CED bei Teenagern - MSD
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CED bei Teenagern - MSD
CED bei Teenagern Von Eltern zu Eltern CED bei Teenagern Von Eltern zu Eltern Die Eltern Heidi M. Annika & Udo F. Mein Name ist Heidi M. Ich war alleinerziehend, als vor vier Jahren mein Sohn Simon mit 14 Jahren an Colitis ulcerosa erkrankte. Er hat eine zwei Jahre ältere Schwester. Beruflich war ich zu dieser Zeit in einer physiotherapeutischen Praxis tätig. Dadurch verfügte ich über Kontakte zu guten Ärzten, welche für die physischen und psychischen Probleme für mich und meine Kinder stets zur Stelle waren und sind. Aus der heutigen Sicht ist ein gutes Umfeld die beste Medizin für alle Beteiligten. Wir sehen uns als „ganz normale“ Familie. Unsere beiden Kinder (Sohn 19 Jahre, Tochter 18 Jahre) haben beide in 2011 ihr Abitur abgelegt. Der Vater ist Wirtschaftsprüfer in eigener Kanzlei, die Mutter Rechtsanwältin in Teilzeit. Bei Dominik wurde im 7. Lebensjahr Colitis ulcerosa festgestellt. Er steht seitdem unter dauernder ärztlicher Behandlung in der Haunerschen Kinderklinik in München. Dank der sehr guten ärztlichen Betreuung kann unser Sohn trotz zahlreicher Schübe unterschiedlichster Intensität ein Leben ohne einschneidende Einschränkungen führen und insbesondere seinen vielseitigen sportlichen Aktivitäten nachgehen. Jutta & Dieter B. Eva & Klaus S. Wir, das sind Kira (16), Jutta (45) und Dieter (46), leben im Großraum München. Bei Kira wurde im Alter von 15 Jahren, nach einem Sommer mit heftigen Beschwerden, Morbus Crohn diagnostiziert. Innerhalb von nur drei Monaten nach der Diagnose erlebten wir das volle Programm von Ernährungstherapie über mehrere „Beinahe-Darmverschlüsse“ bis hin zur operativen Entfernung der Stenosen. Kira erhält regelmäßig Medikamente. Sie ist dadurch in einer stabilen Phase und wir hoffen, dass diese lange anhält. Wir sind sozusagen eine kleine Großfamilie mit der traditionellen Zusammensetzung Vater, Mutter und drei Kinder. Caroline (19) ist das „Sandwichkind“ mit der älteren Schwester Johanna (23) und dem jüngeren Bruder Christian (16). Mein Mann ist selbstständig und ich bin Lehrerin in Teilzeit. Als Eltern versuch(t)en wir beide, Erziehungsaufgaben gemeinsam zu lösen, wobei mir durch die Teilzeit allerdings der größere Teil zufällt. Es gibt Aufgabenbereiche, für die jeder allein zuständig ist. So erledigt mein Mann z. B. Fahrdienste am Abend und ich Elternabende in der Schule. Bei anderen Dingen wechseln wir uns ab. Früher nahmen wir auch ab und zu die Omas in Anspruch, die aber leider weit entfernt wohnen. 6 Die Eltern Margarethe & Edgar M. Margit & Frank B. Wir sind seit 22 Jahren verheiratet und haben zwei Töchter im Alter von 21 und 17 Jahren. Sowohl ich als auch mein Mann sind berufstätig. Ich arbeite bei der Deutschen Post als Zustellerin, er bei BMW als Montagearbeiter. Vor etwa vier Jahren wurde bei unserer jüngeren Tochter Bianka Morbus Crohn diagnostiziert. Wir sind eine recht lustige Familie mit drei Kindern, unserem Sohn (22 Jahre, Student), unseren Töchtern (20 Jahre, Studentin, und 16 Jahre, Gymnasiastin), einem wilden kleinen Hund und einer äußerst selbstbewussten Katze. Der Morbus Crohn ist nun schon seit ca. 13 Jahren ein Teil unseres Lebens, da sowohl unser Sohn als auch unsere jüngste Tochter Lena sehr jung daran erkrankt sind. Mein Mann ist im Arbeitsleben voll eingespannt, deshalb arbeite ich nur Teilzeit. Ich habe das Glück, über sehr flexible Arbeitszeiten zu verfügen, sodass die Betreuung meiner Kinder meistens kein Problem war. Außerdem steht mir mein Mann immer mit Rat und Tat zur Seite. Auch unsere Oma war immer da, wenn Not am Mann war. Ich freue mich, durch unsere Mitarbeit an dieser Broschüre anderen Eltern vielleicht einen kleinen Einblick in den Alltag mit der Erkrankung verschaffen zu können und ihnen ein wenig die Angst zu nehmen. 7 Yvonne & Dirk F. Petra & Carsten M. Unsere Familie besteht aus Mama (42), Papa (47), unserer Tochter (22) und unserem Sohn (16), auch unser Dackel „Lucky“ gehört dazu. Wir arbeiten beide ganztags, seit der Erkrankung unseres Sohnes Manuel an Morbus Crohn vor ca. drei Jahren, auch in Heimarbeit. Unsere Tochter studiert und ist bereits ausgezogen, unser Sohn besucht die Realschule. „Lucky“ kümmert sich derweilen um das Haus und den Garten, was nicht immer positiv ausgeht. In der Betreuung unseres Sohnes setzen wir auf Teamwork und binden auch die Großeltern ein, die noch sehr rüstig sind. In den drei Jahren haben wir gelernt an guten Tagen zu „tanken“ und die schlechten Tage durchzustehen. Eine gute Portion Humor erlaubt es uns trotz allem, immer noch ein lustiger Haufen zu sein. Wir sind Mama (46), Papa (47), Sohn (21), Tochter Anne (17) und unsere geliebte Katze Joey. Mein Mann arbeitet den ganzen Tag und ich seit Januar ganztags in der Selbstständigkeit. Anne erkrankte mit fünf Jahren an CRMO (Chronisch rekurrente multifokale Osteomyelitis) und mit neun Jahren an Colitis ulcerosa. Unser Sohn ist nächstes Jahr mit seiner Ausbildung fertig, Anne macht nun nach sechs Jahren Gymnasium ihren Abschluss auf einer Realschule und wird nächstes Jahr ihr Abitur vollenden. In den elf Jahren, die von den Krankheiten meiner Tochter geprägt waren, haben wir alle Höhen und Tiefen so gut es geht gemeistert. Es ist ein kleines Stück Alltag geworden – trotz allem kommt der Optimismus nicht zu kurz. Die Jugendlichen Caroline S. I ch heiße Caroline, bin 19 Jahre alt und studiere seit Oktober 2011 im ersten Semester Jura. Seit der Diagnose sind nun schon mehr als vier Jahre vergangen und sie bereitet mir keinerlei Probleme mehr. Deshalb gehe ich, wie andere auch, gerne mit Freunden ins Kino, shoppen und am Wochenende feiern. Simon M. M ein Name ist Simon, ich bin 18 Jahre alt und gehe zurzeit noch zur Schule. Ich lebe nun schon seit vier Jahren mit meiner Krankheit, die mir aber eigentlich gar nichts mehr ausmacht. In meiner Freizeit mache ich gerne Sport und gehe auch gerne und viel mit meinen Freunden aus. Inhalt Das familiäre Umfeld 12 Nach der Diagnose 12 Integration der Erkrankung in den Alltag 16 Erziehung 21 Umgang mit Geschwistern 25 Hinweise für Reisen, Ausflüge, Besuche 30 Freizeit, Sport und Spiel 32 Schule 38 Information der Lehrer 38 Erkrankungsbedingte Probleme im schulischen Alltag 42 Pubertät 48 Probleme mit pubertätsbedingten Veränderungen 48 Veränderung der Elternrolle 50 Auswirkung der Pubertät auf die Erkrankung 52 Therapietreue 58 Altersbedingte Veränderungen in der Therapietreue 58 Wechsel vom Kinderarzt zum Internisten 62 Probleme beim Arztwechsel 62 12 Das familiäre Umfeld Nach der Diagnose Wie ist Ihr Kind mit der Diagnose umgegangen? Unsere Tochter Bianka war zuMargarethe & nächst sehr geschockt von der Edgar M. Diagnose einer unheilbaren Krankheit, hat viel geweint und war anfangs recht hoffnungslos, was eine Besserung angeht. Erst nach einigen Tagen haben wir uns im Internet über die Krankheit informiert, was uns nicht unbedingt ermutigt hat. Die Informationen, die wir im Internet fanden, waren hauptsächlich negativ. Von der damaligen Ärztin haben wir überhaupt keine Rückmeldung bekommen, sie hat uns nicht darüber informiert, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, und welche Hilfen wir in Anspruch nehmen könnten. Besser wurde es, nachdem wir das Krankenhaus beziehungsweise den Arzt gewechselt hatten. Dort hat sich unsere Tochter wohlgefühlt und hatte mehr Vertrauen zu den betreuenden Ärzten. Unsere Tochter Caroline hat mit viel Wut und Verzweiflung reagiert. Diese Wut auszuhalten war zugegebenermaßen nicht leicht. Als mir bewusst wurde, dass die Aggressionen der Krankheit galten, konnte ich sie Eva & Klaus S. leichter aushalten und Hilfestellung geben. Dabei war für alle Familienmitglieder hilfreich, dass meine Mutter an derselben Krankheit leidet. Sie hat, seit sie über 30 ist, so gut wie keine Beeinträchtigungen. Lena war damals erst sechs Jahre alt. Da ihr sechs Jahre älterer Bruder auch Morbus Crohn hatte, war es für sie zumindest nicht neu. Krankenhausbesuche, Medikamente, das Leben mit einer chronischen Erkrankung – das alles gehörte für sie zum Alltag. Neu war jetzt natürlich, dass es sie auch betraf. Margit & Frank B. Als mein Sohn im Alter von neun Jahren damals erkrankte, war das für ihn wirklich schlimm. Die Diagnosestellung hatte sich extrem lang hingezogen. Es war ein ständiges Hin und Her mit langen Krankenhausaufenthalten und wenig Informationen. Das alles hat ihn total verunsichert und er hat unglaubliche Ängste entwickelt. Auch wir wurden damals nicht richtig über die Erkrankung aufgeklärt und konnten ihm daher auch nicht die Sicherheit und Zuversicht geben, die er so dringend gebraucht hätte. 13 Glücklicherweise sind wir damals zufällig auf die Selbsthilfeorganisation DCCV gestoßen. Die hatten damals schon eine wirklich informative Internetseite, die uns endlich viele Fragen beantwortet hat. Später habe ich dann auch an Elterntreffen, die die DCCV regelmäßig organisiert, teilgenommen. Dort habe ich festgestellt, wie wichtig es ist, dass man sich untereinander austauscht und dass oft die besten Tipps und Anregungen aus diesem Kreis kommen. Bei Entdeckung der Colitis ulcerosa war Dominik sieben Jahre alt. Die Krankheit konnte er daher im Detail nicht verstehen, litt aber unter Bauchschmerzen und Durchfall. Dies hat ihn natürlich belastet, trotz allem ist er aber gut damit umgegangen. Annika & Udo F. Ernüchterung, da sie sich der Bedeutung der Diagnose und dem Wissen, mit der Krankheit ein Leben lang umgehen zu müssen, stärker bewusst wurde. Manuel war zum Zeitpunkt der Diagnose 13 Jahre alt. Er war erleichtert, dass nun endlich die Ursache seiner Beschwerden gefunden wurde. Yvonne & Dirk F. Meine Tochter Anne war zum Zeitpunkt der Diagnose neun Jahre alt. Da die Darmerkrankung ihre zweite chronische Erkrankung war, hat sie die zweite heftige Diagnose versucht zu ertragen. Petra & Carsten M. Simon war 14 Jahre alt, als er die Diagnose erhielt und war natürlich dementsprechend geschockt, eine chronische Krankheit zu haben. Er war wie gelähmt und hat geweint. Was diese Krankheit wirklich bedeutet, hat man eigentlich erst wesentlich später verstanden. Heidi M. Nach langer Beschwerdephase wurde die Diagnose bei unserer Tochter Kira im Alter von 15 Jahren festgestellt. Sie war zuerst erleichtert, endlich eine Diagnose zu haben, die eine Behandlung der Symptome ermöglichte. Später wich diese Erleichterung der Jutta & Dieter B. 14 Was hat die Diagnose für dich bedeutet? D ie Diagnose war natürlich am Anfang nicht leicht zu verkraften, schließlich ist man mit 15 noch lebensfroh und macht sich nur Gedanken um Freunde, Schule und Co. Dass man plötzlich als Einziger eine Krankheit mit sich herumschleppt ist schwierig, mittlerweile habe ich mich jedoch daran gewöhnt. Meine Wut hat sich am Anfang eher auf die Ärzte bezogen, die zu dieser Zeit ständig gewechselt haben und mit denen ich nicht besonders gut klarkam. Ich bin auch nicht eingeschränkt in meinen Aktivitäten, deshalb fühle ich mich nicht anders als andere Jugendliche. 15 Was hat sich im gesundheitsbewussten Verhalten Ihres Kindes verändert? Caroline war schon vor ihrer Krankheit sehr ernährungsbewusst und Rauchen war nie ein Thema. Das Problem war eher, dass sie verunsichert war. Wir versuchten zu vermitteln, dass sie ein normales Kind ist und ausprobieren soll, welche Nahrungsmittel ihr Probleme bereiten und welche gut für sie sind. Eva & Klaus S. Natürlich haben wir nach der Diagnose versucht, auf „gesunde“ Ernährung umzustellen. Aber das ist gar nicht so leicht. Was ist eine gesunde Ernährung bei Morbus Crohn? Je nach Krankheitsaktivität gelten wieder andere Empfehlungen, und meine Kinder wollten einfach essen, was ihnen schmeckt. Das ist also immer ein kleiner Kampf. Allerdings gab es auch immer Lebensmittel, bei denen sie gleich gemerkt haben, dass sie ihnen nicht guttun, und die haben sie dann von sich aus weggelassen. Margit & Frank B. Annika & Udo F. Dominik durfte nach ärztlichem Anraten unverändert Essen und Trinken, daher hat sich hierbei nichts geändert. Seine starken sportlichen Aktivitäten (Tennis und Fußball) hat er im selben Umfang fortgeführt. Kira ernährte sich bereits vor der Diagnose vegetarisch und ist Nichtraucherin. Seit der Diagnose wird bewusst auf faserige und blähende Lebensmittel verzichtet. Die Verträglichkeit anderer Lebensmittel wird beobachtet und gegebenenfalls werden einzelne Lebensmittel nach mehrfachen Problemen aussortiert. Jutta & Dieter B. Rauchen und andere Suchtmittel sind kein Thema. Dadurch, dass Simon medikamentös sehr gut eingestellt ist, kann er alles essen, worauf er Appetit hat. Da er auf eine Landwirtschafts- und Ernährungsschule geht, ist seine Einstellung auf „gesunde Ernährung“ sensibilisiert, was wiederum auch einen positiven Einfluss auf seine Krankheit hat. Heidi M. 16 Integration der Erkrankung in den Alltag Welchen Einfluss hat die Erkrankung auf Ihren Tagesablauf? In der Zeit, in der Bianka sich per Magensonde ernähren musste, hatte ich viel damit zu tun, die Nahrung für sie vorzubereiten, heute hat sich die Krankheit so in unseren Tagesablauf integriert, dass es schon kaum mehr störend ist. Margarethe & Edgar M. Prinzipiell haben wir alle darauf geachtet, dass genügend Zeit für notwendige Maßnahmen war. Vor allem für den Start des neuen Tages (z. B. Medikamente, Einläufe etc.) war immer viel Zeit eingeplant. Eva & Klaus S. Da die Krankheitsaktivität meiner Tochter seit der Einnahme ihres Medikamentes sehr niedrig ist, hat die Erkrankung auch kaum Einfluss auf unseren Tagesablauf. Sie nimmt einmal am Tag ihre Medikamente und lebt ansonsten wie alle anderen Kinder auch. Bei meinen Kindern ist es auch nicht so, dass sie öfter auf die Toilette müssten als andere Kinder. Also gibt’s auch da keine Einschränkungen. Während eines Krankheitsschubes sah es natürlich ganz anders Margit & Frank B. aus. Da ging es ihr dann so schlecht, dass sie einfach keine Energie hatte. Da dreht sich das ganze Leben dann nur noch darum, wie man den aktuellen Schub wieder am schnellsten in den Griff bekommt. Unser Tagesablauf hat sich im Prinzip nur durch die regelmäßigen Essenszeiten geändert, die für uns aber kein Problem darstellten, da meine Frau als Selbstständige von zu Hause aus arbeiten konnte. Zudem haben wir auf regelmäßigen und ausreichenden Schlaf geachtet. Beides konnten wir leicht im Tagesablauf unterbringen und haben hierin keine Beeinträchtigung gesehen. Annika & Udo F. Unser Alltag ist stark durch die Krankheit unseres Sohnes geprägt. Dadurch, dass Manuel in den letzten Jahren noch keine stabile Remission hatte, ändert sich sein Gesundheitszustand und Wohlbefinden so schnell – manchmal innerhalb eines Tages von sehr gut auf sehr schlecht und umgekehrt, sodass wir so gut wie nichts planen können. So müssen wir täglich Yvonne & Dirk F. 17 mit allem rechnen und sehr flexibel darauf reagieren. Wir sind immer über ein Handy erreichbar, auch bei der Arbeit und sorgen dafür, dass mindestens ein Elternteil innerhalb kürzester Zeit bei unserem Sohn sein kann. Hierbei werden wir auch von den Großeltern unterstützt, die noch sehr fit und vor allem mobil sind. Wir haben aber mittlerweile alle gelernt damit umzugehen. Dadurch sind wir noch spontaner geworden. Besuche, Unternehmungen, Freizeit- und Feriengestaltung, kurz alles wird bei uns von Anfang an so eingerichtet, dass es schnell umdisponiert oder abgesagt werden kann. Auf einige Aktivitäten, wie z. B. längere Bergwanderungen, Skifahren verzichten wir bis auf Weiteres komplett. 18 Welche Veränderungen empfinden Sie am schwierigsten? Wie integrieren Sie diese in Ihren Alltag? Es ist mit zwei berufstätigen Elternteilen oft nicht einfach, für die geplanten Krankenhaustermine unserer Tochter frei zu bekommen. Anfangs war es außerdem schwer, immer daran zu denken, dass Bianka regelmäßig die verschriebenen Tabletten nimmt. Wir hatten das Glück, mit der Unterstützung unserer Arbeitskollegen rechnen zu können, sodass diese meist einen Schichtwechsel befürworteten. Wir haben die Tabletteneinnahme in unseren Tagesablauf integriert, indem ich morgens schon alle Tabletten für den Tag zurechtgelegt und sie gut sichtbar in einem Medikamenten-Becher auf den Tisch gestellt habe. Margarethe & Edgar M. Am schwierigsten war die anfängliche Aggression, die aber bis heute deutlich abgenommen hat. Manchmal hat Caroline aus nichtigem Anlass einen Wutanfall bekommen, z. B. wenn sie hungrig war und auf dass Essen warten musste. Ich habe mich dann darauf eingelassen, sodass die Lage eskaliert ist und mit Geschrei und Türenknallen geendet hat. Mit der Zeit wurde mir klar, dass es meine Aufgabe war, Eva & Klaus S. die Lage zu entschärfen. Statt zu sagen: „Du wirst doch noch zehn Minuten warten können“, habe ich vorgeschlagen, vielleicht schon eine kleine Vorspeise zu essen, die im Nu zuzubereiten war (Salat, Toast etc.) Oder Caroline hat gereizt reagiert, weil ich in ihren Augen eine blöde Frage zur Schule oder zu ihren Freunden gestellt habe. Anfänglich habe ich darauf auch geantwortet, weil ich mich ungerecht behandelt gefühlt habe, später habe ich so etwas einfach ignoriert und das Thema gewechselt. So hat sich die Situation schneller entspannt. Am schwierigsten für mich ist es zu wissen, dass meine Kinder nicht ohne starke Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, leben können. Die ständige Ungewissheit, wie sie diese Medikamente auf die Dauer vertragen und ob es nicht doch zu Langzeitschäden durch die Einnahme kommen kann, macht mir oft sehr zu schaffen. Aber ohne diese Medikamente funktioniert es halt auch nicht. Es tut mir dann immer sehr gut, wenn ich von älteren Patienten lese oder erfahre, die trotz der Einnahme solcher Margit & Frank B. 19 oder ähnlicher Medikamente keine Schäden davongetragen haben. Und außerdem setze ich große Hoffnung in die Forschung, dass endlich die Ursache gefunden wird, die einen akuten Schub auslöst und dass dann gezielt Medikamente entwickelt werden können, die vielleicht weniger Nebenwirkungen haben. Am meisten haben uns die Phasen Dominiks Niedergeschlagenheit belastet sowie Rückschläge nach Phasen der Besserung. Dann war es am wichtigsten, Dominik wieder aufzurichten und ihm Zuversicht zu geben. Dies gelang am besten durch den Hinweis, dass nach jeder schlechten Phase wieder eine gute gekommen ist. Am besten hat jedoch jede Ablenkung gewirkt, wie gemeinsames Spielen, Ausflüge usw. Dabei durfte es auch gelegentlich etwas Besonderes sein, was sich vom normalen Alltag abgehoben hat. Annika & Udo F. Der für uns immer wieder überraschende Wechsel zwischen sehr gutem und sehr schlechtem Befinden ist anstrengend. Es gilt daher an guten Tagen zu „tanken“, um die schlechten Tage zu überstehen. Wir sind beide in Vollzeit berufstätig. Hier gab es für uns die größte und wichtigste Umstellung. Wir haben unsere Arbeitszeiten nun so eingestellt (z. B. durch Heimarbeit), dass bei Bedarf immer ein Elternteil zu Hause sein kann. Auch wenn wir durch pure Anwesenheit kein Leiden lindern können, ist es uns wichtig, präsent zu sein und unseren Sohn mit seinen Beschwerden nicht alleinzulassen. Yvonne & Dirk F. Je nach aktueller Beschwerdelage, gibt es Phasen mit häufigeren Toilettengängen. Auch eine frühzeitige Erschöpfung kommt in diesen Zeiten oft vor. In diesen Phasen müssen Unternehmungen mit Freunden so gestaltet werden, dass Toilettengänge unkompliziert möglich sind oder die Unternehmungen abgesagt werden. Die Einnahme der Medikamente zu den vorgeschriebenen Zeiten muss unabJutta & Dieter B. 20 Welche Veränderungen waren oder sind für dich am schwierigsten? D ie für mich schon immer und heute immer noch schwierigste Veränderung ist die viele Zeit, die einen die Krankheit kostet. Arztbesuche, Blutabnahme, all das braucht natürlich viel Zeit, Zeit, die ich lieber mit schöneren Dingen verbringen würde. hängig von den Aktivitäten sichergestellt werden. So müssen beispielsweise bei Auswärtsübernachtungen die Medikamente für den entsprechenden Zeitraum vorbereitet und mitgenommen werden. Für mich als Mutter ist es schwierig, weil ich äußerst sensibilisiert jedwedes Leiden sofort analysiere, z. B. wenn Simon nach schwerer körperlicher Arbeit oder nach Sport über Gelenkschmerzen klagt. Dadurch, dass er so gut wie gar keine Gedanken daran verschwendet, vermeide ich es tunlichst, meine Sorgen zu verbalisieren und dränge diese in den Hintergrund – was nicht leicht fällt. Heidi M. 21 Erziehung Was hat sich nach der Diagnose in Ihrer Erziehung geändert? Wie hat dies das Verhältnis zu Ihrem Kind beeinflusst? Wir haben unserem Kind nach der Diagnose mehr Freiheiten gelassen, haben nicht mehr so viel Wert darauf gelegt, was sie isst, sondern waren einfach nur froh, dass sie überhaupt wieder essen konnte. Das Verhältnis zu Bianka war danach nicht viel enger als zuvor, hat sich aber auch nicht verschlechtert. Margarethe & Edgar M. In der ersten Zeit waren wir ständig in einer Art Habtachtstellung. Wir haben versucht zu erraten, wie es Caroline geht, um nicht immer fragen zu müssen und ihr damit auf die Nerven zu gehen und eventuell Wutanfälle auszulösen. Mit der Zeit sind wir entspannter geworden und fragen, wenn wir etwas wissen wollen, direkt, achten aber auf einen geeigneten Zeitpunkt im Tagesablauf. So macht es ihr weniger Angst und uns nicht zu Überängstlichen und Besserwissern. Eva & Klaus S. Margit & Frank B. In der Erziehung hat sich eigentlich nur geändert, dass ich noch viel ängstlicher bin, bei allem was Lena unternimmt, bei Klassenfahrten oder wenn sie „normal“ krank ist. Deshalb fällt es mir auch ziemlich schwer, meiner pubertierenden Tochter viele Unternehmungen zu erlauben. Diese übertriebene Fürsorge ist für sie ziemlich schwer zu ertragen und ich muss ständig an mir arbeiten, um mich zu beherrschen. Sie möchte einfach nur ein normaler Teenager sein dürfen. Das ist ihr ganz wichtig und ich denke, sie hat recht. Die Sorge um Dominik hat teilweise zu einer Bevorzugung und Verwöhnung geführt. So wurde z. B. die Mitarbeit im Haushalt nicht in dem Maße erwartet, wie es vielleicht üblich ist. Es wurde vielleicht das eine oder andere hochwertigere Geschenk gemacht oder eine Eintrittskarte zu einem Event gekauft, was man unter „normalen“ Umständen nicht getan hätte. Wir haben jedoch immer versucht, die ganze Familie (einschließlich Schwester) daran teilhaben zu lassen, sodass die Krankheit zwar Anlass war, aber nicht zur einseitigen Bevorzugung des „Kranken“ führte. Öfter gab es Zweifel, ob ein solches Verhalten Annika & Udo F. 22 langfristig richtig ist, und nicht dadurch ein „verwöhnter“ und „unselbstständiger“ Junge herangezogen wird. Wir haben deshalb versucht, die „Ausreißer“ auf schlechte Phasen des Krankheitsverlaufes zu beschränken. Offenbar scheint es uns gelungen zu sein, das richtige Maß zu finden, denn Dominik ist ein eigenständiger junger Mann ohne Allüren, mit Ehrgeiz und klaren Zielen geworden und unternimmt viel mit seinem Freundeskreis. Es hat sich hier nicht viel verändert. Wir nehmen in Erziehungsfragen Rücksicht auf die Erkrankung, allerdings nur dort, wo die Krankheit einschränkend wirkt. Wir erwarten z. B. keine größeren körperlichen Aktivitäten oder Unterstützung im Haushalt, weil wir wissen, dass er das oft nicht leisten kann. Wir erwarten aber nach wie vor einen respektvollen Umgang in der Familie, Pünktlichkeit, er muss weiterhin sein Zimmer sauber halten, sich um sein Aquarium kümmern, Verantwortung für das übernehmen, was er tut usw. Wir legen großen Wert darauf, dass nicht jedes Fehlverhalten mit der Krankheit entschuldigt wird. Yvonne & Dirk F. Ein chronisch krankes Kind zu haben, ändert im Bewusstsein alles. Man ist versucht, in den ersten Monaten nach Bekanntwerden sein Kind zu „übermuttern“. Jegliche Äußerung meines Sohnes über ein körperliches oder seelisches Unwohlsein wird hinterfragt, und wenn in dieser Richtung nichts geäußert wird, wird häufig nachgefragt, ob denn auch wirklich alles in Ordnung sei. Und das mag ein Teenager wiederum nicht und quittiert diese Bemutterung mit Unmut. Auf der anderen Seite hat uns diese chronische Erkrankung noch näher verbunden, da ich in schweren Zeiten sein einziger Ansprechpartner war. Heidi M. 23 Wo hat Ihr Kind Schwierigkeiten, Ihre Einflussnahme zu akzeptieren? Wie überzeugen Sie es, Ihre Vorschläge anzunehmen? Meine Tochter hatte Probleme damit, zu akzeptieren, dass ich mir zum Teil mehr Sorgen gemacht habe als sie, und sie deshalb ungern weggehen ließ. Wirklich überzeugen kann ich sie nicht, ich spreche mit ihr über meine Sorgen und entweder sie akzeptiert es und hört auf mich, oder sie setzt ihren Willen durch, wobei ich ihr in diesem Fall trotzdem genug Vertrauen entgegenbringe. Margarethe & Edgar M. Immer wenn eine andere Medi kation oder ein zusätzlicher Arztbesuch anstand, gab und gibt es manchmal noch Probleme (z. B. bei der Blutabnahme). Am Anfang versuchten wir, Caroline diktatorisch oder mit Versprechungen (z. B. nach der Klinik zum Italiener essen gehen) zu überzeugen. Eva & Klaus S. Später haben wir versucht, zusammen eine Lösung bzw. einen Kompromiss zu finden, wie z. B. einen günstigeren Arzttermin zu finden oder statt Brausetabletten Hartkapseln einzunehmen. Manuel befindet sich mitten in der Pubertät – in fast jedem Bereich. Bei ihm besteht ein großer Drang zur Unabhängigkeit, er möchte alle seine Entscheidungen alleine treffen. Jeder Beratungsversuch unserseits wird sehr kritisch „unter die Lupe“ genommen und leider oft ignoriert. Gerade an guten Tagen, wenn es ihm gesundheitlich sehr gut geht, wird jeder Ratschlag in den Wind geschlagen. „Lernen?“ – „Später!“, „Kein schnelles Essen im Stehen!“ – „Ja, ja ...“, „Nicht körperlich verausgaben!“ – „Ist ja gut, macht euch mal keine Sorgen“. Und dann wird genau das Gegenteil gemacht. Ich glaube, da gibt es nicht viele Unterschiede zwischen kranken und gesunden Jugendlichen in der Pubertät. Yvonne & Dirk F. Wir versuchen ihn durch vernünftige Argumente zu überzeugen. Ein klärendes Gespräch bewirkt bei unserem Sohn oft eine Einsicht. Wo keine besteht, setzen wir uns durch, notfalls auch durch eine Strafe. Die ist allerdings sehr selten nötig. In manchen Bereichen, die uns nicht wichtig genug erscheinen, geben wir auch nach. 24 Hast du das Gefühl, dass dich deine Eltern seit der Diagnose anders behandeln als früher und wie fühlst du dich damit? A lso meine Mum hat schon ihren Beschüt- Meine Einflussnahme hält sich momentan in Grenzen, weil es Simon gut geht und ich ihm deswegen keine Vorschriften machen muss. Ansonsten appelliere ich an seine Vernunft. Dadurch, dass er mittlerweile volljährig ist, klappt das auch ganz gut. Ich sage ihm immer nur, dass es sich um sein Leben und um seinen Körper handelt und er deswegen eigenverantwortlich handeln soll. Heidi M. zerinstinkt intensiviert. Das war und ist manchmal meganervig. Mit zunehmendem Alter ging das jedoch zurück. Mein Vater der seit elf Jahren getrennt von uns lebt, hat sich eher weniger gekümmert. Anne hat Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass ich mich als Mutter darum sorge, ob sie ihre Medikamente eingenommen hat, ob ihre Stuhlgänge in Ordnung waren und Ähnliches. Sie ist oft durch mein ständiges Nachhaken genervt. Erklären kann ich ihr das nur durch ausführliche Gespräche, in denen ich ihr immer wieder Mut mache. Petra & Carsten M. 25 Umgang mit Geschwistern Wie haben Sie Ihren anderen Kindern die Erkrankung erklärt? Ich musste meinem anderen Kind kaum etwas über die Krankheit erklären, weil ich das „Glück“ hatte, dass meine ältere Tochter zu diesem Zeitpunkt schon 17 Jahre alt war und sich selbst schon darüber informiert hatte, wie sie damit umgehen könnte. Margarethe & Edgar M. Wir haben versucht, die Krankheit „Colitis ulcerosa“ ganz sachlich zu erklären. Hilfreich war, dass sowohl die beiden Geschwister, als auch mein Mann und ich Allergiker sind (meine älteste Tochter hat allergisches Asthma). So haben wir vermittelt, dass Menschen zwar nicht perfekt sind, aber trotzdem gut mit ihren Schwächen leben können. Eva & Klaus S. Die anderthalb Jahre jüngere Schwester hat die Krankheit von Anfang an mitbekommen. Eine Erklärung war nicht wirklich erforderlich. Auch im Verlauf der Jahre kamen eigentlich keine gezielten Annika & Udo F. Fragen der Schwester. Wenn wir Dominik etwas dazu erklärt haben, war seine Schwester mit dabei. Nachdem die Krankheit Bestandteil des gesamten Familienlebens war und von uns allen als Tatsache akzeptiert worden ist, wurde nichts verschwiegen oder verheimlicht. Man ist immer damit offen umgegangen und hat jeweils versucht, die konkrete Situation zu meistern, ohne deshalb in Selbstmitleid zu verfallen oder die Situation als schlimm anzusehen. Auch wenn es manchmal schwer fällt: Das Wichtigste ist, das Leben so normal wie möglich weiterzuführen. Meine Erläuterungen machte ich immer im Kreis der Familie, sodass alle anwesend waren und von Anfang an in die Problematik mit eingebunden waren. Heidi M. 26 Wie gehen Ihre anderen Kinder mit der „Sonderrolle“ ihres/r Bruders/Schwester um? Wie verhindern Sie, dass sich die Geschwister zurückgesetzt fühlen? Meine ältere Tochter empfindet die Krankheit ihrer Schwester nicht als Grund für eine Sonderrolle, sie akzeptiert die Situation und fühlt sich nicht benachteiligt. Wir versuchen beide Kinder gleich zu behandeln. Meine kranke Tochter ist einige Jahre jünger, als ihre Schwester, sie bekommt dieselben Rechte und Pflichten aufgetragen, wie die ältere Tochter in diesem Alter auch. Kinder anfallen und sie in Schubphasen auch mehr Zuwendung brauchen. Ich versuche, zumindest in den schubfreien Phasen, wieder aufzuholen, was zwischendurch zu kurz gekommen ist. Bei uns funktioniert das ganz gut und ich habe nicht den Eindruck, dass sich ein Kind zurückgesetzt fühlt. Die drei verstehen sich ausgesprochen gut und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Wir haben versucht, Caroline keine Sonderrolle zu geben. Wir machten die Krankheit, so gut es eben geht, zu etwas, das zu unserem Leben gehört, wie etwa die allergischen Reaktionen der anderen Familienmitglieder. Der eine braucht ein Asthmaspray, der andere Tabletten. Es gab ein Jahr, in dem die damals elfjährige Schwester meinte, sie müsse genauso leiden wie ihr Bruder. Dominik litt damals unter „Kleinwuchs“ und Untergewicht. Sie hatte daher das Gefühl, nicht mehr Gewicht haben zu dürfen als ihr Bruder. Sie reduzierte die Essensaufnahme und war sehr dünn. Erst nachdem uns dieses Verhalten bewusst wurde, konnten wir das Problem durch intensive Gespräche lösen. Dabei haben wir versucht, ihr klarzumachen, dass es ihrem Bruder nicht besser oder schlechter geht, wenn sie viel oder wenig isst. Im Gegenteil, schadet sie dadurch ihre eigene Gesundheit. Wir haben Margarethe & Edgar M. Eva & Klaus S. Da bei uns ja zwei von drei Kindern erkrankt sind, liegt die Sonderrolle eindeutig bei dem gesunden Kind. Diesem Kind auch noch gerecht zu werden, ist wirklich nicht leicht, da oft viele Termine für die kranken Margit & Frank B. Annika & Udo F. 27 sie aber wegen ihres Verhaltens nicht geschimpft, sondern ihr Verhalten als starke Verbundenheit zu ihrem Bruder gewertet. Allen sei aber mehr gedient, wenn sie ihrem Bruder durch aktive Unterstützung helfe. Nach ungefähr drei Gesprächen (ohne Bruder) hat sich Gott sei Dank alles wieder eingerenkt. Wir haben nicht den Eindruck, dass sich unsere Tochter zurückgesetzt fühlt. Sie ist jetzt 18 und hat dies nie so geäußert. Durch den großen Altersunterschied geht unsere Tochter sehr gut mit der „Sonderrolle“ ihres Bruders um. Sie hat ihm nie das Gefühl gegeben, eine Last zu sein, auch wenn z. B. der Besuch in einem Vergnügungspark aufgrund plötzlich eingetretener Bauchschmerzen abgebrochen werden musste. Ganz im Gegenteil, sie hat ihn rührend getröstet und ihm versprochen, dass sie, falls wir keine Zeit finden, alleine mit ihm noch einmal hinfahren würde. Es gibt viele ähnliche Beispiele dazu. Der Umgang könnte besser nicht sein. Yvonne & Dirk F. Dadurch, dass man als Mutter einfach überreagiert und übersensibel sein chronisch krankes Kind behandelt, kommt es sicher vor, dass das gesunde Kind sich ab und an etwas zurückgesetzt fühlen wird. Von seiner Schwester kamen selten, wenn sie gerade einen pubertären Schub durchmachte, Eifersüchteleien. Das äußerte sich durch Sätze wie: „Du hast meinen Bruder lieber als mich, nur weil er krank ist. Du nimmst ihn immer in Schutz.“ Diese Gefühle, kann man vermutlich nicht verhindern, auch wenn man noch so sehr bemüht ist. Heidi M. Unser Sohn sieht seine Schwester nicht in einer „Sonderrolle“, da ihre Krankheiten zum familiären Alltag dazugehören. Dazu kommt bestimmt auch, dass wir viel gemeinsamen spielen, miteinander reden und dass Oma, Opa oder Tante sich, in der Zeit, in der mein Mann und ich im Krankenhaus waren, viel mit meinem Sohn beschäftigt haben. Petra & Carsten M. 28 Welche Probleme tauchen zwischen den Geschwistern auf? Ich habe das Gefühl, dass sich meine Kinder seit der Erkrankung besser verstehen und mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Das Verhältnis der beiden hat sich stark gebessert. Margarethe & Edgar M. Ich kann mich an einen Vorfall erinnern, an dem meine Älteste in klaren Worten zu Caroline gesagt hat, dass sie nichts Besonderes ist, da auch andere Menschen mit Beeinträchtigungen zu kämpfen haben, z. B. sie selbst mit Asthma. Eva & Klaus S. Es gibt keine Probleme, ganz im Gegenteil, das Verhältnis ist sogar noch besser geworden. Wir sind alle zusammengerückt. Wir waren auch schon vor der Erkrankung unseres Sohnes sehr familienbetont. Nun ist für alle noch klarer geworden, wie wichtig die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Familie ist und welche Kraft alle daraus schöpfen können. Yvonne & Dirk F. Das Verhältnis zwischen meinen Kindern ist ein sehr gutes und starkes, daher freute sich mein Sohn jedesmal, wenn er mit ins Krankenhaus konnte. Es kamen nie große Streitereien auf, sondern eher große Freude, wieder zusammen zu Hause zu sein. Petra & Carsten M. 29 Wie fühlst du dich als „die Kranke“ in deiner Familie? I m Prinzip fühle ich mich nicht anders. Ich hab ab und zu andere Probleme als z. B. mein Bruder, wenn ich wiedermal zur Blutabnahme muss oder zum Arzt. Jedoch sehe ich mich nicht als „die Kranke“, da ich seit Jahren keine Beschwerden habe und man die Krankheit nur an den Medikamenten erkennt. 30 Hinweise für Reisen, Ausflüge, Besuche Wie bereiten Sie eine Reise, einen Ausflug oder Besuch bei Freunden vor? Unsere Urlaube sind meist schon lange im Voraus geplant. Davor suchen wir häufig noch den Kinderarzt auf, um Vorschläge und Rezepte für die „Reiseapotheke“ zu erhalten. Für kürzere Aufenthalte zählen wir meist die Medikamente ab, damit wir nicht die kompletten Packungen mitnehmen müssen. Margarethe & Edgar M. Wir haben alle Medikamente (z. B. Einläufe, Tabletten etc.) stets in ausreichender Menge mitgenommen, auch wenn es keine Anzeichen für einen Schub oder eine Verschlechterung der Krankheit gegeben hat. Wir haben auch darauf geachtet, dass ein Kühlschrank zur Verfügung stand, in dem wir kühlungspflichtige Medikamente aufbewahren konnten. Außerdem hatten wir stets die Telefonnummer des Haunerschen Kinderspitals dabei – für den Notfall. Jetzt handhabt Caroline es selbst auf diese Art. Als sie mit 16 für ein halbes Jahr nach Amerika auf die High School ging, hatten wir zuerst auch Bedenken. Es hat aber alles gut geklappt. Caroline nahm Medikamente für ein halbes Jahr mit nach Amerika Eva & Klaus S. und die behandelnde Ärztin schrieb einen Nachweis auf Englisch für die Zollkontrollen. Dieses Blatt nimmt sie heute noch mit bei Auslandsreisen. Reisen in Länder, in denen bestimmte Lebendimpfungen vorgeschrieben sind (z. B. Gelbfieber o. Ä.) oder in denen erhöhte Gefahr von schweren Darminfekten besteht, haben wir bisher immer gemieden, da die Abwehr der Kinder ja geschwächt ist. Da sind uns das Ansteckungsrisiko und die eventuellen Folgen einfach zu groß, und von den speziellen Impfungen wird oft abgeraten. Für einen Familienausflug bzw. einen Besuch bei Freunden müssen wir keine besonderen Vorkehrungen treffen. Margit & Frank B. Unsere Freunde wissen Bescheid, dass wir selbst zugesagte Treffen im letzten Moment absagen könnten. Wir planen keine Urlaube mehr und fahren stattdessen spontan fort, wenn es gerade passt. Es hat aber eine Weile gedauert, bis das reibungslos geklappt hat. Hier kommt uns vielleicht zu Gute, Yvonne & Dirk F. 31 dass wir grundsätzlich immer schon zum Campen gefahren sind. Dadurch sind wir so flexibel wie nur möglich. Bei Familienausflügen und Freundesbesuchen richten wir uns nach der aktuellen Beschwerdelage von Kira. Bisher gab es jedoch dabei keine Probleme. Bei der Urlaubsplanung verzichten wir eher auf Fernreisen wegen der zu erwartenden Unterschiede in der Kost (z. B. Gewürze, Zubereitungsart), die bereits gesunden Menschen oft Probleme bereiten. Eine viel höhere Flexibilität bietet ja auch eine PKW-Reise, da wir dann gegebenenfalls kurzfristig die Stammklinik daheim aufsuchen können. Jutta & Dieter B. 32 Freizeit, Sport und Spiel Welchen Einfluss hat die Erkrankung auf die Freizeitgestaltung Ihres Kindes? Während des Sondierens war Bianka in ihrer Freizeitgestaltung stark eingeschränkt. Es war ihr kaum möglich, normalen Freizeitbeschäftigungen wie Schwimmen, Übernachten bei Freunden, Kino- und Konzertbesuche nachzugehen. So hatten wir z. B. einmal Karten für eine Show, und die Sicherheitsleute am Eingang wollten die Flüssignahrung meiner Tochter konfiszieren ... Mittlerweile geht es ihr wieder sehr gut und sie genießt ihre Jugend. Margarethe & Edgar M. Viele Freunde hatte Dominik nicht, da er am liebsten zu Hause war. Er war immer der Kleinste und Schmächtigste. Dies kompensierte er – trotz teilweise schlechter Blutwerte – durch überdurchschnittliche sportliche Aktivitäten. Seitdem dieses körperliche Manko beseitigt ist, hat Dominik einen großen Freundeskreis und ist sehr aufgeschlossen. Annika & Udo F. Caroline hat stets alles mitgemacht. Wir haben sie ermutig, auch ins Trainingslager zu fahren. Sie hat viel Sport getrieben und Badminton in der Schulmannschaft gespielt. Kira ist bei den Maltesern als Sanitätshelferin (First Responder Team) engagiert. In Zeiten erhöhter Beschwerden muss sie ihre Bereitschaftsdienste einschränken. Auch die Nutzung des Fahrrads ist ihr in dieser Zeit wegen der eingeschränkten körperlichen Leistungsfähigkeit nicht möglich. Da sich Lena nicht immer gleich fit fühlt, kann es sein, dass sie private Aktivitäten auch mal ausfallen lassen muss. Da sie auch sehr gerne liest, zeichnet und sich auch so sehr gut beschäftigen kann, ist das aber kein Problem für sie. Im Schub war keine Freizeitgestaltung möglich, weil Simon dazu einfach körperlich viel zu schwach war. Jetzt in Remission und dank seines guten Freundeskreises hat er Spaß an jeglichem Freizeitsport, ob Klettern, Skifahren, Radeln oder Bergwandern. Eva & Klaus S. Margit & Frank B. Jutta & Dieter B. Heidi M. 33 Leider hat die Erkrankung hier einen ganz großen Einfluss. Manuel ist im Vergleich zu früher (als er noch gesund war) wesentlich weniger aktiv. Er hat sich zu einem richtigen „Stubenhocker“ entwickelt. Es liegt auch sicherlich daran, dass er seit der Diagnose noch keine größere zusammenhängende Remissionsphase hatte. Yvonne & Dirk F. Was sagst du, wenn du etwas nicht mitmachen kannst? F ür mich gab es nie ein Problem, Freunden von meiner Krankheit zu erzählen. Meine Freundinnen haben ja gewusst, dass irgend etwas nicht stimmt, als ich zu Untersuchun- Durch ihre andere Erkrankung, die die Wirbelsäule und andere Knochen betrifft, ist Anne sehr stark eingeschränkt. Sie kann ihrer Lieblingssportart, dem Tanzen, nicht mehr nachgehen, weil sie an manchen Tagen ihre Toilettengänge nicht kontrollieren kann und deshalb öfter zu Hause bleibt, um kein Risiko einzugehen. Petra & Carsten M. gen musste und als die Diagnose kam, habe ich ihnen genau das gesagt, was mir der Arzt auch gesagt hat (chronische Darmerkrankung!). Meine Freundinnen waren weder Kleinkinder noch unterbelichtet, die haben das dann verstanden und wenn nicht, konnten sie es ja googeln. Ich sage natürlich nicht immer gleich: „Hey, ich habe Colitis ulcerosa“, aber wenn mich jemand fragt, warum ich z. B. zum Arzt muss, dann erzähle ich das einfach. 34 Wie erklärt Ihr Kind seinen Freunden gegenüber erkrankungsbedingte Einschränkungen? Bianka erklärte ihren Freunden die Situation, wenn diese sich dafür interessiert haben, indem sie ihnen freundlich, aber mit Selbstbewusstsein erläutert hat, dass sie selbst genauso mit der Krankheit zurechtkommen muss, wie ihre Mitmenschen. Margarethe & Edgar M. Einschränkungen hat es vor allem zu Beginn der Krankheit gegeben. Caroline hat immer selbst entschieden, wem sie wie viel sagt. Ihre engen Freundinnen wussten Bescheid. Aber nicht der gesamte Freundeskreis. Man muss das auch als Eltern respektieren. Eva & Klaus S. Die Freunde von Manuel wissen Bescheid, allerdings vermeiden sie Gespräche über die Krankheit. Unser Sohn möchte das auch so, er kann dann die Zeit, die er mit Freunden verbringt, besser genießen. Einige Freunde haben sich aber auch abgewandt. Unser Sohn konnte offen mit seinen Freunden reden und hat ihnen auch erklärt, wie die Krankheit wirkt, und welche Einschränkungen er dadurch in Kauf nehmen Yvonne & Dirk F. muss. Vor allem, dass er körperlich nicht mehr mit ihnen mithalten kann. Annes engste Freunde wissen über ihre chronische Knochenerkrankung Bescheid. Das ist bei ihrer Darmerkrankung anders. Ihre Freunde wissen zwar, dass sie davon betroffen ist, aber dies genauer zu erklären, vermeidet sie stark. Petra & Carsten M. 35 Wie fördern Sie die Freizeitaktivitäten Ihres Kindes? Wichtig war für Bianka die Unterstützung ihrer Freunde, die sich um sie gekümmert haben, und sie immer wieder dazu überreden konnten, etwas zu unternehmen. Margarethe & Edgar M. Man sollte das Kind ermutigen, ruhig alles mitzumachen, was es will. Wenn man Probleme sieht, sollte man eine Art Notfallplan haben (früher abholen, informieren einer geeigneten Person vor Ort, Ersatz- bzw. Zusatzmedikamente etc.) Wir haben festgestellt, dass es besser klappt, je zuversichtlicher wir selbst sind. Eva & Klaus S. Annika & Udo F. Wir unternehmen möglichst viele Freizeitaktivitäten mit dem Kind zusammen. Wir haben hier keinen Einfluss, wenn es Manuel über längere Zeit gut ginge, würde er vermutlich auch mehr unternehmen. Yvonne & Dirk F. Wichtig ist es, zur Teilnahme und zum Ausprobieren zu ermuntern, vorhandene Ängste abzubauen bzw. nicht aufkommen zu lassen. Vorbereitend achten wir auf eine ausreichende Ruhephase vor anstrengenden Aktivitäten. Jutta & Dieter B. Damit Anne ab und zu etwas unternehmen kann, laden wir oft Freunde ein oder fahren sie mit ihren Freunden an Orte, die sie mag. Begleitung ist jedoch notwendig. Petra & Carsten M. 36 Empfehlungen Lassen Sie sich von Kommentaren zum Thema CED aus dem Internet nicht irritieren, es ist alles machbar und man kann gut mit der Krankheit leben. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie kommen mit der Situation nicht klar, dann beanspruchen Sie die Hilfe, die Ihnen geboten wird. Die erste wichtige Hilfestellung für uns war der Kinderarzt, der uns den Übertritt in die neue Klinik ermöglicht hat, außerdem wurde uns von der Krankenkasse eine Betreuerin zur Seite gestellt, die immer für uns erreichbar war. Sie kümmerte sich um die Versorgung mit der Nahrung, Funktionstüchtigkeit der Pumpe und persönliche Probleme. Ebenso haben wir die Hilfe einer Jugendtherapeutin in Anspruch genommen, die nicht nur meiner Tochter, sondern auch mir eine große Hilfe war. Margarethe & Edgar M. Ich würde wirklich allen Eltern empfehlen, sich unbedingt mit anderen Eltern auszutauschen. Man kann so viele Tipps bekommen und hat auch nicht mehr das Gefühl, allein zu sein mit seinen ProbleMargit & Frank B. men. Alle haben Ähnliches durchgemacht und haben Verständnis für Sorgen und Ängste. Mein mittlerweile erwachsener Sohn, der während der Kindheit/ Pubertät nie etwas von einer Selbsthilfegruppe wissen wollte, hat sich jetzt selbst Betroffene in seiner Altersgruppe gesucht, mit denen er sich regelmäßig trifft, weil er mit ihnen viel leichter und offener über seine Probleme sprechen oder auch einfach nur Spaß haben kann. Kontakte und Elterntreffen vermittelt auch die DCCV. Und außerdem nie vergessen – jeder Schub hat einmal ein Ende und es kommt auch immer wieder eine Zeit, in der alles „normal“ läuft. Stellen Sie die Krankheit nicht in den Mittelpunkt und schließen Sie nicht von jedem einzelnen Bauchweh, Durchfall, Magengrummeln sofort auf einen Schub. Das Kind muss nicht in Watte gepackt werden und soll nicht durch die Eltern noch stärker eingeschränkt werden, als es durch die Krankheit schon ist. Trotz Krankheit kann das Kind Vieles leisten, oft mehr als ihm die Eltern zutrauen. Jutta & Dieter B. 37 Seien Sie für Ihr Kind da, genießen Sie zusammen die guten Tage und zeigen Sie nie Schwäche. Das gibt Ihrem Kind die Kraft, die es braucht, um die schlechten Tage zu überstehen. Yvonne & Dirk F. Sprechen Sie mit Ihrem Kind und den Familienangehörigen ganz offen über Gefühle, Ängste und Sorgen. Versuchen Sie, mit dem kranken Kind einen normalen Umgang zu pflegen, um es nicht ständig in diese Krankheitsrolle hineinzuzwängen! Heidi M. 38 Schule Information der Lehrer Wie gehen Sie bei der Information der Lehrer vor? In den vorangegangenen Jahren haben wir immer die Klassenleitung unserer Tochter informiert. Wir haben ein offenes Gespräch mit dem Lehrer gesucht, ihn über die Krankheit aufgeklärt und darüber, dass Bianka nach Terminabsprachen mit dem Krankenhaus von der Schule freigestellt werden müsste. Margarethe & Edgar M. Als die Krankheit zum ersten Mal akut auftrat, ging es Caroline sehr schlecht. Ich habe die Klassenlehrerin informiert, und diese hat es dann an die anderen Lehrer und an den Direktor weitergegeben. Die Lehrerin gab mir ihre Telefonnummer, und so war ein unbürokratischer und schneller Informationsfluss möglich. In Carolines Fall habe ich ausgemacht, dass sie nach Hause darf, wenn es ihr schlecht geht. Eva & Klaus S. Grundsätzlich haben wir in der Schule ein ärztliches Attest hinterlegt, das über die Erkrankung sowie die damit verbundenen möglichen Probleme meiner Tochter informiert. Dieses Attest liegt im Margit & Frank B. lassenbuch, sodass jeder Lehrer, der die Klasse überK nimmt, gleich informiert sein könnte. Die Praxis hat leider gezeigt, dass dieses Attest trotzdem von vielen Lehrern nicht beachtet wurde. Daher bin ich immer am Elternsprechabend gleich am Schuljahresanfang zu möglichst vielen Lehrern, vor allem aber zur Klassenleitung, gegangen, und habe über die Krankheit und eventuell mögliche Krankheitszeiten informiert. Zum Zeitpunkt der Diagnose haben wir die Schulleitung und Klassenleitung informiert, da hier viele Fehltage anfielen und auch weiterhin immer wieder anfallen. Die anderen Lehrer wurden durch die Lehrerkonferenz informiert, damit diese auch akut notwendige Toilettenbesuche akzeptieren. Nach der Rückkehr in die Klasse hat Kira ihre Klassenkameraden in Form eines Referates über die Krankheit aufgeklärt. Jutta & Dieter B. Wir haben eine Broschüre über CED-Erkrankungen vom DCCV über den Klassenlehrer an die anderen Lehrer verteilt. Ferner haben wir die Fragen Yvonne & Dirk F. 39 der Lehrer in Sprechstunden beantwortet. Lehrer und Schüler sollten wissen, dass die Krankheit nicht ansteckend ist, dass es zu hohen Fehlzeiten kommt, dass Manuel die Schule manchmal auch während der Unterrichtszeiten verlassen muss und dass er seine Krankheit nicht „gewinnbringend“ einsetzt – leider kam dieser Vorwurf von einer Lehrerin. Nach der Diagnose haben Simon und ich das Gespräch mit dem Klassenvorstand gesucht. Ich habe ihm unmissverständlich erklärt, dass Simon nicht aus Jux den Unterricht wegen Toilettengang verlassen wird. Meine Funktion als Mutter war es, die Privatsphäre meines Sohnes zu schützen, sodass er in seinem Klassenverbund keinen Schaden nimmt. Die Unwissenheit der Lehrer über Colitis ulcerosa und die Dringlichkeit, mit der ich auftrat, haben wohl gewirkt. Man muss den Lehrern deutlich machen, wie sie sich bei Durchfall fühlen würden, wenn sie nicht schnell zur Toilette gehen dürften. Das wirkt ... Heidi M. Eltern und Schüler sollten zunächst das vertrauliche Gespräch mit dem Klassenlehrer und eventuell auch dem Schulleiter suchen. Der Flyer der DCCV e.V. für Lehrer(innen) über „ Morbus Crohn, Colitis ulcerosa in der Schule“ ist für den Informationsaus tausch über die Krankheit und ihre Probleme sehr hilfreich. Wir ermutigen die Kinder und Jugendli chen, auch mit ihren Freunden und Mitschülern über die Erkrankung zu sprechen, denn „Geheim halten“ bedeutet langfristig Stress und Ausreden su chen. Ich habe es nur sehr selten erlebt, dass Kinder ihre Krankheit „benutzen“, um sich Vorteile in der Schule zu verschaffen. In der Regel neigen Patienten mit CED eher dazu, sich selbst zu überfordern, auch wenn es ihnen schlecht geht. Wenn es Schwierigkeiten mit dem Verständnis der Lehrer gibt, bitten Sie die betreuen den Ärzte um entsprechende Bescheinigungen, z. B. für Sonderregelungen im Sportunterricht oder für Toilettengänge während des Unterrichts. Für schwer betroffene Kinder kann ein sogenannter „Nachteilsausgleich“ für Prüfungen beantragt werden. 40 Wie haben die Lehrer reagiert? Die Lehrer waren sehr verständnis- und rücksichtsvoll und hatten großen Respekt vor der Art, wie Bianka mit der Krankheit umging. Margarethe & Edgar M. Wir trafen auf sehr verständnisvolle Lehrkräfte und haben z. B. ausgemacht, dass Caroline nicht mehr alle Schulaufgaben nachholen muss, sondern ihr Jahreszeugnis dann (8. Klasse) mit den vorhandenen Arbeiten bekommt (mit einem Vermerk über die verringerte Anzahl). Jetzt, nach einem sehr guten Abitur, hat sie ein Jurastudium begonnen. Eva & Klaus S. Die Lehrer reagieren äußerst unterschiedlich. Einige wenige sind verständnisvoll und hilfsbereit und bieten auch an, bei Fehlzeiten Arbeitsmaterial vorzubereiten. Die meisten zeigen zwar Verständnis, sagen aber, dass es Lenas Aufgabe wäre, den Unterrichtsstoff nachzuarbeiten. Leider gibt es in den Schulen kein generelles Konzept im Umgang mit chronisch kranken Kindern. Da könnte man durchaus noch dran arbeiten. Margit & Frank B. Das Echo der Lehrerschaft war gemischt. Während der Schulleiter persönliche Hilfe beim Aufholen des versäumten Stoffes anbot, waren andere Lehrer nur schwer von der Notwendigkeit der Rücksichtnahme zu überzeugen. Bei Bedarf ist der persönliche Kontakt zwischen Eltern und Lehrern notwendig. Jutta & Dieter B. Manche Lehrer kennen Morbus Crohn schon, andere nicht. Manche verstehen die Auswirkungen auf den Schulalltag, andere nicht. Ab und an ist auch ein Gespräch mit dem Schulleiter notwendig. Gerade bei Lehrern, die sich querstellen – man glaubt es kaum, aber die gibt es wirklich – war ein klärendes Gespräch mit dem Schulleiter bisher immer gut. In einem Fall konnte eine Lehrerin gelegentliche „Spitzen“ auch danach nicht lassen. Manuel stand darüber und nach dem Schuljahr kam ein anderer Lehrer, damit war die Sache gegessen. Yvonne & Dirk F. 41 Die Lehrer nehmen meine Informationen zwar auf, setzen sie aber in der Praxis nicht um. Oftmals gibt es Probleme, wie zum Beispiel, dass Anne nicht auf die Toilette gelassen wird oder die Fahrt ins Krankenhaus nach München alle acht Wochen belächelt und bezweifelt wird. Trotz zahlreicher Gespräche mit den Lehrkräften hat sich an dieser Situation nichts geändert. Petra & Carsten M. 42 Erkrankungsbedingte Probleme im schulischen Alltag Mit welchen Problemen hat Ihr Kind am meisten zu kämpfen und wie unterstützen Sie es dabei? Während des Klinikaufenthalts hatte Bianka Unterricht in Deutsch, Französisch und Mathematik, damit sie nicht zu viel Stoff alleine nachholen musste. Dennoch war es schwierig für sie, den Anschluss an den Unterrichtsstoff wieder zu finden. Wir haben immer versucht, ihr zu vermitteln, dass die schulischen Leistungen nicht das Wichtigste sind. Margarethe & Edgar M. Caroline hat am meisten damit zu kämpfen, dass sie eben anders als die anderen ist, d. h. Tabletten nehmen muss usw. Mit dem Alter wuchs aber auch ihre Einsicht, dass viele Menschen, auch in unserem und ihrem unmittelbaren Freundeskreis, mit Krankheiten zu kämpfen haben und sie eben doch nicht alleine dasteht. Eva & Klaus S. Lena ist etwas häufiger krank. Ich habe ihr schon oft Nachhilfe angeboten, um den verpassten Stoff nachzuholen, doch das möchte sie nicht. Margit & Frank B. Nach Fehlzeiten ist immer wieder der verpasste Stoff aufzuholen, je nach Fach mit der Hilfe von Lehrern, Mitschülern oder auch eigenständig. Nach langen Fehlzeiten (mehrere Wochen) bzw. bei der Darm-OP haben wir unsere Tochter beim Nachlernen der Wirtschaftsfächer unterstützt, für Englisch haben wir Nachhilfe in Anspruch genommen. Bei den regelmäßig auftretenden einzelnen Fehltagen kann sie den Stoff weitgehend selbst aufholen. Jutta & Dieter B. Manuel fehlt sehr oft in der Schule, er musste die 8. Klasse zweimal wiederholen. Auch ein Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule hat hier keine Besserung gebracht. Wir unterrichten ihn in den Hauptfächern zusätzlich (soweit wie möglich) daheim. Yvonne & Dirk F. Früher hatte Simon eine Zeit lang Probleme mit seiner sehr schlanken Figur. Seine Schulkameraden legten an Gewicht zu, Simon wurde nur länger, aber nicht Heidi M. 43 breiter. Ich versuchte, ihm aus dem Bekanntenkreis oder aus dem öffentlichen Leben, z. B. Promis, zu nennen, die ebenfalls sehr schlank sind. Und die Vorteile, die ein schlanker Mann hat, habe ich hervorgehoben. Durch seine Körperlänge von 1,80 Meter ist ihm seine schlanke Statur nicht mehr so wichtig. Anne hat sehr damit zu kämpfen, dass sie oft dringend auf die Toilette gehen muss, aber in der Schule nicht gelassen wird. Oder, wenn sie morgens einen akuten Anfall hat, manchmal mit Verzögerung in der Schule erscheint. Sie versucht alleine damit klar zu kommen und lässt niemanden an sich ran, wenn es um dieses Thema geht. Petra & Carsten M. 44 Welche Regelungen haben Sie getroffen, um eventuelle Fehlzeiten im Unterricht auszugleichen? Sobald wir von einer Klassenarbeit erfuhren, die am selben Tag stattfinden sollte wie ein geplanter Krankenhaustermin, haben wir versucht, diesen um einige Tage zu verschieben. Wenn das nicht möglich war, sprach unsere Tochter mit der entsprechenden Lehrkraft, um einen Nachholtermin zu vereinbaren. Margarethe & Edgar M. Je nach Bundesland gibt es die Möglichkeit, sich hier eine bessere Betreuung im Rahmen des „Nachteilsausgleichs für chronisch Kranke und Behinderte“ zu erkämpfen. Da meine Tochter aber auch so erstaunlicherweise immer noch ganz gut zurechtgekommen ist, habe ich diesen Aufwand bis jetzt gemieden. Eva & Klaus S. Wir versuchen alles nachzuholen. Manuel hat bisher jede einzelne Schulaufgabe nachgeschrieben. Es ist unserem Sohn sehr wichtig, nicht als „Sonderfall“ zu gelten. Yvonne & Dirk F. Ich habe die Lehrer meiner Tochter über die Erkrankungen informiert und zugleich auch berichtet, dass es zu häufigem Fehlen kommen kann. Das Fehlen wird mit Nacharbeiten ausgeglichen. Verpasste Klassenarbeiten muss Anne nachschreiben, ohne den Stoff mit gelernt zu haben. Petra & Carsten M. 45 In welchem Maß nimmt Ihr Kind am Sportunterricht teil? Die einzige Zeit, in der Bianka nur eingeschränkt am Sportunterricht teilnahm, war, als sie eine Magensonde hatte. Trotz Beschwerden nahm sie zu dieser Zeit am Tanzunterricht teil – einfach nur weil es ihr Spaß machte! Margarethe & Edgar M. Caroline hat schon vor Ausbruch der Krankheit sehr gerne Sport gemacht, sie war in der Schulmannschaft im Badminton sehr erfolgreich, und so blieb es auch nach Ausbruch der Krankheit. Eva & Klaus S. Lena nimmt generell an allen Sportarten teil. Manchmal ist sie etwas schlapp und durch ihre Krankheitszeiten auch nicht so durchtrainiert wie andere Kinder. Dies wirkt sich dann halt auf die Noten aus. Aber grundsätzlich kann sie alles mitmachen. Margit & Frank B. Annika & Udo F. Jutta & Dieter B. Dominik hat immer an allen Sportarten teilgenommen. Aufgrund der Darmoperation war eine Teilnahme am Sportunterricht aus medizinischen Gründen bisher nicht möglich. Teilweise war Manuel vom Sportunterricht freigestellt. Der Sportlehrer nimmt meistens Rücksicht auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Manuel kann aufgrund seiner Beschwerden keinen aktiven Sport jeglicher Richtung betreiben. Yvonne & Dirk F. Heidi M. Simon kann ohne Einschränkungen am Sport teilnehmen. 46 Wie erklärt Ihr Kind seinen Mitschülern, dass es manchmal häufiger zur Toilette muss? Nach der Rückkehr in die Klasse hat unsere Tochter in Form eines Referates ihre Klassenkameraden über die Krankheit aufgeklärt. Jutta & Dieter B. Dieses Problem hält sich in Grenzen, da unser Sohn diesbezüglich keinen typischen Morbus Crohn hat und die Toilette nicht so oft aufsuchen muss. Falls er trotzdem während des Unterrichts raus musste, war das bisher kein Problem, weder seitens der Schüler noch der Lehrer. Yvonne & Dirk F. Petra & Carsten M. Sie redet überhaupt nicht mit anderen darüber, da ihr das unangenehm ist. Hast du Probleme mit Lehrern wegen häufiger Fehlzeiten oder Toilettengänge und wie gehst du damit um? M eine Mum und ich haben immer meinen Klassenvorstand über meine Krankheit infomiert. So ist das mit den Toilettengängen kein Problem. Fehlzeiten habe ich nur zur vierteljährlichen Kontrolle einen Tag, auch darüber ist mein Klassenvorstand informiert. Ich habe keine Probleme oder Nachteile. 47 Empfehlungen Wichtig ist es, den Kontakt zu den Lehrern zu suchen und auch Ausflüge mit der Klasse nicht zu verbieten. Sportunterricht sollte gemacht werden, auch wenn es Beschwerden gibt, zumindest unter der Voraussetzung, dass Ihr Kind Spaß dabei hat. Margarethe & Edgar M. Wo es nötig ist, offen über die Probleme reden und zwar mit einer Lehrkraft, der man vertraut. Ansonsten nicht viel Aufhebens machen, das kann dem Kind peinlich sein. Eva & Klaus S. Ich möchte allen Eltern raten, unbedingt das Gespräch mit Schule und Lehrern zu suchen und genau darüber zu informieren, wo die krankheitsbedingten Probleme des Kindes liegen können, und manchmal durchaus hartnäckig zu bleiben und für das Kind einzutreten. Margit & Frank B. Wichtig ist ein offener Umgang mit Lehrern und Mitschülern, nur so kann Verständnis für die Krankheit und die daraus resultierenden Bedürfnisse, Einschränkungen und zeitweisen Leistungsunterschiede geschaffen werden. Ebenso müssen Eltern lernen, die Leistungsunterschiede zu akzeptieren und dürfen keine übertriebenen Anforderungen stellen. Jutta & Dieter B. Setzen Sie sich nur mit gerade anstehenden Problemen auseinander; ansonsten nehmen Sie die Krankheit so an, wie sie kommt. Machen Sie sich also nicht verrückt mit irgendwelchen Dingen, die auch noch kommen oder passieren könnten. Jeden Tag annehmen, wie er kommt. Heidi M. 48 Pubertät Probleme mit pubertätsbedingten Veränderungen Was war für Sie besonders schwierig und wie sind Sie mit diesen Veränderungen umgegangen? Besonders schwierig war und ist für uns das „Loslassen“, aber dank vieler Gespräche und des Verständnisses von Biankas Seite haben wir das in den Griff bekommen. Oft haben wir über „abends weggehen“ diskutiert, dabei haben wir immer wieder unsere Sorgen über Alkohol und den Freundeskreis zur Sprache gebracht, was unsere Tochter relativ gut aufgenommen hat. Wir haben Kontakt zu den Freunden unserer Tochter und wissen, mit wem sie unterwegs ist. Margarethe & Edgar M. Teilweise war die Pubertät auch eine Erleichterung. Wir haben uns immer mehr zurückhalten können, was Ratschläge oder auch das Einnehmen von Medikamenten anging, da Caroline sich pubertätsbedingt gar nichts sagen lassen wollte. Eva & Klaus S. Es fällt mir bei meinen chronisch kranken Kindern deutlich schwerer loszulassen und zu akzeptieren, dass sie eigene Erfahrungen sammeln müssen, als bei meiner gesunden Tochter. Gott sei Dank ist mein Margit & Frank B. Mann da cooler und schafft es – zumindest meistens – mich zur Vernunft zu bringen. Denn natürlich wollen kranke Kinder genauso ihre Erfahrungen sammeln wie gesunde. Ich denke, dass das auch ganz besonders wichtig ist, da sie bei Krankheitsproblemen ja doch immer noch auf die Eltern angewiesen sind und sich so umso mehr wünschen, selbstständig zu sein. Dominiks Pubertät kam verspätet und musste – auch wegen seines Kleinwuchses – durch Testosterongaben angeschoben werden. Der pubertätsverbundene Ablösungsprozess setzt erst jetzt ein. Bisher verläuft er ohne Probleme. Annika & Udo F. Zum Zeitpunkt der Diagnose war Kira bereits weit in der Pubertät fortgeschritten, in einer Phase, in der sie bereits viel Eigenverantwortung zu übernehmen bereit war. Die Krankheit hat den Prozess der persönlichen Reifung eher positiv beeinflusst und beschleunigt. Jutta & Dieter B. 49 Es ergaben sich pubertätsbedingt keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten. Da Simon mit 15 Jahren in ein Internat eingeschult wurde und seitdem nur an Wochenenden und in den Schulferien zu Hause ist, lernte er früh, eigenverantwortlich sein Schulleben zu organisieren. Durch diese räumliche Trennung unter der Woche ist diese „Ablösung“ sanft erfolgt. Heidi M. Besonders schwierig war, dass wir durch die Ablösung keine so starke Kontrolle mehr über die Medikamenteneinnahme hatten. Es wurde deutlich, dass Anne immer weniger mit der Situation, den vielen Medikamenten, Arztbesuchen und den vielen Einschränkungen klarkommt und es nervig für sie wurde. Wir sind oft aufbrausend, weil wir natürlich keine Gefahr eingehen können, und jedes nicht eingenommene Medikament ein Risiko ist. Petra & Carsten M. Manuel zeigt sich in der Pubertät hauptsächlich „beratungsresistent“. Unser Verhältnis hat sich aber dadurch nicht verschlechtert. Yvonne & Dirk F. 50 Veränderung der Elternrolle Wie haben Sie es geschafft, Ihre „Beschützerrolle“ in eine „Begleiterrolle“ zu verwandeln? Für uns war das Wichtigste das Vertrauen, das wir unserer Tochter entgegenbringen können, denn andernfalls wäre es für uns unmöglich gewesen, die „Beschützerrolle“ aufzugeben. Margarethe & Edgar M. Meine Beschützerrolle in eine Begleiterrolle zu verwandeln, habe ich leider noch immer nicht wirklich geschafft. Ich arbeite daran und habe wieder mehr Hobbies für mich entdeckt. Das macht es mir irgendwie leichter, ein wenig Abstand zu bekommen und nicht ständig um meine Kinder „herumzuglucken“. Margit & Frank B. Yvonne & Dirk F. Heidi M. Gar nicht, wir arbeiten noch daran. Daran muss ich jeden Tag arbeiten, was mir überhaupt nicht leicht fällt – bis heute nicht. Petra & Carsten M. haben. Indem wir versucht haben, Anne nach und nach mehr zuzutrauen und Verantwortung abgegeben 51 Welche Empfehlungen würdest du Eltern für den Umgang mit ihren pubertierenden Kindern geben? A uch wenn es den Eltern sehr schwer fällt, sollten sie sich gerade in der Pubertät lieber etwas zurückhalten. Wenn es dem Kid nicht gut geht, kommt es ganz von allein zu den Eltern. Ansonsten ist Pubertät wohl immer ein schwieriges Thema, bei dem Kids und Eltern mehr oder weniger Schwierigkeiten haben. Meine Mum war immer versucht uns zur Selbstständigkeit zu erziehen, auch mit meiner Krankheit. Denn es ist und bleibt meine Krankheit. Mit der ich leben muss. 52 Auswirkung der Pubertät auf die Erkrankung Welche pubertätsbedingten Verhaltensänderungen waren bei Ihrem Kind besonders auffällig? Von Zeit zu Zeit hatte Bianka Probleme damit, die Krankheit zu akzeptieren. Es kamen oft Fragen auf wie: „Warum ich?“. Ich bin ihr mit viel Verständnis begegnet. Wir haben uns oft vor Augen geführt, dass es anderen viel schlechter geht als uns, und sie nicht so gut mit einer Krankheit leben können wie wir mit CED. Margarethe & Edgar M. Mit zunehmendem Alter sind meine Kinder später ins Bett gegangen. Da natürlich Schule etc. trotzdem immer noch gleich früh anfangen, kommt es zwangsweise zu Schlafmangel. Und natürlich ist das nicht gut, wenn der Körper damit beschäftigt ist, zu wachsen, sich zu entwickeln und nebenbei auch noch gegen eine chronische Erkrankung ankämpfen muss. Margit & Frank B. Die Bockigkeit, ihre Medikamente zu nehmen. Tag für Tag hat es ihr immer mehr „gestunken“, mit der Krankheit zu leben. Petra & Carsten M. Noch keine besonders ausgeprägten Änderungen. Eine gewisse Nachlässigkeit stellt sich allerdings ein. Diese betrifft die Einnahme der Medikamente, die gesundheitsbewusste Ernährung, die Rücksicht auf das gedämpfte Immunsystem und die dadurch erhöhte Empfindlichkeit gegen Keime, Erkältungen usw. Yvonne & Dirk F. 53 Die Pubertät ist eine schwierige Zeit, auch für gesunde Kinder. Auseinandersetzungen sind in dieser Zeit normal. Eltern sollten das Streben ihrer Kinder nach Selbstständigkeit und Autonomie unter stützend begleiten. Die berechtigte Sorge von Eltern chronisch kranker Kinder führt oft dazu, dass sie sie vor körperlichen oder emotionalen Belastungen abschirmen (Stichwort: Überbehütung). Das nimmt dem Kind aber ein Stück weit auch die Chance, Strategien zum Selbstständigwerden zu entwickeln und die notwendige Eigenverantwortung, z. B. auch für eine zuverlässige Medikamenteneinnahme, zu akzeptieren. Beginnen Sie möglichst früh, dem Kind schrittweise Verantwortung und kleine Freiräume zu gewähren und geben Sie ihm positive Rückmeldung zu seinen Fähigkeiten. So bildet sich ein gegenseitiges Vertrau en, dass es auch Ihnen ermöglicht, Ihr Kind weiter in die Selbstständigkeit zu entlassen. 54 Bei wem haben Sie in dieser Zeit Unterstützung gefunden? Wir fanden Unterstützung bei einer Jugendtherapeutin in der näheren Umgebung, bei der sich meine Tochter gut aufgehoben fühlte. Margarethe & Edgar M. Caroline hat nach Ausbruch der Krankheit eine Psychotherapie gemacht, in die wir Eltern auch einbezogen waren. Sie war davon nicht begeistert, aber sie hat es anderthalb Jahre durchgezogen, bis sie nach Amerika gegangen ist. Danach kam sie selbstbewusst und voller Lebensfreude zurück. Die Frage nach einer Fortsetzung der Therapie stellte sich nicht. Ob die Unterstützung durch die Therapeutin hilfreich war, kann man nicht einfach beantworten. Geschadet hat sie sicher nicht. Eva & Klaus S. Annika & Udo F. Uns hat die Haunersche Kinderklinik in München sehr geholfen. Seit der Diagnose wird Manuel von einem Kinder- und Jugendpsychologen betreut. Das kommt sehr gut an und ist ihm auch sehr wichtig. Auch wir werden bei Bedarf eingebunden. Im Gespräch ging es anfänglich darum, die Erkrankung zu akzeptieren und zu verarbeiten, dass es vermutlich nie wieder wird wie bisher. Unser Sohn weist wie die meisten Kinder und Jugendlichen mit CED eine ausgeprägte Wachstumsverzögerung auf. Auch hier konnte er mit dem Jugendpsychologen über seine Sorgen und das „Anderssein“ sprechen. Diese Themen beschäftigen ihn auch weiterhin. Auch der durch die Krankheit bedingte Schulwechsel vom Gymnasium auf die Realschule ist ein großes Thema. In Gesprächsrunden mit anderen Kindern erfährt er auch die unterschiedlichen Beweggründe anderer Kinder und Jugendlicher zur Teilnahme an einer psycho-sozialen Therapie. Manuel ist in diesem Kreis der Einzige mit einer chronischen Erkrankung. Das tut ihm gut. Auch gibt es sicher Themen, die ein Jugendlicher eher nicht mit seinen Eltern besprechen möchte – hier hat er die Möglichkeit eben dies zu tun. Yvonne & Dirk F. 55 Petra & Carsten M. Die größte Unterstützung kam von meinen Freunden und der ganzen Familie. Wenn größere Probleme in der Pubertät mit Ihrem Kind auftreten, warten Sie nicht zu lange, sich professionelle Hilfe zu holen. Es gibt Situationen, in denen eine „neutrale“ Person außerhalb der Familie Wunder wirken kann. Die Krankheit bringt in manche Familien eine Dynamik mit Schuldgefühlen auf beiden Seiten: „Habe ich etwas falsch gemacht, dass mein Kind jetzt krank ist?“ auf der einen Seite und „Wegen meiner Krankheit sind meine Eltern oft traurig, haben zusätzlichen Stress usw.“ auf der anderen Seite. Bei den Kindern kommt oft noch Wut, Trauer oder Depression dazu, besonders wenn die Krankheit aktiv ist. Wenden Sie sich an Ihr Behandlungsteam in der Klinik oder an den (Kinder-)Arzt Ihres Vertrauens. Dort kennt man Ihr Kind und die Krankheit und wird Ihnen helfen, eine Jugend- und Elternberatungs stelle (sog. „Erziehungsberatungsstelle“) zu finden. Ziel der Beratung ist es, dass Ihr Kind und Ihre Beziehung zu ihm langfristig durch die psychische Belastung der Krankheit keinen Schaden nehmen. 56 Empfehlungen Margarethe & Edgar M. Am wichtigsten ist das Vertrauen zwischen Eltern und Kind. Lassen Sie Ihrem Kind Freiräume. Oft fährt man mit Zurückhaltung besser. Ein Einschreiten sollte immer gut überlegt sein und nur in dringenden Fällen – die es durchaus gibt – erfolgen. Auch sollte man mit Rückschlägen rechnen. Die volle Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen ist nicht leicht und muss trainiert werden. Man sollte aber sein Kind nicht unterschätzen und ihm etwas zutrauen. Eva & Klaus S. Empfehlen können wir das „Kind“ möglichst bald, gerade wegen der krankheitsbedingten Bindung an die Eltern, zur Selbstständigkeit zu führen. Annika & Udo F. Jutta & Dieter B. Trotz der Krankheit sollte ein normaler Umgang mit der Pubertät stattfinden. Bleiben Sie äußerlich locker und begeleiten Sie Ihr Kind durch die Pubertät mit gezielten „Kurskorrekturen“. Eine Betreuung durch einen Kinder- und Jugendpsychologen ist unerlässlich, allerdings muss das Kind auch freiwillig und gerne hingehen. Hier bietet es sich an, so früh wie möglich damit anzufangen. Yvonne & Dirk F. Das Beste ist, viel Zeit miteinander zu verbringen, Gespräche zu führen und ganz wichtig ist der Zusammenhalt der Familie. Petra & Carsten M. Ich denke, man sollte sich nicht zu viele Gedanken machen. Die Pubertät ist immer eine schwierige Phase, auch bei gesunden Kindern. Ich versuche oft, mich daran zu erinnern, wie ich in diesem Alter war und dass sich der Mensch, Gott sei Dank, doch weiterentwickelt. Klar, bei kranken Kindern macht man sich noch mehr Gedanken, aber sie brauchen die gleichen Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Natürlich muss man noch mehr darauf achten, dass es zu Margit & Frank B. 57 keinem Drogen- oder Alkoholmissbrauch kommt, da sich dies ganz ungünstig auf die Erkrankung auswirken kann und dass Rauchen – zumindest bei Morbus Crohn – absolut nicht geht. Aber da unsere Kinder wissen, wie es ist, wenn es ihnen schlecht geht, und sie das auf keinen Fall wollen, ist es vielleicht sogar leichter, diese Probleme in den Griff zu bekommen als bei gesunden Kindern. 58 Therapietreue Altersbedingte Veränderungen in der Therapietreue Wie viel Verantwortung übernimmt Ihr Kind für die Behandlung? Bianka bereitet sich seit ihrem 15ten Lebensjahr täglich ihre Tabletten selbst vor und nimmt regelmäßig ihre Kontrolltermine war. Margarethe & Edgar M. Caroline ist mit 16 Jahren nach Amerika gegangen und musste ab da die volle und alleinige Verantwortung übernehmen. Da sie unbedingt dahin wollte, gab sie sich auch Mühe. Nach ihrer Rückkehr hat sie allerdings wieder einen kleinen Teil der Verantwortung auf uns übertragen, z. B. das rechtzeitige Bestellen von Medikamenten/Rezepten. Sie hat mit den Jahren immer mehr Einsicht gezeigt und sich auch an die regelmäßige Einnahme und die Kontrolltermine in der Klinik gewöhnt. Am Anfang (mit 14 und 15) ging ich mit Caroline zum Arzt hinein. Mit 16 und 17 saß ich (oder mein Mann) als Unterstützung im Warteraum. Mit 18 wünschte sie sich im Normalfall unsere Begleitung nicht mehr. Inzwischen macht sie ihre Termine auch selbstständig aus. Eva & Klaus S. Im Kindes- und Jugendalter haben wir uns um die ganzen Arzttermine gekümmert und darauf geachtet, dass die Medikamente rechtzeitig und vollständig eingenommen werden. Die volle Eigenverantwortung für seine Behandlung übernimmt unser Sohn etwa seit seiner Volljährigkeit. Annika & Udo F. Wir begleiten Kira zu den Klinikterminen. Bei der Absprache von Therapien liegt die Entscheidung weitgehend bei ihr, da eine Durchsetzung gegen ihren Willen wenig Erfolg verspricht. Zum Beispiel wurde eine Ernährungstherapie (Sondenernährung mit „Astronautenkost“) begonnen, jedoch hat unsere Tochter die Fortführung nach zwei Wochen abgelehnt und würde dieser nicht mehr zustimmen. Jutta & Dieter B. 59 Simon übernahm von Anfang an Verantwortung, die ich altersbedingt überwachen musste. Mit 14 Jahren musste ich für ihn die Termine für Arztbesuche, etc. koordinieren; heute macht er das weitgehend alleine. Heidi M. Mit zunehmendem Alter sollte Ihr Kind Namen und Menge (Dosis) der verordneten Tabletten benennen können. Es sollte wissen, welche Medikamente bei versäumter morgendlicher Einnahme mittags nach der Schule nachgenommen werden müssen (z. B. Kortison). Ältere Kinder und Jugendliche werden in der Regel in den Entscheidungsprozess für oder ge gen den Einsatz von Medikamenten einbezogen und über die wichtigsten Nebenwirkungen aufgeklärt, besonders wenn ihr Verhalten im Alltag betroffen ist (z. B. Sonnenschutz bei Azathioprin, Alkoholunver träglichkeit bei Metronidazol). Aber: Erörtern Sie möglichst nicht Ihre Sorgen über seltene Nebenwirkungen in Gegenwart Ihres Kindes, besonders dann, wenn es keine Alternative zu dieser Medikation gibt. Es besteht das Risiko, dass Ihr Kind aus Angst die Tabletten heimlich wegwirft oder eine starke Aversion entwickelt und unbewusst die Medikamente „vergisst zu nehmen“ oder unspezifi sche Beschwerden entwickelt. Treffen Sie Abspra chen mit Ihrem Kind, wie oft und in welcher Form Sie es an die Medikamenteneinnahme erinnern sollen. Dann führt die Nachfrage meist nicht zu einem Konflikt. 60 Empfehlungen Eva & Klaus S. Viel Geduld und ausprobieren, was beim eigenen Kind hilft. Die Kinder bzw. Jugendlichen sollten frühzeitig in die Entscheidungsfindung über die Therapie einbezogen werden, denn es geht um ihren Körper. Egal, welche Therapie gewählt wird, ist eine wirksame Durchsetzung gegen den Willen des Kindes kaum möglich. Jutta & Dieter B. Das Wichtigste ist es für uns immer gewesen, einen guten Hausarzt zu haben, von dem sich mein Sohn gut betreut fühlt. Das gilt selbstverständlich auch für die Kinderklinik. Kurz auf den Nenner gebracht, bedeutet das, dass die zwischenmenschliche Chemie zwischen Patient und behandelndem Arzt passen muss. Des Weiteren empfehle ich jedem die Mitgliedschaft im DCCV, weil er hier den besten und aktuellsten Erfahrungstausch geboten bekommt. Heidi M. 61 62 Wechsel vom Kinderarzt zum Internisten Probleme beim Arztwechsel Welche Probleme hatten Sie mit dem Arztwechsel und wie sind Sie damit umgegangen? Das erste Problem war schon einmal die Entscheidung, weiterhin in einer Klinik-Ambulanz betreut zu werden oder lieber zu einem niedergelassenen Gastroenterologen zu wechseln. Über ErwachsenenSelbsthilfegruppen haben wir Adressen von niedergelassenen Gastroenterologen bekommen, da uns die Betreuung in einer Klinik-Ambulanz, mit ständig wechselnden Ärzten, für den Wechsel nicht so optimal erschien. Dort wurde mein Sohn sofort wie ein „Erwachsener“ behandelt, d. h. Mama durfte nur mit ins Besprechungszimmer, wenn Sohn das ausdrücklich wollte (er wollte). Während des Gesprächs warf der Arzt nur so mit Fachbegriffen und Fremdwörtern um sich. Mein Sohn wollte natürlich ganz erwachsen wirken und hat nicht nachgefragt, und so musste ich nachher erst einmal „übersetzen“. Nach längerem Hin und Her zwischen diesem Arzt und mehreren Klinik-Ambulanzen ist er jetzt endlich in einer KlinikAmbulanz angekommen, in der er sich gut aufgehoben und von einem sehr netten Arzt auch sehr gut betreut fühlt. Margit & Frank B. Mit dem Arztwechsel hatten wir keine Probleme. Vermutlich auch deshalb, weil der Arztwechsel nicht abrupt verlief, sondern parallel, d. h. intensive Untersuchungen und Behandlungen in der Klinik und laufende Betreuung durch den Internisten. Annika & Udo F. Wir hatten bereits vor der Krankheit vom Kinderarzt zum Hausarzt gewechselt. Für die Behandlung des Morbus Crohn werden wir in der gastroenterologischen Abteilung einer Kinderklinik betreut. Der Wechsel in die Erwachsenentherapie steht erst in ca. einem Jahr bevor. Der Wunsch wäre, dass diese Ärzte sich genauso viel Zeit nehmen, Fragen zu beantworten und Ängste zu nehmen. Jutta & Dieter B. Solange unser Sohn im Uniklinikum betreut wird, ist eine wohltuende Konstanz gegeben. Der erste Wechsel der betreuenden Ärztin war etwas schwierig für ihn, danach hat er sich daran gewöhnt, dass Yvonne & Dirk F. 63 die Ärzte wechseln. Solange das Klinikum und die betreuende Abteilung die gleiche bleibt, gibt es auch keine Probleme. Was danach kommt und wie sich das auswirkt, können wir schwer einschätzen. Wir würden uns einen weichen Übergang wünschen. Was war für dich besonders schwierig beim Wechsel vom Kinderarzt zum Internisten? Auf was sollten andere Betroffene achten? D er Wechsel verlief ziemlich problemlos, die einzige Schwierigkeit, war einen der vielen Internisten zu wählen, was aber im Endeffekt ohne Hindernisse passierte. Das Wichtigste ist, dass der Betroffene sich einen Arzt sucht, der ihm sympathisch erscheint, damit die zukünftigen Arztbesuche leichter fallen. 64 Was glauben Sie war für Ihr Kind in dieser Situation besonders schwierig? Dass wir bei der Arztauswahl keine Mitsprachemöglichkeit hatten. In der Ambulanz war etwa zwei Jahre dieselbe Ärztin zuständig. Danach gab es häufigeren Wechsel, was für Caroline schon belastend war. Zumal man davor darüber nicht informiert wurde und so plötzlich ein fremder Arzt oder eine fremde Ärztin vor einem saß und intime Details abfragte. Eva & Klaus S. Besonders schwierig war für meinen Sohn, sich bei den Ärzten und im Klinikbetrieb auch mal durchzusetzen und sich Gehör zu verschaffen. Das fängt schon bei den Terminen und der Organisation, den Kassenrezepten und den damit verbundenen „Feinheiten“ an und geht bei Therapie-Entscheidungen weiter. Margit & Frank B. 65 Wie binden Sie Ihr Kind in die Auswahl des Arztes oder in die Therapie ein? Wir besprechen einfach alle Möglichkeiten und erwägen das Für und Wider. Letztendlich entscheidet das (bereits erwachsene) Kind. Margit & Frank B. Ich, der Vater, bin ebenfalls Morbus-Crohn-Patient. Daher wurde mein Internist auch für meinen Sohn gewählt. Dominik kannte meinen Internisten eigentlich nicht näher. Da ich aber über die Jahre immer wieder von meinen Arztterminen berichtet und hervorgehoben habe, wie viel Zeit er sich nimmt und gründliche Untersuchungen durchführt, war es für meinen Sohn selbstverständlich, auch dort hinzugehen. Wir hätten aber niemals Druck ausgeübt, da die „Chemie“ zwischen Arzt und Patient stimmen muss. Wenn Dominik den Wunsch hat, einen anderen Arzt zu wählen, kann er das selbstverständlich tun. Annika & Udo F. Yvonne & Dirk F. Wenn es soweit ist, dass er das Uniklinikum verlassen muss, wird er natürlich maßgeblich beteiligt. 66 Wie haben Sie Ihr Kind auf den Arztwechsel vorbereitet bzw. es dabei unterstützt? Meine Tochter befürchtet, dass sie mit dem neuen Arzt nicht so offen reden kann, wie mit dem Kinderarzt, und wünscht sich, dass sie von den jetzigen Ärzten bei der Wahl eines Internisten unterstützt wird. Margarethe & Edgar M. Durch die dramatische Zuspitzung von Carolines Zustand war keine Vorbereitung möglich. Bei den späteren Arztwechseln haben wir immer betont, wie wichtig es ist, in einer guten Klinik mit erfahrenen Ärzten behandelt zu werden. Außerdem gingen wir nach wie vor bei „normalen“ Krankheiten zu unserer Kinderärztin. Eva & Klaus S. Die Vorbereitung auf den Arztwechsel bestand hauptsächlich darin, meinen Sohn dabei zu unterstützen, dass er langsam lernt, seine Kliniktermine selbst zu organisieren und öfter auch alleine wahrzunehmen. Therapie-Entscheidungen wurden in dieser Zeit immer gemeinsam getroffen. Margit & Frank B. 67 Sprechen Sie mit dem Behandlungsteam der kinder gastroenterologischen Ambulanz. Dort wird man Sie beraten, ob Ihr Kind bei einem niedergelassenen Gastroenterologen weiter betreut werden kann oder wegen der Komplexität der Erkrankung besser in einer großen CED-Ambulanz mit der Verfügbar keit verschiedener Spezialisten (Ernährungsteam, Chirurgen, Radiologen) aufgehoben ist. In manchen Kliniken gibt es bereits Transitionssprechstunden für jugendliche CED-Patienten. Die Kompetenz auf dem Gebiet CED ist sicher eine unabdingbare Voraussetzung für die Arztwahl, aber Ihr Kind muss die Ärztin bzw. den Arzt auch sympathisch finden, um Vertrauen fassen zu können. Falls Ihr Kind durch die Ausbildung in eine weiter entfernte Stadt zieht und man Ihnen keinen Arzt in der Nähe empfehlen kann, kann Ihr Kind sich über die DCCV e. V. eine Liste von auf CED spezialisier te Gastroenterologen und Klinikambulanzen geben lassen. 68 Empfehlungen Bei den vielen Arztwechseln, die durch die Organisationsstruktur der Klinik notwendig waren, habe ich stets versucht, die positiven Seiten des neuen Arztes bzw. der Ärztin hervorzuheben. (Kann besser Blut abnehmen, ist freundlich, Experte etc.) Eva & Klaus S. Ich würde allen Eltern empfehlen, ihr gerade erwachsenes Kind auch weiterhin unterstützend zu begleiten. Die Auswahl der künftigen Betreuung ist wirklich schwierig und kann die jungen Erwachsenen schnell überfordern. Außerdem kann ich nur raten, sich mehrere Betreuungsmöglichkeiten anzusehen und sich diejenige auszusuchen, wo sich das Kind am besten aufgehoben fühlt. Es gab da zumindest bei uns sehr große Unterschiede. Da die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen Arzt und Patient, gerade bei diesen chronischen Erkrankungen, wirklich wichtig ist, sollte das schon passen. Dann ist es auch aus Elternsicht viel leichter loszulassen. Margit & Frank B. Zunächst ist es natürlich wichtig, einen Internisten zu finden, der sich in CED auskennt. Von unserem Internisten weiß ich, dass die ärztliche Behandlung von Kindern ganz anders ist, als von Erwachsenen. Darum hat sich unser Arzt in verantwortungsvoller Weise geweigert, Dominik vor Eintritt ins Erwachsenenalter zu behandeln. Man sollte daher dem eigenen Kind vermitteln, dass mit dem Erwachsenwerden auch eine adäquate Betreuung erfolgen muss. Bei der Wahl des Arztes sollte dem Jugendlichen freie Hand gelassen werden. Durch die Krankheit sowieso psychisch belastet, wäre es kontraproduktiv, wenn in diesem Bereich unnötigerweise ein Spannungsverhältnis aufgebaut wird. Der Jugendliche sollte die Möglichkeit haben, mehrere Ärzte „auszuprobieren“. Annika & Udo F. Simon war bei Bekanntwerden der Krankheit bereits 14 Jahre alt und nicht mehr in kinderärztlicher Betreuung. Somit ergaben sich keine Probleme. In der ambulanten Klinik hatte er einmal ein Problem mit Heidi M. 69 einer behandelnden Ärztin. Da hat er ganz offen zur Stationsleitung geäußert, dass er von dieser Ärztin nicht mehr untersucht werden will. Darauf wurde auch eingegangen, und damit war dieses Problem erledigt. Herausgeber klarigo Verlag für Patientenkommunikation oHG Bergstraße 106 a 64319 Pfungstadt www.klarigo.eu Idee und Konzeption klarigo Patricia Martin, Kim Zulauf Die klarigo Verlag für Patientenkommunikation oHG ist bestrebt vollständige, aktuelle und inhaltlich zutreffende Informationen in dieser Broschüre zusammenzustellen. Gleichwohl kann keinerlei Gewähr für die Vollständigkeit, Aktualität oder inhaltliche Richtigkeit der dargestellten Informationen übernommen werden. Sollten Sie Fragen zu medizinischen oder gesundheitlichen Aspekten haben, die in der vorliegenden Broschüre thematisiert werden, oder auf Basis der in der vorliegenden Broschüre enthaltenen Informationen medizinisch oder gesundheitlich relevante Entscheidungen treffen wollen, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder eine sonstige hierfür qualifizierte Auskunftsstelle. Sofern über Quellenangaben oder Empfehlungen für weiter führende Informationen auf andere Druckwerke, Internetseiten oder sonstige Informationsquellen verwiesen wird, haftet die klarigo Verlag für Patientenkommunikation oHG in keiner Weise für dortige Darstellungen. Diese Broschüre oder Auszüge dieser Broschüre dürfen nicht ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form mit elektronischen oder mechanischen Mitteln reproduziert, verarbeitet, v ervielfältigt oder verbreitet werden. Alle Rechte v orbehalten. Fotos Text Heidi M., Annika & Udo F., Jutta & Dieter B., Eva & Klaus S., Margarethe & Edgar M., Margit & Frank B., Yvonne & Dirk F., Petra & Carsten M., Caroline S., Simon M. Titel: ©oleg66_iStock.de, Seite 3: ©oleg66_iStock.de, Seite 4 und 5: ©nekousa_photocase.de, Seite 6 und7: ©Yuri_arcurs _Dreamstime.com, Seite 8 und 9: ©Mr. Nico_photocase.de, Seite 8, 14, 20, 29, 33 und 63: ©AlexAlex_Photocase.de, Seite 9, 24, 46 und 51: ©Helder Almeida_Dreamstime.com, Seite 17: ©Jason Walker_Dreamstime.com, Seite 22: ©Monkey Business Images_ Dreamstime.com, Seite 31: ©Isame_Dreamstime.com, Seite 37: ©Igor Tarasov_fotolia.com, Seite 41: ©Monkey Business Images_Dreamstime.com, Seite 43: ©Anita Patterson Peppers_Dreamstime. com, Seite 49: ©Papa1266_Dreamstime.com, Seite 57: ©Thomas Lozinski_Dreamstime.com, Seite 61: ©Grigor Atanasov_Dreamstime.com, Seite 64: ©Monkey Business Images_Dreamstime.com, Seite 69: ©David Davis_fotolia.com Expertenrat Prof. Dr. Sibylle Koletzko, Haunersches Kinderspital, München © klarigo – Verlag für Patientenkommunikation oHG, Pfungstadt, 3. Auflage, 12/2015 Wir bedanken uns für die Unterstützung durch Dipl.-Psych. 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