FB 2: Unmöglichkeit Übungsfall: Der Fernseher F beschließt, ein

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FB 2: Unmöglichkeit Übungsfall: Der Fernseher F beschließt, ein
FB 2: Unmöglichkeit
Übungsfall: Der Fernseher
F beschließt, ein Fernsehgerät bei Trödler T zu kaufen. Er ruft deshalb bei T an (Telefonkosten 1
Euro) und erklärt, dass er ein billiges Fernsehgerät suche. T erwidert, dass er ein preisgünstiges Gerät
für 50,- € im Lager stehen habe. Daraufhin ist F sofort einverstanden und bittet T, das Gerät samt
Rechnung an ihn zu liefern. Als T nach dem Anruf seinen Gehilfen ins Lager schickt, um das
Fernsehgerät zu holen, stellt G fest, dass wenige Minuten vor Vertragsschluss Diebe ins Lager gelangt
waren und mehrere Gegenstände u.a. auch dieses Gerät entwendet haben. Daraufhin ruft T bei F an,
um ihm von dem Diebstahl zu berichten. F entgegnet: „pacta sunt servanda“. Außerdem habe ihm sein
Freund X bereits 75,- € für den Apparat geboten.
1) Kann F von T
Erfüllung des Kaufvertrages verlangen oder zumindest etwaige
Schadensersatzansprüche geltend machen?
2) Wie wäre der Fall zu entscheiden, wenn das Fernsehgerät erst fünf Minuten nach dem
Telefongespräch zwischen F und T gestohlen worden wäre, weil G vergessen hatte die Lagertür
abzuschließen ?
3) Was ist F für den Fall 2) zu raten, wenn er nicht weiß, ob der Fernseher wirklich gestohlen wurde?
Fallbesprechung Zivilrecht – 2. Semester, SoSe 2012, AG 2 – Der Fernseher
S 2 - AG 2: DER FERNSEHER
F R AG E 1:
I. Anspruch F gegen T aus § 433 I S. 1 BGB
1. Kaufvertrag iSd § 433 BGB
Vor.: zwei übereinstimmende WE
a) Angebot i. S.d. § 145 BGB?
aa) Angebot des F
bb) Angebot des T
b) Annahme des F?
Problem: Lieferung an F erbeten
 lebensnahe SV-Auslegung: Annahme ohne Vorbehalt
(+)
Erg.: Kaufvertrag (+)
2. Anspruch erloschen gem. § 275 I BGB
a) § 311a I BGB: Vertrag bleibt wirksam
b) Leistungserfolg nicht mehr herbeizuführen?
- Leistungspflichten des T: Übergabe und
Übereignung, § 433 I S. 1 BGB
aa) Übereignung möglich?
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- Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB:
Einigung (+)
Übergabe möglich?
Problem: nur unüberwindliche Leistungshindernisse von § 275 I Alt.1 BGB erfasst
aber hier D unbekannt, T kann Sache
wahrscheinlich nicht wiederbeschaffen
 Übergabe (-)
- Übereignung gem. §§ 929 S. 1, 931 BGB durch
Abtretung des Herausgabeanspr. des T gegen D:
z.B. §§ 985, 861, 1007 I , 823 I i.V.m. 249 S.1
BGB, § 823 II BGB i.V.m. 242 StGB und § 812 I
S. 1 Alt. 2 BGB (+)
 Abtretung möglich
 Übereignung ist also noch möglich
bb) Übergabe möglich?
 (-), s.o.
c)Teilunmöglichkeit iSd § 275 I BGB  „soweit“?
Übereignung möglich (s.o.), nur Übergabe unmöglich
Aber: hier natürlich und rechtlich nicht sinnvoll teilbar
 Teilunmöglichkeit (-)
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Ergebnis: Anspruch aus § 433 I S. 1 BGB (-)
II. Anspruch F gegen T auf Schadensersatz für den
entgangenen Gewinn
1. Anspruch aus § 311a II S. 1 Alt. 1 BGB
a) anfängliches Leistungshindernis gem. § 311a BGB (+),
T wurde gem. § 275 I BGB von der Leistungspflicht frei
b) Vertretenmüssen, §§ 311a II S. 2, 276 BGB?
Unkenntnis des Leistungshindernisses
aa) Unkenntnis des T bzgl. Leistungshindernis (+)
bb) zu vertreten nach § 276 I S. 1, II BGB
(1) Fahrlässigkeit des T, § 276 II BGB?
im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet?
Leistungsfähigkeit muss nicht ununterbrochen
überprüft werden
 Fahrlässigkeit (-)
(2) Haftung des T aus Garantie, § 276 I S. 1 a.E.
BGB?
Leistungsversprechen allein genügt nicht  (-)
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(3) Unkenntnis nicht zu vertreten
Ergebnis: Anspruch aus § 311 a II S. 1 Alt. 1 BGB (-)
2. Anspruch aus § 280 I, III i.V.m. § 281 I BGB
„fällige“ Leistung, § 281 I S. 1 BGB  wg. § 275 I BGB (-)
Ergebnis: Anspruch nach § 280 I, III, § 281 BGB (-)
ebenso wenig aus §§ 280 I, III, 283 BGB (§ 311a II S. 1
BGB lex specialis für anfängliche Unmöglichkeit)
III. Ersatz der Telefonkosten
1. § 284 iVm § 311a II S. 1 Alt. 2 BGB
Aufwendung im Vertrauen auf Leistung?
Hier: (-), da noch nicht mal konkreter Vertrag in Aussicht
Ergebnis: Anspruch aus § 284 iVm § 311a II S. 1 Alt. 2
BGB (-)
Ergebnis zu Frage 1: kein Anspruch F gegen T
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F R AG E 2:
I. Anspruch F gegen T aus § 433 I S. 1 BGB
1. Anspruch entstanden
wirksamer KV (s.o.)
2. Anspruch erloschen
nach § 275 I BGB erloschen
Erg.: kein Anspruch aus § 433 I S. 1 BGB
II. Anspruch F gegen T aus § 280 I, III i.V.m. § 283 BGB
1. Schuldverhältnis
2. Pflichtverletzung: Ausbleiben der Leistung infolge
nachträglicher Unmöglichkeit (+)
3. Vertretenmüssen, § 280 I S. 2 i.V.m. § 276 I S. 1, II BGB
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wird vermutet, Entlastung möglich?
a) eigenes Vertretenmüssen des T (-)
b) Zurechnung fremden Verschuldens, § 278 S. 1 BGB?
Erfüllungsgehilfe: wer mit Wissen und Wollen im
Pflichtenkreis des Schuldners tätig ist
 G Erfüllungsgehilfe des T
Verschulden des G: fahrlässige Verletzung der ihm
auferlegten Pflicht (+)
Gem. § 278 BGB von T zu vertreten
 Vertretenmüssen (+)
4. Rechtsfolge: Schadensersatz statt der Leistung (pos.
Interesse)
5. Art und Umfang des Schadensersatzes
a) Grundsatz: Differenzhypothese des § 249 I BGB
b) Statt Naturalrestitution SchErs in Geld gem. § 251 I
BGB
c)
Berechnungsmethoden:
Surrogations-
und
Differenztheorie
- Surrogationstheorie: Gegenleistung bleibt bestehen
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Fallbesprechung Zivilrecht – 2. Semester, SoSe 2012, AG 2 – Der Fernseher
- Differenztheorie: Geldforderung des Gläubigers in Höhe
der Wertdifferenz
e) Umfang des Ersatzes:
- entgangener Gewinn von 25,- € nach § 252 BGB zu
ersetzen
- Telefonkosten: nicht ersetzbar
Ergebnis zu Frage 2: Anspruch F gegen T in Höhe von 25,€
F R AG E 3:
Möglichkeiten des F:
I. Anspruch aus § 280 I, III i.V.m. § 283 BGB:
sofort geltend machen
 aber: Risiko zu verlieren, wenn Leistung tatsächlich
nicht unmöglich
II. Setzen einer angemessenen Nachfrist nach § 280 I, III
i.V.m. § 281 I S. 1 BGB
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S 2 – FB 2 – SS12
Fallbesprechung Zivilrecht – 2. Semester, SoSe 2012, AG 2 – Der Fernseher
1. nach erfolglosem Ablauf der Frist:
Schadensersatzanspruch wahlweise
auf § 280 I, III i.V.m. § 283 BGB
oder § 280 I, III i.V.m. § 281 I BGB gestützt
2. Vorteil:
ein Anspruch sicher gegeben:
Unterschied § 281 I und § 283 BGB nur bzgl.
Unmöglichkeit und Nachfrist
3. im Prozess:
Gericht muss nicht prüfen, ob Unmöglichkeit vorliegt, da
Ergebnis gleich
F verliert nur, wenn T Beweis des Nichtvertretenmüssens
gelingt
Ergebnis zu Frage 3: angemessene Nachfrist setzen und
nach erfolglosem Fristablauf Schadensersatz verlangen
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Fallbesprechung zum Grundkurs BGB II, SoSe 2009, AG 2 – Der Fernseher – Lösung
S 2 - AG 2: DER FERNSEHER
SCHR AT: ANFÄNGLICHE UND NACHTRÄGLICHE UNMÖGLICHKEIT, SCHADENSERSATZ, AUFWENDUNGSERSATZ, SURROGATIONS- UND DIFFERENZMETHODE
FRAGE 1:
I. Anspruch F gegen T auf Übereignung und Übergabe
gem. § 433 I S. 1 BGB
F könnte gegen T einen Anspruch aus Kaufvertrag gem.
§ 433 I S. 1 BGB auf Übereignung und Übergabe des
Fernsehers haben.
1. Dies setzt einen wirksamen Kaufvertrag zwischen F
und T gem. § 433 BGB voraus. Ein Kaufvertrag kommt
durch den Austausch von darauf gerichteten, übereinstimmenden Willenserklärungen, nämlich Angebot und
Annahme, zustande.
a) Zunächst müsste ein wirksames Angebot vorliegen.
Das Angebot i.S.v. § 145 BGB ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die inhaltlich bereits
derart bestimmt sein muss, dass mit einem einfachen „Ja“
die Annahme erklärt werden kann.
aa) In der Erklärung des F, ein billiges Fernsehgerät zu
suchen, könnte ein Angebot gem. § 145 BGB liegen. Da
hier der Kaufpreis weder bestimmt noch bestimmbar ist,
liegt kein Angebot i.S.v. § 145 BGB vor.
bb) Jedoch hat T dem F ein bestimmtes Fernsehgerät aus
seinem Lager für 50 € zum Kauf vorgeschlagen, und
damit seinerseits ein Angebot abgegeben.
cc) Fraglich ist, wann das Angebot des T wirksam geworden ist. Nach § 130 I BGB, der zwar direkt nur für
Erklärungen gegenüber Abwesenden gilt, insoweit aber
eine allgemeine Regel enthält, ist dafür der Zugang beim
Empfänger erforderlich. Für die Frage des Zugangs ist
zwischen verkörperten und unverkörperten, insbesondere
mündlichen Erklärungen zu unterscheiden. Bezüglich der
Zugangserfordernisse werden Erklärungen am Telefon
unverkörperten Erklärungen unter Anwesenden gleichgestellt 1, s. § 147 I S. 2 BGB. Bei unverkörperten Erklärungen kommt es nach der eingeschränkten Vernehmungstheorie darauf an, ob der Erklärende damit rechnen konnte und durfte, richtig und vollständig verstanden zu werden. Dies ist hier gegeben. T hat also ein wirksames
Angebot abgegeben.
b) Weiter ist zu klären, ob F dieses Angebot angenommen hat. Dies könnte dadurch geschehen sein, dass er
sich einverstanden erklärte und T bat, das Gerät zu liefern, § 147 I S. 1 u. S. 2 BGB.
Voraussetzung für eine wirksame Annahme ist, dass das
Angebot vorbehaltlos und ohne Änderungen bejaht wird.
Fraglich ist, ob in der Bitte um Anlieferung eine relevante Abweichung vom Angebot des T liegt. Zwar könnte
darin eine Abweichung bezüglich des Leistungsortes
liegen, der nach dem Angebot des T (§ 269 I, II BGB) an
dessen Wohnsitz liegt. Der Sachverhalt ist aber so zu
deuten, dass F zunächst vorbehaltlos annimmt und danach noch die Bitte um Anlieferung an T richtet.
1
Musielak, Grundkurs BGB9, Rn 79.
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Zwischenergebnis: T und F haben einen Kaufvertrag
geschlossen. Somit hat F aus dem Kaufvertrag grundsätzlich einen Anspruch gegen T nach § 433 I 1 BGB auf
Übereignung und Übergabe des Fernsehers.
Anmerkung: Legt man den Sachverhalt so aus, dass F seine
Annahme von der Lieferung frei Haus abhängig macht, so läge
in seiner Annahme nach § 150 II BGB eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot. Es stellt sich dann die Frage nach
der Annahme durch T. Da der Sachverhalt nichts über eine
Annahme des T am Telefon aussagt, könnte man eine Annahme
nach § 151 I BGB in Betracht ziehen. Diese könnte darin liegen,
dass T seinen Gehilfen ins Lager schickt, um das Gerät zu holen.
Nach § 151 BGB kommt der Vertrag zustande, ohne dass die
Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden
braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte
nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat.
Dieser Verzicht ist allerdings nach h. M. nur als Verzicht auf den
Zugang der Willenserklärung, nicht als Verzicht auf die Annahme selbst zu verstehen. Für die Annahme genügt in diesem Fall
ein nach außen hervortretendes Verhalten des T, aus dem eindeutig auf den Annahmewillen zu schließen ist.
Einer Annahme i.S.v. § 151 BGB steht jedoch entgegen, dass
gem. § 147 I BGB der einem Anwesenden gemachte Antrag nur
sofort angenommen werden kann. Dies gilt nach § 147 I 2 BGB
auch, wenn wie hier der Antrag am Telefon erfolgt. Anders wäre
es nur, wenn F abweichend von § 147 BGB eine Annahmefrist
gesetzt hätte. Dafür ist aber nichts ersichtlich.
2. Der Anspruch des F könnte aber durch den vor Vertragsschluss erfolgten Diebstahl am Fernseher gem. § 275
I BGB erloschen sein. Dies wäre dann der Fall, wenn
infolgedessen die Leistung unmöglich ist.
a) Klarzustellen ist, dass auch ein Fall anfänglicher Unmöglichkeit in Abweichung von der früheren Rechtslage
(§ 306 BGB a. F.) auf die Wirksamkeit des Vertrags gem.
§ 311a I BGB keinen Einfluss hätte.
b) Unmöglichkeit im Sinne von § 275 I BGB liegt vor,
wenn der Erbringung der geschuldeten Leistung ein
unüberwindbares Hindernis entgegensteht.
Nach dem oben Gesagten schuldet T dem F aus dem
Kaufvertrag die Übereignung und Übergabe des Fernsehgeräts (§ 433 I 1 BGB).
aa) Zu prüfen ist, ob T den Fernseher übereignen kann.
Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB erfordert Einigung und Übergabe. Wenngleich die Einigung möglich
wäre, kann T doch dem F den zur Übergabe nötigen
Besitz an dem Fernseher nicht verschaffen.
T könnte allerdings den Fernseher auch gem. §§ 929 S. 1,
931 BGB durch Abtretung seines Herausgabeanspruchs
gegen den Dieb übereignen. Als abtretbare Herausgabeansprüche kommen insoweit Ansprüche aus § 861 BGB,
§ 1007 I BGB, § 823 I BGB i.V.m. § 249 S. 1 BGB, §
823 II BGB i.V.m. § 242 StGB und § 812 I S. 1 Alt. 2
BGB in Betracht. Bezüglich des Anspruchs aus § 985
BGB gilt die Besonderheit, dass er zwar nicht isoliert
(d.h. vom Eigentum getrennt) abgetreten werden kann,
dass dies aber im Rahmen der Übereignung nach §§ 929
S 1, 931 BGB möglich ist, weil eine Trennung vom
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S 2 – AG 2 - L
Fallbesprechung zum Grundkurs BGB II, SoSe 2009, AG 2 – Der Fernseher – Lösung
Eigentum gerade nicht erfolgt. Somit wäre es dem T auch
nach dem Diebstahl noch möglich, dem F den Fernseher
zu übereignen.
bb) Allerdings verlangt § 433 I 1 BGB weiter die Übergabe des Kaufgegenstandes. Diese ist dem T aufgrund
des Diebstahls nicht möglich. Allerdings kann der Dieb
dem F den Fernseher übergeben. Da es gem. § 275 I BGB
ausreicht, dass die Erbringung der geschuldeten Leistung
dem Schuldner unmöglich ist (subjektive Unmöglichkeit), spielt es jedoch für das Freiwerden des T von der
Leistungspflicht grundsätzlich keine Rolle, dass der Dieb
zur Übergabe in der Lage ist.
Unmöglichkeit für den Schuldner liegt aber nur vor,
wenn feststeht, dass er die Disposition über den Leistungsgegenstand auch in Zukunft nicht mehr erlangen
kann 2, d.h. wenn der Schuldner selbst nicht leisten kann
und auch zur Beschaffung oder Wiederbeschaffung nicht
in der Lage ist.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Dieb
nicht gefasst werden kann, so dass eine Wiederbeschaffung ausscheidet und subjektive Unmöglichkeit vorliegt.
c) Fraglich sind die Folgen, die sich daraus ergeben, dass
die Übergabe, aber nicht die Übereignung unmöglich ist.
Es könnte Teilunmöglichkeit nach § 275 I BGB vorliegen, so dass T nur von der Verpflichtung freigeworden
ist, den Fernseher zu übergeben. Teilunmöglichkeit verlangt aber Teilbarkeit der Leistung im natürlichen und
rechtlichen Sinne. An der Teilbarkeit im rechtlichen
Sinne fehlt es insbesondere, wenn der noch möglichen
Teilleistung kein Teil der Gegenleistung in sinnvoller
Weise zugeordnet werden kann. Da hier der Übereignung
kein Teil des Kaufpreises in sinnvoller Weise zugeordnet
werden kann, ist hier die gesamte Leistung des T als
unmöglich geworden anzusehen.
Ergebnis: Der Anspruch der F gegen T auf Übergabe
und Übereignung des Fernsehers gem. § 433 I 1 BGB ist
infolge Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB erloschen.
1. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus
§ 311a II S. 1 Alt. 1 BGB
F könnte aber einen Anspruch gegen T auf Schadensersatz statt der Leistung aus § 311a II S. 1 Alt. 1 BGB
haben 3. Da es sich um einen auf Schadensersatz statt der
Leistung (Erfüllungsinteresse) gerichteten Anspruch
handelt, kommt in diesem Rahmen der entgangene Gewinn aus dem Weiterverkauf an X als ersatzfähiger
Schaden in Betracht.
Ein Anspruch aus § 311a II BGB setzt voraus, dass der
Schuldner einer vertraglichen Leistung wegen eines
schon bei Vertragsschluss bestehenden Leistungshindernisses nicht zu leisten braucht
a) Im vorliegenden Fall hatte T den Besitz am Fernseher
aufgrund des Diebstahls schon vor Vertragsschluss
verloren, so dass ein anfängliches Leistungshindernis
bestand. Infolgedessen wurde er gem. § 275 I BGB von
MüKo/Ernst, § 275 Rn. 52.
§ 275 IV BGB muss in der Falllösung nicht zitiert werden.
Dieser hat nur klarstellende Funktion, vgl. Dauner-Lieb, Das
neue Schuldrecht, Fälle und Lösungen, 2002, S. 27.
3
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Anmerkung: In diesem Fall kann schon bei Vertragsschluss
keine Primärleistungspflicht (Erfüllungspflicht) begründet
werden, der (trotzdem wirksame, s. o.) Vertrag dient aber als
Grundlage für Sekundäransprüche (Schadensersatz etc.).
b) Ein Anspruch nach § 311a II BGB scheidet aber aus,
wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu
vertreten hat, § 311a II S. 2 BGB. Dementsprechend wird
das Vertretenmüssen vermutet, so dass der Schuldner den
Entlastungsbeweis erbringen muss.
aa) Zur Zeit des Vertragsschlusses wusste T noch nichts
von dem Diebstahl. Möglicherweise hat er jedoch seine
Unkenntnis zu vertreten. Dabei gilt nach § 276 I S. 1, II
BGB, dass der Schuldner, soweit nicht anders bestimmt,
Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat.
(1) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 II BGB. Die Unkenntnis
des T beruht also auf Fahrlässigkeit, wenn er nach der im
Verkehr erforderlichen Sorgfalt verpflichtet gewesen
wäre, seine Leistungsfähigkeit unmittelbar vor Vertragsschluss zu überprüfen. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine Pflicht zur ununterbrochenen Überprüfung der eigenen Leistungsfähigkeit nicht besteht. Da
sich der Diebstahl erst wenige Minuten vor dem Telefonat ereignete, durfte er noch unbemerkt bleiben. Somit
liegt keine fahrlässige Unkenntnis vor.
(2) Für die Übernahme einer Garantie durch T i.S.v. §
276 I S. 1 a.E. BGB, d.h. eine Erklärung des T, verschuldensunabhängig für seine Leistungsfähigkeit einstehen zu
wollen, ist aus dem Sachverhalt nichts ersichtlich.
bb) Demnach hat T die Unkenntnis vom Bestehen des
Leistungshindernisses nicht zu vertreten, so dass der Entlastungsbeweis gelingt.
Ergebnis: F hat gegen T keinen Anspruch aus § 311a II
S. 1 BGB.
II. Ansprüche F gegen T auf Schadensersatz
2
der sich aus dem Kaufvertrag ergebenden Leistungspflicht frei (s. o.).
Anmerkung: Die Schadensersatzhaftung aus § 311a II BGB
steht nach der gesetzgeberischen Konzeption außerhalb der
Haftung für Pflichtverletzungen gem. §§ 280 ff. BGB. Es handelt sich um eine eigene Anspruchsgrundlage. Insbesondere hat
das Vertretenmüssen bei § 311a II BGB einen anderen Bezugspunkt als bei § 280 BGB. Berücksichtigt man aber, dass eine
Pflichtverletzung im bloßen Ausbleiben der Leistung infolge
Unmöglichkeit liegen kann, und somit nicht schon deswegen
ausgeschlossen ist, weil die Leistungspflicht gem. § 275 I BGB
erlischt (vgl. den Fall des § 283 BGB), so ließe sich auch die
Haftung bei anfänglicher Unmöglichkeit weitgehend in das
System der §§ 280 ff BGB integrieren.
2. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus
§§ 280 I, III, 281 I BGB
F könnte aber einen Anspruch gegen T auf Schadensersatz aus § 280 I, III, 281 BGB haben.
Zwar könnte die dafür erforderliche Pflichtverletzung
schon in dem Ausbleiben der Leistung infolge Unmöglichkeit gesehen werden (s. Anm.). Für anfängliche Leistungshindernisse wie hier stellt § 311a BGB jedoch eine
vorrangige Sonderregelung (lex specialis) dar, die einen
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Fallbesprechung zum Grundkurs BGB II, SoSe 2009, AG 2 – Der Fernseher – Lösung
unmittelbaren Rückgriff auf die §§ 280 ff. BGB ausschließt.
Gleiches gilt für einen Anspruch auf Schadensersatz statt
der Leistung aus §§ 280 I, III, 283 BGB.
Ergebnis: T hat demnach keine Ansprüche aus §§ 280 I,
III, 281 BGB oder §§ 280 I, III, 283 BGB.
III. Anspruch F gegen T auf Schadensersatz für die
Telefonkosten
1. Anspruch aus §§ 280 I, 311 II Nr.1, 241 II BGB
Mit Ansprüchen wegen der Telefonkosten macht F nicht
das Erfüllungsinteresse (positives Interesse), sondern das
Vertrauensinteresse (negatives Interesse) geltend, d.h.
den Wunsch, so gestellt zu werden, wie wenn der Vertrag
nicht abgeschlossen worden wäre. Ein dieses Interesse
umfassender Schadensersatzanspruch könnte sich wegen
einer Pflichtverletzung im Rahmen eines vorvertraglichen
Schuldverhältnisses (culpa in contrahendo) aus §§ 280 I,
311 II Nr.1, 241 II BGB ergeben.
In Betracht kommt dabei nur als vorvertragliche Pflichtverletzung, dass T nicht ausreichend seine Leistungsfähigkeit überprüft und den F nicht über das Leistungshindernis aufgeklärt hat.
Fraglich ist allerdings, ob nicht § 311a II BGB insoweit
eine abschließende Regelung der Schadensersatzansprüche darstellt 4. Dafür spricht, dass der Anspruch aus §
311a II BGB zwar nicht eine vorvertragliche Pflichtverletzung als Haftungsgrund hat, jedoch eine solche voraussetzt. Daher wird insoweit eine Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung teilweise abgelehnt 5.
Der Anspruch scheitert jedoch schon daran, dass T die
mangelnde Aufklärung nicht zu vertreten hat (s.o.). Im
Übrigen fallen die Telefonkosten auch nicht unter das
Vertrauensinteresse des F, denn sie wären ihm auch ohne
den Abschluss des Vertrages entstanden.
Ergebnis: F hat keinen Anspruch aus §§ 280 I, 311 II
Nr.1, 241 II BGB.
2. Anspruch § 122 BGB analog
Als Anspruchsgrundlage für einen auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatz ist hier weiter eine
analoge Anwendung von § 122 I BGB in Betracht zu
ziehen 6. Insoweit geht ein Teil der Literatur von einer
planwidrigen Regelungslücke aus, da § 311a II BGB den
Ersatz des negativen Interesses nicht erfasst.
Die Frage, ob dieser Ansicht zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall jedoch offen bleiben, da wie bereits dargelegt die Telefonkosten nicht vom negativen Interesse
umfasst sind: F hätte sie auch aufgewendet, wenn es nicht
zu einem Vertragsschluss gekommen wäre, weil ggf. T
den Diebstahl schon bemerkt hatte.
gie offen halten wollte 7, ist es vertretbar doch von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen oder zumindest für diesen Fall
festzustellen, dass die Lücke zwar nicht planwidrig war, in
diesem speziellen Fall aber nicht notwendige Voraussetzung für
eine Analogie ist.
Dann müsste weiter geprüft werden, ob eine vergleichbare
Interessenlage gegeben ist. Da Schadensersatz statt der Leistung
nach § 311a II BGB und Aufwendungsersatz nach § 284 BGB
verschuldensabhängig sind und bei nachträglicher Unmöglichkeit ebenfalls nur eine verschuldensabhängige Haftung eingreift,
erscheint es sehr fragwürdig hier eine vergleichbare Interessenlage anzunehmen. Die Vergleichbarkeit besteht hier mehr zwischen den beiden Formen der Unmöglichkeit 8, die nicht wegen
des zufälligen Zeitpunktes ihres Eintritts unterschiedlich behandelt werden sollten, als zwischen den Fällen der Anfechtung
wegen Irrtums und dem „Irrtums über die Leistungsunfähigkeit“.
Ergebnis: Somit hat F auch keinen Anspruch aus § 122
BGB analog gegen T.
3. Anspruch aus §§ 311a II S.1 Alt. 2, 284 BGB
Schließlich könnten die Telefonkosten im Rahmen des
Aufwendungsersatzes nach §§ 311a II S.1 Alt. 2, 284
BGB ersatzfähig sein.
Dieser Anspruch setzt voraus, dass F Aufwendungen im
Vertrauen auf Erhalt der Leistung getätigt hat. Das kann
auch Aufwendungen vor Vertragsschluss beinhalten. Hier
hat F aber nicht im Vertrauen auf einen sicheren Vertragsschluss angerufen. Es liegen also keine Aufwendungen i.S.v. § 284 BGB vor.
Ergebnis: Somit hat F keinen Anspruch aus§§ 311a II
S.1 Alt. 2, 284 BGB.
Gesamtergebnis zu Frage 1: Es bestehen keine Ansprüche des F gegen T.
FRAGE 2:
I. Anspruch F gegen T auf Übereignung und Übergabe
des Fernsehers aus § 433 I S. 1 BGB
1. Ein wirksamer Kaufvertrag liegt vor (s.o.).
2. Der Anspruch ist aber mit Unmöglichwerden der
Leistung nach § 275 I BGB erloschen (s.o.). Es liegt ein
Fall der nachträglichen subjektiven Unmöglichkeit vor.
Ergebnis: Somit besteht kein Anspruch aus § 433 I S. 1
BGB. 9
II. Anspruch F gegen T auf Schadensersatz statt der
Leistung aus §§ 280 I, III, 283 BGB
In Betracht kommt aber ein Anspruch auf Schadensersatz
statt der Leistung aus §§ 280 I, III, 283 BGB.
1. Zunächst müsste ein Schuldverhältnis gem. § 280 I S.
1 BGB zwischen F und T bestehen. Dies ist hier mit dem
Anmerkung: Da der Gesetzgeber gleichzeitig aber eine Analo7
4
Dazu Emmerich, Leistungsstörungen , § 5 Rz 18.
MüKo/Ernst, § 311a Rn. 21; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 7 Rn. 17;aA Emmerich, aaO.
6
so Canaris, JZ 2001, 499, 507; in diese Richtung auch Begr
RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 166
5
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Begr RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 166
Dauner-Lieb, Anwaltskommentar Schuldrecht, 2002, § 311a
Rdn. 18
9
Wegen Gleichstellung in § 275 I BGB (s.o.) immer gleiches
Ergebnis für Primäranspruch bei anfänglicher, nachträglicher,
subjektiver, objektiver, zu vertretender und nicht zu vertretender
Unmöglichkeit.
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6
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S 2 – AG 2 - L
Fallbesprechung zum Grundkurs BGB II, SoSe 2009, AG 2 – Der Fernseher – Lösung
Kaufvertrag unproblematisch der Fall.
2. Ferner müsste eine Pflichtverletzung des T vorliegen, §
280 I S. 1 BGB. Fraglich ist, ob die Pflichtverletzung
allein schon darin liegen kann, dass F infolge des Diebstahls den Fernseher nicht erhält. Bedenken dagegen
könnten sich deswegen ergeben, weil T dadurch ja gerade
gem. § 275 I BGB von der Pflicht zur Leistung frei wird
und insoweit nicht sinnvoll von einer Pflichtverletzung
gesprochen werden kann.
Allerdings geht die mittlerweile als herrschend anzusehende Meinung im Fall der nachträglichen Unmöglichkeit i.S.v. § 283 BGB davon aus, dass die Pflichtverletzung schlicht im Ausbleiben der Leistung infolge Unmöglichkeit liegt 10.
Nach anderer Ansicht kann die Pflichtverletzung nur in
dem zur Unmöglichkeit führenden Verhalten des Schuldners liegen. Damit würde jedoch dem Schadensersatzgläubiger, der grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen eine Pflichtverletzung trägt, die Beweislast für ein
Fehlverhalten des Schuldners aufgebürdet, was nach §
280 I 2 BGB gerade nicht geschehen soll (Pflicht des
Schuldners zum Entlastungsbeweis). Insoweit ist es
überzeugender, bereits in der bloßen Nichterbringung der
Leistung die Pflichtverletzung zu sehen.
3. T müsste diese Pflichtverletzung auch gem. § 280 I S.
2 i.V.m. § 276 I S. 1, II BGB zu vertreten haben.
Fraglich ist, ob T nachweisen kann, dass er die Nichtleistung infolge Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. Dies
wäre dann nicht der Fall, wenn er den zur Unmöglichkeit
führenden Umstand i.S.v. § 276 I BGB zu vertreten hat.
a) Ein eigenes Vertretenmüssen des T scheidet hier aus.
b) Möglicherweise muss sich T aber das Verhalten des G
wie eigenes Verschulden gem. § 278 S. 1 BGB zurechnen lassen.
Dazu müsste G Erfüllungsgehilfe des T gewesen sein.
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des
Schuldners zur Erfüllung einer Verbindlichkeit im Pflichtenkreis des Schuldners tätig geworden ist.
Da G für T bei Erfüllung der Pflicht, dessen Leistungsmöglichkeit aufrecht zu erhalten, tätig wurde, weil er verantwortlich dafür war, dass das Lager nicht Dritten frei
zugänglich ist, ist G als Erfüllungsgehilfe des T anzusehen.
Ferner müsste ein Verschulden des G vorliegen. Da G
vergessen hatte abzuschließen, liegt Fahrlässigkeit im
Sinne des § 276 II BGB vor. Diese fahrlässige Verletzung der ihm auferlegten Pflicht ist von T nach § 278 S.1
BGB wie eigenes Verschulden zu vertreten.
Somit liegt ein Vertretenmüssen des T vor.
4. Schließlich müsste es sich im Umkehrschluss zu §
311a II BGB um einen Fall der nachträglichen Unmöglichkeit handeln, §§ 280 III, 283 BGB. Dies ist hier der
Fall (s.o.).
5. Als Rechtsfolge kann F Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Dh der Käufer ist so zu stellen, wie er
stehen würde, wenn geleistet worden wäre. Damit ist der
Ersatz des Erfüllungsinteresses (positives Interesse)
gemeint.
10
MüKo/Ernst4 § 283 Rz 4; MüKo/Ernst4 § 280 Rz 18; Looschelders, Schuldrecht AT9, Rn 504 ff.
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6. Art und Umfang des Schadensersatzes richten sich
nach §§ 249 ff. BGB.
a) Nach § 249 BGB ist der Geschädigte vermögensmäßig
so zu stellen wie er stünde, wenn das zum Schadensersatz
verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre. Wäre der
Fernseher nicht infolge der Unachtsamkeit des G gestohlen worden, so hätte ihn T entsprechend dem Kaufvertrag
an F übereignet und übergeben.
b) Die Herstellung dieses Zustands in Natur (Naturalrestitution nach § 249 S. 1 BGB) ist nach § 275 I BGB
ausgeschlossen. Gem. § 251 I BGB kann F in diesem
Fall aber Schadensersatz in Geld verlangen.
Fraglich ist der Umfang des Schadensersatzes. Zunächst
ist dabei der Wert des Fernsehers (in Höhe von 50 €) als
Schadensposten anzusetzen, denn dieser wäre dem Vermögen des F bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch T
zugeflossen.
Bei einer Leistung des T hätte F den Fernseher außerdem
mit 25 € Gewinn weiterveräußern können. Gem. § 252 S.
1 BGB umfasst der Schadensersatz auch den entgangenen
Gewinn. Damit muss T den entgangenen Gewinn in Höhe
von 25 € nach § 252 BGB ersetzen. Die Telefonkosten
dagegen sind, da sie auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung
entstanden wären, kein ersatzfähiger Schadensposten.
c) Angesichts der Tatsache, dass F dem T 50 € als Kaufpreis schuldete, stellt sich aber die Frage wie bei gegenseitigen Leistungspflichten der Schadensersatz zu berechnen ist 11.
Nach der Surrogationstheorie (auch Surrogationsmethode) tritt an die Stelle der unmöglichen Leistung ihr
Geldwert. Gleichzeitig bleibt dann die Verpflichtung zur
Gegenleistung bestehen. Im vorliegenden Fall hieße dies,
F könnte 75 € als Schadensersatz verlangen, bliebe aber
zur Zahlung von 50 € als Kaufpreis verpflichtet.
Nach der Differenztheorie (auch Differenzmethode) tritt
an die Stelle von Leistung und Gegenleistung die Geldforderung des Gläubigers in Höhe der Wertdifferenz.
Danach könnte F nur in Höhe von 25 € Schadensersatz
verlangen.
aa) Anwendbarkeit
(1) Eine Ansicht spricht sich grundsätzlich für ein Wahlrecht des Gläubigers zwischen Surrogations- und Differenztheorie 12 aus. Einzige Ausnahme ist der Rücktritt
wegen Unmöglichkeit.
(2) Nach einer anderen Ansicht muss immer die Differenztheorie 13 zur Anwendung kommen. Dafür spräche §
326 I S. 1 BGB, wonach der Anspruch auf die Gegenleistung ipso iure erlischt. Dies lasse keinen Raum für die
Surrogationsmethode.
Dem kann folgendes entgegengehalten werden. Es entfällt nämlich lediglich der Anspruch. Das bedeutet ledig11
Dazu Emmerich, Leistungsstörungen6, § 13 Rn. 17 ff.
Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdn.
345, 210 ff.
13
Dauner-Lieb, Das neue Schuldrecht, Fälle und Lösungen,
2002, S. 33 f.
12
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S 2 – AG 2 - L
Fallbesprechung zum Grundkurs BGB II, SoSe 2009, AG 2 – Der Fernseher – Lösung
lich, dass der Schuldner der unmöglichen Leistung nichts
mehr fordern kann. Damit ist noch nichts für die Frage
gewonnen, ob der Gläubiger der unmöglichen Leistung
das (Wahl-)recht hat, seine (nun nicht mehr geschuldete)
Leistung dennoch zu erbringen. Hieran kann er ein Interesse haben. Es ist nicht erkennbar, wieso dieses Interesse
nicht schützenswert sein soll. Insbesondere bei einem
Tauschgeschäft mag der Schadensersatzgläubiger ein
Interesse daran haben, dass der Schuldner ihm die Sache
abnimmt.
Anmerkung: Dies wäre beispielsweise bei einem Tausch eines
Rennpferdes gegen ein Auto (welches zerstört wurde) der Fall.
Hier möchte der Gläubiger das Pferd loswerden, um nicht länger
die Unterhaltskosten zu tragen.
Anspruch aus § 280 I, III i.V.m. § 283 BGB. Schließlich
muss das Gericht im Prozess nicht prüfen, ob Unmöglichkeit vorliegt, da das Ergebnis für den Fall, dass keine
Unmöglichkeit eingetreten ist, dasselbe wäre. 16
F verliert den Prozess nur, wenn T der Beweis gelingt,
dass er den Grund für die Nichterbringung der vertraglichen Leistung nicht zu vertreten hat.
Ergebnis zu Frage 3: F ist zu raten, eine angemessene
Nachfrist zu setzen und erst nach erfolglosem Fristablauf
Schadensersatz zu verlangen.
bb) Da vorliegend die Gegenleistung in Geld zu erbringen war und keine Vorleistung erbracht wurde, hat der
Streit hier keine Auswirkungen. Daher ist eine Entscheidung nicht nötig. F kann von T nur Schadensersatz in
Höhe von 25 € verlangen.
Ergebnis: F hat einen Anspruch gegen T aus §§ 280 I, III
283 BGB auf Schadensersatz in Höhe von 25 €. 14
FRAGE 3:
Möglichkeiten des F:
I. Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 283 BGB
F könnte diesen Schadensersatzanspruch sofort gerichtlich geltend machen. Dabei geht er aber das Risiko ein,
zu unterliegen, wenn die Leistung anders als angenommen nicht unmöglich ist.
II. Setzen einer angemessenen Nachfrist nach § 280 I,
III i.V.m. § 281 I S. 1 BGB
F könnte aber auch eine angemessene Nachfrist zur Erfüllung setzen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist könnte
er dann den Schadensersatzanspruch wahlweise auf §
280 I, III i.V.m. § 283 BGB oder § 280 I, III i.V.m. § 281
I BGB stützen 15.
Der sich daraus ergebende Vorteil ist offensichtlich: Ein
Anspruch ist sicher gegeben. Der Unterschied zwischen §
281 I BGB und § 283 BGB besteht nur bezüglich der
Unmöglichkeit und der Nachfristsetzung.
Entweder ist die Leistung nicht unmöglich, aber es liegt
ein erfolgloser Fristablauf vor. Dann hat F einen Anspruch aus § 280 I, III i.V.m. § 281 I S. 1 BGB. Oder die
Leistung ist unmöglich. Dann war zwar die Nachfristsetzung entbehrlich, aber unschädlich. F hätte dann einen
14
Anmerkung: Das unterschiedliche Ergebnis in Frage 1 und 2
beruht nicht darauf, dass für anfängliche und nachträgliche
Unmöglichkeit grundsätzlich unterschiedliche Haftungsvoraussetzungen gelten, sondern dass das Vertretenmüssen an einen
unterschiedlichen Pflichtenverstoß anknüpft (Pflicht in Frage 1:
Überprüfung der Leistungsfähigkeit vor Vertragsschluss, in
Frage 2: Abwehren von Leistungshindernissen nach Vertragsschluss). Während T in Frage 1 beweisen kann, dass er den
Pflichtenverstoß nicht zu vertreten hat, schlägt der Entlastungsbeweis in Frage 2 fehl.
15
Auch im Rückabwicklungsprozess kann offen bleiben, ob sich
die Rechtsfolgen aus § 323 I oder § 326 I, IV BGB ergeben.
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16
Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdn.
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S 2 – AG 2 - L
Fallbesprechung Zivilrecht – 1. Semester, SoSe 2009 – Prüfungsschema Unmöglichkeit
S2 – PRÜFUNGSSCHEMA: UNMÖGLICHKEIT
I. Unmöglichkeit als Einwendung/Einrede des Schuldners (a)
1. Einwendung, § 275 I BGB
Obersatz: Der Anspruch auf [die Leistung des Schuldners] könnte gem. § 275 I BGB erloschen sein.
a) Leistungserfolg ist nicht mehr herbeizuführen
 Beachte: Abgrenzung: obj./subj. Unmöglichkeit
 Beachte: Leistungspflicht muss genau bestimmt werden
 Beachte insbesondere im Falle des Sachkaufs:
aa) Art der Schuld
(1) Stückschuld: nur die bestimmte Sache ist geschuldet
(2) Gattungsschuld: die Sache nur der Gattung nach geschuldet, § 243 I BGB
 Konkretisierung schon erfolgt, § 243 II BGB? – dann wie Stückschuld
(3) beschränkte Gattungsschuld: Gattung auf Vorrat beschränkt, sonst s.o.
bb) Inhalt der Schuld
(1) Leistungsort
• Holschuld, ges. Regelfall, § 269 I BGB
• Schickschuld (insbes. Versendungskauf, vgl. auch § 269 III BGB)
• Bringschuld
(2) Leistungszeit
Unmöglichkeit nur bei absolutem Fixgeschäft
b) Umfang des Erlöschens
 Beachte: Teilunmöglichkeit („soweit“), nur wenn Leistung rechtlich sinnvoll teilbar
2. Einrede, § 275 II, III BGB
Obersatz: Der Anspruch auf […] könnte gem. § 275 II BGB / § 275 III BGB nicht durchsetzbar sein.
a) „wirtschaftliche Unmöglichkeit“, § 275 II BGB
b) „persönliche Unmöglichkeit“, § 275 III BGB
II. Unmöglichkeit als Einwendung des Gläubigers, § 326 I S. 1 Hs. 1 BGB (a)
Obersatz: Der Anspruch auf [die Gegenleistung des Gläubigers] könnte gem. § 326 I S. 1 Hs. 1 BGB erloschen sein.
a) gegenseitiger Vertrag
b) Unmöglichkeit, § 275 BGB 
ZOOM: UNMÖGLICHKEIT / EINWENDUNG DES SCHULDNERS (S.O.)
c) Ausschluss des § 326 I S. 1 BGB
aa) bei qualitativer Unmöglichkeit gem. § 326 I S. 2 BGB
bb) Ausschluss nach § 326 II S. 1 BGB
 Beachte allgemein § 326 II S. 2 BGB
(1) Gläubiger ist für Unmöglichkeit verantwortlich gem. § 326 II S. 1 Alt. 1 BGB
 Beachte das Problem der Auslegung und des Maßstabs von „verantwortlich“ iSd § 326 II S. 1 Alt. 1 BGB
 Beachte das besondere Problem der beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit
(2) Gläubiger ist im Gläubigerverzug gem. § 326 II S. 1 Alt. 2 BGB
 Beachte: §§ 642 I S. 2, 615 S. 1 BGB sind leges speciales zu § 326 II S. 1 Alt. 2 BGB
d) Umfang des Erlöschens
 bei Teilleistung gem. § 326 I S. 1 Hs. 2 BGB Minderung analog § 441 III BGB
[…] – variabel: je nach Sachverhalt und Rechtslage entsprechend ausfüllen
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S 2 – AG 2 – S
Fallbesprechung Zivilrecht – 2. Semester, SoSe 2012, AG 2 – Übersicht: Unmöglichkeit
© Maack
ÜBERSICHT UNMÖGLICHKEIT
„WIRKLICHE“
„FAKTISCHE“
„PERSÖNLICHE“
§ 275 I BGB
§ 275 II BGB
§ 275 III BGB
„OBJEKTIVE“
„SUBJEKTIVE“
EINREDE
§ 275 I ALT. 2 BGB
§ 275 I ALT. 1 BGB
RECHTSFOLGE: ANSPRUCH NICHT DURCHSETZBAR
„JEDERMANN“
„FÜR DEN SCHULDNER“
EINWENDUNG
RECHTSFOLGE: ANSPRUCH AUF UNMÖGLICHE LEISTUNG ERLISCHT
„RECHTE DES GLÄUBIGERS“
§ 275 IV BGB
§ 326 I S. 1 HS. 1 BGB
ODER
§ 285 I BGB : STELLVERTRETENDES COMMODUM
EINWENDUNG: ANSPRUCH AUF DIE GEGENLEISTUNG ERLISCHT
(§ 326 III S.1 BGB)
(AUCH NEBEN SCHADENSERSATZ, § 285 II BGB)
„ANFÄNGLICHE“ : „SCHON VOR VERTRAGSSCHLUSS“
„NACHTRÄGLICHE“
§ 311a I BGB
UMKEHRSCHLUSS AUS § 311a I BGB
§ 311a II S. 1 ALT. 1 BGB
§§ 280 I S. 1, III, 283 BGB
SCHADENSERSATZ STATT DER LEISTUNG
SCHADENSERSATZ STATT DER LEISTUNG
§§ 311a II S. 1 ALT. 2, 284 BGB
§§ 284, 280 I S. 1, III, 283 BGB
AUFWENDUNGSERSATZ
AUFWENDUNGSERSATZ
§ 326 V BGB
RÜCKTRITT (AUCH NEBEN SCHADENSERSATZ, § 325 BGB)
S2 AG 2 – Ü

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