11.05.2016 Humboldt 2016 Werkvertrag Arbeitsvertrag AÜG.pptx
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Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung Werkvertrag Dr. Christina Mitsch Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Kurfürstendamm 31, 10719 Berlin Tel. +49 (0) 30. 88 717-00 Fax +49 (0) 30. 88 500-75 mailto: [email protected] 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ Drittbezogener Personaleinsatz - Fallgestaltungen Aufgabenerledigung durch Einsatz von Fremdpersonal innerhalb der eigenen Betriebsorganisation 11.05.2016 • Werkvertrag • Dienstvertrag • Arbeitnehmerüberlassung • Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen • Geschäftsbesorgungsvertrag • Mischvertrag Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 2 Ausgangsfall – Werk-/Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag? Das IT-Systemhaus I-GmbH (300 Arbeitnehmer) hatte mit dem IT-Spezialisten N einen Vertrag als selbständiger freier Mitarbeiter abgeschlossen. Dieser war bereits seit 7 Jahren dafür verantwortlich, dass die IT in der Verwaltung der IGmbH „läuft“. Musste etwa eine neue Buchhaltungssoftware installiert, ein Passwort neu gesetzt oder ein Druckertreiber eingerichtet werden, wandten sich die Arbeitnehmer der I-GmbH, mit denen N räumlich und inhaltlich eng zusammenarbeitete (auch Kantine etc.) unmittelbar mit entsprechenden Aufträgen an ihn. N verfügte bei der I-GmbH über ein eigenes Büro, das ihm mit PC-Arbeitsplatz und Telefon etc. zugewiesen wurde. Innerhalb fester Servicezeiten (Mo-Fr 09:00 – 17:00 Uhr) hatte er Anwesenheitspflicht und erhielt konkrete Arbeitsanweisungen von den Führungskräften, es sei denn, er befand sich während der allgemeinen Betriebsferien im Urlaub. stark vereinfacht nach LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2013 – 2 Sa 6/13 und LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2015- 15 Sa 90/14 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 3 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Rechtsverhältnisse beim Werk-/Dienstvertrag • Auftragnehmer • Arbeitgeber Arbeitsvertrag Kunde Werk-/Dienstvertrag • Arbeitsleistung • Gegenstandsbezogene Anweisung, § 645 I BGB Arbeitnehmer 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 4 Echte Selbständigkeit oder unechte Beschäftigung? Bezeichnung des Vertrages durch Parteien ist nicht entscheidend, sondern bildet lediglich ein Indiz für den Status. PFERD http://www.ausmalbildermalvorlagen.com/wp-content/uploads/2014/07/Kuh-6.jpg, Abruf 27.04.2016 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 5 Abgrenzung selbständige – unselbständige Beschäftigung • Maßgeblich ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit im Hinblick auf die • Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie die • Art- und Weise der Ausgestaltung einer Tätigkeit 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 6 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Merkmale der Selbständigkeit • Unternehmerisches Risiko wird selbständig getragen. Möglichkeit der Tätigkeit für mehrere Unternehmen. • Erfolg des finanziellen und persönlichen Einsatzes ist ungewiss. • Insbesondere bei Werkverträgen: Übernahme der Haftung für Arbeitsergebnisse auch in der gelebten Praxis. • Freie Möglichkeit der Gestaltung der Arbeitszeit. 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 7 Indizien für unselbständige Tätigkeit • Mitarbeiter unterliegt uneingeschränkt den Weisungen des Unternehmers. • Arbeitsleistung wird erst durch Weisung konkretisiert. • Berichts- und Rechenschaftspflicht des Mitarbeiters. • Zeitlicher Umfang ist vorgegeben, dabei keine freie Bestimmung der Tätigkeit in diesem Zeitrahmen (fehlende Zeitsouveränität). • Eingliederung in Arbeitsorganisation (wie Dienstpläne, Nutzung ausschließlich fremden Arbeitsmaterials, ständige und enge Zusammenarbeit mit übrigen Beschäftigten des Auftraggebers, Führung von Personalunterlagen). • Unternehmerrisiko fehlt, Nebentätigkeiten nur eingeschränkt zulässig. 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 8 Ausgangsfall: Fehlerhafte Vertragspraxis - Konsequenzen • N war nicht freier Mitarbeiter der I-GmbH, sondern deren Arbeitnehmer mit allen Rechten wie Kündigungsschutz, Urlaubs- u. Lohnfortzahlungsanspruch • Rückwirkende Sozialversicherungspflicht, die regelmäßig allein den Arbeitgeber trifft, § 28 e SGB IV (Lohnabzug möglich nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen) • Arbeitgeber und Arbeitnehmer haften gesamtschuldnerisch für die Lohnsteuernachzahlungen, Korrektur der fehlerhaften Behandlung der Umsatzsteuer • Risiko der Strafbarkeit der Verantwortlichen des Arbeitgebers wegen Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, § 266 a StGB 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 9 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Ausgangsfall Variante – Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung? Die I-GmbH hat mit der M-AG einen „Rahmenvertrag über die Erbringung von IT-Betriebsleistungen“ abgeschlossen, der das ordnungsgemäße Funktionieren der EDV-Arbeitsplätze der einzelnen Arbeitnehmer der M-AG gewährleisten sollte. Die Einzelaufträge (Druckereinrichtung, Softwareinstallation etc.) werden der IGmbH über ein Ticket-System-Tool erteilt. Zur Vertragserfüllung setzt die I-GmbH ihren langjährig erprobten Freelancer N ein, der nunmehr bereits seit 6 Jahren lang ausschließlich am Standort der M-AG tätig ist. Dort ist ihm ein Büro nebst PC-Arbeitsplatz und Telefon etc. zugewiesen. Innerhalb fester Servicezeiten (Mo-Fr 09:00 – 17:00 Uhr) unterliegt er der Anwesenheitspflicht und erhält Arbeitsanweisungen von Arbeitnehmern der MAG, mit denen er eng zusammenarbeitet (Kantine etc.). → N macht klageweise geltend, er stehe nicht mehr zur I-GmbH, sondern zur M-AG in einem Arbeitsverhältnis. Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 10 § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG als mögliche Anspruchsgrundlage § 10 Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit, Pflichten des Arbeitgebers zur Gewährung von Arbeitsbedingungen (1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt. (2) ….. Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 11 Rechtsverhältnisse bei der Leih-/Zeitarbeit (AÜG) • Verleiher • Arbeitgeber Auswahl u. Überlassung geeigneter AN gegen Vergütung Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Leiharbeitsvertrag Equal Pay/Treatment • • Leiharbeitnehmer • Entleiher • Kunde Arbeitsleistung Arbeitsbezogenes Weisungsrecht (§ 106 GewO - Entscheidung auch nach Zeit und Ort) • Kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher Entleiher werden Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers zur Förderung dessen Betriebszwecke ausführen. – vgl. BAG 18.01.12 – 7 AZR 723/10 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 12 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Arbeitnehmerüberlassung – Erlaubnispflicht, § 1 Abs. 1 AÜG • AÜG statuiert Verbot mit Erlaubnisvorbehalt • Erlaubnispflicht, wenn • ein Arbeitgeber als Verleiher • einem Dritten (Entleiher) • Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) à Problem beim Verleih von Scheinselbständigen - Ausgangsfall • im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit à vgl. nachfolgend • zur Arbeitsleistung • vorübergehend à Anpassung an Art. 3 Abs. 1 lit. E der RL 2008/104/EG v. 19.11.08 – Weder RL noch AÜG legen Höchstüberlassungsgrenzen fest („flexible Zeitkomponente“ – Ausschluss jedenfalls von Dauerverleih, vgl. BAG, Urteil vom 10. 12. 2013 – 9 AZR 51/13 ) • überlassen will à vor Vertragsschluss und Aufnahme Tätigkeit, ansonsten Nichtigkeit d. Verträge nach § 9 Nr. 1 AÜG Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 13 Wirtschaftliche Tätigkeit, § 1 Abs.1 S. 1 AÜG Unabhängig von einer Gewerbsmäßigkeit ab 01.12.11 Erlaubnispflicht für jede wirtschaftliche Tätigkeit, d.h. „jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem konkreten Markt anzubieten“ – EuGH v. 01.07.2008 – C 49/07, EuZW 2008, 605. Hierzu zählen nunmehr auch: • Gemeinnützige Einrichtungen (vgl. LAG Düsseldorf v. 26.07.2012, Az. 15 Sa 336/12, 15 Sa 788/12, 15 Sa 1452/11), str. für hoheitl. Handeln der öffentlichen Hand bei ausschließlich gemeinnütziger, karitativer, künstlerischer od. sonstiger ideeller Zweckverfolgung. Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 14 Arbeitnehmerüberlassung – Ausnahmen von der Erlaubnispflicht • Einschränkung Baugewerbe, § 1b AÜG • Lockerungen • wie Abordnung zu einer ARGE, § 1 Abs. 1, S. 3 u. 4 • Fälle des § 1 Abs. 3 AÜG (europarechtlich höchst problematisch!) • insbesondere Konzernprivileg, § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG: „Gesetz ist nicht anzuwenden zwischen Konzernunternehmen i.S.d .§ 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,“ • § 1 a AÜG - Kollegenhilfe 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 15 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Folgen des Fehlens einer erforderlichen Arbeitnehmerüberlassung Sog. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung • Verhältnis Verleiher – Entleiher à Nichtigkeit AÜ-Vertrag, § 9 Nr. 1 • Keine Leistungspflichten • §§ 812 ff. BGB; Achtung: bei Vorsatz § 817 BGB • Verhältnis Verleiher – Leiharbeitnehmer • Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis • Verhältnis Entleiher – Leiharbeitnehmer • Fiktion eines Arbeitsverhältnisses (!), § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG • Schadensersatz, § 10 Abs. 2 Satz 1 AÜG • Gesamtschuldnerische Haftung von Entleiher und Verleiher, § 10 Abs. 3 S. 1 AÜG • Ordnungswidrigkeiten gem. § 16 Abs. 1 Nrn. 1, 1a, 1b, 2 (€ 500.000 !) Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 16 Rechtsverhältnis Verleiher - Leiharbeitnehmer • Arbeitsverhältnis (Zustimmung zum Verleih erforderlich à § 613 S. 2 BGB • Equal Pay / Equal Treatment (Gleichbehandlungsgebot/ Schlechterstellungsverbot),§ 10 Abs. 4 S. 1 AÜG • • In Verleihzeiten Gewährung (zumindest) der für einen vergleichbaren ArbN des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen, einschl. Arbeitsentgelt à Gesamtvergleich d. Entgelte im Überlassungszeitraum Ausnahme (umstritten bei Mischbetrieben) à Abweichung durch • • • • einschlägigen und damit die Zeitarbeitsbranche erfassenden Tarifvertrag à beiderseitige Tarifbindung, Ausnahme in der Branche oder einzelvertragliche Bezugnahme auf einschlägigen TV der Zeitarbeitsbranche à Tarifwerk des BZA und iGZ mit Einzelgewerkschaften des DGB, Problematik der christlichen Gewerkschaften (CGZP, vgl. Beschluss des BAG v. 14.12.10 u. Folgeentscheidungen) Allerdings nicht im Fall d. Unterschreitens der Lohnuntergrenze (s. nächste Folie) und §§ 3 Nr. 3 S.4, 9 Nr. 3 AÜG – sog. Drehtürklausel Bei Verstoß gegen Gleichbehandlung à § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG (Erlaubnis-Unzuverlässigkeit), OWi nach § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG (bis € 500.000) Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2014 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 17 • wie Abordnung zu einer ARGE, § 1 Abs. 1, S. 3 u. 4 • Fälle des § 1 Abs. 3 AÜG, Lohnuntergrenze, §3a AÜG – Das Mindestentgelt in der Zeitarbeit • insbesondere Konzernprivileg, § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG àzum 01.12.2011 • modifiziert Mit Erlass der Verordnung über eine Lohnuntergrenze (vorher nur „vorübergehende“ Überlassungin imder Konzern) Arbeitnehmerüberlassung gilt ab 01.01.2012 eine Lohnuntergrenze • • § 1Aktuell a AÜGgilt - Kollegenhilfe die am 1. April 2014 in Kraft getretene 2. Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung (Laufzeit bis 31. Dezember 2016. Ost (einschließlich Berlin): ab 1. April 2014: 7,86 € ab 1. April 2015: 8,20 € ab 1. Juni 2016: 8,50 € West: ab 1. April 2014: 8,50 € ab 1. April 2015: 8,80 € ab 1. Juni 2016: 9,00 € • Für die Einhaltung des Mindestentgelts ist nicht die Erlaubnisbehörde, sondern die Zollverwaltung (FKS-Finanzkontrolle Schwarzarbeit) mit weitreichenden Befugnissen zuständig, §17 Abs. 2 AÜG. 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 18 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Rechtsverhältnis Verleiher - Entleiher • Überlassungsvertrag,§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG • Schriftform • Hinweispflichten, § 12 AÜG • Verleiher schuldet (nur) Auswahl d. AN und Zur-Verfügung-Stellung • Entleiher schuldet Vergütung (Vereinbarung von Stundenverrechnungssätzen) • Unwirksamkeit v. Abwerbungs- und Einstellungsverboten, § 9 Nr. 3 AÜG • Zulässigkeit der Vereinbarung einer angemessenen Vermittlungsgebühr • Bei Leistungsstörungen allg. Zivilrecht (§§ 280 ff. BGB) • Arbeitnehmer ist bei Erbringung seiner Leistung nicht Erfüllungsgehilfe (§278 BGB) des Verleihers, keine Haftung nach § 831 BGB 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 19 Rechtsverhältnis Entleiher - Leiharbeitnehmer • Kein Arbeitsverhältnis • Bei Leistungsstörungen Haftung des Leiharbeitnehmers nach allg. Zivilrecht (§§ 280 ff. BGB), beschränkt durch die arbeitnehmerprivilegierenden Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs • Entleiher hat Arbeitsschutzvorschriften zu beachten • Fiktion des Entleihers als Arbeitgeber bei ArbN-Erfindungen (§ 11 Abs. AÜG) • Auskunftsanspruch d. Leiharbeitnehmers gg. Entleiher bzgl. vergleichbarer Vergütung, § 13 AÜG • Informationspflicht des Entleihers über freie Arbeitsplätze, § 13 a AÜG (à Klebeeffekt) • Zugang d. Leiharbeitnehmers zu Gemeinschaftseinrichtungen, § 13 b AÜG 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 20 Betriebsverfassungsrecht Verleiherbetrieb • LeihAN bleiben wahlberechtigt und wählbar, falls BR (selten!), vgl. § 14 AÜG Entleiherbetrieb • LeihAN sind unter den Vor. der §§ 7, 8 BetrVG wahlberechtigt, aber nicht wählbar (14 Abs. 2 S. 2 AÜG) • Berücksichtigung bei Schwellenwerten im Entleiherbetrieb auf Grund neuerer Rspr. à Betriebsgröße § 9 BetrVG (BAG, Beschl. 13.03.13 – 7 ABR 69/11) und § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG (BAG, Urteil 24.01.2013 – 2 AZR 140/12), Betriebsänderungen § 111 S. 1 BetrVG (BAG, Urteil 18.10.11 – 1 AZR 335/10) • Rechte nach § 14 Abs. 2 (Sprechstunden etc.), 3 (Einsicht Pers. Akte, Beschwerderecht u.a.) AÜG • Beteiligung bei der Übernahme (=Eingliederung, also tatsächliche Beschäftigung!) im Entleiherbetrieb à Widerspruchsrecht bei nicht vorübergehender Übernahme, BAG 10.07.13 - 7 ABR 91/11 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 21 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Zurück zur Variante des Ausgangsfalls • Der zwischen der I-GmbH und der M-AG abgeschlossene „Rahmenvertrag über die Erbringung von IT-Dienstleistungen“, auf dessen Grundlage der N bei der I-GmbH eingesetzt wurde, ist als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und nicht als Werk- oder Dienstvertrag zu qualifizieren. • Die Rechtsfolgen der fehlerhaften Etikettierung hängen teilweise davon ab, ob die I-GmbH im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ist, ob also eine sog. offene oder eine sog. verdeckte illegale Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 22 Werkvertrag mit Einsatz von Scheinselbständigen (Illegale) Arbeitnehmerüberlassung bei Einsatz eines fehlerhaft etikettierten „Freien Mitarbeiters“ (→ Arbeitnehmers) als „Subunternehmer“ im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages. • • LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.08.2013 – 2 Sa 6/13 Im Rahmen eines Werkvertrags zwischen Daimler und einem IT-Systemhaus wurden zwei IT-Spezialisten als vermeintlich freie Mitarbeiter des ITDienstleisters – tatsächlich Scheinselbständige –eingesetzt → Das ITSystemhaus verfügte über keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis! LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2015- 15 Sa 90/14 IT-Anbieter verlieh Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Scheinwerkvertrages, hatte aber Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis! 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 23 Werkvertrag mit Einsatz von Scheinselbständigen Ohne Verleiherlaubnis • Nichtigkeit des Scheinwerk-/ dienstvertrages • Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zwischen Verleiher und Leih-AN • Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leih-AN • Haftung für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge • Ordnungswidrigkeiten nach AÜG, ggfs Strafbarkeit nach § 266a StGB Mit Verleiherlaubnis • Nichtigkeit des Scheinwerk-/ dienstvertrages • „Werkunternehmer“ ist Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers. • Keine Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit Entleiher Erlaubnis wirkt wie „Fallschirm“ • Equal Pay/Equal Treatment • Haftung für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge • Ordnungswidrigkeiten nach AÜG, ggfs. Strafbarkeit nach §266a StGB 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 24 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Entwurf zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze • Koalitionsvertrag vom 16.12.2013: • Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung durch Aufnahme einer Höchstüberlassungsdauer („vorübergehend“) • Schaffung gesetzlicher Regelungen zur Einschränkung des Missbrauchs von Werkvertragsgestaltungen • 1. Referentenentwurf vom 16.11.2015 – 1. R.E. • 2. Referentenentwurf vom 17.02.2016 – 2. R.E. • 3. Referentenentwurf vom 14.04.2016 – 3. R.E. (wortgleich mit 2. R.E., nur Erläuterung zum Umstellungsaufwand für Wirtschaft geändert) • Koalitionsgipfel 10.05.2016 – Verständigung über neue Zeitarbeitsregelungen Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 25 3. R.E. v. 14.04.2016 - §611a BGB R.E. • Streichung des höchst umstrittenen Kriterienkatalogs des 1. Referentenentwurfs • Wortlaut des § 611a BGB - 3. R.E. Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an. → Nachbildung der Rechtsprechung ohne Änderung der Rechtslage Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 26 3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG - Höchstüberlassungsdauer • Koalitionsvertrag: „Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten“, wobei „durch einen Tarifvertrag […] oder auf Grund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung […] abweichende Lösungen vereinbart werden“ können. • 3. RE: Höchstdauer ist arbeitnehmerbezogen. Vorherige Überlassung desselben Leih-AN durch denselben oder anderen Verleiher soll ab dem 01.01.2017 vollständig angerechnet werden, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als 6 Monate liegen. • Nach Ablauf der 18 Monate kann Verleiher dem Entleiher anderen Leih-AN überlassen, nicht aber den bisherigen - selbst auf unterschiedlichen Arbeitsplätzen . • Bei Verstoß: • • • 11.05.2016 Fiktion Arbeitsverhältnis Entleiher – Leiharbeitnehmer Versagung der AÜ- Erlaubnis möglich OWi mit Geldbuße bis zu 30.000,00 Euro für Verleiher Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 27 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch 3. R.E. v. 14.04.2016 / Koalitionsgipfel 10.05.2016 – Equal Pay • Zwingendes Equal Pay/Treatment nach 9 Monaten, bei Geltung eines (Branchen-) Zuschlagstarifvertrages nach 12 Monaten. Koalitionsgipfel vom 10.05.2016: Bisherige Branchenzuschlagstarifverträge, die ein Lohnangleichungssystem ab vier bzw. sechs Wochen in 5 Stufen bis zum 9. Einsatzmonat vorsehen, sollen nach Darstellung des iGZ uneingeschränkt erhalten bleiben • Unterbrechungszeiten von weniger als 6 Monaten führen zur Zusammenrechnung der Einsatzzeiten, selbst wenn Leih-AN von verschiedenen Verleihern verliehen wurde. Im Koalitionsgipfel vom 10.05.2016 wurde eine Verkürzung auf 3 Monate verhandelt • Übergangsregelung, etwa Nichtberücksichtigung von Einsatzzeiten vor dem 01.01.2017, nicht vorgesehen. Koalitionsgipfel vom 10.05.2016: Nur Überlassungszeiten nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen berücksichtigt werden Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 28 3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG – Scheinwerkverträge Der „Fallschirm“ wird gekappt: • Vor Einsatzbeginn muss Überlassung im Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher ausdrücklich als AÜ unter Angabe der Person des Leiharbeitnehmers bezeichnet werden • Verleiher muss Arbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber unterrichten, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird • „Verleiherlaubnis in der Schublade“ (verdeckte illegale AÜ) hilft nicht mehr (vgl. Variante Ausgangsfall) → Fiktion des Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer • Neues Widerspruchsrecht des Leiharbeitnehmers gegen gesetzlich begründetes Arbeitsverhältnis mit Entleiher Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 11.05.2016 29 3. R.E. v. 14.04.2016 – AÜG – Sonstiges • Streik: Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher. Koalitionsgipfel vom 10.05.2016: Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer auch dann weiter im Kundenbetrieb eingesetzt werden dürfen, wenn sie keine Aufgaben Streikender erledigen • Mitbestimmung: • Gesetzliche Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer bei den für die Mitbestimmung geltenden Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht • Informationsrecht des Betriebsrats über den Einsatz von Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebs stehen, soll im BetrVG ausdrücklich formuliert 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 30 11.05.16 Ringvorlesung Arbeitsrecht – Werkvertrag – Arbeitsvertrag und AÜG RAin Dr. Mitsch Reform: Wie geht es weiter? • Koalitionsgipfel in der Nacht zum 14.04.2016: • „Die Gesetze zu Leiharbeit und Werkverträgen werden in den Ministerien erneut abgestimmt werden“ • Neben dieser Ressortabstimmung Anhörung der Arbeitgeberverbände und Abstimmung mit Sozialpartnern • Geplante Öffnung der Zeitarbeitsbranche für Flüchtlinge. Für den Zeitraum von 3 Jahren soll Vorrangprüfung bei Asylbewerbern und Geduldeten entfallen → Möglichkeit der Beschäftigung in der Zeitarbeit nach bereits drei Monaten • Koalitionsgipfel am Abend des 10.05.2016: • Grundsätzliche Einigkeit zu den besprochenen Eckdaten (vgl. farbige Markierungen) • In dem eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren werden die Details zu regeln sein. Bestreben der Arbeitgeberverbände in der Zeitarbeit: Einräumung der Möglichkeit, dass die Zeitarbeitsbranche selbst eigene Tarifvereinbarungen zur Höchstüberlassungsdauer treffen darf und nicht nur – wie vorgesehen – die Vertreter der Kundenunternehmen 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 31 (Schein-)Werk-/Dienstverträge-Arbeitnehmerüberlassung FAZIT • Werkverträge und erst recht Dienstverträge als Grundlage von Fremdpersonaleinsatz sind heikel und werden es auch bleiben! • Wesentliche Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung stehen im Fokus der Gesetzesreform → Hohe Risiken für Verleiher und Entleiher 11.05.2016 Humboldt-Universität zu Berlin, Sommersemester 2016 Ringvorlesung „Arbeitsrecht in der Praxis“ 32 11.05.16