„ Die dunkle Seite des Karneval“ (Bielefeld

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„ Die dunkle Seite des Karneval“ (Bielefeld
Bremer Karneval und das Überseemuseum Bremen laden ein:
„ Die dunkle Seite des Karneval“
Ein Vortrag von Paul Mc Laren und Uschi Dresing von Shademakers
(Bielefeld/London) im Rahmen der Sonderaustellung: All about evil“ im Überseemuseum
Bremen Do. 24.01. 20:00 Uhr/ Eintritt Frei
Karneval ist Himmel und Hölle, Licht und Schatten, Leben und Tod. Karneval bedeutet für einen
Tag von unten nach oben. „Turn the world upside down“ ist die Grundlage von vielen Karnevals.
Die Außenseiter und Benachteiligten der Gesellschaft übernehmen die Macht, sind Jab Jabs,
Devils, Midnight Robber, Moko Jumbies, Borokits oder Savannah Bats.
Wir freuen uns den Bildhauer und Carnival Artist Paul Mc Laren und die Fotografin und
Veranstalterin des Carnival der Kulturen in Bielefeld Uschi Dresing für eine Vortrag gewonnen zu
haben. Sie geben einen Eindruck von den Karnevals in Trinidad & Tobago, dem Notting Hill
Carnival in London, erzählen von künstlerischen Anliegen ihres Vereins Shademakers und den
kreativen Entwicklungen der neueren Karnevalbewegung in Deutschland.
Außerdem wird Shademakers mit ihren beeindruckenden Figuren und kinetischen Konstruktionen
auf dem Umzug zu bestaunen sein.
Die dunkle Seite des „Carnival“
Anzeichen für die dunkle Seite des Canival finden sich bereits in dem Gruppennamen
„Shademakers“. Unter der künstlerischen Leitung des Bildhauers und Designers Paul Mc
Laren entwirft und realisiert die Gruppe präzise gebaute, mechanische, kinetische
Kostümkonstruktionen, die entsprechend große Schatten werfen. Der Name hat aber noch
eine tiefer gehende Bedeutung. In den Installationen finden sich immer wieder die
Gegensätze und Widersprüche von Licht- und Schattenseiten, Gut und Böse, schön und
schaurig. Insofern folgt dies dem Carnival-Grundsatz des „turning the world upside
down“ – des „stell die Welt auf den Kopf“.
Shademakers sind ein eingetragener Verein mit Sitz in Bielefeld und London. Hier ist der
Londoner Notting Hill Carnival von besonderer Bedeutung und dessen Tradition, die im
karibischen Carnival verwurzelt ist.
Neben der künstlerischen Arbeit von Paul Mc Laren und Shademakers wird die dunkle
Seite des karibischen Carnivals im Vortrag eine wichtige Rolle einnehmen, z. B. Jouvert:
Einen Tag im Jahr die Zivilisation abzuschütteln und exakt das zu tun, was du willst,
das ist Jouvert in Trinidad. „Jou paka ouvay", ein alter Patois Satz, im französischen:
Jour Ouvert bedeutet: der Tag beginnt. Es ist der anarchistische Start am Carnival
Montag. Im Dunkel der Nacht bewegen sich seltsame Gestalte n durch die Straßen von
Port of Spain. Männer in Frauenkleidern oder Unterwäsche mit ausladenden
Hinterteilen, die Büstenhalter mit Toilettenpapier ausgestopft, stolzieren sie auf
Schwindel erregend hohen Stöckelschuhen, die Gesichter grotesk mit Lippenstift
verschmiert oder maskiert.
Savannah Bats schlagen ihre dunklen Schwingen. Moco Jumbies auf meterhohen
Stelzen zerteilen die Menge. Eine Horde Jab Molassie, Schlammteufel, verteilen
Matsch und Ölschmiere auf den weißen T-Shirts der Touristen, die sich schließlich mit
ein paar Groschen freikaufen.
Im Jouvert kann man sich so abstoßend zeigen, wie man möchte. Jouvert ist die
andere, die dunkle Seite des Carnival. Es geht nicht nur um schöne Kostüme, um
schö ne Menschen wie der bekannte Calypsosänger David Rudder bemerkte: „Es geht
auch um Teufel und Drachen, um Schmutz, Masken und Musik."
Paul Mc Laren
Paul Mc Laren ist ein Künstler aus dem industriell geprägten Nordwesten Englands.
Er studierte Kunst und Design am Exeter College of Art. Als Bildhauer realisierte er nach
Abschluss seines Studiums zahlreiche Ausstellungen und Performances in Manchester,
London, Glasgow, New York, Prag, Kanada, Norwegen und Russland bis seine Arbeit
1990 eine dramatische Wendung nahm.
Er verweigerte sich dem, was er als etablierte Kunstform ansah, die nur eine kleine Elite
an Kunstinteressierten erreicht. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit auf die
Straße, wo man auf ein breiteres und auf brutalere Weise forderndes Publikum treffen
konnte.
Carnival-Grundsatz des turning the world upside down, “stell die Welt auf den Kopf“,
schuf den Nährboden für eine Neuerfindung einer anderen künstlerischen Form, die sich
übergreifend aus Elementen der bildenden und darstellenden Kunst zusammen setzt.
Die im Studium erworbenen bildhauerischen Fertigkeiten bildeten eine weitere Facette
seines Verlangens, kaputte Motoren und Maschinen wieder zum Leben zu erwecken, aber
mit der Funktion, eine menschliche Emotion in mechanischer Form voran zu treiben. Dies
ebnete den Weg zum Mechanon (mechanical nonsense), der das Objekt personifizierte
und auf den Weg hin zu kinetischen Kostümen führte, die zu Paul Mc Laren’s
Markenzeichen wurden, gepaart mit seiner Leidenschaft für die künstlerischen Arbeiten
eines Gustave Courbet, Jean Tinguely, Francis Picabia, Josef Beuys oder des Dadaismus:
Duchamp, Hausmann, Tzara. Die Arbeit von Alfred Jarry und das zeitgenössische
Schaffen von Peter Greenaway waren der Kontext von Paul Mc Laren’s world of making
sense from the absurd, seiner Welt des “Sinn-Machens aus dem Absurden“, aus dem
Ignorierten und Vergessenen.
Als Ergebnis lässt er uns zurück mit beweglichen Skulpturen und großen, präzise
gebauten, mechanischen, kinetischen Kostümkonstruktionen – Objekte, deren Funktion es
ist, die Maschine zum Leben zu erwecken, mit der Kraft menschlicher Energie. Der
menschliche Körper bildet den Ausgangspunkt.
Mit der Gruppe Shademakers präsentiert er diese Arbeiten weltweit bei Carnivals,
Straßenparaden, Festivals, Galas und Sportveranstaltungen zum Beispiel in Österreich,
Luxemburg, der Schweiz, Dänemark, Trinidad, Katar, der Türkei und China.
Gemeinsam mit dem Welthaus Bielefeld sind Shademakers im zwölften Jahr Veranstalter
des Bielefelder „Carnival der Kulturen“ mit etwa 1.500 Akteuren und bis zu 100.000
Zuschauern pro Jahr.
Uschi Dresing:
1974-1978 Studium an der Fachhochschule Bielefeld / Fachbereich Design; Schwerpunkt:
Visuelle Kommunikation;
1978 Diplom Design in journalistischer Fotografie, Thema: Sinti und Roma in Europa;
1976 Gründungsmitglied des der alternativen Wochenzeitschrift: Bielefelder StadtBlatt;
1976–1992 Dozentin an Volkshochschulen und Arbeit und Leben in Detmold und
Bielefeld; 1978–1983 Wissenschaftliche Assistentin an der Fachhochschule Bielefeld /
Fachbereich Design bei Prof. Jörg Boström in Fotografie und Visueller Kommunikation.
1983–1990 Fotografin und Fotoarchiv der Wochenzeitung: Bielefelder StadtBlatt; 1991–98
Arbeit als freie Fotojournalistin bei Jugend-, Frauen-, Pädagogik- Gewerkschaftszeitungen
und Agenturen. Auslandsaufenthalte in Mexiko, Polen, Trinidad, Türkei und England;
1994 Dozentin an der Salford Universität in England in: Journalistischer Fotografie.
1995 Gründung des Shademakers Carnival Club.e.V. in Deutschland mit dem
Schwerpunkt Kunstförderung und Interkultur. Erste Vorsitzende 1995-2005.
1997 - 2008 Mitveranstalterin des Bielefelder Carnival der Kulturen mit bis zu 1500
Akteuren und 100.000 Zuschauern. Schwerpunkt: Internationale Kontakte und
Netzwerke. Organisation und Durchführung der Parade
Veranstalterteam: Shademakers u. Welthaus Bielefeld;
1995-2007 Logistik, Planung und Durchführung von internationalen Auftritten der
Gruppe Shademakers.
Zahlreiche Ausstellungen und Veröffentlichungen, u. a. „Play Mas – Carnival der
Kulturen in Trinidad, London und Berlin“ (Kerber Verlag Bielefeld, 1997); „Bisweilen
Bissig – 10 Jahre Bielefelder Carnival der Kulturen“ (Regional Verlag Bielefeld, 2006) in
Zusammenarbeit mit Paul Mc Laren u. Shademakers.