kreuzer - Das Leipzig Magazin

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Kultur | Musik | 23.05.2010 | 23:03 Uhr
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Die ganze Bandbreite dessen, was Stimmkunst
ausmacht
11. Internationales Festival für Vokalmusik »a cappella«
begeistert Publikum
Wer es nicht erlebt hat, würde kaum glauben, dass
es funktioniert: Der Große Saal des Gewandhauses
ist ausverkauft, die Bühne ist völlig leer – bis auf
drei einsame Mikrophonständer im Lichtkegel, um
die sich fünf Herren gruppieren, die nicht mehr
mitgebracht haben als ihre Stimmen. Mit denen
bringen sie ihr Publikum zum Jubeln, zum Toben,
zum Feiern. Von der gemessenen Zurückhaltung,
die sonst meist im Gewandhaus waltet, keine Spur.
Blümchen für die Künstler: Abschlusskonzert des
Festivals
Wer es erlebt hat, weiß, es kann sich nur um
amarcord und das »a cappella«-Festival handeln, das gerade vom 15. bis 22. Mai
wieder einmal das Publikum in Scharen angezogen und begeistert hat. Zwischen
Eröffnungs- und Abschlusskonzert im Gewandhaus lag eine prall gefüllte Woche, die
an den verschiedensten Spielstätten von der Thomaskirche über die Moritzbastei bis
zur Schaubühne Lindenfels die ganze Bandbreite dessen, was Stimmkunst
ausmacht, aufbieten konnte.
Klassisch eröffneten die Gastgeber am
Samstagabend mit ihrem »musikalischen
Spaziergang durch das romantische Leipzig« – ein
Heimspiel in jeder Hinsicht. Am Sonntag fand das
zweite Familienkonzert der Festivalgeschichte regen
Zuspruch: Vom Krabbelkind bis zur Uroma war alles
vertreten, um den »Five Gentlemen« und ihren
»Hits der Comedian Harmonists« zu lauschen.
Wobei letzteres sehr flexibel ausgelegt und
Für sie war es ein Heimspiel: amarcord aus Leipzig
gehandhabt wurde, aber Spaß an der mimisch und
gestisch aufbereiteten Gesangskunst der vier
Herren um Gregor Meyer am Klavier hatten erkennbar alle.
Der absolute Kontrast dann am Abend in der Thomaskirche mit dem amerikanischen
Quartett Anonymous 4: Die Sängerinnen faszinierten mit einem unglaublich dichten
und immer wieder meditative Kraft entfaltenden Vortrag von Werken aus dem Codex
Las Huelgas, der im 13.Jahrhundert speziell für Frauenstimmen zusammengestellt
wurde. »So singet, ihr Klosterfrauen, goldenen Nonnen, dazu geschaffen, die Musik
zu pflegen«: Obgleich keine Klosterfrauen, sangen die New Yorkerinnen mit größter
Hingabe und Innigkeit – gleichsam eine Botschaft verkündigend.
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Der Montag gehörte den Zweitplatzierten des
letztjährigen Wettbewerbs: Jazzation aus Ungarn.
Am Dienstag luden die legendären King’s Singers in
die Thomaskirche. »Alte Gesänge und Weisen aus
Georgien« mit dem Anchiskhati Choir gab es am
Mittwoch; schwedischen Pop boten Riltons Vänner
am Donnerstag. Mit Ommm stand am Freitag das
französische Preisträgerensemble des
Wettbewerbes von 2009 auf der Bühne, nachdem
kurz zuvor die diesjährigen Gewinner
Gewinner des Leipzig A CAPPELLA Award: JuiceBox
bekanntgegeben worden waren: Den ersten Platz –
aus Hannover
und damit den Leipzig A CAPPELLA Award – ersang
sich JuiceBox aus Hannover. Zwei zweite Preise vergab die Jury an die Schweden
Voicebox und an Wortart aus Dresden. Der dritte Platz ging an Aquarelle aus
Russland. Erstmals durfte auch das Publikum votieren und entschied sich für das
niederländische Frauenensemble Wishful Singing.
Wie immer bot das Abschlusskonzert am Samstag
nochmals einen Querschnitt durch die
Festivalwoche: Neben den Amarcordlern, die mit
Einblicken in ihre Gesangskunst und mit launigen
Moderationen glänzten, brachten vier weitere
Ensembles das Gewandhaus zum Toben. Die 9
Sänger des Anchiskhati Choir erschienen im
traditionellen georgischen Gewand, mit langen
Mänteln, einem Schwert im Gürtel und derben
Auftritt im traditionellen georgischen Gewand: die 9
Stiefeln. So archaisch wie die Gewandung war auch
Sänger des Anchiskhati Choir
der Gesang: Ursprüngliche Klänge, mit großer
Ernsthaftigkeit und Würde vorgetragen. Zum Schluss erklang ein georgischer Jodler,
entstehend aus einzelnen Zurufen, die sich immer mehr zu einem komplexen
Klanggewebe verdichteten – nicht nur in den Bergen der Schweiz oder Österreichs
muss Kommunikation über große Entfernung möglich gemacht werden ...
Der Kontrast zum nächsten Ensemble hätte nicht größer sein können: Die 5
US-Amerikaner von Rockapella boten eine fetzige Bühnenshow mit einem
unglaublich satten Sound. Dass sie auch ganz leise können, zeigte die unverstärkte
Zugabe. Als absoluter Knaller erwies sich darauf das diesjährige Preisträgerensemble
JuiceBox. Hier von »Nachwuchs« zu reden, verbietet sich angesichts der
unglaublichen Souveränität und Ausstrahlung, mit der die 2 Sängerinnen und 4
Sänger den Saal eroberten: Stimmlich absolut homogen, mit überzeugender
Choreographie, die sich aber nicht in den Vordergrund drängte, locker und
sympathisch lösten sie Beifallsstürme aus. Ganz grandios: der »E-cappella-Song«.
Durchgestylte Bühnenshow und betörende
Frauenstimmen: Riltons Vänner aus Schweden
Da hatten es die nachfolgenden Riltons Vänner
schwer, die brodelnde Stimmung mit ihrem
A-Cappella-Pop weiter anzuheizen. Die 3 Frauen
und 2 Männer aus Schweden boten eine
durchgestylte Bühnenshow und punkteten vor allem
mit den betörenden Frauenstimmen. Nach der
fesselnden Vitalität von JuiceBox wirkte ihre
Perfektion allerdings fast etwas zu glatt. Dennoch:
Großer Jubel für die Schweden – wie anschließend
für alle Mitwirkenden, die unter Standing Ovations
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strahlend ihre Blümchen aus den Händen der Gastgeber in Empfang nehmen
konnten. Sabine Näher
Alle Fotos von Andreas Wendt (DREIECK MARKETING)
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