Neuregelungen im Bankrecht (Verbraucherkredit, Zahlungsverkehr

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Neuregelungen im Bankrecht (Verbraucherkredit, Zahlungsverkehr
Neuregelungen im Bankrecht (Verbraucherkredit,
Zahlungsverkehr, AGB-Banken) – ein kritischer
Überblick
München 18. 11. 2010
Vorsitzender Richter am BGH a.D. Dr. h.c. Gerd Nobbe
I. Einleitung
Die Neuregelungen des Verbraucherdarlehensrechts und des Zahlungsverkehrs im Bürgerlichen Gesetzbuch setzen die Richtlinie 2008/48/EG vom 23. April 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der
Richtlinie 87/102/EWG des Rates (Verbraucherkreditrichtlinie; ABl Nr. L 133 S. 66) und
die Richtlinie 2007/64/EG vom 13. November 2007 des Europäischen Parlaments und
des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdiensterichtlinie; ABl Nr. L 319
S. 1) in deutsches Recht um. Das deutsche Umsetzungsgesetz vom 29. Juli 2009 (BGB. I
2355) ist, was die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie angeht, am 31. Oktober 2009
und, was die Verbraucherkreditrichtlinie angeht, am 11. Juni 2010 in Kraft getreten.
Beide Richtlinien schreiben für ihren Geltungsbereich eine Vollharmonisierung vor und
enthalten nur wenige Öffnungsklauseln. Für den Bereich des Zahlungsverkehrs ist das
Prinzip der Vollharmonisierung angesichts des Zwecks der Zahlungsdiensterichtlinie, einen einheitlichen Zahlungsverkehrraum für die Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zu schaffen, und grenzüberschreitende Zahlungen so einfach, vollautomatisch effizient und sicher zu machen wie rein innerstaatliche Zahlungen, ohne weiteres
nachvollziehbar und richtig. Das Vollharmonisierungsprinzip verhindert das gerade beim
deutschen Gesetzgeber beliebte Aufsatteln zusätzlicher nationaler Bestimmungen, das
geeignet ist, zur Segmentierung nationaler Märkte beizutragen.
Die vollständige Harmonisierung des Verbraucherkreditrechts ist nach Erwägungsgrund 9
der Verbraucherkreditrichtlinie angeblich notwendig, „um allen Verbrauchern ein hohes
und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen.“ Es verlangt schon viel Phantasie sich vorzustellen, wieso
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Regelungen über Verbraucherdarlehen für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes
von wesentlicher Bedeutung sein sollen. Der Verbraucherkreditmarkt war bei Verkündung
der alten, jetzt aufgehobenen Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG vom 22. Dezember
1986von 1986 ein nationaler Markt und ist es, jedenfalls was zweckfreie Verbraucherkredite angeht, weiterhin. Bei warengebundenen Verbraucherkrediten mag das in Grenzgebieten, in denen für Verbraucher keine Sprachbarrieren bestehen, anders sein. Davon,
dass eine Verbraucherkreditrichtlinie für das Funktionieren des Binnenmarktes und zur
Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen erforderlich ist, wie es im Erwägungsgrund 4
der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG heißt, kann aber keine Rede sein. Der
Verbraucher befriedigt seine Bedürfnisse oder solche, die er dafür hält, in aller Regel in
seinem lokalen Umfeld. Ein Verbraucher in Hamburg oder München, der einen Kredit für
ein neues Auto benötigt, wendet sich nicht an eine in Paris, London oder Amsterdam ansässige Bank, sondern an ein wohnortnahes Kreditinstitut oder eine in Deutschland ansässige Direktbank. Grenzüberschreitende Aspekte haben Verbraucherkreditgeschäfte
deshalb nur sehr selten. Es reicht danach aus, wenn die Mitgliedsstaaten, was allerdings
notwendig ist, Verbraucher durch nationale gesetzliche Regelungen vor unseriösen Praktiken von Banken und Kreditvermittlern schützen. Schon die aufgehobene alte Verbraucherkreditrichtlinie, die das Prinzip der Mindestharmonisierung verfolgte, verstieß gegen
das Subsidiaritätsprinzip. Für die neue Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG vom 23.
April 2008 gilt dies erst recht; sie ist durch die Kompetenzvorschrift des Art. 95 EGV nicht
gedeckt (Knops in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der
Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 205 ff., 217). Indes ist es müßig, sich darüber aufzuregen.
Die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG gibt es nun mal.
II. Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie
Berücksichtigt werden können aus Zeit- und Raumgründen im Folgenden nur die Umsetzungsregelungen im Kernbereich des Verbraucherdarlehensrechts. Immobiliardarlehensverträge, Regelungen zur Kontoüberziehung, zu Teilzahlungsgeschäften, zu Finanzierungsleasingverträgen und zu verbundenen Verträgen werden allenfalls am Rande behandelt.
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1. Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie und des deutschen Umsetzungsgesetzes
Die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG gilt nach Art. 2 wie bisher bei Beteiligung eines Verbrauchers als Kreditnehmer für Darlehensverträge zwischen 200 und 75.000 €,
Verträge über einen Zahlungsaufschub oder über Finanzierungshilfen, insbesondere Teilzahlungsgeschäfte und Finanzierungsleasingverträge, nicht aber für Arbeitgeberdarlehen,
zinsverbilligte (durchgeleitete) Förderkredite etwa für Wohnungsbau oder Berufsausbildung, Kredite von Pfandleihhäusern, Kredite zur Finanzierung von Finanzinstrumenten,
insbesondere von Wertpapieren sowie Immobiliardarlehen. Das deutsche Umsetzungsgesetz erfasst dagegen auch Darlehen über 75.000 € (§ 491 BGB), Grundpfandkredite (§
503 BGB), Existenzgründungsdarlehen bis 75.000 € (§ 512 BGB), bisher 50.000 € (§ 507
BGB a.F.) sowie Kredite für Wertpapiergeschäfte und zur Renovierung von Gebäuden.
Der deutsche Gesetzgeber setzt damit die Unart fort, Richtlinien über ihren Anwendungsbereich hinaus umzusetzen. Dies ist zwar trotz des Vollharmonisierungsprinzips der
Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG zulässig, da dieses Prinzip nur im Anwendungsbereich der Richtlinie gilt (Ady/Paetz WM 2009, 1061, 1063). Die Richtlinien überschießende Umsetzung hat aber in der Vergangenheit in der Praxis häufiger zu erheblichen
Problemen geführt, wie etwa Abgrenzungsproblemen bei Existenzgründungsdarlehen
oder ungereimten Ergebnissen bei ungesicherten Personalkrediten zur Finanzierung einer vermittelten Immobilienfondsbeteiligun (einem verbundenen Geschäft) einerseits und
Grundschulddarlehen zur Finanzierung zum Erwerb einer vermittelten Eigentumswohnung (kein Verbundgeschäft) andererseits.
Sicherungsrechte wie etwa Bürgschaften fallen weiterhin weder in den Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie noch der verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften
des deutschen Umsetzungsgesetzes. Der Gesetzgeber belässt es damit bei der - von der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - geschaffenen Ungereimtheit, dass ein geistig
und finanziell minderbemittelter Bürge durch die verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften
nicht geschützt wird wohl aber der alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter, der für
seine gewerbliche Tätigkeit aus Haftungsbeschränkungsgründen in den Mantel einer
GmbH geschlüpft ist und für ein „seiner“ GmbH gewährtes Darlehen die Mithaftung übernimmt (st. Rspr., s. nur BGHZ 133, 71, 74 f. = WM 1996, 1258; BGHZ 133, 220, 222 f. =
ZIP 1996, 1657; BGHZ 155, 20, 243 = ZIP 2003, 1494; BGHZ 165, 43, 46 = WM 2006,
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81). Hier ist die Rechtsprechung aufgerufen, diese nicht mehr zu vermittelnde Ungereimtheit zu beseitigen, etwa indem die verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften der §§ 491
bis 502 BGB auf Bürgschaften von Verbrauchern analog angewandt (so Knops in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl.,
2009, § 25 Rdn. 67) oder - besser - auf Schuldbeitritte geschäftsführender Eigen- und
Fremdgesellschafter einer GmbH nicht mehr analog angewandt werden (so Gerd Müller,
Festschrift Nobbe, 2009, S.415, 431 ff.).
Die verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften des deutschen Umsetzungsgesetzes
erstrecken sich der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG folgend auf insgesamt fünf
Bereiche, und zwar die Werbung, die Anbahnung, den Abschluss, die Durchführung und
die Beendigung von Verbraucherdarlehensverträgen.
2. Werbung für Verbraucherdarlehensverträge
Nach § 6a Abs. 1 PAnGV müssen in der Werbung für Kreditverträge mit Zinssätzen und
Kosten in „klarer, verständlicher und auffallender“, also hervorgehobener Weise angegeben werden: Der Sollzinssatz (fest, veränderlich oder kombiniert), der Nettodarlehensbetrag, d.h. den Betrag, auf dessen Auszahlung der Darlehensnehmer einen vertraglichen
Anspruch hat, und der effektive Jahreszins. Diese Angaben sind gemäß Art 4 Abs.2 der
Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG anhand eines Beispiels zu verdeutlichen. § 6a
Abs. 3 PAnGV fordert insoweit eine Beispielsrechnung, die nach dem zu Grunde zu legenden Effektivzins für mindestens zwei Drittel der eingeworbenen Verträge repräsentativ
ist. Damit sind unseriöse Lockvogelangebote mit sehr niedrigen Zinssätzen, die faktisch
kaum einem Verbraucher gewährt werden, unzulässig. Wenn das Kreditinstitut die Gewährung des Darlehens vom Abschluss einer Restschuldversicherung oder einer anderen
Zusatzleistung abhängig macht, ist auch darauf klar und verständlich an gestalterisch
hervorgehobener Stelle zusammen mit dem effektiven Jahreszins hinzuweisen (§ 6a Abs.
4 PAnGV). Ein Verstoß gegen dieser Bestimmungen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§
10 Abs. 2 Nr. 6 PAnGV) und ist wettbewerbswidrig. Die werbende Bank kann deshalb
auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Die Forderung einer Beispielrechnung, die, was den Effektivzins angeht, für zwei Drittel
der eingeworbenen Verträge repräsentativ ist, erscheint zwar auf den ersten Blick sachgerecht. Indes stellt sich die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber unter Missachtung des
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Vollharmonisierungsprinzips europarechtswidrig über Art. 4 Abs. 2 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG, der lediglich ein repräsentatives Beispiel fordert, hinausgegangen
ist (Zweifel äußern die Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 16/11643, S. 278
und Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 634). Offen ist weiter, wie Kreditinstitute die zwei Drittel aller Darlehensnehmer insbesondere bei neuen Kreditprodukten per Prognose ermitteln sollen und welche Daten ihrer Kreditportfolien, die ein Betriebsgeheimnis darstellen,
sie ggfls. offen legen müssen (Rösler/Werner BKR 2009, 1, 2). Indes ist auch darauf hinzuweisen, dass Kreditinstitute diese Schwierigkeiten vermeiden können, indem sie Werbung mit einem repräsentativ nicht gesicherten Effektivzins nicht betreiben.
3. Pflichten bei der Anbahnung eines Verbraucherdarlehensvertrages
Den Schwerpunkt der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG bildet die
Regelung umfangreicher Pflichten der Darlehensvermittler und der kreditgebenden Bank
vor Abschluss des Darlehensvertrages.
a) Informations- und Erläuterungspflichten der Darlehensvermittler
Bereits Darlehensvermittler trifft nach § 655a Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB i.V. mit Art. 247 §
13 Abs. 2 EGBGB vor Abschluss eines Darlehensvermittlungsvertrages eine Pflicht zur
Information über die Höhe der von ihm verlangten Vergütung und etwaiger Nebenentgelte, die Tatsache, ob er für die Vermittlung vom Darlehensgeber ein Entgelt erhält und den
Umfang seiner Befugnisse, insbesondere ob er für einen oder mehrere Darlehensgeber
tätig oder unabhängig ist sowie einer etwaigen vom Darlehensgeber an ihn gezahlten
Provision.
Überdies ist der Vermittler zusätzlich wie ein Darlehensgeber verpflichtet, den Darlehensnehmer insbesondere über den effektiven Jahreszins, den Nettodarlehensbetrag, den
Sollzinssatz einschließlich der Zinsanpassungsbedingungen, die Vertragslaufzeit, Betrag,
Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen, den Gesamtbetrag, und zwar auch bei
endfälligen Darlehen, die Auszahlungsbedingungen, sonstige Kosten, den Verzugszinssatz und dessen Anpassung, das bestehende Widerrufsrecht, das Recht zur vorzeitigen
Rückzahlung des Darlehens, den Anspruch des Darlehensgebers auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung und deren Berechnung sowie die vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten zu informieren und vor Vertragsschluss angemessene Erläuterungen zu
geben (§§ 655a Abs.2 BGB i.V. mit § 491a BGB und Art. 247 § 3 und 4 EGBGB). Das
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Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Darlehensvermittler ist dabei gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB), d.h. die Erfüllung der Informations- und Erläuterungspflicht durch den
Darlehensvermittler lässt auch die entsprechende Pflicht des Darlehensgebers erlöschen
und umgekehrt (PWW/Nobbe, BGB 5. Aufl., 2010, § 655a Rdn. 7.). Die Nichterfüllung
dieser Pflichten führt zu einem Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers aus §
280 Abs. 1 BGB.
b) Informations-, Erläuterungs- und sonstige Pflichten des Darlehensgebers
aa) Informationspflicht
Den Darlehensgeber treffen nach § 491a Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 247 §§ 3 ff. EGBGB,
durch die Art. 5 und 6 der Verbraucherrichtlinie 2008/48/EG umgesetzt werden, äußerst
umfangreiche Informationspflichten im Vorfeld des Vertragsabschlusses, die über die
Pflichten nach der bisherigen BGB-InfoV weit hinausgehen. Die Informationspflichten sind
abhängig von der Darlehensart, d.h. unterschiedlich für normale Verbraucherdarlehensverträge, Immobiliendarlehensverträge und Überziehungskredite. Zu unterrichten ist der
Verbraucher bei „normalen“ Verbraucherdarlehensverträgen nach dem in den Art. 247 § 3
EGBGB ausgelagerten Informationskatalog über mindestens 16 Punkte, und zwar:
Name und postalische Anschrift des Darlehensgebers, die Art des Darlehens, etwa befristetes, endfälliges Darlehen, den effektiven Jahreszins, der anhand eines repräsentativen
Beispiels zu erläutern ist, den Nettodarlehensbetrag, den Sollzinssatz einschließlich der
Zinsanpassungsbedingungen, die Vertragslaufzeit, den Betrag, die Anzahl und die Fälligkeit von Teilzahlungen, außer bei Immobiliardarlehen (§ 503 BGB i.V. mit Art. 247 § 9
EGBGB den Gesamtbetrag bestehend aus Nettodarlehensbetrag und Gesamtkosten zu
erläutern anhand eines repräsentativen Beispiels, die Auszahlungsbedingungen, die
sonstigen Kosten wie etwa Vermittlungskosten, Bearbeitungsgebühren oder Kosten einer
Restschuld- oder Risikolebensversicherung, den Verzugszinssatz und die Art und Weise
seiner Anpassung sowie ggfls. anfallende Verzugskosten, Warnhinweis zu den Folgen
ausbleibender Zahlungen, Hinweis auf das Bestehen eines Widerrufsrechts, Hinweis auf
das Recht des Darlehensnehmers zur vorzeitigen Darlehensrückzahlung, Hinweis auf
sein Recht auf Erteilung eines Vertragsentwurfs und Unterrichtung über eine Datenbankabfrage.
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Zusätzliche Angaben sind, sofern nach dem in Aussicht genommenen Vertrag erheblich,
gemäß Art. 247 § 4 EGBGB erforderlich zu anfallenden Notarkosten, zu stellenden Sicherheiten, zur Vorfälligkeitsentschädigung und ihrer Berechnung und zum Zeitraum der
Bindung des Kreditinstituts an das Vertragsangebot. Bei einem Vertrag mit Restschuldversicherung ist zusätzlich auf deren Kosten hinzuweisen (Art. 247 § 8 Abs. 1 EGBGB).
Bei einem Darlehen mit Tilgungsaussetzung, das mit Hilfe einer anzusparenden Kapitallebensversicherung oder eines Bausparvertrages getilgt werden soll, ist ein klarer und
verständlicher Hinweis erforderlich, dass eine volle Tilgung des Darlehens nicht gewährleistet ist (Art. 247 § 8 Abs. 2 EGBGB). Bei verbundenen Geschäften muss sich die Information außerdem über den Gegenstand des finanzierten Geschäfts und den Barzahlungspreis verhalten (Art. 247 § 12 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB).
Nach Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB hat der Darlehensgeber für die zu erteilenden Informationen zwingend das Muster gemäß Anlage 3 zu § Art. 247 § 2 EGBGB zu verwenden.
Geschieht dies, so wird unwiderleglich vermutet, dass er seine Informationspflicht erfüllt
hat, wenn er das Muster ordnungsgemäß ausgefüllt und dem Darlehensnehmer in Textform (§ 126b BGB) übermittelt hat (Art. 247 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB).
Die Information des Darlehensnehmers hat nach § 491a Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 247 § 1
EGBGB rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages zu erfolgen. Der Gesetzgeber versteht
darunter, dass der Darlehensnehmer ausreichend Gelegenheit hat, die Informationen in
Abwesenheit des Darlehensgebers zu prüfen und mit Angeboten anderer Darlehensgeber
zu vergleichen (BT-Drucks. 16/11643 S. 197; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 636). Dies
erschwert zwar den Abschluss von Darlehensverträgen im Schaltergeschäft, macht ihn
aber nicht unmöglich. Da der Darlehensnehmer nicht gezwungen ist, sich mit den vom
Darlehensgeber zur Verfügung gestellten Unterlagen zu beschäftigen, steht es ihm frei,
ob er die ihm vom Darlehensgeber eröffnete Möglichkeit, die erteilten Informationen in
Ruhe zu prüfen, nutzt, oder den Vertrag sofort nach Erhalt der Informationen abschließt
(Nobbe/Müller-Christmann, Kommentar zum Kreditrecht, 2010, § 491a BGB Rdn. 18).
Die mustergebundene Information erlaubt es Verbrauchern, Kreditprodukte verschiedener
Anbieter relativ leicht zu vergleichen. Ob der damit vom Gesetzgeber verfolgte Zweck,
Darlehensnehmer insbesondere durch Warnhinweise zu den Folgen ausbleibender Zahlungen, etwa die Offenlegung von Lohn- und Gehaltszessionen oder Pfändungsmaßnah-
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men, von einer verantwortungslosen Kreditaufnahme abzuhalten, erreicht wird, erscheint
allerdings angesichts der weitgehend erfolglosen drastischen Warnungen vor Tabakkonsum auf Zigarettenschachteln mehr als zweifelhaft. Der überbordende Umfang der dem
Darlehensnehmer zu erteilenden Informationen erscheint geeignet, viele Verbraucher
davon abzuhalten, die umfangreichen Informationen auch nur zu lesen, geschweige denn
sie zu verarbeiten oder gar mit Kreditinformationen anderer Anbieter zu vergleichen.
Die überaus bürokratisch ausgefallene Regelung der vorvertraglichen Informationspflicht
belastet die Kreditinstitute zwar, stellt sie aber nicht vor schwer zu lösende Aufgaben. Sie
müssen lediglich das vom Gesetzgeber vorgegebene Muster zur Erteilung der Informationen vollständig ordnungsgemäß ausfüllen. Dabei kann ein computertaugliches, teilweise
vorausgefülltes Formular verwandt werden. Nur wenn dieses nicht ordnungsgemäß ausgefüllt wird, kommt ein Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers aus § 280 Abs.
1 BGB in Betracht (Ady WM 2009, 1305, 1309). Die Beweislast für eine Pflichtverletzung
des Darlehensgebers trägt der Darlehensnehmer.
bb) Erläuterungspflicht
Zusätzlich zur Informationspflicht nach § 491a Abs. 1 BGB trifft den Darlehensgeber nach
§ 491a Abs. 3 EGBGB, der Art. 5 Abs. 6 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG umsetzt, in jedem Fall, also nicht nur auf Verlangen des Darlehensnehmers auch noch die
Pflicht, dem Darlehensnehmer vor Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages angemessene Erläuterungen mit dem Ziel zu geben, den Darlehensnehmer in die Lage zu
versetzen, zu beurteilen, ob der angebotene Darlehensvertrag dem von ihm verfolgten
Zweck, d.h. seinen Bedürfnissen, und seinen Vermögensverhältnissen gerecht wird. Dabei sind vom Darlehensgeber, ohne dass den Gesetzgeber insoweit eine abschließende
Aufzählung vorschwebte, ggfls., d.h. soweit bei dem betreffenden Darlehensnehmer erforderlich, die vorvertraglichen Informationen nach § 491a Abs. 1 BGB, die Hauptmerkmale der angebotenen Darlehensverträge, z.B. eine unechte Abschnittsfinanzierung, und
ihre vertragstypischen Auswirkungen auf den Darlehensnehmer einschließlich der Folgen
bei Zahlungsverzug zu erläutern. Zielsetzung des Gesetzgebers ist dabei eine eigene
verantwortungsvolle Entscheidung voll informierter Darlehensnehmer für oder gegen die
Aufnahme eines bestimmten Kredits und damit ein Beitrag zur Prävention gegen eine
Überschuldung weiter Bevölkerungskreise (BT-Drucks. 16/11643 S. 278). Diese Erläute-
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rungspflicht tritt neben die bereits von der Rechtsprechung entwickelten Aufklärungspflichten (Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 638; Hofmann BKR 2010, 232, 234).
Eine solche Erläuterungspflicht ist dem deutschen Recht bisher fremd. Inhalt und Reichweite sind dementsprechend dunkel (Herresthal WM 2009, 1174, 1179) und umstritten.
Ein Teil der Literatur sieht darin quasi eine Beratungspflicht des Darlehensgebers, die
individualisiert anhand der Bedürfnisse und finanziellen Verhältnisse des Darlehensnehmers zu erfolgen hat (Rott VuR 2008, 281, 283 f.; Rösler/Werner BKR 2009, 1, 3; Hofmann BKR 2010, 232, 234; Kulke VuR 2009, 373, 379; Knops in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie,
Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S.
195, 224 f.). Entsprechend den Grundsätzen der anlage- und anlegergerechten Beratung
soll dabei eine Ermittlung der Bedürfnisse des Darlehensnehmers sowie eine Auswahl
des geeigneten Kredit durch den Darlehensgeber eingeschlossen sein; dieser soll sogar
zu einem Hinweis auf die Ungeeignetheit der von ihm angebotenen Kredite für den Darlehensnehmer, nicht aber zu einem Hinweis auf günstigere Konkurrenzprodukte verpflichtet sein (Rott VuR 2008, 281, 284; s. auch Rösler/Werner BKR 2009, 1, 3).
Ein anderer Teil der Literatur ist demgegenüber der Ansicht, den Darlehensgeber treffe
keine Beratungspflicht. Der Darlehensgeber sei insbesondere nicht gehalten, den Darlehensnehmer über einen für seine Zwecke und Einkommens- und Vermögensverhältnisse
optimal zugeschnittenen Darlehensvertrag zu beraten (PWW/Kessal-Wulf, BGB, 5. Aufl.
2010, § 491a Rdn. 13; Fraga Novelle/Wallner in Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen,
2009, Rdn. 195). Nicht der Darlehensgeber, sondern der Darlehensnehmer solle letztlich
beurteilen, ob der angebotene Vertrag der richtige für ihn sei (Fraga Novelle/Wallner in
Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen, 2009, Rdn. 195). Bei der Erläuterung der wesentlichen Vertragsmerkmale dürfe der Darlehensgeber, soweit ihm nichts Entgegenstehendes bekannt sei, vom Kenntnisstand eines durchschnittlichen Darlehensnehmers
ausgehen; besondere Erkundigungs- und Nachforschungspflichten des Darlehensgebers
etwa in Bezug auf die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers bestünden nicht
(PWW/Kessal-Wulf, BGB, 5. Aufl., 2010, § 491a Rdn. 13; Fraga Novelle/Wallner in Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen, 2009, Rdn. 195).
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Nach einer vermittelnden Ansicht, ist der Begriff der Erläuterung zwischen Aufklärung und
Beratung anzusiedeln (Nobbe/Müller-Christmann, Kommentar zum Kreditrecht, 2010, §
491a BGB Rdn. 22; Ady/Paetz WM 2009, 1061, 1066; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 638
f.; s. auch Derleder NJW 2009, 3195, 3199).
Bei der Entscheidung der Streitfrage ist davon auszugehen, dass die Erläuterungspflicht
ein Überbleibsel des Gedankens der verantwortungsvollen Kreditvergabe ist, der dem
Vorschlag der EU-Kommission zur Modernisierung der Verbraucherkreditrichtlinie vom
11. September 2002 zugrunde lag (Ady/Paetz WM 2009, 1061, 1066; Herresthal WM
2009, 1174, 1176). Dieser Vorschlag (abgedruckt in ZBB 2002, 437 ff.) sah in Art. 6 Abs.
3 neben einer Pflicht des Darlehensgebers zur Beratung des Darlehensnehmers die weitere Verpflichtung vor, aus der angebotenen Palette von Kreditprodukten dasjenige und
den Gesamtkreditbetrag auszuwählen, „der sich in Anbetracht der finanziellen Situation
des Verbrauchers, der Vorteile und Nachteile des vorgeschlagenen Produkts und des
Zwecks, dem der Kredit dient, für den Verbraucher am besten geeignet ist.“ Dieser Vorschlag, der eine Zwangsberatung, eine betreuungsähnliche Bevormundung mündiger
Bürger nach intensiver Erforschung ihrer wirtschaftlichen und privaten Verhältnisse und
die Verlagerung der Verantwortung für die Kreditaufnahme auf den Darlehensgeber vorsah (vgl. Nobbe ZBB 2008, 78, 80 ff.), ist vom Europäischen Parlaments zu Recht abgelehnt und in Art. 5 Abs. 6 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG auf die Statuierung
einer Erläuterungspflicht zurechtgestutzt worden. Dem ist bei der Auslegung des § 491a
Abs. 3 BGB Rechnung zu tragen.
Richtig erscheint es deshalb, die Erläuterungspflicht nicht als Beratungspflicht anzusehen. Eine Beratungspflicht des Darlehensgebers setzt einen Beratungsvertrag voraus,
der selbstverständlich weiterhin zulässig ist und (konkludent) zustande kommt, wenn der
Darlehensnehmer eine Beratung wünscht und der Darlehensgeber sich darauf einlässt
oder der Darlehensgeber von sich aus in eine Beratung eintritt. Eine bloße Erläuterung
bleibt hinter einer Beratung zurück; denn sie erfordert weder eine Bewertung der angebotenen Kreditprodukte nach Vor- und Nachteilen für den betreffenden Darlehensnehmer
noch gar eine kreditnehmergerechte Empfehlung eines bestimmten Produkts durch den
Darlehensgeber (Schürnbrand in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche
Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 173, 181; Fraga Novelle/Wallner in Praktiker-
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handbuch Verbraucherdarlehen, 2009, Rdn. 197; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 639). Der
Darlehensgeber darf sich bei der Erläuterung vielmehr darauf beschränken, dem Darlehensnehmer den Vertrag, die wesentlichen Fachbegriffe und Vertragsbedingungen sowie
ihre Auswirkungen, etwa die Reichweite einer Restschuldversicherung verständlich zu
machen, so dass der Darlehensnehmer selbstbestimmt eine sachgerechte Entscheidung
für oder gegen den Abschluss eines bestimmten Kreditvertrages treffen kann. Dabei darf
sich ein Kreditinstitut auf die von ihm angebotenen Kreditprodukte beschränken; Produkte
der Konkurrenz müssen keine Berücksichtigung finden.
Richtig ist allerdings, dass die Erläuterung über die von der Rechtsprechung entwickelten
Pflichten zur Aufklärung hinausgeht. Die Erläuterung soll dem Darlehensnehmer Fachbegriffe wie etwa den effektiven Jahreszins oder den Gesamtbetrag verständlich machen.
Sie ist deshalb fortzusetzen, bis der Darlehensgeber den Eindruck gewinnt, der Darlehensnehmer habe den erläuterten Vertrag und die Vertragsbedingungen verstanden.
Richtig ist weiter, dass mit der vom Gesetz verlangten Darlegung der wesentlichen Elemente und Auswirkungen verschiedener vom Darlehensgeber angebotener Kreditprodukte einzelne Elemente einer Beratung gegeben sind. Denn ebenso wie bei einer anlagegerechten Beratung erfordert die nach § 491a Abs. 3 BGB zu leistende Erläuterung eine
Auswahl der in Betracht kommenden Kreditprodukte und eine vollständige und richtige
Produktinformation unter Darlegung der Auswirkungen und Risiken des Produkts. Nicht
umfasst die Erläuterungspflicht dagegen eine kreditnehmergerechte Beratung unter Berücksichtigung zuvor ermittelter personenspezifischer Merkmale des Darlehensnehmers
wie etwa seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse, seine laufenden Zahlungspflichten und seine Ziele (a.A. Tonner in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum
deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., 2009, § 4 Rdn. 29; Rösler/Werner BKR
2009, 1, 3; Kulke VuR 2009, 373, 379 f.; Ady/Paetz WM 2009, 1061, 1066 f.). Das folgt
schon aus dem Wortlaut des § 491a Abs. 3 BGB, der gezielt nur eine Erläuterung der
vertragstypischen Merkmale vorschreibt. Die Erläuterungspflicht ist insoweit rein produktbezogen (Schürnbrand in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung
der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 173, 180 f.; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 639; Herresthal WM 2009, 1174, 1178). Der Darlehensgeber muss insbesondere nicht prüfen, ob
der vom Darlehensnehmer verfolgte Zweck sinnvoll ist (Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633,
639).
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Die Erläuterung durch den Darlehensgeber ist danach inhaltlich abhängig von der Komplexität der angebotenen Kreditprodukte, dem Inhalt der Vertragsklauseln und den Verständnismöglichkeiten des Darlehensnehmers. Der Darlehensgeber darf grundsätzlich
von der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Darlehensnehmers ausgehen.
Die Erläuterung der einzelnen Kreditprodukte kann deshalb ähnlich wie bei den Basisinformationen zu Wertpapieranlagen Kosten sparend grundsätzlich auch schriftlich durch
Mustererläuterungen erfolgen. Erst wenn diese dem Darlehensgeber erkennbar, z.B. aufgrund von Rückfragen des Darlehensnehmers, nicht ausreichen, ist eine ergänzende
mündliche
oder
fernmündliche
Erläuterung
geboten
(Schürnbrand
in
Haber-
sack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie,
Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S.
173, 182 f.; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 639; Herresthal WM 2009, 1174, 1178; Hofmann BKR 2010, 232, 235; a.A. Knops in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der
Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 195, 224; Rösler/Werner BKR 2009,
1, 3; Kulke VuR 2009, 373, 379).
Wenn eine Bank erkennt, dass sich ein Darlehensnehmer trotz ordnungsgemäßer Erläuterung der angebotenen Kredite für ein für seine Zwecke nicht geeignetes Kreditprodukt
entscheiden will, etwa weil er Steuer sparen will, muss sie ihn weder auf seine Fehleinschätzung noch darauf hinweisen, dass sich die von ihm gewählte Finanzierungskonstruktion nicht rechnet, noch gar auf ein günstigeres Kreditprodukt (Fraga Novelle/Wallner
in Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen, 2009, Rdn. 195; Herresthal WM 2009, 1174,
1180; a.A. (unhaltbar) Hofmann BKR 2010, 232, 236 f.). Auch muss sie ihn nicht darauf
hinweisen, wenn sie den Darlehensnehmer nicht für kreditwürdig hält und den Kredit nur
mit Rücksicht auf gestellte Sicherheiten gewährt (Herresthal WM 2009, 1174, 1177; a.A.
Hoffmann BKR 2004, 308, 312; Rott WM 2008, 1104, 1108). Dies gilt allerdings nicht,
wenn zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer ein besonderer Beratungsvertrag geschlossen worden ist, was selbstverständlich auch nach Umsetzung der
Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG zulässig ist.
Im Einzelfall wird die Frage, ob ein Kreditinstitut sich auf eine bloße Erläuterung beschränkt hat oder in eine kreditnehmergerechte Beratung eingetreten ist, ebenso schwer
13
zu beantworten sein wie die Frage, ob die vom Kreditinstitut geleistete Erläuterung ausreichend war. Hier wird Arbeit auf die Gerichte im Zusammenhang mit der Frage zukommen, ob der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer wegen Verletzung der Erläuterungspflicht aus § 491a Abs. 3 BGB oder der Beratungspflicht aufgrund eines geschlossenen Beratungsvertrages nach § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig ist. Die
Pflichtverletzung hat auch hier der Darlehensnehmer darzulegen und zu beweisen.
cc) Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers
Zur Umsetzung der in Art. 8 Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG enthaltenen Verpflichtung des Darlehensgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmer hat der deutsche Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 KWG für Kreditinstitute bestimmt, dass
sie die Kreditwürdigung des Darlehensnehmers vor Abschluss des Darlehensvertrages
oder einer erheblichen Erhöhung des Nettodarlehensbetrages zu prüfen haben. Nur für
den Bereich der entgeltlichen Finanzhilfen, d.h. Finanzierungsleasingverträge und Teilzahlungsgeschäfte, bei denen der Geschäftspartner des Verbrauchers in aller Regel nicht
der öffentlich-rechtlichen Aufsicht der Bafin unterliegt, ist die Pflicht zur Prüfung und Bewertung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zivilrechtlich in § 509 BGB geregelt.
Ausweislich der systemgerechten Verortung der Pflicht von Kreditinstituten zur Prüfung
der Bonität des Darlehensnehmers in der bankaufsichtsrechtlichen Bestimmung des § 18
KWG und der Gesetzesmaterialien handelt es sich eindeutig um eine im Interesse der
Einleger und im öffentlichen Interesse zu erfüllende Pflicht (BT-Drucks. 16/11643 S. 150).
Die Pflicht, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Darlehensnehmer wahrscheinlich in
der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nachzukommen.
kann durch Einholung einer Selbstauskunft des Darlehensnehmers und einer SchufaAuskunft erfüllt werden. Eine Schutzwirkung zugunsten des Darlehensnehmers hat § 18
KWG unbestritten nicht (BGH WM 1989, 595, 597; OLG Dresden WM 2003, 1802, 1806;
MünchKomm/Berger,
BGB,
5.
Aufl.,
2008,
vor
§
488
Rdn.
70;
Gießler
in
Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, 2009, § 18 Rdn. 10 f.; Herresthal WM
20091174, 1175). Verstöße von Kreditinstituten lösen deshalb nach dem klaren Willen
des Gesetzgebers keinen Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers aus § 280
Abs. 1 BGB aus (PWW/Kessal-Wulf, BGB, 5. Aufl., 2009, § 509 Rdn. 1; Schürnbrand in
Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag
14
2009, S. 173, 184; ders. ZBB 2008, 383, 388 f.; Rösler/Werner BKR 2009, 1, 3; Wittig/Wittig ZInsO 2009, 633, 639 f.; Herresthal WM 2009, 1174, 1178; Derleder NJW 2009,
3195, 3199). Die unhaltbare Gegenmeinung (Knops in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig,
Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 195, 223; Ady/Paetz WM
2009, 1061, 1067) startet den durchsichtigen Versuch, eine beschränkte Pflicht der Kreditinstitute zur sog. verantwortlichen Kreditvergabe, bei der es sich bei Licht besehen um
die Verhinderung einer verantwortungslosen Kreditaufnahme durch Verbraucher handelt
und der das Europäische Parlament eine Absage erteilt hat, durch die Hintertür doch
noch einzuführen. Auch von einem Umsetzungsdefizit kann insoweit entgegen Hofmann
NJW 2010, 1782, 1785 keine Rede sein. Art. 8 Abs. 2 der Verbraucherrichtlinie
2008/48/EG überlässt die Ausgestaltung der Sanktionen, die nach Art. 23 wirksam, verhältnismäßig und - so wörtlich - abschreckend sein müssen, bei Verstößen gegen die
Prüfungspflicht dem innerstaatlichen Recht, verlangt aber kein Individualrecht des Darlehensnehmers (Herresthal WM 2009, 1174, 1176, 1178).
Die Beantwortung der Frage, ob eine Verletzung des § 509 BGB zu einem Schadensersatzanspruch des Verbrauchers aus § 280 Abs. 1 BGB führt (dafür: Schürnbrand in Die
zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung
der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 173, 184; Ady/Paetz WM 2009,
1061, 1067; Derleder NJW 2009, 3195, 3200; dagegen Palandt/Weidenkaff, BGB, 69.
Aufl., 2010, § 509 n.F. Rdn. 1; PWW/Kessal-Wulf, BGB, 5. Aufl., 2010, § 509 Rdn. 1) ist
streitig, für Kreditinstitute, die der Finanzaufsicht der Bafin unterliegen, aber nicht von Interesse. Eine unterschiedliche Behandlung von Unternehmen, die der öffentlichrechtlichen Finanzaufsicht unterliegen und solchen, bei denen das nicht der Fall ist, ist
jedenfsalls durch einen sachlichen Grund (Art. 3 Abs. 1 GG) gerechtfertigt; denn die Bafin kann nur gegen Kreditinstitute, die eine Prüfung und Bewertung der Kreditwürdigkeit
des Darlehensnehmers nicht oder nicht ordnungsgemäß vornehmen, vorgehen (Schürnbrand in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 173, 184; a.A. Ady/Paetz WM 2009, 1061, 1067; Derleder NJW 2009,
3195, 3200).
15
dd) Pflicht zur Erteilung eines Vertragsentwurfs
Nach § 491a Abs. 2 BGB hat der Darlehensnehmer bei Verlangen außerdem einen Anspruch auf unentgeltliche Erteilung eines Vertragsentwurfs, wenn der Darlehensgeber
abschlussbereit ist. Dieser Anspruch besteht selbständig neben der Informationspflicht
des Darlehensgebers nach § 491a Abs. 1 BGB).
4. Pflichten bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages
Der Verbraucherdarlehensvertrag muss - wie bisher - nach § 492 Abs. 1 und 2 BGB
schriftlich abgeschlossen werden und alle Angaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB
enthalten, über die der Darlehnsnehmer nach § 491a Abs. 1 BGB weitgehend bereits vor
Abschluss des Darlehensvertrages zu informieren war (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1. i.V. mit
Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 14 EGBGB sowie Art. 247 § 7 EGBGB). Zusätzlich muss der
Vertrag den Namen des Darlehensnehmers, die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde, einen Hinweis auf das Recht des Darlehensnehmers, einen Tilgungsplan
verlangen zu können, Angaben zum Verfahren bei der Kündigung des Vertrages und alle
weiteren Vertragsbedingungen enthalten (Art. 247 § 6 Nr. 2 bis 6 EGBGB). Bei verbundenen Verträgen und Verträgen mit Zusatzleistungen etwa Darlehensverträgen, die mit
Hilfe einer Kapitallebensversicherung zu tilgen sind, sind weitere Angaben erforderlich
(Art. 247 § 8 und § 12 EGBGB).
Die Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Form oder bei unterbliebenen Angaben entsprechen weitgehend dem bisherigen Recht. Der Verbraucherdarlehensvertrag ist unwirksam (§ 494 Abs. 1 BGB), der Mangel wird aber geheilt, wenn der Darlehensnehmer
das Darlehen empfängt oder in Anspruch nimmt (§ 494 Abs. 2 Satz 1 BGB). Jedoch ermäßigt sich der Sollzinssatz für die gesamte Vertragslaufzeit auf 4 %, wenn die Angabe
des Sollzinssatzes, des effektiven Jahreszinses oder des Gesamtbetrages fehlen (§ 494
Abs. 2 Satz 2 BGB). Nicht angegebene Kosten können nicht verlangt (§ 494 Abs. 4 Satz
1
BGB, nicht aufgeführte Sicherheiten bei Darlehensverträgen mit einem Nettodarle-
hensbetrag bis 75.000 € einschließlich nicht gefordert werden (§ 494 Abs. 6 Satz 2 und 3
BGB). Fehlen Angaben zur Laufzeit oder zum Kündigungsrecht, kann der Darlehensnehmer den Vertrag jederzeit ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung kündigen
(§ 494 Abs. 6 Satz 1 BGB).
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Der Verbraucherdarlehensvertrag muss ferner eine Belehrung über das Recht des Darlehensnehmers nach § 495 Abs. 1 BGB enthalten, die Darlehensvertragserklärung binnen
14 Tagen zu widerrufen (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Wird die Widerrufsbelehrung dem
Darlehensnehmer erst nach Abschluss des Vertrages erteilt, beträgt die Widerrufsfrist
einen Monat (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Die nach § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB i.V.
mit Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB als Pflichtangabe in den Darlehensvertrag aufzunehmende muss auch über den Fristbeginn, die Umstände für die Erklärung des Widerrufs und
die Verpflichtung zur Rückzahlung eines bereits ausgezahlten Darlehens und die Vergütung der Zinsen unter Angabe des täglichen Zinsbetrages informieren. Nach § 495 Abs. 2
Nr. 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist nicht vor Vertragsschluss, was nach bisherigem
Recht streitig war, und nicht bevor dem Darlehensnehmer eine Vertragsurkunde oder
seiner schriftlicher Darlehensantrag mindestens in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§
355 Abs. 3 Satz 2 BGB).
Neuerdings hat der Gesetzgeber nach Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie
2008/48/EG mit Gesetz 24. Juli 2010 (BGBl. I S. 977), das am 30. Juli 2010 in Kraft getreten ist, eine „Musterwiderrufsinformation“ für Verbraucherdarlehensverträge entwickelt
und in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form den gesetzlichen Vorgaben der Pflichtangabe
entspricht. Die Musterwiderrufsinformation hat damit Gesetzesrang und ist nach Maßgabe des § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB mit einer Gesetzlichkeitsfiktion ausgestattet. Darlehensgeber, die diese Musterwiderrufsinformation verwenden, sind deshalb, was die Widerrufsbelehrung angeht, künftig aller Sorgen ledig.
Diese Regelung ist im Interesse der Rechtssicherheit sehr zu begrüßen. Sie beendet die
vielen Streitigkeiten über die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufbelehrung. Diese waren von der Rechtsprechung so hochgeschraubt worden, dass sie vom
Darlehensgeber und nicht einmal vom Verordnungsgeber ohne weiteres zu erfüllen waren, wie der Streit über die Gesetzeskonformität der als Anlage 2 zu § 14 InfoV von der
Ministerialbürokratie entworfenen, mehrfach nachgebesserten Musterwiderrufsbelehrung
gezeigt hat (s. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., 2010, § 14 BGB-InfoV Rdn. 5;
OLG Frankfurt NJW-RR 2010, 637; LG Halle WM 2007, 119; LG Münster WM 2006, 121).
Darlehensnehmer hatten deshalb in der Vergangenheit häufiger Gelegenheit, eine versehentlich nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu nutzen, um sich unter Widerruf
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des Darlehensvertrages schlanken Fußes vom Acker zu machen. Insbesondere bei verbundenen Verträgen war dies sehr beliebt, da der Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages auf das finanzierte Geschäft durchschlägt (§ 358 Abs. 1 BGB).
§ 359a BGB weitet die Widerrufsrechte bei verbundenen Verträgen aus. Danach ist § 358
Abs. 1 und 4 BGB entsprechend anzuwenden, d.h. der Verbraucher ist beim Widerruf
eines finanzierten Kaufvertrages auch an den Verbraucherdarlehensvertrag unabhängig
von einer kausalen Verknüpfung nicht mehr gebunden, wenn die gekaufte Ware im
Verbraucherdarlehensvertrag genau angegeben ist. Voraussetzung für den Widerrufsdurchgriff ist allerdings, dass der Vertragsgegenstand exakt konkretisiert wird, etwa durch
Angabe des Kennzeichens eines gekauften Pkw; die Angabe „Auto“ reicht nicht (Rösler/Werner BKR 2009, 1, 4; Derleder NJW 2009, 3195, 3200). Durch die Streichung des §
358 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BGB im bereits angesprochenen Gesetz vom 24. Juli 2010 wird
neuerdings außerdem sichergestellt, dass der Verbraucher wahlweise den finanzierten
Vertrag oder den Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen kann und der Widerruf auch
den jeweils anderen Vertrag ergreift (Bülow NJW 2010, 1713).
Nach Vertragsschluss hat der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine Abschrift des
Vertrages zur Verfügung zu stellen (§ 492 Abs. 3 Satz 1 BGB).
5. Informationspflichten während des Verbraucherdarlehensvertrages
Bei unechten Abschnittsfinanzierungen hat der Darlehensgeber den Darlehensnehmer
spätestens drei Monate vor Auslaufen der Zinsbindung mitzuteilen, ob er zu einer neuen
Sollzinsbindungsabrede bereit ist und welcher Sollzinssatz im Zeitpunkt der Unterrichtung
angeboten werden kann (§ 493 Abs. 1 BGB). Diese Regelung wurde bereits durch das
Risikobegrenzungsgesetz vom 12. August 2008 (BGBl. I S. 1666) in das BGB eingefügt.
Bei einer echten Abschnittsfinanzierung hat der Darlehensgeber den Darlehensnehmer
ebenfalls drei Monate vor Ablauf des Verbraucherdarlehensvertrages zu unterrichten, ob
er zur Fortführung des Kredits bereit ist. Wenn das der Fall ist, muss die Unterrichtung
die in diesem Zeitpunkt gültigen Pflichtangaben des Darlehensvertrages nach § 491a
BGB enthalten.
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Die Neuregelungen, die weitgehend der bisherigen Bankpraxis entsprechen, sind als eine
Art Weckruf sinnvoll, um verschlafene oder unbekümmerte Verbraucher darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich um das aufgenommene Verbraucherdarlehen kümmern
müssen.
Bei variablen Darlehen sind die in Art. 247 § 15 EGBGB genannten Angaben über den
angepassten Sollzinssatz, die angepasste Höhe der Teilzahlungen und eine etwaige Änderung von Zahl und Höhe der Teilzahlungen gegenüber dem Darlehensnehmer zu machen, sonst wird die Zinsänderung nicht wirksam. Eine Lösung der umstrittenen Fragen
der AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Zinsanpassungsklauseln bieten weder die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG noch das deutsche Umsetzungsgesetz.
6. Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrages
a) Kündigung
Die Kündigungsrechte von Darlehensgebern und Darlehensnehmern regelt das Gesetz
in Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG unterschiedlich. Der Darlehensgeber hat bei befristeten Verbraucherdarlehensverträgen kein ordentliches Kündigungsrecht; bei unbefristeten Verträgen muss die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate betragen (§ 499 Abs. 1 BGB).
Der Darlehensnehmer kann unbefristete Verbraucherdarlehensverträge jederzeit ordentlich ohne Einhaltung einer Frist kündigen (§ 500 Abs. 1 Satz 1 BGB). Allerdings ist die
Vereinbarung einer Kündigungsfrist bis zu einem Monat auch formularmäßig zulässig (§
500 Abs. 1 Satz 2 BGB). Für befristete Darlehensverträge bleibt es zwar bei der bisherigen Regelung des ordentlichen Kündigungsrechts in § 489 BGB. Da dieser auf die Laufzeit des Vertrages und nicht auf die Zinsbindung während einer bestimmten Zeit abstellt,
ist auch bei unechten Abschnittsfinanzierungen, bei denen ein bestimmter Rückzahlungstermin nicht angegeben, sondern nur eine Zirkalaufzeit genannt ist, ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers auch während der Festzinsperiode
gegeben (Ady WM 2009, 1305, 1307). Zahlt der Darlehensnehmer das gekündigte Darlehen nicht binnen drei Wochen zurück, gilt die Kündigung nach der sinnvollen Regelung
des § 489 Abs. 3 BGB als nicht erfolgt.
19
Die Regelungen zum außerordentlichen Kündigungsrecht (§ 490 BGB) sind inhaltlich unverändert geblieben.
Neu ist die in § 500 Abs. 2 BGB enthaltene Regelung, dass der Darlehensnehmer seine
Verbindlichkeit aus einem Verbraucherdarlehensvertrag auch bei einem befristeten Vertrag jederzeit ganz oder teilweise erfüllen kann. Dies führt allerdings nach § 502 Abs. 1
Satz 1 BGB zu einem verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch (Ady WM
2009, 1305, 1309) des Darlehensgebers auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung,
wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem bei Vertragsschluss vereinbarten gebundenen Sollzinssatz schuldet. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist gedeckelt auf ein Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrages, beziehungsweise, wenn die Rückzahlung weniger als ein Jahr vor der Fälligkeit erfolgt, auf 0, 5 Prozent und darf außerdem den Betrag der Sollzinsen nicht überschreiten, den der Darlehensnehmer im Zeitraum der vorzeitigen Rückzahlung entrichtet hätte (§ 502 Abs. 1 Satz
2 BGB). Die Deckelung ist aus sozialen Gründen erfolgt und führt im Ergebnis dazu,
dass in der Praxis nur Entschädigungsbeträge von maximal 100 € anfallen (Ady/Paetz
WM 2009, 1061, 1069). Sie gilt nicht im Falle einer außerordentlichen Kündigung des
Darlehensvertrages wegen einer Pflichtverletzung des Darlehensnehmers
Bei einer unechten Abschnittsfinanzierung besteht der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung in der Regel nur für den ersten Abschnitt, denn § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB
verlangt, dass der Zinssatz bereits bei Vertragsschluss fest vereinbart ist (Ady WM 2009,
1305, 1309). Die Vorfälligkeitsentschädigung entfällt ganz, wenn die Rückzahlung aus
einer vertraglich vereinbarten Versicherung (Tilgungsersatzmittel) geleistet wird oder
wenn die Angaben im Kreditvertrag zu Laufzeit, Kündigungsrechten oder zur Berechnung
der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind (§ 502 Abs. 2 BGB).
Für Immobiliardarlehensverträge gilt dies alles nicht (§ 503 Abs. 1 BGB), es bleibt vielmehr bei den bisherigen Regelungen in § 490 Abs. 2 BGB.
III. Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie
Die
Zahlungsdiensterichtlinie
dient
der
Schaffung
eines
einheitlichen
Euro-
Zahlungsraumes, die Single Euro Payment Area (SEPA), als komplementäre Ergänzung
zur einheitlichen Währung. Damit sollen im Europäischen Wirtschaftsraum vor allem das
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Tempo, die Zahlungsinfrastruktur, die kostengünstige Effizienz und die Sicherheit des
grenzüberschreitenden, aber auch des inländischen Zahlungsverkehrs gesteigert werden.
Die Zahlungsdiensterichtlinie erfasst systematisch alle Formen des Zahlungsverkehrs mit
Ausnahme des Scheckverkehrs, also den Überweisungsverkehr einschließlich onlineBanking, den Lastschriftverkehr, Debit- und Kreditkartenzahlungen, aber auch Bareinund auszahlungen und die Ausgabe und Nutzung von elektronischem Geld (§ 675c
BGB). Eine Harmonisierung des Scheckverkehrs, der in Deutschland anders als etwa in
Frankreich oder Großbritannien kaum noch eine Rolle spielt, war nicht notwendig, da die
nationalen Scheckgesetze im Europäischen Wirtschaftsraum auf internationalen Abkommen zum Scheckrecht von 1933 beruhen und bereits harmonisiert sind.
Die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie ist in Deutschland in zwei verschiedenen
Gesetzen erfolgt, dem Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der
Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz) vom 26. März 2009 (BGBl.
I 1506) mit dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) als Kern sowie durch das Gesetz
zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienstrichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2355). Berücksichtigt wird hier nur das letztgenannte
Umsetzungsgesetz, das am 31. Oktober 2009 in Kraft getreten ist und die Kreditwirtschaft
genötigt hat, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere zu Überweisungen,
Lastschriften, Online-Banking und Kartenzahlungen zu ändern.
Das Umsetzungsgesetz vom 29. Juli 2009 enthält in § 675d Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 248
§§ 1 bis 16 EGBGB zunächst einmal allgemeine Vorschriften insbesondere über umfangreiche vertragliche und vorvertragliche Informationspflichten von Zahlungsdienstleistern
insbesondere betreffend die Nutzung des Zahlungsdienstes, Entgelte, Zinsen, Wechselkurse, Konditionenänderungen, das anwendbare Recht und das zuständige Gericht (Art.
248 § 4 EGBGB), alsdann in § 675f bis § 675i BGB Bestimmungen zum Zahlungsdienstevertrag, insbesondere dem Girovertrag, der als Zahlungsdiensterahmenvertrag
bezeichnet wird, und in einem dritten Kapitel detaillierte Regelungen zur Erbringung und
Nutzung von Zahlungsdiensten (§§ 675j bis § 676c BGB).
Entsprechend dem Modell der Zahlungsdiensterichtlinie, die dem Vollharmonisierungsansatz gehorchend im Prinzip 1:1 umgesetzt wird, ist das Umsetzungsgesetz nicht nach den
21
einzelnen Zahlungsverkehrsarten gegliedert. Es regelt insoweit vielmehr übergreifend
einzelne Abwicklungsabschnitte wie z.B. die Autorisierung und die Ausführung von Zahlungsvorgängen, Ausführungsfristen etc. Die Regelungen, von denen – abgesehen von
Zahlungsaufträgen von Unternehmen (§ 675e Abs. 4 BGB) und von Zahlungsvorgängen
mit Drittstaatenbezug (§ 675e Abs. 2 BGB) – nur zum Vorteil des Verbrauchers abgewichen werden darf (§ 675e Abs. 1 BGB), haben dadurch ein sehr hohes Abstraktionsniveau. Dieses erschwert das Verständnis und die Rechtsanwendung und trägt den Besonderheiten einzelner Zahlungsinstrumente nicht immer angemessen Rechnung (so zutreffend Rühl DStR 2009, 2256). Das hohe Abstraktionsniveau kommt auch in der technokratischen neuen Terminologie Zahlungsdienstleister für Kreditinstitute, Zahlungsdienstnutzer für Bankkunden, Zahlungsvorgang etwa für Barauszahlung, Überweisung,
Lastschrift oder Kartenzahlung, Zahlungsauftrag etwa für Überweisungsauftrag, Zahlungsauthentifizierungsinstrumente für Debit- oder Kreditkarte mit PIN zum Ausdruck.
Im Rahmen dieses Beitrags können nur einzelne ausgewählte Punkte und problematische Fragen behandelt werden, die das sehr detaillierte Umsetzungsgesetz aufwirft. Anders als die Zahlungsdiensterichtlinie und das Umsetzungsgesetz wird dabei aus Gründen des leichteren Zugangs gegliedert nach Zahlungsdienste(rahmen)vertrag (Girovertrag), Überweisungsverkehr, Lastschriftverkehr und Kartenzahlungen.
1. Zahlungsdienste(rahmen)vertrag
Mit dem formfreien Zahlungsdienstevertrag (§§ 675f - § 675i BGB) als Sonderform des
Geschäftsbesorgungsvertrages wird ein neuer Vertragstyp in das BGB eingeführt. Der
Zahlungsdienstevertrag kann ein Einzelzahlungsvertrag, aber auch ein Rahmenvertrag
sein (§ 675f Abs. 1 und 2 BGB). Er verpflichtet Kreditinstitute zur erfolgreichen Ausführung des Zahlungsvorgangs, also zum Erfolg der Zahlung (Rösler/Werner BKR 2009, 1,
7), nicht nur zur Weiterleitung des Zahlungsauftrags des Bankkunden. Kein Zahlungsauftrag ist der Auftrag des Zahlungsempfängers an den Zahlungsdienstleister zum Inkasso
einer Lastschrift oder eines Schecks (Walz in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar
zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675f BGB Rdn. 5).
Der Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675f Abs. 2 BGB), ein Dauerschuldverhältnis, wird
üblicherweise als Girokontoeröffnungsvertrag unter Einbeziehung der AGB-Banken und
der Bedingungen für Überweisungen, Lastschriften, die ec-Karte und ggfls. weiterer Son-
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derbedingungen etwa für das Online-Banking sowie des Preis- und Leistungsverzeichnisses der betreffenden Bank als Zahlungsdienstleister geschlossen. Der Rahmenvertrag ist
Grundlage für mehrere Zahlungsvorgänge, die der Zahlungsdienstnutzer durch Erteilung
von Weisungen (§ 665 BGB) in Auftrag geben kann (Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., 2010,
§ 675f Rdn. 7). Der Zahlungsdiensterahmenvertrag umfasst in aller Regel auch die Führung eines Girokontos für den Bankkunden (§ 1 Abs. 3 ZAG). Der Zahlungsdienstnutzer
schuldet dafür das vereinbarte Entgelt; für die Erfüllung von Nebenpflichten hat der Nutzer nur dann ein Entgelt zu entrichten, sofern dies vom Gesetz zugelassen und zwischen
den Parteien des Zahlungsdiensterahmenvertrages vereinbart ist (§ 675f Abs. 4 BGB).
Das ist zum Beispiel abweichend von der bisherigen Rechtslage der Fall für die Benachrichtigung des Zahlungsdienstenutzers von der Nichtausführung eines Zahlungsauftrags
etwa mangels Deckung (§ 675o Abs. 1 Satz 4 BGB).
Näher geregelt werden die Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrages (§ 675g
BGB) und dessen Kündigung (§ 675h BGB). Für Änderungen sieht § 675g BGB ein nach
Art. 248 § 3 EGBGB textformgerechtes Angebot des Zahlungsdienstleisters unter Übermittlung der gesamten Vertragsänderung zwei Monate vor dem Wirksamwerden der Änderung vor, das der Zahlungsdienstnutzer ablehnen oder den Zahlungsdiensterahmenvertrag fristlos kündigen kann (§ 675g Abs. 2 BGB). Im Falle der Ablehnung gilt zwar der
alte Vertrag fort, der Zahlungsdienstnutzer muss aber mit einer Kündigung des Vertrages
durch den Zahlungsdienstleister rechnen. Änderungen von Zinssätzen oder Wechselkursen werden bei einer entsprechenden Vereinbarung im Zahlungsdiensterahmenvertrag
unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung des Bankkunden wirksam, wenn die
Änderungen auf den dort vereinbarten, aus einer öffentlich zugänglichen Quelle ersichtlichen Referenzzinssätzen oder Wechselkursen beruhen (§ 675g Abs. 3 BGB). Das ist nur
bei einer Zinsgleitklausel, nicht aber bei einer Zinsanpassungsklausel der Fall, bei der der
Zahlungsdienstleister einen gewissen Ermessensspielraum hat. Ob als Referenzzinssatz
nur ein Aktiv- oder auch ein Refinanzierungssatz in Betracht kommt, sagt das Gesetz
nicht. Zulässig sein dürfte beides.
Der Zahlungsdienstnutzer kann auch einen befristeten Zahlungsdiensterahmenvertrag
jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit eine Kündigungsfrist,
die maximal einen Monat betragen darf, nicht vereinbart ist (§ 675h Abs. 1 BGB). Der
Zahlungsdienstleister kann nur einen unbefristeten Zahlungsdiensterahmenvertrag mit
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einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten ordentlich kündigen (§ 675h Abs. 2
BGB). Für außerordentliche Kündigungen gilt § 314 BGB. Eine Verpflichtung zur Führung
eines Girokontos auf Guthabenbasis enthält das Gesetz weiterhin nicht; eine solche enthalten in Bezug auf Privatpersonen jedoch die Sparkassengesetze der meisten Bundesländer.
2. Überweisungsverkehr
Eine Überweisung wird im Deckungsverhältnis durch Erteilung eines Zahlungsauftrags (§
675f Abs. 3 Satz 2 BGB) des Zahlungsdienstnutzers an den Zahlungsdienstleister ausgelöst. Bei dem Zahlungsauftrag handelt es sich anders als nach der bisherigen Rechtslage nicht um einen Überweisungsvertrag, sondern entsprechend der Rechtslage vor Inkrafttreten des Überweisungsgesetzes um eine Weisung (§ 665 BGB) im Rahmen des
Zahlungsdiensterahmenvertrages. An diese ist der Zahlungsdienstleister gebunden (§
675o Abs. 2 BGB), wenn die Weisung in der vereinbarten Form erteilt wird und das Konto
des Bankkunden ausreichende Deckung aufweist (Grundmann WM 2009, 1109, 1114).
Der Überweisungsauftrag wird mit Zugang beim Zahlungsdienstleister im Deckungsverhältnis wirksam (§ 675n Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieser Zeitpunkt ist für den Beginn der Ausführungsfrist (§ 675s Abs. 1 Satz 1 BGB) und für die Unwiderruflichkeit des Auftrags
wichtig. Anders als nach bisheriger Rechtslage (§ 676a Abs. 4 BGB a.F.) kann der Überweisungsauftrag, soweit nichts anderes vereinbart ist (§ 675p Abs. 3 und 4 BGB)
nach Zugang beim Zahlungsdienstleister nicht mehr widerrufen werden, auch wenn dieser mit der Ausführung noch nicht begonnen hat (§ 675p Abs. 1 BGB). Das Gesetz beschränkt die Widerrufsmöglichkeit im Interesse der Effizienz des Überweisungsverkehrs
und der Zahlungsdienstleister unter Hintanstellung des Interesses des Überweisenden
unnötig stark ein (so zutreffend Derleder NJW 2009, 3195, 3197).
Neu ist weiter die radikale Beschleunigung des Überweisungsverkehrs durch die Verkürzung der Ausführungsfristen und die Regelung der Wertstellung. Nach § 675s Abs. 1 Satz
1 BGB hat der Zahlungsdienstleister sicherzustellen, dass der Überweisungsbetrag auch
bei grenzüberschreitenden Überweisungen, allerdings nicht bei solchen in Drittstaaten,
spätestens am Ende des auf den Zugang des Überweisungsauftrags folgenden Geschäftstages beim Kreditinstitut des Zahlungsempfängers eingeht. Allerdings können die
Zahlungsdienstleister bis zum 1. Januar 2012 eine Frist von bis zu maximal drei Ge-
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schäftstagen vereinbaren. Von dieser Verlängerungsmöglichkeit haben die Kreditinstitute
in Nr. 2.2.1 ihrer Überweisungsbedingungen Gebrauch gemacht.
Mit dem Eingang des Überweisungsbetrages bei der Empfängerbank hat die Überweisungsbank ihre Verpflichtung aus dem Überweisungsauftrag erfüllt. Die Empfängerbank
hat den Überweisungsbetrag alsdann unverzüglich dem Überweisungsempfänger zur
Verfügung zu stellen, auch wenn dieser bei ihr kein Konto unterhält (§ 675t Abs.1 Satz 1
und 3 BGB). Wenn ein Konto vorhanden ist, muss die Wertstellung ohne Rücksicht auf
den Tag der Gutschrift auf den Geschäftstag erfolgen, an dem der Überweisungsbetrag
auf dem Konto der Überweisungsbank eingegangen ist (§ 675t Abs. 1 Satz 2 BGB). Die
Regelung ist die Reaktion auf verzögerte Wertstellungen in der Vergangenheit und sehr
zu begrüßen. Die Möglichkeit der Kreditinstitute, namhafte Wertstellungsgewinne zu erzielen, ist damit - auch bei Unternehmenskunden oder der öffentlichen Hand (a.A.
Schürmann in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie,
Bankrechtstag 2009, S. 11, 46) - endgültig vorbei. Es besteht insoweit keinerlei Gestaltungspielraum für Kreditinstitute.
Ein kritischer Punkt im Überweisungsverkehr ist die in § 675r Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltene Regelung, dass die beteiligten Zahlungsdienstleister berechtigt sind, einen Überweisungsauftrag „ausschließlich anhand der vom Zahlungsdienstnutzer angegebenen Kundenkennung ausführen“. Eine entsprechende Regelung enthält Nr. 1.6 Abs. 2 der Bedingungen für den Überweisungsverkehr. Geschieht dies, so gilt der Auftrag „im Hinblick auf
den durch die Kundenkennung bezeichneten Zahlungsempfänger als ordnungsgemäß
ausgeführt“ (Art. 74 Abs. 1 Zahlungsdiensterichtlinie; § 675r Abs. 1 Satz 2 BGB), auch
wenn sich der Überweisende bei der Angabe Kontonummer verschrieben oder vertippt
hat. Ersatzansprüche des Überweisenden oder des von ihm namentlich genannten Zahlungsempfängers gegen die beteiligten Zahlungsdienstleister bestehen nach der ausdrücklichen Regelung der §§ 675y Abs. 3 Satz 1 und 675z Satz 5 BGB nicht (s. auch Art.
74 Abs. 2 Zahlungsdiensterichtlinie). Der Überweisende ist vielmehr auf einen nicht leicht
durchzusetzenden Bereicherungsanspruch gegen den ihm unbekannten tatsächlichen
Zahlungsempfänger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB angewiesen (Palandt/Sprau, BGB, 69.
Aufl., 2010, § 675r Rdn. 4).
25
Kundenkennung ist eine Abfolge aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen (§ 675r Abs. 2
BGB), also etwa Kontonummer und Bankleitzahl oder im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr die sog. IBAN (International Bank Account Number) (Burghardt in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675r Rdn. 6; Derleder NJW 2009, 3195, 3196 f.; Rösler/Werner BKR 2009, 1, 8). Wenn eine vom Überweisenden angegebene Kundenkennung für die Übereisungsbank erkennbar keinem
Zahlungsempfänger oder keinem Zahlungskonto zuzuordnen ist, ist dieser verpflichtet,
den Überweisenden unverzüglich darüber zu unterrichten und ggfls. den Überweisungsbetrag wieder herauszugeben (§ 675r Abs. 3 BGB). Außerdem ist Überweisungsbank
verpflichtet, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten um die Wiedererlangung des gemessen
an der Angabe des Empfängernamens fehlgeleiteten Übereisungsbetrages zu bemühen
(§ 675y Abs. 3 Satz 2 BGB).
Ein Kontonummer-Namens-Abgleich, zu dem die Empfängerbank nach bisherigem Recht
grundsätzlich, und zwar auch beim Online-Banking (BGH WM 2006, 28, 29; Pauli NJW
2008, 2229, 2230), verpflichtet war (BGHZ 108, 386, 390 = WM 1989, 1754), ist im Interesse der Schnelligkeit und Effektivität des Zahlungsverkehrs, dessen vollautomatische
Abwicklung ohne manuelle Eingriffe die Zahlungsdiensterichtlinie ermöglichen will, nicht
vorgesehen und findet nicht mehr statt. Die damit für die Zahlungsdienstnutzer verbundenen Nachteile bei einer versehentlich falschen Angabe von Bankleitzahl oder Kontonummer will ein Teil der Literatur, insbesondere von Verbraucherschützern, trotz der gesetzlichen Regelung nicht hinnehmen und plädiert entweder für eine Fortsetzung des Kontonummer-Namensvergleichs auf Seiten der Empfängerbank oder aber ein Prüfziffernsystem (so Frank/Massari WM 2009, 1117, 1120; Rauhut ZBB 2009, 32, 43 ff.; Bitter WM
2010, 1725, 1729 f.; Sprau, in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 107, 124; a.A. Meckel, jurisPR-BKR Anm. III
12.2 ff.; Schürmann in Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung
der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag 2009, S. 11, 42 f.) bei der Ausgestaltung der Kundenkennungen.
Die Forderung eines Kontonummer-Namensvergleichs ist mit Art. 74 Abs. 1 Zahlungsdiensterichtlinie, ihrem Vollharmonisierungsprinzip (Art. 86) sowie § 675r Abs. 1 BGB und
der gewollten vollautomatischen Ausführung von Überweisungen von vornherein unver-
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einbar (s. auch Burghardt in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675r Rdn. 6). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu §
675r Abs. 3 BGB kann ein manuelles Eingreifen vom Zahlungsdienstleister nicht verlangt
werden (BR-Drucks. 848/08 S. 180).
Keinen geeigneten Ansatzpunkt für das Verlangen nach einem leistungsfähigen Prüfziffernsystem, das die Überweisenden vor den Folgen eigener Fehler bei der Eingabe von
Kontonummern oder Bankleitzahlen schützt, bietet entgegen Bitter WM 2010, 1725, 1729
auch § 675r Abs. 3 BGB. Dieser greift nur ein, wenn die vom Überweisenden angegebene Kundenkennung erkennbar überhaupt keinem Zahlungsempfänger oder Zahlungskonto zuzuordnen ist. Das ist aber bei Angabe einer falschen Kontonummer und richtiger
Bankleitzahl nicht der Fall; der Überweisungsbetrag landet vielmehr bei automatischer
Bearbeitung auf einem Konto mit der angegebenen falschen Nummer. Überdies hat die
Überweisungsbank oft nicht die erforderlichen Daten, um beurteilen zu können, ob die
angegebene Kontonummer zu dem namentlich benannten Empfänger passt. Abgesehen
davon ist es nicht Aufgabe der Überweisungsbank, sondern nur der Empfängerbank, einen Überweisungsbetrag dem richtigen Überweisungsempfänger gutzuschreiben.
Allenfalls die Empfängerbank trifft deshalb eine vertragliche Nebenpflicht aus § 241 Abs.
2 BGB, ein leistungsfähiges Prüfziffernsystem zu installieren und der Überweisungsbank
zu übermitteln, um fehlgeleitete Überweisungen zu vermeiden. Eine solche Pflicht dürfte
sich trotz der Regelung in § 675r Abs. 1 BGB, wonach alle beteiligten Kreditinstitute eine
Überweisung anhand der angegebenen Kundenkennung ausführen dürfen, konstruieren
lassen. Jedenfalls erscheint die deutsche Kreditwirtschaft zur Vermeidung von Schwierigkeiten, aber auch Mühen bei der Wiedererlangung fehlgeleiteter Überweisungsbeträge
und um das gesamte System nicht in Misskredit zu bringen, gut beraten, ein leistungsfähiges automatisches Prüfziffernsystem zu entwickeln und zu implementieren. Gegenwärtig verwenden die Kreditinstitute in Deutschland mehr als 100 unterschiedliche Prüfverfahren (Bitter WM 2010, 1725, 1729). Für die IBAN existiert dagegen bereits ein zweistelliges Prüfziffernsystem (Scheibengruber/Breidenstein WM 20009, 1393, 1399 f.;
Franck/Massari WM 2009, 1117, 1120), das es der Überweisungsbank erlaubt, die Plausibilität der Nummer zu prüfen und den Vorgang notfalls zu blockieren (Schürmann in
Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, Bankrechtstag
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2009, S. 11, 44; Bitter WM 2010, 1725, 1729). Das alles ändert freilich nichts daran, dass
den Überweisenden, der eine falsche Kontonummer angibt, auf jeden Fall ein ganz erhebliches und im Zweifel überwiegendes Mitverschulden trifft.
3. Lastschriftverkehr
Zu den beiden in Deutschland praktizierten herkömmlichen beiden Lastschriftverfahren,
dem Einzugsermächtigungsverfahren und dem Abbuchungsauftragsverfahren sind durch
die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie zwei weitere Verfahren hinzugetreten, nämlich das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren für B2C[Business to Consumer-]Zahlungen und
das SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren für B2B[Business to Business]Zahlungen. Die weiter bestehenden beiden herkömmlichen deutschen Lastschriftverfahren erlauben Zahlungen mittels Lastschrift in Deutschland, die beiden SEPA-Lastschriftverfahren Zahlungen
in Euro auch in Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums. In der praktischen
Durchführung im Bereich der Kreditinstitute laufen alle Lastschriftverfahren angestoßen
durch einen Inkassoauftrag des Zahlungsempfängers ganz ähnlich ab.
a) SEPA-Basis-Lastschriftverfahren
aa) SEPA-Lastschriftmandat
Beim SEPA-Basis-Lastschriftverfahren muss der Zahlungspflichtige dem Zahlungsempfänger vor dem Zahlungsvorgang ein datiertes SEPA-Lastschriftmandat erteilen (Nr. 2.1.1
SEPA-Basis-Lastschriftbedingungen Banken und Sparkassen). Im Gegensatz zum bisherigen herkömmlichen Einzugsermächtigungsverfahren handelt es sich dabei sowohl um
eine Ermächtigung an den Zahlungsempfänger zur Einziehung von Zahlungen mittels
SEPA-Lastschrift als auch um eine vom Zahlungsempfänger und seiner Bank als Boten
weitergegebene Weisung an die Bank des Zahlungspflichtigen, die Zahlstelle, die Lastschrift einzulösen (Nr. 2.2.1 SEPA-Basis-Lastschriftbedingungen Banken und Sparkassen). Das Mandat enthält damit eine Generalweisung zur Einlösung der SEPA-BasisLastschrift (BGH WM 2010, 1546, 1549 Tz. 17). Diese Weisung wird von dem Zahlungsempfänger und der ersten Inkassostelle als Boten in elektronischer Form an die Zahlstelle
übermittelt (Lohmann in Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/Weber, BuB Rdn. 20/102). Da
die Generalweisung noch der Präzisierung bedarf, ermächtigt der Zahlungspflichtige mit
dem SEPA-Lastschriftmandat zugleich den Zahlungsempfänger zur Konkretisierung
durch Einreichung bezifferter Lastschriften (BGH WM 2010, 1546, 1549 Tz. 17; Hadding,
Festschrift Hüffer, 2009, S. 273, 287).
28
In der so konkretisierten Generalweisung im Deckungsverhältnis, die nicht auf im Valutaverhältnis berechtigte Lastschriften beschränkt ist (Lohmann in Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/Weber, BuB Rdn. 20/104), liegt ein Zahlungsauftrag im Sinne des § 675f Abs.
3 Satz 2 BGB, durch den der Zahlungspflichtige den Zahlungsvorgang bereits vor der
Ausführung in Form einer Einwilligung gemäß § 675j Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB autorisiert
(Werner BKR 2010, 9, 14; Bitter WM 2010, 1725, 1731). Die Autorisierung berechtigt und
verpflichtet die Zahlstelle bei ausreichender Deckung das Konto des Zahlungspflichtigen
zu belasten, ohne prüfen zu müssen, ob der Lastschrifteinzug im Valutaverhältnis berechtigt ist (Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675x BGB Rdn. 24).
bb) Rückerstattungsanspruch
Ungeachtet der Autorisierung der Belastungsbuchung gewährt § 675x Abs. 2 und 4 BGB
i.V. mit Nr.2.5 der Bedingungen für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren in Umsetzung
von Art. 62 Abs. 1 UAbs. 4 der Zahlungsdiensterichtlinie dem Zahlungspflichtigen das
Recht, von der Zahlstelle binnen einer Frist von acht Wochen ab Belastungsbuchung ohne Angabe von Gründen die Rückerstattung des belasteten Betrages zu verlangen. Das
gilt allerdings nur, wenn der Zahlungspflichtige die Belastungsbuchung nicht zuvor gegenüber der Zahlungsstelle (konkludent) genehmigt hat (Burghardt in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675p BGB Rdn.
35; Grundmann WM 2009, 1157, 1160). Die Zahlstelle ist alsdann zur Wiedergutschrift
des Lastschriftbetrages auf dem Konto des Zahlungspflichtigen verpflichtet. Das gilt auch
dann, wenn der Zahlungspflichtige die Zahlung im Valutaverhältnis schuldet (Nr. 2.5 SEPA-Basislastschriftbedingungen) und die Zahlstelle dies weiß. Ob die Wiedergutschrift
wertstellungsneutral (so Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum
Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675x BGB Rdn. 26 f.) zu erfolgen hat oder ob die Geltendmachung des Erstattungsrechts nur für die Zukunft wirkt (so Lohmann in Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/Weber, BuB Rdn. 20/108; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., §
675x Rdn. 8; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349, 354), ist in der Literatur streitig. Der Bundesgerichtshof hat sich dazu nicht geäußert. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks.
16/11643 S. 115) spricht für eine Rechtswirkung ex nunc.
29
cc) Insolvenz des Zahlungspflichtigen
Besonders segensreich wirkt sich die Autorisierung der Belastungsbuchung durch das
SEPA-Lastschriftmandat in der Insolvenz des Zahlungspflichtigen aus.
(1) Deckungsverhältnis
Wegen dieser Autorisierung erlangt die Zahlstelle im Deckungsverhältnis bereits mit der
Einlösung der SEPA-Lastschrift einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 675c
Abs.1, 670 BGB gegen den Zahlungspflichtigen (BGH WM 2010, 1546, 1549 Tz. 19; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349, 351). Da dieser Anspruch aufgrund der im SEPALastschriftmandat enthaltenen Generalweisung an die Zahlstelle bereits mit der Vornahme der Belastungsbuchung entstanden ist, wird die Entstehung durch einen danach gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zahlungspflichtigen und die Bestellung eines vorläufigen schwachen oder starken Insolvenzverwalters nicht berührt. Auch der Schuldner hat in der Regel keine Möglichkeit, der Zahlstelle
den Aufwendungsersatzanspruch durch einseitige Erklärung zu entziehen. Ein Widerruf
des im SEPA-Lastschriftmandat enthaltenen Zahlungsauftrags an die Zahlstelle ist nur
noch bis zum Ende des Geschäftstages vor dem vereinbarten Fälligkeitstag möglich (§
675j Abs. 2 Satz 1, 675p Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB; BGH WM 2010, 1546, 1549 f. Tz.
18 f.).
Das Recht des Zahlungspflichtigen, gemäß § 675x Abs. 1, Abs. 2 und 4 BGB i.V. mit
Nr.2.5 der Bedingung für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren binnen acht Wochen von
der Zahlstelle die Erstattung des Lastschriftbetrages zu verlangen, ändert daran nichts
(BGH WM 2010, 1546, 1549 Tz. 20). Denn bei diesem Recht handelt es sich entgegen
einer in der Literatur (Lohmann in Gößmann/Hellner/Schröter/Steuer/Weber, BuB Rdn.
20/107; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., BankR II Rdn.
149b; Hartmann in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, SEPA-Lastschrift Rdn. 364; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349, 354) vertretenen Ansicht nicht um ein verlängertes Recht des Zahlungspflichtigen zum Widerruf der
Autorisierung der Zahlstelle, das im Falle der Ausübung die Belastungsbuchung rückwirkend unwirksam macht, sondern vielmehr um einen eigenständigen Anspruch des Zahlungspflichtigen als aktives Gegenrecht, der die Autorisierung des Zahlungsvorgangs
nicht entfallen lässt. Dies führt dazu, dass der mit Wirksamwerden der Belastungsbuchung entstandene Aufwendungsersatzanspruch der Zahlstelle insolvenzfest ist.
30
(2) Valutaverhältnis
Das im Deckungsverhältnis für acht Wochen nach der Belastungsbuchung bestehende
Recht des Zahlungspflichtigen auf Erstattung des Lastschriftbetrages, eröffnet für das
Valutaverhältnis allerdings Missbrauchsmöglichkeiten des Zahlungspflichtigen, weil er
von diesem Recht auch dann Gebrauch machen kann, wenn dem Zahlungsempfänger
der eingezogene Betrag im Valutaverhältnis zusteht. Wenn der Zahlungspflichtige seinen
Erstattungsanspruch in einem solchen Fall geltend macht und dem Zahlungsempfänger
den ihm zustehenden Betrag wieder entzieht, verletzt er die mit dem Zahlungsempfänger
im Valutaverhältnis bestehende SEPA-Lastschriftabrede schuldhaft und handelt außerdem rechtsmissbräuchlich und sittenwidrig. Er macht sich deshalb - ebenso wie bei einem
unberechtigten Widerspruch im Entzugsermächtigungsverfahren - nicht nur wegen positiver Vertragsverletzung der Lastschriftabrede (§ 280 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Zahlungsempfänger, sondern auch gemäß § 826 BGB schadensersatzpflichtig (Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349, 352; s. auch Hadding, Festschrift Hüffer, 2009, S. 273, 291 Fn.
57).
Die sich aufdrängende Frage, ob auch (vorläufige) Insolvenzverwalter und Treuhänder im
Valutaverhältnis einen anerkennenswerten Grund für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus § 675x Abs. 2 und 4 i.V. mit Nr.2.5 der Bedingungen für das SEPABasis-Lastschriftverfahren benötigen, stellt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs
(BGH WM 2010, 1546, 1551 Tz. 29 ff.) nicht, da der Erstattungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse falle und deshalb nicht der Verfügungsbefugnis des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO unterliege. Das ergebe sich aus einer analogen
Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB (so auch bereits Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675x BGB Rdn.
33 f.).
Nach § 377 Abs. 1 BGB ist das Recht des Schuldners, eine von ihm zur Schuldbefreiung
hinterlegte Sache zurückzunehmen (§ 376 BGB), unpfändbar und gehört damit nicht zur
Insolvenzmasse (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Sinn und Zweck des § 377 Abs. 1 BGB
besteht darin, dass eine mit der Hinterlegung begonnene Befriedigung des Gläubigers
durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter bzw. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht verhindert werden soll (MünchKomm/Wenzel, BGB, 5. Aufl., 2007, § 377
31
Rdn. 1; Erman/H.P. Westermann/Buck-Heeb, BGB, 12. Aufl., 2008, § 377 Rdn. 1; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., 2010, § 377 Rdn. 1).
Dieser Rechtsgedanke ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auf eine mittels SEPABasislastschrift bewirkte Zahlung zu übertragen. Mit der Erteilung des Zahlungsauftrags
im SEPA-Lastschriftmandat habe der Zahlungspflichtige gleichermaßen mit der endgültigen Befriedigung des Zahlungsempfängers begonnen. Dabei habe er ihm bereits uneingeschränkte Verfügungsmacht über den eingezogenen Geldbetrag verschafft. In diesen
Zahlungsvorgang dürfe der Insolvenzverwalter nicht mehr eingreifen. Wegen der bereits
eingetretenen Erfüllung der Verbindlichkeit sei sein Auftrag, eine ungleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zu verhindern, nicht tangiert. Dem Insolvenzverwalter bleibe daher
nur sein Anfechtungsrecht nach §§ 129 ff. InsO (BGH WM 2010, 1546, 1551 Tz. 34).
Das vom Bundesgerichtshof erzielte und ersichtlich gewünschte Ergebnis verdient volle
Zustimmung. Es entspricht genau dem, was bei einem Widerspruch gegen eine Belastungsbuchung ohne einen anerkennenswerten Grund durch einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter auch im Einzugsermächtigungsverfahren richtig ist. Die Begründung des
Bundesgerichtshofs, analoge Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB, ist freilich mehr als
fragwürdig und nicht stringent. Wenn, wie der Bundesgerichtshof selbst ausgeführt hat,
Erfüllung der Verbindlichkeit im Valutaverhältnis bereits eingetreten ist, bedarf es der analogen Heranziehung des § 377 Abs. 1 BGB nicht. In erfüllte und damit erloschene Valutaverhältnis darf ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter nicht eingreifen (§§ 103 ff. InsO; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349, 353). Abgesehen davon leuchtet es nicht ein, dass ein
Insolvenzverwalter, der nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGHZ 106, 169, 175 =
WM 1989, 191), und zwar gerade auch des IX. Zivilsenats (BGHZ 113, 98, 100 = WM
1991, 112; BGH WM 1999, 229, 230), in die Rechtsstellung des Schuldners eintritt und
dem - abgesehen von der Insolvenzanfechtung - „nicht mehr und keine anderen Rechte
als dem Schuldner zustehen“, weitergehende Rechte zustehen könnten als dem Schuldner. Die sog. „Fußstapfentheorie“ würde das erzielte, wünschenswerte Ergebnis besser
erklären als die hergeholte analoge Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB.
Im Anschluss an seine Ausführungen zum SEPA-Basis-Lastschriftverfahren hat sich der
XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20. Juli 2010 in einem längeren obiter
dictum (BGH WM 2010, 1546, 1552 f. Tz. 35 ff.) mit der Frage befasst, ob nach der am
32
31. Oktober 2009 in Kraft getretenen Neufassung der §§ 675c ff. BGB das herkömmliche
Einzugsermächtigungsverfahren so modifiziert werden kann, dass im Einzugsermächtigungsverfahren bewirkte Zahlungen insolvenzfest sind und allein im Wege der Insolvenzanfechtung unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO zur Masse gezogen werden
können. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist es ohne weiteres durch eine auch in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässige Parteivereinbarung möglich, dass der Zahlungspflichtige mit der Einzugsermächtigung über den Zahlungsempfänger und dessen
Bank der Zahlstelle den Zahlungsauftrag erteile, die Lastschrift auszuführen. Die Kreditwirtschaft habe es damit in der Hand, durch eine Neugestaltung der Bedingungen für die
Einzugsermächtigungslastschrift die Insolvenzfestigkeit der auf diesem Wege bewirkten
Zahlungen herbeizuführen. Möglich geworden sei dies durch die Regelung des § 675x
Abs. 1 und 4 BGB. Unter der Voraussetzung, dass die Erstattung ohne Angabe von
Gründen verlangt werden könne und damit wie beim SEPA-Basis-Lastschriftverfahren
von der nach § 675x Abs. 2 BGB eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht würde, bestünden keine Bedenken, die bereits erteilten Einzugsermächtigungen unter einer neuen
rechtlichen Ausgestaltung des Verfahrens fortbestehen zu lassen (BGH WM 2010, 1546,
1552 f. Tz. 40).
Das Ergebnis ist zwar begrüßenswert und kommt den Interessen der Kreditwirtschaft und
der Zahlungsempfänger sehr entgegen. Problematisch und dogmatisch mehr als zweifelhaft ist aber die Ansicht des Bundesgerichtshofs, auch bereits erteilte Einzugsermächtigungen erhielten durch eine Änderung der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift
im Einzugsermächtigungsverfahren im Deckungsverhältnis einen anderen Inhalt. Welche
Rechte und Pflichten eine dem Zahlungsempfänger erteilte Einzugsermächtigung begründet, bestimmt sich nach der im Valutaverhältnis zwischen dem Zahlungspflichtigen
und dem Zahlungsempfänger getroffenen Lastschriftabrede unter Berücksichtigung von
Treu und Glauben und der Verkehrssitte im Zeitpunkt der Abgabe der Einzugsermächtigung. Angesichts der vom Bundesgerichtshof und den Instanzgerichten einhellig vertretenen Genehmigungstheorie enthält eine dem Zahlungsempfänger erteilte Einzugsermächtigung keine Weisung des Zahlungspflichtigen an die Zahlstelle zur Einlösung von
Lastschriften, die der Zahlungsempfänger zur Einziehung gegeben hat. Eine spätere Änderung der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren im Deckungsverhältnis durch die Kreditwirtschaft vermag daran nachträglich nichts
zu ändern.
33
b) SEPA-Firmenlastschrift-Verfahren
Beim SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren, das nur im Geschäftsverkehr mit Unternehmen
genutzt werden kann, muss der Zahlungspflichtige dem Zahlungsempfänger vor dem
Zahlungsvorgang ein datiertes besonderes SEPA-Firmenlastschrift-Mandat erteilen und
seiner Bank, der Zahlstelle, dieses Mandat bestätigen. Der entscheidende Unterschied
zum SEPA-Basis-Lastschriftverfahren besteht darin, dass die zahlungspflichtige Firma
von der Zahlstelle keine Erstattung des ihrem Konto belasteten Lastschriftbetrages verlangen kann (Nr. 2.1.1 SEPA-Firmen-Lastschriftbedingungen Banken und Sparkassen).
Ein irgendwie geartetes Widerspruchsrecht besteht ebenso wie beim Abbuchungsauftragsverfahren nicht; die Forderung des Zahlungsempfängers im Valutaverhältnis ist mit
der vorbehaltlosen Gutschrift auf seinem Konto erfüllt und erlischt (§ 362 Abs. 1 BGB).
Besondere Frage oder Probleme in der Insolvenz des Zahlungspflichtigen stellen sich
nicht.
4. Kartenzahlungen
Bei den Kartenzahlungen sollen nur zwei Punkte angesprochen werden: Die Unwiderruflichkeit der Kreditkartenzahlung und die Haftungsregelung bei der missbräuchlichen Nutzung von Debit- und Kreditkarten durch Unberechtigte.
a) Unwiderruflichkeit von Kreditkartenzahlungen
Der Vertrag zwischen dem Kartenherausgeber und dem Karteninhaber ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag, durch den der Kartenherausgeber verpflichtet ist, die Verbindlichkeiten des Karteninhabers gegenüber dem Vertragsunternehmen zu tilgen (BGHZ 152, 75,
78 = WM 2002, 2195). Mit der Unterzeichnung des Belegs durch den Karteninhaber erteilt dieser dem Kartenherausgeber einen Zahlungsauftrag. Ein solcher Auftrag ist nach §
675p Abs. 1 BGB vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 BGB nach Zugang beim Zahlungsdienstleister nicht mehr widerruflich. Wird der Zahlungsvorgang wie bei dem Einsatz einer
Kreditkarte vom Vertragsunternehmen oder über dieses ausgelöst, so kann der Karteninhaber den Zahlungsauftrag nicht mehr widerrufen, nachdem er den Zahlungsauftrag an
das Vertragsunternehmen übermittelt hat (§ 675p Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies ist gerechtfertigt, weil das Vertragsunternehmen bereits mit der Unterzeichnung und Übergabe des
Belastungsbelegs einen abstrakten Anspruch (§ 780 BGB) gegen das Kartenunterneh-
34
men auf Ausgleich seiner Forderung gegen den Karteninhaber erlangt (BGHZ 152, 75, 80
= WM 2002, 2195).
Das gilt uneingeschränkt auch dann, wenn die Kreditkarte nicht im Präsenzgeschäft, sondern im Telefon- oder Mailordergeschäft eingesetzt wird. Der gegenteiligen Auffassung
von Bitter WM 2010, 1773, 1774 ff. kann nicht gefolgt werden. § 675p Abs. 1 Satz 1 BGB
unterscheidet in keiner Weise zwischen Präsenzgeschäften einerseits und Telefon- bzw.
Mailordergeschäften andererseits. Auch beim Einsatz der Kreditkarte im Telefon- oder
Mailordergeschäft übermittelt der Karteninhaber dem Vertragsunternehmen mit der Angabe der Kreditkarten- und ggfls. der Kontrollnummer einen Zahlungsauftrag. Auch die
Kreditkartenbedingungen differenzieren insoweit nicht zwischen dem Einsatz der Kreditkarte im Präsenzgeschäft und dem im Telefon- oder Mailordergeschäft. Es besteht auch
kein Grund für eine solche Differenzierung; auch im Telefon- oder Mailordergeschäft hat
die Kreditkarte nach der zutreffenden Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGHZ 150, 286,
292 = WM 2002, 1120; BGHZ 157, 256, 263 f. = WM 2004, 426) Bargeldersatzfunktion.
Dass der Zahlungspflichtige im Lastschrifteinzugsermächtigungsverfahren sowie beim
SEPA-Basis-Lastschriftverfahren die Möglichkeit hat, sich den bereits abgebuchten Lastschriftbetrag durch einen Widerspruch oder ein Rückerstattungsverlangen von der Zahlstelle zurückzuholen (Bitter WM 2010, 1773, 1776), ist erst recht kein brauchbares Argument. Beim Kreditkarten- und beim Lastschriftverfahren handelt es sich um erheblich unterschiedliche Verfahren mit jeweils eigenen Regeln.
b) Haftung bei der missbräuchlicher Nutzung von Debit- und Kreditkarten
Nach § 675u Satz 1 BGB haben Kreditinstitute wie bisher keine Aufwendungsersatzansprüche gegen ihre Kunden, wenn es an einem autorisierten Zahlungsvorgang fehlt. Das
ist bei der Benutzung der Debit- oder Kreditkarte durch einen Unberechtigten der Fall.
§ 675v Abs. 1 BGB begründet aber einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch von Kreditinstituten gegen Karteninhaber in Höhe von maximal 150 € bei nicht
autorisierten Zahlungsvorgängen nach einem Verlust, Diebstahl oder sonstigem Abhandenkommen einer dem Kontoinhaber überlassenen Zahlungskarte sowie bei der missbräuchlichen Verwendung der PIN, wenn diese nicht sicher aufbewahrt worden ist. Wenn
dem Karteninhaber grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zur Last fällt, hat er nach § 675v
Abs. 2 BGB den gesamten Schaden des Kreditinstituts zu tragen. Allerdings fällt der
35
Schaden, der erst nach Anzeige des Verlustes oder Diebstahls der Karte oder des Missbrauchs beim Kreditinstitut entstanden ist, diesem allein zur Last, es sei denn, der Karteninhaber hat betrügerisch gehandelt (§ 675v Abs. 3 BGB).
Problematisch ist die Beweislastverteilung bei streitiger Autorisierung. § 675w BGB enthält dazu nur eine rudimentäre Regelung. Grundregel ist, dass der Zahlungsdienstleister
zumindest darlegen und beweisen muss, dass er eine Überprüfung der Karte und der PIN
vorgenommen hat und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht
und nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde (§ 675w Satz 1 und 2 BGB). § 675w
Satz 3 BGB enthält dann eine Beweiswürdigungsregel und bestimmt, dass die ordnungsgemäße Prüfung und Aufzeichnung des Zahlungsvorgangs allein „nicht notwendigerweise“ ausreicht, um nachzuweisen, dass der Karteninhaber den Zahlungsvorgang autorisiert, in betrügerischer Absicht gehandelt oder einer Pflichten bezüglich der Karte und der
PIN vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
Damit stellt sich die Frage, ob die von der deutschen Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze zum Anscheinsbeweis etwa für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des
Bankkunden bei missbräuchlichen Nutzung seiner Originaldebit- oder –kreditkarte unter
Verwendung der zugehörigen richtigen PIN weiterhin angewandt werden können. Die
Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet.
Von der herrschenden Meinung in der Literatur (Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl, 2010, §
675w Rdn. 4; PWW/Fehrenbacher, BGB, 5. Aufl., 2010, § 675w Rdn. 3, 4;; Nobbe in Ellenberger/Findeisen/Nobbe, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 2010, § 675w BGB
Rdn. 27 ff.; Krepold/Fischbeck, Bankrecht, 2009, S. 100 f.; Lohmann/Koch WM 2008, 57,
63; Recktenwald AnwBl. 2009, 265; Casper/Pfeifle WM 2009, 2346, 2347; s. auch Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., 2009, BankR Rdn. II 315; ders.
WM 2009, 1157, 1163; Derleder NJW 2009, 3195, 3197) wird die Frage in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/11643 S. 115 bejaht. Eine Mindermeinung (AG Berlin-Mitte NJW-RR 2010, 407, 409; Spindler, Festschrift Nobbe, 2009, S.
215, 232 f.; Franck/Massari WM 2009, 1117, 1127; Scheibengruber BKR 2010, 15, 21)
verneint die Frage dagegen, da durch den Anscheinsbeweis das Regelungsziel des Art.
59 Abs. 2 der Zahlungsdiensterichtlinie, das Vertrauen in elektronische Zahlungen zu fördern und den Zahlungsverkehr mit Bargeld zurückzudrängen, konterkariert werde.
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Zutreffend erscheint die herrschende Meinung. Die einschränkende Formulierung in Art.
59 Abs. 2 der Zahlungsdienstrichtlinie war im ursprünglichen Richtlinienvorschlag der
Kommission noch nicht enthalten und ist in die Richtlinie gerade aufgenommen worden,
um eine Beweiswürdigung, ob den Bankkunden der Vorwurf der Fahrlässigkeit trifft, nach
dem einzelstaatlichen Recht unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermöglichen (Erwägungsgrund 33 der Zahlungsdiensterichtlinie). In der Gesetzesbegründung zu § 675w
BGB wird deshalb zu recht darauf hingewiesen, dass Art. 59 der Zahlungsdiensterichtlinie
in Grundzügen die bisherige Praxis der Gerichte bei Kartenmissbräuchen mittels Eingabe
der richtigen PIN widerspiegelt und keine grundlegenden Änderungen mit sich bringt (BTDrucks. 16/11643 S. 115).
Der Anscheinsbeweis ermöglicht eine Beweiswürdigung im Einzelfall durchaus. Der Beweis ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Anscheinsbeweises geführt, wenn der zu
beweisende Geschehensablauf einem typischen Geschehensablauf entspricht, es sei
denn, dass im konkreten Fall die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs besteht (Vgl. nur BGH NJW 1953, 584; BGH NJW 1998, 79, 81; BGH NJW 2001,
1140). Er führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu einer
Umkehr der Beweislast (Vgl. nur BGHZ 100, 31, 34 = NJW 1987, 2876). Dem Bankkunden steht vielmehr die Möglichkeit offen, den Beweis des ersten Anscheins durch die
konkrete Darlegung und ggfls. den Nachweis einer ernsthaft und nicht lediglich theoretisch in Betracht kommenden Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs zu erschüttern (BVerfG WM 2010, 208, 209; BGHZ 160, 308, 313 = WM 2004, 2309; OLG
Frankfurt WM 2002, 2101, 2102; OLG Stuttgart WM 2003, 125, 126 f.; OLG Brandenburg
WM 2007, 2193, 2195 f.; OLG Karlsruhe WM 2008, 1549; OLG Frankfurt WM 2008, 534,
535; OLG Frankfurt WM 2009, 1602, 1603; LG Hannover WM 1998, 1123; s. auch BGH
NJW 1991, 230, 231; BGH VersR 1995, 723, 724) und das Kreditinstitut zum vollen Beweis der Autorisierung des Zahlungsvorgangs durch den Bankkunden oder einer ihm zur
Last fallenden (groben) Pflichtverletzung zu zwingen. Eine Beweiswürdigung im Einzelfall
durch das zuständige Gericht, die Art. 59 Abs. 2 der Zahlungsdiensterichtlinie und § 675w
Satz 3 BGB ermöglichen wollen und fordern, ist daher möglich. Im Rahmen dieser Beweiswürdigung darf auch auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises zurückgegriffen
werden (Lohmann/Koch WM 2008, 57, 63.) § 675w Satz 3 BGB gibt deshalb zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung keinen Anlass.
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IV. Fazit
Die sehr technokratische Zahlungsdiensterichtlinie, das darin enthaltene Prinzip der Vollharmonisierung und die Umsetzung in deutsches Recht stellen trotz gewisser Schwächen
eine gelungene Regelung dar. Sie sind geeignet, auch den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zu beschleunigen, transparenter und effizienter zu gestalten. Besonders
verbraucherfreundlich ist die Regelung allerdings nicht, da sie Effizienz, Kostengünstigkeit und Schnelligkeit des Zahlungsverkehrs Vorrang einräumt.
Die überaus bürokratische Verbraucherkreditrichtlinie und ihre Umsetzung bringen für die
Darlehensnehmer und die Kreditwirtschaft nur in ganz wenigen einzelnen Punkten Verbesserungen, wie etwa bei der Einführung eines gesetzlichen Musters für die Widerrufsbelehrung. Der Verbraucher wird mit einem solchen Wust von teilweise nebensächlichen
schwer zu verarbeitenden Informationen überschüttet, dass der Verbraucherschutz dadurch nicht gefördert wird. Die Kreditwirtschaft wird durch die gesteigerten Informationsund Erläuterungspflichten zwar belastet, aber nicht wirklich behindert. Die wirklichen
Probleme im Bereich des Verbraucherkredits, nämlich die völlig überteuerten, den Kreditnehmern vielfach aufgedrängten Restschuldversicherungen mit Kick-back-Zahlungen der
Versicherer an die vermittelnden Kreditinstitute werden nicht einmal angegangen, geschweige denn gelöst. Dass das Anwachsen überschuldeter Privathaushalte verhindert
oder auch nur gebremst wird, ist nicht zu erwarten. Dies kann im Übrigen auch eine sanktionsbewehrte Zwangsberatung und Betreuung von Verbrauchern durch Kreditinstitute,
wie sie der EU-Kommission vorschwebte, nicht leisten, da die Hauptursachen privater
Überschuldung Arbeitslosigkeit, Scheidung, Trennung oder Tod des Partners sowie
Krankheit sind.

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