Abkürzungen: Urea, Bun (Blood Urea Nitrogen also Blut

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Abkürzungen: Urea, Bun (Blood Urea Nitrogen also Blut
Klinische Chemie
„Harnstoff“
Ein Stoff, welcher im Harn in hoher Konzentration vorkommt (daher kommt zwar der Name,
gemessen wird aber fast ausschliesslich im Blut).
Abkürzungen: Urea, Bun (Blood Urea Nitrogen also Blut-Harnstoff-Stickstoff)
Abb. 1: Der Harnstoff-Zyklus
Medi; Bildungsgang med. Labor
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G. Doubt
Klinische Chemie
„Harnstoff“
Kenntnisse & Wissen Phase 1b:
(Wissen aus der Biochemie wird vorausgesetzt)
•
Sie kennen die Grundlagen zu Harnstoff
Abkürzungen, Unterschied Bun/Harnstoff).
•
Sie wissen, wovon die Harnstoffkonzentration abhängig ist.
•
Sie wissen Bescheid über die Stoffwechselstörungen des Harnstoffs.
•
Sie können Harnstoffwerte interpretieren.
•
Sie wissen, wann und wieso Harnstoff der bessere Nierenfunktionsparameter
ist als das Creatinin und umgekehrt.
•
Sie kennen die Messmethoden des Harnstoffs.
•
Sie kennen die Bedeutung der Ammoniakbestimmung.
(Bildung,
Ausscheidung,
Inhaltsverzeichnis:
1.
1.1.
1.2.
2.
Bildung und Ausscheidung von Harnstoff …………….………………………
Die Bildung von Harnstoff ……………………………………………………..…..
Die Ausscheidung von Harnstoff …………………………………………………..
Unterschied zwischen Harnstoff und BUN ………………………….……..….
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3
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3.
4.
5.
5.1.
5.2.
5.3.
6.
Bestimmungsindikationen von Harnstoff ……...……..………………….…...
Erniedrigte Harnstoffkonzentrationen im Blut …………………….….…..….
Erhöhte Harnstoffkonzentrationen im Blut …………………..…….……..….
Prärenale Ursachen ………….………………………………………………..…..
Renale Ursachen ……….…….………………………………………………..…..
Postrenale Ursachen ………….……..………………………………………..…..
Harnstoff und Creatinin im Vergleich …………..……………..…….……..….
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7.
8.
9.
Urease/GLDH ………………………………………..……………..…….……..…. 8
Urease/Berthelot ……………..……………………..……………..…….……..…. 8
Ammoniakbestimmung …………………………………………..…….……..…. 8
Medi; Bildungsgang med. Labor
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G. Doubt
Klinische Chemie
„Harnstoff“
A. GRUNDLAGEN
1. Bildung & Ausscheidung von Harnstoff:
1.1. Die Bildung von Harnstoff:
Der Harnstoff ist das wichtigste Endprodukt des Proteinstoffwechsels. Die Synthese aus
Ammoniak und Kohlendioxid erfolgt überwiegend in den Mitochondrien der Leberzellen
(Harnstoffzyklus).
Kleine Repetition: Aus den freiwerdenden AS beim Proteinabbau muss der entstandene
Stickstoff entfernt werden. Dies geschieht in der Leber durch die
oxidative Desaminierung, wobei Ammoniak (NH3) entsteht. Ammoniak ist
ein starkes Zellgift und ist physiologisch nur in sehr geringer
Serumkonzentration nachweisbar. Er wird in der Leber sofort an CO2
gebunden, woraus der ungiftige Harnstoff (H2N-CO-NH2) entsteht,
welcher über den Blutweg abtransportiert wird. Harnstoff ist ein kleines
ungeladenes Molekül und da er wasserlöslich ist, kann er dann über die
Nieren und den Darm eliminiert werden.
2 NH3 + CO2
NH2
C
H2N
O +
H2O
Abb. 2: Beim Proteinabbau entsteht unter anderem Ammoniak. In der Leber wird dieser sofort an CO2
gebunden, woraus im Harnstoff-Zyklus schliesslich der ungiftige Harnstoff entsteht.
1.2. Die Ausscheidung von Harnstoff:
a.) Renale Ausscheidung:
Harnstoff wird von den Glomeruli der Nieren frei filtriert und ca. 40-60% werden
anschliessend in den Tubuli rückresorbiert; der restliche Anteil wird
ausgeschieden. Da die tubuläre Rückresorption zusammen mit Wasser erfolgt,
steigt die Harnstoffausscheidung mit der Urinmenge an (wird weniger Wasser
rückresorbiert, wird auch weniger Harnstoff rückresorbiert).
b.) Ausscheidung über den Darm:
Ein kleiner Teil des Harnstoffs gelangt in den Darm. Der grösste Teil wird dort zu
Kohlendioxid und Ammoniak abgebaut, welches wieder in die Leber gelangt.
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G. Doubt
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„Harnstoff“
Die Harnstoffkonzentration ist somit abhängig von:
•
•
•
•
der Nierenfunktion
dem Proteingehalt der Nahrung
der Leberfunktion
dem Harnvolumen (erhöhte Rückresorption von Wasser und damit auch von
Harnstoff bei Exsikkose)
Bildung & Ausscheidung von Harnstoff:
2. Unterschied zwischen Harnstoff und BUN:
Da gibt es praktisch keinen Unterschied. Bei der Bestimmung des BUNs wird nicht der
Harnstoff, sondern nur der im Harnstoff enthaltene Stickstoff angegeben. BUN-Werte (in
mg/dl) sind daher geringer als Harnstoffwerte. Die Bedeutung von Harnstoff- und BUN-Werten
ist aber identisch.
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„Harnstoff“
B. STOFFWECHSELSTÖRUNGEN
3. Bestimmungsindikationen von Harnstoff:
Harnstoff (H2N-CO-NH2) kann alle Zellmembranen frei durchqueren (permeieren), weil er
ungeladen ist und eine niedrige Molekülmasse besitzt. Harnstoff verhält und verteilt sich wie
Wasser überall im Körper. Die Harnstoffbildung ist der quantitativ wichtigste
Biosynthesevorgang im menschlichen Körper.
Aufschluss über die Filtrationsfunktion der Nieren geben u.a. die Creatinin- und
Harnstoffkonzentration im Serum, da diese Substanzen bezüglich ihrer Ausscheidung auf
funktionstüchtige Nieren angewiesen sind. Daher gehören Harnstoff und Creatinin zu den
sogenannten harnpflichtigen Substanzen und werden als Suchtests zur Überprüfung der
Nierenfunktion eingesetzt; sie dienen zudem als Kontrollparameter bei Dialysepatienten.
Harnstoff wird zudem auch zur Überprüfung der Proteinzufuhr bestimmt.
Bei den Erwachsenen werden die Referenzwerte gemäss ihres Alters sehr detailliert
angegeben (siehe Packungsbeileger). Kinder und Schwangere haben aufgrund erhöhter
Proteinbiosynthese (Wachstum) etwas tiefere Werte als Erwachsene.
4. Erniedrigte Harnstoffkonzentration im Blut:
Erniedrigte Harnstoffkonzentrationen treten auf bei:
•
•
•
niedriger Proteinzufuhr (Anorexie, langanhaltende Hungerzustände)
erhöhter Proteinbiosynthese (Schwangerschaft, Kindheit)
schweren Lebererkrankungen
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„Harnstoff“
5. Erhöhte Harnstoffkonzentration im Blut (Azotämie):
Erhöhter Harnstoff im Blutplasma findet sich aufgrund prärenaler, renaler oder postrenaler
Ursachen:
5.1.
Prärenale Ursachen:
Vermehrter Proteinkatabolismus (es wird zu viel Protein abgebaut) infolge:
- übermässige Eiweisszufuhr in der Nahrung (Bodybuilder) oder in Infusionen
(wird manchmal auch als exogene Azotämie bezeichnet – von aussen
kommende)
- Fieber (verstärkter Proteinabbau)
- Strahlentherapie (Gewebe des Körpers wird zerstört)
- Zytostatikabehandlung, z.B. mit Glukokortikoiden (Cortison: diese Stoffe
fördern den Eiweissabbau)
- Unfall-Trauma
- Transfusionszwischenfall (massive Zerstörung der Ec – Hämolyse)
•
•
5.2.
Verminderte Nierendurchblutung (dadurch wird weniger Harnstoff filtriert und
ausgeschieden) infolge:
- Herzinsuffizienz, Hypotonie
- „Austrocknung“: starke Blutung, Erbrechen, Diarrhoe, Verbrennungen,
mangelnde Flüssigkeitszufuhr
Renale Ursachen:
Diese finden sich bei Nierenerkrankungen mit Einschränkung der glomerulären
Filtrationsrate (GFR), also der Primärharnbildung, um mehr als 75%:
- akutes Nierenversagen
- Nephropathien (z.B. Glomerulonephritis, Pyelonephritis usw.)
- nierentoxische Medikamente (z.B. Zytostatika)
5.3. Postrenale Ursachen:
Hierbei liegen Abflussbehinderungen des Harns vor, es gibt einen Rückstau des Harns
bis in die Nieren, die Nieren nehmen durch diese Stauung an Grösse zu und sind nicht
mehr voll funktionstüchtig → Harnstoff steigt im Blut an.
- Nierensteine
- Tumore
- Vergrösserungen der Prostata
Die Abflussbehinderungen werden jedoch meist frühzeitig behoben, bevor es zu einer
ausgeprägten Harnstofferhöhung im Blut kommen kann.
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„Harnstoff“
6. Harnstoff & Creatinin im Vergleich:
Unabhängig von der Tatsache, dass die Harnstoffkonzentration stark von verschiedensten
Einflüssen (Proteinzufuhr, -metabolismus, Urinmenge) abhängig ist, können wir vergleichend
folgende Aussagen machen:
•
•
Bei chronischer (ständiger) Einschränkung der Nierenfunktion ist die
Creatininkonzentration stärker erhöht als die Harnstoffkonzentration. Grund: Das
Creatininmolekül ist grösser als das Harnstoffmolekül und kann durch die
eingeschränkte Funktion schlechter eliminiert werden, als das kleinere
Harnstoffmolekül. Mit der Zeit steigt die Konzentration von Creatinin höher an als die
des Harnstoffs.
Bei akutem, vollständigem Nierenversagen ist der Harnstoff stärker erhöht als das
Creatinin. Grund: Wenn über die Nieren nichts mehr ausgeschieden wird, so fällt pro
Zeiteinheit mehr Harnstoff an als Creatinin, da im Organismus mengenmässig mehr
Harnstoff synthetisiert wird als Creatinin. Harnstoff ist somit wesentlich mehr erhöht
als Creatinin.
Daher ist das Serumcreatinin ein besserer Funktionsparameter für die Filtrationsleistung der
Niere als Serumharnstoff, denn das Serumcreatinin steigt schon bei einer Einschränkung der
GFR unter 50% an (Harnstoff steigt erst bei einer Einschränkung der GFR um mehr als 75% an)
– Ausnahme: akutes Nierenversagen.
GFR:
Glomeruläre Filtrationsrate: Physiologisch werden in den Glomeruli pro Tag ca. 180l
Plasma filtriert. Das ergibt eine glomeruläre Filtrationsrate von 125 ml/min.
Makromoleküle (Proteine) und korpuskuläre Elemente werden dabei nicht filtriert.
C. DIAGNOSTIK
Harnstoff kann aus Serum, Plasma (kein Fluoridplasma) sowie aus Urin bestimmt werden.
Häufige Methoden sind:
• Urease/GLDH: enzymatischer UV-Test (gekoppelt)
• Urease/Berthelot: enzymatischer Farbtest
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„Harnstoff“
7. Urease/GLDH:
a.) Messreaktion:
Urease
Harnstoff + 2 H2O
b.) Indikatorreaktion:
2NH4+ + 2 HCO3-
GD
2-Oxoglutarat + NH4+ + NADH
L-Glutamat + NAD+ + H2O
Das Enzym Urease spaltet den Harnstoff. Mit Hilfe des Enzyms Glutamatdehydrogenase
(GD/GLDH) wird das NADH zu NAD+ abgebaut. Die Abnahme der NADH-Konzentration ist
direkt proportional zur Harnstoffkonzentration und wird bei 340nm gemessen.
8. Urease/Berthelot:
1. Reaktionsschritt:
Harnstoff + H2O
Urease
2NH3 + CO2
Das Enzym Urease spaltet vom Harnstoff Ammoniak ab. Dieses NH3 reagiert mit Hypochlorit zu
Chloramin, welches unter Anwesenheit von Natriumnitroprussid (= Katalysator) mit Phenol zu
Indolphenolblau weiterreagiert. Die entstandene blaue Farbe ist der Harnstoffkonzentration
proportional und wird zwischen 530 und 570 nm photometrisch gemessen (Phenol ist heute
durch Salycilat ersetzt worden = modifizierte Methode: Harnstoff-S. Grund: Phenol ist sehr
giftig, kann DNA denaturieren).
Spezifität:
Der erste Schritt ist sehr spezifisch, da das Enzym Urease nur Harnstoff zu
Ammoniak und Kohlendioxid spalten kann. Der zweite Schritt (BerthelotReaktion) ist nicht sehr spezifisch, da auch Ammoniak aus dem Wasser und der
Luft mitreagieren kann (z.B. nicht verschlossene Reagenzien). Die BerthelotReaktion im Weiteren ist sehr empfindlich gegenüber Ammoniumsalzen
(unsaubere Glaswaren).
9. Ammoniakbestimmung:
Der Ammoniakgehalt im Blut ist auch messbar und wird bestimmt z.B. bei:
•
•
schweren Hepatopathien (Hepatitis, Leberzirrhose, Vergiftungen usw.)
erblichen Enzymdefekten im Harnstoffzyklus
Näheres dazu in der Phase 4.
Medi; Bildungsgang med. Labor
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