Ein drägendes Problem - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten
Transcrição
Ein drägendes Problem - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten
Ein drängendes Problem Bewerber für schwierige Aufgabe Deutschland will zum ersten Mal den Vorsitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen übernehmen. Heute dürfte sich die Sache entscheiden. Die Chancen stehen bestens. Aber dann? Von Christoph sator Genf (dpa) Mit den Menschenrechten ist das ja immer so eine Sache: Wer laut darüber redet, gehört nicht unbedingt zu den Leuten, die sich auch daran halten. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ist eines der besten Beispiele dafür. Unter den 47 Mitgliedern sind auch viele Staaten, die selbst immer wieder in der Kritik stehen, etwa China, Katar, Russland und Saudi-Arabien. Deutschland ist in dem Gremium seit 2014 wieder dabei, und jetzt will die Bundesregierung ganz nach oben. Heute dürfte sich in Genf entscheiden, ob Deutschland mit Botschafter Joachim Rücker am 1. Januar 2015 zum ersten Mal den prestigeträchtigen Vorsitz übernimmt. Die Aussichten sind bestens – was aber nicht heißt, dass das dann auch eine lohnende Aufgabe wird. Das Gremium wurde 2006 gegründet, als Nachfolger der UN-Menschenrechtskommission, wo es im Lauf der Zeit einfach zu viele Eklats gab. Inzwischen hat es aber ebenfalls an Ansehen verloren. Human Rights Watch sprach wegen der aktuellen Besetzung des Gremiums von einer „Farce“. Deutscher Botschafter in Genf: Joachim Rücker Foto: dpa Manches lässt sich in der Tat nur schwer vermitteln – etwa, dass ausgerechnet Saudi-Arabien, ein zuverlässiger Unterstützer der ägyptischen Militärs, für die Aufklärung eines Massakers 2013 in Kairo zuständig wurde. Solche Fälle gab es des öfteren. Allerdings hatte bislang auch niemand eine Idee, wie man UN-Mitgliedsländer außen vor halten könnte. Bundespräsident Joachim Gauck redete dem Rat bei einem Besuch vergangenes Jahr ins Gewissen: „Sprechen Sie Menschenrechtsverletzungen offen und ohne falsche Rücksichten an – auch wenn das manchmal bedeutet, Nachbarn und Freunde zu kritisieren.“ Umstritten ist auch, wie der Menschenrechtsrat mit Israel umgeht. Der Judenstaat wird wegen seines Umgangs mit den Palästinensern regelmäßig an den Pranger gestellt. In jeder Sitzung, als Tagesordnungspunkt sieben, gibt es dazu eine Debatte. Kein anderes Land der Welt wird so behandelt. Dies trug dazu bei, dass Israel so oft verurteilt wurde wie niemand sonst. Vermutlich wird sich auf absehbare Zeit daran auch nichts ändern – auch unter deutschem Vorsitz nicht. Der Spitzenposten wechselt jedes Jahr zwischen fünf Ländergruppen. Derzeit ist Afrika mit Ghana an der Reihe, im nächsten Jahr stellt dann die „Westliche Gruppe“ den Vorsitz. Wenn sie heute entscheidet, wer auf den Schild gehoben wird, ist Deutschlands Botschafter Rücker der einzige Bewerber. Perfekt gemacht würde der deutsche Vorsitz am 8. Dezember durch die große Runde aller 47 – nicht in geheimer Wahl, sondern per Akklamation. Ein offizielles Arbeitsprogramm gibt es bislang nicht. Jeder dritte Mensch auf der Welt hat keine Toilette / Indien will dagegen angehen Wie selbstverständlich für sie der Gang zur Toilette ist, wird Westeuropäern oft erst klar, wenn sie in arme Länder fahren. Jeder dritte Mensch auf der Welt hat keinen Zugang zu einem WC. Indien ist ein Beispiel dafür. Doch das Land denkt um. Von Stefan Kegel Delhi (MOZ) Wie braune Meere breiten sie sich aus, die Slums von Delhi. Hütten, gezimmert aus Wellblech, Holz und – für die, die Glück hatten – aus einigen Steinen. Dicht an dicht reihen sie sich aneinander, getrennt von schmalen Wegen, auf denen sich Unrat sammelt. Abgetrennte Müllkippen gibt es nicht – das braune Meer ist selbst eine einzige Müllkippe. Am Rand der Wege ziehen sich schmale Gräben entlang, vielleicht eine Handbreit tief, in denen Rinnsale von den Hinterlassenschaften zeugen, die das menschliche Leben mit sich bringt. Auch Toiletten sucht man hier vergebens, zumindest in den wilden Armensiedlungen, die nicht von der Stadt anerkannt sind. „Das Ausmaß der Armut ist in Indien nach wie vor sehr groß“, sagt Kulwant Singh. Der Mitarbeiter der Organisation UN Habitat im Land richtet den Blick auf die Hauptstadt. „Von den 18,5 Millionen Einwohnern leben 30 Prozent in Slums.“ Und die hygienischen Bedingungen sind schlecht. Doch es sind nicht nur die Slums, denen dieses wichtige Zubehör der Zivilisation fehlt. Schaut man von Delhi ins Land hinein, auf seine 500 000 Dörfer, dann ist auch dort das Bild nicht besser. Für die Notdurft dient dort die Natur. Wer sich erleichtern möchte, geht aus den Dörfern hinaus, an den Rand der Straßen oder neben das Feld. Es ist ein gefährliches Unterfangen, zumal es sich oftmals in der Dämmerung und der Dunkelheit abspielt. Wilde Tiere können angreifen, Frauen sind Zudringlichkeiten von Männern ausgesetzt. Viele Vergewaltigungen spielen sich abseits der Dorfgrenzen ab. Und für die Hygiene ist diese Tradition eine Katastrophe. Fliegen setzen sich an die Hinterlassenschaften, sie verbreiten Krankheiten. Vielerorts gibt es in den Schulen nicht einmal getrennten Toiletten für Mädchen. „Viele von ihnen brechen deshalb die Schule ab“, sagt Monique Lehmann von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). Denn sobald sie ihre Periode bekommen, versäumen sie jeden Monat eine knappe Woche den Unterricht, weil sie keinen Ort haben, an dem sie ungestört sind. Zwei von drei Indern in den Dörfern haben keine Latrine. Und Indien steht nicht allein mit dem Problem. Weltweit hat jeder dritte der sieben Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer Das Bild von Indiens Dörfern und Slums ändert sich: Die Regierung hat jedem Haushalt eine eigene Toilette versprochen. Toilette. Um darauf hinzuweisen, 71-Jährige kein Problem damit zu haben die Vereinten Nationen im haben. Leicht ist das getrocknete vergangenen Jahr den Welttoi- Exkrement und vollkommen gelettentag in ihren Kalender auf- ruchsfrei. Die Gruben davon zu genommen. Er findet jedes Jahr reinigen, meint der Erfinder, ist am 19. November statt. Diesmal zumutbar. Oder man baut eine wird er mit einer internationa- neue Toilette. 1,7 Millionen davon hat er in len Konferenz zu dem Thema in Delhi begangen. den vergangenen 40 Jahren in Denn das Problem ist nicht ganz Indien aufgestellt. Sie sind neu. Schon Indiens Freiheits- in Dörfern zu finden, und auch kämpfer Mahatma Gandhi, der in Städten. In Tausenden Armenvor mehr als 65 Jahren starb, vierteln hat er darüber hinaus öfhatte es benannt und versucht, fentliche Toiletten eröffnet, zu etwas zu ändern. Zumal die denen zehn Millionen Menschen wenigen Toiletten, die es gibt, Zugang haben, wie er stolz bemeistens manuell gereinigt wer- richtet. Urinieren ist kostenlos, den. Kastenlose Hindus, die so- alles andere kostet zwei Rupien, genannten Unumgerechnet drei berührbaren, Cent. All das erFür Schulmädchen müssen in die Gruzählt er, während gibt es oftmals ben steigen und er vor seinem Toisie mit den bloßen letten-Museum keine getrennten steht. Es ist das Händen ausleeren. Aborte Sie werden Scaeinzige weltweit, vengers genannt. sagt er. Eine unwürdige Arbeit, findet „Sulabhs Toiletten sind erBindeshwar Pathak. Der Gandhi- schwinglich“, erklärt Monique Anhänger hat in Delhi deshalb Lehmann von der DGVN den bereits vor Jahrzehnten ein Pro- Vorteil der Erfindung und vergramm gestartet. Sulabh heißt es, weist auf die gute Zusammenund es stellt Toiletten her, deren arbeit der UN mit Pathaks GeGruben nicht gereinigt werden sellschaft. Deshalb gebe es auch müssen. Ein Häuschen, aus dem erste Projekte für Afrika. Neben unterirdisch ein Rohr heraus- dem Bau der Aborte bieten die führt, daneben zwei abgedeckte Mitarbeiter dort auch Aufklärung Gruben. Ist die eine Grube voll, über hygienische Probleme. Für Pathak war es ein langer wird das Rohr auf die andere umgelenkt. Es dauert – je nach Nut- Weg vom gescheiterten Studenzung – ein paar Jahre, bis nichts ten bis zum sozialen Unternehmehr hineinpasst. „In dieser Zeit mer. „Ich bin von Geburt Brahsind die Fäkalien getrocknet“, er- mane“, erklärt er, was seine klärt Pathak und holt als Beweis Entwicklung umso erstaunlicher ein graues, hartes Etwas aus ei- macht. Denn im indischen Kasnem Eimer. Während andere zö- tensystem nehmen Brahmanen gern, es anzufassen, scheint der den höchsten Rang ein. Ihnen Erfinder: Bindeshwar Pathak mit, nun ja, getrockneten Verdauungsprodukten Foto: MOZ/Stefan Kegel ist es traditionell verboten, mit Unberührbaren zu verkehren. Im strengen Hinduismus darf nicht einmal der Schatten eines solchen Kastenlosen auf einen Brahmanen fallen, sonst muss dieser sich umfangreichen religiösen Reinigungszeremonien unterziehen. So erging es auch Pathak, der in jungen Jahren mit dem Kind eines Dalits, wie die Unberührbaren sich selbst nennen, spielte. Ein Skandal für seine Familie. Seine Großmutter zwang ihn, sich mit Kuhdung rituell zu reinigen. Eine Erfahrung, die ihn bis heute prägt. Über viele Umwege wurde er zum Gandhi-Anhänger und verband seine Idee, Inder mit Toiletten zu versorgen, mit einem sozialen Vorhaben: Er holte Un- Foto: dpa/Harish Tyagi berührbare, die als Scavenger ar- blem als eines der wichtigsten beiteten, aus ihrem Leben mit für die dörfliche und städtische Entwicklung erkannt. „Wir sind den Sickergruben heraus. So wie Usha Chaumar aus im 21. Jahrhundert, und immer Alwar, 170 Kilometer von Delhi noch gibt es keine Würde für entfernt, im Bundesstaat Rajast- Frauen, wenn sie nach draußen han. „Ich musste schon früh Toi- gehen müssen, um sich zu erletten reinigen“, berichtet die leichtern“, räumte der neue Mi35-Jährige. „Meine Mutter hat nisterpräsident Narendra Modi mir das beigebracht.“ Bereits mit in einer seiner wichtigsten Anzehn Jahren wurde sie verhei- sprachen – der zum Unabhänratet, vier Jahre später zog sie gigkeitstag – ein. in das Haus ihres Mannes und Er versprach jedem Haushalt musste dort dieselbe Arbeit tun. binnen fünf Jahren eine Latrine. Später verdiente sie sich damit Zudem werde er separate ToiletGeld. „Mir war oft schlecht, ich ten für Mädchen und Jungen in hatte Magenprobleme und fühlte Schulen einrichten. Dass er diese mich schwach, weil ich solch Ziele so schnell erreichen kann, eine schmutzige bezweifeln jedoch Arbeit machen Jedem Inder verspricht viele Inder. musste.“ In dieNitya Jacob von die Regierung binnen der Organisation ser Verfassung traf sie vor zehn JahWaterAid India fünf Jahren eine ren Bindeshwar verweist in der eigene Latrine Pathak. Er lud sie Zeitung „Guarnach Delhi ein. dian“ auf ein wei„Als ich hier in Sulabh begrüßt teres Problem. Millionen Toiwurde, hatte ich Tränen in den letten aufzustellen, wie es die Augen. Ich bin noch nie mit so Regierung versprochen hat, sei viel Respekt behandelt worden“, ambitioniert. „Aber die Finanberichtet sie, und die Rührung zierung von Hygieneerziehung ist ihr noch immer anzumerken, und für eine Änderung der Verwenn sie davon erzählt. haltensweisen machen nur eiInzwischen ist sie eine von nen Bruchteil der Gesamtsumme 150 ehemaligen Toilettenrei- aus“, kritisiert sie. Denn selbst nigern, denen Pathak geholfen wenn es auf den Dörfern Toihat, ihrem Schicksal zu entkom- letten gebe, würden sie kaum men. Er organisierte für sie Be- genutzt. Den Bewohnern errufsausbildungen, etwa für Kos- schließe sich deren Notwendigmetik und traditionelle Massage keit nicht. und Modedesign. Zusammen mit Doch immerhin – an Gandhis anderen Unberührbaren ist Usha Geburtstag, dem 2. Oktober, verheute in einem Schönheitssalon pflichtete Premierminister Modi ihres Heimatortes tätig. die Mitarbeiter sämtlicher MinisAuch die neue indische Re- terien dazu, ihre Gebäude zu reigierung hat das Toilettenpro- nigen – auch die Toiletten. An der Seite von Tom Cruise Strausberger Rhönrad-Weltmeister Robert Maaser startet Weltkarriere als Schauspieler Mission Impossible 5 soll am 23. Dezember 2015 in die deutschen Kinos kommen. Stars wie Tom Cruise und Simon Pegg arbeiten am Set – und mitten in der Crew befindet sich der gebürtige Strausberger Robert Maaser. Von Edgar NEmschok Vom Rhönrad auf die Leinwand: Der Strausberger Robert Maaser spielt im nächsten Teil von „Mission Impossible“. Foto: MOZ/Edgar Nemschok Strausberg (MOZ) Neben dem Schreibtisch von Robert Maaser steht derzeit immer griffbereit ein Koffer – leichtes Handgepäck. „Jederzeit kann es einen Anruf geben, und dann muss ich in den nächsten Flieger“, sagt er. Ziel ist London, denn hier wird der fünfte Teil des Agenten-Thrillers „Mission Impossible“ gedreht. Zu den Schauspielern gehört in diesem Teil, der zu Weihnachten 2015 in die Kinos kommt, der ExStrausberger Maaser. Die Leavesden Studios (Warner Bros. Studios), in denen auch einige Szenen der berühmten Harry-Potter-Filme gedreht wurden, befinden sich ein wenig außerhalb von London. „Ei- nige Außenaufnahmen für ‚Mission Impossible‘ wurden auch in Wien abgedreht“, erzählt Maaser. „Zu meiner Rolle selbst möchte ich nicht viel sagen, es soll natürlich eine Überraschung werden.“ Für den früheren Strausberger, der jetzt in Berlin lebt, ist mit dem Engagement für diesen Kinofilm ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Apropos Traum: Der Lebenslauf des 24-Jährigen liest sich wie ein solcher. Der nette Junge aus Strausberg ist inzwischen ein Star und hat eine Weltkarriere gestartet. Diese begann mit dem Sport, dem er auch weiter treu bleiben möchte. Maaser ist mehrfacher Weltmeister im Rhönradturnen (13 mal Gold, fünfmal Silber bei vier Weltmeisterschaften in Folge). Er konnte als jüngster Weltmeister aller Zeiten in diesem Sport neue Maßstäbe setzen. Maaser wurde zudem erster Weltmeister mit dem Monowheel, auch als Cyr-Rad bekannt. Diese Disziplin wurde zusätzlich in das Rhönradtur- nen aufgenommen. Maaser hat es geschafft, den Sport, der mit komplizierten Wertungsregeln verbunden ist, mit attraktiven Showelementen zu verbinden. Der Strausberger hat viel erreicht. Er erzählt er seinen zahlreichen Showauftritten, die ihn durch die ganze Welt geführt haben. „Vor allem in den reichen arabischen Ländern war die Resonanz auf das Rhönradturnen enorm. Die Scheichs waren von den Showauftritten absolut begeistert, denn so etwas hatten sie noch nie gesehen.“ Fernsehauftritte, etwa bei „Das Supertalent“, machten den jungen Mann in ganz Deutschland bekannt. Nebenbei nahm er immer wieder Schauspielunterricht. Den Weg zum Film ebnete ihm schließlich der Kontakt zu den Schauspiellehrern Mike Bernardin und André Bolouri. Über die renommierte Schauspieleragentur „Das Imperium“ bekam er ein Angebot. „Viel läuft heute über Kontakte, und die hat André Bolouri. Mein Profil für den Film hat einfach gepasst“, sagt Maaser heute. Auf die Frage, ob es für ihn Berührungsängste gab und gibt, mit den ganz großen Stars zu arbeiten, sagt er selbstbewusst: „Nein, Tom Cruise zum Beispiel ist wirklich nett wie auch Schauspielerkollege Simon Pegg. Und selbst Regisseur Christopher McQuarrie ist ein sehr angenehmer Mann. Klar, sie verlangen viel, aber alles läuft sehr professionell ab.“ Maaser wartet aber nun nicht den ganzen Tag auf einen Anruf aus London. „Ich habe den Kopf voller Ideen, und für mich gibt es keinen Stillstand“, sagt er. Er arbeitet an weiteren Projekten. Neben der eigenen Event-Agentur „Mammut“ hat er zwei weitere Firmen. Er bietet so zum Beispiel Komplettlösungen für 3D-unterstützte Wegeleitsysteme an. „Ich genieße das derzeit. Aber am schönsten ist es, wenn man wieder nach Hause kommt.“ Und so freut er sich auf Strausberg und Mutter Silvia, Vater Thomas sowie seine Schwestern Anna und Katharina.