Es ist Zeit für eine umfassende Mietrechtsreform 2013 Für ein

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Es ist Zeit für eine umfassende Mietrechtsreform 2013 Für ein
Es ist Zeit für eine umfassende Mietrechtsreform 2013
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Es ist Zeit für eine umfassende Mietrechtsreform 2013
Für ein ausgewogenes und zukunftsfähiges Mietrecht.
Die Mietrechtsreform 2013 im Bundesrat
Der Bundestag hat am 13. Dezember 2012 in zweiter und dritter Lesung die in letzter Minute
vom Rechtsauschuss modifizierte Mietrechtsreform der Bundesregierung beschlossen.
Seit Jahren betreibt die Bundesregierung diese Gesetzgebungsvorhaben zur Reform der
Wohnraummiete. Auslöser dazu war der Immobilienverband IVD, der bei einer
Rechtsanwaltskanzlei einen Gesetzentwurf in Auftrag gab.
Bei der Expertenanhörung im Rechtsausschuss im Oktober 2012 entzündete sich an der
Gesetzesvorlage des Bundestages umfassende und fundamentale Kritik. Selbst
Verbandsjuristen der Vermieterseite attestierten dem Gesetzentwurf in mehreren Punkten
Nutzlosigkeit, ja sogar Verfassungswidrigkeit. Dieses ist durch die geringfügigen
Modifikationen des Rechtsausschusses nicht behoben worden.
Dieses Gesetz liegt nun am 01.Februar 2013 dem Bundesrat vor.
Unsere Forderungen:
Es ist an der Zeit, unsinnige, überflüssige, insbesondere verfassungswidrige und sachfremde
Regelungen aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Was übrig bleibt, ist viel zu wenig für ein
modernes und zukunftsfähiges Mietrecht.
So wurden durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den letzten Jahren viele
gesetzgeberische Lücken aufgedeckt, welche die Ausgewogenheit des Mietrechts in Frage
stellen. Auf fast allen Wohnungsmärkten sind im letzten Jahrzehnt dramatische
Entwicklungen zu verzeichnen.
Der Wert des deutschen Mietrechts mit seinen ausgewogenen Mieterschutzregelungen hat
sich gerade in der vergangenen Weltwirtschaftskrise bewährt. In anderen Staaten Europas
gilt das deutsche Mietrecht als Exportschlager. In den letzten drei Jahren hat sich im
Mietrecht und auf den Wohnungsmärkten viel getan. In- und ausländische Investoren
drängen auf den Wohnungsmarkt, um insbesondere in begehrten Lagen Miethäuser in
Wohnungseigentum umzuwandeln und zu immer höheren Kaufpreisen zu verkaufen.
Hierdurch entsteht ein enormer Verwertungsdruck. Z.B. werden Mietgarantien abgegeben,
die die ortsübliche Vergleichsmiete um bis zu 100 % übersteigen. Um die Mieter vor den
Folgen dieses Verwertungsdrucks zu schützen, bedarf eine zukunftsfähige und krisenfeste
Mietrechtsreform daher umfassender Ergänzungen.
Die bundesweite Arbeitsgemeinschaft Alternative Mietervereine, unter Beteiligung der
Berliner Mietergemeinschaft, Mieter helfen Mietern Hamburger Mieterverein, des
Mieterforum Ruhr, des Mieterverein Dortmund und Umgebung, des Mieterverein
Bochum, Hattingen und Umgebung, des MieterInnenverein Witten und Umgebung, der
Mietergemeinschaft Essen, des Mieter/innenschutzverein Münster und Umgebung,
Mieter
helfen
Mietern
Frankfurt,
Mieter
helfen
Mietern
Nürnberger
MieterInnengemeinschaft, und des Mieterladen Hannover unterbreiten konkrete
Vorschläge und fordern die Landesregierungen und den Bundesrat auf, die folgenden
Reformvorschläge im Zuge der Beratungen der Mietrechtsreform umzusetzen.
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1. Neuordnung der Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen
Die gesetzliche Möglichkeit der Kostenumlage gemäß § 559 BGB ist überflüssig, schädlich
und nicht zielführend.
Die Mieten steigen in den letzten Jahren vor allem in den Großstädten und den
Ballungszentren wesentlich stärker als die Einkommen. Vor diesem Hintergrund ist es zu
begrüßen, dass der Gesetzgeber mit der Herabsetzungsgrenze bei Erhöhungen der
Bestandsmieten von 20 auf 15 % zumindest eine vorsichtige Begrenzung dieser
Mietenexplosion erwägt. Allerdings wird damit nichts gegen die horrenden Marktmieten und
der damit einhergehenden Wohnungsnot gerade in den begehrten Innenstadtlagen getan.
Außerdem werden die Mieterhöhungen nach Modernisierung ausgeblendet.
Dem Mieter können nach geltender Rechtslage die vollständigen Kosten einer
Modernisierung aufgegeben werden. Durch die Umlage von 11 % der
Modernisierungskosten pro Jahr rentiert sich die Modernisierung für den Vermieter
spätestens nach gut zehn Jahren. Nach Ablauf dieser Zeit ist der erhöhte Mietzins
Reingewinn für den Vermieter. Obendrein kann er die Miete alle drei Jahre um 15%
anpassen, sofern die Vergleichsmieten dies hergeben. Das ist unsozial und eine einseitige
Benachteiligung der Mieter.
Die Vorschriften zur Erhöhung der Miete in §§ 559ff. BGB (früher § 3 MHG) stammen aus
einer Zeit, als Vermieter sich Geld für eine solche Investitionen noch zu wesentlich höheren
Zinsen leihen mussten als heute. Die Regelung in § 3 MHG beruhte auf der Regelungen der
Kostenmiete im sozialen Wohnungsbau. Die 11%-Umlage kalkulierten sich als 8%
Kapitalmarktzinsen und 3 % Tilgung. Mittlerweile ist das Verhältnis umgekehrt.
Gleichzeitig lässt das Gesetz den tatsächlichen Nutzen der Maßnahmen für den Mieter völlig
außer acht. Auch die aktuelle Mietrechtsreform soll zwar die Energiewende fördern, belastet
aber allein die Mieter mit den daraus erwachsenden Kosten. Der BGH hat in seinem Urteil
vom 3. März 2004 zum Az. VIII ZR 149/03 die Rechtsprechung des Berliner Kammergerichts
und einzelner Landgerichtskammern aufgehoben, wonach eine Mieterhöhung wegen
energetischer Modernisierungsmaßnahmen nur den zweifachen Jahresbetrag der Kosten
der eingesparten Energie betragen darf. Er verweist in seinem Urteil darauf, dass der
Gesetzgeber eine solche Kopplung der Mieterhöhung an die Energieeinsparung „im
volkswirtschaftlichen Interesse an einer Modernisierung des Wohnbestandes“ bewusst nicht
gewollt hat.
In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001
wurde unter Hinweis auf volkswirtschaftliche und umweltpolitische Interessen ausgeführt,
dass ein Anreiz zur Durchführung von Wohnungsmodernisierungen weiterhin erforderlich sei
(BT-Drucks. 14/4553 S. 37, 58). Im Verfahren vor dem Bundesrat nahmen die Ausschüsse
ausdrücklich auf die Grenze von 200%, die sich in der Rechtsprechung bei
Energiesparmaßnahmen herausgebildet habe, Bezug und empfahlen, eine Aufnahme des
Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit zu prüfen (BR-Drucks. 439/2/00, S. 24). Diese
Empfehlung fand jedoch keinen Eingang in das Gesetz. Bei der Reform 2012 wurde diese
zunächst gar nicht erst diskutiert. Erst aufgrund massiver Proteste wurde nun davon Abstand
genommen, auf die Einsparung von Primärenergie abzustellen. Vielmehr kann der Vermieter
nur die Miete nach energetischer Modernisierung erhöhen, wenn er die Endenergie
nachhaltig einspart. Eine Bindung dieser Mieterhöhung an die durch die Maßnahme
eingesparten Energiekosten findet weiterhin nicht statt.
Der Sanierungsrückstand – vor allem in den ostdeutschen Ländern – ist mittlerweile
weitgehend aufgearbeitet. Vielmehr führen die Modernisierungsmieterhöhungen in
Großstädten wie Berlin und Hamburg, in denen die Bestandsmieten und die Angebotsmieten
weit auseinanderfallen, zur Instrumentalisierung der Modernisierungen. Mit ihrer Hilfe können
Bestandsmieten über die ortsüblichen Mieten erhöht und einkommensschwache Mieter
vertrieben werden. So ist es kein Einzelfall, dass in einem Haus im Prenzlauer Berg, in dem
die Miete die Obergrenze des Berliner Mietspiegels bereits erreicht, bei einer Baumaßnahme
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im typischen Gründerzeitaltbau für eine Energieeinsparung durch zusätzliche
Wärmedämmung und den Einbau neuer Fenster bei einer 60 m² großen Wohnung in Höhe
von 14 €/Monat eine Mieterhöhung von 200 €/Monat gerechtfertigt sein kann. Das
Missverhältnis wird sich bei steigenden Baukosten noch erheblich erhöhen. Die Miete wächst
so von 6 €/m² auf 9 €/m² nettokalt und übersteigt damit die ortsübliche Miete um 50 %.
Mieter, die ihr Sonderkündigungsrecht nutzen, ermöglichen durch ihren Wegzug eine
Neuvermietung zu 10 bis 12 €/m², so dass sich die Maßnahme schon in halber Zeit für den
Vermieter rentiert.
Wie das oben genannte Beispiel zeigt, passt die Regelung zur Mieterhöhung aufgrund von
Modernisierungsmaßnahmen nicht in das bundesdeutsche Vergleichsmietensystem. Die
Einführung von energetischen Merkmalen in die Mietspiegel vieler Städte gibt dem Vermieter
genügend Anreiz, die energetische Sanierung seines Wohnungsbestandes voranzutreiben.
Darüber hinaus sollten sich die Vermieter mit der Durchführung von Modernisierungen zuerst
am Bedarf ihrer Mieter und erst dann am Markt orientieren. Im Falle eines übergeordneten
öffentlichen Interesses kann der Staat über das besondere Städtebaurecht regelnd
eingreifen. So kann er die Interessen der Allgemeinheit mit denen der Vermieter und
Mieter in einen vernünftigen Austausch bringen. Dazu wären allerdings auch die
rechtliche Aufwertung und der Ausbau der einschlägigen Vorschriften im BauGB
empfehlenswert. Anreize können darüber hinaus auch durch öffentliche Darlehen gesetzt
werden, die damit sowohl Mietern als auch Vermietern zugute kommen und eine gerechtere
Lösung als die jetzt vorhandene darstellen würden.
2. Überhöhte Mietforderungen unterbinden!
Das Mietrecht des BGB regelt die Pflichten beider Parteien des Mietvertrages, legt die
Bedingungen für Mieterhöhungen fest und schützt Mieter z.B. vor Kündigungen. Das BGB
reglementiert jedoch in keiner Weise die Mietpreise zu Mietbeginn. Hier herrscht der freie
Markt – ein Unding angesichts der Wichtigkeit von Mietwohnungen, die zudem in vielen
deutschen Ballungszentren knapp sind.
Allerdings gibt es § 5 WiStG. Die Vorschrift ahndet überhöhte Mietforderungen und spielt als
Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB auch im Verhältnis Vermieter-Mieter eine Rolle.
Anfang der 90er Jahre konnten Mieter insbesondere in stark nachgefragten Ballungszentren
nach § 5 WiStG i.V.m. §§ 134, 812 BGB Mieten erstattet verlangen, die unter Ausnutzung
eines geringes Wohnungsangebotes überhöht vereinbarte worden waren. Zwei
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs beendeten im Jahr 2004 diese Form des
Mieterschutzes. In den Urteilen vom 28.01.2004, VIII ZR 190/03, und vom 13.04.2005, VII
ZR 44/04, Urteil interpretierte der BGH die Beweislast zu Ungunsten des Mieters, der sich
gegen eine Mietpreisüberhöhung zur Wehr setzt. Dieser muss beweisen, dass er keine
günstigere vergleichbare Wohnung habe anmieten können. Da sich so etwas schlicht nicht
beweisen lässt, ist die Vorschrift seither vollkommen wirkungslos.
Es gibt zwei Möglichkeiten überhöhte Mietforderungen zu reglementieren:
Im BGB selbst wird festgelegt, dass bei Neuvermietungen nur der ortsübliche Mietpreis
verlangt werden darf. Ein Aufschlag von 10 % könnte Rechtssicherheit schaffen und den
Eingriff in die Vertragsfreiheit abmildern. – Eine entsprechende BGB-Norm, die den
Neuvermietungspreis an die ortsübliche Vergleichsmiete koppelt, wäre die einfache
Lösung.
Die zweite indirektere Möglichkeit besteht in einer Neufassung des § 5 WiStG. Ein
komplizierter Weg, denn die Mietvertragparteien sind gezwungen, nach Mietvertragsschluss
über die Gültigkeit der Miete unter nebenstrafrechtlichen Gesichtspunkten zu verhandeln.
Solange aber auch in Zeiten knapper Wohnungsversorgung keine Begrenzungen vorliegen,
wäre die Neufassung dringend erforderlich.
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Ausgangspunkt einer Neufassung des § 5 WiStG muss die Miethöhe sein, d.h. wenn die
verlangte Miete mehr als 20 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, indiziert dieses
eine überhöhte Miete. Diese Indizwirkung ist konsequent, denn es sind kaum Gründe
denkbar, weshalb ein Mieter freiwillig mehr zahlen sollte, als sonst üblich. Im Einzelfall soll
sich der Vermieter bei Vorliegen bestimmter Gründe von dem Vorwurf entlasten können.
Hierzu stehen ihm zwei Gründe zur Verfügung: Er kann beweisen, dass kein geringes
Angebot an vergleichbaren Wohnungen besteht oder er benötigt die Miete, um die Kosten
der Wohnung zu decken.
Eine solche Neufassung wird gerade in Hamburg diskutiert. Voraussichtlich im Frühjahr wird
die Hamburger SPD-Regierung eine entsprechende Bundesratsinitiative einbringen
Angesichts der Mietsteigerungen in Städten wie Hamburg, Köln, Frankfurt, Berlin und
München ist ein schnelles Handeln geboten.
3. Die am 13.12.2012 beschlossenen Neuregelungen zum Zweck der Bekämpfung des
Mietnomadentums sind nutzlos, überflüssig, teilweise verfassungswidrig und
bekämpfen arme Mieter, nicht kriminelle Mieter.
Die Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss, wie auch unzählige Veröffentlichungen
haben dokumentiert, dass zur Bekämpfung von Mietnomaden der Stand der Gesetzgebung
vor dem 13. Dezember 2012 ausreicht.
4. Das Mietminderungsrecht bei Mängeln (§ 536 BGB) muss in der alten Fassung
erhalten bleiben.
Einschränkungen des Mietminderungsrechts nutzen nur dem Vermieter, der alte Heizungen
im Winter ausbaut und erst Wochen später neue Heizungen einbaut. Bei einem
Heizungsaustausch an einem Tag entsteht kein oder nur ein geringes Mietminderungsrecht.
5. Für eine ordentliche Kündigung des Mieters bei Vertragsverletzungen muss eine
Abmahnung als Voraussetzung erforderlich sein.
Nach der Rechtsprechung der BGH (v. 28.11.2007, VIII ZR 145/07) soll bei ordentlichen
Kündigungen trotz der erheblichen Rechtsfolgen eine Abmahnung nicht erforderlich sein.
Dies wird dem Mieterschutz nicht gerecht; im Hinblick auf die Verkürzung der
Kündigungsfristen auch für den Vermieter durch die Mietrechtsreform 2001 und dem Verbot
der Zeitmietverträge und vor allem auch durch die angespannte Wohnungsmarktlage, haben
die Kündigungsfristen der ordentlichen Kündigung an Bedeutung verloren. Von daher muss
auch das Abmahnerfordernis des § 543 Absatz 3 Satz 1 BGB für die ordentliche Kündigung
gelten.
6. Die Heilungsmöglichkeit des Mieters bei einer fristlosen Kündigung wegen
Zahlungsverzuges muss auch bei einer ordentlichen Kündigung aus gleichem Grund
gelten.
§ 569 Absatz 3 BGB sieht vor, dass eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges
unwirksam wird, wenn der Mieter innerhalb einer Frist alles nachzahlt. Außerdem ist dort
bestimmt, dass eine fristlose Kündigung wegen nicht gezahlter Mieterhöhung erst möglich
ist, wenn die Berechtigung zur Mieterhöhung rechtskräftig festgestellt ist und der Mieter den
Erhöhungsbetrag dennoch nicht zahlt Diese Regelung muss auch für ordentliche,
fristgerechte Kündigungen aus dem gleichen Grund gelten.
Diese Neuregelung ist aufgrund der Rechtsprechung des BGH erforderlich geworden. Die
Schonfristregelung bei der fristlosen Kündigung soll verhindern, dass ein Mieter wegen eines
einmaligen Zahlungsverzuges nicht die möglicherweise seit Jahrzehnten bewohnte
Wohnung verliert und obdachlos werden kann. Dieses muss genauso gelten, wenn der
Vermieter statt fristlos mit einer Kündigungsfrist kündigt. Die angeordnete Beschränkung der
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Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters nach einer Mieterhöhung soll die
Entscheidungsfreiheit des Mieters über die Annahme einer Mieterhöhung dadurch
sicherstellen, dass ihm im Falle der rückwirkenden Verurteilung zur Zahlung oder
Zustimmung zu einer erhöhten Miete im gerichtlichen Mieterhöhungsverfahren ausreichend
Gelegenheit bleibt, die während des Verfahrens aufgelaufenen Rückstände zur Vermeidung
einer hierauf gestützten Kündigung zu entrichten. Dieser Zweck wird natürlich unterlaufen,
wenn dies nicht auch für die ordentliche Kündigung gilt.
7. Bei Streitigkeiten über Mieterhöhungen darf der Vermieter nicht vor Abschluss der
gerichtlichen Auseinandersetzung über die Mieterhöhung kündigen.
Der Vermieter kann wegen Mietrückständen, die ihren Grund in streitigen
Mieterhöhungsbeträgen (u.a Mieterhöhungen aufgrund Modernisierung aber auch
Anpassung von Betriebskostenvorschüssen) frühestens zwei Monate nach rechtskräftiger
Verurteilung des Mieters fristlos kündigen. (§ 569 III Nr. 3 BGB).
Diese Regelung soll nach Vorstellung des BGH nicht für die fristgerechten Kündigungen
gelten (BGH v. 10.10.2012, VIII ZR 107/12). Dies entwertet die Vorschrift erheblich.
Rechtsstreite über Mieterhöhungen dauern in der Regel mindestens ein halbes Jahr, oft
allerdings im Instanzenzug wesentlich länger. Die Regelung des § 569 III Nr. 3 BGB soll den
Streit über Mieterhöhungen von Räumungsrechtsstreiten trennen. Dies wird durch die
Möglichkeit der fristgerechten Kündigung entwertet.
§ 569 III Nr. 3 sollte ausdrücklich auch für Kündigungen nach § 573 BGB gelten.
8. Eine ordentliche Kündigung darf erst nach einem Zahlungsrückstand von zwei
Monatsmieten zulässig werden.
Der Vermieter kann selbst dann kündigen, wenn der Mietrückstände keine zwei
Monatsmieten erreicht haben, wie dies in der Regel bei einer fristlosen Kündigung der Fall ist
(BGH v. 10.10.2012, VIII ZR 107/12). Damit wird die Kündigungsmöglichkeiten zu Lasten der
Mieter weiter erleichtert. Es ist hier nicht einzusehen, aus welchem Grunde hier die
fristgerechte Kündigung ohne Heilungsmöglichkeit über die Schonfristzahlung unter
einfacheren Voraussetzungen erfolgen kann als die fristlose Kündigung, deren Folgen durch
Zahlung innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit beseitigt werden könnten.
9. Die gesetzliche Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung wird auf Eigenbedarf zum
Wohnen und auf Verwandte in gerader Linie beschränkt.
Die Aufzählung der Kündigungsgründe in § 573 Absatz 2 BGB ist abschließend, dazu
wird das Wort „insbesondere“ in § 573 II BGB gestrichen.
Zu den Grundsätzen des sozialen Mietrechts gehört, dass ein Vermieter nicht willkürlich,
sondern entweder nur bei einer Pflichtverletzung des Mieters oder bei eigenen berechtigten
Interessen kündigen kann. Zu den berechtigten Interessen gehört, die Wohnung selbst oder
durch nahe Angehörige nutzen zu können. Dieser Kündigungstatbestand muss aus Gründen
der Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter konkretisiert werden. Durch die Rechtsprechung des BGH (v. 05.10.2005, VIII ZR 127/05; 27.01.2010, VIII ZR 159/09; v.
27.01.2010VIII ZR 247/08) ergibt sich eine nicht kalkulierbare Vielzahl von Ausnahmefällen,
welche die Kündbarkeit einer Wohnung für Mieter wie z.B. im Falle eines gewerblichen
Eigenbedarfs bzw. einer Kündigung wegen Wohnbedarfs eines Au-pair-Mädchens
vollkommen unberechenbar machen und sehr streitträchtig sind.
10. Vereinbarungen von Kündigungsausschlüssen für Mieter müssen gesetzlich ausgeschlossen werden.
Ein wesentlicher Bestandteil der Mietrechtsreform 2001 war die Einführung von
asymmetrischen Kündigungsfristen und die Eingrenzung von Zeitmietverträgen, um eine
größere Mobilität von berufstätigen Personen zu ermöglichen.
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Dieses Ziel wird durch die Möglichkeit einen Kündigungsausschluss formularmäßig
zumindest bis vier Jahre, individualvertraglich sogar bis zu 10 Jahren, zu vereinbaren
umgangen (vgl. BGH v. 14.07.2004, VIII ZR 294/03, u.a.) Der Mieter kann sich von dem
Vertrag erst nach Ablauf dieser Fristen lösen. Dies entspricht nicht der gesetzgeberischen
Intention.
Lösung: Verbot eines Kündigungsausschluss zu Lasten des Mieters
11. Bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB (ortsübliche Vergleichsmiete) müssen bei
den Fristen und der Kappungsgrenze auch vorangegangene frei vereinbarte
Modernisierungsmieterhöhungen berücksichtigt werden.
Eindeutig war vor und nach der letzten Mietrechtsreform, dass Mieterhöhungen wegen
Modernisierungen nach § 559 BGB und Betriebskostenanpassungen oder Erhöhungen der
Betriebskostenpauschalen (§ 560 BGB) keinen Einfluss auf die Grundmietenerhöhungen
haben sollen. Dies ist gesetzlich entsprechend geregelt.
Nunmehr hat der BGH dies auch auf Vereinbarungen nach Modernisierung ausgedehnt
(BGH v. 18.07.2007, VIII ZR 285/06; v. 28.04.2004, VIII ZR 185/03). Dies entspricht nicht
dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und führt zu Mietsteigerungen
12. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 II BGB werden
neben Mietpreisveränderungen auch unveränderte Bestandsmieten miteinbezogen.
Die bisherige Kappungsgrenze ermöglicht Mieterhöhungen um ein Vielfaches der
Lohnentwicklung und des Verbraucherpreisindex. Letzterer ist in den letzten Jahren um
durchschnittlich 2 % pro Jahr gestiegen, während die Mieten um 20 % in drei Jahren steigen
durften. Daher ist diese Änderung geboten.
Bei Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden bisher nur Mietverhältnisse
betrachtet, die neu begründet oder deren Miete erhöht wurde. Das gilt auch dann, wenn
solche Mietpreisänderungen nur bei einer Minderheit vorkamen, alle anderen
Mietverhältnisse preisstabil blieben. Damit kann eine kleine Minderheit von Mietverhältnissen
zum Motor einer sachlich nicht gerechtfertigten Mietpreisinflation werden. Die ortsübliche
Miete soll die Mietpreisentwicklung abbilden nicht eine Inflation auslösen, die das Entstehen
von volkswirtschaftlich riskanten Immobilienblasen begünstigt. Daher müssen auch stabil
gebliebene Bestandsmieten berücksichtigt werden.
13. Wohnfläche
Berechnungsgrundlage für die Miete ist die tatsächliche Wohnfläche gemäß der
Wohnflächenverordnung.
Um den verlangten Mietpreis zu rechtfertigen, werden in der Praxis oftmals bereits in den
Wohnungsanzeigen und später im Mietvertrag zu große Wohnflächen angegeben. Die
Abweichung beträgt nach den Erfahrungen der Mietevereine regelmäßig rund 5 %. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Mieter für eine größere als die
tatsächliche Wohnfläche dennoch zahlen, es sei denn, die Abweichung der Wohnfläche liegt
über 10%. Hat der Vermieter z.B. die Wohnfläche in einem Mietvertrag mit 90 m²
angegeben, obwohl die Wohnung lediglich 85 m² groß ist, muss der Mieter Monat für Monat
für fünf Quadratmeter Miete zahlen, die nicht vorhanden sind. Dies macht bei einer
Quadratmetermiete von 10,- € im Monat 50,- €, aufs Jahr gerechnet also 600,- €
Mehrbelastung. Erst wenn die Abweichung mehr als 10 % beträgt – in unserem Beispiel also
mehr als 9 m² Abweichung zwischen vereinbarter und tatsächlicher Wohnfläche - hat der
Mieter das Recht, die Miete entsprechend der tatsächlichen Wohnfläche zu reduzieren.
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Es bleibt aber nicht nur bei den zu viel gezahlten 600,- € im Jahr: Der Vermieter darf auch
die Betriebs- und Heizkosten auf der Basis der unrichtigen Wohnfläche abrechnen. Betragen
z.B. die Betriebskosten monatlich 1,50 € und die Heizkosten 1,00 € pro qm Wohnfläche,
zahlt der Mieter im Beispielsfall monatlich 12,50 € mehr als er müsste, wenn die Wohnfläche
korrekt wäre. Das ergibt im Jahr einen weiteren Mehrbetrag in Höhe von 150,- €, der keine
Vermieterleistung gegenüber steht. Aber damit nicht genug: Der Fehler, die unrichtige
Wohnfläche, wird noch weiter fortgeschleppt. Auch bei Mieterhöhungen – egal ob
Modernisierung-, Vergleichs- oder Indexmietenerhöhung – bleibt es bei der ursprünglich
vereinbarten Wohnfläche. Verlangt der Vermieter nach einer Modernisierung - wie in
Hamburg üblich - beispielsweise 3,00 € pro Quadratmeter für die Wärmedämmung von
Fassade und Dach, beträgt die Mieterhöhung 270,00 € für 90 qm. Für 85 qm wären es 15,00
€ monatlich und aufs Jahr berechnet 180,00 € weniger, Führt man dieses Beispiel weiter,
ergibt sich über die Jahre für die Mieter – oder in zahlreichen Fällen für die Träger der
Grundsicherung – eine Mehrbelastung in Höhe von vielen tausend Euro. Der Gesetzgeber
sollte diese Rechtsprechung, auch im Eigeninteresse, sobald wie möglich korrigieren, damit
die Mieter nur für die Wohnfläche zahlen, die sie auch tatsächlich vom Vermieter erhalten.
14. Heiz- und Betriebskosten
Der Mieter erhält immer, wie bislang nur für Sozialwohnungen gesetzlich geregelt, das
Recht, zur Prüfung von Heiz- und Betriebskostenabrechnungen Kopien der Kostenbelege
übersandt zu erhalten.
Heiz- und Betriebskosten sind längst zur zweiten Miete geworden, aber nur soweit
berechtigt, wie diese korrekt berechnet wurden. Eine Prüfung muss im Interesse von Mietern
und Vermietern schnell und sachgerecht möglich sein. Dieses geht am schnellsten, wenn der
Mieter Kopien der Kostenbelege erhalten kann, die kurzfristig geprüft werden können.
Bei der Abrechnung von Heiz- und Betriebskosten ist immer die tatsächliche Wohnfläche zu
Grunde zu legen und nicht die Vereinbarte. Nur so kann sichergestellt werden, dass jeder
Mieter den Anteil zahlen muss, den er auch zu verantworten hat. Durch die Rechtsprechung
des BGH zur Toleranzgrenze bei Abweichungen von der vertraglichen Wohnfläche, die erst
ab 10 % beachtlich sein soll, vermerken wir in der Beratung immer häufiger, dass Vermieter
bei Neuvermietung eine um 8 bis 9,9 % höhere Wohnfläche angeben, als tatsächlich
vorhanden ist. Das führt zu Verzerrungen bei der Umlage der Betriebskosten zwischen
Neumietern und Bestandsmietern und insbesondere bei vom Eigentümer selbst genutzten
Flächen im Haus zu ungerechten Ergebnissen.