1 WOHNRAUMMIETRECHT Verwendbarkeit der Verbrauchswerte
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1 WOHNRAUMMIETRECHT Verwendbarkeit der Verbrauchswerte
Praxishinweise: 1. Die Entscheidung des BGH ist auf WOHNRAUMMIETRECHT andere Messgeräte im Zusammenhang mit der BeVerwendbarkeit der Verbrauchswerte eines nicht geeichten Wasserzählers im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung BGH Urteil vom 17.11.2010 – Az. VIII ZR 112/10 triebskostenumlage wie Warmwasserzähler, Wärmezähler, Heizölzähler und Müllmengenwagen sinngemäß übertragbar. 2. Die Verwendung geeichter Messgeräte ist Vermietern allein schon unter Kostengesichtspunkten zu Der BGH hat entschieden, dass die Messwerte empfehlen, da die Kosten der Eichung gem. § 2 Ziff. 2 eines nicht geeichten Wasserzählers im Rahmen Betriebskostenverordnung von den Mietern zu tragen der Betriebskostenabrechnung dann verwendet sind. Dem gegenüber hat der Vermieter die Prüfko- werden dürfen, wenn der Vermieter nachweisen sten eines nicht geeichten Messgeräts selbst zu tra- kann, dass die angezeigten und abgelesenen gen. Werte zutreffend sind. Im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung kommt es allein darauf an, dass der tatsächliche Verbrauch, in diesem Fall von Wasser, zutreffend Keine Mietminderung wegen Flächenabweichung bei entsprechender Parteivereinbarung BGH Urteil vom 10.11.2010 – Az. VIII ZR 306/09 wiedergegeben ist. Wenn die Betriebskostenabrechnung Verbrauchswerte enthält, die auf der Ab- Vereinbaren die Parteien im Mietvertrag, dass die lesung beruhen, Quadratmeterangabe zur Größe der Wohnung nicht spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass als verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung anzu- diese Werte den tatsächlichen Verbrauch wieder- sehen ist, kommt eine Mietminderung wegen Abwei- geben. Zwar ist dies bei einem nicht geeichten chung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Miet- Messgerät nicht der Fall: Den von einem nicht ge- vertrag angegebenen Wohnfläche um mehr als 10 % eichten Messgerät abgelesenen Werten kommt nicht in Betracht. Im konkreten Fall hatten die Miet- keine Richtigkeitsvermutung zu. vertragsparteien vereinbart, dass die Quadratme- eines geeichten Messgeräts terangabe im Mietvertrag „wegen möglicher MessErstellt der Vermieter eine Betriebskostenabrech- fehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes“ nung unter Verwendung von Werten aus einem dienen sollte. Der räumliche Umfang der gemieteten nicht geeichten Messgerät, muss er mangels Rich- Sache sollte sich vielmehr aus der Angabe der ver- tigkeitsvermutung darlegen und beweisen, dass die mieteten Räume ergeben. Der BGH hat hier auf den abgelesenen Werte zutreffend sind. Wenn dem vorrangigen Parteiwillen abgestellt, wonach ausdrück- Vermieter dieser Nachweis gelingt, können die ab- lich bestimmt wurde, dass die Angabe der Quadrat- gelesenen Werte im Rahmen der Betriebskostenab- meterzahlen nicht zur Festlegung des Mietgegenstan- rechnung verwendet werden. des dienen sollte. Somit konnte im Hinblick auf die später durch Messung ermittelte Flächendifferenz Im konkreten Fall hatte der Vermieter den Nach- keine mangelbegründende Abweichung von der ver- weis der Richtigkeit durch Vorlage einer Prüfbe- traglichen Vereinbarung vorliegen. scheinigung einer staatlich anerkannten Prüfstelle geführt, aus der hervorging, dass die Messtoleran- Praxishinweis: Die Entscheidung des BGH bedeutet zen eingehalten waren. Der BGH hat entschieden, nicht, dass die falsch angegebene Wohnfläche auch dass in diesem Fall § 25 Abs. 1 Nr. 1 a Eichgesetz im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnung als der Verwendung der Messwerte nicht entgegen- verbindlich angesehen werden kann. Nach der Recht- steht. sprechung des BGH soll dies nur bei Flächenabweichungen bis max. 10 % möglich sein. Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 1 triebskostenerstattungsanspruchs durch ordnungs- Mangelanzeige Voraussetzung für Geltendma- gemäße Abrechnung nachträglich noch herbei, so chung eines Zurückbehaltungsrechts entfällt der Rückzahlungsanspruch wieder. Der Mieter ist daher bis zum Eintritt der Verjährung dem begrün- BGH Urteil vom 03.11.2010 – Az. VIII ZR 330/09 Wegen eines Mangels der Mietwohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hat, kann der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen, die fällig werden, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat. Der BGH betont, dass das Zurückbehaltungsrecht des § 320 BGB – Einrede des nicht erfüllten Vertrags – dazu dient, auf den Schuldner Druck zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit auszuüben. Solange dem Schuldner, hier dem Vermieter, ein Mangel nicht deten Anspruch des Vermieters auf Zahlung der tatsächlich angefallenen Betriebskosten ausgesetzt. Lediglich mit Nachzahlungsansprüchen ist der Vermieter nach Ablauf der einjährigen Abrechnungsfrist ausgeschlossen (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung geleisteter Vorauszahlungen steht unter der auflösenden Bedingung einer formell ordnungsgemäßen und inhaltlich richtigen Abrechnung des Vermieters. Tritt diese Bedingung ein, so entfällt der Rückzahlungsanspruch des Mieters. bekannt ist, kann das Zurückbehaltungsrecht die ihm zukommende Funktion, den Vermieter zur Keine Verpflichtung des Vermieters zur General- Mangelbeseitigung zu veranlassen, nicht erfüllen. inspektion von Leitungen ohne besonderen An- Ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters besteht lass dem BGH zufolge daher erst an den nach der An- OLG Koblenz Urteil vom 30.09.2010 – Az. 2 U 779/09 zeige des Mangels fällig werdenden Mieten. Das OLG Koblenz hat entschieden, dass der VermiePraxishinweise: 1. Die nachweisbare und konkrete ter nicht verpflichtet ist, ohne besonderen Anlass eine Mängelanzeige des Mieters hat neben der Gel- regelmäßige Generalinspektion der Leitungen, im tendmachung einer Minderung auch für die Aus- konkreten Fall der Elektroinstallation vorzunehmen. übung eines Zurückbehaltungsrechts Bedeutung. Nach Beendigung des Mietverhältnisses kommt ein Die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters umfasst Zurückbehaltungsrecht wegen eines Mängelbesei- nach der Rechtsprechung des BGH diejenigen Maß- tigungsanspruchs nicht mehr in Betracht. nahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig 2. Hinsichtlich der Höhe des Zurückbehaltungs- und ausreichend erachtet, um andere vor Schäden zu rechts wird üblicherweise vom 3 – 5fachen entwe- bewahren. Im Hinblick auf den Umfang von Überprü- der der Mängelbeseitigungskosten oder aber der fungsmaßnahmen ist demzufolge erforderlich, dass Minderungsquote auszugehen sein. sich vorausschauend die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Anspruch des Mieters auf Rückzahlung gelei- Bei ordnungsgemäß installierten Leitungen und Anla- steter Betriebskostenvorschüsse kann nach- gen im privaten Wohnbereich ist eine solche nahelie- träglich entfallen gende Gefahr nicht ohne weiteres zu bejahen. Im Allgemeinen reicht es deshalb aus, an der Elektroin- BGH Urteil vom 22.09.2010 – Az. VIII ZR 285/09 Hat der Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Abrechnung, so ist dieser Anspruch nur vorläufiger Natur. Führt stallation auftretende Unregelmäßigkeiten unverzüglich durch einen Fachmann abstellen zu lassen. Besondere Umstände wie z. B. ungewöhnliche oder wiederholte Störungen, insbesondere bei älteren Anlagen, können im Einzelfall jedoch Anlass bieten für nämlich der Vermieter die Fälligkeit seines BeTittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 2 eine umfassende Inspektion der gesamten Installa- der Kündigungsfrist frei werdenden Wohnung in tion. Kenntnis setzt. Im zu entscheidenden Fall hatte der 2 Vermieter das Mietverhältnis über eine 45 m große 1Eigenbedarfskündigung: Begründung und An- Zimmer-Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. bietpflicht Der BGH bejahte eine Anbietpflicht im Hinblick auf 2 eine 60 m große 2-Zimmer-Wohnung im selben An- BGH Urteil vom 13.10.2010 – Az. VIII ZR 78/10 wesen, da eine Vergleichbarkeit mit der gekündigten Der BGH hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass der Zweck des Begründungszwangs bei einer Eigenbedarfskündigung darin besteht, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn in die Lage zu versetzen rechtzeitig alles erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Im allgemeinen wird diesem Zweck genüge getan, so der BGH, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so benennt, dass dieser Wohnung nicht von vornherein ausscheide. Praxishinweis: Generell kann einem Vermieter nur geraten werden, auch nicht vergleichbare, zur Verfügung stehende Wohnungen anzubieten. Das Landgericht Berlin hat hierzu entschieden, dass auch objektiv nicht geeignete Wohnungen angeboten werden müssen, weil es allein Sache des Mieters ist zu entscheiden, wie er künftig wohnen und was er finanzieren will (NJW-RR 2009, Seite 1527). Kündigungsgrund identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Dabei reicht WOHNUNGSEIGENTUMSRECHT es aus, dass der Vermieter für seinen Willen, in den eigenen Räumen zu wohnen oder eine begünstigte Eigentümerbeschluss über - moderate - Umzugs- Person dort wohnen zulassen, vernünftige Gründe kostenpauschale darf nicht zu ungerechtfertigter hat. Einen solchen ausreichenden, vernünftigen Ungleichbehandlung führen Grund hat der BGH bejaht bei dem Wunsch des BGH Urteil vom 01.10.2010 – Az. V ZR 220/09 Vermieters, einem demnächst volljährigen Kind die Begründung eines eigenen Hausstands in einer Im vorliegenden Fall hatte die Wohnungseigentümer- dafür geeigneten Wohnung zu ermöglichen. Klar- gemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss eine Umzugs- gestellt hat das Gericht auch, dass es einer darüber kostenpauschale festgesetzt. Dem Beschluss zufolge hinaus gehenden Begründung in Gestalt von Anga- sollte jeder Wohnungseigentümer im Falle eines Be- ben zu den bisherigen Wohnverhältnissen grund- wohnerwechsels auf Grund befristeter Nutzungs- sätzlich nicht bedarf. überlassung für mögliche Beeinträchtigungen und Wenn dem Vermieter, der wegen Eigenbedarfs eine besondere Abnutzung des Gemeinschaftseigen- berechtigt kündigt, im selben Haus oder in der sel- tums eine Kostenpauschale in Höhe von 50,00 € an ben Wohnanlage eine vergleichbare Wohnung zur die Eigentümergemeinschaft zahlen. Unter den Begriff Verfügung steht, muss er dem Mieter während der des Bewohners sollten dem Beschluss zufolge auch Kündigungsfrist diese Wohnung zur Anmietung Feriengäste und Saisonarbeitnehmer fallen, die das anbieten, so der BGH. Anderenfalls ist die ausge- Sondereigentum angemietet hatten. sprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot rechtsmissbräuchlich und Der BGH bestätigte die Ungültigkeitserklärung des damit unwirksam. Der Vermieter erfüllt seine An- Beschlusses durch das Amtsgericht wegen unge- bietpflicht grundsätzlich nur dann ordnungsgemäß, rechtfertigter Ungleichbehandlung der Wohnungsei- wenn er den gekündigten Mieter über die wesentli- gentümer. Die Festsetzung einer maßvoll bemesse- chen Vertragsbedingungen (Größe und Ausstattung nen Umzugskostenpauschale durch Mehrheitsbe- der Wohnung sowie Mietkonditionen, das heißt schluss entspricht dem BGH zufolge nur dann den Miete/Nebenkosten) der Anmietung einer während Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 3 wenn die Regelung nicht zu einer ungerechtfertig- ein Wohnungseigentümer bereits begonnen, Decken ten Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer zwischen Keller und Erdgeschosswohnung zu durch- führt. Im konkreten Fall war zu beanstanden, dass brechen sowie tragende Wände in Kellerräumen zu die Regelung nur Umzüge im Zusammenhang mit durchbrechen bzw. abzubrechen. Das Amtsgericht befristet vereinbarten Nutzungsverhältnissen der erließ die von der Wohnungseigentümergemeinschaft Kostenpauschale unterwarf und damit Umzüge beantrage einstweilige Verfügung. Als Begründung aufgrund Gebrauchsüberlassungen führte es aus, dass die Gefahr einer erheblichen Be- sowie vor allem auch Umzüge der jeweiligen Woh- einträchtigung für die übrigen Miteigentümer durch nungseigentümer selbst von einer Kostenpflicht bauliche Veränderung gemeinschaftlichen Eigentums ausklammerte. Zwar lässt der Gleichbehandlungs- erst rechtfertige, vorbeugend tätig zu werden. unbefristeter grundsatz Differenzierungen zu, so der BGH, dies aber nur, wenn für die Unterscheidung ein ausrei- Sanierung der Bausubstanz: Prioritätenliste der chender Sachgrund besteht. Daran fehlte es hier. Wohnungseigentümergemeinschaft Insbesondere war nicht ersichtlich, dass die von der Regelung ausgenommenen Umzüge zu signifikant OLG Hamburg Beschluss vom 07.10.2009 – Az. 2 WX geringeren Belastungen des Gemeinschaftseigen- 58/09 tums führen würden. Im zu entscheidenden Fall hatte sich eine WohnungsUmzüge sind grundsätzlich Nutzungen, die mit ei- eigentümergemeinschaft entschlossen, eine Prioritä- ner gesteigerten Inanspruchnahme des Gemein- tenliste für die Sanierung der Bausubstanz zu erstel- schaftseigentums einher gehen. Insbesondere im len und diese den Prioritäten entsprechend abzuar- Bereich der Treppenhäuser und Aufzüge entsteht in beiten. Das OLG hat für diesen Fall entschieden, dass der Regel zusätzlicher Reinigungs- und Reparatur- das der Gemeinschaft zustehende Ermessen nur aufwand. Dem BGH zufolge liegt hier eine pau- dann im Sinne ordnungsgemäßer Verwaltung ausge- schalierende Regelung, die nicht darauf abhebt, ob übt wird, wenn alle im Laufe der Zeit noch hinzukom- im Einzelfall Kosten verursacht werden, im wohl menden Erkenntnisse nicht von vornherein ausge- verstanden Interesse aller Wohnungseigentümer. klammert und auf unabsehbare Zeit nach hinten ver- Wie der BGH betont hat, ist die Grenze der Ange- schoben werden. Vielmehr ist die erstellte Prioritäten- messenheit für die Höhe der Umzugskostenpau- liste zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, schale nach den derzeitigen Verhältnissen bei ei- so das Gericht. Grundsätzlich hat die Gemeinschaft nem Betrag von 50,00 € erreicht, aber noch nicht einen weiten Ermessensspielraum. Sie ist aber ver- überschritten. pflichtet, ihr Ermessen unter Einbeziehung des Anliegens eines einzelnen Wohneigentümers auszuüben Bauliche Veränderungen und Vorbefassungsgebot und dessen Anliegen nicht über Jahre hinweg stets aufs neue zurückzustellen. AG München Beschluss vom 08.07.2010 – Az. 483 Das Gericht hat weiterhin ausgeführt, dass es ord- C 703/10 nungsgemäßer Verwaltung entspricht, unabhängig von formalen technischen Normen bei den Sanie- Bauliche Veränderungen eines Wohnungseigentü- rungsüberlegungen die Frage einzubeziehen, welcher mers sind wegen des Verstoßes gegen das Vorbe- tatsächliche Nutzen mit einem bestimmten Kosten- fassungsgebot bereits dann formell rechtswidrig, aufwand erreicht werden kann. Die Wohnqualität kann wenn sich der umbauende Eigentümer nicht zuvor sich dem Gericht zufolge grundsätzlich auch unterhalb an die Wohnungseigentümerversammlung gewandt von DIN-Vorschriften verbessern. hat, so das Amtsgericht München in seinem Beschluss vom 08.07.2010. Im konkreten Fall hatte Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 4 Betrieb einer Spielothek ist keine sittenwidrige Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung Nutzung des Mietverhältnisses auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs nicht mehr zugemutet werden kann. LG Karlsruhe Beschluss vom 26.10.2010 - Az. 11 S 200/09 Der BGH hat deutlich gemacht, dass die Interessen des Kündigenden an der Vertragsbeendigung und die Anlass der vorliegenden Entscheidung war der Betrieb einer Spielothek im Erdgeschoss einer Wohnungseigentumsanlage. Das Gericht betonte, dass die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzung sich nach den vereinbarten Zweckbestimmungen der Wohnungseigentümergemeinschaft richtet. Wenn die Teilungserklärung die uneingeschränkte Nutzung als „Gewerbe“ in den Räumlichkeiten des Erdgeschosses vorsieht, umfasst dies dem LG Karlsruhe zufolge auch die Nutzung der Räume als Interessen der anderen Vertragspartei an der Fortdauer des Mietverhältnisses zu ermitteln und zu bewerten sind. Die Entscheidung über die Wirksamkeit einer derartigen außerordentlichen Kündigung hat aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu erfolgen. Im vorliegenden Fall kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine nachhaltige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Vermieter und Mieter vorlag, die in ihrer Gesamtheit eine außerordentliche Kündigung begründen konnte. Spielothek. Zwar kenne auch der nach der Teilungserklärung zulässige Nutzungszweck Grenzen. Dem Gericht zufolge ist aber nicht ersichtlich, dass diese Grenzen durch die Spielothek und die mit ihr verbundenen Beeinträchtigungen überschritten wären. Ob es zu unzumutbaren Beeinträchtigungen kommt, müsse anhand einer typisierenden, verallgemeinernden Betrachtungsweise beurteilt werden. Der Betrieb einer Spielothek ist dem LG Karlsruhe zufolge nicht mit als anstößig empfundenen Gewerben wie z. B. einem Swinger-Club oder einem Erotikgeschäft zu vergleichen. Die Parteien eines Mietvertrags sind einander verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Interesse des Vertragspartner an der Durchführung des Vertrags beeinträchtigen könnte, und alles zu tun, was notwendig ist, um die Erfüllung der vertraglich übernommenen Verpflichtungen sicher zu stellen. Verbreitet eine Vertragspartei ohne anerkennenswertes Interesse Behauptungen in der Öffentlichkeit, die geeignet sind das Ansehen des Vertragspartner erheblich zu beeinträchtigen, liegt eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten vor. Im zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter den Mieter gegenüber Dritten beleidigt und GEWERBEMIETRECHT darüber hinaus versucht, durch missfällige Äußerungen und Verdächtigungen den Geschäftsbetrieb des Fristlose Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses wegen schädigender Behauptungen Mieters zu diffamieren. Der BGH sah einen ausreichenden Grund zur außer- BGH Urteil vom 15.09.2010 – Az. IIX ZR 188/08 Bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum kann für den Mieter ein Recht zur fristlosen Kündigung bestehen, wenn der Vermieter gegenüber Dritten ohne berechtigtes Interesse Behauptungen aufstellt, die geeignet sind, den Gewerbetrieb des Mieters nachhaltig zu beeinträchtigen, und deshalb die das Schuldverhältnisse tragende Vertrauensgrundlage derart zerstört ist, dass dem Mieter unter ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung als gegeben. Zwar ist eine Abmahnung grundsätzlich Voraussetzung, falls das Mietverhältnis wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag außerordentlich gekündigt werden soll. Bei einer Zerrüttungskündigung ist eine Abmahnung jedoch ausnahmsweise entbehrlich, weil die Vertrauensgrundlage auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann, so der BGH. Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 5 Umlagefähigkeit einer Terrorschadenversicherung als Betriebskosten Ist also angesichts der Art eines Gebäudes, seiner Frequentierung, seiner Lage und seines Wertes von BGH Urteil vom 13.10.2010 – Az. IIX ZR 129/09 einer Grundgefährdung für Schäden durch Terroranschläge auszugehen, ist aus der Sicht eines vernünf- Der BGH hatte über die Umlagefähigkeit einer Terrorschadensversicherung im Rahmen der Betriebskosten eines Gewerberaummietvertrags zu entscheiden. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob tigen Vermieters der Abschluss einer Terrorschadensversicherung erforderlich, um bei Eintritt des Versicherungsfalls die Sachschäden an dem Gebäude abzusichern. der Vermieter den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beachtet hatte. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass nur die auf das Sacherhaltungsinteresse bezogenen Kosten im Im Hinblick auf den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz dürfen nur solche Kosten auf den Mieter umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgebend ist der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Rahmen der Betriebskosten umlegbar sind. Soweit eine Terrorversicherung auch eine Betriebsunterbrechungsversicherung beinhaltet, kann der auf die Betriebsunterbrechung entfallende Anteil der Prämie für die Terrorversicherung nicht auf die Mieter umgelegt werden. Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Ein vernünftiger Vermieter, so der BGH, wird eine mit erheblichen Kosten verbundene Terrorschadensver- Temporäre Mietminderung bei sich nur periodisch auswirkendem Mangel sicherung nur abschließen, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Gefahr eines Gebäude- BGH Urteil vom 15.12.2010 – XII ZR 132/09 schadens durch einen terroristischen Angriff begründen. Die Mieter von Arztpraxisräumen kürzten die Miete mit der Behauptung, die Räume seien im Sommer wegen Der Abschluss einer Terrorschadensversicherung zu hoher Temperaturen nur eingeschränkt nutzbar. ist dem BGH zufolge aus der Sicht eines vernünfti- Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass ein Mangel der gen Vermieters und unter Beachtung des Wirt- Mietsache zwar ganzjährig vorliegt; Voraussetzung schaftlichkeitsgebots jedenfalls dann erforderlich, einer Minderung ist jedoch zugleich eine Beeinträchti- wenn für das betreffende Gebäude eine begründete gung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache. Bei Gefahr von Terroranschlägen besteht. Für welche niedrigen Außentemperaturen fehlt es an einer Be- Gebäude eine begründete Gefahr terroristischer einträchtigung der Gebrauchstauglichkeit. Der Mangel Angriffe besteht, lässt sich aus den Erfahrungen führt damit nur zu einer zeitweisen Minderung der und den sich daraus ergebenden Motiven der Ter- Miete. Die Mietminderung war im zu entscheidenden roristen herleiten, so das Gericht. Danach bezwek- Fall also auf die „heißen“ Monate des Jahres be- ken die Angriffe eine Schwächung tragender staat- schränkt. licher Strukturen durch die Verbreitung von Angst und Schrecken in der Bevölkerung. Zu den gefähr- Praxishinweis: Zu beachten ist, dass dem Mieter als deten Gebäuden gehören deshalb insbesondere Druckmittel die Möglichkeit bleibt, ein Zurückbehal- Gebäude mit Symbolcharakter, Gebäude in denen tungsrecht gem. § 320 BGB geltend zu machen, wenn staatliche Macht ausgeübt wird, Gebäude vor allem dieses nicht wirksam vertraglich eingeschränkt wurde. in Großstädten oder Ballungszentren, in denen sich regelmäßig eine große Anzahl von Menschen aufhält sowie Gebäude, die sich in unmittelbarere Nachbarschaft der genannten Gebäude befinden. Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 6 Keine Verwirkung des Kündigungsrechts nach folgenloser Abmahnung Kammergericht Berlin 8. Zivilsenat Beschluss vom 22.11.2010 – Az. 8 U 87/10 Ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache liegt vor, wenn der Mieter die Mietsache zu anderen gewerblichen Tätigkeiten als zu den vertraglich vereinbarten nutzt. Das vertragswidrige Verhalten des Mieters, welches eine fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter rechtfertigt, wird dem Kammergericht zufolge nicht dadurch vertragsgemäß, dass der Vermieter nach einer ersten Abmahnung über einen längeren Zeitraum nicht von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Der Vermieter bleibt also zur erneuten Abmahnung und Kündigung berechtigt. Praxishinweis: Aus Vermietersicht ist es wichtig, dass eine Abmahnung zeitnah zum Pflichtverstoß ausgesprochen wird. Die Rechtsprechung sieht hier eine Obergrenze bei 14 Tagen. Die Abmahnung soll den beanstandeten vertragswidrigen Gebrauch genau bezeichnen, eine Aufforderung zur Unterlassung mit Fristsetzung enthalten und dem Mieter nachweisbar zugestellt werden. Tittel, Hauth & Partner Rechtsanwälte, Mai 2011 7