A Sinai.PM6

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A Sinai.PM6
Der Sinai ruft
Sinai
1972-80
Von 1972-79
machten wir unsere
Tauchexpeditionen an
einem Brennpunkt der
Weltpolitik, im Sinai.
Zuerst als Vagabunden
mit Schlafsack, den
gemieteten VW- Buss,
ausgehend von Tel Aviv
durch den Negev „prügelnd“, später mit der
ARKIA nach Sharm in
Hugi’s Tauchcenter.
Ich erinnere mich an einen Flug in
der „Angströhre“, dem Metroliner, zwei Turboprops, nirgends Stehhöhe; aber für jeden
Passagier ein Fenster. Die Hostesse bestand aus einer Thermosflasche und der
Jagdpilot am Steuer präsentierte uns, direkt
auf der Grenze, in der Mitte des Golf von
Akaba, im Messerflug, die Korallenriffe von
Saudi Arabien und die Nachschubfrachter
des Iran-Irak-Kriegs auf der Reede von
Akaba.
Der Metroliner,
Angströhre genannt
Einmal picknickten wir auf dem Deck
einer grossen Jacht, direkt auf der zurückgenommenen Waffenstillstandslinie im Marsa Bereika. Die Israelischen Ada’s, die auf
ihrer Seite, am Strand, gesünnelt hatten,
versuchten erfolglos, uns, mit ihren Sturmgewehren fuchtelnd, von unserem Ankerplatz zu vertreiben. Also in der Luft, am Boden und unter Wasser, Action pur.
Sinai
1972-80
Mit Gebi auf der
Geisterbahn...
Gebi hat an alles gedacht. Für ihn ist klar, die
Wüste ist trocken. Also
hat er im Taxfree-Shop
eine Magnumflasche
Dimple (12 Years old) gekauft. In unserem Tel Aviver Hotel checken wir ein.
Neben den Tauchtaschen,
klemmt er sich auch noch
seine „bruchsicher“ verpackte Whiskyflasche unter den Arm. Dummerweise rutscht sie, gleich vor
der Lifttüre, aus der Wellpappebox und zerschellt auf dem luxuriösen Marmorboden. Über drei Treppenstufen ergiesst sich Gebis wertvoller Notvorrat in die Hotellobby. Letzte Reste können
noch im Flaschenboden gerettet werden,
ein sofortiger Verbrauch drängt sich aber
Gebi hinter Schwarzen Korallen
bei Faraun Island
auf. Es riecht wie in einer Whiskybrennerei.
Gebi ist gestresst. Eigentlich wäre
jetzt Zeit schlafen zu gehen. Er liegt auf
dem Bett und manipuliert mit einem Schraubenzieher an seinem Fenzy-Jacket herum.
Endlich ist das Überdruckventil raus und
Gebi zieht strahlend ein Bündel israelischer
Pfunde hervor. Er hat den Zoll überlistet.
Die Umstehenden staunen. Gebi hat erfahren, dass die Ein- und Ausfuhr von Israelischen Pfunden verboten ist. Aber er hat leider das Pech, dass Israelische Pfunde hier
billiger zu kaufen sind, als in der Schweiz.
Lustiges Reisen
Anderntags geht die Reise Richtung
Sinai los. Endlose Strassen durch Palmenhaine, Steppen und Wüste wechseln
sich ab. Zum Glück ist ein Autobuss voller junger Damen auch in Richtung Eilath
unterwegs. Mit Lippenstift kritzeln sie die
Heckscheibe ihres Cars mit „frommen“
Sprüchen voll. Da sich der Gegenverkehr im
Rahmen hält, gelingt uns bei 100 km/h von
Fenster zu Fenster ein eifriger Tauschhandel Orangen gegen Äpfel.
Kamelmarkt
Sinai
1972-80
Unsere erste Zwischenstation ist die Wüstenstadt Bersheeba. Wir
parkieren unser Auto direkt
vor dem Haupteingang und
organisieren eine „Planggenwache“.
Viel Interessantes gibt es
zu sehen. In der Abteilung
Geflügel werden die armen
Hühner wie am Fliessband
vom Leben zum Tode befördert. Der Schächter hat ein Messer im
Mund, ergreift das Huhn bei den Beinen
und zieht im das Messer quer durch die
Kehle. Dann lässt er es in eine Tüte fallen,
die Beine strampeln noch ein paar Sekunden, und schon ist das Federvieh verkaufsbereit. Der diensttuende Fachmann findet
es nicht lustig dass ich sein Aktionen filme.
Ich kann aber im letzten Moment seinem
scharfen Messer entfliehen.
Zurück bei unserem Auto laufe ich
gleich in den nächsten Hammer hinein.
Sogar in unserer Kabine hat sich ein
Huhn eingenistet. Die Umgebung gefällt
ihm gar nicht. Es hat schon unsere ganze
Kabine vollgeschissen. Orlando erklärt mir,
er kenne meine „Vorliebe“ für Fisch und Vogel und dass es sich hier um ein persönli-
ches Geschenk, nur für mich, handle. Ich
organisiere eine Kartonkiste und mein Huhn
findet einen Platz auf der Ladefläche. Nach
der Ankunft in Eilath entlasse ich es in die
Freiheit.
Am anderen Tag zeigt sich die Basiscrew absolut begeistert. Es sei ihnen
noch nie passiert, quasi in der Wüste, ein
lebendes Huhn zu finden. Sie hätten es natürlich sofort auf den Grill geklemmt.
Trockene Wüste
So eine Sinaiexpedition muss vorbereitet sein. Der Expeditionsleiter denkt an
Wasservorräte und kauft einen 5 Gallonen
Bidon. Am anderen Tag fährt unser Superfahrer Gebi vor. Das
Wasser im Bidon
sieht eher wie Sirup
aus . Gebis Kommentar: „In der Wüste braucht man kein
Wasser, man braucht
Benzin“.
Im Prinzip hat er
ja recht.
Unser VW-Buss fährt wie ein Formel-1
Wagen. Es ist eine Version die in der
Schweiz garantiert nicht erhältlich ist. Der
Motor ist nicht plombiert und die Kiste läuft,
voll beladen mit uns sechs und dem kompletten Gepäck und Tauchausrüstungen auf
der Brücke, über 140 km/h. Gebi am Steuer
reizt das natürlich voll aus. Auf der schurgeraden Piste hinunter nach Ras Muhammed
frässt er, voll chrösch, in eine vielleicht fusshohe Sanddüne. Der folgende Knall lässt
uns das Schlimmste befürchten, aber das
rechte Vorderrad ist noch dran. Gebi meint,
dass Sand ja normalerweise weich sei. Es
war aber seeeehr feiner Sand!
Joe’s Naama Hilton
Joes Hotel, inmitten eines Alteisenlagers, an der Naama Beach ist ziemlich luxuriös. Wir haben Halbpension gebucht, und
auch bezahlt. Im Abwaschbecken stapelt
sich das dreckige Geschirr bis zur Decke.
Da das Hotel keine Dächer hat, ist Horst
vorsichtig. Er schnappt sich einen Sonnenschirm und richtet sich seine eigene Schlafecke ein. Es sieht aus wie „Der arme Dichter“ bei Spitzweg.
Was macht der Barsch im
Tiefkühler?
Ein Blick in den Tiefkühler vor dem Hotel macht alles klar. Er ist offensichtlich
schon längere Zeit nicht mehr mit dem
Stromnetz verbunden. Olfaktorisch sind interessante Nuancen festszustellen. Der erste Fischmumienfund im Sinai.
Wurst und Bier
Jeden Morgen müssen wir beim Supermercado vorbeischauen um etwaigem
Hunger oder Durst vorzubeugen. Der bester
Platz um eine Kiste Bier, bei 40 Grad im
Schatten, einigermassen kühl zu halten, befindet sich unter dem Beifahrersitz. Die
Würstchen sehen zwar gut aus, aber für
koschere Wienerli, haben wir schnell festgestellt, können sich nur Fische begeistern.
Doktorfisch
Sandaale
Sinai
1972-80
Geschwindigkeitstests
Sinai
1972-80
Menue gastronome am Ras
Mohammed
Spezialitätenrestaurant
Hugi
Glücklicherweise haben wir auf unserer Expedition einen Mehrsternekoch dabei
und ein Sponsor („Fritz the Cat“ und MAGGI) haben uns mit Trocken-Fastfood versorgt. Wir haben aber doch ein Problem; in
der Wüste wachsen fast keine Bäume und
Quellen sind ziemlich selten.
Da Gebi unseren Wasserbidon zu einem Benzinbehälter umfunktioniert hat,
müssen wir viele Cognac-, Whisky- und
ähnliche Flaschen ausleeren um genügend
Wasservorräte mitnehmen zu können. Als
Brennholz „organisieren“ wir hinter den wenigen Restaurants die alten Gemüseboxen.
So haben wir mitten auf dem Riff von Ras
Muhammed die Wahl zwischen TomatenPilz- oder Erbsensuppe.
Leider trudle ich verspätet beim Nachtessen ein. Drei dunkelbraune, harte Kügelchen liegen auf meinem Teller. Ich gehe in
die Küche und versuche dem Koch die Geheimnisse seiner kulinarischen Köstlichkeit
zu entlocken. Um meinen Fragen Nachdruck zu verleihen, nehme ich eine Pfanne
zur Hand. Der Koch, übrigens ein Schweizer, flüchtet auf die andere Herdseite und
verspricht Besserung. Die Kügelchen sind
Hühnermägen! Ich liebe exotische Küche.
Sinai
1972-80
This is my expensif wife...
ruft der Jüngling unter der Tür und
stellt uns so seine hübsche Begleiterin
vor. Wir sitzen auf den Bänken vor dem
Tauchcenter von Willy Halpert an der Coral Beach in Eilath und vertreiben uns die
Zeit, bis unsere Geräte gefüllt sind.
Es ist der Meeresbiologe Hans Frikke, der uns anschliessend zu motivieren
versucht, die grossen Drahtkäfige, die er
selber zusammengeschweisst hat, über
den Strand hinunter ins Meer zu schleppen.
Ich hatte seine Spuren schon 1968 auf
dem Feld mit den Sandaalen bemerkt. Er
hatte das ganze Gebiet mit Schnurquadraten eingeteilt. Fricke war schon als Student
mit dem Velo von Deutschland bis hier an
die Coral Beach getrampt um mit seinen
Forschungsarbeiten zu beginnen. Das Golf
von Akaba ist halt das am nördlichsten und
uns auch am nächsten gelegene, tropische
Meer.
Gespenster in
Dahab
Sinai
1972-80
„Was rappelt da im
Nachttischlein?“ Frägt
Horst im „Hotel“ Dahab,
wo wir regelmässig
Duschübernachtungen
einschieben. Orlando
klärte ihn auf.
Kapitale Einsiedlerkrebse würden die Abwasserleitung zur Dusche hinaufaufkrabbeln
und sich dann in den
Nachttischlein-Schubladen verkrümeln. Horst
ist beruhigt. Wir verschieben dann aber die
Einsiedlerkrebse doch
wieder zurück an den
Strand.
Super, wir sind die einzigen Taucher hier. Gebi streichelt einen Riesenzackenbarsch; Kurt filmt. Aber der
Nachttauchgang schlägt Alles.
Aus allen Löchern kriechen die Gorgonenhäupter
heraus, setzen sich oben aufs
Riff und entrollen ihre Fangarme in die Strömung; ein gespenstischer Anblick, wie aus
einer anderen Welt. Das ganze Riffdach ist übersäht von
Fangarmen die mit ihren „Fingern“ nach dem vorbeitreibenden Plankton greifen.
Jetzt geht die Show aber
erst richtig los...
Gorgonenhaupt
Sinai
1972-80
Science Fiction
am Lighthouse
Sinai
1972-80
Ein Schwarm von „Blinkifischen“ (Photoblepharon) ist aus der Tiefsee heraufgeschwommen. Im Scheinwerferlicht sind diese Fische recht unauffällig, aber wenn man
die Taucherlampe ausschaltet, taucht man
inmitten eines Feuerwerks. Rundherum
blinkt es wie wild und wenn man versucht
auf einen Lichtblitz zu leuchten, sieht man
nur die Riffkorallen. Nach jedem Blitz schlagen sie einen Haken zur Seite.
Diese Fische wagen sich nur in mondlosen Nächten so weit nach oben. Man
kennt sie auch noch nicht lange. Zuerst vermutete man hinter der seltsamen Lichterscheinung feindliche Kampftaucher.
Die Blinkifische tragen
ihre „Blitzlichter“, bestehend
aus Leuchtbakterien, in einer
Klapptasche unter den Augen.
Blitzlicht aus
Photoblepharon
Laternenfisch
Blitzlicht ein
Sinai
1972-80
Tempel
An diesem Tauchplatz wohnt
ein kapitaler Napoleon, der
sich gerne als Film- und Fotomodel produziert.
Amphoras
heisst das Tauchgebiet,
wo diese riesigen Amphoren herumliegen. Sie
scheinen zum Transport
von Quecksilber gedient
zu haben, das im
Edelmetallbergbau benötigt wurde. Beim im 17.
Jahrhundert untergegangenen Schiff soll es sich
um eine türkische Galeone gehandelt haben.
Sinai
1972-80
Steinanker
sind quallenähnliche Tiere. Sie treten in grossen Kolonien auf. Die
Drückerfische und alle Planktonfresser sind begeistert.
Sinai
1972-80
Salpen
Sinai
1972-80
Zackenbarsche
Sinai
1972-80
Blue Hole Diving
Wir, das heisst Orlando, Kurt, Horst,
Toni, Gebi und ich, sind in Dahab gelandet.
Was liegt da näher als ein Tauchgang im
Blue Hole. Im Reiseführer steht: Zugang nur
für Fahrzeugen mit 4-Rad-Antrieb. Versuchen wir’s doch mal. Die Strasse wird immer schmäler, die Löcher immer tiefer, bis
wir wirklich nicht mehr weiter kommen. Kurt
findet das Problem lösbar und lässt uns
aussteigen.
Tatsächlich, staunend sehen wir zu,
wie unser VW, selbstverständlich mit dem
entsprechenden Anlauf und allen vier Rädern in der Luft, die Spalte im Saumweg
überwindet. Unsere ganze Ausrüstung, Koffer, Kisten, Tauchgeräte fliegt mit.
Glasklar ist das Wasser im Blue hole
und traumhaft ist der freie Fall. Auf 70 Metern bremst mich der Sandboden. Beim
Blick nach oben, sieht man auf 40 Metern
die winzig-kleinen Taucherlein der Wand
entlang tauchen. Nun sofort, es gilt ja Luft
zu sparen, die Fenzy mit der Abluft gefüllt
und los geht der rasante Aufstieg, abgestoppt, bei den Kameraden an der Wand.
Makrelen auf der Jagd
Nur Gebi hat’s, hinter meinem Rücken,
noch tiefer geschaft. Sensationell auch die
Aussenseite des Blue Hole. Eine respektable Makrele, die, getarnt hinter einem grossen Napoleon auf die Jagd geht.
Ein Riesenschwanz
Sinai
1972-80
Schön ist’s hier am Ras Muhammed.
Ich habe ausdekomprimiert und segle
noch ruhig, knapp über der 10 MeterGrenze ums Riff herum. Kein bisschen
Strömung, das Wasser ist arschklar, ich
schaue in die blaue Tiefe. Bald wird meine
Flasche leer sein, ich sauge noch die letzten Atemzüge heraus und dann geht’s
rauf.
Da, ich traue meinen Augen nicht,
ein Fischsschwanz, aber was für einer.
Dieses Monster muss ich in Augenschein
nehmen, also sofort runter. Leider sehe
ich nur noch einen Schatten im Loch verschwinden. Jetzt wird’s heiss, soll ich im
nach? Auf vierzig Metern und praktisch
ohne Luft?
Die Entscheidung wird mir leicht gemacht, das Einatmen wird immer schwerer. Jetzt gilt es einen Kompromiss zu finden zwischen sparsamer Verwertung der
übrig gebliebenen Luftmoleküle, schnellem Aufstieg und Zusatzdekompression.
Zum Glück spendiert mir der Lungenautomat, wegen dem abnehmenden Umgebungsdruck, so etwa alle 10 Meter einen
Atemzug. Beim Aussteigen kann ich garantieren dass die Flasche wirklich leer ist.
Wimpelfisch
Einer belgischen Tauchgruppe gelang
es eine Foto des Giganten zu schiessen
(Erschienen im Aventures Submarines).
Der Zackenbarsch war mindestens drei Meter lang.
Zu dieser Zeit kannte man noch kein
Finimeter, man hatte eine Reserveschaltung, die etwa ein Fünftel des Flascheninhalts zurückhielt, um für die Dekompression noch einen Luftvorrat übrig zu
haben.
Für jeden Taucher hatten wir zwei
Tauchgeräte dabei, aber um diese nachzufüllen, mussten wir hunderte von Kilometern weit fahren. Also musste jedes
Atü ausgenützt werden; ein Gerät war
erst dann leer, wenn wirklich nichts mehr
herausgesogen werden konnte
.
Sinai
1972-80
Die mit dem Haifisch
tanzen...
Ely, Walti und ich sind vor der
Jackfish-Alley vom Zweimaster gesprungen.
Kaum im Wasser ruft Walti etwas von einem
Hammerhai und wir lassen uns durchfallen
bis wir auf etwa 40 Metern an der Riffwand
landen. Vom Hammerhai ist zwar nichts zu
sehen, aber dafür kommt uns ein kapitaler
Ammenhai entgegen.
Ganz entgegen allgemeiner Haigepflogenheiten zeigt er nicht nur keine
Angst, sondern schwimmmt direkt auf
mich zu, dreht eine Runde um mich herum und schwimmt weiter. Ich komme
kaum nach, mit einstellen und abdrükken.
Ely und Walti schütteln sich vor Lachen
Pterois Volitans und der
Wunderhandschuh
Fröhliches, individuelles Tauchen am
Ras um Sid (Sharks Point) ist angesagt.
Der neuseeländische Diveguide vom Aquamarin Divecenter führt ein paar Touristen
spazieren.
Staunend kann ich zusehen wie er unter den Riffvorsprung greift und, ich glaub
es nicht, versucht einen der dort schwebenden Rotfeuerfische ans Licht zu heben. Er
zuckt zurück und aus seiner behandschuhten Handfläche steigt ein schwarzer Faden
auf. Wie vom Blitz getroffen, lässt er seine
Tauchergruppe Gruppe sein und schiesst
an die Oberfläche, ja sogar darüber hinaus.
Ich folge ihm zur Riffkante und sehe nur
noch wie er im Crawlstyl bereits gut die
Hälfte des breiten Riffplateaus zurückgelegt
hat. Auch die Kollegen kommen nun nach;
aber wir haben es ja nicht so pressant.
Wie wir das Ufer hochgestiegen sind,
sehen wir unseren Guide wie er zwei Österreichern, bei ihrem Wohnmobil, die Teestunde vermiest. Er badet bereits seine blutende Hand in ihrem heissen Wasserkesse!.
Sein Arm ist bereits auf das Doppelte angeschwollen; heisses Wasser scheint nicht
gerade ein Wundermittel zu sein. Wir pakken ihn in unseren Pick-up und fahren mit
ihm in die Notfallstation von Sharm el Sheik.
Der diensttuende Arzt ist absolut nicht
überrascht und beruhigt unseren Patienten.
Er spritzt ihm ein Serum und zwei Stunden
später können wir unseren unglücklichen,
nun wieder quietschfidelen, Kollegen abholen.
Als wir ihn fragen, wie er dazu komme,
einen Rotfeuerfisch in die Hand zu nehmen,
meint er, dass seine neuseeländischen
Tauchhandschuhe (echt Leder) die robustesten der Welt seien. Aber muss man das
denn unbedingt ausprobieren?
Sinai
1972-80
30 Minuten Warten auf 20 Metern am
Sharks Point, brauchte es, bis der Grauhai
zu einer Portraitaufnahme bereit war.
Sinai
1972-80
Amos der Kampfschwimmer.
Mitte der Siebzigerjahre wurde im Sinai eine Tiefenbeschränkung von 40 Metern
eingeführt. Das setzte uns natürlich hart zu.
Aus war es mit dem freien Tauchen. „Big
Brother is watching you.“ Unser Big Brother
war Amos, ein junger Kampfschwimmer,
frisch aus dem Militärdienst zurück. Da der
speichernde Tauchcomputer noch nicht erfunden war, spielten wir ständig ein kleines
Versteckspiel mit ihm. Und des öfteren wurden wir von ihm, wie kleine Rekruten, zusammengeschissen. Bis es uns dann aber
zuviel wurde.
Riffhai
Amos und ich machen zusammen
mit etwa 48 Engländern einen Ausflug
nach Ras Muhammed. Geheimnisvoll
meint er, dass heute keine Tiefenbegrenzung gelte. Unser Schiff ankert zwischen
den Riffen von Ras und und eine gewaltige
Strömung bläst. Bis die Engländer unter der
Leitung ihres Diving-Marshalls mit der
Tauchgangplanung fertig sind, treiben wir
schon im Wasser. Amos hat mich vorher
noch gefragt ob ich in der Strömung bis
zum Riff rüberzuschwimmen vermöge und
ich meinte, schlimmstenfalls würde ich den
Grauhai
Weg dem Grund entlang nehmen. Nun ich
habe es geschafft, aber wie, weiss ich
selbst nicht und hänge nun schwer atmend
am Riff. Für Amos, der immer noch im militärischen Trainingzustand ist, natürlich kein
Problem. Nun hat es ihn aber offenbar gepackt und er stürzt sich wie ein Jagdflieger
in die nördliche Schlucht. Es bleib mir
nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Zum Glück lässt nun die Gegenströmung
nach und ich versuche mich auf die Kontrolle der Atmung zu konzentrieren. Ich bemerke aber, dass dies, je tiefer wir kommen, desto unmöglicher wird. So bei ca. 50
Tiefenmetern findet er dann, es
sei genug. Ich lasse mich der
Wand entlang treiben wie eine alte
Dampflokomotive und bin richtig
froh, dass es dann zwischen den
Riffen im Strömungsschatten wieder aufwärts geht. Vor allem, da
es mir noch nie gelungen ist, in so
kurzer Zeit, eine so grosse Luftmenge durch den Automaten zu
jagen. Ich verzichte dann darauf,
Amos zu erklären, welche Tauchtechnik ich für die Vernünftigere
halte.
Sinai
1972-80
Sehr interessant wird es an
der Oberfläche. Die Südspitze
des Sinai ist gerade von den Israelis an die Ägypter zurückgegeben worden. Diese haben ein
paar Zelte als Militärbasis auf die
Klippe gestellt.
Der Kommandant klettert
herunter und watet über das Riffplateau bis an die Kante heran.
Von dort aus diskutiert er mit unserem Amos. Er beklagt sich,
dass der Nachschub von Kairo
sehr zu wünschen übrig lasse.
Vor allem der Mangel an Zigaretten mache ihm zu schaffen. Eine Stange Zigaretten ist schnell aufgetrieben, jetzt geht
es nur noch um die Übergabemodalitäten.
Diplomatische Komplikationen liegen in der
Luft, der ägyptische Offizier ist nämlich
Nichtschwimmer.
So ergibt es sich, dass ein israelischer
Offizier, einem ägyptischen Offizier, auf
feindlichem Territorium, eine Stange Zigaretten überreicht. Leider habe ich keinen
Fotoapparat bereit und daher ist dieser historische Vorgang auch nie in der Weltpresse dokumentiert worden.
Barrakudaschwarm
Auf dem Wrack der YOLANDA.
Heute liegt es, nach einem Sturm, ein paar
hundert Meter tiefer, vor den Riffen von Ras
Muhammed.
Sinai
1972-80
Makrelen
Imposante Gorgonie
Riesenbarsch
Sinai
1972-80
Suppenschildkröte
Die grossen Thune, die hier am
Strand herumliegen, sehen aus wie echt,
sind aber aus Polyester und einsame
Waisenkinder. Ein italienisches Kamerateam hat einen Film gedreht, und da
Thunfische nicht auf Befehl ins Bild
schwimmen, haben sie solche aus Kunststoff mitgebracht. Wir adoptieren Einen.
Er wird zuoberst auf unserer Ladung
montiert und muss unsere Expedition mitmachen.
Natürlich wollen wir ihn auch nach
Hause mitnehmen. Beim Eingang zum
Tel Aviver Flughafen schnappe ich mir ein
Industrierolli und packe unseren Fisch
drauf. Er sieht wirklich aus wie echt.
Rund um uns herum staunen Völkerstämme aller Nationalitäten und Hautfarben, welcher Clown auf die Idee kom-
Imperator
men könne, einen Thunfisch von 150 cm
Länge als Fluggepäck einzuchecken.
Das psychologisch geschulte Sicherheitsgirl interviewt uns intensiv und
beäugt unser Souvenier von innen und
aussen. Sie lacht und meint, dass der
Thunfisch Mundgeruch habe. Nach
Wein....? findet sie!
Drei „Tigers“ von der SWISSAIR stehen mit finsterer Mine daneben und finden es gar nicht lustig. Unsere Dame
macht uns zwar Hoffnungen, will aber
nichts versprechen, klebt dem Thunfisch
einen Gepäckkleber um den Schwanz
und legt ihn aufs Förderband.
Und siehe da; in Kloten taucht der
Thunfisch, schwanzvoran, aus dem Untergrund wieder auf.
Sinai
1972-80
Der fliegende Thunfisch
Gorgonie
Sinai
1972-80
Mondsichelbarsch
Sinai
1972-80
Sonnenuntergang
in Sharm
Arabischer
Kaiser

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