Haftung der Fachkraft für Arbeitssicherheit
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Haftung der Fachkraft für Arbeitssicherheit
Haftung der Fachkraft für Arbeitssicherheit Vortrag VDSI Hamburg 6. Juni 2007 Rechtsanwalt Dr. Thomas Wilrich Fachanwalt für Verwaltungsrecht WEILER Rechtsanwälte Sonnenstrasse 2 80331 München Tel.: 089 / 5111 4777 E-Mail: [email protected] Homepage: www.rechtsanwalt-wilrich.de Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Vorstellung ● Juristische Staatsexamen 1993 Bonn und 1997 in Berlin ● Mitarbeiter im Team der Bundestagspräsidentin, Bonn 1994 ● Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin 1995 – 1999 ● Lehrbeauftragter an der Verwaltungsakademie Berlin 1998 – 2003 ● Beratungstätigkeit im Bereich Altlasten(sanierung) und Haftungsfragen im Brandenburgischen Umweltministerium Potsdam 1999 – 2000 ● Rechtsanwalt in der internationalen Sozietät White & Case LLP in Berlin und Frankfurt 2000 – 2005 ● seit 2005 Fachanwalt für Verwaltungsrecht, selbständige Tätigkeit ● 7 Monate juristisches Vertragsmanagement (Bau- und Ingenieurverträge) der Europäischen Zentralbank (EZB) beim Hochhaus-Neubau in Frankfurt ● Beratung ausländischer Umwelt- und Wirtschaftsministerien bei der Anpassung an EG-Recht (Technisches Recht und Umweltrecht) Mitarbeit in der Kanzlei WEILER Rechtsanwälte in München Schwerpunkt: Rechtsfragen rund um Arbeiten – Bauen – Produzieren Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Vorschriften mit genauer Angabe des Adressaten „Gerüste dürfen nur unter der Aufsicht einer befähigten Person und von fachlich geeigneten Beschäftigten auf-, ab- oder umgebaut werden, die speziell für diese Arbeiten eine angemessene Unterweisung gemäß § 9 erhalten haben, die sich insbesondere auf folgendes erstreckt: ...“ Anhang 2 Nr. 5.2.6 BetrSichV Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wer ist verpflichtet ? „Kann das gewählte Gerüst nicht nach einer allgemein anerkannten Regelausführung errichtet werden, ist für das Gerüst oder einzelne Bereiche des Gerüsts eine Festigkeits- und Standfestigkeitsberechnung vorzunehmen.“ Anhang 2 Nr. 5.2.1 BetrSichV Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) „In den vergangenen achtzig Jahren ... ist eine fast unübersehbare Zahl von Vorschriften erlassen worden. Die Anwendung dieser Vorschriften in der betrieblichen Praxis erfordert mit zunehmender technischer Entwicklung immer mehr besonderen Sachverstand ... Der Arbeitgeber ist zwar für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung grundsätzlich selbst verantwortlich, doch darf nicht übersehen werden, dass es ihm und den für den Produktionsprozess verantwortlichen Betriebsleitern, Abteilungsleitern und sonstigen Aufsichtspersonen schon seit langem in vielen Bereichen nicht mehr möglich ist, für die arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fragen im notwendigen Ausmaß sachverständig zu sein“, aus der Begründung des ASiG in Bundestags-Drucksache 7/260 vom 26.2.1973, Seite 9 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wer hat Aufgaben im Arbeitsschutz ? • Arbeitgeber, 2. Abschnitt ArbSchG: §§ 3 ff, § 21 SGB VII • „Verantwortliche Personen“, § 13 ArbSchG • Arbeitnehmer, 3. Abschnitt ArbSchG: §§ 15, 16 • Befähigte Personen, § 2 Abs. 7 BetrSichV • Fachkräfte für Arbeitssicherheit / Betriebsärtze (ASiG) • Sicherheitsbeauftragte (§ 22 SGB VII) • Koordinatoren (§ 8 ArbSchG) • Betriebsräte (BetrVG) • Arbeitsschutzausschüsse (§ 11 ASiG) Aufgabenzuweisung bedeutet aber nicht automatisch Haftung! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Verantwortlichkeit und Haftung Begriffe Pflicht, für eigene Handlungen einzustehen eigener Handlungsspielraum Aufgabe + Befugnis Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Verantwortlichkeit und Haftung Begriffe Pflicht, für eigene Handlungen einzustehen eigener Handlungsspielraum Aufgabe + Befugnis „Der Angestellte ist verpflichtet, den dienstlichen Anordnungen nachzukommen. Beim Vollzug einer dienstlichen Anordnung trifft die Verantwortung denjenigen, der die Anordnung gegeben hat“ § 8 Abs. 2 BAT (alt) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gehorsampflicht ist stärker als Haftungsrecht! Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BAT “kann sich der Angestellte bei der Befolgung dienstlicher Anordnungen grundsätzlich darauf verlassen, daß diese rechtmäßig sind und deren Befolgung keine haftungsrechtlichen Konsequenzen hat” Wolfgang Hamer, BAT Basiskommentar, 2. Aufl. 1999, § 8 Rn. 30 § 8 Abs. 2 Satz 2 BAT “entlastet den Angestellten von der Verantwortung für Anordnungen des Arbeitgebers oder seiner Bevollmächtigten” Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmnn/Pühler, BAT - Kommentar, § 8 Erläuterung 68.4 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Das Strafrecht ist stärker als die Gehorsampflicht! § 8 Abs. 2 Satz 3 BAT (alt): “Der Angestellte hat Anordnungen, deren Ausführung – ihm erkennbar – den Strafgesetzen zuwiderlaufen würden, nicht zu befolgen” “Die Verantwortlichkeit bei einem Verstoß gegen Strafgesetze kann dem Angestellten auch nicht eine Anordnung des Vorgesetzten abnehmen” Ernst J. Ruppert, BAT-Kommentar, 1995, § 8 Rn. 53 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wann ist Strafrechtswidrigkeit erkennbar? LG Kleve, Urteil v. 17.4.1980 – 1 I 36/78 = NStZ 1981, 266 Produktionsleiter und Produktionsmeister ordnen die Ableitung von bei der Herstellung von Fettsäuren anfallenden Glyzerinwasser in eine seit Jahren nicht mehr benutzte und undichte Leitung an, so daß es in den Rhein gelangt. Sie werden wegen fahrlässiger Gewässerverunreinigung verurteilt. Die ausführenden Schichtführer und Schichtarbeiter werden freigesprochen: Sie erhielten die Anweisung, über eine Leitung, “die sie noch nie benutzt hatten, abzulassen. Es wäre eine Überforderung der an sie zu stellenden Sorgfaltspflichten, wenn man ihnen eine Überprüfung der ihnen erteilten Anordnung in diesem Fall auferlegen würde”. “Anhaltspunkte” für eine Rechtswidrigkeit “mußten sich ihnen auch nicht aufdrängen”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Verantwortlichkeit und Haftung Begriffe Pflicht, für eigene Handlungen einzustehen eigener Handlungsspielraum Aufgabe + Befugnis „24 Stunden am Tag!“ Pflicht, für eine Leistung einzustehen Verwirklichung der Verantwortung im Einzelfall Verursachung + Schuld Hoffentlich nie! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Arten der Haftung Öffentlich-rechtlich Behördliche Durchsetzung des Arbeitsschutzrechts in Form von Anordnungen mit dem Ziel seiner zukünftigen Beachtung (Blick durch die “Windschutzscheibe”) Ordnungswidrigkeiten- und strafrechtlich Behördliche oder gerichtliche Sanktionen bei Nichtbeachtung des Arbeitsschutzrechts mit dem Ziel der Ahndung von Verstößen (Blick durch den “Rückspiegel”) Zivilrechtlich bzw. sozialrechtlich Ansprüche des Arbeitnehmers und des Arbeitgeber gegeneinander bei Nichtbeachtung des Arbeitsschutzrechts (Berufsgenossenschaften!) insbesondere Ausgleich von Schäden (bei Arbeitsunfällen) Arbeitsvertraglich Maßnahmen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Dienstvertraglich Maßnahmen im Rahmen eines Dienstleistungsverhältnisse mit einem externen (Arbeitsschutz-)Berater Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und arbeitsrechtliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsvertragliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und abeitsrechtliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsvertragliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Arbeitgeber als primärer Adressat des Arbeitsschutzrechts § 3 ArbSchG Grundpflichten des Arbeitgebers (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. … § 4 ArbSchG Allgemeine Grundsätze … § 6 ArbSchG Dokumentation “Der Arbeitgeber muss über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind” Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Das Arbeitsschutzrecht gilt auch für „kleine“ Unternehmer! § 2 Abs. 3 ArbSchG: Natürliche und juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften sind Arbeiteber, wenn sie auch nur einen einzigen Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person beschäftigen. Einschränkende Vorschrift § 6 Abs. 1 Satz 3 ArbSchG: Soweit in sonstigen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, gilt die Dokumentationspflicht „nicht für Arbeitgeber mit zehn oder weniger Beschäftigten; die zuständige Behörde kann, wenn besondere Gefährdungssituationen gegeben sind, anordnen, daß Unterlagen verfügbar sein müssen“. Achtung Europarecht! § 6 Abs. 1 Satz 3 ArbSchG verstößt nach dem Urteil des EuGH vom 7. Februar 2002 gegen die EG-Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Pflichten des Arbeitgebers (§ 3 ArbSchG) • Pflicht zu erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen • Pflicht zu Wirksamkeitsprüfung • Anpassung an geänderte Gegebenheiten • Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz • Bereitstellung der erforderlichen Mittel (auf eigene Kosten) • Anhalten der Beschäftigten zur Erfüllung ihrer Arbeitsschutzpflichten • Schaffung einer geeigneten Arbeitsschutzorganisation • Einbindung des Arbeitsschutzes in betriebliche Führungsstrukturen Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Arbeitsschutz nicht nur im Betrieb, sondern im Unternehmen! § 3 Abs. 2 Nr. 2 ArbSchG spricht zwar von der Einbindung des Arbeitsschutzes in die „betrieblichen Führungsstrukturen“. Aber wieder Achtung Europarecht! Diese Vorschrift setzt Art. 6 Abs. 3 a Spiegelstrich 2 ArbeitsschutzRahmenrichtlinie um: Dort heißt es: Arbeitsschutzmaßnahmen müssen erforderlichenfalls „in alle Tätigkeiten des Unternehmens bzw. des Betriebes und auf allen Führungsebenen einbezogen werden“ („undertaking and/or establishment“) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und arbeitsrechtliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsrechtliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Verantwortliche Personen i.S.d. § 13 ArbSchG Nr. 1: Gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers Nr. 2: Vertretungsberechtigte Organe einer juristischen Person Nr. 3: Vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft aufgrund gesetzlicher Regelung – in vollem Umfang – verantwortlich wie der Arbeitgeber Nr. 4: Mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragte Personen (Führungskräfte) Nr. 5: Besonders beauftragte Personen (Abs. 2) aufgrund Einräumung von Vertretungsmacht verantwortlich im Rahmen ihrer Befugnisse; in der Regel für Teilbereich der Arbeitsschutzpflichten Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gesetzlich Vertretungsberechtigte Nr. 2 + 3 des § 13 ArbSchG Organe einer juristischen Person ● Geschäftsführer bei GmbH ● Vorstände bei AG Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft ● alle Gesellschafter bei OH ● Komplementäre bei KG ● Geschäftsführer der GmbH bei der GmbH & Co. KG Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Betriebs- und Unternehmensleiter nach Nr. 4 des § 13 ArbSchG Voraussetzung ● Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes (nicht alle Vorgesetzten) Entscheidungsbefugnis wie AG im eigenen Aufgabenbereich ● Beauftragung mit der Leitung reicht aus die Arbeitsschutzverantwortlichkeit ist untrennbarer Teil der Führungsaufgabe Rechtsfolge ● Verantwortlichkeit für Arbeitsschutz wie AG im Rahmen des eigenen Leitungs- und Entscheidungsbereichs Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beauftragte nach Nr. 5 des § 13 ArbSchG Voraussetzung ● Zuverlässigkeit und Fachkunde ● schriftliche Beauftragung mit (bestimmten) Arbeitsschutzaufgaben (§ 13 Abs. 2 ArbSchG, § 13 BGV A1 i.V.m. BGI 508-1 – Mai 2005) Rechtsfolge ● Wahrnehmung (nur) der übertragenden Arbeitsschutzaufgaben „in eigener Verantwortung“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) § 13 ArbSchG hat nur einen sehr begrenzten Wirkungsbereich! Vorsicht! § 13 ArbSchG regelt nur die (stellvertretende) Verantwortlichkeit für fremde Aufgaben, nämlich Aufgaben des Arbeitgebers Die Haftung für den Eigenbereich richtet sich nach den allgemeinen Regeln Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) § 13 ArbSchG hat nur einen sehr begrenzten Wirkungsbereich! Vorsicht Nr. 2! § 13 ArbSchG gilt nur für die öffentlich-rechtliche Haftung, also für die Frage, wen die Arbeitsschutzbehörden in Anspruch nehmen können, um das Recht für die Zukunft durchzusetzen („Windschutzscheibe“) Für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht („Rückspiegel“) gelten §§ 9 OWiG und § 14 StGB und hier reicht ● bei Leitungspositionen die Beauftragung, „den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten“ (Abs. 2 Nr. 1) ● bei besonders Beauftragten eine „ausdrückliche“ Beauftragung, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen (Abs. 2 Nr. 2) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) § 13 ArbSchG hat nur einen sehr begrenzten Wirkungsbereich! Vorsicht Nr. 3! Die allgemeinen Regeln sind teilweise nicht ausdrücklich geschrieben und gehen über §§ 13 ArbSchG, 14 StGB, 9 OWiG hinaus bzw. diese Vorschriften werden sehr weit ausgelegt. Beispiel AG Tettnang, Strafbefehl v. 3.2.2005 – 6 Cs 35 Js 3054/04 Sind Vorarbeiter strafrechtlich verantwortlich wie Arbeitgeber/Unternehmer? Eine Reinigungsfirma hatte den Auftrag, Moos und Flechten mit einem elektrischen Hochdruckreiniger von den Vordächern einer Garageneinfahrt zu entfernen. Ein Mitarbeiter erhielt beim Umstecken des Reinigers einen Stromschlag und mußte ins Krankenhaus. Ursachen für den Unfall waren u.a.: 1. Sichtbare Beschädigung der Isolierung am Stromkabel 2. Arbeit mit einer Kabeltrommel, die nur für Innenbereich zugelassen war Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) AG Tettnang: Strafrechtliche Haftung des Vorarbeiters wie der Arbeitgeber! „Als Vorarbeiter waren Sie neben dem gesondert beschuldigten Geschäftsführer … mitverantwortlich für die Sicherheit und Geeignetheit der benutzten Gerätschaften sowie für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften“. 25 Tagessätze Geschäftsführer: „Sie sind somit verantwortlich sowohl für die Sicherheit und Geeignetheit der benutzten Gerätschaften dieser Firma als auch für die Bekanntmachung der Unfallverhütungsvorschriften an die Angestellten bzw. Arbeiter Ihrer Firma und ferner für die Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften“. 40 Tagessätze Amtsgericht Tettnang, Strafbefehl v. 3.2.2005 – 6 Cs 35 Js 3054/04 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wer leitet einen Teil des Betriebs? ● Vorstand ● Betriebsdirektor ● Hauptabteilungsleiter ● Abteilungsleiter „5. bis 6. Ebene“ Göhler, OWiG, § 9 Rn. 21 ● Betriebsbereichsleiter ● Obermeister ● Vorarbeiter auch der Vorarbeiter Herzberg, Die Verantwortung für Arbeitsschutz und Unfallverhütung im Betrieb, 1984, S. 83 ff. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gesamtverantwortung des Unternehmers Die verantwortlichen Personen sind „neben dem Arbeitgeber“ verantwortlich“. Auch bei der Delegation von Arbeitsschutzaufgaben ist der Unternehmer weiterhin verantwortlich für die Organisation sachbezogen Auswahl personenbezogen Kontrolle/Aufsicht der Ausführung der Sachaufgaben und der Personen Kumulation, nicht Übertragung der Verantwortung Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gesamtverantwortung des Unternehmers „Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen“. § 130 Abs. 1 OWiG Bestellung von Aufsichtspersonen = Organisation! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Pflichten des Arbeitgebers/Unernehmers ●Organisation Delegation ● Auswahl ● Unterweisung Pflichten bei der Delegation ● Überwachung ● Durchsetzung Pflichten nach der Delegation Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wahrnehmung der Unternehmerverantwortung bzw. der Führungskräfteverantwortung „Das Maß und der Umfang der Pflicht des Geschäftsherrn zur Auswahl, Überwachung und Leitung des Verrichtungsgehilfen lässt sich nicht nach starren Regeln beurteilen, sondern nach der Verkehrsanschauung und den Besonderheiten des Falles“ BGH, Urteil v. 30.1.1996 Sachverhalt: Die Deutsche Bahn nimmt ein schweizerisches Transportunternehmen nach der Explosion eines sog. Wechselkoffers in einem Bahnhof auf Schadensersatz in Höhe von DM 686.187,-- in Anspruch. Sie ist der Auffassung, daß ein ungeeigneter Gefahrgutbehälter zum Einsatz gekommen ist, und letztlich war die Frage entscheidend, ob der Gefahrgutbeauftragte ordnungsgemäß kontrolliert worden ist. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe ja, nach Auffassung des BGH nein! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Organisation – Organisationsverschulden „Eine Analyse der in der Gemeinschaft gemeldeten schweren Unfälle zeigt, daß in den meisten Fällen Management- bzw. organisatorische Mängel die Ursache waren. Es müssen deshalb auf Gemeinschaftsebene grundlegende Prinzipien für die Managementsysteme festgelegt werden, die geeignet sein müssen, den Gefahren schwerer Unfälle vorzubeugen und sie zu verringern und die Unfallfolgen zu begrenzen“. Erwägungsgrund 15 der Seveso II-Richtlinie – Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. Nr. L 10/1997, S. 13) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Themenübersicht zum Praxis-Seminar Unternehmensorganisation – Organisationsverschulden ● Wer? ● Wo(bei)? ● Wie? ● Was? ● Womit? ● Wie weit? ● Wenn nicht? Adressat der Organisationspflicht Ansatzpunkte der Organisation Integration des Arbeitsschutzes Inhalt der Organisationspflicht gesetzliche Pflichten und Organisationsermessen Gegenstand der Organisation Aufbauorganisation und Ablauforganisation Instrumente und Mittel der Organisation Verträge, Anweisungen, Betriebsvereinbarungen Grenzen der Organisationspflicht Verhältnismäßigkeitsprinzip Sanktionierung des Organisationsverschuldens Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wo endet die Organisationspflicht? Gibt es einen Kostengrenze? „Übergroße finanzielle Belastungen können Sicherungsmaßnahmen unzumutbar machen. … Grundsätzlich setzt sich aber der Bestandsinteresse der Schutzgüter gegenüber finanziellen Interessen“ durch. „Bestandsschutz geht vor Werterhaltung“. BGB-Reichsgerichtsrätekommentar (RGRK)/Steffen, Band II, 5. Teil §§ 812 – 831, 12. Aufl. 1989, § 823 Rn. 149 „Der Kostenfaktor ist im allgemeinen überhaupt nur dann zu berücksichtigen, wenn die finanziellen Belastungen ganz außer Verhältnis zu der Gefahrensicherung steht und dies der Verkehrsanschauung einleuchtet, dass sich die Verkehrserwartung hierauf einstellt“. BGH, Urteil November 1983 – Sicherung der Längsseiten eines Eishockey-Stadions gegen verirrten Puck Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Wie tiefgehend muß die Auswahlprozedur gehen bei sensiblen Tätigkeiten? OLG Köln, Urteil aus Juni 1996 Sachverhalt: Der Wachmann eines Bewachungsunternehmens leistete bei der Bewachung eines Warenlagers Mithilfe zu einem Einbruchdiebstahl. Das Warenlager nimmt das Unternehmen auf DM 54.000,- in Anspruch. Urteil: Das Bewachungsunternehmen kann sich nicht nach § 831 BGB entlasten: „… sind darüber hinaus die persönlichen und insbesondere finanziellen Verhältnisse in einem eingehenden Einstellungsgespräch nachzufragen. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und Eignung eines Wachmannes sind detaillierte und nach Möglichkeit schriftlich belegte Angaben über dessen Familienstand, eventuell vorhandene Schulden und deren Höhe sowie Auskünfte über das Freizeitverhalten (teure Hobbys?) unerläßlich, da sie Rückschlüsse auf mögliche Gefährdungslagen zulassen“. Achtung: Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG)! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beispiel Überwachungsverschulden BGH, Urteil v. 30.1.1996 - VI ZR 408/94 = NJW-RR 1996, 867 Sachverhalt: Gefahrgutbeauftragter A hatte über längeren Zeitraum Gefahrguttransporte in ungeeigneten Behältern durchführen lassen. Urteil: „Es gilt der Grundsatz, dass dann, wenn der gefahrbringende Zustand eine längere Zeit angedauert hat, angenommen werden kann, dass der Geschäftsherr seine Überwachungspflicht nicht ausreichend erfüllt hat“. tatsächlich wirkungsvolle „nachvollziehende Kontrolle“ auf der Grundlage der „allgemeinen Erfahrung im Speditionswesen“: Möglichkeit, sich „stichprobenweise für einzelne Gefahrguttransporte von A erläutern zu lassen, welche Sicherheitsanforderungen für diese Transporte zu beachten waren und was A veranlasst hatte, um den Sicherheitsanforderungen zu genügen“. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gegenzeichnung von Anweisungen! AG München, Urteil aus Dezember 1995 „Zwar bestand eine Arbeitsanweisung für Bauüberwachung, die zu Beginn der Bauarbeiten und bei Begehung der Baustelle vor Beginn der Bauarbeiten vorgelegen hat. Diese Arbeitsanweisung ist dem Zeugen F. jedoch nicht zu Gesicht bekommen. Das Gericht folgt insoweit der Zeugenbekundung des F. Nicht maßgebend ist der Umstand, daß auf Bl. 81 d.A. am Ende der Arbeitsanweisung steht: Zur Kenntnis: E. und F. Das Gericht mißt der Bekundung des Zeugen F. einen höheren Beweiswert zu als der Urkunde d.A.“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und arbeitsrechtliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsvertragliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkräfte für Arbeitssicherheit Bestellung ● „soweit erforderlich“ auch für reine Büroarbeitsplätze (OVG HH, B. v. 19.2.2004 – Az.: 1 Bf 484/03) ● Bestellung und Abberufung nur mit Zustimmung des Betriebsrats (§ 9 Abs. 3 ASiG) bzw. Personalrats ● Schriftlichkeit (§ 5 Abs. 1 ASiG) sonst greift § 9 Abs. 3 ASiG nicht (BAG, Urteil v. 23.6.1994 – Az.: 2 RZR 640/93) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkräfte für Arbeitssicherheit Kündigung nur mir Zustimmung des Betriebsrats? ● Zustimmung des Betriebsrats immer Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung Teile der Literatur ● Zustimmung des Betriebsrats bei Kündigung, wenn diese auf Gründe gestützt wird, die sachlich mit der Tätigkeit gemäß ASiG im untrennbaren Zusammenhang stehen BAG, Urteil v. 24.3.1988 = NZA 1989, S. 60 ● Betriebsbedingte Kündigung auch ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich: Arbeitsverhältnis und Bestellung sind zu trennen, und § 9 Abs. 3 spricht nur von der Abberufung – im Gegensatz zu § 103 BetrVG bei Betriebsräten und § 58 Abs. BImSchG bei Immissionsschutzbeauftragten. Bei der Fachkraft für Arbeitssicherheit ist nur „Unabhängigkeit der Amtsausübung“ Ziel und nicht eine individualrechtliche Besserstellung. LAG Hamm, Urteil v. 14.6.2005 – Az. 19 Sa 287/05 = NZA-RR 2005, 640 – nicht rechtskräftig Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkräfte für Arbeitssicherheit – Aufgaben Unterstützung des AG bei Arbeitsschutz und Unfallverhütung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 – 4 ASiG) durch ● ● ● ● Beratung Überprüfung Beobachtung Daraufhinwirken, dass die Beschäftigten die Vorschriften einhalten Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkräfte für Arbeitssicherheit Anforderungen • Berufsbezeichnung Ingenieur • Fachkundenachweis (§ 7 Abs. 1 ASIG) VGH München, Beschluss v. 4.11.2004 – 22 ZB 04/2690 ==> Anordnung des Unfallversicherungsträgers, Art und Umfang der sicherheitstechnischen Betreuung des Betriebs durch Vorlage entsprechender Dokumente nachzueisen. Mit einem dreitägigen “Sicherheitstechnischer Lehrgang für Aufsichtsführende” ist eine dem § 7 ASiG entsprechende Wissensvermittlung “auch nur annähernd” nicht möglich. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkraft für Arbeitssicherheit Rechtsstellung unterstehen unmittelbar dem Betriebsleiter („Stabsstelle“, § 8 Abs. 2 ASiG) LAG Köln, Urteil v. 3.4.2003 – 10 (1) Sa 1231/02 ==> eine Fachkraft war dem Abteilungsleiter Umwelt/Qualitätsmanagement unterstellt und hatte die Stadtwerke GmbH verklagt “Unabhängigkeit und Einfluss im Betrieb sollen durch ein bestimmte organisatorische Stellung im Betrieb abgesichert und der Beratungsdienst möglichst weit “oben” in der betrieblichen Hierarchie angebunden sein. Die Vorgesetzen aus der “Linie” sollen keinen Einfluss ausüben”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkraft für Arbeitssicherheit Rechtsstellung unterstehen unmittelbar dem Betriebsleiter („Stabsstelle“, § 8 Abs. 2 ASiG) VG Münster, Urteil v. 16.1.2002 – 9 K 2097/99 ==> Anordnung der Arbeitsschutzbehörde, die Fachkraft fachlich wie auch organisatorisch dem Betriebs (Werkleiter) zu unterstellen”. Die Stellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit “in der Fachdiskussion ist eine andere, wenn sie nicht Weisungen eines Abteilungsleiters unterworfen ist”. Es “wird ausdrücklich nur die Unterstellung in personeller Hinsicht für zulässig (wenn auch häufig problematisch) gehalten”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fachkraft für Arbeitssicherheit Rechtsstellung Weisungsgebundenheit im Hinblick auf den organisatorischen Ablauf der Arbeit (Weisungen des Arbeitgebers bzw. des Dienstberechtigten) Weisungsfreiheit bei der Anwendung der sicherheitstechnischen Fachkunde (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ASiG) keine Weisungsbefugnis ● „hinwirken“ in Richtung Beschäftigte (§ 6 Satz 1 Nr. 4 ASiG) ● „Vorschlag unterbreiten“ in Richtung Arbeitgeber (§ 8 Abs. 3 ASiG) § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG gilt für jeden Beschäftigten: „Bei unmittelbarer erheblicher Gefahr müssen die Beschäftigten die geeigneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbegrenzung selbst treffen können, wenn der zuständige Vorgesetzte nicht erreichbar ist“. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) ! Fachkräfte für Arbeitssicherheit Verantwortlichkeit und Haftung „Die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für den Arbeitsschutz wird durch das ASiG nicht in Frage gestellt. ... Aus dem ASiG ergibt sich keine Verantwortlichkeit der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ Rolf Wank, Kommentar zum technischen Arbeitsschutz, 1999, ASiG, § 1 Rn. 6 STIMMT DAS ??? Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kein Verantwortlichkeit für die Durchführung des Arbeitsschutzes nach ArbSchG! Aber 1: Fachkraft kann gleichzeitig verantwortliche Person sein und haftet dann für ihren Bereich wie der Arbeitgeber (§§ 13 ArbSchG, § 9 OWiG, § 14 StGB) ● nur die „reine“ Fachkraft hat keine Verantwortung für die Durchführung des Arbeitsschutzes gemäß ArbSchG Umweltschutzbeauftragten können Entscheidungsbefugnisse übertragen werden (vgl. § 58 Abs. 3 BImSchG) oder sie haben kraft Gesetzes Befugnisse (vgl. § 31 Abs. 2 und § 33 Abs. 4 Strahlenschutzverordnung). Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kein Verantwortlichkeit für die Durchführung des Arbeitsschutzes nach ArbSchG! Aber 2: „reine“ Fachkraft hat nur keine Verantwortlichkeit für fremde Aufgaben, nämlich (Arbeitsschutz-)Aufgaben des Arbeitgebers; sie ist aber verantwortlich für die ordentliche Ausführung ihrer Aufgaben und kann haften ● arbeitsrechtlich ggü Arbeitgeber ( Abmahnung / Kündigung) ● sozialrechtlich bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Arbeitsunfalls ggü Berufsgenossenschaften ( SGB VII) ● arbeitsvertraglich + deliktsrechtlich ggü Arbeitgeber und Kollegen bei Sach- und Vermögensschäden ● zivilrechtlich ggü Dritten bei allen Schäden ● strafrechtlich ! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und arbeitsrechtlich Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsvertraglich Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Individualstrafrecht statt Unternehmerverantwortung Ausnahme § 30 Abs. 1 OWiG: „Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, ... 4. als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter ... oder 5. als sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens verantwortlich handelt, wozu die Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört, eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die Pflichten, welche die juristische Person ... treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person ... bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese eine Geldbuße festgesetzt werden. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Bußgeldrahmen des § 30 OWiG (2) Die Geldbuße beträgt 1. 2. im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünfhunderttausend Euro. ... im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu einer Million Euro. § 17 Abs. 4 OWiG ist anwendbar: „Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Relevante Strafvorschriften § 222 StGB: Fahrlässige Tötung „Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. § 229 StGB: Fahrlässige Körperverletzung „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstraße bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kernfragen strafrechtlicher Verantwortung „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe ... bestraft“ (§ 229 StGB) • Kausale Verursachung des Schadens durch die Pflichtverletzung Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kernfragen strafrechtlicher Verantwortung „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe ... bestraft“ (§ 229 StGB) • Kausale Verursachung des Schadens durch die Pflichtverletzung • Sorgfaltspflichtverletzung: Außerachtlassen der erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kernfragen strafrechtlicher Verantwortung „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe ... bestraft“ (§ 229 StGB) • Kausale Verursachung des Schadens durch die Pflichtverletzung • Sorgfaltspflichtverletzung: Außerachtlassen der erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt • Individuelle Zurechnung der Pflichtverletzung Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Verursachung durch aktives Tun durch Unterlassen jeder Handelnde haftet Sorgfaltspflichtverletzung und Garantenstellung • Unternehmer • verantwortliche Person • nicht die „reine“ FASI • jeder bei vorangegangenem gefährlichen Tun (Ingerenz) • freiwillige Pflichtenübernahme? „Wuppertaler Schwebebahn“ „Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt ...“ (§ 13 StGB) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung der Fachkraft für positives Tun “Der Sicherheitsingenieur macht einen planerischen Fehler bei einem Vorschlag zur Mängelbeseitigung einer Schutzvorrichtung an einer Maschine. Hierdurch wird die Maschine erst recht unsicher und ein Mitarbeiter gerät während der Arbeit mit einem Arm in die Maschine”. Georg Kunze, Der Sicherheitsingenieur – Rechtsstellung, Haftung und Verantwortung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, 2. Aufl. 1983, herausgegeben vom VDI (ISBN 3-18-400584-4), Seite 41 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Problem des Strafrechts bei arbeitsteiligen Prozessen in der Unternehmensorganisation „Das moderne Strafrecht ist an den Lebensformen der sozialen Außenseiter, der outlaws, der Geächteten, ihrer anarchischen, individuellen und desorganisierten, von der Spontaneität des Augenblicks bestimmten Lebensweise herausgebildet worden“. Schünemann, UTR 26, Seite 137, 139 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung der Fachkraft für Unterlassung Amtsgericht Kehl, Urteil von Juni 2002 ● Betriebsunfall in einem Stahlwerk im Juli 1999 ● Ein Kranfahrer wollte einen Schlackenkübel auf dem Boden absetzen. Ein anderer Fahrer schlug mit einer Schaufel gegen die Hilfstraverse, weil sie sich nicht von den Befestigungsteilen des Kübels löste. ● Als der Kranfahrer losfuhr kippte der Kübel. Der heiße Inhalt ergoß sich auf den Boden und entzündete sich. 3 Arbeiter erlitten starke Verbennungen, einer erlag 3 Tage später seinen Verletzungen. Anklage der Fachkraft für Arbeitssicherheit wegen fahrlässiger Körperverletzung und Tötung Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB): 50 Tagessätze. Hat die Fachkraft für den Unfall „einzustehen“? Ist sie Garant? Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Amtsgericht Kehl, Urteil von Juni 2002 ● § 6 ASiG: “Hätte der Angeklagte … diese Pflichten erfüllt, so hätte er seinen direkten Vorgesetzten, den Stahlwerkchef …, darauf hinweisen müssen, dass nach der Praxis der Abläufe bei der wöchentlichen Reinigungs- und Revisions-arbeiten die Einhaltung des § 37 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschriften – VBG – nicht eingehalten wurde”. ● “Die Benutzung des Ganges Richtung Hüttenflur war bis zum Unfallgeschehen Routine. Der Angeklagte … hatte nicht dafür gesorgt, dass gerade bei diesen gefährlichen Arbeiten dieser Zugang zum Hüttenflur gesperrt bzw. die Leute, die diesen Flur begingen, gewarnt wurden”. ● “Hätte der Angeklagte … die entsprechenden Informationen seinem Vorgesetzten gegeben, so hätte dieser entsprechende Vorkehrungen treffen können, wie es auch heute der Fall ist”. Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB): 50 Tagessätze. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) AG Hamburg, Urteil v. 9.2.1989 – Az. 726 a-532/88 Ein Siebenmonatskind verstarb am 4. Februar 1987 im Krankhaus HHWandsbeck, weil es bei künstlicher Beatmung in einem Brutkasten auf einer Wärmematte lag, die keinen zusätzlichen Temeraturbegrenzer und keine akustische Warnanzeige hatte und überheizte. Angeklagt wegen fahrlässiger Tötung werden - die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit (A) und - der Geschäftsführer der für die Wartung zuständigen GmbH. Die Fachkraft hatte 3 Jahre zuvor von der Beschaffung der Geräte abgeraten, weil nur ein optisches Warnsignal vorhanden war. Als aber im Krankenhaus HH-Barmbeck ein Störfall auftrat und die dortige Fachkraft in einem Schreiben mehreren Kollegen hiervon berichtete, nahm eine Fachkaft eines Heidelberger Krankenhauses die Matten aus dem Verkehr, nicht aber A. Auch leitete A das Schreiben nicht an Verantwortliche in seinem Krankenhaus weiter. Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) AG Hamburg, Urteil v. 9.2.1989 – Az. 726 a-532/88 ● Verschulden “… daß er es versäumt hat, dem kaufmännischen Leiter des Krankenhauses oder den geräteverantwortlichen Ärzten klarzumachen, daß aufgrund des im Krankenhaus Barmbek aufgetretenen Störfalls die Weiterver-wendung dieser Geräte ein nicht mehr vertretbares Risiko darstelle und sie aus dem Betrieb genommen werden mußten”. ● Verantwortlichkeit “Tatsächlich ist er nämlich als Beschäftigter des Krankenhauses aufgrund seiner besonderen beruflichen Qualifikation als Ingenieur für pysikalische Technik von der kaufmännischen Leitung zumindest hinsichtlich des hier in Rede stehenden Gerätesystems beauftragt worden, zur allgemeinen Gerätesicherheit Stellung zu nehmen. Durch diesen Auftrag wurde er aufgrund seines Dienstverhältnisses und nicht etwa auf freiwilliger unverbindlicher Grundlage als Gehilfe bei der Wahrnehmung der Obliegenheiten in Anspruch genommen, die der kaufmännischen Leitung … obliegen”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) LG Hamburg, Urteil v. 23.7.1990 – Az. 10/89 Ns Freispruch “Die Kammer ist aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit überzeugt, daß bei einer entsprechenden Information … die Wärmematten aus dem Betrieb genommen wären und der Todesfall deshalb nicht eingetreten wäre”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) OLG Frankfurt, Urteil 1987 Wegen unbefugter fortgesetzter Gewässerverunreinigung werden angeklagt 1. der Werksleiter, 2. der Gewässerschutzbeauftragte, 3. den zuständigen Dezernenten beim Regierungspräsidium. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) OLG Frankfurt, Urteil 1987 „Täter innerhalb eines Unternehmens ist der für den Gewässerschutz letztlich Verantwortliche oder die von ihm bevollmächtigte Person als sogenannte entscheidende Stelle i.S. des § 21e WassHG. Dies bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln, namentlich nach § 14 StGB“. Werksleiter = § 14 Abs. 2 StGB Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) OLG Frankfurt, Urteil 1987 Gewässerschutzbeauftragte als Teilnehmer? „Eine Hilfeleisten durch Unterlassen ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn die Verschmutzung die nachteilige Veränderung des Mains durch die gebotenen Kontroll-, Informations- oder Initiativpflichten abgewendet oder zumindest die Vollendung oder Fortsetzung der strafbaren Handlung erschwert hätte“. Prüfung, ob das strafbare Handeln des Unternehmers zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert worden wäre „echte Chance“ / „reelle Chance“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) „Gegenprobe“ OLG Düsseldorf, Beschluß v. 3.12.1990 – 5 Ss (OWi) 370/90 – (OWi) 161/90 I = NuR 1991, 244 – Gewässerschutzbeauftragter, der zugleich Leiter der technischen Abteilung ist und dem die Organisation der Abwasserbeseitigung als selbständig zu erfüllende Aufgabe übertragen ist, ist verantwortlich i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): „ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen“ ≈ § 13 Abs. 2 ArbSchG, der allerdings schriftliche Beauftragung fordert Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Zivil- und arbeitsrechtliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsvertragliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Schadensersatzanspruch Geschädiger Schadensersatz Schädiger aus Vertrag oder unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftungsfreistellung bei Arbeitsunfällen Geschädigter Schadensersatz Schädiger §§ 104 - 107 SGB VII Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz Geschädigter Schädiger BG Anspruch gemäß §§ 26 ff. Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rückgriff der BG beim Schädiger Geschädigter Schädiger BG Anspruch gemäß §§ 26 ff. Rückgriff gemäß §§ 110, 111 Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls • Vorsätzlichkeit oder grobe Fahrlässigkeit • Billigkeit Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftungsausschluss bei Arbeitsunfällen § 104 SGB VII Beschränkung der Haftung der Unternehmer „Unternehmer sind den Versicherten, die für ihr Unternehmen tätig sind ... nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, § 105 SGB VII Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen „Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursachen, sind diesen ... nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 4 versicherten Weg herbeigeführt haben“ Finanzierungsargument Friedensargument Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Die Rechtsprechung tendiert beim Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften zur Annahme grober Fahrlässigkeit LG Osnabrück, Urteil v. 12.12.1995 – Az. 7 O 79/94 „Gerade Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften erfassen besonders typische und große Gefahren am Arbeitsplatz, so daß ein Verstoß gegen diese Normen zumeist als krasse Pflichtwidrigkeit anzusehen ist“. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) OLG München, Urteil vom 12. April 1999 – Az.: 5 U 6722/98 – „Nach den Sicherheitsregeln für Arbeiten an und auf Dächern aus Wellplatten (Nr. 5.4) wäre die Anbringung von Stegen mit einer Mindestbreite von 50 cm notwendig gewesen“. „Es fehlte ferner an einem Anseilschutz nach Nr. 6.5 der Sicherheitsregeln“. Diese „Maßregeln hat der Beklagte außer Acht gelassen. Damit ist ihm eine objektiv schwere Pflichtwidrigkeit vorzuwerfen. Dieser Umstand läßt den Schluß auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden zu“. „Unfallverhütungsvorschriften sind nicht das Elaborat realitätsferner Bürokraten, die vom grünen Tisch aus entworfen und fixiert werden. Sie sind vielmehr das Ergebnis aus der Auswertung vieler Arbeitsunfälle und schaffen in vernünftiger Weise einen Ausgleich zwischen der Effektivität der entsprechenden Arbeit einerseits und der Minimierung der dabei auftretenden Gefahren sowie der Verringerung der im Gefahrenfall eintretenden möglichen Folgen andererseits“. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) OLG Köln, Urteil 1998 • Montagebauunternehmen montiert Dach- und Wandverkleidungen an Betonhalle • Dachdecker verliert Gleichgewicht und stürzt aus ungeklärter Ursache vom Hallendach, weil er nicht gesichert war • Berufsgenossenschaft klagt gegen – Montagebauunternehmen – die persönlich haftenden Gesellschafter und – den Kolonnenführer und Vorarbeiter auf Erstattung der Unfallfolgekosten gemäß § 110 SGB VII alle haften als Gesamtschuldner! Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Objektiv schwerer und subjektiv nicht entschuldbarer Verstoß „Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieser unter dem Druck einzuhaltender zeitlicher Vorgaben, aus Bequemlichkeit oder ehrgeizigem Erfolgsstreben etwa begangen worden ist. Keine dieser Beweggründe würde es entschuldigen können, naheliegendste und jedermann einleuchtende Vorsichtsmaßnahmen zu verabsäumen ...“ Kolonnenführer und Vorarbeiter „... musste er die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen kennen. Dennoch ließ er es zu, dass „seine Leute“ zumindest häufig völlig ungesichert arbeiteten“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Persönlich haftende Gesellschafter keine „sachkundigen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen“ Die Beklagten haben sich „damit beruhigt, dass Sicherheitsgurte ausgegeben gewesen seien, wofür ein von ihnen eigens bestellter Sicherheitsbeauftragter die Verantwortlichkeit getragen habe“ und dass der Vorarbeiter „angewiesen worden sei, auf das Anlegen dieser Sicherheitsgurte zu achten; diesbezüglich habe mit Problemen nicht gerechnet werden müssen. Ein solches Verhalten reicht jedenfalls unter den obwaltenden Umständen indessen nicht aus, um sie vom Vorwurf grob fahrlässiger (Mit-)Herbeiführung des Arbeitsunfalls des Herrn T. infolge Missachtung der Unfallverhütungsvorschriften zu exkulpieren". Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Unternehmen § 111 SGB VII Haftung des Unternehmens: „Haben ein Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs ..., vertretungsberechtigte Gesellschafter ... oder gesetzliche Vertreter der Unternehmer in Ausführung ihnen zustehender Verrichtungen den Versicherungsfalls vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, haften nach Maßgabe des § 110 auch die Vertretenen. Eine nach § 110 bestehende Haftung derjenigen, die den Versicherungsfall verursacht haben, bleibt unberührt.“ Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beispiel für grob fahrlässiges Verhalten einer Fachkraft für Arbeitssicherheit “Der Sicherheitsmeister entfernt bei einer routinemäßigen Kontrolle einer Maschine eine Sicherheitseinrichtung. Nach Abschluß der Kontrollarbeiten vergißt er, trotz mehrfachen Hinweises der zuständigen Führungskraft, die Schutzvorrichtung wieder anzubringen. Die Maschine wird zum Betrieb freigegeben. Ein Mitarbeiter übersieht das Fehlen der Schutzeinrichtung und wird bei seiner Tätigkeit dadurch schwer verletzt”. Georg Kunze, Der Sicherheitsingenieur – Rechtsstellung, Haftung und Verantwortung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, 2. Aufl. 1983, herausgegeben vom VDI (ISBN 3-18-400584-4), Seite 33 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Arbeitsvertragliche Haftung des AN ggü AG IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Kollegen und Dritten V. Arbeitsrechtliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers (auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit) Innerbetriebliche Sphäre ● Haftung des Arbeitnehmers für Personenschäden bei Arbeitsunfällen ggü AG und Kollegen beschränkt §§ 104, 105 SGB VII: unmittelbare Haftung bei Vorsatz ggü Sozialversicherungsträgern beschränkt § 110 SGB VII: „Rückgriff“ (nur) bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ● Haftung des Arbeitnehmers für Sachschäden gegenüber Arbeitgeber ● Haftung des Arbeitnehmers für Sachschäden gegenüber Kollegen --------------------------------------------------------------------------------------------------Außerbetriebliche Sphäre V. Deliktsrechtliche Haftung des Arbeitnehmers ggü Dritten -------------------------------------------------------------------------------------------------Haftung von Nicht-Arbeitnehmers VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gehaltskürzung bei Sach- und Personenschäden? Nein Gutes Geld auch für schlechte Arbeit! Lohnanspruch bleibt erhalten, auch wenn der Arbeitnehmer fehlerhafte Arbeitsergebnisse produziert oder Schaden verursacht. 1. Arbeitsvertrag ist Sonderfall des Dienstvertrages: geschuldet ist nicht der Arbeitserfolg, sondern die erfolgsorientierte Tätigkeit. 2. AG ist dafür verantwortlich, daß er dem AN solche Aufgaben überträgt, die er erfüllen kann (“Richtiger Mann am richtigen Platz”) aber: ● Möglichkeit der Aufrechnung (bis zur Höhe der Pfändungsfreigrenzen, § 394 BGB) ● Versagung des Lohnes wegen Rechtsmißbrauchs bei bewußter Langsam- oder Schlechtarbeit: “Kein Geld für Nichtarbeit” bei Verschulden (§ 280 BGB), das AG beweisen muß (§ 619a BGB) BAG, Urteil v. 26.1.1983 – Az. 4 AZR 1147/79 = AP Nr. 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie und BAG, 17.7.1970 = AP Nr. 3 zu § 11 MuSchG Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers für Sach- und Vermögensschäden ggü AG Ausgangspunkt: ● Beratungspflicht ● Rechtsgrundlage: Arbeitsvertrag Haftungsbeispiel Fachkraft für Arbeitssicherheit: “Unterläßt z.B. der Sicherheitsingenieur die gebotene Überprüfung einer Betriebsanlage im Vertrauen darauf, sie entspreche den technischen Anforderungen, und übersieht auch der Unternehmer den Fehler, so ist der Sicherheitsingenieur grundsätzlich ganz oder z.T. zum Ersatz des dem Arbeitgeber daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Er hat dann seine Pflicht, den Unternehmer in technischen Fragen zu beraten, schuldhaft verletzt”. Georg Kunze, Der Sicherheitsingenieur – Rechtsstellung, Haftung und Verantwortung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, 2. Aufl. 1983, herausgegeben vom VDI (ISBN 3-18-400584-4), Seite 28 Warum zum Teil? Mitverschulden der Führungskraft / des Arbeitgebers? Muß der Arbeitnehmer unbeschränkt haften? Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung für Sach- und Vermögensschäden durch die Rspr. des BAG ! Gründe: 1. Fremdnützigkeit der Arbeit: Arbeitgeber erhält den wirtschaftlichen Erfolg (und trägt das Betriebsrisiko) 2. Fremdbestimmtheit der Arbeit: Arbeitgeber bestimmt durch sein Weisungsrecht weitgehend das Risikopotential der Arbeit 3. Menschliche Unvollkommenheit: Selbst dem sorgfältigen Arbeitnehmer können Fehler unterlaufen, die zwar für sich genommen fahrlässig sind, mit denen aber aufgrund der menschlichen Unzulänglichkeit gerechnet werden muss 4. Existenzgefährdung: Unbeschränkte Haftung kann den AN ruinieren Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beispiel: BAG Urt. v. 05.02.2004 - Az.: 8 AZR 91/03 Sachverhalt Ein Arbeitnehmer verursachte mit einem Dienstwagen, der ihm auch zur privaten Nutzung überlassen war, im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit einen Blechschaden. Im Arbeitsvertrag hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, dass der Mitarbeiter im Fall eines von ihm fahrlässig verschuldeten Unfalls die mit der Haftpflichtversicherung vereinbarte Selbstkostenbeteiligung von rund 1000 € selbst trägt. Der Arbeitgeber zog gemäß der getroffenen Vereinbarung den entsprechenden Betrag mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung vom Gehalt des Mitarbeiters ab. Dieser klagte und bekam schließlich Recht. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Beispiel: BAG Urt. v. 05.02.2004 - Az.: 8 AZR 91/03 Urteil Nach den Grundsätzen des BAG haftet ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber im Sinne eines innerbetrieblichen Schadensausgleichs nur eingeschränkt. Es gelten dabei folgende Abstufungen: ● keine Haftung bei leichtester Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers; ● anteilige Haftung bei mittlerer Fahrlässigkeit; ● in der Regel voll Haftung bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. ---------------------------------------------------------------------------------------Leichteste Fahrlässigkeit = geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten („Das kann vorkommen“) Grobe Fahrlässigkeit = besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, wenn der Arbeitnehmer die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die jedem eingeleuchtet hätte („Das darf nicht vorkommen“/„Wie konnte er nur“) Die im Fall getroffene Abrede widerspricht den oben genannten Grundsätzen, dass der Arbeitnehmer in Fällen nur leichtester Fahrlässigkeit nicht haftet. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des AN ggü AG bei Sach- und Vermögensschäden Grundsatz für mittlere Fahrlässigkeit Der Umfang der Haftung des AN gegenüber dem AG für grob oder mittelfahrlässig verursachte Schäden richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, sehr gerecht, aber sehr ungenau ! einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht Zulässigkeit der Haftungsverschärfung nur, wenn dem AN Risikoausgleich gezahlt wird, so daß er im Ergebnis nicht schlechter gestellt ist Vertragsgestaltung Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers für Sachschäden gegenüber Arbeitskollegen Ausgangspunkt: ● kein Vertragsverhältnis mit dem Kollegen ● nur allgemeines Deliktsrecht anwendbar Haftungsbeispiel Fachkraft für Arbeitssicherheit: “Der Sicherheitsingenieur berät den Arbeitgeber falsch bei der Planung einer Betriebsanlage. Als Folge eines für den Sicherheitsingenieur an sich erkennbaren sicherheitstechnischen Fehlers der Betriebsanlage entsteht durch Kurzschluß ein Brand im Betrieb. Hierbei verbrennen auch Kleidungssstücke der Arbeitskollegen”. Georg Kunze, Der Sicherheitsingenieur – Rechtsstellung, Haftung und Verantwortung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, 2. Aufl. 1983, herausgegeben vom VDI (ISBN 3-18-400584-4), Seite 30 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Arbeitsvertragliche Haftung des AN ggü AG IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsrechtliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers für Schäden von Kollegen und Dritten (nicht betriebsangehörigen Personen) Ausgangspunkt: ● kein Vertragsverhältnis ● nur allgemeines Deliktsrecht anwendbar Haftungsbeispiel Fachkraft für Arbeitssicherheit: “Der Sicherheitsingenieur stellt bei einer Betriebsbegehung einen Mangel an einer Schutzvorrichtung einer Maschine fest. Er verwechselt in seinem Bericht fahrlässig die Maschine mit einer anderen und gibt eine falsche Mitteilung an den Arbeitgeber. Daraufhin wird der tatsächliche Mangel vom Arbeitgeber bzw. Der Führungskraft nicht festgestellt und nicht abgestellt. Ein Arbeiter einer Fremdfirma oder ein Besucher verletzen sich wegen des Mangels – einer fehlenden Schutzvorrichtung – an der Maschine”. Georg Kunze, Der Sicherheitsingenieur – Rechtsstellung, Haftung und Verantwortung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, 2. Aufl. 1983, herausgegeben vom VDI (ISBN 3-18-400584-4), Seite 31 Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers ggü Dritten unbeschränkt! Verursacht ein AN einen Schaden haftet er grundsätzlich 1. für jede – auch die leichteste – Fahrlässigkeit und 2. unbeschränkt. “Alles-oder-Nichts-Prinzip” Ausnahme: Mitverschulden (§ 254 BGB) Aber im Innenverhältnis zum AG kann bei betrieblicher Veranlassung nichts anderes gelten als wenn der AN den AG geschädigt hätte. AN hat gegen den AG deshalb einen Freistellungsanspruch: Arbeitnehmerhaftung verwandelt sich in eine Arbeitgeberhaftung! Wenn der AN schon Schadensersatz geleistet hat, hat er gegen den AG einen Erstattungsanspruch. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Betriebshaftpflichtversicherung § 151 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): “Ist die Versicherung für die Haftpflicht aus einem geschäftlichen Betrieb des Versicherungsnehmers genommen, so erstreckt sie sich auf die Haftpflicht … solcher Personen, welche er zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder eines Teiles des Betriebs angestellt hat. Die Versicherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen” Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Haftung des Arbeitnehmers - Zusammenfassung Betriebliche Sphäre für Personenschäden bei Arbeitsunfällen ggü AG und Kollegen beschränkt §§ 104, 105 SGB VII: unmittelbare Haftung bei Vorsatz ggü Sozialversicherungsträgern beschränkt § 110 SGB VII: „Rückgriff“ bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit für Sach- und Vermögensschäden ggü AG nach den Grundsätzen des BAG bei betrieblicher Veranlassung beschränkt (nächste Folien) ggü Kollegen unbeschränkt nach §§ 823 ff. BGB Außerbetriebliche Sphäre für alle Schäden ggü Dritten unbeschränkt nach §§ 823 ff. BGB aber Freistellungsanspruch ggü AG Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Gliederung des Vortrags A. Innerbetriebliche Verantwortlichkeit I. Unternehmer II. Verantwortliche Personen III. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragte B. Haftung I. Strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen II. Zivil- bzw. sozialrechtliche Haftung bei Arbeitsunfällen III. Arbeitsvertragliche Haftung des AN ggü AG und Kollegen IV. Deliktsrechtliche Haftung des AN ggü Dritten V. Arbeitsrechtliche Haftung des AN gegenüber AG VI. Dienstvertragliche Haftung des externen Beauftragten VII. Haftung bei Fremdfirmeneinsatz VIII. Öffentlich-rechtliche Haftung gegenüber dem Staat IX. Zivilrechtliche Haftung des AG gegenüber AN Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Abmahnung des Arbeitnehmers bei Nichtbeachtung der Arbeitsschutzvorschriften AG Frankfurt am Main, Urteil aus Mai 2005 Eine in der Schäl- und Spülküche eingesetzte Küchenhilfe wurde dreimal angemahnt weil sie ● auf einem umgedrehten Eimer gesessen hatte ● nicht Sicherheitsschuhe, sondern offene Sandalen getragen hatte Die Klage der Arbeitnehmer auf Entfernung der Abmahnungen wies das AG an: “Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers von einer gewissen Intensität können eine Abmahnung rechtfertigen”. “Nichteinhalten von – fast selbstverständlichen – Sicherheitsvorschriften im Küchenbereich kann zu Unfällen führen, die nicht nur den Arbeitnehmer selbst, sondern auch die Arbeitskollegen und den Arbeitgeber belasten können”. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Fristlose Kündigung des Arbeitnehmers bei Nichtbeachtung der Arbeitsschutzvorschriften LAG Frankfurt am Main – Az. 5 Sa 1710/05 – Eine Metzgerei-Angestellte hatte gegen ausdrückliche Anweisung Hackfleisch in einem Schweinerollbraten verarbeitet, das vom Vortrag stammte. Damit verstieß sie gegen Vorschriften der Hackfleischverordnung. Das LAG Frankfurt bestätigte die fristlose Kündigung der Angestellten als rechtmäßig. Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected]) Kontakt Rechtsanwalt Dr. Thomas Wilrich Tätigkeitsschwerpunkte Arbeitsrecht und Bau- und Immobilienrecht Fachanwalt für Verwaltungsrecht Sonnenstrasse 2 80331 München Tel.: 089 / 5111 4777 E-Mail: [email protected] Homepage: www.weiler-rechtsanwaelte.de Rechtsanwalt Dr.Thomas Wilrich, Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, München (E-Mail: [email protected])