüber zu entscheiden, für
welche Organisation und zu welchem Anlass sie ein Grußwort
schreibe. Da der CSD aber einer der wenigen Anlässe sei, um
sich öffentlich gegen die Diskriminierung von Homosexuellen zu
wenden, fänden die Antragsteller es bedauerlich, dass die Landesregierung die Chance hierzu nicht ergriffen habe.
Die Ablehnung der Grußwortanfrage zum CSD hinterlasse das
„Gschmäckle“, dass das Sozialministerium Angst davor habe,
sich mit der Kirche anzulegen, und in die gleichen Schwierigkei-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Sozialausschuss
ten zu kommen, wie dies unter dem früheren Sozialminister Renner geschehen sei.
Ohne förmliche Abstimmung beschloss der Ausschuss, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
Abschließend kritisierte sie, auf der Homepage des Sozialministeriums habe sie zu dem Thema Homosexualität keinerlei Veröffentlichungen oder Links gefunden.
23. 07. 2008
Ein Abgeordneter der CDU äußerte, die in dem Antragstitel enthaltene Bewertung „Keine Chancengleichheit für den CSD 2008
in Stuttgart“ entbehre jeglicher Grundlage.
Rombach
Berichterstatter:
Beherzigen sollte die Antragstellerin ihre eigene Aussage, wonach es jedem bzw. jeder freistehe, darüber zu entscheiden, für
welche Organisation und zu welchem Anlass er bzw. sie ein
Grußwort schreibe.
Es gelte, die gesellschaftlichen Realitäten anzuerkennen. Viele
Betroffene wollten nicht, dass das Thema so in der Öffentlichkeit
herausgestellt werde. Mit den herausfordernden Aussagen in der
Begründung des Antrags würden die Antragsteller den Interessen
vieler Betroffenen nicht gerecht.
Die Stellungnahme der Landesregierung liefere auf alle Fragen
eine sachgerechte Antwort. Die CDU-Fraktion bestätige die in
der Stellungnahme zu Ziffer 1 getroffene Aussage, die Landesregierung Baden-Württemberg verfolge eine verantwortungsbewusste Politik gegen jegliche Ausgrenzung und Diskriminierung.
Eine Abgeordnete der SPD bemerkte, es sei die freie Entscheidung der Ministerin, an welche Veranstaltungen sie ein Grußwort richte. Dennoch hätte sie es gut gefunden, wenn die Sozialministerin ein Grußwort für den CSD 2008 in Stuttgart verfasst
hätte; denn zu dem Motto „Ich glaube …“ hätte ein aussagefähiges Grußwort, etwa im Hinblick auf Toleranz gegenüber anderen
Orientierungen, verfasst werden können.
Die Ministerin für Arbeit und Soziales hob hervor, sie und ihr
Haus hätten keine Angst davor, durch irgendwelches Handeln
mit der Kirche oder sonstigen Einrichtungen in Auseinandersetzungen zu geraten.
Sie habe bereits in der Vergangenheit zweimal ein Grußwort für
den CSD geschrieben; hier bestünden keine Berührungsängste.
Aus der Verfassung früherer Grußworte lasse sich jedoch kein
Automatismus ableiten, künftig zu jeder weiteren Veranstaltung
ein Grußwort zu schreiben. Grußwortanfragen würden jeweils im
Einzelfall geprüft.
Mit dem Motto „Ich glaube …“ würden religiöse Bekenntnisse
assoziiert. Sie habe sich als Ministerin für Arbeit und Soziales
nicht angesprochen gefühlt, hierzu ein Grußwort zu schreiben.
Dies bitte sie zu akzeptieren.
Künftige Grußwortanfragen, ob für den CSD oder sonstige Veranstaltungen, werde sie wiederum im Einzelfall prüfen.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags merkte an, noch immer sei
Homosexualität in der Gesellschaft nicht ausreichend akzeptiert.
Dies belegten z. B. öffentliche Anfeindungen gegen Homosexuelle, die fehlende Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit der Ehe oder auch die Ergebnisse der Studie
„Homosexualität und Schule“. Deshalb sei es wichtig, in der Öffentlichkeit ein Zeichen für mehr Toleranz zu setzen. Sie hätte es
daher für sehr gut gefunden, wenn die Sozialministerin als Chancengleichheitsbeauftragte der Landesregierung mutig vorangegangen wäre und eine entsprechende Botschaft an die Öffentlichkeit gerichtet hätte.
55
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst
36. Zu dem Antrag der Fraktion der SPD und der
Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft,
Forschung und Kunst – Drucksache 14/2126
– Aufwand und Kosten der Akkreditierung der
Studiengänge an unseren Hochschulen und Berufsakademien und sich abzeichnende Ausweichstrategien
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/2126 –
für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Dr. Löffler
Kleinmann
Bericht
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beriet den
Antrag Drucksache 14/2126 in seiner 18. Sitzung am 10. Juli 2008.
Ein Mitunterzeichner des Antrags verwies auf die Antragsbegründung und merkte an, der Antrag liege nun bereits ein halbes
Jahr zurück. Zwischenzeitlich habe sich abgezeichnet, dass die
Möglichkeit der Systemakkreditierung immer stärker genutzt
werde, die offenbar spürbar weniger Aufwand und Kosten verursache.
Nicht nachvollziehen könne er, dass, wie in der Stellungnahme zu
Ziffer 2 des Antrags ausgeführt, dem Wissenschaftsministerium
keine Informationen über die Kosten für die im Rahmen von Akkreditierungsverfahren notwendige Selbstdokumentation und die
Begehung der Studiengänge vorlägen. Er sei davon ausgegangen,
dass der Einsatz der neuen Steuerungsinstrumente zu einer größeren Transparenz auch in solchen Fragen geführt habe.
Des Weiteren stehe für ihn die Frage im Raum, ob auch die Akkreditierungsagenturen ihrerseits Kontrollen und Prüfverfahren
unterlägen.
Ein Abgeordneter der Fraktion der CDU meinte, es wäre sicherlich auch nicht im Sinne der Antragsteller, wenn unter Hinweis
auf Aufwand und Kosten ganz auf Akkreditierungsverfahren verzichtet würde. Solche Verfahren seien zweifellos auch zukünftig
notwendig, um die Qualität von Lehre und Forschung zu gewährleisten. Zudem sei mit der Systemakkreditierung eine neue und
effiziente Form geschaffen worden.
Was die Frage betreffe, wie die Akkreditierungsagenturen überprüft würden, so gebe es hierzu hinreichend Möglichkeiten im
Rahmen des zivilrechtlichen Verhältnisses, das zwischen Hochschule und Akkreditierungsagentur bestehe, sowie auf der Ebene
des Wissenschaftsministeriums.
Er sei überzeugt, dass sich das System der Akkreditierung auch
in Zukunft bewähren werde und dass dabei der eingeschlagene
Weg weiterverfolgt werden sollte.
56
Ein Abgeordneter der FDP/DVP fragte, ob es zutreffe, dass die
Hochschulen im Land im Wesentlichen alle Akkreditierungsverfahren durchlaufen hätten. Des Weiteren wollte er wissen, ob bei
den Universitäten nach wie vor eine Einzelakkreditierung der Studiengänge vorgesehen sei. Er meine, dass diese Akkreditierungsform der Systemakkreditierung noch immer weit überlegen sei, da
sie sicherlich auch wichtige evaluative Prozesse einbeziehe.
Der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst legte dar,
zwischen Akkreditierung und Evaluation müsse klar unterschieden werden. Während die Evaluation intern und anlassbezogen
vorgenommen werde, würden Akkreditierungsverfahren durch
Akkreditierungsagenturen umgesetzt, die ihrerseits von einer
Stiftung, dem Akkreditierungsrat, zugelassen und kontrolliert
würden.
Die Kosten für ein Akkreditierungsverfahren aufgrund der von
der Hochschule eingereichten Unterlagen, die sogenannte Papierakkreditierung, beliefen sich auf durchschnittlich 10 000 bis
15 000 €. Um den Aufwand für die einzelnen Hochschulen zu begrenzen, habe Baden-Württemberg als bislang einziges Bundesland beschlossen, die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz
zur Akkreditierung etwas zu modifizieren und bei der Umwandlung der früheren Magisterstudiengänge in Bachelor- und Masterstudiengänge die Papierakkreditierung nicht vorauszusetzen, sondern diese Studiengänge mit der Maßgabe zu genehmigen, innerhalb von fünf Jahren die Akkreditierung nachzuholen, und zwar
nicht in Form einer Papierakkreditierung, sondern einer Akkreditierung auf der Grundlage des tatsächlich vorfindlichen Zustands.
Allerdings sei auch der hierfür zu leistende Aufwand noch als zu
hoch erschienen. Vor diesem Hintergrund habe die Landesregierung beschlossen, den Hochschulen verstärkt statt einer Einzelakkreditierung die Systemakkreditierung zu ermöglichen. Die
Evaluation selbst sei hiervon jedoch nicht betroffen.
Grundsätzlich sei die Qualitätssicherung an Hochschulen sowohl
für die Einrichtungen selbst als auch für die Landesregierung unabdingbar. Die mit der Systemakkreditierung verbundene Qualitätssicherung werde durchaus nicht nur für die Lehre, sondern
auch für Forschung und Weiterbildung angestrebt. Bevor eine
Systemakkreditierung innerhalb einer Hochschule durchgeführt
werden könne, sei Voraussetzung, dass dort eine Mindestzahl an
bereits akkreditierten Studiengängen vorhanden sei. Hiermit werde exemplarisch der Nachweis erbracht, dass die Hochschule die
entsprechenden Instrumente beherrsche und grundsätzlich in der
Lage sei, akkreditierungsfähige Studiengänge anzubieten.
Er erläuterte weiter, Kernpunkt der Systemakkreditierung sei ein
internes Qualitätssicherungssystem, das im Rahmen des Solidarpakts gesetzlich vorgeschrieben sei. Damit verknüpft sei ein internes Berichtswesen mit den Adressaten Hochschulrat und Aufsichtsrat. Ein solches zertifiziertes Verfahren sei sicherlich sehr
viel sinnvoller als eine bloße Papierakkreditierung und könne zudem dazu beitragen, dass Qualität öffentlich sichtbar gemacht
würden.
Im Übrigen stehe dieses System auch in Übereinstimmung mit
den an Schweizer Hochschulen geübten Verfahren. Die Schweiz
habe sich bereits sehr früh dazu entschlossen, auf eine Systemakkreditierung zu setzen. Die deutsche KMK habe den baden-württembergischen Vorstoß aufgegriffen und die Möglichkeit der
Systemakkreditierung eingeführt; dieses System der Qualitätssicherung sei inzwischen deutschlandweit anerkannt und bilde
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst
die Voraussetzung dafür, dass alle Studiengänge gewisse Mindeststandards einhielten.
läufig sei – sei mithin der Betrag, den die Agenturen für ihre Arbeit in Rechnung stellten.
Mit dieser Hinwendung zur Systemakkreditierung erhielten die
Professorinnen und Professoren zudem wieder Freiräume, sich
verstärkt ihren eigentlichen Aufgaben in Forschung und Lehre zu
widmen, anstatt übermäßig viel Kraft in Akkreditierungsverfahren zu stecken.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
Der Vertreter der FDP-Fraktion bat nochmals um detaillierte
Auskunft darüber, wie viele Studiengänge an Universitäten und
Fachhochschulen jeweils ein Einzelakkreditierungsverfahren
durchlaufen hätten und in welchen Bereichen Systemakkreditierungen vorgenommen bzw. in Planung befindlich seien. Er fügte
hinzu, es müsse verhindert werden, dass bestimmte Studiengänge
von den Verfahren ausgespart blieben.
Der Minister erläuterte, wie bereits angesprochen, hätten die
Hochschulen und Universitäten jeweils fünf Jahre Zeit, für Studiengänge, die in Bachelor- bzw. Masterstudiengänge umgewandelt worden seien, eine Akkreditierung durchführen zu lassen. In
der Praxis habe sich gezeigt, dass die Fachhochschulen die Umstellungsprozesse rascher durchliefen; dort seien faktisch alle
Studiengänge bereits mindestens einmal akkreditiert worden. Die
Zahl der akkreditierten Studiengänge an Universitäten liege dagegen bis jetzt noch wesentlich niedriger.
Für die Unterstützung der Einrichtung von Systemakkreditierungen sei die Agentur Evalag für die Landesregierung und die
Hochschulen derzeit die zentrale Einrichtung. Es zeichne sich ab,
dass die kleineren Studiengänge bei der Einzelakkreditierung
blieben, da hier Systemakkreditierungen sehr viel schwieriger
durchzuführen seien. Dagegen befänden sich die größeren Hochschulen und die Universitäten fast alle auf dem Weg, Systemakkreditierungen und die damit verbundenen Qualitätssicherungssysteme einzuführen.
Auf Nachfrage des Vertreters der FDP/DVP erläuterte er, die
Akkreditierungsverfahren, wie sie ursprünglich von der KMK
vorgesehen seien, stellten sich zumeist als Papierakkreditierungen dar, die Evaluationsergebnisse nicht mit einbezögen. Insofern handle es sich nicht um eine qualitative Bewertung auf der
Grundlage von Evaluationsergebnissen, auch blieben die Erfahrungen der Studierenden unberücksichtigt. Dagegen bezögen die
Qualitätssicherungssysteme, wie sie von der Landesregierung favorisiert würden, explizit auch Fragen der quantitativen und qualitativen Entwicklung von Studiengängen unter vergleichenden
Aspekten ein. Gerade im Hinblick auf die Vergleichbarkeit biete
die Systemakkreditierung somit viel bessere Möglichkeiten.
Der Mitunterzeichner des Antrags machte klar, dass die Antragsteller keinesfalls für eine Abschaffung der Akkreditierungsverfahren plädierten. Allen Beteiligten sei jedoch schon lange klar,
dass angesichts des hohen Aufwands für Akkreditierungsverfahren nach anderen, effizienteren Möglichkeiten der Qualitätssicherung gesucht werden müsse. Vor diesem Hintergrund wiederhole er seine Frage, wie hoch die den Hochschulen entstehenden internen Kosten für die Akkreditierung eines Studiengangs seien.
Der Minister erklärte, die Hochschulen reichten die von ihnen erstellten Unterlagen an die Akkreditierungsagenturen weiter. Da
solche Papiere im Rahmen der Studiengangskonzeption und der
dabei zu erstellenden Studienpläne und Curricula ohnehin entwickelt werden müssten, bestehe für die Hochschulen kaum zusätzlicher Aufwand. Der größte finanzielle Posten im Rahmen
von Einzelakkreditierungen – deren Zahl, wie ausgeführt, rück-
04. 08. 2008
Berichterstatter:
Dr. Löffler
37. Zu dem Antrag der Abg. Christine Rudolf u. a.
SPD und der Stellungnahme des Ministeriums für
Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache
14/2531
– Die Aufhebung des Studienschwerpunkts Haushalt an der Pädagogischen Hochschule
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Christine Rudolf u. a. SPD – Drucksache 14/2531 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Die Berichterstatterin:
Der Vorsitzende:
Kurtz
Kleinmann
Bericht
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beriet den
Antrag Drucksache 14/2531 in seiner 18. Sitzung am 10. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags verwies auf die Antragsbegründung und betonte, nach der Fertigstellung eines Neubaus an
der PH Ludwigsburg, der neben anderen Räumlichkeiten auch
spezielle Räume für das Fach Haushalt/Textil, u. a. eine 15-zeilige Lehrküche, beherbergt habe, habe es nicht einmal zwei Jahre
gedauert, bis im Januar 2005 der Beschluss erfolgt sei, aufgrund
der geforderten Personaleinsparungen den Studienschwerpunkt
Haushalt aus dem Studienangebot der PH zu streichen. Sie frage,
wie dieser Vorgang angesichts des Gebots eines möglichst effizienten Einsatzes von Haushaltsmitteln zu bewerten sei.
In seiner Stellungnahme zum Antrag betone das Ministerium für
Wissenschaft, Forschung und Kunst nun, dass im Rahmen der
Schließung des Teilstudiengangs Haushalt die Grundsätze der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingehalten worden seien,
weise zugleich aber darauf hin, dass eine haushaltsmäßige Gesamtbewertung noch nicht habe erfolgen können.
Inzwischen hätten die letzten Studierenden des Fachs Haushalt
an der PH Ludwigsburg ihre Examina abgelegt; die große Lehrküche werde nun offenbar nach Karlsruhe transportiert, sodass
die Räumlichkeiten in Ludwigsburg ab dem kommenden Wintersemester für andere Zwecke genutzt werden könnten.
57
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Sie hoffe allerdings, dass es zukünftig nicht wieder dazu komme,
dass aufgrund kurzfristiger Kabinettsbeschlüsse langjährige Planungen obsolet würden und die hierdurch anfallenden Kosten
den Haushalt zusätzlich belasteten.
Eine Abgeordnete der Fraktion der CDU äußerte, bei dem im
Antrag thematisierten konkreten Fall seien die Prozesse sicherlich insgesamt nicht ganz glücklich verlaufen. Selbstverständlich
habe das Parlament das Recht und die Aufgabe, einen solchen
Sachverhalt genauer zu betrachten. Allerdings müsse unter Kostenaspekten dabei auch der Gesamtzusammenhang gesehen werden. Die angesprochene Maßnahme stehe im Rahmen der Qualitätsoffensive „PH Plus“, die durch Fächerkonzentration eine
bessere Nutzung der Ressourcen erwirken solle. Erfreulich sei in
diesem Zusammenhang auch, dass das Fach Haushalt weiterhin
angeboten werde, wenn auch an einem anderen Ort.
Eine Abgeordnete der Fraktion GRÜNE fragte, ob für das 2003
fertiggestellte Gebäude innerhalb der PH Ludwigsburg, das ja
aus der Zukunftsoffensive I und damit aus Mitteln der Landesstiftung finanziert worden sei, bestimmte Nutzungsauflagen bestünden.
Der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst erläuterte,
das in Rede stehende Gebäude sei seinerzeit nicht nur für das
Fach Haushalt/Textil, sondern auch für die Fächer Technik und
Musik ausgelegt worden. Die Ausstattung für das Fach Haushalt/Textil habe nur ca. 23 000 € gekostet, während für die
Fächer Technik und Musik insgesamt 500 000 € ausgegeben
worden seien. Zudem werde dieses Gebäude aufgrund des nach
wie vor bestehenden großen Raumbedarfs der PH auch weiterhin
voll genutzt, und die Lehrküche, wie bereits ausgeführt, auch
zukünftig Studienzwecken zugute kommen. Insofern stellten lediglich die Kosten des Ausbaus und Transports der Küchenzeilen
nach Karlsruhe eine Mehrbelastung für den Haushalt dar. In der
Gegenüberstellung zu den aus den Stelleneinsparungen resultierenden Beträgen von ca. 225 000 € pro Jahr seien die mit der
Fachschließung verbundenen Kosten also sehr gering.
Auf Nachfrage der Erstunterzeichnerin des Antrags erläuterte er,
auch die Pädagogischen Hochschulen partizipierten selbstverständlich am Ausbauprogramm 2012, und zwar vor allem dadurch, dass dort der Studienschwerpunkt Frühkindliche Erziehung
neu aufgebaut und entsprechend gefördert werde. Insgesamt sei
allerdings in Rechnung zu stellen, dass aufgrund der sinkenden
Schülerzahlen auch der Bedarf an Lehrern mittelfristig zurückgehen werde und es daher innerhalb der PHs zu internen Ressourcenumschichtungen kommen müsse. Wenn es den Hochschulen gelinge, den Bereich Frühkindliche Bildung effizient und zukunftsfähig aufzubauen, könnten sie von einer stabilen Entwicklung auch im Hinblick auf die Mittelzuweisungen ausgehen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatterin:
Kurtz
38. Zu dem Antrag der Abg. Martin Rivoir u. a. SPD
und der Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache
14/2632
– Studienabbruch im Ingenieurstudium
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Martin Rivoir u. a. SPD – Drucksache 14/2632 – für erledigt zu erklären.
12. 06. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Dr. Löffler
Kleinmann
Bericht
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beriet
den Antrag Drucksache 14/2632 in seiner 17. Sitzung am 12. Juni 2008.
Der Erstunterzeichner des Antrags trug vor, über den Studienabbruch beim Ingenieurstudium habe auch das Plenum des Landtags bereits diskutiert. Nun lägen konkrete Zahlen vor, die belegten, dass es in den Ingenieurstudiengängen signifikant höhere
Abbrecherzahlen als in anderen Studiengänge gebe. Zu Zeiten
des Ingenieurmangels sei es dramatisch, wenn fast ein Drittel aller Studienanfänger im Bereich Ingenieurwesen das Studium abbrächen. Er wolle daher wissen, mit welcher Strategie sowohl die
Landesregierung als auch die Hochschulen gegen diese hohe Abbrecherquote vorgehen wollten.
Zudem halte er den in der Stellungnahme zu seinem Antrag vorgeschlagenen Weg, Orientierungstests einzuführen, für nicht
sinnvoll, da dadurch bereits vor dem Studienbeginn die Zahl der
Studienanfänger gesenkt werde, obwohl sich diese jungen Menschen für ein Ingenieurstudium interessierten. Die Grundlagen
für ein erfolgreiches Ingenieurstudium müssten bereits in der
Schule gelegt werden. Bei der Verleihung des Landesforschungspreises habe der Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums
Karlsruhe appelliert, die Curricula in den Schulen nicht bei den
Naturwissenschaften zu kürzen, wie es der Ministerpräsident im
Rahmen des Diskussion über das G 8 vorgeschlagen habe.
Er (Redner) habe bei der Diskussion über dieses Thema im Plenum bereits darauf hingewiesen, dass viele Studierende speziell
mit der Mathematik ein Problem hätten. Daher müsse die Landesregierung überlegen, wie die Ansprüche in der Mathematik auf
ein vernünftiges Maß reduziert werden könnten, das auch später
im praktischen Ingenieurberuf benötigt werde. Er halte es für
nicht sinnvoll, die Ansprüche für ein Ingenieurstudium z. B. mit
theoretischen Zahlen künstlich hochzusetzen. Die Stellungnahme
der Landesregierung gebe diesbezüglich keine ausreichende Auskunft und kein Ziel vor, um den hohen Abbrecherquoten im Ingenieurstudium an den Hochschulen entgegenzuwirken.
Ein Abgeordneter der CDU bemerkte, durch ein Senken des Niveaus beim Ingenieurstudium könne die Qualität der Ingenieure
nicht erhalten werden. Ein Ingenieurstudium setze zwingend mathematisch-naturwissenschaftliche Begabungen voraus, die nicht
58
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst
jeder habe. Jeder Abiturient und jede Abiturientin müsse sich vor
Beginn eines Studiums fragen, ob er oder sie die notwendigen
Begabungen aufweise. Es sei jedoch problematisch, dass viele
Schüler nach neun Schuljahren noch nicht wüssten, wo ihre Begabungsschwerpunkte lägen. In der Schule werde womöglich
nicht genug getan, um die Begabungen der Schüler zu erkennen.
Die Landesregierung biete mit einem Orientierungstest die Möglichkeit, die für ein Studienfach erforderlichen Begabungen vor Beginn eines Studiums zu prüfen, um zu erkennen, ob das Studium in
diesem Fach erfolgreich abgeschlossen werden könne. Die Motive,
einen bestimmten Studiengang zu absolvieren, variierten und seien
nicht immer von den Begabungen des Einzelnen geprägt.
In der Stellungnahme der Landesregierung zu Ziffer 2 des Antrags stehe, dass 22 % der Studienabbrecher Leistungsprobleme,
22 % finanzielle Probleme und 18 % mangelnde Studienmotivation als Grund für ihren Abbruch angäben. Er wolle wissen, aus
welchen Gründen die restlichen 38 % der Studienabbrecher ihr
Studium nicht fortsetzten.
Im Antrag enthaltene Begriffe wie „Knock-out-Scheine“ und
„Selektionsfunktion“ halte er zudem für zu negativ und mehr
Sensibilität für angebracht. Leistungsnachweise werde es immer
geben, weil die Anforderungen hoch seien und erfüllt werden
müssten. Wenn ein Student die nötigen Anforderungen nicht erfülle, sei er für das gewählte Studienfach nicht geeignet. Bei anderen Studienfächern wie Jura seien die Quoten derjenigen, die
ihr Studium nicht abschlössen, ähnlich hoch wie bei Ingenieurstudiengängen, träten aber erst nach vier Jahren Studium durch
das Nichtbestehen des Examens offen zutage. Diese Tatsache errege jedoch kaum Aufsehen.
Für die hohe Studienabbrecherquote könne man aber den Hochschulen nicht die Schuld geben. Das Land brauche begabte Ingenieure, die im internationalen Wettbewerb bestehen könnten, und
keine Titularingenieure.
Eine Abgeordnete der Grünen führte aus, das Land brauche mehr
qualifizierte Ingenieure mit einem erfolgreich abgeschlossenen
Studium. Die Qualifizierung der jungen Menschen sei nicht nur
ein Problem der Schulen, sondern auch der Hochschulen. Das
Land müsse ein Finanzierungsinstrument schaffen, das den Hochschulen ein deutliches Signal vermittle, dass es sich lohne, sowohl Studierende aufzunehmen als auch die aufgenommenen
Studierenden zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Sie
sollten, wenn sie Defizite bei Studierenden feststellten, zusätzliche Angebote bereitstellen, damit diese Studierenden ihre Defizite beseitigen könnten. Je mehr Studierende eine Hochschule
ohne Abschluss verließen, desto deutlicher müsse dies auch negative finanzielle Auswirkungen für die Hochschule haben.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP machte darauf aufmerksam, dass
das Land wesentlich mehr Ingenieure benötige. Durch eine Senkung der Anforderungen in den Ingenieurstudiengängen sinke
aber auch die Qualität der Ingenieure, die ein wesentliches Kapital des Industriestandorts Baden-Württemberg ausmachten. Damit
schade sich Baden-Württemberg selbst.
Er habe in einer Plenardebatte bereits ausgeführt, dass in den Ingenieurbranchen ein Mangel an Ingenieuren bis hinunter zu den
Lehrlingen herrsche. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Studierende, die nur knapp eine Prüfung nicht bestünden, statt eines
Studiums eine etwas niedriger angesetzte Ausbildung, z. B. eine
Lehre mit der Möglichkeit, den Meister zu machen, aufnehmen
könnten. Orientierungstests seien eine gute Möglichkeit, um herauszufinden, ob jemand für ein Studium geeignet sei.
Eine Abgeordnete der SPD stellte klar, es gehe nicht darum, die
Qualität der Ingenieurstudiengänge zu senken, sondern die Methode zu verändern. Die Devise „Picking the Winners“ verfolge
nicht das Ziel, breite Begabungen zu fördern.
Sie fügte hinzu, von der europäischen Ebene aus werde eine völlig andere Förderpolitik auf Deutschland zukommen, die Innovationen in der Breite fördere.
Der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kunst führte aus, es sei schwierig, konkrete Abbrecherquoten zu erfahren. Leistungsnachweise sollten zudem in einem
möglichst frühen Stadium des Studiums erbracht werden, da sie
eine transparente Lernzielkontrolle darstellten. Bei den Ingenieurstudiengängen dürfe es keine Abstriche geben. Durch ein Absenken des Niveaus wäre im Hinblick auf die Berufsfähigkeit
dieser Ingenieure nichts gewonnen.
Dazu müsse auch erkannt werden, dass die Zugangsvoraussetzungen zu einem Studium in den letzten Jahren erleichtert worden seien. Inzwischen sei die Aufnahme eines Studiums an einer
Fachhochschule auch über andere Bildungswege als das Abitur
möglich. Gerade bei den Fachhochschulen gebe es dabei jedoch
Probleme, weil Studierende, die mit einer Berufserfahrung im
technischen Bereich ein Ingenieurstudium aufnähmen, mit der
Theorie nicht mehr so vertraut seien. Daher gebe es an den Fachhochschulen häufig Vorkurse, um die theoretischen Kenntnisse
aufzufrischen und angehende Studenten auf ein Studium vorzubereiten. Dies sei ein richtiger Ansatz.
Erfreulicherweise könne festgestellt werden, dass technische Studiengänge wieder verstärkt nachgefragt würden. Deshalb könnten auch bei den naturwissenschaftlichen Fächern keine Abstriche gemacht werden. Dies habe der Ministerpräsident auch
nicht gefordert, sondern er habe sich auf die Methodik bezogen.
Durch neue Fächer und Fächerverbunde wie „Natur, Wissenschaft und Technik“ könne im Hinblick auf die Motivation der
jungen Menschen, in technische Berufe zu gehen, viel erreicht
werden. Dieses Thema werde die Landesregierung auch in den
nächsten Jahren im Blickfeld haben, um möglichst viele junge
Menschen an ein Studium heranzuführen.
Die Frage, aus welchen Gründen die genannten restlichen 38 %
der in der HIS-Studie erwähnten Studienabbrecher ihr Studium
nicht beendeten, könne er nicht beantworten, weil es dazu in der
Studie keine Ausführungen gebe. Das Ministerium könne eventuell nachfragen, ob diese Zahl näher spezifiziert werden könne.
Er glaube nicht, dass an den Hochschulen die Auffassung herrsche, bestimmte Studierende müssten „herausgeprüft“ werden.
Die Fachhochschulen, Universitäten und Berufsakademien hätten
vielmehr im technischen Bereich einen gewissen Standard, dessen
Komplexität zugenommen habe und gehalten werden müsse, um
nach dem Studienabschluss berufsqualifizierte Ingenieure zu bekommen. Darum sei es wichtig, vor einem Studienbeginn Orientierungstests durchzuführen, damit die angehenden Studierenden
ihre Neigungen und Begabungen für diesen Beruf erkennen könnten. Denn häufig wüssten junge Menschen auch nicht, welche
Voraussetzungen sie für ein Ingenieurstudium erfüllen müssten.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
09. 07. 2008
Berichterstatter:
Dr. Löffler
59
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst
39. Zu dem Antrag der Abg. Sabine Kurtz u. a. CDU
und der Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache
14/2664
– Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung
an Hochschulen
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
23. 07. 2008
Berichterstatter:
Stober
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Sabine Kurtz u. a. CDU – Drucksache 14/2664 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Stober
Kleinmann
40. Zu dem Antrag der Abg. Rita Haller-Haid u. a.
SPD und der Stellungnahme des Ministeriums für
Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache
14/2763
– Kindertageseinrichtungen an Universitätsklinika
Beschlussempfehlung
Bericht
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beriet den
Antrag Drucksache 14/2664 in seiner 18. Sitzung am 10. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags legte dar, ohne den Einsatz
von elektronischer Datenverarbeitung wären die Hochschulen
ihren administrativen und organisatorischen Aufgaben angesichts
steigender Studierendenzahlen und der immer anspruchsvoller
werdenden Organisationsprozesse sicherlich kaum noch gewachsen. Mit dem vorliegenden Antrag habe der derzeitige Stand der
EDV-Technik an Hochschulen in Erfahrung gebracht werden
sollen.
Laut Stellungnahme zum Antrag stünden den Hochschulen umfangreiche EDV-Anwendungen und die entsprechenden technischen Umgebungen zur Verfügung. Nun sei es an den Hochschulen, von den neuen Möglichkeiten umfassend und effizient Gebrauch zu machen, damit die Prozesse der Studienorganisation
und -administration für alle Beteiligten reibungslos verlaufen.
Wenn, wie vereinzelt berichtet werde, Lehrende jedoch noch immer Noteneintragungen oder Ähnliches von Hand vornähmen,
passe dies kaum noch ins Bild. Allerdings liege es in der Autonomie der Hochschulen selbst, hier durch Schulungsmaßnahmen
etc. auf eine noch stärkere Nutzung der zur Verfügung stehenden
Datenverarbeitungssysteme zu dringen.
Ein Abgeordneter der Fraktion der SPD äußerte, die Stellungnahme zum Antrag gebe einen umfassenden Überblick über Programme und Datenverarbeitungssysteme, die an den einzelnen
Hochschulen zum Einsatz kämen. Es bleibe zu hoffen, dass die
Hochschulen diese Möglichkeiten sinnvoll nutzten und es nicht
nochmals zu Pannen oder Verzögerungen bei den Zulassungsverfahren komme.
Eine Abgeordnete der Fraktion GRÜNE fragte, auf welchen Wegen sich die Hochschulen über mögliche Systemfehler oder Anwendungsprobleme austauschten, um so die Anwendungen hardware- und softwareseitig zu optimieren und die EDV zu einem
„Lernenden System“ weiterzuentwickeln.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP meinte, auf der Basis der bestehenden elektronischen Möglichkeiten müsse es nun darum gehen, die Anwendungen zuverlässig und möglichst nutzerfreundlich zu gestalten.
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Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Rita Haller-Haid u. a. SPD – Drucksache 14/2763 – für erledigt zu erklären.
10. 07. 2008
Die Berichterstatterin:
Der Vorsitzende:
Schütz
Kleinmann
Bericht
Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beriet den
Antrag Drucksache 14/2763 in seiner 18. Sitzung am 10. Juli 2008.
Die Erstunterzeichnerin des Antrags verwies auf die Antragsbegründung und betonte, für die Eltern, die für ihre Kinder keinen
Betreuungsplatz in Kindertageseinrichtungen an Universitätsklinika bekämen, sei die Situation umso schwieriger, als das Betreuungsangebot der Städte – etwa Tübingen – häufig ebenfalls
unzureichend sei. Insbesondere fehlten Plätze für Kinder unter
drei Jahren. Universitätsmitarbeiter versuchten häufig, ihre Kinder bei Kindertageseinrichtungen von Universitätsklinika unterzubringen, in Tübingen und Heidelberg sei dies jedoch nicht
mehr möglich, da zunächst dem eigenen Bedarf entsprochen
werden solle. Daher bestehe die Notwendigkeit, den Ausbau an
Betreuungsplätzen auch im Umfeld von Universitäten noch zügiger als bisher voranzutreiben.
Darüber hinaus wolle sie wissen, wie die gemeindeübergreifende
Kooperationen in puncto Kinderbetreuung funktionierten und ob
es inzwischen besser gelinge, die hierfür notwendigen Abstimmungsprozesse zu koordinieren.
Eine Abgeordnete der Fraktion der CDU wies darauf hin, dass
bei der Kinderbetreuung spürbare Verbesserungen eingetreten
seien. Eine besondere Herausforderung stelle die Betreuung dar,
wenn die Eltern im medizinischen Bereich arbeiteten. Hier müssten die Öffnungszeiten auf die wechselnden Arbeitszeiten der Eltern zugeschnitten sein.
Positiv sei hervorzuheben, dass das Land die Betriebskostenzuschüsse für die Betreuung von Kleinkindern deutlich erhöht ha-
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst
be. Nun sei es wichtig, die Förderprogramme, die es von Bundesseite aus gebe, möglichst zügig umzusetzen.
Der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kunst betonte ebenfalls, wie wichtig es sei, Betreuungsangebote für Kinder von Studierenden, aber auch von an Mitarbeitern
an Universitäten, insbesondere auch an Universitätskliniken, bereitzustellen. Das Land habe in den letzten Jahren ein Ausbauprogramm in Höhe von 7,5 Millionen € aufgelegt. Die Universitätsklinika in Freiburg und Ulm erhielten hieraus bereits Betriebskostenzuschüsse des Landes; in einer zweiten Runde seien
von den Einrichtungen in Heidelberg und Ulm entsprechende
Anträge eingereicht worden.
Im Zuge des Ausbauprogramms des Bundes in Höhe von 297 Millionen € ab 2008 werde auch das Land bis zum Jahr 2014 165 Millionen € zur Verfügung stellen. Dabei sei klar, dass Universitätsstädte generell eine deutlich höhere Versorgungsquote zu gewährleisten hätten als andere Regionen des Landes.
Derzeit liefen die Vorbereitungen für das neue Kindertagesstättenausbaugesetz. Dabei sei eine gesetzliche Regelung zum gemeindeübergreifenden Ausgleich vorgesehen, die nach dem Prinzip verfahre, dass das Geld dem Kind folge. Daneben gebe es
auch freiwillige Selbstverpflichtungen der Kommunen, sodass
auch unterhalb der gesetzlichen Schwelle zu einem Kostenausgleich gelangt werden könne. Er habe festgestellt, dass die Bereitschaft hierzu in letzter Zeit deutlich gewachsen sei, und erwarte für die Zukunft die Fortsetzung solcher Ausgleichsbemühungen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären.
17. 09. 2008
Berichterstatterin:
Schütz
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Beschlussempfehlung des Europaausschusses
41. Zu
a) dem Antrag der Abg. Siegfried Lehmann u. a.
GRÜNE und der Stellungnahme des Staatsministeriums – Drucksache 14/2506
– Änderung des Entwurfs des überarbeiteten
Internationalen Bodenseeleitbildes
b) dem Antrag der Abg. Norbert Zeller u. a. SPD
und der Stellungnahme des Staatsministeriums
– Drucksache 14/2532
– Fortschreibung des Bodenseeleitbildes der
Internationalen Bodenseekonferenz (IBK)
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
den Antrag der Abg. Siegfried Lehmann u. a. GRÜNE
– Drucksache 14/2506 – und den Antrag der Abg. Norbert Zeller u. a. SPD – Drucksache 14/2532 – für erledigt
zu erklären.
16. 07. 2008
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Blenke
Stratthaus
Bericht
Der Europaausschuss beriet die Anträge Drucksachen 14/2506
und 14/2532 in seiner 16. Sitzung am 23. April 2008 sowie in
seiner 19. Sitzung am 16. Juli 2008.
In der 16. Sitzung am 23. April 2008 trug der Erstunterzeichner
des Antrags Drucksache 14/2506 vor, seit über einem Jahr werde
über ein neues Bodenseeleitbild diskutiert. Das seit Dezember
2007 laufende Anhörungsverfahren sei inzwischen abgeschlossen. Nachdem in der Vergangenheit die Internationale Bodenseekonferenz (IBK) für sich die Definition des Bodenseeleitbilds beansprucht habe, habe die Frage, inwieweit die kommunale Ebene
hierin einbezogen werden solle, im Vorfeld für Diskussionen und
Verstimmungen gesorgt. Die Stellung der IBK habe bereits in
der Vergangenheit Irritationen hervorgerufen, da sich die Bodenseeregion selbst vernetze und aufstelle und mit ihrer Initiative
zur Anerkennung als Europäischer Verflechtungsraum erfolgreich durchgesetzt habe. Immerhin sei die Einbeziehung der
kommunalen Ebene nachgeholt worden.
Das nun vorgelegte Leitbild stelle eigentlich eine Schwächung
der Region dar, da es viele unverbindliche Vorgaben enthalte.
Um kurzfristiger reagieren zu können, habe die IBK einen immer
wieder neu zu formulierenden Maßnahmenkatalog angelegt. Die
Region und einige Gemeinden betrachteten den Entwurf zur
Neufassung des Internationalen Bodenseeleitbilds aber aufgrund
seiner Unverbindlichkeit als einen „Papiertiger“. Die Region
benötige über die inzwischen bestehenden Strukturen der Zusammenarbeit hinaus eine höhere Verbindlichkeit.
Zu fragen sei auch, ob zum aufgestellten Maßnahmenkatalog ein
Monitoring durchgeführt werde. Die Region habe ein großes In-
62
teresse daran, dass die Umsetzung der Maßnahmen tatsächlich
überprüft werde.
Die kommunale Ebene wünsche sich eine stärkere Beteiligung
bei der Aufstellung des Maßnahmenkatalogs, da letztlich die
Kommunen und die Region die Maßnahmen umsetzen müssten.
Aus diesem Grund hätten die Grünen die Aufnahme eines Bodenseebeirats in das Bodenseeleitbild beantragt, der über den
Maßnahmenkatalog und geplante Großprojekte beraten und
Handlungsempfehlungen aussprechen solle. Er könne kein Beschlussgremium sein, das über Ländergrenzen hinweg Entscheidungen treffen könne. Die Raumentwicklung in der Bodenseeregion müsse aber zusammen mit den verantwortlichen Trägern
vorgenommen werden. Hierfür sei ein solcher Beirat von Bedeutung. Ähnlich wie beispielsweise in der Region Stuttgart, in der
es allerdings keine Ländergrenzen gebe, müssten auch im Bodenseeraum beispielsweise bei Verkehrsfragen gebietsübergreifend mit den für die anschließende Umsetzung zuständigen Stellen diskutiert werden.
Die Region sei stark vom Tourismus, von kleinräumiger Landwirtschaft und von den verschiedenen Staatsgrenzen geprägt.
Vorarlberg und die Schweiz seien gentechnikfreie Gebiete. Auch
die beiden angrenzenden bayerischen Landkreise wollten die Bodenseeregion als gentechnikfreie Anbau- und Saatgutschutzregion ausweisen und dies als Ziel im Bodenseeleitbild verankern.
28 Unternehmen in der Bodenseeregion, die mit Lebensmitteln
und Landwirtschaft zu tun hätten, mit insgesamt rund 3 000 Beschäftigten hätten sich ebenso wie die Insel Mainau und andere
hierfür ausgesprochen, um die Tourismusregion Bodensee und
deren landwirtschaftliche Struktur zu schützen und zu erhalten
und hierfür das Markenzeichen „gentechnikfrei“ zu verwenden.
Auch dies habe die Fraktion GRÜNE in dem Antrag Drucksache
14/2506 mit beantragt.
Aus den Stellungnahmen der Landesregierung zu den beiden Anträgen gehe nicht hervor, welche Ziele und welche Position das
Land gegenüber dem vorgelegten Bodenseeleitbild vertrete. Vieles werde zwar als überlegenswert dargestellt, dann aber nicht
vertieft. Die Landesregierung sei jedoch auch an der Internationalen Bodenseekonferenz beteiligt und müsse im Einvernehmen mit
den anderen Beteiligten die Ziele und Maßnahmen beschließen.
Baden-Württemberg nehme in verschiedenen Bereichen möglicherweise auch eine „Bremser“-Haltung ein. Er wolle wissen,
wie sich die Landesregierung positioniere und ob sie die von den
Kommunen geforderte Stärkung der kommunalen Ebene mit in
den Diskussionsprozess zum Bodenseeleitbild einbringe.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2532 legte dar,
im Großen und Ganzen sei er mit der Stellungnahme der Landesregierung zum Antrag Drucksache 14/2532 sehr zufrieden. In den
darin aufgeworfenen Fragestellungen vertrete die Landesregierung weitgehend eine ähnliche Haltung wie er selbst, wenngleich
dies in Teilen der Stellungnahme nur vage formuliert sei. Er begrüße das nun laufende Anhörungsverfahren, in das die aufgestellten Forderungen und Positionen einbezogen werden sollten.
Danach solle noch einmal abschließend darüber beraten werden.
Die Bodenseeregion liege zwischen den großen Metropolregionen Stuttgart, München und Zürich. Aus diesem Grund komme
dem Europäischen Verflechtungsraum Bodensee als eigenständiger Raumschaft eine große Bedeutung zu. Hierauf könnten
weitere Entscheidungen und Positionen aufgebaut werden.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Europaausschuss
In dem Entwurf eines Bodenseeleitbilds seien die Land- und
Forstwirtschaft und die Kulturlandschaft bisher nicht ausreichend
berücksichtigt. Wenn für deren Aufnahme als neue Handlungsfelder tatsächlich ein neues Verfahren erforderlich wäre, stünde dies
im Widerspruch zu anderen Bereichen, die ebenfalls nicht in dem
Entwurf enthalten seien, aber nun ohne ein neues Verfahren übernommen werden sollten. Die SPD-Fraktion halte die Land- und
Forstwirtschaft und die Kulturlandschaft wie auch den Tourismus
für wichtige neue Handlungsfelder.
In der Bodenseeregion gebe es eine Besonderheit bei der kommunalen Beteiligung. In den letzten drei bis vier Jahren hätten
die Kommunen ihre Zusammenarbeit über die Ländergrenzen
hinweg verstärkt. Dies müsse unterstützt werden. Die IBK müsse
auch die kommunale Ebene als eine feste Größe betrachten.
Da es auch eine Parlamentarier-Konferenz Bodensee gebe, habe
er Zweifel, ob ein weiterer Beirat sinnvoll sei. Allerdings habe
die Parlamentarier-Konferenz bisher noch zu wenige Zuständigkeiten. Da sie das parlamentarische Gegengewicht zur Regierung
bilde, halte er es für erforderlich, diese Parlamentarier-Konferenz
stärker anzubinden.
Die SPD-Fraktion sei der Meinung, dass das sehr gut laufende
INTERREG-Programm fortgesetzt werden müsse. Hieran seien
die Kommunen ebenfalls sehr eng beteiligt.
Gemäß der Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 14/2532
betrachte auch die Landesregierung die Energieeffizienz und den
Ausbau der erneuerbaren Energien als wichtige Punkte, die sie
mit in das Leitbild aufnehmen wolle. Dies gelte auch für weitere
ökologische Aspekte wie die Luft- und Bodenqualität.
In Bezug auf die Gentechnik sei er mit der Stellungnahme zu
dem Antrag nicht zufrieden. In diesem Bereich solle der Spielraum, den die EU hier einräume, ausgenutzt werden. Österreich
und Vorarlberg seien ebenfalls dem EU-Recht unterworfen, hätten hierzu aber eine konsequente Haltung, die auch Baden-Württemberg gut anstünde.
Die Landesregierung habe in ihrer Stellungnahme ausgeführt,
dass der Schutz, die Erhaltung und Sicherung des freien Uferzugangs bereits als Zielsetzungen in das Leitbild aufgenommen
worden seien. Dies stehe allerdings hinter einer früheren Position
der Landesregierung zurück. Er halte es für notwendig, diese
Aspekte in der Fortschreibung des Bodenseeleitbilds stärker zu
betonen.
Ein in dem Antrag angesprochenes S-Bahn-Konzept halte die
Landesregierung wohl für unterstützenswert, verweise jedoch auf
die knappen Ressourcen. Im öffentlichen Nahverkehr sei aber
eine deutliche Verbesserung dringend erforderlich, wenn nicht
nur der Straßenausbau vorangebracht werden solle.
Insgesamt gebe das Leitbild eine richtige Richtung vor. Er begrüße es, dass die Landesregierung diese Positionen unterstützen
wolle. Nun müssten die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens abgewartet werden. Er hoffe, dass möglichst viel von dem, was in
den Anträgen begehrt worden sei, dann auch in das Bodenseeleitbild aufgenommen sein werde.
Ein CDU-Abgeordneter erklärte, die Landespolitik habe sich in
der Vergangenheit als ausgewogen und sehr erfolgreich in Bezug
auf den Bodenseeraum dargestellt. Insbesondere gehe sie nicht
zulasten der Nachbarländer. Bei der Erarbeitung des Leitbilds
und weiterer Positionen komme den örtlich gewählten Volksvertretern und Abgeordneten auf baden-württembergischer Seite
eine besondere Position zu, zumal Baden-Württemberg kein
direkt gewähltes Parlament am Bodensee habe wie etwa die angrenzenden Schweizer Kantone oder Vorarlberg.
Vor diesem Hintergrund sei positiv zu bewerten, dass die Regierung die Anträge im Rahmen der Anhörung als Material in das
Verfahren eingebracht habe. Auch einige baden-württembergische CDU-Abgeordnete arbeiteten seit Jahren intensiv am neuen Bodenseeleitbild mit.
Er schlug vor, das Thema in dieser Sitzung nicht abschließend zu
beraten, da die Anhörung noch nicht abgeschlossen sei und das
Land aus der Anhörung weitere Schlussfolgerungen ziehen solle.
Die Beratung der Anträge könne fortgesetzt werden, sobald die
Anhörungsergebnisse vorlägen.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP führte aus, auch nach Meinung
seiner Fraktion gäben die Stellungnahmen zu den Anträgen ein
kompaktes Bild und zielführende Maßnahmen wieder. Die FDP/
DVP begrüße insbesondere die Zusammenarbeit der Kommunen.
Ihn interessiere, inwieweit die Landesregierung selbst eine Verbindlichkeit sehe, welche Maßnahmen nach Ansicht der Landesregierung kontrolliert werden sollten und wie diese Kontrollen
erfolgen sollten.
Über die IBK hinaus halte es die FDP/DVP nicht für sinnvoll,
weitere Gremien zu gründen. Einem zusätzlichen Bodenseebeirat
stehe sie kritisch gegenüber.
Der Minister des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten erläuterte, die regionale grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Bodensee solle weiterentwickelt werden. Obwohl es sowohl am Bodensee als auch am Oberrhein und am
Hochrhein eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gebe, gebe es dort jeweils unterschiedliche Aufgaben und Gremien. Beim
Oberrheinrat sei beispielsweise auch die Präfektur des Elsass beteiligt. Die Region Oberrhein befinde sich als Europäische Metropolregion auf einem guten Weg.
Am Hochrhein nähmen die beteiligten Kantone die gleiche Staatsqualität für sich in Anspruch wie die deutschen Bundesländer.
Dies gelte ebenso in der Bodenseeregion. Baden-Württemberg
könne nicht einfach von sich aus die Kommunen beteiligen, da
hier eine Länderzusammenarbeit stattfinde. Der Kanton Schaffhausen mit rund 80 000 Einwohnern sehe sich darin beispielsweise gleichwertig wie St. Gallen, Baden-Württemberg, Bayern und
Vorarlberg. Die Einbeziehung der Kommunen in den Ländern
hänge ab von der Kommunikation innerhalb des jeweiligen Landes.
Die IBK sei etwa vergleichbar mit der Oberrheinkonferenz. Sie
sei durch die Regierungen exekutiv geprägt. Darüber hinaus gebe
es die Parlamentarier-Konferenz. Allerdings werde im Oberrheinrat manches engagierter formuliert. Außerdem gebe es einen Bodenseerat.
Wichtig sei die Frage, wie der jeweilige Partner die Kommunen
einbeziehe. Bei der Erstellung des Leitbilds habe es durch eine
Beteiligung der Kommunen bzw. der Kreistage durchaus Fortschritte gegeben. Die jeweiligen Abgeordneten sorgten darüber
hinaus für eine Einbeziehung der Kommunen. Derzeit müsse alles, was eingebracht werde, ausgewertet werden. Dann könne ein
Bodenseeleitbild gefunden werden.
Ein Leitbild sei nicht detailliert definiert. Wenn es um konkrete
Maßnahmen ergänzt werde, entstehe daraus ein Handlungsprogramm. Leitbilder seien eher abstrakt. Dies könne den falschen
Eindruck vermitteln, sie seien zu vage formuliert. Die Frage, wie
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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Europaausschuss
konkret das Leitbild gestaltet sein müsse, werde sicher noch für
weitere Diskussionen sorgen. Gegenwärtig gebe es die Tendenz,
ein allgemeines Leitbild zu formulieren und zur Konkretisierung
einen Anhang anzufügen, in dem Maßnahmen aufgelistet seien.
Die Landwirtschaft sowie die Pflege und Erhaltung der Kulturund Erholungslandschaft seien in dem Bodenseeleitbild durchaus
enthalten. Sie seien in den Kapiteln 2.7 bis 2.9 unter den Leitsatz
„Arbeit und Wirtschaft“ subsumiert.
Bezüglich der Kontrolle müssten die Gremien und die gewählten
Vertreter immer wieder neu „angestachelt“ werden. Er sei zuversichtlich, dass es kein Problem mit der Umsetzung geben werde,
sofern genügend Mittel für eine Umsetzung vorhanden seien.
Er erwiderte auf einen Einwurf des Erstunterzeichners des Antrags Drucksache 14/2506, Baden-Württemberg sei bei der Gentechnik nicht „Bremser“, sondern habe lediglich eine andere
Auffassung. Ebenso könnten gerade die Regionen, die die Gentechnik ablehnten, im Hinblick auf eine fortschrittliche Entwicklung als „Bremser“ angesehen werden.
Auch er spreche sich dafür aus, das Thema erneut im Ausschuss
zu behandeln, wenn die Anhörung abgeschlossen sei. Dann
könnten die Forderungen bewertet und der Landesregierung ein
Auftrag für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der IBK
erteilt werden. Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass Beschlüsse der IBK einstimmig gefasst werden müssten.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2506 meinte,
ein Leitbild müsse tatsächlich nur grobe Grundzüge beinhalten
und dürfe sich nicht in Details verlieren. Die formulierten Leitziele müssten jedoch auch Aussagen über die zukünftige Entwicklung treffen, für die später einzelne Maßnahmen ergriffen
werden müssten. Das bisher vorgelegte Leitbild weise hier noch
erhebliche inhaltliche Defizite auf.
Die Bodenseeregion werde als touristisches Ziel grenzüberschreitend betrachtet. Die Region könne sich nur dann gut aufstellen, wenn tatsächlich grenzüberschreitend Maßnahmen ergriffen würden und eine Verständigung hierüber bestehe. Hierfür
müsse mehr Verbindlichkeit vor Ort, z. B. mit der kommunalen
Ebene, hergestellt werden. Dies solle eine Aufgabe des Bodenseebeirats sein.
Der Bodenseerat sei zwar länderübergreifend zusammengesetzt,
habe aber keine großen Befugnisse, keine Kompetenzen und
auch keine demokratische Legitimation. Die Landräte und Oberbürgermeister seien nicht vernünftig darin eingebunden. Die Region komme besser voran, wenn über eine feste Struktur mehr
Verbindlichkeit geschaffen werde.
Er wolle wissen, ob bei einer Fortsetzung der Beratungen nach
dem Vorliegen der Anhörungsergebnisse noch Veränderungen
aufgrund der Wünsche des Ausschusses an dem modifizierten
Leitbildentwurf möglich seien oder ob die IBK demnächst abschließend darüber berate. Wenn der Ausschuss dann keinen
Einfluss mehr darauf nehmen könne, sollte er noch in dieser Sitzung über die Anträge abstimmen.
Der Erstunterzeichner des Antrags Drucksache 14/2532 warf die
Frage auf, wie engagiert die Landesregierung die hier vorgetragenen Positionen in der IBK vertreten werde. Er brachte vor, auch
bei Berücksichtigung des Einstimmigkeitsprinzips könnten durch
eine geschickte Argumentation des Landes sicher weitere Kantone
oder Beteiligte den Positionen Baden-Württembergs zustimmen.
Es wäre nicht sinnvoll, wenn der Europaausschuss nachträglich
Beschlüsse fasse, die nicht mehr übernommen werden könnten.
64
In dem vom Minister erwähnten Oberrheinrat säßen auch Vertreter der kommunalen Seite. Hierdurch habe der Oberrheinrat im
Gegensatz zu den Kommissionen am Bodensee auch bestimmte
Zuständigkeiten. Dies sei qualitativ sicher besser als die Situation des Bodenseerats. Im Unterschied hierzu sei die Parlamentarier-Konferenz Bodensee ein gewähltes Gremium aus Vertretern
der einzelnen Kantone und Abgeordneten der Länder, allerdings
ohne die Beteiligung von kommunalen Vertretern. Es sei zu hinterfragen, wie sich neben der IBK ein parlamentarisches Gremium – egal, wie es zusammengesetzt sei – konstituieren und auch
kommunale Vertreter berücksichtigen könne, wie es beispielsweise im Oberrheinrat der Fall sei.
Der Minister des Staatsministeriums und für europäische Angelegenheiten sagte zu, dem Europaausschuss die im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwendungen sowie die Haltung der
Landesregierung hierzu zusammenzustellen. Sollte im Juni auf
der Strategie-Konferenz eine abschließende Entscheidung gefällt
werden, müsste der Europaausschuss in seiner nächsten Sitzung
über die einzelnen Punkte beraten. Zu jedem Punkt werde er
auch die Meinung des Staatsministeriums vorbringen, sodass der
Ausschuss mit Mehrheit Empfehlungen und Aufträge an die Regierung beschließen könne. Sollte die abschließende Entscheidung noch nicht im Juni fallen, könne der Europaausschuss auch
in der Sitzung im Juli hierüber beraten, um vor einer Beschlussfassung der IBK ein Votum abzugeben. Hierfür benötige der
Ausschuss wohl eine Zusammenfassung aller in der Diskussion
befindlichen Positionen und Einwendungen.
Der Ausschussvorsitzende fasste zusammen, in den Stellungnahmen zu beiden Anträgen habe das Staatsministerium bereits zugesagt, dass die Anträge in das Anhörungsverfahren der IBK eingebracht und mit beraten würden. Das Anhörungsverfahren sei
seit Mitte März abgeschlossen. Die Ergebnisse seien aber noch
nicht ausgewertet. Nun müsse der Ausschuss die Auswertung abwarten. Voraussichtlich Ende Juni werde die IBK das weitere
Prozedere festlegen.
Eine Vertreterin des Staatsministeriums stellte klar, im Juni werde die Verabschiedung des Bodenseeleitbilds ins Auge gefasst
und würden die Eingaben ausgewertet.
Der Vorsitzende fuhr fort, frühestens in der Sitzung Ende Mai, realistischer aber am 18. Juni 2008 könne sich der Europaausschuss
mit einer Synopse der Anhörungsergebnisse und den Empfehlungen der IBK befassen und die Umsetzung der Anträge vergleichen
und bewerten. Solange diese Synopse nicht vorliege, könne der
Ausschuss nicht sinnvoll hierüber beraten. Er werde die Beratung
fortsetzen, sobald das Staatsministerium die Synopse vorlege.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, die weitere Beratung
der Anträge Drucksachen 14/2506 und 14/2532 zurückzustellen,
bis das Staatsministerium eine Synopse über die Anhörungsergebnisse vorlege.
In seiner 19. Sitzung am 16. Juli 2008 setzte der Ausschuss seine
Beratungen fort.
In der 19. Sitzung meinte zunächst ein CDU-Abgeordneter, das
Bodenseeleitbild sei inzwischen verabschiedet und veröffentlicht. Eine nachträgliche Diskussion hierüber sei nicht zweckmäßig. Das Ergebnis sei einigermaßen zufriedenstellend, wenngleich einige Punkte, die die Regierung und auch andere Beteiligte vorgeschlagen hätten, wie z. B. die Gentechnikfreiheit, nicht
in das Leitbild aufgenommen worden seien. Einige andere Punkte habe die Landesregierung zwar übernommen, aber aufgrund
des Einstimmigkeitsprinzips nicht durchsetzen können.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 / 3199
Europaausschuss
Ein SPD-Abgeordneter pflichtete dem Vorredner bei und fügte hinzu, diese Entwicklung sei schon bei der Beratung im April absehbar gewesen. Tatsächlich sei das Ergebnis lediglich „mittelprächtig“. In den Bereichen Bildung und „Erneuerbare Energien“ hätten
einige Anregungen aufgenommen werden können, während andere
Aspekte wie die Gentechnikfreiheit oder eine Erweiterung der öffentlichen Nahverkehrsansprüche nicht berücksichtigt worden seien. Hierüber müsse bei der nächsten Fortschreibung des Bodenseeleitbilds in den kommenden Jahren verhandelt werden. Insgesamt
habe der Bodenseeraum mit dem Leitbild einen wichtigen Schritt in
Richtung Verständigung und Weiterentwicklung gemacht.
Eine Abgeordnete der Grünen legte dar, das Thema sei in der Tat
erledigt. Dies sei allen bewusst gewesen, die einem Ausfall der
ursprünglich für den 18. Juni vorgesehenen Sitzung des Europaausschusses zugestimmt hätten. Diese Entscheidung sei damals
einvernehmlich getroffen worden.
Unzufriedenheit über das Ergebnis herrsche beim Erstunterzeichner des Antrags 14/2506 vor allem darüber, dass die vorgelegten
Änderungsvorschläge hinsichtlich einer Konkretisierung der angestrebten Ziele, z. B. zur CO2-Einsparung oder zur Erklärung
des Bodenseeraums als Klimaschutzregion, kaum berücksichtigt
worden seien und dass auch die Kommunen außen vor geblieben
seien. Im Vorfeld sei nämlich geplant gewesen, die Kommunen
als gleichberechtigte Partner mit einzubeziehen. Diese Einbeziehung habe nicht stattgefunden.
Ein Abgeordneter der FDP/DVP vertrat die Auffassung, dass ein
Kompromiss meist dann tragbar sei, wenn alle Betroffenen damit
gleich unzufrieden seien. Wenn nun Unzufriedenheit bestehe,
weil die Kommunen oder auch der Landtag nicht ausreichend
berücksichtigt worden seien, müsse frühzeitig die Frage gestellt
werden, wie dies bei der nächsten Fortschreibung des Leitbilds
vermieden werden könne. Kurzfristig könne nun nichts mehr
geändert werden. Ihn interessiere, ob sich die Landesregierung
und auch die beteiligten Kommunen schon jetzt Gedanken darüber machten, wie sie sich zukünftig besser an diesem Prozess
beteiligen könnten.
Der Staatssekretär im Staatsministerium erläuterte, in der Internationalen Bodenseekonferenz gelte das Einstimmigkeitsprinzip.
Die zehn beteiligten Länder und Kantone hätten lediglich das
nun vorliegende Bodenseeleitbild einstimmig verabschiedet.
Auch die Landesregierung hätte einige weiter gehende Ergebnisse bevorzugt, diese aber nicht durchsetzen können. Angesichts
der insgesamt guten Zusammenarbeit im Bodenseeraum sei der
gemeinsame Beschluss dennoch wichtig gewesen.
Die nächste Fortschreibung sei in zehn Jahren fällig. Dann wolle
die Landesregierung auch den Landtag früher an den Beratungen
beteiligen. Zumindest ein Teil der Initiativen, die die Fraktionen
vorgeschlagen hätten, sei in das neue Bodenseeleitbild eingeflossen. Mit Schreiben vom 12. Juli 2008 sei den Ausschussmitgliedern eine Synopse hierüber zugegangen, aus der im Einzelnen ersichtlich sei, dass die Landesregierung nicht völlig erfolglos verhandelt habe.
Der Ausschuss empfahl dem Plenum daraufhin einvernehmlich,
die Anträge Drucksachen 14/2506 und 14/2532 für erledigt zu
erklären.
09. 08. 2008
Berichterstatter:
Blenke
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