Süden und Dortmunder Norden, Fußball und Oper, Deutsche und
Transcrição
Süden und Dortmunder Norden, Fußball und Oper, Deutsche und
ballett dortmund Projekt schoolmotions Künstlerische Gesamtleitung Künstlerische Leitung und Organisation der Schüler-Tanzworkshops Projektorganisation Xin Peng Wang Mark Hoskins Heinz-Jürgen Fey Vorurteile und Denkmuster versperren uns häufig den Blick auf unbekannte, interessante Facetten unserer Umwelt. Darüber hinaus wird die Welt mit dichotomischen Kategorien eingeteilt, die eine differenzierte Sichtweise verhindern: gut und böse, Freund und Feind, richtig und falsch, Dortmunder Süden und Dortmunder Norden, Fußball und Oper, Deutsche und Ausländer, Breakdance und Ballett, … Die Kunstgattung Tanz – insbesondere das Ballett - sieht sich ebenfalls mit vielen Vorurteilen konfrontiert und führt auch in Dortmund – trotz der großen Erfolge des ballett dortmund – immer noch ein Nischendasein. Im Rahmen des fächerübergreifenden Tanzprojektes schoolmotions (Sport/Tanz, Musik, Kunst, Deutsch, Philosophie/Ethik) sollen Schülern diese Vorurteile und Denkmuster transparent gemacht und anschließend durchbrochen werden. Denn wenn der Körper sich in Bewegung setzt, bleibt das nicht ohne Folgen für den Kopf. Wer lernt, seinen Körper zu steuern, der nimmt dieses Steuerungspotenzial mit in sein gesamtes Leben. Projekte wie Rhythm is it oder Der Feuervogel auf Dortmunder Ebene haben gezeigt, dass Tanz junge Leute nicht nur begeistern, sondern auch verändern kann. Viele Mädchen bringen eine große Affinität zum Tanz mit, oft fehlt ihnen aber der letzte Kick, sich jenseits bekannter DanceDance-forfor-Fans– Fans Choreografien zu bewegen. Bei Jungen ist die Scheu, sich tanzend auszudrücken, bekanntermaßen größer. Sie sammeln sich eher in Männerdomänen wie Breakdance, Krumping oder Capoira. Um so wichtiger ist es, Tanz als akzeptierten künstlerischen Ausdruck eines Menschen in den Schulen zu etablieren, um Vorurteilen entgegenzutreten, diese Denkmuster als solche zu erkennen und – wie in diesem Fall – zu durchbrechen. Die geplanten Projekte an 6 weiterführenden Dortmunder Schulen nehmen diese Herausforderung an. Während in den Grundschulen bis zur 2. Klasse auch Jungen noch unbefangen tanzen, setzen mit zunehmendem Alter Hemmungen ein, die bis hin zu einer Verweigerung von Tanz als unmännliche Bewegungen führen. Solche Vorurteile bröckeln schnell, wenn erst einmal eigene Erfahrungen möglich gemacht werden. Schüler mit Migrationshintergrund stellen fest, dass ihre Sprachschwierigkeiten im Tanz keine Rolle spielen, sondern dass die Sprache des Tanzes für alle Neuland ist. Im Kontakt mit einer Ballettkompanie zeigt sich auch: Hier werden die unterschiedlichsten Sprachen gesprochen, das ist für niemanden ein Problem, solange man eine gemeinsame Basissprache finden kann- den Rest erledigt die Choreografie. Schüler, die Schwierigkeiten haben, sich in einer Gruppe zurechtzufinden, bekommen ihren Platz durch die Choreografie zugewiesen. An dieser Stelle tragen sie Verantwortung für das Funktionieren des Gesamten und erhalten Wichtigkeit. Daraus resultiert die positive Erfahrung: Es fällt auf, wenn ich mich ausklinke, ich bin gefragt. Eine weitere wichtige Erfahrung ist der Probenprozess während eines Projekts: den Satz „das kann ich nicht“ zu ersetzen durch „das kann ich noch nicht“. Schüler lernen im spielerisch-künstlerischen Prozess, dass es sich lohnt, nicht zu schnell aufzugeben, Dinge mehrmals anzugehen, nicht vorschnell zufrieden zu sein. Gerade dieses Durchhaltevermögen wird ihnen oft abgesprochen. In einem Tanzprojekt ergibt sich eine neue Möglichkeit, sich zu beweisen und den Rucksack vorgefasster Beurteilungen, abzulegen. Die vielleicht wertvollste Erfahrung ist, das Hinauswachsen über die eigenen Möglichkeiten, zu sehen, es geht noch ein wenig mehr als ich es selbst für möglich gehalten hätte. 19.03.2009 Projektskizze 1/2 ballett dortmund Projekt schoolmotions Und schließlich die Einsicht: Es gibt kein irgendwie. In einer künstlerischen Produktion sind alle darauf angewiesen, dass sich jeder Einzelne an Verabredungen hält, um selbst den Prozess weiterzutragen. Bricht jemand die Verabredung, bricht sichtbar an dieser Stelle das gesamte System, die Choreografie. Und dies u. U. in einer Aufführung unter den Augen von vielen Menschen. Also bemühen sich alle Beteiligten um das bestmögliche Ergebnis und erhalten dafür den Applaus der Zuschauer. Das Ziel der Arbeit in den Schulen ist, Schülern und Lehrern diese Erfahrungen, die ganz andersgeartet sind als ihre Unterrichtserfahrungen, zu ermöglichen, Schülern die Chance zu geben, die Profite in ihr eigens Leben mitzunehmen, der Kunst Aufmerksamkeit zu verschaffen und miteinander im Gespräch zu bleiben. Die Herausforderung für die Schüler besteht darin, ein durch die Choreografie von Xin Peng Wang Wang vorgegebenes Thema mit seiner Musik in Bewegung umzusetzen. Es handelt sich dabei um sein neues Ballett The last future. The last future Ballett von Xin Peng Wang Konzept und Szenario von Christian Baier Musik von Ludwig van Beethoven, Laurie Anderson, Joan Baez, Joe Cocker, Pink Floyd, Nick Drake, The Who u.a. Mitte der Siebziger Jahre startet eine interstellare Raumsonde ins All. An Bord befindet sich ein Datenträger. Er soll außerirdische Lebensformen über die Erde informieren. Die Menschheit präsentiert sich dem Kosmos mit ihrem höchsten Gut – mit Musik. Hör auf dich! Die legendäre „Golden Record“ wird für Xin Peng Wang und Christian Baier zum Ausgangspunkt einer neuen Ballettkreation über die Kraft der Musik und ihrer Keimzelle – dem Streben des Menschen nach Freiheit. Lerne weinen! „Wir wollen die Blickwinkel erkunden, aus denen kommende Epochen den Menschen sehen werden“, meint Dortmunds Ballettdirektor. „Welches Bild wirft sich auf die Netzhaut der künftigen Zeit? Wird vom Menschen mehr bleiben als ein Missverständnis? Wird die Erde den Zufall ihrer Entstehung überleben? Hoffnung heißt die letzte Zukunft des Menschen.“ Ausgehend von der Frage der eigenen Identität, begibt sich Wang auf die Suche nach Existenzialität und Wahrhaftigkeit, ergründet die Sehnsüchte Menschheit und hinterfragt den Begriff von Freiheit: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was bewegt uns? Was wird von uns bleiben? 19.03.2009 Projektskizze 2/2