Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis

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Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis
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Leseprobe zu
Obermüller
Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Auflage
7. neu bearbeitete Auflage, 2007, 1566 S., Lexikonformat, gbd,
ISBN 978-3-504-43003-0
Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln
www.otto-schmidt.de
B. Verwertung von Kreditsicherheiten
Sicherheiten müssen sich bei Leistungsunfähigkeit des Schuldners, also vor allem im Fall der Insolvenz bewähren1. Ihre Verwertung ist die „letzte Erfüllung
ihres Daseinszwecks“2. Sie vollzieht sich nach unterschiedlichen Regeln je
nachdem, ob es innerhalb oder außerhalb eines Insolvenzverfahrens zur Verwertung kommt und um welche Sicherheitenart es sich handelt.
6.230
I. Sicherheitenverwertung außerhalb eines Insolvenzverfahrens
Bevor ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, kann die Bank die Sicherheiten
selbst verwerten; zu den Besonderheiten im Antragsverfahren s. Rn 6.409 ff. Es
kann aber auch zweckmäßig sein, die Verwertung dem Kunden zu überlassen.
6.231
1. Ausführung der Verwertung
a) Verwertung durch die Bank
Außerhalb des Insolvenzverfahrens ist zur Verwertung von Sicherheiten stets 6.232
der Gläubiger berechtigt. Befindet sich das Sicherungsgut im Besitz des Sicherungsgebers, so kann der Sicherungsnehmer von ihm die Herausgabe verlangen3. Verweigert der Kunde die Herausgabe des Sicherungsgutes, so ist die
Bank auf den Rechtsweg verwiesen. Sie kann den Besitz nicht gegen den Willen des Kunden an sich ziehen und insbesondere auch nicht etwa unter Berufung auf ihr Sicherungseigentum polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen4.
b) Verwertung durch den Kunden
Vor einer Verwertung der Sicherheiten sollte die Bank möglichst versuchen,
mit dem Kunden eine Einigung über die Art und Weise der Verwertung zu erzielen. Insbesondere kann es zweckmäßig sein, dem Kunden die Verwertung
des Sicherungsguts zu überlassen. Durch den Verzicht auf sein Recht zur Inbesitznahme verliert der Gläubiger sein Absonderungsrecht nicht5. Für die Übertragung der Sicherheitenverwertung auf den Kunden gibt es mehrere Gründe:
6.233
– Die Verwertung sollte grundsätzlich derjenige betreiben, der dafür die besseren (Branchen-)Kenntnisse oder die besseren technischen Voraussetzungen aufweisen kann. Das wird in der Regel der Kunde sein.
6.234
– Für die Überlegung des Sicherungsnehmers, auf seine Verwertungsbefugnis
zu verzichten, kann jedoch manchmal die Sorge ausschlaggebend sein, dass
auch der nur vorübergehende Besitz des Sicherungsguts zum Zweck der
Verwertung ausreicht, um eine Haftung für etwaige Umweltgefahren, die
von dem Sicherungsgut ausgehen und für die der Insolvenzverwalter nicht
6.235
1
2
3
4
5
BGH vom 27.11.1997 – GSZ 1 und 2/97 – WM 1998, 227.
Werhahn, Der notleidende Kredit, 1965, S. 79.
Smid WM 1999, 1141.
OLG Köln vom 17.2.1993 – 16 U 137/92 – NJW-RR 1994, 557.
BGH vom 22.10.1980 – VIII ZR 334/79 – WM 1980, 1381.
983
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
erfolgreich in Anspruch genommen werden kann1, auszulösen2. Diese Problematik ist noch weitgehend ungeklärt3. Fest steht nur, dass einen Grundschuldgläubiger keine Haftung für Altlasten auf dem Grundstück trifft4,
während ein Sicherungseigentümer jedenfalls dann haftbar wird, wenn er
das Sicherungsgut in Besitz nimmt5.
6.236
Wenn nach Abschluss der Verwertung ein Insolvenzverfahren eröffnet wird,
braucht die Bank auch bei Verwertung durch den Kunden nicht zu fürchten,
dass die Verrechnung der auf dem Kundenkonto eingehenden Erlöse mit dem
debitorischen Saldo angefochten wird. Denn der Anfechtung unterliegt nur die
Befriedigung von Insolvenzgläubigern, nicht dagegen von Absonderungsberechtigten, wenn die Mittel aus dem dinglichen Surrogat gewährt wurden6.
6.237
Im Übrigen fehlt es auch an einer Gläubigerbenachteilung. Die Gläubiger hätten nämlich, wenn der freihändige Verkauf des Sicherungsguts nicht vorgenommen worden wäre, unter allen Umständen den von der Bank vereinnahmten Betrag aufwenden müssen, um das Sicherungsgut auszulösen und
lastenfrei für die Masse verwerten zu können7. Zwar hätte der Insolvenzver1 Zur Zustandsstörerhaftung des Verwalters s. VGH Mannheim vom 11.12.1990 – 10 S
7/90 – NJW 1992, 64; OVG Lüneburg vom 7.5.1991 – 7 M 3600/91 – ZIP 1991, 1607;
OVG Lüneburg vom 7.1.1993 – 7 M 5684/92 – NJW 1993, 1671; OVG Greifswald vom
16.1.1997 – 3 L 94/96 – ZIP 1997, 1460; VGH Kassel vom 22.10.1999 – 8 TE 4371/96 –
ZIP 1999, 2102; BVerwG vom 10.2.1999 – 11 C 9/97 – NZI 1999, 246; BGH vom
5.7.2001 – IX ZR 327/99 – ZInsO 2001, 751; BVerwG vom 23.9.2004 – 7 C 22.C 3 –
ZInsO 2004, 1206; BVerwG vom 22.7.2004 – 7 C 17.03 – ZIP 2004, 1766; Pützenbacher/
Görgen NJW 2001, 490.
2 BGH vom 1.12.1995 – V ZR 9/94 – NJW 1996, 845.
3 Lösungsansätze s. Bigalke, Die umweltrechtliche Verantwortlichkeit von gesicherten
Kreditgebern, 1994; Gößmann/Ignatzi, Liber amicorum Jens Nielsen, 1996, 11; Höpfner
ZIP 2000, 1517; Knopp BB 1991, 1356; Marburger AcP 1992, 1; Mörsdorf/Schulte RIW
1994, 292; Pape ZIP 1991, 1554; Pape KTS 1993, 551; Petersen NJW 1992, 1202;
Schmidt NJW 1993, 2833; Schneider/Eichholz ZIP 1990, 18; Stoll ZIP 1992, 1437; VGH
Mannheim vom 11.12.1990 – 10 S 7/90 – NJW 1992, 64; OVG Lüneburg vom 7.5.1991 –
7 M 3600/91 – ZIP 1991, 1607; OVG Lüneburg vom 7.1.1993 – 7 M 5684/92 – NJW
1993, 1671; zum sog. Umweltaudit, auch Öko-Audit genannt, s. Umweltauditgesetz
vom 4.9.2002 – BGBl. I, 3490; Kircher in Nicklisch, Umweltrisiken und Umweltprivatrecht im deutschen und europäischen Recht, 1995, S. 113; Falk/Nissen DB 1995, 2101;
Höche WM 1996, 1852; Walther DB 1995, 1873; Übersicht bei Kügel NJW 1996, 2477.
4 Bigalke, Die umweltrechtliche Verantwortlichkeit von gesicherten Kreditgebern, 1994,
S. 76; Erichsen Sparkasse 1997, 236; Schatte FS Metzeler, 2003, 59; Schneider/Eichholz
ZIP 1990, 18; allerdings sollten nach Art. 68a Abs. 5 BayWG auch die dinglich Berechtigten je nach ihrem Vorteil Kostenbeiträge für die Sanierung von Bodenbelastungen
oder Gewässerverunreinigungen aufbringen; dies ist inzwischen überholt durch § 25
Abs. 6 BundesbodenschutzG, wonach die Kostenbeiträge lediglich als öffentliche Last
auf dem Grundstück ruhen, so dass sie „nur“ den Ausfall der nachrangigen Gläubiger
erhöhen, nicht aber zu einer Inanspruchnahme der Gläubiger unabhängig vom Erlös
führen, vgl. im Einzelnen Lwowski/Tetzlaff WM 2001, 385; Tetzlaff WM 2003, 2117.
5 Gößmann/Ignatzi, Liber amicorum Jens Nielsen, 1996, 11; Lwowski/Tetzlaff NZI 2000,
393; eine Haftung allein aus besitzlosem Sicherungseigentum verneinen Lwowski/
Tetzlaff WM 2001, 437; dies. Umweltrisiken und Altlasten in der Insolvenz, 2002,
Rn J 55; Schatte FS Metzeler, 2003, 59; zur Sörerhaftung nach Zivilrecht s. BGH vom
29.5.1964 – V ZR 58/62 – BGHZ 41, 393.
6 RG vom 8.4.1902 – VII 35/1902 – Gruchot 46, 1111; BGH vom 13.7.1983 – VIII ZR
246/82 – ZIP 1983, 961.
7 RG vom 8.4.1902 – VII 35/1902 – Gruchot 46, 1111.
984
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
walter bei Verwertung im Verfahren aus dem Sicherheitenerlös die später noch
darzustellenden Verfahrenskostenbeiträge entnehmen können. Diese dienen
jedoch nicht einer Anreicherung1 der Masse, sondern ihrer Entschädigung für
die ihr entstehenden Kosten der Verwertung, die hier nicht anfallen.
2. Kreis der gesicherten Forderungen
Befriedigung aus dem Sicherungsgut kann die Bank nur wegen der durch den
Sicherungsvertrag bestimmten Forderungen verlangen. Gesichert werden nach
Nr. 14 Abs. 2 AGB Banken bzw. Kreditgenossenschaften (Nr. 21 Abs. 3 AGB
Sparkassen) alle bestehenden und künftigen – auch bedingten oder befristeten
– Ansprüche der Bank gegen den Kunden.
6.238
Das AGB-Pfandrecht der Sparkassen besteht auch für Ansprüche der Sparkasse 6.239
gegen Dritte, für deren Verbindlichkeiten der Kunde persönlich haftet2. Die
Banken und Kreditgenossenschaften haben bei der Neufassung ihrer AGB zum
1.1.1993 auf diese Erweiterung des Pfandrechts, die sich allerdings nur auf persönlich haftende Gesellschafter von Firmen bezog (Nr. 19 Abs. 2 AGB in der
bis 31.12.1992 geltenden Fassung) aus der Besorgnis verzichtet, dem sich verbürgenden Gesellschafter im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern ein Sonderopfer abzuverlangen3. Statt dessen wurde die Rechtsprechung4 umgesetzt,
derzufolge Werte, die ein Kunde bei seiner Bank unterhält, für seine Verbindlichkeiten aus einer Bürgschaft, die er gegenüber dieser Bank für die Schulden
eines Dritten übernommen hat, erst ab Fälligkeit der Bürgschaft haften.
Dieser so genannte weite Sicherungszweck5 wird in den Einzelsicherungsverträgen zwischen dem Kunden und der Bank, insbesondere im Verbraucherkreditgeschäft, oft modifiziert und eingeschränkt, so dass der Bank vor Einleitung
von Verwertungsmaßnahmen stets eine genaue Prüfung des im konkreten Fall
vereinbarten Sicherungszwecks anzuraten ist.
6.240
3. Zeitpunkt der Verwertung
Eine Verwertung von Kreditsicherheiten setzt nicht nur voraus, dass die Kreditforderung fällig ist. Keine Bank darf alsbald nach Fälligstellung eines Kredits zur Verwertung von Sicherheiten schreiten und damit das erforderliche
Bemühen des Kunden um eine anderweitige Kreditaufnahme, Umschuldung
oder freihändigen Verkauf zunichte machen6. Mit der Verwertung kann sie
vielmehr erst beginnen, wenn der Kunde eine ihm von der Bank gesetzte Frist
zur Rückzahlung verbunden mit der Androhung der Sicherheitenverwertung
erfolglos hat verstreichen lassen7.
1 BT-Dr. 12/2443 S. 180.
2 OLG Schleswig vom 4.5.2006 – 5 U 192/05 – ZIP 2006, 1196 hält dies für eine nach
§ 305c BGB unwirksame Überraschungsklausel; s. auch Clemente ZIP 2007, 55.
3 Merkel WM 1994, 725.
4 BGH vom 25.9.1990 – XI ZR 142/89 – WM 1990, 1910.
5 Einzelheiten s. Rösler/Fischer BKR 2006, 50.
6 OLG Köln vom 12.6.1995 – 16 U 102/92 – BB 1995, 1922.
7 Smid WM 1999, 1141.
985
6.241
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
a) Fälligkeit
6.242
Die Fälligkeit der Forderung kann durch das Ende einer vereinbarten Laufzeit,
durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung1 eintreten.
6.243
Für die Verwertung von Grundschulden genügt die Fälligkeit der Forderung allein nicht. Vielmehr muss auch die Grundschuld fällig sein (§ 1193 BGB). Das
Kapital der Grundschuld wird erst nach vorgängiger Kündigung fällig. Die
Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Abweichende Bestimmungen sind zulässig (§ 1193 Abs. 2 BGB). Von der Möglichkeit der Verkürzung dieser Kündigungsfrist machen die Kreditinstitute meist in der Weise Gebrauch, dass sie
schon in der Grundschuldbestellungsurkunde die sofortige Fälligkeit der Forderung vereinbaren. Ob diese seit altersher in den Formularen der Kreditwirtschaft enthaltene vollständige Beseitigung der Frist mit dem AGB-Recht heute
noch vereinbar ist, muss bezweifelt werden. Die Rechtsprechung orientiert
sich gerade bei der Bemessung von Fristen immer stärker an dem gesetzlichen
Leitbild2. Wenn aber das Gesetz eine Frist von sechs Monaten vorsieht, dürften Klauseln, die von dieser sehr großzügig bemessenen Frist überhaupt nichts
übrig lassen, nicht vertretbar sein.
b) Androhung der Verwertung
6.244
Nach der bis 1992 gültigen Fassung von Nr. 20 Abs. 1 AGB Banken bzw. Kreditgenossenschaften (Nr. 22 Abs. 1 AGB Sparkassen) genügte zur Verwertung
allein die Fälligkeit der Forderung der Bank, ein durch besondere Mahnung
herbeigeführter Leistungsverzug war nicht erforderlich3. Nach dem Verzicht
auf Nr. 20 in der ab 1.1.1993 eingeführten Neufassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind die Kreditinstitute darauf verwiesen, Verwertungsregeln in die Einzelverträge aufzunehmen. Diese können sich nicht mehr an
die frühere Nr. 20 AGB Banken anlehnen, denn die dortige Bestimmung, wonach die Bank von der Verpflichtung, dem Kreditnehmer die Verwertung vorher anzudrohen und ihm eine angemessene Frist zur Abwendung zu setzen,
befreit war, wurde den Interessen des Kreditnehmers nach Ansicht der Rechtsprechung jedenfalls bei der Lohnzession nicht gerecht4.
6.245
Die Überlegungen, die die Rechtsprechung im Hinblick auf die Lohnzession
angestellt hat, besitzen aber eine weiterreichende Bedeutung. Nicht nur für
den Zedenten von Lohnansprüchen, sondern für jeden Sicherungsgeber ist es
wesentlich, dass der Gläubiger verpflichtet ist, ihm die beabsichtigte Verwertung der Sicherheit so rechtzeitig vorher anzukündigen, dass der Kunde noch
Einwendungen gegen die Verwertungsbefugnis vorbringen, zumindest sich
aber bemühen kann, die ihm drohenden Folgen einer Sicherheitenverwertung,
die insbesondere bei der Offenlegung von Zessionen sehr weit gehen können,
1 BGH vom 4.7.1963 – II ZR 2/62 – WM 1963, 962; BGH vom 21.3.1963 – VII ZR 219/61
– WM 1963, 508.
2 BGH vom 29.3.1994 – XI ZR 31/93 – WM 1994, 834; BGH vom 7.7.1992 – XI ZR 274/91
– WM 1992, 1359; BGH vom 27.11.1997 – GSZ 1 und 2/97 – WM 1998, 227; zur Unterwerfungserklärung mit Verzicht auf den Fälligkeitsnachweis s. BGH vom 27.9.2001 –
VII ZR 388/00 – ZIP 2001, 2288.
3 OLG Düsseldorf vom 16.11.1984 – 16 U 82/84 – WM 1985, 18.
4 BGH vom 7.7.1992 – XI ZR 274/91 – WM 1992, 1359.
986
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
durch Zahlung der geschuldeten Beträge abzuwenden1. Auf der anderen Seite
ist zu bedenken, dass im Firmenkundengeschäft bei einem gekündigten Kreditverhältnis der Anspruch auf laufende Ergänzung des Bestandes der abgetretenen Forderungen erlischt2 und ein weiterer Einzug der Forderungen den Wert
einer Globalzession sukzessive vermindert.
Der daraus sich ergebende Interessengegensatz lässt sich auf dem Weg über die
Bemessung der Frist lösen. Für die Fristbemessung orientiert sich die Rechtsprechung an dem gesetzlichen Leitbild der Vorschriften über die Pfandverwertung (§§ 1234, 1273 Abs. 2 BGB, 368 HGB), die gegenüber Nichtkaufleuten eine Wartefrist von einem Monat und gegenüber Kaufleuten von einer Woche
verlangen. Dies lässt sich auf die einzelnen Zessionsarten wie folgt übertragen:
Lohnzessionen dürfen nur nach Androhung mit einer Frist von einem Monat,
Einzel-, Mantel- und Globalzessionen von Kaufleuten nach Ablauf einer Woche aufgedeckt werden. Das Gleiche gilt für Sicherungsübereignungen. Auch
hier ist die Unterscheidung zwischen dem Privatkundenbereich mit der Monatsfrist und dem kaufmännischen Bereich mit der Wochenfrist zu treffen. Für
Pfandrechte gelten ohnehin die oben erwähnten gesetzlichen Fristen. Entsprechende Vereinbarungen sind in den banküblichen Sicherheitenverträgen vorgesehen. Die Abtretung der Rückgewähransprüche, die dem Grundschuldbesteller nach Erledigung des Sicherungszwecks gegen den Inhaber der
Grundschuld zustehen, an einen nachrangigen Grundschuldgläubiger oder an
einen Dritten wird üblicherweise stets angezeigt3. Der Anzeige kommt daher
keine besondere Warnfunktion zu, so dass auch eine anfangs unterlassene Anzeige jederzeit nachgeholt werden kann, ohne dass vorher eine Androhung mit
Fristsetzung erforderlich wäre.
6.246
Ihre Bedeutung beschränkt sich allerdings auf den Zeitraum bis zum Insolvenzantrag. Denn wenn ein Kunde bereits einen Insolvenzantrag gestellt hat,
wäre es sinnlos, ihn noch zu mahnen und von ihm gar Abwendung der Sicherheitenverwertung zu erwarten. Anders verhält es sich, wenn der Insolvenzantrag von einem Dritten gestellt wurde; hier sind sowohl Mahnung als auch
Androhung der Verwertung unter Fristsetzung unentbehrlich. Naturgemäß
dürfen nur solche Sicherungsabtretungen offen gelegt werden, die wirksam
vereinbart worden sind.
6.247
1 BGH vom 7.7.1992 – XI ZR 274/91 – WM 1992, 1359.
2 BGH vom 4.7.1963 – II ZR 2/62 – WM 1963, 962; BGH vom 21.3.1963 – VII ZR 219/61
– WM 1963, 508.
3 Wenzel BuB, 1997, Rn 4/2470.
987
Sechster Teil
6.248
Kreditsicherheiten
Für die Offenlegung von Zessionen kommt folgender Text in Betracht:
36
Offenlegung von Zessionen
Briefkopf der Bank
Herrn/Frau/Firma
................
Einschreiben
Globalzessionsvertrag vom ................ mit der Fa. ................
Abtretungsanzeige
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir zeigen Ihnen an, dass die Firma
................
uns gemäß Globalzessionsvertrag vom ................ ihre Forderungen an uns abgetreten hat.
Wir bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen, dass Sie ab sofort Zahlungen mit
schuldbefreiender Wirkung nur noch auf das bei uns geführte Konto der vorgenannten Firma
Nr. ................ – Bankleitzahl ................
leisten können. Bitte bestätigen Sie uns auf der beigefügten Anlage dieses
Schreibens durch Ihre Unterschrift,
a) dass Sie von der Abtretung Kenntnis genommen haben,
b) dass Sie keine zur Aufrechnung geeigneten Gegenforderungen haben,
c) wie hoch nach Ihren Unterlagen die Restforderung ist und wann diese von Ihnen bezahlt wird.
Ihrer Bestätigung und termingerechten Zahlung sehen wir entgegen. Einen Freiumschlag fügen wir bei.
Mit freundlichen Grüßen
A.-Bank AG
Filiale
Anlage
6.249
Wartet eine Bank nicht ab, ob der Kunde die Frist verstreichen lässt, ohne zu
zahlen, oder deckt sie gar eine Zession auf, die wegen eines Verstoßes gegen
die neueren Grundsätze der Rechtsprechung oder wegen sonstiger Mängel
nichtig ist, so macht sie sich gegenüber dem Kunden schadenersatzpflichtig1
1 BGH vom 14.6.1994 – XI ZR 210/93 – DB 1994, 1819 = WM 1994, 1613; Smid WM
1999, 1141.
988
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
und muss, falls die Zession nichtig war, den Erlös nach den Grundsätzen über
die ungerechtfertigte Bereicherung wieder herausgeben1. Auch nach der Kündigung eines Kredits dauert nämlich die Pflicht der Bank fort, eine Schädigung
ihrer Kunden zu vermeiden. Deshalb muss sie vor der Zessionsanzeige die
Wirksamkeit der Abtretung anhand der Entwicklung der Rechtsprechung sorgfältig prüfen2. Ein Vertrauen in die Kontinuität der Rechtsprechung wird nicht
geschützt3.
c) Widerruf der Einziehungsbefugnis und Veräußerungsermächtigung
Von der Offenlegung der Zession gegenüber den Drittschuldnern zu unter- 6.250
scheiden ist der Widerruf der Einziehungsbefugnis im Innenverhältnis zu dem
Kunden. Dem Widerruf fehlt jede Außenwirkung, so dass die nachteiligen
Folgen, vor denen die Rechtsprechung den Kunden schützen will, gar nicht
eintreten können. Daher ist insoweit eine vorherige Ankündigung unter Fristsetzung nicht geboten. Allerdings ist der isolierte Widerruf der Einziehungsbefugnis nur dann sinnvoll, wenn die Bank darauf vertrauen kann oder sichergestellt hat, dass der Kunde davon absieht, über die Forderungen zu verfügen
und nicht etwa seine Schuldner z.B. durch Einräumen höherer Skonti zur vorzeitigen Zahlung auf Konten bei anderen Instituten veranlasst4. Zweckmäßig
sind daher Vereinbarungen mit dem Kunden, in denen er sich verpflichtet, die
Außenstände auf sein bei der Zessionarin geführtes Konto zu leiten, und die
der Bank für den Fall einer Verletzung dieser Pflicht ein Recht zur unmittelbaren Offenlegung einräumen. Verweigert der Kunde dagegen die Herausgabe
der Bestandslisten, so kann ihn die Bank im Wege einer einstweiligen Verfügung dazu zwingen5. Der Verfügungsgrund ist gegeben, weil die Bank sonst
nicht verhindern kann, dass die Drittschuldner mit befreiender Wirkung an
den Kunden zahlen6.
Bei der Sicherungsübereignung machen sich der Widerruf der Benutzungs- 6.251
ermächtigung oder der Veräußerungsermächtigung ebenfalls nur im Innenverhältnis zu dem Kunden bemerkbar, da die potentiellen Abnehmer des Kunden
der Bank nicht bekannt sind und sie schon deshalb nicht unterrichtet werden
können. An den Widerruf kann sich die Forderung auf Herausgabe des Sicherungsguts anschließen oder mit ihm verbunden werden. Die mit Hilfe des Sicherungsguts in der Vergangenheit etwa gezogenen Nutzungen kann die Bank
dagegen nicht beanspruchen, es sei denn, dies ist anders als in den üblichen Sicherungsverträgen7 im Einzelfall ausdrücklich vereinbart8. Das Sicherungseigentum ist nämlich kein volles, ungebundenes Eigentum, es gewährleistet
dem Sicherungseigentümer zwar für den Fall der Nichterfüllung seiner Forde1 OLG Düsseldorf vom 22.10.1993 – 17 U 86/93 – BB 1994, 1379.
2 BGH vom 14.6.1994 – XI ZR 210/93 – WM 1994, 1613.
3 BGH vom 7.3.1996 – IX ZR 43/95 – WM 1996, 766; BGH vom 18.1.1996 – IX ZR 69/95
– WM 1996, 436.
4 Zum Ersatzaussonderungsrecht s. OLG Stuttgart vom 24.10.2001 – 9 U 28/01 – ZIP
2001, 2183; zur Auswirkung auf das Tilgungsbestimmungsrecht des Drittschuldners s.
BGH vom 11.5.2006 – VII ZR 261/04 – ZIP 2006, 1636.
5 OLG Rostock vom 24.9.1997 – 1 W 183/97 – WM 1998, 1530.
6 Ganter WM 1999, 1741.
7 S. Muster in Hopt, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und
Bankrecht, 3. Aufl. 2007, Bankgeschäfte IV H 1, 2.
8 BGH vom 26.9.2006 – XI ZR 156/05 – ZIP 2006, 2307.
989
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
rung das Recht zur Verwertung zwecks Befriedigung seiner Forderung, belässt
den sicherungsübereigneten Gegenstand aber regelmäßig zunächst dem Sicherungsgeber zur Nutzung, um ihm die Fortführung seines Betriebes zu ermöglichen. Erst mit dem Widerruf der Benutzungsermächtigung erwirbt die Bank
das Recht, ihrerseits bis zum Verkauf Nutzungen aus dem Sicherungsgut zu
ziehen.
d) Mustertext
6.252
Für die Androhung der Sicherheitenverwertung und den Widerruf der Einziehungs- bzw. Veräußerungsermächtigung kommt folgender Wortlaut in Betracht:
37
Androhung der Sicherheitenverwertung und Widerruf der
Einziehungsermächtigung
Briefkopf der Bank
Herrn/Frau/Firma
................
Kreditkündigung (Konto Nr. ................ )
Sehr geehrte ................,
für die oben genannten Kredite haben Sie die vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen seit ................ nicht/nicht in voller Höhe geleistet, obwohl wir diese Zahlungen wiederholt angemahnt haben. Mit unserem letzten Mahnschreiben vom
................ haben wir Sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir die Ihnen zur
Verfügung gestellten Kredite kündigen werden, falls die ausstehenden Zahlungen
nicht erfolgen. Dennoch konnten wir bis heute keine Zahlung feststellen.
Deshalb kündigen wir gemäß Nr. 19 Abs. 3 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus wichtigem Grund die Ihnen zur Verfügung gestellten Kredite fristlos
und fordern Sie auf, binnen einer Woche unsere offenen Forderungen zu begleichen.
Nach Ablauf der Ihnen zur Rückzahlung gesetzten Frist behalten wir uns vor, unser Sicherungseigentum zur Rückführung unserer Forderungen zu verwerten. Vorsorglich widerrufen wir schon jetzt die Ihnen erteilte Ermächtigung zur Veräußerung unseres Sicherungsgutes. Eine aktuelle Inventurliste bitten wir bereits jetzt
uns unverzüglich zu übersenden. Weiterhin bitten wir um Bekanntgabe des derzeitigen Standortes des Sicherungsgutes.
Mit Globalzessionsvertrag vom ................ haben Sie uns Ihre Forderungen aus
................ abgetreten. Zur Wahrung unserer berechtigten Belange widerrufen wir
hiermit gemäß den Regelungen des Zessionsvertrages die Ihnen erteilte Einzugsermächtigung und fordern Sie auf, eingehende Zahlungen ab sofort nur noch an
die A-Bank AG, Filiale ................, auf Konto Nr.: ................ (BLZ ................) mit
dem Vermerk „w/................“ zu leiten. Ihnen zugehende Schecks sind uns unverzüglich zur Gutschrift auf obiges Konto einzureichen, auf andere Konten einge-
990
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
hende Zahlungen sind auf dieses Konto weiterzuleiten. Wir bitten Sie, uns eine
Bestandsliste der offenen Forderungen umgehend zu übersenden.
Nach Ablauf der Ihnen zur Rückzahlung gesetzten Frist behalten wir uns vor, die
Drittschuldner über die Zession zu informieren und aufzufordern, mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an die A-Bank AG, Filiale ................, auf obiges Konto
zu bezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
A.-Bank AG
Filiale
Soll zunächst ohne Kündigung nur die Einziehungs- und Veräußerungsermächtigung widerrufen werden, kann folgender Text verwandt werden:
6.253
38
Widerruf der Einziehungs- und Veräußerungsermächtigung
Briefkopf der Bank
Herrn/Frau/Firma
................
Sicherungsvertrag vom ................ bzgl. ................
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir widerrufen hiermit gemäß Nr. ................ des obigen Sicherungsvertrages die
Ihnen erteilte Ermächtigung, im Rahmen eines ordnungsmäßigen Geschäftsbetriebes das Sicherungsgut im eigenen Namen an Dritte zu veräußern.
Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass ohne unsere Zustimmung keine Gegenstände (insbesondere Waren jeder Art) aus den Sicherungsräumen entfernt
werden dürfen.
Auf mögliche strafrechtliche Folgen bei Verstößen gegen diese Auflagen machen
wir Sie rein vorsorglich aufmerksam.
Eine aktuelle Inventurliste bitten wir bereits jetzt uns unverzüglich zu übersenden.
Weiterhin bitten wir um Bekanntgabe des derzeitigen Standortes des Sicherungsgutes.
Ebenso widerrufen wir hiermit gemäß den Regelungen des Zessionsvertrages die
Ihnen erteilte Einzugsermächtigung und fordern Sie auf, eingehende Zahlungen
ab sofort nur noch an die A-Bank AG, Filiale ................, auf Konto Nr. ................
(BLZ ................) mit dem Vermerk „w/................“ zu leiten. Ihnen zugehende
Schecks sind uns unverzüglich zur Gutschrift auf obiges Konto einzureichen, auf
andere Konten eingehende Zahlungen sind auf dieses Konto weiterzuleiten. Wir
bitten Sie, uns eine Bestandsliste der offenen Forderungen umgehend zu übersenden. Nach Ablauf der Ihnen zur Rückzahlung gesetzten Frist behalten wir uns
vor, die Drittschuldner über die Zession zu informieren und aufzufordern, mit
991
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
schuldbefreiender Wirkung nur noch an die A-Bank AG, Filiale ................, auf obiges Konto zu bezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
A.-Bank AG
Filiale
e) Aufschub der Verwertung
6.254
Auch wenn die Voraussetzungen für den Beginn der Verwertung – Fälligkeit
der Forderung, Androhung der Verwertung und fruchtloses Verstreichen der
Rückzahlungsfrist – eingetreten sind, wird die Bank überlegen müssen, ob der
Zeitpunkt für die Verwertung günstig ist. Für einen Aufschub der Verwertung
können verschiedene Gründe sprechen, nämlich vor allem ein zu erwartendes
Ansteigen der Marktpreise für das Sicherungsgut. Bei Zessionen kann eine zu
frühe Offenlegung, bei Grundstückszubehör ein Zögern mit der Beschlagnahme mit rechtlichen Nachteilen verbunden sein.
aa) Rücksichtnahme auf Marktentwicklungen
6.255
Handelt es sich bei den Sicherheiten um Wertpapiere oder Gegenstände, deren
Wert bzw. Preis starken Schwankungen unterworfen ist, so kann sich die sofortige Verwertung im Zeitpunkt der Pfandreife für den Kunden und damit
auch für die Bank, falls die Deckung nicht ausreicht, sehr nachteilig auswirken, wenn gerade in diesem Zeitpunkt die Kurse sehr niedrig lagen. Aktien
hat die Bank nach den realisierbaren Höchstkursen zu bewerten und im Rahmen des ihr Zumutbaren zu den bestmöglichen Kursen zu veräußern1. Ob
letzteres gelingt, lässt sich jedoch nur rückblickend feststellen, während die
Bank ihre Entscheidung sofort treffen muss. Dabei kann man ihr grundsätzlich
ein Abwarten und das Risiko eines weiteren Preisverfalls nicht zumuten2.
Richtlinie ist letztlich die Einhaltung des vereinbarten Beleihungswerts3.
6.256
Auch die allgemeine Behauptung des Kunden, er besitze bessere Verwertungsmöglichkeiten als die Bank, zwingt die Bank noch nicht dazu, eine von ihr vorgesehene Verwertung zu unterlassen oder aufzuschieben4. Hat der Kunde
selbst mit anderen Interessenten über einen Abkauf des Sicherungsguts verhandelt, so kann er einen Verwertungsaufschub nur verlangen, wenn er der
Bank rechtzeitig Verhandlungsergebnisse vorlegt, die so konkret und sicher
sind, dass aus ihnen realistische Aussichten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf
bessere Verwertung zu entnehmen sind. Die Bank muss so einbezogen und informiert werden, dass sie beurteilen kann, ob es sich um eine ernsthafte Verwertungsalternative handelt oder nur um den nicht selten bei Schuldnern anzutreffenden Versuch, in letzter Minute mit leeren Versprechungen die
Verwertung hinauszuschieben.
1 OLG Köln vom 25.7.1989 – 9 U 249/88 – WM 1989, 1529 = WuB I F 2. – 1. 89 Schäfer;
KG vom 8.1.1988 – 17 U 6019/86 – WM 1989, 669.
2 BGH vom 3.7.1990 – XI ZR 68/89 – NJW-RR 1990, 1459.
3 W. Obermüller Bank-Betrieb 1974, 204.
4 OLG Frankfurt vom 17.10.1989 – 5 U 138/88 – WM 1991, 930.
992
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
bb) Zahlstellenfunktion bei Zessionen
Wenn die Bank nach den obigen Grundsätzen zur Offenlegung berechtigt ist,
so sollte sie bei ihrer Entscheidung doch Folgendes bedenken:
6.257
– Wenn sie die Zessionsanzeige zurückstellt und die Drittschuldner in Unkenntnis der Abtretung an den Kreditnehmer auf Konten bei anderen Banken leisten, erwirbt sie zwar einen Bereicherungsanspruch aus § 816 BGB
gegen den Kreditnehmer, wenn die Einzugsermächtigung ihm gegenüber
widerrufen war1. Geht die Zahlung bei dem Kreditnehmer noch vor Verfahrenseröffnung ein, so wird die Bank aber nur einfache Insolvenzgläubigerin2, wenn nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine Ersatzaussonderung erfüllt sind (s.o. Rn 1.256)3. Ihre Quote erhält sie sowohl auf die
zur Sicherung abgetretene als auch auf die gesicherte Forderung. Nur bei
Eingängen nach Verfahrenseröffnung zählt sie zu den Massegläubigern (§ 55
Abs. 1 Nr. 3 InsO).
– Der Verzicht auf die Offenlegung kann für die Bank jedoch auch Vorteile ha- 6.258
ben. Solange die Drittschuldner nämlich von der Abtretung nicht in Kenntnis gesetzt sind und auf das Konto des Kunden bei der Bank leisten, zahlen
sie an die Bank nicht als Leistungsempfängerin, sondern als Zahlstelle des
Zedenten4, und die Bank kann die eingehenden Beträge mit Gegenansprüchen verrechnen. Macht nun ein Dritter – etwa ein Vorbehaltslieferant –
geltend, dass die Forderung, die der Zahlung zugrunde liegt, wirksam an ihn
abgetreten sei, so richten sich seine Ersatzansprüche aus § 816 BGB nicht
gegen die Bank, sondern gegen den Zedenten. Eine Berufung auf ihre Zahlstelleneigenschaft ist der Bank nur dann verwehrt, wenn sie mit dem Kunden einen Globalzessionsvertrag mit nur schuldrechtlicher Teilverzichtsklausel5 abgeschlossen und ihn in diesem Vertrag von Anfang an
verpflichtet hat, die Drittschuldner zur ausschließlichen Zahlung auf sein
Konto bei der Bank anzuhalten6 – dazu ist im Verhältnis zu den Drittschuldnern ein auffälliger Hinweis oder sogar eine ausdrückliche Information auf
die nunmehr von dem Zedenten allein akzeptierte Bankverbindung notwendig7 –, und wenn sie sich zusätzlich die freie Verfügung über die eingehenden Gelder vorbehalten hat8.
1 BGH vom 16.12.1957 – VII ZR 49/57 – BGHZ 26, 185; BGH vom 30.5.1960 – VII ZR
257/59 – BGHZ 32, 357.
2 Serick KTS 1982, 339.
3 OLG Stuttgart vom 24.10.2001 – 9 U 28/01 – ZIP 2001, 2183.
4 BGH vom 23.11.1966 – VIII ZR 177/64 – WM 1966, 1327; BGH vom 18.12.1969 – VII
ZR 152/67 – NJW 1970, 464; BGH vom 30.5.1960 – VII ZR 257/59 – BGHZ 32, 357;
BGH vom 20.5.1969 – III ZB 3/67 – BGHZ 53, 139; BGH vom 9.5.2000 – XI ZR 276/99 –
WM 2000,1379; OLG Düsseldorf vom 13.12.1991 – 17 U 115/91 – WM 1992, 859; LG
Amberg vom 4.1.1957 – S 91/56 – WM 1957, 145.
5 Vgl. dazu Finger DB 1982, 475; Peters/Lwowski, Liber amicorum Jens Nielsen, 1996,
115; BGH vom 9.11.1979 – VII ZR 54/77 – WM 1979, 11.
6 LG Berlin vom 30.3.1983 – 99 O 2/83 – ZIP 1983, 1324; OLG Frankfurt vom 1.4.1981 –
17 U 128/80 – ZIP 1981, 492; OLG Brandenburg vom 10.2.1998 – 2 U 175/96 – ZIP 1998,
952.
7 OLG Frankfurt vom 26.9.1997 – 8 U 130/97 – NJW 1998, 387.
8 BGH vom 9.11.1978 – VII ZR 17/76 – WM 1979, 13; OLG Frankfurt vom 1.4.1981 – 17
U 128/80 – WM 1981, 974; Herget ZIP 1980, 594 (zu 3).
993
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
6.259
Die Offenlegung der Zession führt nicht dazu, dass die Bank als Verfügungsberechtigte im Sinne von § 35 AO anzusehen ist, die die steuerlichen Pflichten
des Forderungsinhabers zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen hat, dass
die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet (s.o. Rn 6.36).
Die Haftung nach §§ 35, 34 AO setzt voraus, dass die Bank nach außen als Verfügungsberechtigte aufgetreten ist. Bei der Abtretung von Forderungen zur Sicherung ist aber ein Auftreten nach außen erst dann gegeben, wenn der Sicherungsnehmer über sein Einziehungs- und Verwertungsrecht hinausgehend –
wie etwa durch Mitsprachebefugnisse im Betrieb des Sicherungsgebers oder
Überlassung von Betriebsmitteln – direkt oder indirekt auf das Geschäftsgebaren des Sicherungsgebers Einfluss nimmt1. Die Offenlegung einer Zession erfüllt diese Voraussetzungen nicht2.
6.260
Wenn über die Forderung bereits ein Rechtsstreit anhängig ist, sollte stets dem
Schuldner die Einziehung der Forderungen überlassen und auf die Offenlegung
verzichtet werden. Die Prozessführungsbefugnis steht dann mit Verfahrenseröffnung dem Insolvenzverwalter zu3. Wenn über die Forderung noch kein
Rechtsstreit anhängig ist und die Bank Wert darauf legt, dass der Kreditnehmer
die zedierten Forderungen gerichtlich geltend macht, muss sie beachten, dass
einer überschuldeten oder vermögenslosen juristischen Person, die ihre werbende Tätigkeit aufgegeben hat, durch die Offenlegung der Zession grundsätzlich das Rechtschutzbedürfnis verloren geht4. eine Prozessstandschaft wird
nur dann zugelassen, sofern der Gegner aufgrund besonderer Umstände nicht
unbillig benachteiligt wird. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn die Vermögenslosigkeit der klagenden GmbH erst während des Prozesses eingetreten
ist und kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Überschuldung, der Offenlegung der Abtretung und der Ermächtigung zur Prozessführung besteht5. Während die Aufnahme eines Prozesses durch den Sicherungszedenten, auch wenn dieser eine juristische Person ist, jedenfalls dann
regelmäßig zulässig bleibt, solange die Gesellschaft werbend am Markt tätig
ist und sich nicht in Liquidation befindet6, muss die Fortführung eines Prozesses auch dann anerkannt werden, wenn er bereits begonnen wurde, bevor der
Zedent vermögenslos wurde7.
cc) Sicherstellung von Grundstückszubehör
6.261
Erzeugnisse und sonstige Bestandteile des Grundstücks sowie Zubehörstücke
werden von der Haftung für die Grundschuld frei, wenn sie veräußert und von
dem Grundstück entfernt werden, bevor sie zugunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind (§ 1121 Abs. 1 BGB). Daher empfiehlt es sich
für die Bank als Grundschuldgläubigerin, falls sie auf die Sicherung dieser Gegenstände angewiesen ist, alle Voraussetzungen für die Beschlagnahme zu tref1 BFH vom 12.2.1978 – V R 42/75; Hess. Finanzgericht vom 28.5.1974 – VI 56/71 – EFG
1974, 494; Erlass des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 29.4.1968 –
S 1142 A – 1/67, DStZ 1968 243; Mösbauer DB 2005, 1816.
2 Mösbauer DB 2005, 1816.
3 BGH vom 28.9.1982 – VI ZR 221/80 – ZIP 1982, 1461.
4 OLG Brandenburg vom 19.6.2002 – 1 AR 27/02 – ZInsO 2002, 767.
5 BGH vom 3.4.2003 – IX ZR 287/99 – WM 2003, 969.
6 OLG Brandenburg vom 2.7.2002 – 11 U 185/01 – NJW-RR 2002, 1703.
7 OLG Karlsruhe vom 12.11.1991 – 18a U 58/91 – WM 1993, 356.
994
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
fen. Ob die Bank dann tatsächlich die Zwangsversteigerung beantragen muss,
damit durch deren Anordnung die Beschlagnahme (§ 20 ZVG) eintritt, hängt
letztlich davon ab, ob sie erwarten kann, dass sowohl der Kunde als auch der
vorläufige oder endgültige Verwalter die Zubehörhaftung respektiert.
Hat der Schuldner die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
in den Grundbesitz erklärt (sog. dinglicher Titel, §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800
ZPO)1, so empfiehlt es sich, die Grundschuld, falls notwendig2, zu kündigen
und die Urkunde, mit der Vollstreckungsklausel versehen (§ 726 ZPO), zustellen zu lassen, wenn dies noch nicht geschehen ist (§§ 750 ZPO, 16 Abs. 2
ZVG)3. Denn die Zustellung, ohne die die Zwangsvollstreckung nicht beginnen darf (§§ 795, 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nimmt erfahrungsgemäß eine gewisse
Zeit in Anspruch. Enthält die Grundschuld keine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, sondern hat der Schuldner – um Kosten zu sparen – lediglich eine Vollmacht erteilt, aufgrund deren der Bevollmächtigte in
seinem Namen die Unterwerfungserklärung abgeben kann, so ist dies unverzüglich zu veranlassen. Denn mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt
die Vollmacht (§ 117 Abs. 1 InsO), selbst wenn ihre Unwiderruflichkeit rechtsgeschäftlich vereinbart sein sollte4.
6.262
Sowohl die dingliche als auch die persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung können auch dazu benutzt werden, etwaige Mietforderungen zu pfänden.
Dies erspart jedenfalls zunächst die sonst notwendige Beschlagnahme durch
die Einleitung eines Zwangsverwaltungsverfahrens (§§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 2
ZVG). Einer Pfändung der Mietforderungen wegen öffentlicher Lasten gebührt
allerdings der Vorrang, selbst wenn sie später ausgebracht wird5. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Pfändung nicht mehr zulässig (§ 89
InsO)6; daran ändert das Absonderungsrecht des Gläubigers aus dem Grundpfandrecht nichts, denn dieses erlaubt einen Zugriff auf die Miete nur im Weg
der Beschlagnahme durch die Einleitung eines Zwangsverwaltungsverfahrens.
6.262a
Eine vorher ausgebrachte Pfändung bleibt bestehen, die Pfändung aus dem per- 6.262b
sönlichen Titel kann allerdings von der Rückschlagsperre bis § 88 InsO erfasst
werden. Denn die Beschlagnahme, die das Absonderungsrecht eines persönlichen Gläubigers erst entstehen lässt, leitet beim dinglichen Gläubiger lediglich die Befriedigung aus dem belasteten Recht ein7.
1 Zur Wirksamkeit im Allgemeinen s. BGH vom 26.11.2002 – XI ZR 10/00 – ZIP 2003,
247; BGH vom 5.4.2005 – XI ZR 167/04 – WM 2005, 1076; BGH vom 22.11.2005 – IX
ZR 226/04 – WM 2006, 88; OLG Saarbrücken vom 19.11.2002 – 7 U 59/02-16 – DNotZ
2004, 712; OLG Brandenburg vom 8.11.2003 – 3 U 117/02 – WM 2005, 463; Beweisbedeutung für die Kreditauszahlung s. BGH vom 3.4.2001 – XI ZR 120/00 – ZIP 2001, 873;
zur Ungültigkeit wegen Verzicht auf Nachweis der die Vollstreckbarkeit begründenden
Tatsachen s. OLG München vom 4.7.2000 – 28 U 2485/98 – NJW-RR 2001, 130.
2 S. Rn 6.243.
3 Vgl. Daßler/Schiffhauer/Gerhardt, Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 11. Aufl. 1978, Anm. 6 zu § 16.
4 RG vom 27.11.1909 – V 602/08 – LZ 1910, 215.
5 Gesetz über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüche aus
öffentlichen Grundstückslasten vom 9.3.1934 – RGBl. I, 181.
6 BGH vom 13.7.2006 – IX ZB 301/04 – ZIP 2006, 1554; AG Hamburg vom 16.9.2005 –
68a IK 196/04 – ZIP 2005, 1801.
7 BGH vom 9.11.2006 – IX ZR 133/05 – ZInsO 2006, 1321.
995
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
f) Freigabeanspruch
6.262c Wenn die Voraussetzungen für die Verwertung der Sicherheiten erfüllt sind,
entfällt ein etwaiger Anspruch des Sicherungsgebers auf die Freigabe von Sicherheiten, selbst wenn rechnerisch eine Übersicherung eingetreten sein sollte. Die äußerst schwierig zu klärende Frage, welcher realisierbare Wert den Sicherheiten zuzumessen ist, muss in diesem Stadium nicht mehr beantwortet
werden, weil jetzt eine Gesamtverwertung aller Sicherheiten und eine abschließende Abrechnung möglich und geboten sind1.
4. Art der Verwertung
6.263
Die Art und Weise der Verwertung richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen bzw. den zivilrechtlichen Vorschriften, die für die konkrete Sicherheitenart gelten:
6.264
– Grundpfandrechte werden auf Betreiben der Bank im Wege der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung verwertet (§ 866 ZPO).
6.265
– Pfändungspfandrechte an Sachen werden durch den Gerichtsvollzieher mittels öffentlicher Versteigerung verwertet (§ 814 ZPO), gepfändete Geldforderungen dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs
Statt zum Nennwert überwiesen (§ 835 ZPO).
6.266
– Vertragspfandrechte an Forderungen – dabei wird es sich meist um Kontoguthaben handeln – berechtigen die Bank zur Einziehung nach Maßgabe
von § 1282 BGB, Vertragspfandrechte an Wertpapieren zu deren Verkauf
über die Börse (§ 1221 BGB).
6.267
– Sicherungsübereignete Gegenstände und zur Sicherung abgetretene Forderungen darf die Bank nur nach Maßgabe der mit dem Kunden geschlossenen
Sicherungsverträge2 verwerten.
a) Abweichung von gesetzlichen Regeln
6.268
Von diesen Grundsätzen kann die Bank durch Absprache mit dem Kunden
auch noch im Verwertungsfall abweichen, etwa dadurch, dass sie ihm die Verwertung überlässt oder durch Einigung auf einen freihändigen Verkauf von
Grundstücken. Über die Art und Weise der Verwertung kann die Bank mit
dem Kunden aber auch schon im Voraus Vereinbarungen abschließen, die von
den im Gesetz vorgesehenen Verwertungsregeln abweichen. Derartige Absprachen muss auch der Insolvenzverwalter gegen sich gelten lassen, wenn sie vor
Verfahrenseröffnung getroffen worden sind3. Darin liegt auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben, denn die Kreditinstitute haben in ihren Sicherheitenverträgen lediglich von der im Gesetz gewährten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Anwendung dispositiver Vorschriften auszuschließen. Dies muss
unter dem Gesichtspunkt gesehen und beurteilt werden, dass die Kreditinstitute nicht nur im Interesse ihrer Sparer, sondern auch im Interesse des Kunden
1 BGH vom 27.11.1997 – GSZ 1 und 2/97 – WM 1998, 227.
2 S. z.B. Muster in Hellner/Steuer, BuB, 2001, 4/368 Nr. 12, 4/691a Nr. 9, 4/754 Nr. 10.
3 RG vom 4.7.1902 – VII 157/1902 – JW 1902, 444.
996
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
selbst auf eine zügige Pfandverwertung drängen müssen, um keine Zeit zu verlieren und die Marktchancen ausnützen zu können1.
Wenn der Kaufinteressent nicht in der Lage ist, den Kaufpreis in einer Summe
zu entrichten, kann ihm die Bank dabei entweder mit einer Kreditfinanzierung
oder dadurch helfen, dass sie ihm Ratenzahlungen einräumt. Von Ratenzahlungsvereinbarungen ist jedoch abzuraten. Sie benachteiligen den Insolvenzschuldner, weil er nur sukzessive von seiner Zins- und Tilgungslast befreit
wird und daher eine höhere Zinsschuld hat als bei Kaufpreiszahlung in einer
Summe. Steuerlich sind Ratenzahlungen für die Bank nachteilig, weil die Umsatzsteuer sofort – ungeachtet der Zahlung des Kaufpreises in Raten – auf den
vollen Kaufpreis abzuführen ist. Reicht die erste Ratenzahlung hierfür nicht
aus, muss die Bank die Differenz zunächst auf eigene Rechnung entrichten.
Wird der Erwerber vor vollständiger Zahlung des Kaufpreises insolvent, muss
die Bank die Umsatzsteuer nachträglich berichtigen.
6.269
b) Mehrere Sicherheiten oder mehrere Sicherungsgeber
Unter mehreren Sicherheiten hat die Bank die Wahl (Nr. 17 Abs. 1 AGB Banken bzw. Kreditgenossenschaften, Nr. 21 Abs. 5 AGB Sparkassen), auf welche
sie zuerst zugreift2. Hierbei ist jedoch in engen Grenzen eine Interessenabwägung notwendig. Die Bank darf sich nicht ohne rechtfertigenden Grund über
die die ihr bekannten oder erkennbaren Interessen des Sicherungsgebers hinwegsetzen3. So hat beispielsweise der BGH festgestellt, dass eine Bank, die
durch eine Grundschuld und die Abtretung einer Lebensversicherung gesichert war, zuerst auf die Grundschuld zugreifen müsse, wenn der Kunde sie
aufgefordert habe, die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu betreiben, da
er den Lebensversicherungsvertrag aufrechterhalten und die Prämien zahlen
wolle, um den hohen Wertverlust, der bei vorzeitiger Auflösung des Lebensversicherungsvertrages durch Beschränkung auf den Rückkaufswert einträte,
zu vermeiden. Dies kann naturgemäß nur gelten, wenn die Bank durch die
Grundschuld in vollem Umfang, d.h. auch für die Zinsen während der Dauer
des Zwangsversteigerungsverfahrens, gesichert ist4.
6.270
Haftet dem Gläubiger zusätzlich ein Dritter, wie z.B. ein Bürge oder Mitschuldner oder hat ein Dritter eine Sicherheit gestellt, so ist der Gläubiger
nicht gehindert, zunächst die Sicherheiten aus dem Vermögen des Gemeinschuldners zu verwerten und sich lediglich wegen des Ausfalls, den er dabei erleidet, an den Dritten bzw. die von ihm eingeräumte Sicherheit zu halten5.
Durch die aus Drittvermögen stammenden Sicherheiten sollen die übrigen
Gläubiger nämlich weder besser noch schlechter gestellt werden6. Dies gilt jedoch nicht, wenn der gesicherte Kredit unter die Kapitalersatzregeln fällt (s.o.
Rn 5.357 ff.).
6.270a
1
2
3
4
5
Werhahn, Der notleidende Kredit, 1965, S. 92.
BGH vom 3.7.2002 – IV ZR 227/01 – WM 2002, 1643.
BGH vom 20.3.1991 – IV ZR 50/90 – WM 1991, 846.
BGH vom 20.6.2000 – IX ZR 81/98 – WM 2000, 1574.
BGH vom 9.5.1960 – II ZR 95/58 – NJW 1960, 1295; RG vom 10.10.1917 – V 159/17 –
RGZ 91, 12; RG vom 30.11.1937 – VII 127/37 – RGZ 156, 271; Einzelheiten s.u.
Rn 6.540 ff.
6 Gerhardt, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, 11. Aufl. 2005, S. 54 Rn 184.
997
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
6.270b Ebenso kann eine Bank Sicherheiten, die zur Deckung von Forderungen gegen
unterschiedliche Schuldner dienen, ohne weiteres und in vollem Umfang zur
Befriedigung wegen eines der gesicherten Kredite verwerten, wenn die Voraussetzungen für die Sicherheitenverwertung gerade bei diesem Kredit eingetreten
sind1. Eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die übrigen Kreditnehmer besteht
dabei auch dann nicht, wenn die Kreditnehmer die Sicherheit gemeinsam zur
Verfügung gestellt haben2. Ein Sicherungsnehmer ist zwar zur schonenden
und bestmöglichen Verwertung des Sicherungsgutes gegenüber dem Sicherungsgeber verpflichtet, eine derartig feste Bindung besteht aber ohne besondere Vereinbarungen nicht im Verhältnis zu denjenigen, die für dieselbe gesicherte Schuld noch andere Sicherheiten stellen; ihnen gegenüber gilt nur der
allgemeine Rechtsgrundsatz, dass der Sicherungsnehmer bei der Verwertung
weiterer Sicherheiten nicht willkürlich zum Schaden sonstiger Sicherungsgeber handeln darf3.
6.270c Wenn der Bank von mehreren Sicherungsgebern Sicherheiten zur Verfügung
gestellt wurden und sie eine dieser Sicherheiten in Anspruch nimmt, kann der
betroffene Sicherungsgeber grundsätzlich Ausgleich von den Sicherungsgebern, die verschont wurden, nach den Regeln über das Gesamtschuldverhältnis verlangen4. Die Sicherungsgeber stehen auf gleicher Stufe, es sei denn, dass
zwischen ihnen ausdrücklich ein Rangverhältnis vereinbart ist.
c) Rücksichtnahme auf Schuldnerinteressen
6.271
Die Bank ist grundsätzlich verpflichtet, bei der Verwertung des Sicherungsguts
auf die Interessen des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen und darf das Sicherungsgut nicht zu einem ungünstigen Preis verwerten, wenn bei erforderlicher Sorgfalt ein höherer Preis zu erzielen ist5. Sie ist auch gehalten, eine vom Sicherungsgeber nachgewiesene
günstige Verwertungsmöglichkeit sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls auszunutzen6. Das bedeutet aber nicht, dass der Sicherungsnehmer verpflichtet
ist, mit jedem vom Sicherungsgeber benannten angeblichen Interessenten von
sich aus Kontakt aufzunehmen und zu verhandeln. Es ist vielmehr Sache des
Sicherungsgebers, mit dem Interessenten die erforderlichen Verhandlungen zu
führen, einen Kaufvertrag mit gesicherter Finanzierung vorzubereiten und
dann den Sicherungsnehmer zur Mitwirkung an diesem Vertrag aufzufordern.
Weiter gehende Pflichten treffen den Sicherungsnehmer nur ausnahmsweise,
etwa wenn er den Sicherungsgeber nicht nur über den Verkauf des Sicherungsgutes, sondern auch über einen Eintritt des Interessenten in die Sicherungsabrede sowie das Schuldverhältnis verhandeln lässt, aus dem die gesicherte
Forderung resultiert7.
1
2
3
4
BGH vom 4.11.1997 – XI ZR 181/96 – WM 1997, 2396.
BGH vom 20.6.2000 – IX ZR 81/98 – WM 2000, 1574.
BGH vom 20.6.2000 – IX ZR 81/98 – WM 2000, 1574.
BGH vom 29.6.1989 – IX ZR 175/88 – BGHZ 108, 179; BGH vom 9.10.1990 – XI ZR
200/89 – WM 1990, 1956; OLG Frankfurt vom 7.9.2001 – 24 U 234/99 – NZG 2002,
482; OLG Frankfurt vom 30.5.2005 – 24 U 188/04 – OLGR 2006, 169.
5 OLG Düsseldorf vom 19.6.1972 – 6 U 18/72 – WM 1972, 1438; OLG Düsseldorf vom
8.2.1990 – 6 U 151/89 – BB 1990, 1016; BGH vom 5.10.1999 – XI ZR 280/98 – WM 2000,
68; vgl. auch v. Westphalen WM 1980, 1406 und ZIP 1985, 921.
6 BGH vom 5.10.1999 – XI ZR 280/98 – WM 2000, 68.
7 BGH vom 5.10.1999 – XI ZR 280/98 – WM 2000, 68.
998
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
Fehlt der Bank das zur Bewertung der sicherungsübereigneten Gegenstände
notwendige Fachwissen, kann sie verpflichtet sein, vor deren Veräußerung ein
Wertgutachten einzuholen, sofern dieses mit nach den Umständen angemessenem Kosten- und Zeitaufwand zu erlangen ist1. Stattdessen kann die Bank
dem Kunden Gelegenheit geben, an der Feststellung des Verkehrswerts des Sicherungsguts und an der Suche nach einem geeigneten Käufer mitzuwirken2.
Ferner muss sie ihre Verkaufsabsicht dem Kreis der in Frage stehenden Interessenten hinreichend bekannt machen3. Welche Maßnahmen im Einzelnen geboten sind, hängt wesentlich von der Art des Sicherungsguts sowie den sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalles ab. In der Regel lässt sich eine
Pflichtverletzung nicht schon daraus ableiten, dass sicherungsübereignete Gegenstände nicht einzeln, sondern als Paket verkauft werden und der erzielte
Erlös unter der Summe der Verkehrswerte aller Einzelstücke liegt4.
6.271a
Betreibt eine Bank die Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus einem ihr
zustehenden Grundpfandrecht, so macht sie sich dem Schuldner gegenüber
schadenersatzpflichtig, wenn sie im Fall eines freihändigen Verkaufs den Kaufpreis durch die Vereinbarung einer Maklerprovision mindert5. Eine Bank, die
die Zwangsversteigerung betreibt, hat die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer Weise zu berücksichtigen, soweit
nicht ihre Sicherungsinteressen entgegenstehen.
6.271b
Die Verletzung dieser Pflichten wurde einer Bank in folgendem Fall6 vorgeworfen: Der Eigentümer eines Grundstücks, über das ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig war,
hatte sich bis zuletzt um Käufer bemüht. Wenige Stunden vor dem Versteigerungstermin
präsentierte er einen Käufer, der bereit und in der Lage war, einen Preis von 1,2 Mio. DM
zu bezahlen. Die Bank willigte ein, verlangte jedoch nach Verlesung des notariellen Kaufvertrages überraschend eine Provision von mehr als 60 000 DM und kündigte die Fortsetzung der Zwangsversteigerung an, falls man auf ihre Bedingungen nicht eingehe. Daraufhin akzeptierte der Käufer nur noch einen Preis von 1,1 Mio. DM und verpflichtete sich
zur Zahlung der Provision. Der BGH7 hielt das Vorgehen der Bank für unzulässig. Werde
ihr eine günstige Verkaufsmöglichkeit nachgewiesen, so habe sie durch ihre Mitwirkung
eine solche Verwertung zu fördern. Finde sie selbst einen Käufer, der einen höheren Preis
als den von ihr erwarteten Versteigerungserlös zu zahlen bereit sei, so dürfe sie die Gelegenheit nicht dazu benutzen, einen Teil des Betrages, den der Interessent zahlen wolle,
ohne Anrechnung auf die gesicherte Forderung als Entgelt für eigene Verwertungsbemühungen zu vereinnahmen.
d) Abstimmung mit dem Sicherungsgeber
Eine Haftung des Sicherungsnehmers für mangelhafte Verwertung des Siche- 6.271c
rungsgutes scheidet in der Regel aus, wenn er dem Sicherungsgeber Art und
Weise der Veräußerung sowie den vorgesehenen Preis zuvor mitteilt und dieser
dem beabsichtigten Verfahren zustimmt. Der Sicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, den Sicherungsgeber an den zur Verwertung erforderlichen Geschäf1 BGH vom 9.1.1997 – IX ZR 1/96 – WM 1997, 432.
2 LG Frankfurt vom 11.4.1988 – 2/24 S 102/86 – WM 1988, 700 = WuB I F 5. – 2.88 Rehbein.
3 BGH vom 9.1.1997 – IX ZR 1/96 – WM 1997, 432.
4 BGH vom 28.3.1956 – IV ZR 272/55 – WM 1956, 1091; BGH vom 9.1.1997 – IX ZR 1/96
– WM 1997, 432.
5 BGH vom 24.6.1997 – XI ZR 178/96 – WM 1997, 1474.
6 Vgl. Sachverhaltsdarstellung bei Breiholdt FAZ vom 29.8.1997 Nr. 200.
7 BGH vom 24.6.1997 – XI ZR 178/96 – WM 1997, 1474.
999
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
ten rechtlich zu beteiligen. Er kann grundsätzlich alle dazu erforderlichen
Rechtshandlungen ohne Mitwirkung seines Vertragspartners in dem durch
Treu und Glauben und die Verkehrssitte gebotenen Rahmen selbständig wahrnehmen1. Die Wirksamkeit des vom Sicherungsnehmer getätigten Verwertungsgeschäfts mit dem Erwerber ist von der Zustimmung des Sicherungsgebers nicht abhängig. Rechtswirkungen äußert die Zustimmung des
Sicherungsgebers indessen im Innenverhältnis zu seinem Vertragspartner,
dem er Sicherheit geleistet hat. Der Sicherungsgeber billigt damit den Eingriff
in seine Vermögensrechte. Infolge seines Einverständnisses entspricht die Veräußerung dem übereinstimmenden Willen beider Parteien und kann daher im
Allgemeinen keine Vertragsverletzung darstellen2. Demzufolge darf der Sicherungsnehmer unter solchen Voraussetzungen in der Regel alle weiteren Bemühungen um eine eventuelle Verbesserung des Erlöses ohne weiteres einstellen.
6.271d Allerdings kann der Insolvenzverwalter ein solches Übereinkommen zwischen
dem Schuldner und dem Sicherungsnehmer über die Art und Weise der Verwertung des Sicherungsgutes u.U. wegen Gläubigerbenachteiligung anfechten.
Eine erfolgreiche Anfechtung des Einverständnisses gibt ihm die Möglichkeit,
Schadensersatzansprüche gegen den Sicherungsnehmer wegen mangelhafter
Berücksichtigung der Belange des Sicherungsgebers zu erheben. Bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen muss der Sicherungsnehmer sich so behandeln lassen, als habe der Gemeinschuldner eine Zustimmung zur Verwertung nicht erteilt3.
e) Werbemaßnahmen bei der Verwertung
6.272
Werden Waren aus einer Sicherheitenverwertung angeboten, so erwartet die
Kundschaft in der Regel besonders günstige Preise. Der Werbung waren jedoch
durch das UWG bis zu seiner Änderung im Jahre 20044 enge Grenzen gesetzt.
So war beispielsweise in der Werbung für Waren, die aus einer Insolvenzmasse
stammen, aber nicht mehr zum Bestand der Insolvenzmasse gehören, jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren aus einer Insolvenzmasse verboten (§ 6
UWG a.F.5). Demgemäß durfte nur der Insolvenzverwalter Waren mit dem
Hinweis auf ihre Herkunft anbieten6. Dies galt auch für Waren, die einer Bank
zur Sicherung übereignet sind, wenn der Insolvenzverwalter die Verwertung
durchführte7. Zur Insolvenzmasse gehören nämlich auch Gegenstände, an denen einem Dritten ein Absonderungsrecht zusteht (§§ 35, 50 InsO), wie z.B.
das Sicherungseigentum. Verkaufte dagegen die Bank das Sicherungsgut, so
durfte sie zwar den Grund des Verkaufs, nämlich die freihändige Verwertung
1
2
3
4
5
BGH vom 9.1.1997 – IX ZR 1/96 – WM 1997, 432.
BGH vom 24.6.1994 – V ZR 19/93 – NJW 1994, 2755, 2756.
BGH vom 9.1.1997 – IX ZR 1/96 – WM 1997, 432.
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3.7.2004, BGBl. I, 1414.
Zur Vereinbarkeit von § 6 UWG mit europäischem Recht s. EuGH vom 25.3.2004 – Rs.
C-71/02 – ZIP 2004, 823.
6 Verpflichtet war er zu einem Hinweis auf die Herkunft dagegen nicht (OLG Stuttgart
vom 12.4.1999 – 2 W 11/99 – NZI 1999, 271; zu den wettbewerbsrechtlichen Schranken
eines Insolvenzverkaufs s. OLG Koblenz vom 10.12.2002 – 4 U 961/02 – ZInsO 2003,
569).
7 RG vom 19.4.1929 – VII 448/28 – RGZ 124, 75; Pfeiffer FS Brandner, 1996, 443; Tappmeier ZIP 1992, 712.
1000
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
von Sicherungsgut, bekannt geben1, auf die Herkunft aus der Insolvenzmasse
aber nicht hinweisen.
Durch die Neufassung des UWG sind diese Beschränkungen jedoch entfallen,
allerdings war auch ihre Bedeutung stark gesunken, da das Recht zur Sicherheitenverwertung nach Insolvenzeröffnung ohnehin weitgehend dem Verwalter zusteht (s. Rn 6.318 ff.). Er hat die wettbewerbsrechtlichen Schranken vor
allem der §§ 4–6 UWG zu beachten2. Dabei ist aber der besonderen Situation
des Insolvenzverwalters Rechnung zu tragen, die sich daraus ergibt, dass in der
Insolvenz der unverzügliche Abverkauf sämtlicher Waren notwendig ist und
dieser oft nur durch erhebliche Preisnachlässe erreicht werden kann3.
6.273
Für die Banken gelten ebenfalls nur noch die allgemeinen Regeln der §§ 4–6 6.274
UWG, die eine Angabe, dass es sich um Waren eines inzwischen insolventen
Unternehmens handelt, nicht verbieten. Irreführend wäre es jedoch, schon vor
Verfahrenseröffnung von Insolvenzgut zu sprechen. Dies ist erst nach Verfahrenseröffnung zulässig, wenn der Verwalter die Ware dem Sicherungsnehmer
zur Verwertung überlassen hat (§ 170 Abs. 2 InsO) oder die Bank den Besitz
schon vor Verfahrenseröffnung an sich gezogen und damit das Verwertungsrecht des Verwalters nicht hat entstehen lassen. Die enge Auslegung nach altem Recht, derzufolge Waren nur solange noch zum Bestand der Insolvenzmasse gehörten und als Insolvenzware bezeichnet werden durften, wie der
Insolvenzverwalter über sie verfügen konnte4, findet keine Anwendung mehr,
da ihre gesetzliche Basis entfallen ist.
5. Sicherheitenerlöse
a) Verwendung des Erlöses
Der Erlös aus der Verwertung dient der Bank zur Befriedigung ihrer gesicherten 6.275
Ansprüche, die insoweit erlöschen5. Wenn der Erlös nicht zur Tilgung der ganzen Schuld ausreicht, darf die Bank ihn mangels anderweitiger Vereinbarung6
in den Sicherungsverträgen in der in § 367 BGB vorgeschriebenen Reihenfolge
verwenden. Dabei kann der Erlös zuerst auf die Kosten der Verwertung (Gebühren, Auslagen und Steuern) (s. Rn 6.308 ff.), dann auf die Zinsen und zum
Schluss auf die Hauptforderung aufgeteilt werden. Handelt es sich um ein Verbraucherdarlehen, so ist der Erlös zunächst auf Kosten der Rechtsverfolgung,
dann auf die Hauptforderung und zuletzt auf die Zinsen zu verrechnen (§ 497
Abs. 3 BGB). Wenn die Sicherheiten zur Deckung verschiedener Kredite dienen, ist der Erlös nach Maßgabe des § 366 Abs. 2 BGB zu verrechnen, d.h. zunächst auf diejenige Schuld, die dem Schuldner am lästigsten ist, unter mehreren gleich lästigen auf die ältere Schuld und bei gleichem Alter auf jede
1 BGH vom 2.5.1985 – I ZR 47/83 – WM 1985, 1118 = WuB IV A § 242 BGB 1. 86 v. Rottenburg.
2 OLG Jena vom 15.8.2001 – 2 U 245/01 – DZWIR 2001, 521.
3 BGH vom 11.5.2006 – I ZR 206/02 – WM 2006, 1455 zu §§ 7, 8 UWG a.F.
4 v. Gamm, Wettbewerbs- und Wettbewerbsverfahrensrecht, 5. Aufl. 1987, Kapitel 40,
Rn 4.
5 Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 7. Aufl. 1994, Rn 269; s. auch
Rn 6.406.
6 Zum Fall der Rückzahlung eines durch eine Grundschuld gesicherten Kredits vgl. OLG
Düsseldorf vom 4.6.1976 – 16 U 273/75 – WM 1976, 938.
1001
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
verhältnismäßig1. Als lästigste Schuld im Sinne des § 366 BGB wird man stets
den teuersten Kredit, also denjenigen mit dem höchsten Effektivzins bezeichnen2.
aa) Überschuss
6.276
Einen bei der Verwertung etwa erzielten Überschuss hat die Bank an den Kunden herauszugeben. Wenn das Sicherungsgut durch Vereinbarung eines engen
Sicherungszwecks auf die Deckung ganz bestimmter Forderungen beschränkt
war und die Bank mit anderen Forderungen ausgefallen ist, liegt es nahe, dass
die Bank mit diesen Forderungen gegen den Anspruch des Kunden auf Herausgabe des Mehrerlöses aufzurechnen versucht. Dies ist jedoch nicht ohne weiteres möglich3. In der Vereinbarung eines engen Sicherungszwecks wird nämlich in der Regel gleichzeitig ein Aufrechnungsverbot zu erblicken sein, auch
wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt ist4.
6.277
Dieses vertragliche Aufrechnungsverbot verliert im Insolvenzverfahren grundsätzlich seine Wirkung5. Aus der Situation, die im Einzelfall zu der Vereinbarung eines engen Sicherungszwecks geführt hat, können sich aber auch hier
Abweichungen ergeben6. So soll das Aufrechnungsverbot nach der Rechtsprechung auch in der Insolvenz Bestand haben, wenn die Sicherheit in einem
Zeitpunkt hereingenommen wurde, in dem die wirtschaftliche Lage des Sicherungsgebers bereits desolat war7. Da es sich in diesen Fällen stets um Fragen
der Auslegung der Sicherheitenabsprachen handelt, empfehlen sich ausdrückliche vertragliche Regelungen des Inhalts, unter welchen Voraussetzungen die
Aufrechnung gestattet sein soll.
bb) Ausfall
6.278
Einen Ausfall kann die Bank in einem etwa nachfolgenden Insolvenzverfahren
als Insolvenzgläubigerin anmelden (§ 52 InsO)8. Die Ausfallforderung ist unter
Berücksichtigung lediglich desjenigen Teils des Verwertungserlöses zu ermitteln, der auf den Kapitalbetrag der Forderung entfällt9. Die auf die Zinsen verrechneten Erlöse mindern den Ausfall nicht; auch ist die Bank nicht verpflichtet, bei Ermittlung der Ausfallforderung den Verwertungserlös zunächst auf
die vor Verfahrenseröffnung begründete Zinsforderung zu verrechnen10. Dies
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
S. ergänzend BGH vom 25.11.2003 – IX ZR 379/02 – WM 2004, 121.
OLG Karlsruhe vom 25.10.1995 – 6 U 26/95 – WM 1996, 1744.
Ganter WM 1999, 1741.
BGH vom 14.7.1994 – IX ZR 110/93 – WM 1994, 1711.
BGH vom 2.12.1974 – II ZR 132/73 – WM 1975, 134; BGH vom 6.7.1978 – III ZR 65/77
– WM 1978, 1042; BGH vom 12.10.1983 – VIII ZR 19/82 – WM 1983, 1359; BGH vom
26.2.1987 – I ZR 110/85 – WM 1987, 732; BGH vom 19.9.1988 – II ZR 362/87 – WM
1988, 1592; BGH vom 14.7.1994 – IX ZR 110/93 – WM 1994, 1711; OLG Frankfurt
vom 22.1.1985 – 5 U 77/84 – WM 1985, 512 = WuB VI B § 53 KO 1.85 Obermüller.
S. Beispiele bei Ganter WM 1999, 1741.
BGH vom 14.7.1994 – IX ZR 110/93 – WM 1994, 1711.
OLG Köln vom 3.3.2000 – 2 W 31/00 – NZI 2000, 33.
Wegmann BankPraktiker 2006, 536.
BGH vom 5.12.1996 – IX ZR 53/96 – WM 1997, 136; a.A. Grub KTS 1982, 391; Wegmann BankPraktiker 2006, 536.
1002
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
wurde früher aus § 48 KO hergeleitet1. Danach galt die in § 367 BGB festgelegte Reihenfolge der Verrechnung auch für Absonderungsrechte im Konkurs.
Dass dieser Grundsatz für die Berechnung der Ausfallforderung wegen des Gebots der gleichmäßigen Befriedigung der Konkursgläubiger durchbrochen werden soll2, ist nicht anzunehmen. Die Regelung über Absonderungsrechte stellt
nämlich gerade eine Ausnahme von der par conditio creditorum dar. Daran hat
sich auch durch die Insolvenzordnung nichts geändert3. Denn die dortigen Vorschriften über das Absonderungsrecht und den Ausfallgrundsatz (§§ 50 Abs. 1,
52 InsO) entsprechen denen der Konkursordnung, so dass auf die Rechtsprechung und Literatur zum alten Recht zurückgegriffen werden kann.
Anrechenbar ist nur der Nettoerlös. Die bei der Verwertung von Sicherungseigentum anfallende Umsatzsteuer ist nicht anzurechnen, wenn der Sicherungsnehmer sie nicht zu seiner Befriedigung behalten kann, sondern für sie
gem. § 13c UStG dem Finanzamt haftet, sofern die Verwertung außerhalb eines Insolvenzverfahrens geschehen ist4.
6.278a
b) Sicherheitenerlöskonto für vom Kunden gestellte Sicherheiten
Bei Beginn eines Konkursverfahrens war es früher üblich, dass die Bank die Beträge, die sie aus der Verwertung ihrer Sicherheiten (z.B. Warenlager, Zessionsbestand) erlöst, vorerst auf ein so genanntes Sicherheitenerlöskonto verbucht.
Dies geschah insbesondere dann, wenn auch Vorbehaltslieferanten Rechte an
den Sicherheiten geltend machten und die Rechtslage zunächst noch nicht
klar zu übersehen war. Seit Einführung der Insolvenzordnung hat die Bedeutung des Sicherheitenerlöskontos zwar abgenommen, da die Verwertungsbefugnis zum Teil auf den Verwalter übergeht. Für Sicherheiten, die noch vor
Verfahrenseröffnung durch den Gläubiger verwertet werden, für Sicherheiten,
die dem Verwertungsrecht des Verwalters nicht unterliegen und solche, deren
Verwertung der Verwalter dem Gläubiger überlässt, bleibt die Einrichtung eines Sicherheitenerlöskontos weiterhin nützlich.
6.279
Grundsätzlich ist das Sicherheitenerlöskonto nur ein buchungstechnisches
Hilfsmittel, durch das die richtige Verrechnung des Verwertungserlöses auf
Kosten, Zinsen und Hauptforderung erleichtert und eine einfachere Rückbuchung in den Fällen erzielt werden soll, in denen sich nachträglich herausstellt, dass das Sicherungsgut einem Dritten zustand5. Es wird als internes
Konto geführt; der Verwalter erhält keine Tagesauszüge. Er kann jedoch von
der Bank Rechnungslegung über die Verwertung und die dabei erzielten Erlöse
verlangen.
6.280
Ein Aufschub der Tilgungswirkung ist mit der Verbuchung der Verwertungserlöse auf dem Sicherheitenerlöskonto nicht verbunden. Daher ist nicht nur
die Hauptforderung um den aus der Verwertung erlösten Betrag zu kürzen,
6.281
1 RG vom 9.2.1918 – V 272/17 – RGZ 92, 181; RG vom 18.12.1937 – V 151/37 – JW 1938,
892; BGH vom 8.5.1956 – I ZR 63/55 – NJW 1956, 1594; BGH vom 5.12.1996 – IX ZR
53/96 – WM 1997, 136; Walter KTS 1983, 179 m.w.N.; a.A. Grub KTS 1982, 391; Görg
KTS 1987, 191.
2 Grub KTS 1982, 391.
3 A.A. Görg KTS 2006, 151.
4 BGH vom 25.11.2003 – IX ZR 379/02 – WM 2004, 121.
5 Wegmann BankPraktiker 2006, 536.
1003
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
sondern es können auch Zinsen nur noch auf die verbleibende Restforderung
berechnet werden; nur wegen der Restforderung und der darauf anfallenden
Zinsen kann daher aus den noch nicht verwerteten Sicherheiten abgesonderte
Befriedigung verlangt werden1. Zu einer solchen Kompensation besteht allerdings kein Anlass, wenn der Sicherheitenerlös aufgrund eines zunächst nicht
bekannten, aber wirksamen einfachen, erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalts an Lieferanten des Gemeinschuldners abgeführt werden muss.
Deshalb empfiehlt es sich, die Kompensation bis zur Klärung der Rechtslage
zurückzustellen oder nur unter Vorbehalt vorzunehmen. Demgegenüber ist
die Belastung des laufenden Kontos mit Sollzinsen ohne Kompensation mit
dem Sicherheitenerlöskonto zulässig, wenn mit dem Schuldner in der Sicherungsabrede ausdrücklich vereinbart ist, dass der Erlös aus der Verwertung der
Sicherheiten als Barsicherheit dienen soll, bis sämtliche Forderungen getilgt
sind oder das gesamte Sicherungsgut verwertet ist und feststeht, dass der Sicherheitenerlös der Bank nicht von Dritten streitig gemacht wird2.
6.282
Ergibt sich nach der Verwertung der Sicherheiten durch die Bank, dass eine Sicherheit aufgrund eines vorrangigen Rechts einem Dritten (z.B. einem Vorbehaltslieferanten) zustand, so muss die Bank den vereinnahmten Erlös an den
Dritten auskehren (§ 816 Abs. 2 BGB)3. Hat die Bank den zur Abdeckung ihrer
Forderung nicht benötigten Erlös jedoch bereits an den Verwalter herausgegeben, so kann sie sich einem Dritten gegenüber, der nachträglich Rechte an der
Sicherheit bzw. an dem Erlös geltend macht, auf den Wegfall der Bereicherung
berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Grundsätzlich muss nämlich der Nachteil berücksichtigt werden, den der Empfänger mittelbar dadurch erleidet, dass er auf die
Rechtsbeständigkeit seines Erwerbs vertraute und infolgedessen eine Sicherheit aufgab4.
c) Sicherheitenerlöskonto für Drittsicherheiten
6.283
Eine abweichende Handhabung kann empfehlenswert sein, wenn die Sicherheit nicht aus dem Vermögen des Kunden stammt, sondern von einem Dritten
eingeräumt wurde. So wurde beispielsweise in Bürgschafts- und Verpfändungsformularen früher5 vereinbart, dass der Erlös bis zur vollständigen Befriedigung der Bank nur als Sicherheitsleistung dienen soll. Damit will der Bürge
letztlich geschont und nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die
Bank aus dem Vermögen des Hauptschuldners bzw. den von diesem gestellten
Sicherheiten keine Befriedigung erlangen konnte.
6.284
Dies hat zur Folge, dass die Bank trotz der Zahlung des Bürgen bzw. Verwertung des Pfandes ihre Forderung gegen den Kunden in voller Höhe im Insol1 Rehbein in WuB I F 1a – 1.84 (Anm.) zur Hinterlegungsklausel in Bürgschaftsformularen.
2 Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 7. Aufl. 1994, Rn 271; zum Recht einer Bank zur getrennten Kontoführung ohne Zinskompensation s. OLG Düsseldorf
vom 4.7.1996 – 6 U 151/95 – WM 1996, 1810.
3 Das Gleiche gilt für den Vorbehaltslieferanten, wenn sich die Bank die Ansprüche des
Kreditnehmers gegen ihn auf Freigabe der Sicherheiten hat abtreten lassen und er einen
Übererlös erzielt (BGH vom 16.5.2002 – III ZR 330/00 – WM 2002, 1343).
4 Staudinger/Lorenz, BGB, 13. Aufl.1999, § 818 Anm. 39 m.w.N.; BGH vom 16.12.1957 –
VII ZR 49/57 – BGHZ 26, 194.
5 Wagenknecht BuB, 2001, Rn 4/1124, 1191 und Benckendorff BuB, 1995, Rn 4/1460.
1004
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
venzverfahren anmelden und die volle Quote beanspruchen kann1. Der Erlös
ist dann auf ein Deckungskonto zu verbuchen, das als Unterkonto des Bürgen
bzw. Verpfänders geführt wird. Nach Empfang der Quote kann die Bank einen
Betrag in Höhe ihres Ausfalls aus dem Deckungskonto entnehmen; den nicht
benötigten Rest muss sie dem Bürgen bzw. Verpfänder zurückgeben.
Sofern die Kredite der Bank nur teilweise gesichert sind, wird sie Zahlungseingänge zunächst auf den ungesicherten Kredit verrechnen. Der Sicherungsgeber
kann nicht verlangen, dass die Bank ihre eigenen Interessen zurückstellt und
Tilgungsleistungen auf den gesicherten Teil ihrer Forderungen verrechnet2, es
sei denn, dies ist ausdrücklich vereinbart.
6.285
6. Umsatzsteuer bei der Verwertung außerhalb eines Insolvenzverfahrens
Welche Umsatzsteuer bei der Verwertung von Sicherungsgut3 im Inland4 an- 6.286
fällt, hängt einmal von der Art des Sicherungsguts, dem Zeitpunkt der Verwertung und davon ab, wer die Verwertung durchführt.
a) Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den
Sicherungsnehmer
Die Sicherungsübereignung als solche begründet noch keine der Umsatzsteuer 6.287
unterliegende „Lieferung“ im Sinne von § 1 UStG, da der Sicherungsnehmer
hierdurch erst ein Recht zur abgesonderten Befriedigung (§ 51 Nr. 1 InsO),
nicht aber die tatsächliche Verfügungsmacht erlangt (vgl. § 3 Abs. 1 UStG).
Diese erhält er erst, wenn er von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht5
und mit der Verwertung beginnt6. Es kommt nicht darauf an, ob bereits Verwertungsreife eingetreten ist7, umgekehrt führt der Eintritt der Verwertungsreife auch nicht zu einem Umsatz. Vielmehr setzt eine Verwertung voraus,
dass der Sicherungsnehmer sich Substanz, Wert und Ertrag übertragen lässt.
Dadurch entsteht ein steuerpflichtiger Umsatz vom Sicherungsgeber an den
Sicherungsnehmer8, vorausgesetzt, dass es sich bei dem Sicherungsgeber um
einen Unternehmer im Sinn von § 2 UStG handelt; Einzelheiten s.u.
Rn 6.2989. Veräußert nun der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut an einen
Dritten, so liegt darin ein weiterer steuerpflichtiger Umsatz (Abschn. 2 Abs. 3
1 BGH vom 30.10.1984 – IX ZR 92/83 – WM 1984, 1630; Benckendorff BuB, 1995,
Rn 4/1460; v. Falkenhausen Bank-Archiv 1929/30, 193; Wagenknecht BuB, 2001,
Rn 4/1125.
2 BGH vom 27.4.1993 – XI ZR 120/92 – ZIP 1993, 910.
3 Zur Abgrenzung gegenüber einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2
UStG 1993 s. BFH vom 1.8.2002 – V R 17/01 – EFG 2001, 393.
4 Zu Sachverhalten mit Auslandsbezug s. Siebert IStR 2005, 195.
5 BFH vom 21.7.1994 – V R 114/91 – ZIP 1994, 1705; BFH vom 6.10.2005 – V R 20/04 –
DB 2006, 140; Einzelheiten s. Hess/Boochs/Weis, Steuerrecht in der Insolvenz, 1996,
Rn 735 ff.
6 Zur Abgrenzung s. Winkemann DStR 2000, 190.
7 BFH vom 6.10.2005 – V R 20/04 – DB 2006, 140.
8 RFH vom 26.5.1939 – V 129/38 – RStBl. 1939, 885.
9 Zur Anwendung der Differenzbesteuerung oder Margenbesteuerung bei Nicht-Unternehmern s. OFD Frankfurt vom 23.7.1999 – S 7421 A – 5 – St IV 32 – DB 1999, 2033,
UR 2000, 134.
1005
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
UStR). Fallen beide Vorgänge zeitlich zusammen, liegt ein sog. „Doppelumsatz“ vor.
aa) Rechtsentwicklung
6.288
Daraus ergab sich bis zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung, die am 1.1.1993 in Kraft trat, folgende für den Fiskus sehr unerfreuliche
Rechtslage:
6.289
Die Umsatzsteuer wegen der ersten „Lieferung“, nämlich der Lieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer war vom Sicherungsgeber zu entrichten. Der Sicherungsnehmer konnte die aus der „Lieferung“ an ihn entstandene
Umsatzsteuer als Vorsteuer unter den Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen1. Dazu konnte er dem Konkursverwalter in Höhe des Entgelts eine Gutschrift mit Steuerausweis erteilen2.
6.290
Bei einer Lieferung nach Eröffnung des Konkursverfahrens traf die Umsatzsteuerschuld die Konkursmasse gem. § 58 Nr. 2 KO. Die Einordnung der Umsatzsteuerschuld als Masseschuld im Sinne von § 58 Nr. 2 KO hat viele Konkursverwalter veranlasst, noch als Sequester im Konkursantragsverfahren eine
weitgehende Verwertung der Masse zu betreiben. Damit hatten sie nach früherem Recht die Steuerforderungen auf den Rang des § 61 Nr. 2 KO verwiesen3.
6.291
Die dadurch für den Fiskus ausgelösten Verluste haben zu einer Änderung der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung beigetragen, deren § 51 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 mit Wirkung vom 1.1.1993 vorsah, dass bei Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer
außerhalb des Konkursverfahrens der Leistungsempfänger die Steuer von der
Gegenleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt weiterzuleiten hat4. Mit Wirkung ab 1.1.2002 wurden die Regelungen zum Umsatzsteuer-Abzugsverfahren dadurch ersetzt, dass der Leistungsempfänger Steuerschuldner wurde (§ 13b UStG)5. Nur der Leistungsempfänger ist nach diesem
so genannten „Reverse-charge-Verfahren“ zur Anmeldung und Abführung der
Umsatzsteuer verpflichtet. Eine Haftung des Leistenden besteht nicht. Dies
bedeutet, dass die Bank die Umsatzsteuer nicht mehr zur Reduzierung des
Kredits verwenden kann.
1 BGH vom 22.3.1972 – VIII ZR 119/70 – BGHZ 58, 292; BGH vom 12.5.1980 – VIII ZR
167/79 – ZIP 1980, 522; BFH vom 20.7.1978 – V R 2/75 – BStBl. 1978 II, 684; dies gilt
auch dann, wenn die Sicherungsgeberin z.B. wegen Löschung im Handelsregister nicht
mehr existiert (FG Hamburg vom 14.8.1991 – VII 38/90 – EFG 1992, 227).
2 Bundesminister der Finanzen, Schreiben vom 6.12.1972 – BStBl. I, 578; s. auch OLG
München vom 25.6.1970 – 19 U 1018/70 – DB 1970, 1480; BFH vom 4.3.1982 – V R
107/79 – ZIP 1982, 491.
3 FG Rheinland-Pfalz vom 13.1.1985 – 5 K 161/85 – UR 1987, 172; FG Baden-Württemberg vom 4.11.1982 – III 402/78 – UR 1983, 153; FG Düsseldorf vom 1.8.1988 – 10 V
87/88 – ZIP 1988, 1073; Maus/Uhlenbruck DB 1988, 793; darin liegt keine Pflichtverletzung gegenüber dem Fiskus (BGH vom 12.11.1992 – IX ZR 68/92 – WM 1993, 348;
BFH vom 21.9.1993 – VII R 68/92 – NJW 1995,80).
4 BGBl. I 1992, 1985.
5 Art. 19 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 2001 – BGBl. I, 3794.
1006
Sechster Teil
Verwertung von Kreditsicherheiten
bb) Verwertung durch die Bank
Verwertet die Bank das Sicherungsgut, so vollzieht sich damit der Doppelumsatz. Dadurch wird sie in Höhe des Erlöses abzüglich der Umsatzsteuer befriedigt1. Die Bank muss dem Erwerber eine Rechnung2 ausstellen und dem Sicherungsgeber eine Gutschrift erteilen. Dazu folgendes Beispiel:
6.292
39
Rechnung an Erwerber
Briefkopf der Bank
An
Firma
................
(Erwerber)
Rechnung
Wir verkauften Ihnen und haben Ihnen am ................ (Datum des Übergangs der
Verfügungsbefugnis) geliefert:
10 t Steuerschrauben Farbgebung Rot-Grün 2. Wahl
Umsatzsteuer (19 %)
Preis
100 000 Euro
19 000 Euro
119 000 Euro
Wir bitten um Überweisung des Verkaufspreises auf unser Konto ................ bei
B-Bank AG, Filiale ................ BLZ ................
Mit freundlichen Grüßen
................
A-Bank AG
40
Gutschrift an späteren Insolvenzschuldner
Briefkopf der Bank
Herrn/Frau/Firma
................
(späterer Insolvenzschuldner)
Verwertung von Sicherungsgut
hier: Gutschrift nach § 14 Abs. 5 UStG
Sehr geehrte Damen und Herren,
1 Bundesminister der Finanzen, Schreiben vom 6.12.1972 – BStBl. I, 578; OLG Köln vom
26.5.1993 – 16 U 173/92 – WM 1993, 1525.
2 Zu den steuerlichen Anforderungen an eine Rechnung s. BMF vom 29.1.2004 – IV B 7 –
S 7280 – 19/04.
1007
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
die nachfolgenden uns sicherungsübereigneten Gegenstände, die Sie uns am
................ zur abgesonderten Befriedigung herausgegeben hatten, haben wir verwertet. Dabei haben wir folgenden Erlös erzielt:
10 t Steuerschrauben Farbgebung Rot-Grün 2. Wahl
abzüglich verauslagter Verwertungskosten
(z.B. für Vermittler)
Nettoerlös (Entgelt)
100 000 Euro*
3 000 Euro*
97 000 Euro
Den Nettoerlös schreiben wir Ihrem Konto gut.
Für die Umsatzsteuer haften wir gemäß § 13b UStG als Steuerschuldner. Sie haben daher keine Umsatzsteuer zu erfassen.
Diese Gutschrift gilt als Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG für die Lieferung der o.g. Gegenstände an uns.
Mit freundlichen Grüßen
................
A-Bank AG
* Nettobetrag ohne USt, da zivilrechtlich als Kosten der Verwertung der an den dritten Verwerter gezahlte Preis abzüglich der etwa darin enthaltenen Umsatzsteuer anzusehen ist,
wenn der Sicherungsnehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
cc) Veräußerung durch die Bank im Namen des Sicherungsgebers
6.293
Ihre Umsatzsteuerpflicht kann die Bank nicht dadurch vermeiden, dass sie
nach Eintritt der Verwertungsreife das Sicherungsgut aufgrund einer Abrede
mit dem Sicherungsgeber in dessen Namen veräußert1. Zwar führt die Übereignung beweglicher Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung
eines Besitzmittlungsverhältnisses noch nicht den Tatbestand einer Lieferung
im Sinne von § 3 UStG herbei2. Dennoch ist auch hier schon eine Lieferung
vom Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer anzunehmen: Veräußert der
Sicherungsnehmer das Sicherungsgut im Namen des insolventen Sicherungsgebers, so ist dies nicht der Ausdruck eines beim Sicherungsgeber verbliebenen Verwertungsrechts und folglich einer schwächeren Rechtsstellung im Vergleich zum Regelfall der Verwertung durch den Sicherungsnehmer im eigenen
Namen; vielmehr handelt der Sicherungsnehmer hier in Ausübung seiner Befugnisse aus den im Bankgewerbe üblichen Sicherungsübereignungsbedingungen3, die für den Verwertungsfall in der Regel folgende Klausel enthalten:
„Die Bank darf das Sicherungsgut auch durch freihändigen Verkauf im eigenen Namen
oder im Namen des Sicherungsgebers veräußern; … sie kann auch von dem Sicherungsgeber verlangen, dass dieser nach ihren Weisungen das Sicherungsgut bestmöglich verwertet oder bei der Verwertung mitwirkt. Der Sicherungsgeber hat alles bei der Verwertung des Sicherungsgutes Erlangte unverzüglich an die Bank herauszugeben.“
1 BFH vom 17.7.1980 – V R 124/75 – ZIP 1980, 791; Nds. FG vom 6.6.1989 – V 500/88 –
EFG 1989, 656; BFH vom 9.3.1995 – V R 102/89 – ZIP 1995, 1429.
2 BFH vom 17.7.1980 – V R 124/75 – ZIP 1980, 791 = BStBl. II 1980, 673.
3 Muster bei Cartano, BuB, 2005, Rn 4/368 Nr. 12.
1008
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
Nach Ansicht des BFH1 soll die Veräußerung im Namen des Sicherungsgebers
in besonderer Weise ein wirtschaftliches Übergewicht des Sicherungsnehmers
erkennen lassen, da er auf diese Weise erreicht, dass ihm zwar der Erlös aus
dem Verwertungsgeschäft zugute kommt, etwaige Gewährleistungsansprüche
aber den Sicherungsgeber treffen.
6.294
dd) Vermittlung des Verkaufs durch die Bank
Ob die Bank ihre Umsatzsteuerabführungspflicht dadurch vermeiden kann,
dass sie beim Verkauf des Sicherungsguts als Vermittler des Sicherungsgebers
auftritt, ist zweifelhaft2. Hat der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut bereits
ausgesondert und in seinen Besitz genommen, so hat er damit die Verfügungsmacht erlangt, so dass der Begriff „Lieferung“ erfüllt sein dürfte. Vor Eintritt
der Verwertungsreife kann der Sicherungsnehmer dagegen als Vermittler für
die Veräußerung des Sicherungsguts sorgen, ohne dass darin eine Lieferung an
den Sicherungsnehmer gesehen werden könnte3.
6.295
ee) Veräußerung durch den Sicherungsgeber im eigenen Namen für Rechnung
der Bank
Falls der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Na- 6.295a
men, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu verkaufen, liegt ein Dreifachumsatz vor4. Der Sicherungsgeber führt nämlich zunächst an den Käufer
eine entgeltliche Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus. Dadurch kommt
beim Sicherungsnehmer das Abzugsverfahren bzw. seit dem 1.1.2002 das
Reverse-charge-Verfahren nach § 13b UStG zur Anwendung. Regelmäßig ergibt sich nämlich aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem
Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist; allein
der Umstand, dass jemand im eigenen Namen, aber letztlich für Rechnung eines Dritten Leistungen erbringt oder bezieht, rechtfertigt keine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Zurechnung von Leistungen oder
Leistungsbezügen5. Gleichzeitig liegt zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) eine Lieferung vor, bei der
der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Dafür greift
§ 3 Abs. 3 UStG ein. Diese Haftung des Sicherungsnehmers führt nicht zu einer Doppelbelastung mit Umsatzsteuer. Der Sicherungsnehmer haftet zwar
für die Umsatzsteuer aus der Lieferung des Sicherungsgebers an ihn; insofern
erhält er aber auch den Vorsteuerabzug, und zwar ohne Rechnung6. Der Sicherungsnehmer (Kommittent) wird aber nur einmal mit der Umsatzsteuer aus
der Weiterlieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsgeber (Kommissio-
1 BFH vom 17.7.1980 – V R 124/75 – ZIP 1980, 791.
2 Vgl. dazu Burkholz BB 1967, 33, der in der Einwilligung des Sicherungsnehmers in eine
Veräußerung durch den Sicherungsgeber nach Verwertungsreife sogar eine Aufhebung
des Sicherungsübereignungsvertrages erblickt.
3 Hess. Finanzgericht vom 10.6.1975 – VI 69 – 74/71 – EFG 1975, 498; FG Düsseldorf
vom 17.5.1966 – IX 47/64 U UR 1967, 129.
4 BFH vom 6.10.2005 – V R 20/04 – DB 2006, 140.
5 BFH vom 3.11.2005 und 30.3.2006 – V R 9/03 – ZInsO 2006, 651.
6 Vgl. EuGH vom 1.4.2004 – Rs. C-90/02; Bockemühl UVR 2004, 197; BFH vom
17.6.2004 – V R 61/00 – BFHE 206, 457, BStBl. II 2004, 970; BFH vom 6.10.2005 –
V R 20/04 – DB 2006, 140.
1009
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
när) belastet, weil er den vom Kommissionär erzielten Kaufpreis (einschließlich Umsatzsteuer) erhalten hat.
6.295b Eine Verwertung im steuerrechtlichen Sinn liegt nicht bei jeder Veräußerung
des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber vor. Zwar setzt eine Verwertung für Rechnung des Sicherungsnehmers nicht voraus, dass der Sicherungsfall infolge Zahlungsverzugs des Sicherungsgebers eingetreten ist; es reicht
aus, dass der Sicherungsgeber im Auftrag des Sicherungsnehmers oder jedenfalls im Interesse des Sicherungsnehmers mit Rücksicht auf dessen wirklichen
oder mutmaßlichen Willen (vgl. § 677 BGB) das Sicherungsgut veräußert und
den Veräußerungserlös an den Sicherungsnehmer herausgibt1. Davon sind aber
nicht erfasst Verkäufe aufgrund der in den Sicherungsverträgen üblicherweise
enthaltenen Veräußerungsermächtigung wie z.B. Verkäufe aus einem sicherungsübereigneten Warenlager im laufenden Geschäft. An einem Doppelumsatz fehlt es deshalb, wenn das Sicherungsgut vor der Verwertung durch
den Sicherungsgeber mit Zustimmung des Sicherungsnehmers an einen Dritten geliefert oder wenn es zum Zweck der Auswechslung des Sicherungsgebers
veräußert wird2.
ff) Schuldnerwechsel
6.296
Kein Doppelumsatz liegt vor, wenn der Sicherungsgeber das Sicherungsgut vor
Eintritt der Verwertungsreife mit Zustimmung des Sicherungsnehmers an einen Dritten liefert oder wenn es zum Zweck der Auswechslung des Sicherungsgebers veräußert wird3:
So hatte beispielsweise ein Kreditgeber das Sicherungsgut nach fristloser Kündigung von
Darlehen, die durch Sicherungsübereignungen besichert waren, nicht an sich genommen
und selbst veräußert. Stattdessen hat der Kreditnehmer es mit Zustimmung des Kreditgebers an einen Dritten veräußert. Der dritte Erwerber erbrachte den Kaufpreis dadurch,
dass er die Darlehensverbindlichkeiten des Kreditnehmers übernahm. Dabei diente das
Sicherungsgut nach Veräußerung weiter als Sicherheit für die übernommenen Darlehensverbindlichkeiten. Solange diese Form der Veräußerung nicht zum Zwecke der Verwertung des Sicherungsgutes gewählt wird, sondern bereits vor der Verwertung erfolgt zum
Zwecke der Auswechslung des Sicherungsgebers, handele es sich umsatzsteuerrechtlich
um eine unmittelbare Lieferung des Sicherungsgutes vom Sicherungsgeber/Kreditnehmer
an den Dritten. Der dritte Erwerber ist dann berechtigt, die ihm vom Sicherungsgeber in
Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug zu bringen. § 13b UStG kommt
nicht zum Zuge.
6.297
Damit bietet sich als Strategie zur Vermeidung der Umsatzsteuerbelastung für
Kreditinstitute an, in geeigneten Fällen die „Verwertung“ des Sicherungsgutes
zu vermeiden, indem der Kreditnehmer mit Zustimmung des Kreditinstitutes
das Sicherungsgut an einen dritten Interessenten verkauft und der dritte Interessent in Anrechnung auf den Kaufpreis die gesicherte Darlehensforderung
(ganz oder teilweise übernimmt). Bis zum Ausgleich dient das veräußerte Sicherungsgut weiter als Sicherheit für die vom Erwerber übernommenen Darlehensverbindlichkeiten.
1 BFH vom 6.10.2005 – V R 20/04 – DB 2006, 140.
2 BFH vom 9.3.1995 – V R 102/89 – ZIP 1995, 1429.
3 BFH vom 9.3.1995 – V R 102/89 – ZIP 1995, 1429; Winkemann/Geuenich DStR 2000,
190.
1010
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
gg) Verwertung von Sicherheiten durch einen Unternehmer
Der Umsatzsteuer unterliegen Umsätze, die durch einen Unternehmer im In- 6.298
land im Rahmen seines Unternehmens bewirkt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG). Die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft einer juristischen Person geht durch ihre – insolvenzbedingte – Auflösung oder durch ihre Löschung
im Handelsregister nicht unter1.
Die für die Unternehmereigenschaft notwendige Nachhaltigkeit der wirt- 6.298a
schaftlichen Betätigung ist auch bei einem Sicherheitenpool von Banken gegeben, denn dieser dient der gemeinsamen Fortsetzung und Unterstützung der
unternehmerischen Tätigkeit der Poolmitglieder2. Bringt ein Sicherungsnehmer das Sicherungsgut zusammen mit anderen Sicherungsnehmern in einen
Sicherheitenpool ein und veräußert der Poolverwalter das Sicherungsgut an
Dritte, so ist der Sicherheitenpool und nicht der einzelne Sicherungsnehmer
der Verwerter und damit Leistender im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die
Unternehmereigenschaft entfällt aber nicht schon dadurch, dass sich mehrere
Banken zu einem Sicherheitenpool zusammenschließen und es diesem gelingt, durch nur ein Veräußerungsgeschäft die Verwertung aller Poolgegenstände zu bewältigen. Der Verwalter hat dem Dritten die Rechnung zu stellen3.
hh) Verwertung von Sicherheiten einer Privatperson
Wenn die Bank einen Gegenstand verwertet, der ihr von einem Sicherungsgeber, der nicht die Unternehmereigenschaft besitzt, übertragen wurde, wäre
sie grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da der erste Teil des
Doppelumsatzes, nämlich die Lieferung des Sicherungsgutes vom Sicherungsgeber an die Bank mangels Unternehmereigenschaft nicht umsatzsteuerpflichtig ist und daher auch keine Vorsteuer anfällt. Hier kommt jedoch die so genannte Margenbesteuerung oder Differenzbesteuerung4 zum Zuge, die besagt,
dass die Umsatzsteuer im Abzugsverfahren nur auf die Marge erhoben wird.
Dies bedeutet, dass die Lieferung an den Abnehmer keine Umsatzsteuer auslöst, weil die Bank keine Marge, also keinen Überschuss für sich selbst erzielt.
Dem Sicherungsgeber ist also der Erlös in voller Höhe gutzuschreiben.
6.298b
Wird die Differenzbesteuerung angewandt, darf dem Erwerber keine Rechnung
(vgl. § 14 UStG) erteilt werden. Insbesondere darf in einem etwa dem Erwerber
überlassenen Abrechnungspapier auch keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden (vgl. § 25a Abs. 6 Satz 1 UStG). Auch darf dem Sicherungsgeber keine einer Rechnung gleichgestellte Gutschrift (vgl. § 14 Abs. 5 UStG)
erteilt werden.
6.298c
ii) Verwertung von Drittsicherheiten
Verwertet die Bank das Sicherungsgut, so vollzieht sich damit der Doppelumsatz unabhängig davon, ob die Sicherheiten aus dem Vermögen des Kredit1 BGH vom 31.5.1972 – V R 121/71 – NJW 1972, 1967; BFH vom 9.12.1993 – V R 102/89
– ZIP 1995, 1429; BFH vom 14.5.1998 – V R 74/97 – ZInsO 1998, 284.
2 BFH vom 16.3.1995 – V R 72/93 – ZIP 1996, 510.
3 FG Münster vom 8.3.1994 – 15 K 6635/91 U – UR 1995, 335.
4 Einzelheiten s. OFD Frankfurt vom 23.7.1999 – S 7421 A – 5 – St IV 32 – DB 1999, 2033,
UR 2000, 134.
1011
6.298d
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
nehmers stammen oder ob es sich um Sicherheiten handelt, die ein Dritter, etwa ein Gesellschafter gestellt hat. Die steuerlichen Folgen der Verwertung von
Drittsicherheiten sind jedoch zweifelhaft. Bei der Einführung des so genannten
Reverse-charge-Verfahrens (§ 13b UStG), nach dem nur der Leistungsempfänger zur Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet ist und eine
Haftung des Leistenden nicht besteht, ist der Gesetzgeber von dem Regelfall,
nämlich der Sicherheit aus dem Vermögen des Kreditnehmers ausgegangen. Er
wollte verhindern, dass der Sicherungsnehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt, obwohl dem Sicherungsgeber sehr häufig die Mittel zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld aus der Lieferung des Sicherungsguts fehlen.
Eine solche Situation ist bei Drittsicherheiten aber nicht der Regelfall. Trotzdem trifft § 13b UStG seinem Wortlaut nach keine Unterscheidung.
6.298e Daher wird eine teleologische Reduktion des § 13b UStG befürwortet mit dem
Ergebnis, dass bei der Verwertung von Drittsicherheiten die Steuerschuld gem.
§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG den Sicherungsgeber treffe, allerdings mit der Maßgabe, dass der Sicherungsnehmer als Gesamtschuldner hafte1. Dies würde bedeuten, dass die Bank zwar die Umsatzsteuer zur Reduzierung des Kredits verwenden könnte, sobald sie Gewissheit hat, dass ihre Haftung nicht in
Anspruch genommen wird. In der Zwischenzeit bestünde jedoch ein Schwebezustand wie bei der Haftung nach § 13c UStG mit allen unerfreulichen Konsequenzen (vgl. Rn 6.300d). Es bleibt abzuwarten, welche Auffassung die Finanzverwaltung und ggfls. die Rechtsprechung einnehmen. Bis zu einer
Klärung ist der Bank zu raten, sich als Steuerschuldner zu betrachten und entsprechend zu handeln.
b) Einziehung von sicherungshalber abgetretenen Forderungen durch den
Sicherungsnehmer
6.298f Bei der Einziehung von sicherungshalber abgetretenen Forderungen durch den
Sicherungsnehmer trifft die Steuerpflicht den Kunden, aber die Bank haftet für
etwa nicht entrichtete Steuern.
aa) Steuerpflicht des Kunden
6.299
Im Gegensatz zur Sicherungsübereignung findet bei der Verwertung einer zur
Sicherung abgetretenen Forderung durch den Sicherungsnehmer kein doppelter Umsatz statt. Die Lieferung, aus der die Forderung herrührt, hat der Kunde
nämlich unmittelbar und ohne jegliche Beteiligung der Bank an seinen Abnehmer bewirkt; der Sicherungsnehmer zieht diese Forderung lediglich ein und tätigt damit keinen steuerbaren Umsatz (Abschn. 2 Abs. 5 UStR)2. Wenn die
Bank ihr abgetretene Forderungen einzieht, ist nicht die Bank, sondern der
Leistende (= Kreditnehmer) zur Abführung der etwa anfallenden Umsatzsteuer
verpflichtet. Die Bank darf deshalb dem Zahlenden keine Rechnung ausstellen, in welcher gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen wird. Dazu ist nur der
Leistende verpflichtet (§ 14 UStG).
1 Siebert NZI 2006, 665.
2 Bundesminister der Finanzen, Schreiben vom 6.12.1972 – BStBl. I, 578; UmsatzsteuerRichtlinien 1985, BStBl. 1984 I, Sondernummer 2, 14; zur Sicherungsabtretung von
Leasing-Forderungen vgl. OFD Koblenz vom 30.12.1987 – S 7527 A St 511/St 512/St
513 (TOP 4.1) – KTS 1988, 469; vgl Abrechnungsmuster bei Förster ZInsO 1999, 55.
1012
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
Da die Sicherungsabtretung – soweit keine anderweitige Vereinbarung zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber getroffen ist – zivilrechtlich
den gesamten Kaufpreis einschließlich der Umsatzsteuer erfasst1, besteht für
den Sicherungsnehmer auch keine Verpflichtung, den Steueranteil an den Sicherungsgeber abzuführen2. Mit Eingang des Erlöses wird der Kredit getilgt, so
dass dem Kunden der Geldeswert der Gegenleistung in Form der Befreiung von
seiner Verbindlichkeit zufließt3.
6.300
bb) Haftung der Bank
Allerdings haftet die Bank als Gesamtschuldnerin nach § 13c UStG4, wenn der 6.300a
Kunde als leistender Unternehmer die festgesetzte Steuer, bei der dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat. Damit trägt die Bank insoweit das Insolvenzrisiko des leistenden
Unternehmers5. Maßgebend ist der jeweilige Voranmeldungszeitraum6. Eine
Haftung ist nur möglich, wenn für diesen Voranmeldungszeitraum ein Zahlungsrückstand besteht. Ist die Umsatzsteuer für diesen Zeitraum vollständig
ausgeglichen, haftet der Zessionar auch dann nicht, wenn sich im Rahmen der
Umsatzsteuerjahreserklärung für das entsprechende Kalenderjahr eine zu entrichtende Steuer nach § 18 Abs. 3 UStG ergibt. Umgekehrt ist eine Haftung
dann möglich, wenn die Umsatzsteuer nicht in der betreffenden Voranmeldung, sondern erstmals in der für das Kalenderjahr zu entrichtenden Steuer
enthalten ist und der leistende Unternehmer den Unterschiedsbetrag nach
§ 18 Abs. 4 UStG bei Fälligkeit7 nicht oder nicht vollständig ausgeglichen hat.
Auf Säumniszuschläge bezieht sich die Haftung nicht.
Die Haftung greift in allen Fällen der Abtretung, Pfändung und Verpfändung 6.300b
durch einen Unternehmer an einen Unternehmer ein und gilt auch bei echtem
oder unechtem Factoring8. Sie setzt voraus, dass die Bank die abgetretene Forderung ganz oder teilweise vereinnahmt hat. Wurde die Forderung teilweise
vereinnahmt, erstreckt sich die Haftung nur auf die Umsatzsteuer, die im tatsächlich vereinnahmten Betrag enthalten ist; die Beschränkung der Abtretung
auf einen (fiktiven) Nettobetrag ohne Umsatzsteuer ist nicht möglich9. Zu einer Vereinnahmung kommt es stets nach Offenlegung der Zession durch die
Bank oder durch Maßnahmen der Bank, die dazu führen, dass sämtliche Zahlungen von Drittschuldnern ausschließlich auf das bei ihr geführte Konto ge1 BGH vom 7.5.1987 – IX ZR 198/85 – WM 1987, 853 = WuB I F 3. – 16. 87 Blaurock.
2 Bundesminister der Finanzen, Schreiben vom 6.12.1972 – BStBl. I, 578.
3 FG Düsseldorf vom 8.2.1962 – VII 92/60 U – EFG 1962, 423; Frotscher, Steuern im Konkurs, 2. Aufl. 1983, S. 151.
4 Eingefügt durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003 – BGBl. I 2003,
2645 f.
5 Haunhorst UVR 2004, 377; Viertelhausen InVo 2006, 85; diese Art der Haftungsinanspruchnahme ohne Ermessen hält Crezelius (NZI 2005, 584) für bedenklich, weil
der Haftungsschuldner keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Erstschuldner
hat; ähnlich Marx/Salentin NZI 2005, 258; mangelnde Gemeinschaftskonformität
nimmt de Weerth (DStR 2006, 1071) an, s. dazu die Grundsätze des EuGH vom
11.5.2006 – C-384/04 – IStR 2006, 385.
6 Marx/Salentin NZI 2005, 258.
7 Die Fälligkeitsfiktion des § 41 InsO gilt hier nicht (Haunhorst UVR 2004, 377).
8 Viertelhausen InVo 2006, 85.
9 Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 24.5.2004 – IV B 7 – S 7279a – 17/04,
IV B 7 – S 7279b – 2/04 Rn 7 = § 182b UStR.
1013
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
leistet und von der Bank zur Reduzierung des Saldos verwendet werden1. Die
Forderung gilt auch dann als durch den Abtretungsempfänger vereinnahmt, soweit der leistende Unternehmer die Forderung selbst einzieht und den Geldbetrag an den Abtretungsempfänger weiterleitet oder soweit der Abtretungsempfänger die Möglichkeit des Zugriffs auf den Geldbetrag hat (Abschnitt
182b Abs. 19 UStR). Diese Voraussetzungen sind nicht schon dann erfüllt,
wenn die Schuldner des Bankkunden auf sein Konto bei der Bank zahlen, denn
die Kontogutschrift führt zu einem eigenen, auf einem selbständigen Rechtsgrund beruhenden Anspruch des Kunden2. Die Finanzverwaltung unterstellt
jedoch, dass die Bank auch ohne Offenlegung der Zession von ihrer Verfügungsbefugnis über die Forderung Gebrauch macht, wenn sie die auf dem
Konto des Kunden eingehenden Gelder benutzt, um eine Kontoüberziehung
zurückzuführen oder eine vereinbarte Kreditlinie zu senken oder wenn die
Gelder auf einem Sicherheitenerlöskonto separiert werden3.
6.300c Eine weitere Abtretung wie z.B. bei Einbringung der Zession in einen Sicherheitenpoolvertrag durch Übertragung auf einen Sicherheitentreuhänder gilt
nicht nochmals als Vereinnahmung des Zessionsbetrages im Sinne des Gesetzes4; der erste Zessionar muss also ggfls. mit dem Zweiten eine Haftungsverteilung vereinbaren. Anders wäre es, wenn die Bank, zu deren Gunsten die Abtretung vorgenommen hat, diese durch den Poolvertrag an alle Poolbanken in
ihrer gesamthänderischen Verbundenheit abtreten würde5. Eine solche Poolkonstruktion ist aber ungewöhnlich und sollte vermieden werden.
6.300d Diese Haftung hat zur Folge, dass zunächst aus einer Zahlung rechnerisch ein
Umsatzsteuerbetrag und dann die nicht gezahlte Umsatzsteuer für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum zu ermitteln ist6. Da die Bank regelmäßig
nicht einmal beurteilen kann, ob Zessionserlösen umsatzsteuerpflichtige Geschäfte zugrundeliegen, können Zessionserlöse mit der gesicherten Forderung
nur noch unter Herausrechnung der in den Zessionserlösen möglicherweise
rechnerisch enthaltenen Umsatzsteuerbeträge mit der gesicherten Forderung
verrechnet werden. Der Umsatzsteuer-Haftungsbetrag ist deshalb zweckmäßigerweise auf ein gesondertes Sicherheitenerlöskonto zu buchen7. Hierbei handelt es sich um ein Kundenkonto, denn die Haftungsschuld führt nicht dazu,
dass die Bank die Haftungsbeträge vorläufig auf einem bankinternen Konto
verbuchen darf. Die endgültige Klärung geschieht dadurch, dass das Finanzamt
gegenüber der Bank einen Haftungsbescheid erlässt8 oder der Bank bestätigt,
dass eine Haftung der Bank und etwaiger weiterer Haftungsschuldner nach
§ 13c UStG nicht besteht und eine solche Haftung auch nicht geltend gemacht
1 Mende NWB 2004, 2725; Marx/Salentin NZI 2005, 258; a.A. Haunhorst UVR 2004,
377.
2 BGH vom 22.3.2005 – XI ZR 286/04 – WM 2005, 1022.
3 Nr. II 2 des BMF-Schreiben vom 30.1.2006 – IV A 5 – S 7279a – 2/06 – ZInsO 2006, 366.
4 Marx/Salentin NZI 2005, 258; a.A. Weßling/Romswinkel ZInsO 2004, 193; Maus ZIP
2004, 1580.
5 So die Prämisse von Berner, Sicherheitenpools der Lieferanten und Banken im Insolvenzverfahren, 2006, § 13 I 4 S. 100 ff.
6 de Weerth ZInsO 2004, 190.
7 de Weerth NZI 2006, 501.
8 Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 24.5.2004 – IV B 7 – S 7279a – 17/04,
IV B 7 – S 7279b – 2/04 Rn 25 = § 182b UStR.
1014
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
wurde1. Anderenfalls muss die Festsetzungsverjährung nach § 191 Abs. 3 AO
abgewartet werden. Letztlich kann die Bank, wenn der Sicherheitenerlös ausreicht, nach § 13c Abs. 2 Satz 4 UStG selbst auf die unterstellte Umsatzsteuerschuld des Zedenten zahlen und diesen Betrag dem Sicherheitenerlös entnehmen; der Insolvenzverwalter ist dann darauf verwiesen, diesen Betrag
gegenüber dem Fiskus geltend zu machen.
Die Haftung entfällt, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insol- 6.300e
venzverwalter die Sicherheitenbestellung erfolgreich anficht und die Bank den
Sicherheitenerlös an die Masse zurückgewährt2. Dringt der Verwalter mit einer Anfechtung erst durch, nachdem bereits ein Haftungsbescheid erlassen ist
und die Bank gezahlt hat, so schmälert diese Zahlung nicht den Rückgewähranspruch des Verwalters; die Bank kann aber von dem Fiskus nach § 37 Abs. 2
AO Erstattung (unter Anrechnung der auf diesen Betrag entfallenden Quote)
verlangen3. Ebenso wenig ist der Erlös vereinnahmt im Sinn des § 13c UStG,
wenn die Bank den Gegenwert der Forderung zwar zunächst erhalten hat, ihn
aber an Dritte wieder herausgeben muss, etwa aufgrund einer früheren Zession
oder aufgrund eines vorrangigen verlängerten Eigentumsvorbehalts. Wird dies
erst nach Erlass eines Haftungsbescheids bemerkt, so ist der Bescheid zu ändern (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO).
c) Verwertung von Grundstücken und Zubehör
aa) Verwertung des Grundstücks
Wird das Grundstück versteigert, so bewirkt der Schuldner in dem Zwangsversteigerungsverfahren eine Leistung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) an den Ersteher4.
Dessen Gegenleistung, das bare Meistgebot, nimmt das Vollstreckungsgericht
in amtlicher Eigenschaft mit dem Ziel seiner Verteilung an die betreibenden
Gläubiger entgegen. Der Grundstücksumsatz unterliegt der Grunderwerbssteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrErwStG) und ist damit umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a
UStG). Grunderwerbsteuerpflichtig ist der Meistbietende (§ 13 Nr. 4
GrErwStG).
6.301
Optiert der Kunde für die Umsatzsteuer (§ 9 UStG), so richtet sich der An- 6.302
spruch des Fiskus nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gegen den Erwerber und
trifft dadurch mittelbar die gesicherten Gläubiger5. Optiert er nicht, so treffen
ihn etwaige Vorsteuerrückforderungsansprüche (§ 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
UStG). Der Vorsteuerabzug durch den Grundstückserwerber, der durch den
Verzicht des Veräußerers auf die Umsatzsteuerfreiheit der Grundstückslieferung ermöglicht wird, ist grundsätzlich zulässig6. Die Ausübung dieser Option
kann allerdings missbräuchlich sein, wenn der Erwerber den vereinbarten
1
2
3
4
5
de Weerth ZInsO 2004, 190.
Molitor ZInsO 2006, 804; Nacke DB 2006, 1182.
Molitor ZInsO 2006, 804.
BFH vom 19.12.1985 – V R 139/76 – UR 1986, 201.
Str.; s. zur Frage, ob das Meistgebot den Brutto- oder den Nettobetrag wiedergeben
muss, Onusseit Rpfl. 1995, 1; Suppmann DStR 1994, 1567; Dreher DStR 1997, 16;
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen vom 23.6.1997 – 36 – S 7350 – 17/8 –
30749 – KTS 1997, 589.
6 BFH vom 21.7.1994 – V R 101/89 – ZIP 1995, 1606; BFH vom 6.6.1991 – V R 70/89 –
ZIP 1991, 1293.
1015
Sechster Teil
Kreditsicherheiten
Preis einschließlich der Umsatzsteuer gar nicht auszahlt, sondern mit eigenen
notleidenden Gegenforderungen verrechnet1. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Lieferung von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren
durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher ist nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig (§ 9 Abs. 3
UStG); ohne einen entsprechenden Verzicht richten sich Meistgebote also auf
Nettobeträge2.
6.303
Wird das Grundstück vom Kunden freihändig veräußert, so fällt in gleicher
Weise Grunderwerbssteuer an, die der Erwerber zu entrichten hat.
bb) Verwertung des Zubehörs
6.304
Bei der Verwertung von Grundstückszubehör ist zu unterscheiden, ob das Zubehör zusammen mit dem Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung veräußert wird (§§ 90, 55, 20 Abs. 2 ZVG, § 1120 BGB), ob der Kunde das Zubehör
im Einverständnis mit den Grundpfandrechtsgläubigern unabhängig von der
Grundstückszwangsversteigerung verkauft oder ob das Zubehör der Bank zur
Sicherung übereignet ist und diese die Verwertung betreibt.
6.305
Wird das Zubehör im Wege der Zwangsversteigerung zusammen mit dem
Grundstück versteigert, so unterliegt der Kaufpreisanteil, der auf das Zubehör
entfällt, der Umsatzsteuer. Die Steuerfreiheit, die durch die Grunderwerbssteuer für das Grundstück bewirkt wird, erstreckt sich nämlich nicht auf das
Zubehör.
6.306
Veräußert der Kunde das Zubehör unabhängig von dem Grundstück, so findet
nur ein Umsatz statt. Im Gegensatz zur Sicherungsübereignung ist das Zubehör nämlich im Eigentum des Kunden verblieben und geht unmittelbar von
ihm auf den Erwerber über. Dies bedeutet, dass der Kunde die vereinnahmte
Umsatzsteuer abführen und den danach verbleibenden Erlös dem Grundschuldgläubiger überlassen muss.
6.307
Ist das Zubehör der Bank zur Sicherung übereignet und übernimmt sie die Verwertung, so gelten die oben unter Rn 6.287 dargestellten Grundsätze. Dass das
Zubehör auch der Grundschuldhaftung unterliegt, ist steuerrechtlich ohne Bedeutung.
7. Kosten
6.308
Für die Verwaltung und Verwertung des Sicherungsguts fallen je nachdem, wer
die Verwertung betreibt, beim Kunden oder bei der Bank Kosten an. Für die
Frage, wer diese Kosten letztlich zu tragen hat, ist zu unterscheiden zwischen
den Kosten für die Herausgabe von Sicherungsgut durch den Kunden an den Sicherungsnehmer oder Aussonderungsberechtigten, den Kosten für die Verwertung und den Kosten für die Verwaltung des Sicherungsguts bis zur Verwertung.
1 BFH vom 24.2.1994 – V R 80/92 – BStBl. 1994 II, 487 unter II 1b; BFH vom 21.7.1994 –
V R 101/89 – ZIP 1995, 1606; BGH vom 2.11.2001 – V ZR 224/00 – WM 2002, 605.
2 BGH vom 3.4.2003 – IX ZR 93/02 – NJW 2003, 2238.
1016
Verwertung von Kreditsicherheiten
Sechster Teil
a) Kosten der Herausgabe
Für die Herausgabe von Sicherungsgut an absonderungsberechtigte Gläubiger
bzw. die Aussonderung von Gegenständen, die dem Schuldner nicht gehören,
können oft erhebliche Kosten entstehen.
6.309
Ein bekanntes Beispiel bietet die Insolvenz einer Supermarktkette (SB-Mehrwert), bei der
zahlreiche Lieferanten die Aushändigung ihres Vorbehaltsguts verlangt haben; die Aussonderung oder Absonderung war zwar technisch ohne weiteres möglich, erforderte jedoch wegen der Vielzahl der Artikel ein äußerst zeitaufwendiges und personalintensives
Verfahren, dessen Kosten den Wert des Sicherungsguts weitgehend aufgezehrt hätten.
Entstehen vor Eröffnung eines Insolvenzverfahren für die Herausgabe von Gegenständen, die nicht dem Kunden gehören, Kosten, so fallen diese grundsätzlich dem Kunden als Herausgabepflichtigen zur Last. Der Kunde kann von der
Bank keinen Ersatz verlangen, insbesondere kann er die Herausgabe nicht von
einer Kostenerstattung abhängig machen. Dabei macht es keinen Unterschied,
ob der Herausgabeanspruch im nachfolgenden Insolvenzverfahren zu einem
Absonderungsrecht oder einem Aussonderungsrecht geführt hätte. Muss die
Bank selbst den Abtransport des Sicherungsguts bewerkstelligen, so kann sie
die dafür anfallenden Kosten aus dem Sicherheitenerlös entnehmen; erst der
danach verbleibende Teil des Sicherheitenerlöses wird zur Rückführung der
Kreditforderungen verwendet.
6.310
b) Kosten der Verwertung des Sicherungsguts
Verwertet die Bank ihr Sicherungsgut, so steht ihr nach Nr. 12 Abs. 5 AGB
Banken bzw. Kreditgenossenschaften (Nr. 17 Abs. 3 AGB Sparkassen) ein Anspruch auf Ersatz der dabei entstehenden Kosten zu. Zu diesen Kosten gehört
auch der eigene Zeit- und Arbeitsaufwand der Bank1. Wegen dieser Kosten
kann sich die Bank aus dem Sicherungsgut befriedigen2.
6.311
II. Sicherheitenverwertung innerhalb eines Insolvenzverfahrens
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben sich für die Befugnis der
Bank zur Verwertung von Sicherheiten, die aus dem Vermögen des Schuldners
stammen, erhebliche Abweichungen im Vergleich zu der Lage vor Einleitung
dieser Maßnahmen und vor allem gegenüber der Rechtslage nach der Konkursordnung3.
6.312
Das Recht der Bank zum Zugriff auf Sicherheiten, die von dritter Seite gestellt
wurden, ändert sich durch die Insolvenz des Kreditnehmers dagegen nicht;
Einzelheiten zur Verwertung siehe Rn 6.540 ff.
6.313
Die Sicherheiten sind zur Abdeckung der Hauptforderung nebst Zinsen und
Kosten zu verwerten und zwar auch für die nach Eröffnung des Verfahrens an-
6.314
1 LG Hannover vom 24.4.1974 – 21 O 180/73 – WM 1974, 987; LG Itzehoe vom 26.8.1980
– 4 S 3/80 – WM 1981, 662; AG Oldenburg vom 15.4.1987 – 19 C 528/86 – WM 1987,
1219 = WuB I A Nr. 14 AGB Banken 2.88 Bruchner; a.A. OLG Celle vom 19.12.1979 – 3
U 127/79 – KTS 1980, 415; OLG Nürnberg vom 25.2.1969 – 3 U 162/67 – BB 1969, 932.
2 BGH vom 24.1.1962 – VIII ZR 184/60 – BB 1962, 319.
3 Zur Kritik s. Obermüller, Sicherheitenfreigabe und Unternehmenssanierung – Bankrechtstag 1994 –, S.127 ff.; Obermüller/Livonius BFuP 1995, 75.
1017
Musterverzeichnis
Rn Seite
1
Erlassvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.166
43
2
Forderungsbeschränkungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.168
44
3
Anmeldung der Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.466
120
4
Zahlung eines Massekostenvorschusses . . . . . . . . . . . . . .
1.504
130
5
Insolvenzplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.534
138
6
Vermögensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.633
155
7
Außergerichtlicher Schuldenbereinigungsvorschlag . . . . . .
1.667
166
8
Ergänzung Planänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.668
166
9
Rangrücktrittsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1024a
249
10
Forderungsrücktrittsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1024b
250
11
Verzichtsvereinbarung mit Besserungsversprechen . . . . . .
1.1034
254
12
Rangrücktrittserklärung und Genussrechtserwerb . . . . . . .
1.1036
255
13
Forderungsbeschränkungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1038
257
14
Drittschuldnererklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.44w
276
15
Prolongationsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.50
649
16
Außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs . . . .
5.92
670
17
Außerordentliche Kündigung wegen Verschlechterung
der wirtschaftlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.93
671
Außerordentliche Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.94
672
19
Mahnung beim Verbraucherdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . .
5.97
674
20
Sicherheitenfreigabe unter einer aufschiebenden
Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.206
718
21
Vereinbarung zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs .
5.225b
727
22
Überbrückungskredit zur Finanzierung des Eröffnungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.226c
730
Vereinbarung über die Kreditierung von
Sicherheitenerlösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.226e
732
Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters an
Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.259b
749
Vertrag über den Ankauf und die Abtretung von
Ansprüchen auf Arbeitsentgelt (Arbeitnehmer) . . . . . . . . .
5.266a
752
18
23
24
25
LXIX
Musterverzeichnis
Rn Seite
26
Vertrag über den Ankauf und die Abtretung von
Ansprüchen auf Arbeitsentgelt (Betriebsrat) . . . . . . . . . . .
5.266b
754
Arbeitnehmerliste zum Vertrag über den Ankauf und die
Abtretung von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt. . . . . . . . . .
5.266c
756
Rahmenvertrag zum Ankauf von Ansprüchen auf
Arbeitsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.267
757
29
Kreditzusage an den Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . .
5.287
768
30
Zusage eines Plafondskredits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.299
771
31
Rangrücktrittsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.356f
808
32
Kreditkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.379
821
33
Klauseln zur Rückübertragung von Sicherheiten . . . . . . . .
6.111e
909
34
Sicherheiten-Poolvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.128
914
35
Sicherheitenabgrenzungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.150a
933
36
Offenlegung von Zessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.248
988
37
Androhung der Sicherheitenverwertung und
Widerruf der Einziehungsermächtigung . . . . . . . . . . . . . .
6.252
990
38
Widerruf der Einziehungs- und Veräußerungsermächtigung
6.253
991
39
Rechnung an Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.292 1007
40
Gutschrift an späteren Insolvenzschuldner . . . . . . . . . . . .
6.292 1007
41
Abrechnung des Insolvenzverwalters über
Verwertungserlös. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344d 1043
Rechnung des Insolvenzverwalters als Erwerber an
Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344g 1044
Gutschrift und Abrechnung des Sicherungsnehmers
gegenüber dem Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344j 1046
44
Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344o 1048
45
Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344o 1049
46
Gutschrift der Bank mit Rechnungswirkung für den
Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.344r 1050
47
Übersendung der Kontoauszüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.408 1094
48
Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte . . . . . . . . . . . .
8.244 1298
27
28
42
43
LXX