Der Karlsruher Verkehrsverbund
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Der Karlsruher Verkehrsverbund
36 Verkehrsverbünde Der Karlsruher Verkehrsverbund Zweisystem-Stadtbahn und mehr Ein Fahrplan, ein Tarif, eine Fahrkarte – unter diesem Motto fanden sich 1994 die Stadt Karlsruhe, der Landkreis Karlsruhe und der Landkreis Germersheim zusammen, um den Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) zu gründen. Bis dahin waren in der Region fast zwei Dutzend verschiedene Verkehrsunternehmen mit eigenen Tarif tätig. Bei jedem Umsteigen zwischen den verschiedenen Unternehmen mussten die Kunden eine neue Fahrkarte lösen, was die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs nicht unbedingt erhöhte. Um die Verkehrsverbindungen zwischen dem Oberzentrum Karlsruhe und dem Umland zu verbessern, strebten die Gründungsgesellschafter von Anfang an eine „grenzüberschreitende” Lösung unter Einbeziehung des linksrheini- Dr. Walter Casazza, Geschäftsführer, Karlsruher Verkehrsverbund GmbH schen Gebietes in Rheinland-Pfalz an. Der Rhein sollte keine Trennlinie sein, sondern als verbindendes Element fungieren. Verbundstruktur An der Verbundstruktur der KVV GmbH hat sich seit der Gründung nichts geändert. Der KVV ist nach wie vor ein Das Verbundgebiet des KVV (Bild: Daniel Saarbourg). Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 5-2007 Georg Nowak-Hertweck, M.A., Pressesprecher, Karlsruher Verkehrsverbund GmbH Kommunalverbund. Allerdings ist die Zahl der Gesellschafter inzwischen auf sieben angewachsen. Bereits nach kurzer Zeit kamen der Landkreis Rastatt, die Stadt Baden-Baden, die Stadt Landau und der Landkreis Südliche Weinstraße hinzu. Sie finanzieren gemeinsam mit den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den Verbund. Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr ist im linksrheinischen Verbundgebiet die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, während in Rheinland-Pfalz der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz-Süd zuständig ist. Aufgabenträger für den Busverkehr sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Ausdehnung des KVV-Tarifs in den gesamten Landkreis Südliche Weinstraße markierte zugleich im Oktober 2001 die Abrundung des bis heute gültigen Verbundgebiets. Die sieben Landkreise und Städte umfassen zusammen eine Fläche von rund 3 500 km2, auf der rund 1,3 Mio Einwohner leben. Ein erheblicher Teil dieser Menschen setzt auf den öffentlichen Nahverkehr. Seit dem 37 Organigramm des Karlsruher Verkehrsverbunds (Bild: Daniel Saarbourg). Verbundstart sind die Fahrgastzahlen im KVV kontinuierlich gestiegen. 2006 wurden auf den zwölf Regionalbahn-, zehn Stadtbahn-, sieben Straßenbahnund knapp 150 Buslinien zusammen 167,5 Mio Fahrgäste befördert. Dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 2,6 %. Verbundaufgaben Die Kernaufgaben des KVV waren anfangs die Abstimmung von Streckenführung und Fahrplänen aller Linien sowie die Einführung eines Gemeinschaftstarifes für alle Bahnen und Busse in der Region. Der KVV hat sich damit aber nicht begnügt, er wollte das Angebot quantitativ und qualitativ verbessern, um die Fahrgastzahlen zu steigern und die Marktanteile des öffentlichen Verkehrs zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs zu erhöhen. Dementsprechend wurde das Fahrplanangebot seit 1994 kontinuierlich verdichtet. Für viele Gemeinden und Ortsteile im ländlichen Raum bedeutete der Anschluss an den KVV geradezu die Wiederentdeckung des öffentlichen Nahverkehrs. Wo vorher nur an Werktagen ein paar Schulbusse fuhren, besteht nun an allen Wochentagen ein leicht merkbarer Taktverkehr. Auch abends und am Wochenende müssen die Kunden nicht auf den ÖPNV verzichten. Um auch in der Schwachlastzeit bei vertretbaren Kosten ein adäquates Angebot bereithalten zu können, führte der KVV gemeinsam mit den Landkreisen das Anruf-Linien-Taxi ein. Dieses Konzept startete so erfolgreich, dass es in diesem Jahr mit dem ÖPNV-Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde. Und auch in der Südpfalz erfuhr der ÖPNV in den letzten Jahren eine Renaissance. Der Rheinland-Pfalz-Takt verbesserte nicht nur das Angebot auf den Hauptlinien, er sorgte zugleich für die Reaktivierung der bereits stillgeleg- ten Nebenbahnen nach Bad Bergzabern, Wissembourg und Lauterbourg. Zu den Verbesserungen bei der Infrastruktur zählen ferner die Verknüpfungsanlagen zwischen Bahn und Bus. Wo früher unwirtschaftlicher Parallelverkehr betrieben wurde, setzt der KVV den Bus nun gezielt als Zu- und Abbringer zu den Schienenstrecken ein. Kurze Übergangszeiten mit gesicherten Anschlüssen sorgen für eine attraktive Reisezeit. Aber auch zwischen dem öffentlichem und dem Individualverkehr wurden die Verknüpfungen verbessert. Inzwischen gibt es an den Bahnhöfen und Haltestellen im Gebiet des KVV über 8 000 Park-&-Ride-Plätze, die meisten davon wurden in den letzten Jahren gebaut. Zunehmend an Bedeutung gewinnt bei der Anschlussmobilität das Fahrrad. Deshalb gehören sind bei Neu- und Umbauten von Haltestellen ausreichend Bike-&-Ride-Plätze zur Grundausstattung. Hohe Investitionen wurden auch zur Erneuerung des Wagenparks geleistet: Heute prägen weitgehend neue Diesel- und elektrische Triebwagen, niederflurige Straßenbahnen und klimatisierte Omnibusse das Bild des öffentlichen Nahverkehrs in der Region. Der Karlsruher Marktplatz mit dem Wahrzeichen der Stadt, der Pyramide, sowie dem Schloss (Bild: Andrea Fabry). Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 5-2007 38 Anreize zu einem erheblichen Anwachsen des Frei-zeitverkehrs geführt – ein erfreulicher Trend, den der KVV durch die Herausgabe spezieller Ausflugsbroschüren und Wandertipps weiter festigen möchte. Bild: Daniel Saarbourg. Stadtbahnlinien Das Markenzeichen des KVV sind aber nach wie vor die Zweisystem-Stadtbahnlinien. Diese weltweit bekannte Innovation prägt den Nahverkehr rund um Karlsruhe, sorgt sie doch für umsteigefreie Verbindungen vom Umland ins Zentrum und umgekehrt. So finden die Kunden im KVV nicht nur einen durchgehenden Tarif, sondern auch durchgehende Züge – bequemer geht es kaum noch. Seit der Verbundgründung hat sich der Umfang des Stadtbahnnetzes fast verdreifacht. Es reicht inzwischen weit über die eigentliche Region Karlsruhe hinaus in den Nordschwarzwald, nach Hohenlohe und in die Ortenau. So kann man mit modernen elektrischen Triebwagen vom Karlsruher Marktplatz direkt nach Baden-Baden, Pforzheim und Heilbronn fahren. Viele Endpunkte der Stadtbahnlinien liegen inzwischen außerhalb des Verbundgebietes, so dass zahlreiche Tarifkooperationen erforderlich wurden. Ein Erfolgsmodell ist hier die 24-Stunden-Karte „RegioX”, die nicht nur im KVV sondern auch in drei angrenzenden Verkehrsverbünden und einigen weiteren Schienenstrecken gilt. Darüber hinaus hat der KVV gemeinsam Nahverkehrs-praxis – Ausgabe 5-2007 mit dem Nachbarverbund PforzheimEnzkreis (VPE) zum 1. Januar 2007 ein weitreichendes Kooperationsmodell eingeführt: Alle KVV-Fahrkarten gelten auf den Schienenstrecken des VPE ohne Aufpreis. Maßgeschneiderte Fahrkarten Beim Fahrkartensortiment weist der Karlsruher Verkehrsverbund inzwischen einen hohen Anteil an Stammkunden auf. 88 % aller KVV-Kunden fahren heute mit Monats- oder Jahreskarten. Damit ist die Strategie, durch günstige Angebote gelegentliche Fahrgäste zu Stammkunden zu machen, voll aufgegangen. Für die unterschiedlichen Zielgruppen gibt es beim KVV ein maßgeschneidertes Sortiment, angefangen von der ScoolCard für die Schüler reicht das Spektrum über die Studi- und Ausbil-dungskarte sowie Job-Tickets und Umweltkarten bis hin zur Karte ab 60. Viele dieser Karten haben netzweite Gültigkeit, so dass man ohne Aufpreis beispielsweise mit der Umweltkarte auch am Wochenende einen Ausflug ohne Auto unternehmen kann. Im Zusammenspiel mit den Fahrplanverbesserungen haben diese tariflichen Fahrgastinformation Auch auf den Ausbau des Kundenservice legt der KVV großen Wert. An vielen Haltestellen wird angezeigt, in wie viel Minuten die nächste Bahn einfährt. Rund um die Uhr kann man sich beim Servicetelefon des KVV über die Fahrzeiten informieren. Auch die elektronische Fahrplanauskunft im Internet wird ständig verfeinert. In freundlich gestalteten Kundenzentren kann man Fahrkarten kaufen, ein Abo bestellen und sich über das Angebot informieren. Kostenlose Streckenfahrpläne im praktischen Taschenformat werden in Millionenauflage gedruckt. Aufgrund des ständig gestiegenen Verkehrsangebots umfasst denn auch das Kursbuch des Karlsruher Verkehrsverbunds inzwischen über 2 000 Seiten. Wer das Kursbuch nicht mitnehmen, aber dennoch immer über die genauen Abfahrtszeiten informiert sein möchte, kann sich den KVV-Fahrplan seit kurzem auf das Handy herunterladen. Dank einer benutzerfreundlichen Oberfläche weiß man mit wenigen Klicks immer, wann die nächste Bahn kommt. Noch in diesem Sommer weitet der KVV das Angebot auch auf die Buslinien aus. Nun fehlt eigentlich nur noch, dass man auch elektronisch bezahlen kann. Entsprechende Überlegungen laufen bereits, so dass vielleicht in einigen Jahren als Motto nur noch „Ein Fahrplan, ein Tarif” übrigbleiben könnte. e-mail: [email protected]