Bibliothekswesen im Ausland - Fachbereich Archiv

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Bibliothekswesen im Ausland - Fachbereich Archiv
Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern
Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen
Bibliothekswesen des Auslands
4. Fachstudienabschnitt
Klaus Gantert
Stand: 06/2007
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen nationaler Bibliothekswesen............................................................................4
a)
historische Aspekte ......................................................................................................4
b)
wirtschaftliche Aspekte .................................................................................................5
c)
kulturelle Aspekte .........................................................................................................6
d)
politische Aspekte.........................................................................................................6
e)
technische Aspekte ......................................................................................................7
f)
sprachliche Aspekte .....................................................................................................7
Internationale Organisationen ..............................................................................................8
International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) ..............................8
European Bureau of Library Information and Documentation Associations (EBLIDA).......13
Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche (LIBER)..........................................15
Bibliothek und Information International (BI-I) ....................................................................16
Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (KNB) ......................................................................17
Österreich .............................................................................................................................19
Grundlagen.........................................................................................................................19
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Österreich .....................................................20
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Österreich.................................................................26
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................26
Die Schweiz...........................................................................................................................28
Grundlagen.........................................................................................................................28
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in der Schweiz ..................................................31
Das Öffentliche Bibliothekswesen in der Schweiz..............................................................36
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................37
Frankreich .............................................................................................................................39
Grundlagen.........................................................................................................................39
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Frankreich.....................................................43
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Frankreich ................................................................47
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................48
Italien .....................................................................................................................................50
Grundlagen.........................................................................................................................50
Das Wissenschaftlichen Bibliothekswesens in Italien ........................................................53
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Italien........................................................................57
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................58
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Großbritannien .....................................................................................................................60
Grundlagen.........................................................................................................................60
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Großbritannien..............................................64
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Großbritannien .........................................................70
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................71
Vereinigte Staaten von Amerika .........................................................................................73
Grundlagen.........................................................................................................................73
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in den USA .......................................................76
Das Öffentliche Bibliothekswesen in den USA ...................................................................79
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................81
Skandinavien ........................................................................................................................83
Grundlagen.........................................................................................................................83
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Skandinavien ................................................85
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Skandinavien............................................................87
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................88
Australien..............................................................................................................................89
Grundlagen.........................................................................................................................89
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Australien......................................................90
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Australien .................................................................92
Kooperationen und zentrale Einrichtungen ........................................................................92
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Grundlagen nationaler Bibliothekswesen
Den Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen bildet die Frage, weshalb sich das
deutsche Bibliothekswesen vom Bibliothekswesen anderer Länder unterscheiden könnte.
Eine Vielzahl von Aspekten kommt in Frage:
a) historische Aspekte
(Föderalismus, späte Nationalstaatlichkeit)
b) wirtschaftliche Aspekte
(Deutschland ist eines der reichsten Länder der Erde)
c) kulturelle Aspekte
(Buchdruck, Verlagsstandort, Wissenschaftsstandort)
d) politische Aspekte
(Wiedervereinigung, Kulturhoheit der Länder)
e) technische Aspekte
(Deutschland ist eine Industrienation und daher in Technik, Bau und EDV entwickelt)
f) sprachliche Aspekte
Betrachtung der Gründe im Einzelnen:
a)
historische Aspekte
-
-
-
England, Frankreich, Spanien, ... sind schon viele Jahrhunderte zentral verwaltete
Flächenstaaten; Deutschland ist seit dem Mittelalter föderal gegliedert
(Flickenteppich).
Die deutschen Fürsten betonten schon immer ihre Unabhängigkeit gegenüber dem
Kaiser. Seit 1806 waren sie dann auch wirklich unabhängig (Königreich Württemberg,
Königreich Bayern, Königreich Sachsen, ...).
Die meisten europäischen Länder bildeten dagegen schon früh Nationalstaaten aus
(angestrebt war zumeist die Deckung von Staatsgebilde und Sprachgebiet).
In Deutschland ist dies erst spät der Fall (1871 Deutsches Reich, 1919 Weimarer
Republik).
Das Heilige Römische Reich um 1580
Das Heilige Römische Reich 1789
4
Europa um das Jahr 1700 (abgesehen von Deutschland und Italien meist Flächenstaaten)
Auswirkungen auf das Bibliothekswesen
-
-
b)
In Deutschland gibt es heute keine Nationalbibliothek, die alle
nationalbibliothekarischen Aufgaben übernimmt (Gründung der Deutschen Bücherei
auf Initiative des Börsenvereins 1912/13). Im Ausland entstehen oft früh
Nationalbibliotheken (häufig aus Zensurgründen).
In Deutschland gibt es bis heute eine überaus reiche Bibliothekslandschaft auch in
der Fläche (alte Stadtbibliotheken, Klosterbibliotheken, Hofbibliotheken, ... z.B. in
Frankfurt, Donaueschingen, ... sind oft in Staats- und Landesbibliotheken
aufgegangen). Die Landesbibliotheken haben in Deutschland einen
überaus reichen Bestand (sie waren früher kleine Quasi-Nationalbibliotheken und
profitierten von der Säkularisierung). Im Ausland finden sich wirklich bedeutende
Bibliotheksbestände oft nur in der Hauptstadt bzw. in der jeweiligen
Nationalbibliothek.
wirtschaftliche Aspekte
-
-
Deutschland war und ist eines der wohlhabendsten Länder Europas.
Daher konnte und kann es auch heute relativ große Mittel in Kultur und Wissenschaft
investieren (Bruttoinlandsprodukt ca. 33.150 USD pro Einwohner).
Viele andere europäische (Bulgarien, Polen, Portugal, ...) und vor allem
außereuropäische Länder (Tunesien, Argentinien, Indien, ...) haben einen wesentlich
geringeren Wohlstand und können daher nur sehr begrenzt Mittel für kulturelle und
wissenschaftliche Zwecke aufbringen.
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Grundsätzlich gilt:
-
-
c)
Reiche Länder können natürlich wesentlich mehr Mittel für ihr Bibliothekswesen
ausgeben als arme.
Dennoch hat Kultur im Allgemeinen und das Bibliothekswesen im Speziellen in
einzelnen Ländern unterschiedliche Priorität. Gemessen wird immer die prozentuale
Höhe der Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt.
Hier bilden die skandinavischen Länder die Spitzengruppe innerhalb Europas.
kulturelle Aspekte
Viele kulturelle Gründe sorgen dafür, dass Deutschland im Vergleich zu anderen
Ländern über ein besonders reiches Bibliothekswesen verfügt:
-
-
d)
Als Kernland des Heiligen Römischen Reiches hatte Deutschland schon im Mittelalter
ein reiches Bibliothekswesen (Reichsklöster, Reichsstädte, Reichsfürsten, ...).
Durch die Erfindung Gutenbergs in Mainz hatte Deutschland den frühesten
Druckbeginn; schon bald bildeten sich neue Zentren aus (z.B. Augsburg, Nürnberg,
Köln, ...).
Seit dieser Zeit bis heute gibt es in Deutschland ein leistungsstarkes Verlagswesen.
Deutschland ist schon seit dem späten Mittelalter ein zentraler
„Wissenschaftsstandort“. Das gilt vor allem für das 19. Jahrhundert nach den
preußischen Reformen und den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts.
politische Aspekte
-
-
-
-
-
Im Gegensatz zu anderen Ländern sind im heutigen föderalen System der
Bundesrepublik grundsätzlich die Länder für die Kultur und damit auch für die
Bibliotheken zuständig (Universitätsbibliotheken, Landesbibliotheken, ...).
Viele zentrale Aufgaben des deutschen Bibliothekswesens sind durch die deutsche
Teilung doppelt wahrgenommen worden (zwei Staatsbibliotheken in Berlin, zwei
große Stadtbibliotheken in Berlin, die Deutsche Bücherei in Leipzig und die Deutsche
Bibliothek in Frankfurt am Main...).
Der Bund unterstützt die Länder nur in Teilbereichen (Bibliotheks- bzw.
Hochschulbau, hier werden die Zuständigkeiten derzeit allerdings gerade neu
ausgehandelt).
Der Bund selbst finanziert direkt nur wenige Bibliotheken (Bibliothek des Deutschen
Bundestags, die Deutsche Nationalbibliothek, Bibliotheken der Bundesministerien,
Bibliotheken der Forschungsanstalten des Bundes, ...).
Einige Bibliotheken sind mischfinanziert (z.B. die Staatsbibliothek zu Berlin durch die
Stiftung Preußischer Kulturbesitz).
Weitere politische Aspekte, die Einfluss auf das Bibliothekswesen eines Landes
nehmen können:
-
Versteht ein Land den Unterhalt eines Bibliothekswesens als politische (nationale,
regionale oder kommunale) Aufgabe?
Greift der Staat legislativ in die Struktur des Bibliothekswesens ein? Gibt es ein
Bibliotheksgesetz?
Übt der Staat inhaltlich Einfluss aus? Unterliegt die nationale Literaturproduktion der
Zensur? Gibt es Abschottung nach außen? Zu denken wäre hier an die
Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten oder die Zensur in Nordkorea.
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e)
technische Aspekte
Im Gegensatz zu anderen Ländern ist Deutschland nicht nur unter wirtschaftlichen, sondern
auch unter technischen Aspekten eine der führenden Industrienationen.
-
Nicht alle Länder verfügen über das ausreichende technische Know-how für den
Betrieb von
• elektronischen Bibliothekssystemen
• Digitalisierungszentren
• Verbundstrukturen
• komplexen Bibliotheksbauten
• ...
-
Allerdings deckt sich die Wirtschaftskraft eines Landes nicht immer mit der
technischen Kompetenz (so z.B. in Indien, wo wirtschaftliche Probleme mit
technischem Know-how verbunden werden).
f)
sprachliche Aspekte
Das Bibliothekswesen eines Landes hat ein jeweils spezifisches Verhältnis zu seinem
Sprachraum.
-
Die Grenzen des Landes und des Sprachraums können sich decken (so z.B. in
Finnland, Polen, Norwegen, ...).
Das Land kann einem größeren Sprachraum angehören (z.B. Australien, Österreich,
Brasilien, ...).
Ein Sprachkreis einer Landessprache kann nur einen Teil des Landes abdecken (dies
kommt sehr selten vor, z.B. gälisches Schottisch in Großbritannien, ...).
Ein Land hat insgesamt oder in einzelnen Regionen mehrere Amtssprachen
(Schweiz, Republik Südafrika, Italien, ...).
Ein Land hat geschützte Minderheitensprachen (Dänisch und Sorbisch in
Deutschland, Baskisch in Spanien, ...).
Ein Land gehört einem extrem großen (Englisch, Chinesisch, Spanisch, ...) oder
einem extrem kleinen Sprachkreis (Isländisch, Maltesisch, ...) an.
Ein Land hat einen hohen homogenen Ausländer- / Einwandereranteil (Maghrebiner
in Frankreich, Inder und Pakistani in Großbritannien, ...).
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Internationale Organisationen
International Federation of Library Associations and Institutions
(IFLA)
http://www.ifla.org/
-
Die IFLA ist die größte internationale Vereinigung im Bereich des Bibliotheks- und
Informationswesens.
Sie wurde 1927 auf einer Konferenz in Edinburgh gegründet.
Sie dient der Kooperation und internationalen Vertretung von Personen und
Institutionen des Bibliothekswesens.
Die IFLA hat derzeit rund 1700 Mitglieder aus 150 Ländern.
Der Sitz der IFLA ist an der Königlichen Bibliothek der Niederlande in Den Haag.
Wie die meisten bibliothekarischen Organisationen ist sie eine non-profitOrganisation (NPO, oft gemeinnützig) und eine non-governmental-Organisation
(NGO, nichtstaatliche Organisationen).
Ziele der IFLA
- hohe Standards bei Bibliotheks- und Informationsdiensten zu fördern
- Verständnis für den Wert guter Bibliotheksarbeit zu wecken
- weltweite Vertretung der Mitglieder
- Organisation von Workshops, Seminaren und Expertentreffen (u.a. die IFLAJahreskonferenz mit ca. 4000 Teilnehmern)
- Publikation von Richtlinien, Sammelbänden und Monographien zu ausgewählten
Themen (z.B. Functional Requirements for Bibliographic Records, ...)
Publikationen
-
IFLA Journal
IFLA Directory
IFLA Annual Report
IFLA Publications Series
IFLA Professional Report Series
Eine Vielzahl der IFLA-Publikationen steht auf der Website in elektronischer Form kostenlos
zur Verfügung.
Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen
-
UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization)
WIPO (World Intellectual Property Organization)
ISO (International Organization for Standardization)
CDNL (Conference of Directors of National Libraries)
Die Arbeit der IFLA setzt auf drei Säulen auf:
-
Gesellschaft
Dieser Bereich beschäftigt sich mit der Rolle des Bibliotheks- und
Informationswesens in der und für die Gesellschaft.
-
Facharbeit
Hier bemüht sich die IFLA um die Verbesserung der Methoden, technischen
Standards und Hilfsmittel der bibliothekarischen Arbeit.
8
-
Mitglieder
Hierunter fällt die internationale Kooperation der Mitglieder, ihre Vernetzung und
Interessenvertretung, aber auch eine Vielzahl von Angeboten (Fortbildungen,
Publikationen, ...).
Die innere Struktur der IFLA ist geprägt durch vier zentrale Organe:
a) Generalversammlung (General Council)
b) Vorstand (Governing Board)
c) Leitungsausschuss (Executive Committee)
d) Fachausschuss (Professional Committee)
a) Die Ratsversammlung (General Council)
- ist das höchste Gremium, besteht aus den Delegierten der Mitglieder
- trifft sich einmal im Jahr während der IFLA-Jahreskonferenz
- wählt den Präsidenten und die Mitglieder des Vorstands
- trifft Grundsatzentscheidungen
b) Der Vorstand (Governing Board)
- ist verantwortlich für das Management der IFLA insgesamt
- besteht aus der Präsidentin (derzeit Frau Prof. Dr. Claudia Lux, 2007-2009), dem
designierten Präsidenten, zehn direkt gewählten Mitgliedern und neun gewählten
Mitgliedern des Fachausschusses (21 Personen)
- trifft sich mindestens zweimal im Jahr
c) Der Leitungssauschuss (Executive Committee)
- ist verantwortlich für die generelle Ausrichtung der IFLA zwischen den Treffen des
Vorstands (Finanzfragen, Marketing)
- besteht aus dem Präsidenten, dem designierten Präsidenten, dem Schatzmeister,
dem Vorsitzenden des Fachausschusses und zwei Mitgliedern des Vorstands sowie
dem Geschäftsführenden Direktor
d) Der Fachausschuss (Professional Committee)
- koordiniert die Arbeit aller IFLA-Einheiten, ist verantwortlich für das inhaltliche
Programm
- besteht aus dem Vorsitzenden, Vertretern der 8 Abteilungen und 3 Mitgliedern des
Vorstands
- trifft sich mindestens zweimal im Jahr
Die IFLA hat 3 Kategorien der Mitgliedschaft:
Association Membership
Vereinigungen von Personen und Institutionen des Bibliotheks- und
Informationswesens sowie von Bildungs- und Forschungseinrichtungen aus dem
Bibliotheks- und Informationsbereich (Stimmrecht)
Institutional Membership
einzelne Institutionen und Organisationen aus dem Bibliotheks- und
Informationsbereich (Stimmrecht)
Personal Affiliates
Einzelpersonen aus dem Bibliotheks- und Informationsbereich (kein Stimmrecht)
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Dazu kommen rund 30 Sponsoren (Corporate Partners), die im Gegenzug für ihre
Unterstützung ihre Produkte vorstellen können, eingeteilt sind sie je nach finanzieller
Zuwendung in die Kategorien Gold, Silber und Bronze.
Die IFLA verfolgt sechs Core Activities:
-
-
-
-
-
ALP (Action for Development through Libraries Programme)
unterstützt bibliothekarische Arbeit zur gesellschaftlichen Förderung in
Entwicklungsländern, Büro in der Universitätsbibliothek Uppsala
CLM (Committee on Copyright and other Legal Matters)
bearbeitet Rechtsfragen und Urheberrechte, Büro in der British Library in London
FAIFE (Committee on Free Access to Information and Freedom of Expression)
freier Informationszugang und Freiheit der Meinungsäußerung, Büro in Kopenhagen
(das Komitee äußerte sich z.B. im Fall der Mohamedkarikaturen)
ICABS (IFLA-CDNL Alliance for Bibliographic Standards)
bearbeitet Fragen der bibliographischen Regelwerke, Büros u.a. in Frankfurt am Main
u.a.
PAC (Preservation and Conservation)
bearbeitet Fragen der Bestandserhaltung, Büros in Tokio, Caracas, Washington D.C.,
Moskau, Paris
IFLA-UNIMARC
bearbeitet Fragen der internationalen Austauschformate, besonders von UNIMARC,
Büro in Lissabon
Fachlich ist die IFLA in acht Abteilungen (Divisions) und 48 Sektionen (Sections)
gegliedert.
Abteilung 1: General Research Libraries
Sektionen:
1.
National Libraries
2.
Academic and Research Libraries
3.
Library and Research Services for Parliaments
Diskussionsgruppe:
Quality Issues in Libraries (2005-2006)
Abteilung 2: Special Libraries
Sektionen:
4.
Government Libraries
5.
Social Science Libraries
6.
Geography and Maps Libraries
7.
Science and Technology Libraries
28.
Health and Biosciences Libraries
30.
Art Libraries
37.
Genealogy and Local History
48.
Law Libraries
Diskussionsgruppe:
Agricultural Libraries (2006, 2007)
10
Abteilung 3: Libraries Serving the General Public
Sektionen:
8.
Public Libraries
9.
Libraries Serving Disadvantaged Persons
10.
Libraries for Children and Young Adults
11.
School Libraries and Resource Centres
31.
Libraries for the Blind
32.
Library Services to Multicultural Populations
46.
Metropolitan Libraries
Diskussionsgruppe:
Public Libraries and Democratic Processes (2005-2006)
Abteilung 4: Bibliographic Control
Sektionen:
12.
Bibliography
13.
Cataloguing
29.
Classification and Indexing
47.
Knowledge Management
Arbeitsgruppen:
Functional Requirements of Authority Numbering and Records (FRANAR)
Functional Requirements for Subject Authority Records (FRSAR)
Abteilung 5: Collection and Services
Sektionen:
14.
Acquisition and Collection Development
15.
Document Delivery and Interlending
16.
Serials and Other Continuing Resources
39.
Newspapers
17.
Government Information and Official Publications
18.
Rare Books and Manuscripts
36.
Reference Works
Abteilung 6: Management and Technology
Sektionen:
19.
Preservation and Conservation
20.
Library Buildings and Equipment
21.
Information Technology
22.
Statistics and Evaluation
34.
Management and Marketing
35.
Audiovisual and Multimedia
40.
Management of Library Associations
Diskussionsgruppe:
New Professionals (2005-2006)
11
Abteilung 7: Education and Research
Sektionen:
23.
Education and Training
24.
Library Theory and Research
33.
Reading
43.
Continuing Professional Development and Workplace Learning
44.
Library History
42.
Information Literacy
Abteilung 8: Regional Activities
Sektionen:
25.
Africa
26.
Asia and Oceania
27.
Latin America and the Caribbean
Gemeinsam mit drei anderen Organisationen bildet die IFLA das International Committee of
the Blue Shield (ICBS). Es setzt sich aus folgenden Organisationen zusammen:
ICA
ICOM
ICOMOS
IFLA
CCAAA
-
-
International Council on Archives
International Council of Museums
International Council on Monuments and Sites
International Federation of Library Associations and Institutions
Co-ordinating Council of Audiovisual Archives Associations
Das ICBS vergibt seit 1954 das Blue Shield an Bauwerke, Museen, Archive,
Bibliotheken, etc., um diese vor Angriffen bei bewaffneten Auseinandersetzungen zu
schützen.
Nach der Genfer Konvention ist ein Angriff oder die Zerstörung von Gebäuden, die
durch das Blue Shield gekennzeichnet sind, völkerrechtlich verboten.
Seinen Sitz hat das ICBS in Paris, in zahlreichen Ländern bestehen
Nationalkomitees.
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Einschätzung der IFLA
-
-
-
Auf Grund ihrer Größe und Internationalität genießt die IFLA ein hohes Ansehen und
kann die Belange des Bibliothekswesens bei internationalen Organisationen mit
großem Nachdruck vertreten.
Die Größe der Organisation ist jedoch auch ein Problem, wenn es um das rasche
Stellung nehmen zu aktuellen Problemen geht; hier arbeitet die IFLA oft sehr
bürokratisch.
Die Internationalität der Organisation bzw. die damit verbundenen hohen Reisekosten
bewirken ein Übergewicht bei Vertretern der westlichen Welt. Stipendien und
Reisekostenzuschüsse vergeben in Deutschland die DFG und der Berufsverband
Information & Bibliothek. Arbeitssprachen der IFLA sind neben Englisch auch
Deutsch, Französisch, Russisch und Spanisch.
Die IFLA in Deutschland
Die IFLA-Arbeit vor Ort wird vom Deutschen IFLA-Nationalkomitee geleistet. Das
Nationalkomitee
-
-
leistet den Transfer von Wissen, Erfahrungen und Arbeitsergebnissen aus dem
internationalen Bereich der IFLA in das nationale bibliothekarische Umfeld
Deutschlands und umgekehrt
koordiniert und fördert das deutsche Engagement in der IFLA
berät bei grundsätzlichen Fragen mit berufspolitischem Charakter
hat 13 Mitglieder (große Bibliotheken und Bibliotheksverbände, zwei davon ohne
Stimmrecht)
hat Frau Dr. Claudia Lux, Direktorin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, zur
Vorsitzenden
hat sein Büro beim Deutschen Bibliotheksverband (dbv) / Kompetenznetzwerk für
Bibliotheken KNB in Berlin
http://www.ifla-deutschland.de/
European Bureau of Library Information and Documentation
Associations (EBLIDA)
http://www.eblida.org/
Das European Bureau of Library Information and Documentation Associations ist
-
der Dachverband für nationale Berufsverbände aus dem BID-Bereich
eine non-profit-, non-governmental-Organisation
eine Vertretung der inhaltlichen und berufspolitischen Belange des BID-Bereichs auf
europäischer Ebene
zuständig für die Koordination und dient zugleich als Plattform zur Kooperation bei
europäischen Projekten
Veranstalter von Workshops, Konferenzen und Fortbildungen
Zentrale Arbeitsfelder der EBLIDA:
- Vertretung des BID-Bereichs auf allen Ebenen der EU (Europäische Kommission,
Europäisches Parlament, Ministerrat, ...)
- Konzeption der Europäischen Informationsgesellschaft (Projekt i2010)
13
-
freier Zugang zu Information
Copyright- bzw. Urheberrechtsfragen
Projekte zum europäischen Kulturerbe
Die EBLIDA ist nicht wie die IFLA in Abteilungen und Sektionen gegliedert, es vertritt das
europäische Bibliothekswesen jedoch in den internationalen Arbeitsbereichen
- IPRS
Intellectual Property Rights / Recht am geistigen Eigentum
- GATS
General Agreement on Trade in Services / Allgemeines Abkommen
über den Handel mit Dienstleistungen (bei der WTO,
Welthandelsorganisation)
- Professional Education / Fachliche Ausbildung
- SCCR
Standing Committee on Copyright and Related Rights / Ständiger
Ausschuss für Urheberrechte und verwandte Rechte
- WIPO
World Intellectual Property Organization / Weltorganisation für
geistiges Eigentum
Mitverfolgt werden auch die Themenfelder
- Kultur / kulturelles Erbe
- lebenslanges Lernen
Die EBLIDA besteht aus drei Gremien:
a) dem Rat (Council)
b) dem Leitungsausschuss (Executive Committee)
c) dem Sekretariat (Secretariat)
Der Rat
- besteht aus den Repräsentanten der Vollmitglieder (mit Stimmrecht) und der
assoziierten Mitglieder (ohne Stimmrecht)
- entscheidet über die Struktur der Organisation
- legt die politischen Richtlinien und Zielsetzungen der Organisation fest
Der Vollzugsausschuss
- in dieses Gremium können alle Vollmitglieder gewählt werden
- gewählt wird alle zwei Jahre
- das Gremium besteht aus zehn Personen
- den Vorsitz führt der Präsident
- dieses Gremium leistet die Facharbeit und ist für die inhaltlichen Aspekte der
Programmdurchführung verantwortlich
Das Sekretariat
- hat seinen Sitz in Den Haag
- führt die Beschlüsse des Rates und des Vollzugsausschusses aus
- leistet die Verwaltungsaufgaben der Organisation
Formen der Mitgliedschaft
- Vollmitglieder
• Berufsverbände aus Mitgliedstaaten der EU auf nationaler Ebene aus dem
BID-Bereich
• Institutionen bzw. Organisationen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union
- Assoziierte Mitglieder
• vergleichbare Organisationen aus Nicht-EU-Ländern
• andere Organisationen, Institutionen und Bibliotheken
14
-
daneben gibt es zwei Arten von Sponsoren
• basic sponsorship
• patron sponsorship
Einschätzung
Die Arbeit im europäischen Rahmen ist für Bibliotheken in Deutschland oft relevanter als die
weltweiten Aktivitäten der IFLA:
internationale Kooperation findet meist mit europäischen Partnern statt
Fördergelder werden oft von der EU bewilligt
häufig bildet die gemeinsame europäische Kultur einen sinnvollen
Arbeitszusammenhang
Auf Grund der Beschränkung auf europäische Themen und körperschaftliche Mitglieder hat
die EBLIDA ein Schwergewicht auf der Lobbyarbeit.
Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche (LIBER)
http://www.kb.dk/liber
Die Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche
-
ist eine Vereinigung von Wissenschaftlichen Bibliotheken Europas
wurde 1971 gegründet
hat Mitglieder aus 30 Ländern (EU- und Nicht-EU-Länder)
fördert die Zusammenarbeit mit der EU, der IFLA und den nationalen
Bibliotheksverbänden
ist eine non-profit-und non-governmental-Organisation
Ziele und Aufgaben von LIBER
- LIBER vertritt und fördert die Interessen der Wissenschaftlichen Bibliotheken in
Europa
- hilft den Bibliotheken, ein funktionierendes Netzwerk aufzubauen
- hilft, das kulturelle Erbe Europas zu bewahren
- bemüht sich, den Zugang zu den Beständen der europäischen Bibliotheken zu
verbessern
- bemüht sich, effiziente Informationsdienste aufzubauen
Auch LIBER bearbeitet einige aktuelle übergeordnete Themenfelder, u.a.
- Zeitschriftendigitalisierung
- Open Access
- MARC-Harmonisierung
- Urheberrechte
Daneben gibt es jedoch auch vier dauerhafte Fachabteilungen (Professional Divisions):
- Erschließung und Benutzung
- Bestandsaufbau
- Bestandserhaltung
- Bibliotheksmanagement und -verwaltung
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Die organisatorischen Gremien von LIBER sind
- die Mitgliederversammlung
- der Vorstand (evtl. auch Ständige Ausschüsse bzw. Ausschüsse für besondere
Aufgaben)
- die Fachabteilungen (gegebenenfalls weitere Expertengruppen)
Die Mitgliederversammlung
- wird durch alle institutionellen LIBER-Mitglieder gebildet
- wählt den Präsidenten, den Vorstand und die Vorsitzenden der Fachabteilungen
- bestimmt über die Satzung
- tagt einmal im Jahr
Der Vorstand
- besteht aus elf Mitgliedern
- leitet alle Aktivitäten von LIBER
- wird vom Präsidenten geleitet
- kann bei Bedarf Ständige Ausschüsse und Ausschüsse für besondere Aufgaben
einsetzen
Die Fachabteilungen
- jede der vier Fachabteilungen (Erschließung und Benutzung, Bestandsaufbau,
Bestandserhaltung sowie Bibliotheksverwaltung) ist für die jeweilige Facharbeit
verantwortlich
- jede Fachabteilung wird von einem Vorsitzenden, einem Sekretär und drei
Mitgliedern geleitet
- Wahlen zu den Fachabteilungen finden alle zwei Jahre statt, die Arbeitsprogramme
umfassen fünf Jahre
- jede Fachabteilung kann bei Bedarf Expertengruppen einberufen
Einschätzung
- Mehr als andere Institutionen, die sich stärker auf die Lobbyarbeit und auf
berufspolitische Ziele festlegen, fördert LIBER durch die Koordination einzelner
Bibliotheken zahlreiche innovative Projekte.
- LIBER konzentriert sich vollständig auf das Bibliothekswesen, weitere Organisationen
des Informationsbereichs werden nicht berücksichtigt.
- Die Hauptzielgruppen von LIBER sind National- und Universitätsbibliotheken.
Bibliothek und Information International (BI-I)
http://www.goethe.de/wis/bib/prj/bii/deindex.htm
Bibliothek und Information International
- ist eine Sektion des BID (Bibliothek & Information Deutschland)
- koordiniert und unterstützt den internationalen Wissenstransfer auf bilateraler und
multilateraler Ebene
- fördert Auszubildende und Berufsanfänger im Bibliotheksbereich
Die wichtigsten Arbeitsinstrumente von BI-I sind:
- Entsendung deutscher Experten zu Fachaufenthalten im Ausland
- Einladung ausländischer Experten zu Fachaufenthalten in Deutschland
- Förderung des beruflichen Nachwuchses durch Auslandsaufenthalte
- Organisation von Studienreisen innerhalb der Bundesrepublik und in das Ausland
- Unterstützung von internationalen Workshops und Konferenzen
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Wichtige Informationen zur Bibliotheksarbeit im Ausland finden sich auf der Website von
BI-I vor allem unter den Punkten:
-
-
-
Berichte
Hier finden sich zahlreiche Berichte über Fachaufenthalte im Ausland für 38 Länder.
Diese Berichte sind zwar sehr subjektiv, dennoch bieten sie eine gute Einstiegsquelle
zum Bibliothekswesen anderer Länder.
Projekte
Hier finden sich Informationen zu internationalen Bibliotheksstipendien und weitere
Angebote von BI-I.
Nachwuchs
Hier finden sich wichtige Informationen zu internationalen Austauschprogrammen und
zu Studien im Ausland.
Einschätzung
- BI-I arbeitet sehr projekt- und personenbezogen und ist daher zwar keine
systematische, aber dennoch eine hervorragende und immer aktuelle Anlaufstelle für
Informationen über das Bibliothekswesen anderer Länder.
- BI-I führt eigene Auslandsprogramme durch und vermittelt Auslandseinsätze gerade
auch für Berufsanfänger.
Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (KNB)
http://www.knb.bibliotheksverband.de/
Das KNB wird von der Kultusministerkonferenz geführt und hat seine Zentrale beim dbv
(daneben existieren weitere dezentrale Büros). Es erledigt überregionale Aufgaben des
Bibliothekswesens, vor allem:
- Deutsche Bibliotheksstatistik
- Normenausschuss
- Bibliotheksindex
- Fortbildungsportal
- Informationsportal Bibliothek
- Internationale Kooperation
- Internationale Kooperation / EU-Beratungsstelle
Die Internationale Kooperation bemüht sich vor allem darum
- internationalen Wissenstransfer durchzuführen
- Innovation im Bibliothekswesen zu fördern
- die Interessenvertretung der Bibliotheken im globalen Kontext wahrzunehmen
- die internationale Zusammenarbeit zu fördern
Die wichtigsten Elemente der Arbeit sind folgende Angebote:
- individuelle Beratung
- Best-Practice-Berichte
- Informationen zur ausländischen Bibliothekspolitik (z.B. Gesetze, Entwicklungspläne,
Steuerungseinrichtungen, ...)
- Länderberichte (aus derzeit 56 Ländern)
- Verzeichnis aktueller Themen zum ausländischen Bibliothekswesen
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Internationale Kooperation / EU-Beratungsstelle
- berät Bibliotheken über die oft sehr komplexen, aber zahlreichen Fördermöglichkeiten
auf EU-Ebene
- fungiert für das deutsche Bibliothekswesen als EUBAM-Sekretariat (Europäische
Angelegenheiten für Bibliotheken, Archive, Museen und Denkmalpflege)
- unterstützt deutsche Bibliotheken bei der Antragstellung und Durchführung von
Projekten
- hilft deutschen Bibliotheken bei der Vermittlung ausländischer Projektpartner
Einen guten Überblick über die nationalen und europäischen Fördermöglichkeiten gibt das
digital library forum.
http://www.dl-forum.de
Bedeutend sind vor allem:
- 7. Forschungsrahmenprogramm (allgemein 2007-2013, 50 Mrd. Euro)
http://www.forschungsrahmenprogramm.de/
-
i2010 Europäische Informationsgesellschaft (Innovationen der
Informationsgesellschaft)
http://ec.europa.eu/information_society/eeurope/i2010
-
eContent plus (Zugriff und Nachhaltigkeit digitaler Ressourcen)
http://ec.europa.eu/information_society/activities/econtentplus
-
Culture 2000 (auch Programme für die Folgejahre, vor allem für Öffentliche
Bibliotheken)
http://ec.europa.eu/culture/eac/index_en.html
-
eTen (für elektronische Dokumente on demand)
http://ec.europa.eu/information_society/activities/eten
-
Europäische Strukturfonds (für Bibliotheken in strukturschwachen Regionen)
http://ec.europa.eu/regional_policy/funds/prord/sf_de.htm
Einschätzung
- KNB – Internationale Kooperation
bietet eine sehr gute Informationsmöglichkeit über Techniken, Innovationen und
aktuelle Entwicklungen im ausländischen Bibliothekswesen
- KNB – Internationale Kooperation / EU-Beratung
hier können sich Bibliotheken beraten und betreuen lassen, die sich in der Hoffnung
auf europäische Fördergelder von den hohen Ansprüchen der Europäischen Union
nicht schrecken lassen (große Projekte, lange Verfahrens- und Antragszeiten,
mindestens vier internationale Partner, Stellung eines Eigenanteils, ...)
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Österreich
Grundlagen
Historische Entwicklung Österreich
Österreich bietet in seiner historischen Entwicklung (vor und nach dem 1. Weltkrieg) zwei
völlig verschiedene Gesichter, die sich auch auf das heutige Bibliothekswesen auswirken,
zumindest in den Beständen der österreichischen Bibliotheken.
Österreich heute:
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Bundesstaat bestehend aus neun Bundesländern
Amtssprache Deutsch (Regionale Amtssprachen sind Kroatisch, Slowenisch,
Ungarisch)
83.854 Quadratkilometer
8,22 Millionen Einwohner
Bruttoinlandsprodukt 37.117 USD pro Einwohner
Österreich vor 1918:
Bis zum Ende des 1. Weltkrieges war Österreich der zentrale Teil der Habsburger Monarchie
(mit Wien als Hauptstadt).
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Vielvölkerstaat (umfasste neben dem deutschsprachigen Österreich auch die Gebiete
von Böhmen, Mähren, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Teile von Norditalien,
Polen, der Ukraine, von Serbien und Rumänien)
entsprechend vielfältig waren die Sprachen im Reich der Habsburger, im 19.
Jahrhundert wurden Werke in 14 und mehr Sprachen gedruckt; nur eine Minderheit
von ca. einem Drittel der Bevölkerung sprach Deutsch
676.615 Quadratkilometer (gegen 83.000 heute)
51,4 Millionen Einwohner (gegen 8,22 Millionen heute)
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Rechtliche Grundlagen
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Es gibt in Österreich kein Bibliotheksgesetz, stattdessen sind einschlägige
Bestimmungen in einer Reihe von Rechtsnormen enthalten (vergleichbare Situation
wie in Deutschland).
Es besteht eine Pflichtablieferung (seit 1624 durch ein Patent Ferdinands II., das die
Ablieferung von Pflichtexemplaren für alle im Reich [!] gedruckten Bücher anordnete).
In der heutigen Form stammt das Pflichtexemplarrecht aus dem Jahre 2000 und sieht
eine Ablieferung von 2 Exemplaren, bei Periodika 4 Exemplaren an die
Österreichische Nationalbibliothek vor. Darüber hinaus erfolgt eine regionale
Ablieferung.
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Österreich
Während das (nationale) Bibliothekswesen Österreichs im Mittelalter und in der frühen
Neuzeit stark von kirchlichen Institutionen geprägt war, ging mit den einschneidenden
Veränderungen Ende des 18. Jahrhunderts die Verantwortlichkeit für das Bibliothekswesen
auf den Staat über.
Wichtige Stationen in diesem Prozess sind:
- 1773 Auflösung des Jesuitenordens
- ab 1782 Klosterauflösungen unter Joseph II. (Josephinismus)
- 1803 Säkularisierung und Neuordnung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher
Nation (Reichsdeputationshauptschluss)
- 1804 Gründung des österreichischen Kaiserreiches
- 1806 Auflösung des alten Reiches (Abdankung Kaiser Franz II.)
Gliederung des Wissenschaftlichen Bibliothekswesens in Österreich
a)
b)
c)
d)
e)
Österreichische Nationalbibliothek Wien
Landesbibliotheken
Hochschulbibliotheken
Spezialbibliotheken
Klosterbibliotheken
a) Österreichische Nationalbibliothek Wien (ÖNB)
http://www.onb.ac.at
Geschichte:
- 1368 wird als Gründungsjahr der Bibliothek betrachtet, aus diesem Jahr stammt der
„Gründungskodex“ der kaiserlichen Bibliothek, ein Evangeliar Albrechts III.
- 1440 lässt Kaiser Friedrich III. 110 wertvolle Werke in die Wiener Neustadt bringen,
darunter das böhmische Erbe mit der Wenzelsbibel.
- 1500 Kaiser Maximilian I. steht mit vielen Gelehrten in Verbindung, ist auch
persönlich sehr bibliophil veranlagt und literarisch gebildet (eigene Buchprojekte von
Maximilian I. sind der „Theuerdank“ und der „Weißkunig“); er erweitert die Bibliothek
systematisch.
- 1504-1608 zahlreiche Gelehrtennachlässe erweitern die Bibliothek, die sich zu dieser
Zeit im Innsbrucker Minoritenkloster befindet.
- 1624 Kaiser Ferdinand II. erlässt ein Patent zur Pflichtablieferung
- 1665 Die Bibliothek wird nach Wien verlegt
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1723-1726 Kaiser Karl IV. lässt am heutigen Josephsplatz einen Bibliotheksbau nach
den Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichten
1730 die Bibliothek bezieht den Neubau, bis ins 19. Jahrhundert beherbergt der
Prunksaal die gesamten Bestände (Drucke, Handschriften, Globen etc.), nach wie vor
hat die Hofbibliothek stark repräsentative Zwecke
1800-1900 Gründung von einzelnen Sammlungen zur besseren Verwaltung der
verschiedenen Bestandsgruppen
1919 Übernahme der kaiserlichen Bibliothek in die Staatsverwaltung
1920 Umbenennung von „Wiener Hofbibliothek“ in „Österreichische
Nationalbibliothek“
Seit 1. Januar 2002 besitzt die Österreichische Nationalbibliothek die
Vollrechtsfähigkeit (dies umfasst z.B. die eigenverantwortliche Mittelbewirtschaftung
in allen Bereichen).
Zahlen und Daten:
Gesamtbestand 2006
Davon Bücher und laufende Werke
Laufende Zeitschriften
Lesesaalbesucher
Benutzte Dokumente
7,719 Millionen Medieneinheiten
3,45 Millionen
11.296
246.000
542.000
Aufgaben, Funktionen und Organisation:
Als Nationalbibliothek sind vor allem folgende Aufgaben von zentraler Bedeutung für die
Österreichische Nationalbibliothek:
- Sammlung und Archivierung von allen Austriaca (Literatur aus und über Österreich),
Hochschulschriften der österreichischen Universitäten
- Erschließung und Bereitstellung der Bestände vor Ort als Präsenzbibliothek
- Herausgabe der Österreichischen Bibliographie
- Sammlung der zentralen wissenschaftlichen Literatur des Auslandes
- Pflege des herausragenden Altbestandes sowie der Sonderbestände
- Der Generaldirektion unterstehen drei Hauptabteilungen (Bestandsaufbau und
Bearbeitung, Benutzung und Information sowie Personal-, Finanz- und
Rechnungswesen); hinzukommen die unten aufgeführten Sammlungen und weitere
Aufgabengebiete.
- Ausbildung und Fortbildung
Wichtige Sondersammlungen Österreichischen Nationalbibliothek:
Die bedeutenden Sonderbestände der Österreichischen Nationalbibliothek sind heute in
zehn so genannten „Sammlungen“ organisiert:
http://www.onb.ac.at/sammlungen
Bildarchiv
- mit mehr als eineinhalb Millionen Objekten Österreichs größte
Bilddokumentationsstelle
- Kernstück bilden über eine Million Fotonegative (Porträts, Architekturfotographie,
zeithistorische Dokumente, Alltagsbilder und künstlerische Aufnahmen)
- die Graphische Sammlung umfasst mehr als 500.000 Druckgraphiken, Aquarelle und
Zeichnungen (16. bis 20. Jahrhundert) sowie die sogenannte Fideikommissbibliothek
(die ehemalige kaiserliche Familienbibliothek)
Flugblätter-, Plakate- und Exlibris-Sammlung
- ca. 330.000 Objekte (Flugblätter, Plakate, Exlibris) als Quellenmaterial zur
österreichischen Geschichte und Politik, sowie zur Kunst- und Druckgeschichte
- Digitales Archiv zur Revolution von 1848
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Handschriften-, Autographen- und Nachlasssammlung
- größte und bedeutendste Handschriftensammlung Österreichs
- in der Signaturengruppe Autogr. (278.000) werden überwiegend
Korrespondenzstücke verwahrt
- erworben werden auch Nachlässe und Teilnachlässe von österreichischen Autoren
und Wissenschaftlern sowie Vertretern von Politik, Kultur, Religion und Kunst
Österreichisches Literaturarchiv
- sammelt literarische Vor- und Nachlässe österreichischer Autorinnen und Autoren ab
dem 20. Jahrhundert (insbesondere ab 1945) und stellt sie für die wissenschaftliche
Bearbeitung zur Verfügung
- das Literaturarchiv ist die jüngste Sammlung der Österreichische Nationalbibliothek
Kartensammlung und Globenmuseum
- einziges Globenmuseum der Welt
- Umfang gegenwärtig ca. 260.000 Karten, 240.000 geographisch-topographische
Ansichten (Veduten), 380 Globen, etc.
Musiksammlung
- Österreichs größtes Musikarchiv
- ca. 51.000 Musikhandschriften, 130.000 Musikdrucke, 8000 Textbücher, 22.000
Tonträger, etc.
Papyrussammlung und Papyrusmuseum
- geht auf eine private Sammlung zurück und ist mit ca. 180.000 Objekten die größte
Sammlung der Welt
- das Material stammt hauptsächlich aus Ägypten (es erfasst Stücke vom 15. Jh. v.
Chr. bis ins 16. Jh. nach Chr.)
- als Beschreibmaterialien sind neben Papyrus auch Pergament, Papier, Ton (u.a.
Ostraka), Leder, Holz, Wachstafeln, Stein, Knochen und Textilien vertreten
Sammlung für Plansprachen und Esperantomuseum
- beherbergt die weltweit größte linguistische Sammlung für Plansprachen
- die Sammlung ist Museum, Bibliothek und Dokumentationsstelle in einem
Sammlung von Inkunabeln, alten und wertvollen Drucken
- insgesamt über eine halbe Million Bände (zählt weltweit zu den fünf größten
Sammlungen ihrer Art)
- Besonderheiten sind eine Gutenberg-Bibel, zahlreiche historische Zeitungen und
Zeitschriften sowie eine wertvolle Einbandsammlung
Archiv des österreichischen Volksliedwerkes
- enthält Dokumente musikalisch-poetischer Art (Tondokumente, Handschriften,
Drucke, …)
- nicht im Gebäude der Österreichischen Nationalbibliothek untergebracht, sondern im
Gebäude des Dachverbandes der Volksliedwerke der österreichischen Bundesländer
b) Landesbibliotheken in Österreich
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Landesbibliotheken gibt es für alle neun österreichischen Bundesländer.
Ihre Aufgabenstellung entspricht recht genau derjenigen der deutschen Landes- und
Regionalbibliotheken, d.h. vor allem Sammeln, Erschließen und Bereitstellen der
Medien aus und über die Region.
Einige bieten auch erhebliche Altbestände bzw. Spezialsammlungen (z.B. Wiener
Stadt- und Landesbibliothek).
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Im Zusammenhang der österreichischen Landesbibliotheken sollte auch die FriedrichTessmann-Bibliothek in Bozen/Südtirol erwähnt werden.
Die österreichischen Bundesländer
B
Burgenland / Eisenstadt
K
Kärnten / Klagenfurt
NÖ
Niederösterreich / St. Pölten
OÖ
Oberösterreich / Linz
S
Salzburg / Salzburg
St
Steiermark / Graz
T
Tirol / Innsbruck (mit der Exklave Osttirol, bis 1918 durch Südtirol verbunden)
V
Vorarlberg / Bregenz
W
Wien / Wien
(vgl. zu den Abkürzungen auch die Karte am Anfang des Kapitels)
Die österreichischen Landesbibliotheken
Burgenländische Landesbibliothek Eisenstadt (1922)
http://www.burgenland.at/kultur/landesbibliothek
Kärntner Landesbibliothek Klagenfurt
http://www.landesmuseum-ktn.at/Bibliothek/bibliothekfr.html
Niederösterreichische Landesbibliothek (St. Pölten)
http://www.noel.gv.at/service/k/k3/opac.htm
Oberösterreichische Landesbibliothek Linz
http://www.landesbibliothek.at/
Universitäts- und Landesbibliothek Salzburg
http://www.uni-salzburg.at/bibliothek
Steiermärkische Landesbibliothek Graz (1811)
http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/ziel/22432/DE/
Tiroler Landesbibliothek an der Universitätsbibliothek
http://www.uibk.ac.at/ub/landesbibliothek/landesbibliothek.html
Vorarlberger Landesbibliothek Bregenz (1977)
http://www.vorarlberg.at/vlb/
Wiener Stadt- und Landesbibliothek (1813)
http://www.wienbibliothek.at/
Die österreichischen Landesbibliotheken verfügen über einen Katalogverbund, dem zwar
noch nicht alle Bibliotheken angehören, der jedoch auch externe Spezialsammlungen
enthält.
Derzeit enthält der Katalogverbund der österreichischen Landesbibliotheken rund 3,5
Millionen Titeldaten.
http://www.landesbibliotheken.at
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c) Die österreichischen Hochschulbibliotheken
Die wichtigsten österreichischen Universitäten:
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Universität Wien (gegr. 1364)
Universität Graz (gegr.1585/1827)
Universität Salzburg (gegr. 1622/1962)
Universität Innsbruck (gegr. 16691826)
Universität Linz (gegr. 1965)
Insgesamt gibt es 17 Universitäten in Österreich; die Universitäten von Wien, Graz,
Salzburg und Innsbruck gehen auf das Mittelalter bzw. die frühe Neuzeit zurück.
Im 19. Jahrhundert wurden neben den Wiedergründungen die Technischen Universitäten
Wien, Leoben und Graz gegründet.
Wie in Deutschland waren auch in Österreich die 60er Jahre eine wichtige Zeit für den
Ausbau der Hochschulen.
Die meisten Universitäten und Hochschulen Österreichs sind in Wien ansässig.
Die österreichischen Hochschulbibliotheken
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Struktur und Aufbau der Universitätsbibliotheken in Österreich ähneln denen in
Deutschland. Seit 1994 gibt es mit der Donau-Universität Krems eine Hochschule für
den post-gradualen Bereich.
Mit dem Universitätsgesetz von 2002 haben die Universitäten größtmögliche
Autonomie erlangt. Sorgen, die Universitätsbibliotheken könnten mit Rechenzentren
oder anderen zentralen Abteilungen fusioniert werden, erwiesen sich als
unbegründet.
Die Fachhochschulbibliotheken sind in der Regel kleine Sammlungen für die über 90
Studiengänge an 22 Standorten. Sie übernehmen ähnliche Aufgaben wie die FHBibliotheken in Deutschland.
Die Universitätsbibliothek Wien
http://www.univie.ac.at
Geschichte:
- 1365 Gründung durch Rudolf IV., sie ist die älteste Universitätsbibliothek im
deutschen Sprachraum
- im 16. und 17. Jahrhundert nimmt der Stellenwert der Universitätsbibliothek stark ab
(Hintergründe sind vor allem die Pestepidemien und die Türkenkriege);
zwischenzeitlich wurde die Universitätsbibliothek von den Jesuiten verwaltet, dann
wurden die Bestände der Hofbibliothek einverleibt
- 1777 erfolgte unter Maria Theresia die Neueröffnung, die Universitätsbibliothek
untersteht direkt dem Staat, nicht der Universität, dieser Rechtsstatus galt bis ins Jahr
2000!
- die seit ca. 1900 auftretenden Platzprobleme führten immer wieder zu Neu- und
Anbauten mit den dazugehörigen Umsiedlungen
- seit 2004 gibt es an der Universität einen eigenen Bereich „Bibliotheks- und
Archivwesen“ (Zusammenschluss aller Bibliotheken und Archive der Universität nach
dem Universitätsgesetz von 2002)
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Zahlen und Daten:
- mit über 6,5 Millionen Bänden ist die Universitätsbibliothek eine der beiden größten
Bibliotheken Österreichs
- die Universitätsbibliothek führt 11.600 laufende Zeitschriften (davon ca. 3000 in der
Zentralbibliothek)
- 85.000 Benutzer
- 11 Millionen Suchanfragen im OPAC pro Jahr
- 1,1 Millionen entliehene Bücher pro Jahr
Aufgaben und Organisation:
- die Universitätsbibliothek besteht aus rund 50 Teilbibliotheken (Fakultäts- und
Institutsbibliotheken), die über die gesamte Stadt verteilt sind
- die Universitätsbibliothek hat das Pflichtexemplarrecht für Wien, Niederösterreich und
das Burgenland
- sie hat den Sammelauftrag für alle an der Universität gelehrten Fächer
- darüber hinaus kümmert sie sich um die Pflege und die Erschließung der historischen
Bestände
- sie beteiligt sich an nationalen und internationalen Kooperationen
Wichtige Projekte der Universitätsbibliothek
- Digitalisierung on Demand (hierbei werden nicht ganze Bestandsgruppen, sondern
die jeweils gewünschten Bände digitalisiert)
- Provenienzforschung (sie dient vor allem der Identifikation und der Rückgabe
enteigneter Bücher aus jüdischen Sammlungen)
- Retrokonversion (mittlerweile abgeschlossen)
- Erfassung von „Sammlungen“
d) Spezialbibliotheken
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Wie in Deutschland und anderen Ländern bilden die Spezialbibliotheken eine sehr
heterogene Gruppe (Bibliotheken wissenschaftlicher Einrichtungen, von Behörden
und Firmen, etc.) mit Aufgaben, Strukturen und Arbeitsabläufen wie in Deutschland.
Für Physik (jetzt zur Uni Wien) und Medizin (Universitätsbibliothek für Medizin)
existieren zwei zentrale Fachbibliotheken.
1996 wurde das Österreichische Literaturarchiv als eigenständige Abteilung der
Österreichischen Nationalbibliothek gegründet und sammelt vor allem Archivalien zur
Literatur des 20. Jahrhunderts. Das Literaturarchiv bildet damit eine Spezialsammlung
innerhalb einer Universalbibliothek.
http://www.onb.ac.at/sammlungen/litarchiv/
e) Klosterbibliotheken
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Die Anfänge der Klosterbibliotheken auf dem Gebiet des heutigen Österreich reichen
bis ins 8. Jahrhundert zurück.
Die Bibliothek des um 700 durch Rupert von Worms gegründeten Klosters St. Peter in
Salzburg zählt zu den ältesten bis heute bestehenden Büchersammlungen der Welt.
Die größte Klosterbibliothek ist die des 1114 gegründeten Augustiner-Chorherrenstifts
Klosterneuburg.
Entsprechend der Konfessionsstruktur des Landes (88% Katholiken) spielen die
evangelischen Büchersammlungen nur eine geringe Rolle. Teilweise wurden sie im
Zuge der Gegenreformation zerstreut.
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Die Klosterbibliotheken Österreichs sind vor allem für ihre bedeutenden (meist
barocken) Bibliothekssäle (Admont, Göttweig, Melk) bekannt, bis heute verwalten die
Klosterbibliotheken sehr oft herausragende Altbestände, besonders im Bereich der
Handschriften und Inkunabeln.
Trotz der Josephinischen Reformen und den damit verbundenen Klosteraufhebungen
am Ende des 18. Jahrhunderts haben viele Klöster mit ihren Bibliotheken bis in die
Gegenwart überdauert.
Eine aktuelle Übersicht der österreichischen Klosterbibliotheken führt 95 Bibliotheken auf:
http://www.klosterbibliotheken.at/
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Österreich
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Die Wurzeln des Öffentlichen Bibliothekswesens in Österreich liegen – ähnlich wie in
Deutschland – in den Jahren von 1840 bis 1920 in der Volksbüchereibewegung. Von
Wien ausgehend gab es eine Vielzahl von Initiativen von Volksbildungs-, Lese- und
Büchereivereinen. Heute hat das Öffentliche Bibliothekswesen in Österreich einen
sehr hohen Stand erreicht.
Zu den kommunalen Bibliotheken kommt ein dichtes Netz von kirchlichen
Bibliotheken (1928 wurde der österreichische Borromäusverein nach dem deutschen
Muster gegründet und 1947 wieder ins Leben gerufen).
Durch die wichtige Rolle der Arbeiterbewegung und der katholischen Kirche gibt es
bis heute nur eine relativ geringe Anzahl kommunaler Bibliotheken (nur etwa die
Hälfte der heute ca. 2.500 Öffentlichen Bibliotheken werden von den Kommunen
betrieben).
Nur ein sehr geringer Teil der Öffentlichen Bibliotheken (knapp 6%) werden von
ausgebildetem Fachpersonal betreut, dies vor allem in den größeren Bibliotheken
der Großstädte, die auch die Hauptlast der Entleihungen tragen. In ländlichen
Gebieten gibt es eine Vielzahl Klein- und Kleinstbibliotheken.
Struktur und Aufgabenstellung der österreichischen Öffentlichen Bibliotheken
entsprechen den Einrichtungen in Deutschland. Um die Behebung der deutlichen
Defizite (starkes Gefälle Stadt-Land, keine flächendeckende Versorgung) bemüht sich
der Büchereiverband Österreichs (BVÖ), der Dachverband aller Öffentlichen
Bibliotheken, außerdem finanziert die Bundesregierung Büchereistellen, die in ihrer
Funktionalität den deutschen Landesfachstellen entsprechen).
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
a) Bestandsaufbau
Im konventionellen Bereich gibt es keine abgestimmte Erwerbung, für die Erwerbung
elektronischer Publikationen haben sich allerdings Konsortien gebildet.
b) Erschließung
Die weitgehend einheitliche Regelverwendung (RAK und RSWK) hat den Aufbau des
Online-Gesamtkatalogs des Österreichischen Bibliothekenverbundes erleichtert.
http://meteor.bibvb.ac.at/F?func=file&file_name=start&local_base=acc01
Nahezu alle bedeutenden österreichischen Bibliotheken nehmen an diesem
Gesamtkatalog teil (derzeit 69 teilnehmende Bibliotheken, 4,6 Millionen Titeldaten, 8,7
Millionen Bestandsnachweise), der auch in den Karlsruher Virtuellen Katalog und in den
Dreiländerkatalog integriert ist.
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c) Benutzungsdienste
Wie in Deutschland existieren ein landesweiter Leihverkehr und
Dokumentenlieferdienste.
d) Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheksdirektoren
Sie vereinigt die Direktoren der Bundesuniversität Krems, der 21 Universitäten in
Landesträgerschaft und der Österreichischen Nationalbibliothek.
http://www.uibk.ac.at/voeb/arge-dir
Berufsvereinigungen
Die wichtigste Berufsvereinigung ist die 1896 gegründete Vereinigung Österreichischer
Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) mit über 1000 Mitgliedern aus allen Laufbahnen
des Wissenschaftlichen Bibliothekswesens. Ihre wesentlichen Tätigkeitsfelder bestehen in:
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Förderung des Bibliothekswesens in Österreich
Interessensvertretung der Mitglieder
Fortbildung (Österreichischer Bibliothekartag)
Sacharbeit in einzelnen Fachkommissionen
gemeinsam mit der Österreichischen Nationalbibliothek Herausgabe der Zeitschrift
„Biblos“ und der Reihe „Biblos-Schriften“
http://www.uibk.ac.at/voeb/
1966 wurde an der Österreichischen Nationalbibliothek das Österreichische Institut für
Bibliotheksforschung mit der Aufgabe gegründet, das Bibliothekwesen in Österreich
voranzutreiben (vergleichbare Aufgabenstellung wie das DBI in Deutschland, es existiert
heute in dieser Form allerdings nicht mehr).
1971 richtete das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr den Arbeitskreis für
Bibliotheksreform ein.
Bibliothekarische Aus- und Fortbildung in Österreich
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Der wichtigste Weg der bibliothekarischen Ausbildung ist die berufsbegleitende
Ausbildung (Ausbildung im Dienststand), die für alle Laufbahnen angeboten wird.
Ein Ausbildungslehrgang umfasst 27 Wochen mit fünf Wochen Praxisphase (hD) bzw.
20 Wochen mit vier Wochen Praxisphase (gD) sowie 40 Wochen Trainings- und
Spezialisierungsphasen.
Daneben gibt es Universitäts- und Fachhochschulstudiengänge für Library and
Information Studies (LIS), sie umfassen vier Semester inklusive einer Master-Arbeit.
Wichtigster Ausbildungsort ist die Fachhochschule in Eisenstadt (Burgenland).
http://www.fh-burgenland.at
Die wichtigsten Anbieter von Fortbildung sind die Österreichische Nationalbibliothek
(mit einem eigenen Referat) und die VÖB.
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Die Schweiz
Grundlagen
Die Schweiz bildet weder geographisch noch ethnisch, sprachlich, kulturell oder religiös eine
Einheit – sie versteht sich gerade im Gegenteil als „Willensnation“ mit gemeinsamen Mythen
(Rütlischwur 1291) und gemeinsamen politischen Überzeugungen (Föderalismus, starke
Bürgerrechte, Neutralität).
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in ihrer heutigen Form besteht die Schweiz seit 1848, sie umfasst 26 Kantone
7,5 Millionen Einwohner (41% katholisch, 40% evangelisch)
mit 41.285 Quadratkilometer ein sehr kleines europäisches Land
mit einem Bruttoinlandsprodukt von 52.880 USD pro Einwohner ist die Schweiz eines
der wirtschaftsstärksten Länder der Welt
Geographisch weist der Norden des Landes zahlreiche Seen (Tal der Rhone) auf, der Süden
ist von der Alpenhauptkette geprägt, die allerdings von wichtigen Fernverkehrsverbindungen
durchquert wird (Gotthard, Brenner).
Die Kantone der Schweiz
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Die sprachliche Gliederung der Schweiz
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„Die Landessprachen der Schweiz sind Deutsch, Französisch, Italienisch und
Rätoromanisch“ (Artikel 4 der Bundesverfassung von 1999).
Die Amtssprachen sind zwar nur Deutsch, Französisch und Italienisch, aber im
Verkehr mit Personen der rätoromanischen Sprache wird auch Rätoromanisch zur
Amtssprache.
Die meisten Schweizer sprechen neben ihrer Muttersprache allenfalls eine oder zwei
weitere Landessprachen oder auch Englisch. Wirklich viersprachig ist nur der
Bundesstaat als Institution (jeder Bürger hat das Recht, sich in jeder Landessprache
an die eidgenössische Verwaltung zu wenden und in dieser Sprache eine Antwort zu
erhalten). Diese Mehrsprachigkeit gilt nicht für die Kantons- und Gemeindeebene,
hier gilt das Territorialprinzip.
Die sprachliche Gliederung der Schweiz
Prozentuale Verteilung der Sprachen
Deutsch
Französisch
Italienisch
Rätoromanisch
Jenisch
63,7%
20,4%
6,5%
0,5%
0,5% (nicht örtlich gebunden)
Der Einfluss der Aufklärung
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Der Einfluss der Aufklärung auf das Bibliothekswesen der Schweiz war sehr groß.
Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bemühten sich die Aufklärer, die
Bevölkerung an das Lesen heranzuführen.
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Es entstanden zunächst einzelne Bibliotheken in der deutschen und französischen
Schweiz, dann auch Lesegesellschaften (auch in kleineren Orten), die als Vorschule
der Demokratie begriffen wurden.
In der Zeit der Aufklärung entstanden auch die größten privaten Buchsammlungen
und die Sammlungen der kantonalen Fachgesellschaften.
In der Zeit der „Helvetik“ (Helvetische Republik von 1798 bis 1803 nach
französischem Muster) bemühte sich der Kultusminister Philipp Albert Stapfer, das
Bibliothekswesen an den Verhältnissen in Frankreich auszurichten
(Nationalbibliothek, Gesamtnachweis, ...), doch der stark ausgeprägte Föderalismus
verhinderte diese Entwicklung.
Geblieben ist von der Aufklärung der Grundsatz, dass staatlich finanzierte
Bibliotheken immer der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen müssen und ihr
dienen sollen.
Druck- und Verlagswesen in der Schweiz
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Die Schweiz verfügt über neun Orte, an denen bereits im 15. Jahrhundert gedruckt
wurde (Basel, Sursee, Beromünster, Burgdorf, Rougemont, Promenthoux, Lausanne,
Zürich und Genf).
Von überregionaler Bedeutung in der Frühzeit des Druckes waren vor allem Basel
(Johann Froben und Erasmus von Rotterdam) und Genf (Calvin), die allerdings vor
1500 noch nicht zur Eidgenossenschaft gehörten.
Ein starker relativer Rückgang der Buchproduktion setzte im 19. Jahrhundert ein. Die
sprachlich übermächtigen Nachbarn Deutschland, Frankreich und Italien
marginalisierten die schweizerische Buchproduktion und ließen sie auf provinzielles
Niveau absinken.
In der Gegenwart gehört die schweizerische Buchproduktion im Vergleich zur
Einwohnerstärke zur Spitzengruppe der buchproduzierenden Staaten (hier profitiert
die Schweiz nun umgekehrt von den angrenzenden großen Märkten).
Die ehemals auch in der Schweiz bestehende Buchpreisbindung wurde von der
dortigen Wettbewerbskommission als nicht rechtens bewertet; dieser Auffassung
stimmte Anfang 2007 das Bundesgericht in Lausanne zu, womit die
Buchpreisbindung in der Schweiz aufgehoben wurde.
Rechtliche Grundlagen
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Auf Grund der Kulturhoheit der 26 Kantone gibt es keine nationale Gesetzgebung für
das Bibliothekswesen. Dennoch hat der Bund über das Hochschulförderungsgesetz
gewissen Einfluss auf die Hochschulbibliotheken.
Nur in zwei Kantonen (Neuchâtel und Tessin) gibt es eigene kantonale
Bibliotheksgesetze.
Ebenso fehlt ein nationales Pflichtablieferungsrecht (dies entspricht der liberalen
Grundhaltung der Schweiz), allerdings gibt es seit 1915 ein freiwilliges Abkommen
zwischen der Schweizerischen Landesbibliothek und den beiden Verlegerverbänden
über eine freiwillige Ablieferung.
Einzelne Kantone besitzen Pflichtexemplarregelungen für ihr Gebiet.
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Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in der Schweiz
Gliederung des Wissenschaftlichen Bibliothekswesens der Schweiz
a)
b)
c)
d)
e)
Die Schweizerische Nationalbibliothek
Hochschulbibliotheken
Studien- und Bildungsbibliotheken, Kantonsbibliotheken
Spezialbibliotheken
Kirchliche Bibliotheken
a) Die Schweizerische Nationalbibliothek
http://www.nb.admin.ch
Mit der Gründung 1895 ist die Schweizerische Nationalbibliothek (zunächst Schweizerische
Landesbibliothek) eine relativ junge Bibliothek, das Gründungsjahr ist grob mit dem der
Deutschen Bücherei in Leipzig zu vergleichen. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts
erfolgte eine starke Modernisierung der Bibliothek (auch baulich), 1991 erfolgte die
Gründung des Schweizerischen Literaturarchivs (vergleichbar mit dem deutschen
Literaturarchiv in Marbach am Neckar), 2000 erfolgte die Eröffnung des Centre Dürrenmatt in
Neuchâtel.
Die Schweizerische Nationalbibliothek ist die Nationalbibliothek der Schweiz und erfüllt die
entsprechenden nationalbibliothekarischen Aufgaben:
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-
Die Schweizerische Nationalbibliothek sammelt alle Publikationen der Schweiz, alle
Publikationen über die Schweiz sowie Nachlässe von schweizerischen
Wissenschaftern und Schriftstellern und deren Werke.
Sie gibt die Bibliographie der Schweizer Neuerscheinungen heraus („Das Schweizer
Buch“ erscheint vierzehntägig, Bibliographie des schweizerischen amtlichen
Schrifttums), sie betreibt auch das ISSN-Zentrum der Schweiz. Die ISBN-Agentur für
die Schweiz wird vom Schweizerischen Buchhändler und Verleger-Verband (SBVV)
vergeben.
Trotz ihrer Stellung als Nationalbibliothek verfügt die Schweizerische Nationalbibliothek nicht
über ein Pflichtexemplarrecht, sondern bezieht die schweizerischen Drucke auf Grund einer
freiwilligen Abgabe der großen schweizerischen Verlegerverbände (Schweizer Buchhändlerund Verleger-Verband SBVV und Société des Libraires et Éditeurs de la Suisse romande
SLESR / ASDEL). Auch schweizerische Körperschaften und Autoren, deren Publikationen
außerhalb des Buchhandels erscheinen, sind gehalten, ein Exemplar an die
Nationalbibliothek zu liefern. Trotz des Archivauftrages wird ein Teil der Bestände auch
außer Haus verliehen.
Da die Schweizerische Nationalbibliothek aufgrund der späten Gründung keinen
umfassenden Altbestand besitzt, kann sie den nationalbibliothekarischen Aufgaben in
diesem Bereich nicht immer gerecht werden. Dies gilt auch für die naturwissenschaftlichtechnischen Fächer, in denen die Bibliothek der Eidgenössischen Technischen Hochschule
über wesentlich größere Bestände verfügt.
Der genaue Sammel- und Arbeitsauftrag der Schweizerischen Nationalbibliothek ist definiert
im Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbibliothek (SR 432.21).
Bis 2006 hieß die Schweizerische Nationalbibliothek noch Schweizerische Landesbibliothek
(auch in dieser Umbenennung zeigt sich eine enge Parallele mit den Verhältnissen in
Deutschland).
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Zahlen und Fakten:
- Gesamtbestand von 3,85 Millionen Einheiten
- 20.000 aktive Nutzer
- 80.000 Ausleihvorgänge
- 200.000 Zugriffe auf die Website der Bibliothek
- 10.000 Benutzer in den Lesesälen, dazu noch einmal 10.000 Besucher des Centre
Dürrenmatt
- 118 ganze Stellen
- Ausgaben von ca. 23 Millionen Schweizer Franken
Sondersammlungen / Spezialbestände:
Neben den nationalbibliothekarisch definierten Sammelgebieten (Helvetica) finden sich in der
Schweizerischen Nationalbibliothek einige bedeutende Sondersammlungen, z.B.
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Bibelsammlung
Indica-Sammlung
Graphische Sammlung
Spezialbestände in Musik, Buchkunde, Presse und Radio
Organisation:
Die Schweizerische Nationalbibliothek wird vom Bund finanziert, sie ist Teil des
Bundesamtes für Kultur, das zum Eidgenössischen Departement des Inneren gehört. Die
Leitung erfolgt durch die Direktorin, der die Bibliothekskommission als beratendes Gremium
zur Seite steht.
Derzeit gliedert sich die Schweizerische Nationalbibliothek in die drei Sektionen
Sammlungen, Öffentlichkeitsdienste und Sondersammlungen.
b) Schweizerische Hochschulen
Neben den beiden vom Bund getragenen Hochschulen der Schweiz
- Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (1855)
- Ecole Polytechnique Fédérale Lausanne (1969)
gibt es noch zehn weitere, überwiegend von den Kantonen finanzierte Universitäten:
- Universität Basel
- Universität Bern
- Universität Freiburg/Schweiz
- Universität Genf
- Universität Lausanne
- Universität Lugano
- Universität Luzern
- Universität Neuchâtel
- Universität St. Gallen
- Universität Zürich
Einen Überblick über die Universitäten, Hochschulen und Pädagogischen Hochschulen
der Schweiz gibt Switch (The Swiss Education and Research Network)
http://www.switch.ch/de/edu/educ_orgs.html
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Die Universitätsbibliothek der ETH Zürich
http://www.ethbib.ethz.ch
Die ETH-Bibliothek ist die größte Bibliothek der Schweiz und die zentrale
Hochschulbibliothek der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Darüber
hinaus nimmt sie die Aufgaben eines nationalen Zentrums für naturwissenschaftliche
Informationen wahr. Zeitgleich mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule wurde
die ETH-Bibliothek im Jahr 1855 gegründet.
Aufgaben der ETH-Bibliothek:
Die zentralen Aufgaben der ETH-Bibliothek ergeben sich aus der genannten
Doppelfunktion:
a) Die Medienversorgung der Eidgenössischen Technischen Hochschule (Aufgaben
einer normalen Universitätsbibliothek)
b) Nationale Aufgaben im Bereich der naturwissenschaftlichen Disziplinen
(Schweizerisches Zentrum für naturwissenschaftliche und technische Information;
Aufgaben einer Bibliothek von nationaler Bedeutung)
Bestände:
Inklusive Karten, alter Drucke, audiovisuellen Medien, Zeitschriften, Mikroformen und
anderem verfügt sie über einen Bestand von 6,8 Millionen Einheiten (ca. 80.000
Neuerwerbungen pro Jahr). Die wichtigsten Bestandskennzahlen sind:
-
2,6 Millionen Bücher und Zeitschriftenbände
2,2 Millionen Mikroformen
1,3 Millionen Bilder
390.000 Karten und Pläne
260.000 Handschriften
27.000 elektronische Dokumente
7900 laufende elektronische Zeitschriften
5200 gedruckte Zeitschriften
Sammelschwerpunkte:
Entsprechend der Schwerpunkte der ETH in Forschung und Lehre sowie ihrer Funktion
als Zentrum für naturwissenschaftliche und technische Information sammelt die ETHBibliothek vor allem Literatur aus folgenden Disziplinen:
- Architektur
- Bauingenieurwesen
- Betriebswirtschaftslehre
- Biologie
- Chemie
- Elektrotechnik
- Geowissenschaften
- Informatik
- Kulturtechnik
- Land- und Forstwirtschaft
- Maschinenbau
- Mathematik
- Pharmazie
- Physik
- Sport
- Verkehrswesen
- Werkstoffkunde
- Umweltwissenschaften
Spezialgebiete der Bibliothek sind u.a. Bilder, Karten, Archive und Nachlässe sowie
Reports. Bei den Nachlässen besitzt die ETH-Bibliothek auch einige bedeutende
Sammlungen, die eher aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich stammen, so z.B. die
Nachlässe von Carl Gustav Jung und Thomas Mann.
33
Zahlen und Daten:
- 30.000 aktive Benutzer
- 291.000 ausgeliehene gedruckte Dokumente pro Jahr
- 216.000 elektronisch oder als Kopie gelieferte Artikel
- 334.000 Zugriffe auf die Bibliothekswebsite
- 1,85 Millionen Zugriffe auf die elektronischen Zeitschriften
- 425.000 Zugriffe auf die Datenbanken
- 78.000 Zugriffe auf die E-Books
Organisation:
Der Direktion sind fünf große Bereiche unterstellt:
- die Bestandsentwicklung
- Information und Spezialbibliotheken
- IT-Dienste
- Spezialsammlungen
- Logistik
Zu diesen Hauptabteilungen kommen noch die vier Stabsstellen für übergreifende
Aufgaben: Öffentlichkeitsarbeit und Bibliotheksmarketing, Personaldienst, Konsortium der
Schweizerischer Hochschulbibliotheken und Projektassistenz.
Neben der Zentrale und den Zweigbibliotheken gehören zur ETH-Bibliothek auch vier
Spezialbibliotheken:
a) Baubibliothek
(Architektur, Bauingenieurwesen, Geodäsie, Kartographie, Kulturtechnik,
Raumplanung)
b) BWI-Bibliothek
(Betriebswissenschaften, Unternehmenswissenschaft, Management)
c) Geowissenschaften
(Erdwissenschaften und geologische Karten)
d) Grüne Bibliothek
(Agrar- und Umweltwissenschaften, Biowissenschaften, Ökologie und Evolution,
Nutztierwissenschaft, Geobotanik, ...)
Die ETH-Bibliothek ist federführend an zahlreichen laufenden nationalen Projekten
beteiligt (u.a. im Bereich der Langzeitarchivierung digitaler Daten, der Erschließung von
Bildern, der Organisation elektronischer Sammlungen, etc.).
Schweizerische Universitätsbibliotheken
Die Bibliotheken der genannten Universitäten erfüllen zumeist eine Doppelaufgabe:
-
-
-
die Medien- und Informationsversorgung der jeweiligen Hochschule bzw. auch
der jeweiligen Stadt und Region (wichtiges Prinzip in der Schweiz:
Wissenschaftliche Bibliotheken stehen immer allen Bürgern offen)
die Sammlung, Erschließung und Bereitstellung von Regionalia (damit Funktion
von deutschen Landes- und Regionalbibliotheken)
diese regionale Ausprägung der Universitätsbibliotheken ist in der Schweiz
stärker als in Deutschland, darüber hinaus sind die schweizerischen Universitäten
und damit auch die Universitätsbibliotheken öfter stärker auf einen Fächerkanon
spezialisiert als in Deutschland (z.B. hat die Universität St. Gallen einen
ausgesprochenen Schwerpunkt bei den Wirtschaftswissenschaften)
auch in der Schweiz musste an zahlreichen Universitäten die duale
Bibliotheksorganisation überwunden werden
34
Schweizerische Universitätsbibliotheken – Beispiel Zentralbibliothek Zürich
http://www.zb.uzh.ch/
-
-
-
-
Die Zentralbibliothek Zürich (ZBZH) ist eine öffentliche Stiftung, die von der Stadt
und vom Kanton Zürich gemeinsam getragen wird.
Sie entstand 1914 aus dem Zusammenschluss der Bibliothek des
Chorherrenstiftes am Großmünster (13. Jahrhundert), der Universitätsbibliothek
(1833), der alten Stadtbibliothek (1629), der Kantonsbibliothek und einiger
Gesellschaftsbibliotheken.
Sie führt den zentralen Nachweis über die Bibliotheksbestände der Universität
und der wissenschaftlichen Bibliotheken der Stadt und sie sammelt, erschließt
und archiviert die Regionalliteratur von Stadt und Kanton.
Heute übernimmt die Zentralbibliothek Zürich die Funktion einer Stadt-, Kantonsund Universitätsbibliothek (Universität des Kantons Zürich; nicht zu verwechseln
mit der ETH-Bibliothek).
Mit einem Medienbestand von ca. 4,7 Millionen (3,9 Millionen Bücher und
Zeitschriftenbände, 120.000 Handschriften) ist sie nach der ETH-Bibliothek die
zweitgrößte Bibliothek der Schweiz.
Die schweizerischen Fachhochschulen und ihre Bibliotheken
-
Die rund 70 Fachhochschulen der Schweiz bieten insgesamt ca. 280
Studiengänge an; hinzu kommen noch ca. 20 Pädagogische Hochschulen.
Wie in Österreich handelt es sich bei den Fachhochschulen meist um kleinere
Organisationen mit entsprechend geringen Buchbeständen.
Nähere Informationen zu den Fachhochschulen bietet das Fachhochschulportal der
Schweiz:
http://www.fachhochschulen.net/
c) Studien- und Bildungsbibliotheken, Kantonsbibliotheken
-
-
-
-
Dieser Bibliothekstyp bildet eine schweizerische Eigenart. Es handelt sich hierbei um
diejenigen Kantonsbibliotheken, die keine Universität mit Literatur zu versorgen
haben, sowie um einige größere Stadtbibliotheken, alle vor 1848 gegründet und zum
Teil mit reichen Altbeständen.
Sie sammeln, erschließen und archivieren die Literatur zu der jeweiligen Region und
leisten für diese auch die grundlegende Literatur- und Informationsversorgung. Damit
stehen sie in der Funktion etwa zwischen einer Öffentlichen Bibliothek und einer
Regionalbibliothek in Deutschland.
Einige dieser Studien- und Bildungsbibliotheken haben sich seit dem 2. Weltkrieg
durch Ausweitung ihres Sammelspektrums (zusätzlich Kinder- und Jugendliteratur,
reine Unterhaltungsliteratur, moderne Medien, ...) dem Typ der Public Library
angenähert.
Wichtige Studien- und Bildungsbibliotheken finden sich beispielsweise in Biel, La
Chaux-de-Fond, Zug u.a.
http://www.bibliothekenzug.ch/de/
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d) Spezialbibliotheken
-
-
-
Wie in anderen Ländern auch, bilden die Spezialbibliotheken die größte und
vielfältigste Gruppe der Wissenschaftlichen Bibliotheken. Mit der Spezialisierung der
Wissenschaft – gerade in der Schweiz sind einige bedeutende High-TechForschungsinstitute angesiedelt – und dem wirtschaftlichen Aufschwung nimmt die
Bedeutung dieser Gruppe weiterhin zu.
Zunächst entstanden die Amtsbibliotheken von SBB (Bahn), PTT (Post) und Militär
und kantonale Bibliotheken für die Lehrerausbildung (Pestalozzianum Zürich und die
Schulwarte Bern).
Nach dem 2. Weltkrieg kamen dann vor allem die Bibliotheken und
Informationszentren der Chemie- und Pharmaindustrie, der Uhren- und
Lebensmittelindustrie hinzu sowie das Dokumentationszentrum der Akademie der
Medizinischen Wissenschaften.
Neben den Technischen Universitäten in Zürich und Lausanne kommen hierzu noch:
-
Das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich
http://www.sozialarchiv.ch/
-
Das Schweizerische Wirtschaftsarchiv in Basel
http://www.ub.unibas.ch/wwz/wwzprosp.htm
e) kirchliche Bibliotheken
-
-
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit folgte die Schweiz der Entwicklung des
europäischen Bibliothekswesens. Träger der Buchkultur waren vor allem die Klöster;
mit bedeutendem Buchbestand in der Schweiz vor allem:
- St. Gallen (im 9. Jahrhundert bereits rund 400 Handschriften)
- Einsiedeln (10. Jahrhundert)
- Engelberg, südlich des Vierwaldstädter Sees gelegen (Beginn des 12.
Jahrhunderts)
Hier finden sich noch heute bedeutende Sammlungen von Handschriften, Inkunabeln
und historischen Drucken sowie der zugehörigen Forschungsliteratur.
Andere Klosterbestände wurden zerstreut oder zerstört (so z.B. St. Maurice, Rheinau
u.a.).
Das Reformationszeitalter war geprägt durch Buchsammlungen der reformierten
Städte und des Jesuitenordens.
Die Bibliotheken der aufgehobenen Klöster dienten zumeist als Grundstock der im
19. Jahrhundert gegründeten Kantonsbibliotheken.
Das Öffentliche Bibliothekswesen in der Schweiz
-
-
-
Die ersten Öffentlichen Bibliotheken entstanden Ende des 18. Jahrhunderts als
Leihbibliotheken und wurden Anfang des 19. Jahrhunderts zur Hebung des
allgemeinen Bildungsniveaus ausgebaut.
Die Aufgaben des Öffentlichen Bibliothekswesens entsprechen denen in
Deutschland. Auch hier gibt es Unterschiede zwischen der Stadt und dem Land,
deren Beseitigung die größtenteils vom Bund getragene SVB (Schweizerische
Volksbibliothek / Bibliomedia, 1920 gegründet) anstrebt.
http://www.bibliomedia.ch/
Fast alle Öffentlichen Bibliotheken in der Schweiz verwenden Dezimalklassifikationen
als Aufstellungssystematik.
36
-
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für öffentliche allgemeine Bibliotheken und
der genossenschaftlich organisierte Schweizer Bibliotheksdienst (gegründet 1965,
entspricht der ekz) versuchen durch Fortbildungsmaßnahmen und Herausgabe von
Richtlinien das Öffentliche Bibliothekswesen zu fördern.
http://www.sabclp.ch/
http://www.sbd.ch/
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Erwerbung:
Beim Bestandsaufbau wird bereits seit 1934 immer wieder über Erwerbungsabsprachen
diskutiert, was jedoch noch zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt hat. Eine
Ausnahme bildet das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken, das landesweite
Lizenzen zur Nutzung elektronischer Publikationen abschließt.
Erschließung:
In der Erschießung gab es seit 1912 Debatten über ein einheitliches Regelwerk für die
Formalerschließung, diese führten 1999 zu gesamtschweizerischen Katalogisierungsregeln der Vereinigung der Schweizer Bibliothekarinnen und Bibliothekare, diese Regeln
werden aber von den großen Verbünden nicht angewendet.
Benutzung:
Mit dem Schweizerischen Gesamtkatalog und dem Zeitschriftengesamtkatalog wurden für
den Leihverkehr zwei wirksame Instrumente auf nationaler Ebene geschaffen.
- Der ausgeprägte Föderalismus der Schweiz erschwert die nationale Kooperation des
Bibliothekswesens, so scheiterte etwa der Aufbau eines nationalen
Sondersammelgebietsplans nach deutschem Vorbild.
- Mit dem Schweizer Wissenschaftsrat und der Schweizer Hochschulkonferenz gibt es
jedoch auch Institutionen, die eine koordinierende Rolle spielen können.
- Mit der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung etablierte sich eine Vielzahl
lokaler und regionaler Systeme, aus denen zwei leistungsfähige Regionalverbünde
herausragen.
Verbünde
Die zwei wichtigsten Bibliotheksverbünde in der Schweiz sind:
Der Informationsverbund Deutschschweiz (IDS)
Diesem Verbund gehören über 400 Bibliotheken an. Es handelt sich um einen
Katalogverbund mit einheitlicher Oberfläche auf der Grundlage eines Datenformats, das
auf USMARC basiert. Die Katalogisierungsregeln (KIDS, Katalogisierungsregeln des
Informationsverbundes Deutschschweiz) beruhen im Wesentlichen auf den AACR2.
Realisiert ist auch ein gemeinsamer Ausleihverbund mit einer gemeinsamen Benutzerdatei,
ein Dokumentenlieferdienst ist geplant. Der Verbundkatalog des IDS ist über den Karlsruher
Virtuellen Katalog recherchierbar.
http://www.informationsverbund.ch/
37
Das Réseau des bibliothèques de Suisse occidentale
(RERO, Westschweizerischer Bibliotheksverbund) Ihm gehören ca. 200 Bibliotheken zumeist
der französischen Schweiz an. Als Format wird USMARC verwendet, die
Katalogisierungsregeln lehnen sich eng an die International Standard Bibliographic
Description (ISBD) an. Auch hier ist der Verbundkatalog in den Karlsruher Virtuellen Katalog
integriert.
http://www.rero.ch/
Berufsvereinigungen
Die wichtigste bibliothekarische Berufsvereinigung der Schweiz ist der 1897 gegründete
Verband der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen und Bibliothekare der Schweiz
(BBS)
Der Verband umfasst ca. 350 körperschaftliche und ca. 1850 persönliche Mitglieder aller
Laufbahnen.
Die Schwerpunkte des Verbandes liegen
- in der Interessensvertretung der Mitglieder
- in der Erarbeitung und Empfehlung bibliothekarischer Normen
- in Angeboten der Aus- und Fortbildung
Auf Grund der föderalen Struktur der Schweiz ist der Verband besonders wichtig für
nationale Projekte, wegen der vielen unterschiedlichen Träger der Bibliotheken ist er
gewerkschaftlich jedoch nicht relevant.
http://www.bbs.ch/
Bibliothekarische Aus- und Fortbildung
-
-
-
-
Die traditionelle Ausbildung in der Schweiz legt das Schwergewicht auf die praktische
Tätigkeit, die durch theoretische Ausbildungskurse des BBS ergänzt wurden (Bern,
Zürich, Lausanne und im Tessin, Dauer 2,5 Jahre).
Die zweite Möglichkeit, ein Diplom zu erwerben, ist die Ecole supérieure d'information
documentaire (ESID) in Genf, wo die Ausbildung stärker theoretisch geprägt ist
(Dauer 4 Semester).
Die Ausbildung des höheren Dienstes ist berufsbegleitend, sie setzt eine Anstellung
und einen Hochschulabschluss voraus und dauert 2 Jahre (ein Tag pro Woche
Unterricht in Zürich).
Relativ neu ist der informationswissenschaftliche Studiengang IuD an der Hochschule
für Technik und Wirtschaft Chur, der dort als Bachelor- und Masterstudium angeboten
wird (Bachelor of Arts in Information Science, Master of Advanced Studies in
Information Science bzw. NDS Information und Dokumentation).
http://vers1.iudchur.net
38
Frankreich
Grundlagen
Frankreich ist eine weitgehend zentralistisch verwaltete Republik mit einem
semipräsidentialen System, bestehend aus dem festländischen Frankreich mit der
Hauptstadt Paris, Korsika (France métropolitaine) sowie Überseegebieten in der Karibik,
Südamerika, vor der Küste Nordamerikas, im Indischen Ozean und in Ozeanien
(Überseedépartements).
Frankreich weist folgende Daten auf:
-
544.000 Quadratkilometer Fläche
60,65 Millionen Einwohner (ca. 83 % katholisch)
Amtssprache: Französisch
21 Regionen mit insgesamt 100 Départements
mit 35.727 US $ sehr hohes Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner
durch die ehemaligen französischen Kolonien ist der frankophone Sprachkreis noch
heute sehr groß und über die gesamte Welt verbreitet
Die französischen Départements
39
Die politische Gliederung Frankreichs
Frankreich – Struktur
-
-
Geographisch ist Frankreich vor allem durch Ebenen und flache Hügellandschaften
geprägt, Hochgebirge gibt es mit den Alpen, dem Zentralmassiv und den Pyrenäen.
Paris ist die mit Abstand bedeutendste Stadt (11,5 Millionen Einwohner) und das
kulturelle, politische und wirtschaftliche Zentrum des Landes (jeder 5.-6. Franzose
lebt in Paris bzw. der Umgebung von Paris).
Die weiteren Städte sind wesentlich kleiner und machen deutlich, dass es in
Frankreich wenig Mittelzentren, sondern nur Provinzstädte gibt:
Marseille
808.000 Einwohner
Lyon
445.000 Einwohner
Toulouse
390.000 Einwohner
Nizza
342.000 Einwohner
Nantes
270.000 Einwohner
Geschichte Frankreichs
-
-
-
-
Als Teilstück des Fränkischen Reiches (Vertrag von Verdun 843) bildete Frankreich
durch das gesamte Mittelalter hindurch eine zentral verwaltete Erbmonarchie.
Wichtige Aspekte der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte:
- ein blühendes Klosterwesen und Schriftkultur
- häufige Auseinandersetzungen mit England (Hundertjähriger Krieg)
- häufige Auseinandersetzungen mit dem Reich (Habsburg, Italien, Spanien)
- der Feudalabsolutismus im 17./18. Jahrhundert (Ludwig XVI., Versaille, Mazarin,
Blüte des Bibliothekswesens)
Den entscheidenden Einschnitt in der französischen Geschichte, der nahezu alle
Bereiche des Landes (auch das Bibliothekswesen) bis heute prägt, ist die
Französische Revolution von 1789.
Nach der Revolution begann ein steter Wechsel zwischen der republikanischen,
napoleonisch-imperialen und der monarchischen Staatsform (mittlerweile existiert die
fünfte Republik).
Die Kombination aus der Bewunderung des französischen Absolutismus und der
Eroberung Europas durch die napoleonischen Heere (Gesetzgebung, Verwaltung)
führte dazu, dass die französische Sprache die lingua franca der Gebildeten wurde
und in dieser Funktion das Latein ablöste (vgl. den Briefwechsel zwischen Voltaire
und Friedrich II.). Relikte hiervon existieren noch bei der internationalen Post und der
Diplomatie.
40
-
Die Jahrhunderte seit der französischen Revolution sind durch häufige
Auseinandersetzungen mit Deutschland geprägt, die auch die französische
Innenpolitik bestimmten.
Europa unter Napoleon
Die Französische Revolution und das Bibliothekswesen
-
-
-
Im Zusammenhang mit der französischen Revolution und der Gründung der ersten
Republik wurden nahezu alle Adels- und Klosterbibliotheken aufgelöst (Dekrete von
1789, 1791 und 1793).
Die Bestände wurden verstaatlicht und zentral in riesigen Dépôts littéraires in den
Départements gesammelt (insgesamt ca. 8 Millionen Bände). Ein Teil ging durch
Zerstörung, Verkauf und Diebstahl unter, ein wichtiger Teil kam in den Bestand
Pariser Bibliotheken.
1796 kam die Entscheidung, die Bestände der Dépôts littéraires den jeweiligen
Départements zu übertragen, 1803 gingen sie in den Besitz der Städte über und
bilden damit bis heute den Grundstock und die wertvollen Altbestände der meisten
französischen Stadtbibliotheken.
Buch- und Verlagswesen in Frankreich
-
Frankreich, das über eine herausragende Handschriften-Tradition verfügt, ist ein bis
heute bedeutendes Land im internationalen Buch- und Verlagswesen, wobei das
Schwergewicht in der Frühzeit auf zwei Städten lag:
- Paris (Erstdruck 1470, 60 Druckwerkstätten bis 1500)
- Lyon (Erstdruck 1473, 45 Druckereien bis 1500)
41
-
-
Die Religionskriege des 16. Jahrhunderts behindern die Entwicklung (1537 ordnet
das Edikt von Montpellier aus Zensurgründen die Ablieferung eines Pflichtexemplars
an die Königliche Bibliothek an).
Der französische Buchmarkt wird bis heute von Paris beherrscht (284 Verlage in
Paris, 27 in der Peripherie und 72 in der Provinz).
Sprachen und Sprachpolitik in Frankreich
Gesprochene Sprachen in Frankreich:
Neben der Amtssprache Französisch werden in Frankreich weitere fünf romanische
Sprachen (Okzitanisch, Frankoprovenzalisch, Katalanisch, Korsisch, Italienisch)
sowie zwei germanische Sprachen gesprochen (Elsässisch und Flämisch). Hinzu kommen
Baskisch und die Sprachen der Immigranten (Arabisch, Vietnamesisch) sowie die
einheimischen Sprachen der Überseedépartements.
Französische Sprachpolitik:
Die aktuelle Sprachpolitik Frankreichs ist geprägt durch:
a) eine Nichtanerkennung von Minderheiten- und Regionalsprachen (Französisch ist die
einzige Amtssprache)
b) aktiven staatlichen Kampf um die Reinerhaltung der französischen Sprache
(Zurückdrängung von Anglizismen, Schaffung von französischen Neologismen)
c) Kampf um die internationale Bedeutung des Französischen (z.B. innerhalb der
Europäischen Union)
Weitere Informationen über die französische Sprachpolitik und die Frankophonie bietet die
Website:
http://www.sprachpolitik.de/default.htm
Französischsprachige Regionen
42
Rechtliche Grundlagen des französischen Bibliothekswesens
-
Es gibt kein umfassendes Bibliotheksgesetz in Frankreich, aber eine Reihe von
Rechtsnormen, die das Bibliothekswesen sehr stark von zentraler Stelle aus regeln.
Der Conseil Supérieure des Bibliothèques (CSB, 1990 eingerichtet) soll alle
planerischen und politischen Aufgaben übernehmen, er steht an der Spitze eines
Verbundes aller Bibliotheken Frankreichs, die aufeinander abgestimmte Aufgaben
übernehmen sollen.
Für das Bibliothekswesen in Frankreich sind zwei Ministerien verantwortlich:
-
Das Erziehungsministerium ist verantwortlich für die Wissenschaftlichen
Bibliotheken.
Das Kultusministerium ist verantwortlich für die BNF und die Öffentlichen
Bibliotheken.
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Frankreich
a)
b)
c)
d)
Die Bibliothèque nationale de France
Hochschulbibliotheken
Spezialbibliotheken
Bibliothèques Municipales Classés
a) Bibliothèque nationale de France (BNF)
http://www.bnf.fr
Die Bibliothèque nationale de France untersteht dem französischen Kultusministerium; als
französische Nationalbibliothek ist es ihre Aufgabe das Schrifttum Frankreichs, die
Publikationen aus und über Frankreich sowie die wichtigsten internationalen Publikationen
zu sammeln, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu archivieren.
Geschichte:
Die Ursprünge der Bibliothek gehen bis auf das Mittelalter zurück, vor allem die Sammlung
Karls V. wird oft als Ursprung angesehen (insgesamt hat diese Sammlung 911 Handschriften
umfasst), sie wurde allerdings von den Engländern im Hundertjährigen Krieg zerstört.
-
1368 Sammlung Karls V. (im Louvre)
1536 Einführung des Pflichtexemplars durch Franz I. (ältestes Pflichtexemplarrecht
der Welt, eingeführt aus Gründen der Zensur)
1692 Die „Bibliothèque du Roi“ wird Gelehrten zugänglich gemacht
1789-1815 erfolgen sehr große Bestandszuwächse durch landesweite
Verstaatlichung von Bibliotheksgut (Säkularisierung)
1988 kündigt der französische Staatspräsident François Mitterand den Bau eines
modernen Bibliotheksgebäudes an. Der Architekt Dominique Perrault übernimmt die
Planung, der Neubau wird 1996 fertiggestellt.
Hauptaufgaben:
Aufgaben sind zunächst die Sammlung, Katalogisierung, bibliographische Verzeichnung und
Erschließung der im Rahmen des Pflichtexemplars (Dépôt légal) abgelieferten Materialien.
Hieraus entsteht die Bibliographie nationale française (auch online).
Mittlerweile ist der Sammelauftrag jedoch ausgeweitet. Als bedeutende Universalbibliothek
schafft die Bibliothèque nationale de France auch sehr viele ausländische Publikationen an;
43
vorrangig aus dem Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften, seit 1988 aber auch
verstärkt aus den STM-Fächern.
Einrichtungen (Sites):
Die Bibliothèque nationale de France stellt ihr Angebot der Öffentlichkeit an verschiedenen
Örtlichkeiten zur Verfügung. Vorrangig zu nennen sind :
-
die alte Bibliothèque nationale de France in Paris (site Richelieu-Louvois)
die neue Bibliothèque nationale de France in Paris (site François-Mitterand)
die Bibliothèque de l´Arsenal in Paris
die Museumsbibliothek der Pariser Oper
die Bibliothek und das Dokumentationszentrum der „Maison Jean Vilar“ in Avignon
Benutzung:
Die Zentralbibliothek (Benutzung des modernen Druckbestandes) steht Benutzern über 16
Jahren gegen eine Gebühr zur Verfügung; die Bibliothèque de recherche bzw. die
Sonderabteilungen verlangen für die Benutzung den Nachweis des wissenschaftlichen
Forschungszweckes.
Die wichtigsten Nachweisinstrumente für die Bestände der Bibliothèque nationale de France
sind der eigene OPAC BN-Opale-Plus und der französische Verbundkatalog BN-Opaline
(CCFr) „Catalogue collectif de France“.
- http://catalogue.bnf.fr
- http://ccfr.bnf.fr
Digitalisierungsprojekte:
Die Bibliothèque nationale de France ist berühmt für ihre weit fortgeschrittenen Projekte im
Bereich der Retrodigitalisierung ihrer Bestände. Wichtigstes eigenes Projekt hierbei ist die
1997 begründete Bibliothèque numérique GALLICA. Hier werden ältere, urheberrechtsfreie
Werke in großem Maße digitalisiert. Neben französischen Werken finden sich in GALLICA
auch lateinische, deutsche und englische Texte. Bisher sind über 90.000 Werke digitalisiert
worden.
http://gallica.bnf.fr
Ausgehend von diesem sehr großen digitalen Bestand engagiert sich die Bibliothèque
nationale de France auch sehr stark innerhalb des europäischen Digitalisierungsprojekts The
European Library (TEL), ein Webportal, in dem die europäischen Nationalbibliotheken seit
2005 ihre digitalen und konventionellen Bestände präsentieren. Noch sind die digitalen
Bestände von TEL (die oft mit dem Projekt Google Book search verglichen wird) allerdings
sehr heterogen und oft sehr stark auf Spezialsammlungen bezogen.
http://www.theeuropeanlibrary.org
Bestände:
Der Gesamtbestand der Bibliothèque nationale de France wird mit rund 30 Millionen Büchern
und Dokumenten angegeben (davon ca. 13 Millionen Bücher und Zeitschriftenbände, allein
50.000 Dokumente gehen jährlich als Pflichtstücke ein). Die BNF besitzt bedeutende
Sondersammlungen im Bereich Handschriften, Kupferstiche, Karten und Pläne,
Fotographien, Münzen, Musik sowie umfangreiche Sammlungen zu Themen, die die
früheren Kolonialgebiete betreffen.
Stellung der Bibliothèque nationale de France im französischen Bibliothekswesen:
Auf Grund der von ihr wahrgenommenen umfassenden nationalbibliothekarischen Aufgaben,
ihrer Größe, der Einzigartigkeit ihrer Bestände und ihrer herausragenden
Sondersammlungen sowie ihrer federführenden Stellung bei nationalen und internationalen
Projekten nimmt die Bibliothèque nationale de France eine zentrale Stellung innerhalb des
44
französischen Bibliothekswesens ein (viel zentraler als beispielsweise die Deutsche
Nationalbibliothek in Deutschland).
b) Hochschulbibliotheken Frankreichs
-
-
-
-
-
Derzeit gibt es in Frankreich ca. 70 Universitäten, die zum Teil bis ins Mittelalter
zurückgehen. Dennoch sind die französischen Universitätsbibliotheken mit drei
Ausnahmen in ihrer heutigen Form erst nach 1872 entstanden, als ein Dekret die
Zusammenführung von Instituts- und Fakultätsbibliotheken anordnete und gleichzeitig
neue Universitätsbibliotheken gegründet wurden. Die mangelnde Kontinuität ist auch
der Französischen Revolution geschuldet, nach 1789 wurden die alten Universitäten
aufgelöst.
Eine weitere Welle der Neugründungen erfolgte in den 50er und 60er Jahren,
zusätzlich entstanden in dieser Zeit zahlreiche neue Bibliotheksgebäude.
1970 kam es zur Zerschlagung der Massenuniversitäten in kleinere Einheiten,
wodurch die Universitätsbibliothek einer Stadt häufig mehrere Universitäten
versorgen muss (Bibliothèque interuniversitaire BIU, insgesamt 18; vgl. auch
Duisburg-Essen).
Organisatorisch gliedert sich die Mehrzahl der Universitätsbibliotheken in eine
zentrale und vier Sektionsbibliotheken (entspricht nicht ganz den deutschen
Fachbereichsbibliotheken):
Geisteswissenschaften
Naturwissenschaften
Medizin
Jura
Mit Ausnahme von Paris und Straßburg sind die Universitätsbibliotheken in
Frankreich reine Studienbibliotheken ohne bedeutende Altbestände. Der
Gesamtbestand der französischen Universitätsbibliotheken betrug 1984 18,4
Millionen Bände. Auch die Erwerbungsetats, die vom Wissenschaftsministerium
kommen, sind eher gering; ein Teil der Erwerbungen wird aus Studiengebühren
finanziert. Die Medienversorgung der „normalen“ französischen Universitätsbibliothek
entspricht nicht dem deutschen Niveau.
Beispiel für die problematische Literaturversorgung: Die Bibliothèque de la Sorbonne
versorgt als Bibliothèque interuniversitaire fünf Pariser Universitäten bei einem
Bestand von 3,3 Mio. Bänden und 112 Personalstellen (damit ist sie geringer
dimensioniert als die Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau).
Auch bei den Universitäten hat Paris eine bedeutende Stellung. Im Ballungsraum Paris gibt
es allein 16 Universitäten (Berlin drei), ein Drittel aller Studenten studiert dort, 40 % der
Neuerwerbungen aller Universitätsbibliotheken werden in Paris getätigt.
http://www.bibliotheque.sorbonne.fr/
Bibliothèque nationale universitaire Strasbourg (BNU)
http://www.bnu.fr
Geschichte:
- Wertvolle Bestände der Bibliothèque nationale universitaire Strasbourg
(Seminarbibliothek) wurden im Deutsch-Französischen Krieg 1870 vernichtet (ca.
300.000 Bände, darunter viele Handschriften).
- Anschließend kommt es zu einer Solidaritätsbewegung. Buchgeschenke aus 32
Ländern treffen ein, insgesamt ca. 170.000 Bände (darunter noch heute Bände der
Universitätsbibliothek Königsberg).
45
-
-
Annexion des Elsass durch das Deutsche Reich; Neugründung der Bibliothek als
„Kaiserliche Universitäts- und Landesbibliothek zu Straßburg“ mit der Doppelrolle als
Regionalbibliothek für das Elsass und Universitätsbibliothek
Bestand von 1914 ca. 1 Million Bände.
Am Ende des 1. Weltkrieges wird das Elsass wieder französisch; die Bibliothek wird
zu einer Hochschulbibliothek nach französischem Vorbild umgestaltet.
1926 erfolgt die Anerkennung des Sonderstatus der Bibliothek durch die
Bezeichnung „Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg“.
Auch im 2. Weltkrieg erleidet die Bibliothek große Verluste.
Seit den 50er Jahren erfolgte der Wiederaufbau und die Neugestaltung der
Bibliothek.
Aufgaben der BNU:
- Die Bibliothèque nationale universitaire Strasbourg ist heute (mit einer relativ kleinen
Bestandsgröße im Vergleich zu deutschen Bibliotheken) die zweitgrößte Bibliothek
Frankreichs – auch dies ist ein Resultat der zentralstaatlichen Organisation
Frankreichs.
- Sie ist eine interdisziplinäre Forschungsbibliothek für die Geistes- und
Sozialwissenschaften.
- Sie nimmt die Aufgaben einer Landesbibliothek wahr (Pflichtexemplar für das Elsass
seit 1926 und Erstellung der Landesbibliographie „bibliographie alsacienne“ seit
1965).
- Sie ist Patrimonialbibliothek für das Elsass (Kulturgüterschutz, Bewahrung des
kulturellen Erbes).
Bestände:
- Die Bibliothèque nationale universitaire Strasbourg verfügt über mehr als 3 Millionen
Bestandseinheiten.
- Sie abonniert über 5000 laufende Zeitschriften (auch ein großes Angebot an OnlineZeitschriften und Datenbanken).
- Sie verfügt über einen Altbestand von über 220.000 Bänden (älter als 1810), davon
ca. 2000 Inkunabeln; ca. 6350 Handschriften.
- Dazu kommen Sondersammlungen, z.B. 5200 Papyri, 5000 Ostraka, 39.000 Münzen
und Medaillen, ca. 30.000 topographische und Ortsansichten, 44.000 Karten und
Pläne.
Sammelschwerpunkte:
- Die Bibliothèque nationale universitaire Strasbourg betreut die Sondersammelgebiete
Germanistik und Religionswissenschaften
- Pôle associé der Bibliothèque nationale de France für Germanistik und
Religionswissenschaften (enge Zusammenarbeit mit der Nationalbibliothek)
- Europa-Angelegenheiten
- alle Bücher mit Elsass-Bezug
c) Spezialbibliotheken
-
-
Forschung und Lehre sind in Frankreich wesentlich stärker getrennt als in
Deutschland (dies vor allem bedingt durch die Bildungsreformen Wilhelm von
Humboldts). Die Universitäten dienen überwiegend der Lehre; Forschung, vor allem
Spitzenforschung, findet überwiegend in einer größeren Zahl staatlicher
Forschungseinrichtungen statt.
Einen wichtigen Bereich der Spezialbibliotheken bilden die Bibliotheken der großen
Firmen und Konzerne, hierbei handelt es sich vor allem um Spezialsammlungen aus
dem naturwissenschaftlich-technischen Bereich.
46
-
Wichtige Spezialbibliotheken unterhalten auch die wissenschaftlichen Akademien
(z.B. Bibliothek des Institut des France) und die großen Pariser Museen.
http://www.institut-de-france.fr
Für die Spezialbibliotheken gibt es folgende Vereinigungen:
a) eine Sektion für Spezialbibliotheken (Section des Bibliothèques Specialisées)
innerhalb des französischen Bibliotheksverbands ABF
b) einen Personenverband (L´Association des professionnels de l´information et de la
documentation, ADBS, ehemals Association Française des documentalistes et
bibliothècaires spécialisés)
Trotz dieser Organisationen findet keine enge Zusammenarbeit zwischen den
Spezialbibliotheken oder mit anderen Bibliotheken statt. Daher steht ein Großteil
der wissenschaftlichen Forschungsliteratur der Lehre kaum bzw. nur unter erschwerten
Bedingungen zur Verfügung.
d) Bibliothèques Municipales Classés (BMC)
Die Wissenschaftlichen Stadtbibliotheken (Bibliothèques Municipales Classés, BMC) sind
eine französische Besonderheit.
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1887 teilte ein Dekret die Stadtbibliotheken in Klassen ein; diejenigen, die aus den
Dépôts littéraires hervorgegangen waren und große Sammlungen umfassten, wurden
der ersten Klasse zugerechnet.
Neben dem Gut der Revolution kam 1905 durch die Trennung von Staat und Kirche
theologische Literatur in großem Umfang dazu.
Neben der BNF verwalten sie den größten Teil des Altbestandes.
Die Bibliothèques Municipales Classés werden vom Staat kontrolliert und von
staatlichen Beamten geführt, allerdings zu 90 % von den Kommunen getragen.
Die BMC haben auch die Aufgabe, die Literatur mit Regionalbezug zu sammeln und
zu erschließen.
Insgesamt gibt es in Frankreich 54 Bibliothèques Municipales Classés.
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Frankreich
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Die Forderung, die Lesefähigkeit breiter Bevölkerungsschichten zu verbessern, geht
in Frankreich zurück auf die starke Aufklärung (18. Jahrhundert) und den
zusätzlichen Impuls der französischen Revolution.
Bereits 1902 gab es ca. 3000 Öffentliche Bibliotheken in Frankreich, viele davon in
kirchlicher Trägerschaft.
Seit 1945 ist eine größere Zahl von Stadtbibliotheken neu gegründet worden
(insgesamt ca. 1500), die meisten der Neugründungen nach 1980. Heute haben
fast alle Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern eine Stadtbibliothek, allerdings
ist nach wie vor Unterversorgung in Südfrankreich festzustellen.
Bibliothèques départementales de Prêt
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Die Bibliothèques départementales de Prêt (BDP/BCP - Zentrale Ausleihbibliotheken,
früher Bibliothèques Centrales de Prêt) sind ein Spezifikum des französischen
Bibliothekswesens.
Sie sind für die Medienversorgung im ländlichen Raum zuständig (für Gemeinden
unter 10.000–20.000 Einwohner).
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Sie haben ihren Sitz immer in der Départementshauptstadt und versorgen die Region
mit Medien und Fachkompetenz (damit entsprechen sie deutschen
Büchereifachstellen mit eigenen Beständen).
Meist haben die Bibliothèques départementales de Prêt eine Zentrale sowie ein bis
zwei feste Außenstellen und weitere Mediendepots (in Schulen, Kulturzentren, etc.),
dazu kommen oft noch Medienbusse. Durchschnittlich umfasst eine BDP ca. 160.000
Medieneinheiten.
Entsprechend der Anzahl an Départements gibt es knapp 100 BDP, seit 1986
unterstehen sie den Départements, seither hat allerdings das regionale
Ungleichgewicht zugenommen.
Der Koordination der Bibliothèques départementales de Prêt dient die Vereinigung
der BDP-Direktoren.
http://www.adbdp.asso.fr/
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Erwerbung
Da die umfassende Versorgung der Forschung und Lehre mit ausländischer
wissenschaftlicher Literatur seit den 80er Jahren zunehmend in Frage gestellt wurde,
bildeten einige Universitätsbibliotheken nach dem Vorbild der deutschen
Sondersammelgebiete das System der CADIST (Centre d´Acquisition et de Diffusion de
l´Information Scientifique et Technique), das auch Sondermittel des
Wissenschaftsministeriums erhält.
http://www.sup.adc.education.fr/bib/intro/cadist.htm
Formalerschließung
Hier bilden die ISBDs die Grundlage der bibliographischen Beschreibungen, die
Ansetzungsformen orientieren sich an den 1963 von der Pariser Konferenz aufgestellten
Regeln.
Sacherschließung
Seit 1986 arbeitet die Bibliothèque nationale de France mit der Universität Laval, Quebec, an
der Schlagwortnormdatei Rameau (Répertoire d´autorité-matière encyclopédique et
alphabétique unifié), die für alle frankophonen Länder gelten soll und auf eine Übersetzung
der LoC-Subject headings zurückgeht.
http://rameau.bnf.fr/
Freihandbestände werden zumeist nach der Universal Dezimalklassifikation aufgestellt.
Verbundkatalog
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Der französische Verbundkatalog wird von der 1994 gegründeten „Agence
Bibliographique de l´Enseignement Supérieur“ (ABES) verwaltet.
Der Verbundkatalog (Système universitaire de documentation, Sudoc) umfasst mehr
als 6 Millionen Nachweise, ist ein PICA-Katalog und beruht auf dem Datenformat
MARC21.
http://www.abes.fr/
http://www.sudoc.abes.fr/
Trotz des Verbundkataloges fehlt in Frankreich ein landesweites Fernleihsystem;
außerhalb des Systems der CADIST-Bibliotheken wird über die Fernleihe immer vor
Ort entschieden.
48
Berufsvereinigungen
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Die älteste (seit 1906) und mitgliederstärkste Vereinigung ist der Personen- und
Institutionenverband Association des Bibliothécaires Française (ABF), der sich in 21
Landesgruppen und 4 Sektionen (BNF, Universitätsbibliotheken, Öffentliche
Bibliotheken und Spezialbibliotheken) gliedert.
http://www.abf.asso.fr/
Seit 1963 gibt es daneben noch die Association des Professionnels de l´information
et de la documentation (ADBS, ehemals Association Française des Documentalistes
et Bibliothécaires spécialisés).
http://www.adbs.fr/site/
Bibliothekarische Ausbildung
Die Laufbahngruppen sind in Frankreich, wie in vielen anderen Ländern auch, deutlich
offener als in Deutschland. Folgende Ausbildungsmöglichkeiten existieren:
Höherer Dienst
- zweijähriges Studium an der Ecole Nationale Supérieure des Sciences de
l´Information et des Bibliothèques (ENSSIB) in Villeurbanne bei Lyon
- knapp vierjähriges Studium an der Ecole Nationale des Chartres in Paris, die vor
allem für ihre herausragende Ausbildungsqualität im Bereich der Kodikologie und der
Handschriftenkunde bekannt ist
http://www.enc.sorbonne.fr/
Gehobener Dienst
- nach dem Abitur Studium an der ENSSIB
- einjährige Ausbildung an einem der zwölf regionalen Ausbildungszentren
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Italien
Grundlagen
Zentraler Mittelmeerstaat mit der Hauptstadt Rom, seit 1946 parlamentarische Republik.
Neben dem Festlandteil gehören zu Italien die Inseln Sizilien, Sardinien und Elba (Enklaven
Vatikanstadt und San Marino).
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58 Millionen Einwohner (80 % Katholiken)
301.000 Quadratkilometer
31.800 US $ Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner
20 Regionen mit insgesamt 108 Provinzen (die Regionen Aostatal, Friaul-JulischVenetien, Sardinien, Sizilien und Trentino-Südtirol haben einen sprachlich bedingten
Sonderstatus)
traditionell starkes Nord-Süd-Gefälle (Wirtschaft, Arbeit, Kriminalität, …;
Ausgleichszahlungen)
geographisch bestimmt durch die Lage im Mittelmeer und den abschließenden
Alpenkamm im Norden
Die Regionen Italiens
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Die Sprachen in Italien
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Neben der Amtssprache Italienisch gibt es noch vier regionale Amtssprachen:
Deutsch (Südtirol)
Ladinisch (Südtirol)
Französisch (Aostatal)
Slowenisch (Triest)
Darüber hinaus stehen folgende Minderheitensprachen unter staatlichem Schutz:
Albanisch, Katalanisch, Griechisch, Kroatisch, Franko-Provenzalisch, Furlanisch,
Zimbrisch, Okzitanisch und Sardisch.
Außerhalb Italiens wird Italienisch gesprochen in der Schweiz, San Marino,
Vatikanstadt, Korsika, … Exklaven gibt es in den früheren italienischen Kolonien
Libyen, Somalia und Eritrea, weitere Sprachinseln existieren in Argentinien, Brasilien
und den USA.
Fachwortschatz bei Banken und in der klassischen Musik (Saldo, Konto,... Adagio,
Pianissimo.
Erst spät fand die Volkssprache auch als Schriftsprache Verwendung, dies vor allem
auf Grund der Nähe der einzelnen Dialekte zum Lateinischen. Erste Anwendung der
italienischen Sprache in der Literatur durch Dante 1265-1321.
Grundstrukturen der Geschichte Italiens
a)
Kernland des Imperium Romanum
Aufnahme der griechischen Kultur (Siedlungen, Sprache, Philosophie),
Ausgangspunkt der europäischen Staatlichkeit, der Verwaltung, des Militärwesens.
Die lateinische Sprache war bis ins 19. Jahrhundert die lingua franca der Gebildeten.
Frühe Verbreitung des Christentums in den Gebieten des Imperiums.
b)
Teilgebiet des mittelalterlichen Reiches
Vor allem im Hochmittelalter zwischen Ost (Byzanz) und West umstritten. Politischer
Niedergang, aber Sitz des Patrimonium Petri, lebendige kirchliche Kultur.
Schmelzpunkt der Kulturen (Germanen, Byzantiner, Deutsche, Spanier, Franzosen
u.a.). Kulturhöhepunkt mit der Renaissance.
c)
In Kleinstaaten zerteilt in der frühen Neuzeit
Italien bestand zu dieser Zeit u.a. aus dem Herzogtum. Savoyen, dem
Großherzogtum Toskana, dem Königreich Neapel, der Republik Venedig, dem
Herzogtum Parma, dem Kirchenstaat, dem Herzogtum Mailand, der Republik Genua,
dem Königreich Sardinien, … Unter wechselnden Herrschaftsverhältnissen (vor allem
Frankreich, Spanien, nach dem Wiener Kongress dominiert Habsburg).
d)
Beginn des italienischen Nationalstaats im 19. Jahrhundert
Die italienische Einheit (Risorgimento) war eine Süd-Nord-Bewegung (1861 bis 1906
mit Endpunkt Südtirol) und wurde unter dem König von Piemont-Sardinien, ViktorEmanuel II. erreicht, Zentralfigur der Einigungsbewegung war Giuseppe Garibaldi
(Gebiets- und Machtverluste vor allem für Österreich und den Kirchenstaat).
51
Italien in der frühen Neuzeit
Druckwesen in Italien
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Druckbeginn ist in Italien recht früh (1465), der spanische Kurienkardinal Juan de
Torquemada hatte deutsche Buchdrucker ermutigt, eine Druckerei bei Rom zu
errichten.
Der Inkunabeldruck breitete sich rasch aus (1500 gab es 76 italienische
Druckereien), die frühen Zentren waren Rom und Venedig (Aldus Manutius).
Im 17. und 18. Jahrhundert ist ein Niedergang der Druckqualität festzustellen
(opulente Titelblätter, aber schlechte Druck- und Papierqualität).
Im 19. Jahrhundert wird der Buchdruck industrialisiert, gleichzeitig erfährt die
Typographie von Italien aus neue Impulse.
Buchhandel und Verlagswesen in Italien
-
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Wie in anderen Ländern auch, kam es im 17. und 18. Jahrhundert zu einer
Spezialisierung der Händler und Verleger gegenüber den Druckern. Die Gewerbe
wurden in Italien durch das Zunftwesen der vielen Kleinstaaten extrem geschützt,
was ihre Ausbreitung erschwerte.
Im 18. und 19. Jahrhundert litten sowohl das Verlags- wie auch das
Buchhandelswesen Italiens am Fehlen eines Zentrums (vgl. Leipzig in Deutschland).
Durch die Existenz der vielen Kleinstaaten und durch das Fehlen eines einheitlichen
Urheberrechts wurden Raubdrucke in den italienischen Staaten sehr begünstigt.
52
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Wie in anderen Ländern, leidet das Verlagswesen in Italien heute unter der
Globalisierung und den Konzentrationsprozessen, viele Verlage gaben auf, die
wichtigsten Konzerne sind Mondadori und Rizzoli, der wichtigste
Bibliotheksausstatter (Library Supplier) auch für deutsche Bibliotheken ist Casalini
libri.
http://www.casalini.it/
Rechtliche Grundlagen
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Es gibt keine nationale Bibliotheksgesetzgebung (frühere Rechtsnormen z.B. von
1869, 1876 und 1885 haben sich oft als wirkungslos erwiesen).
Einzelne Regionen (z.B. die Lombardei und Südtirol) haben eigene Gesetze für das
Öffentliche Bibliothekswesen verabschiedet.
Seit 1869/70 besteht ein Pflichtexemplarrecht für die Nationalbibliotheken in Florenz
und Rom, zuletzt 1939 novelliert. Der Verlag liefert vier Exemplare an die Präfektur
der Provinz, zwei davon gehen nach Rom und Florenz. Daneben gibt es allerdings
auch ältere regionale Pflichtablieferungsrechte.
Geschichte des italienischen Bibliothekswesens
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Seit dem frühen MA verfügt Italien über reiche Bibliotheken, die teilweise heute noch
existieren (5. Jahrhundert Verona Biblioteca Capitolare, 529 Monte Cassino, 612
Bobbio u.a.).
Einen weiteren großen Aufschwung erhielten die Bibliotheken in der Renaissance mit
der Gründung wichtiger Adelsbibliotheken (Visconti und Sforza in Pavia, Este in
Ferrara und Modena, Biblioteca edicea Laurenziana in Florenz u.a.).
Eine Vielzahl von Universitätsbibliotheken wurde im 17., viele Öffentliche Bibliotheken
im 18. Jahrhundert gegründet, diese bilden oft die Kernbestände der heutigen großen
Bibliotheken.
Nach der Gründung des Einheitsstaates bestand die Aufgabe, die regionalen
Bibliotheken in ein gesamtstaatliches System einzubinden (Gründung der
Nationalbibliotheken von Florenz und Rom; strukturell vergleichbar mit der Situation
in Deutschland nach 1871).
Heute verfügt Italien über ca. 6000 Bibliotheken; Unterhaltsträger sind
- die römische Zentralregierung
1800
- lokale Träger
2000
- kirchliche Einrichtungen
1000
- Akademien und andere Kultureinrichtungen
500
- weitere öffentliche und private Institutionen
600
Einen komprimierten Überblick über das italienische Bibliothekswesen gibt die folgende
Website:
http://wwwbiblio.polito.it/
Das Wissenschaftlichen Bibliothekswesens in Italien
-
Biblioteca Apostolica Vaticana (trotz der Zugehörigkeit zum Vatikan hier zum
italienischen Bibliothekswesen gezählt)
Nationalbibliotheken (insgesamt neun, davon zwei Zentrale Nationalbibliotheken)
Hochschulbibliotheken
Kirchliche und sonstige Wissenschaftliche Bibliotheken
Spezialbibliotheken
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Die Biblioteca Apostolica Vaticana
http://bav.vatican.va/it/v_home_bav/home_bav.shtml
Geschichte:
Schon seit der frühesten Zeit gab es Büchersammlungen der römischen Bischöfe, der
Beginn der Sammeltätigkeit lässt sich auf das 4. Jahrhundert datieren. Auf Grund
verschiedenster Umstände (Völkerwanderungswirren, Übertragung der Sammlungen in
andere Städte, etc.) haben die Bestände dieser frühen Sammlungen die Zeit jedoch nicht
überdauert.
Die Gründung der heute existierenden Biblioteca Apostolica Vaticana ist das Verdienst von
Papst Nikolaus V. im Jahr 1447 (Nikolaus ergänzte die 350 vorgefundenen Bände durch
seine eigene umfangreiche Bibliothek). Er reorganisierte die Bibliothek und veranlasste
zahlreiche Erwerbungen; bei seinem Tod umfasste die Sammlung rund 1500 Bände.
Zu weiteren beachtlichen Zuwächsen kam es unter Papst Sixtus IV., der die Bibliothek auf
vier Zimmer verteilte, (griechische Werke, lateinische Werke, geheime Werke, päpstliche
Bibliothek). 1587 gab Papst Sixtus V. den Neubau der Bibliothek in Auftrag, noch heute
befinden sich hier die Prunkräume.
Mit der Auslagerung eines großen Teiles der Bestände zu Beginn des 17. Jahrhunderts
begann die Geschichte der vatikanischen Geheimarchive (hier auch der Zusammenhang mit
der Gegenreformation). Seit dieser Zeit wurden auch viele Privatbibliotheken erworben.
Wichtige Einzelbibliotheken der Biblioteca Apostolica Vaticana sind z.B. Biblioteca Palatina
aus Heidelberg und die Bibliothek von Königin Christina von Schweden.
Die Biblioteca Apostolica Vaticana wurde napoleonische Kriegsbeute, sie wurde dem
Heiligen Stuhl 1815 jedoch in großen Teilen wieder übergeben.
Weitere große Bestandszuwächse sind vor allem im 19. und 20. Jahrhundert zu verzeichnen.
Daten und Zahlen:
Neben den neueren Beständen (der Gesamtbestand beträgt ca. 2 Millionen Bände) umfasst
die Vatikanische Bibliothek heute ca.
- 70.000 Handschriften
- 200.000 Autographen
- 8000 Inkunabeln
- 100.000 Karten und Stiche
Aufgaben:
Die Vatikanische Bibliothek ist eine Archiv- und Forschungsbibliothek. Hierzu dienen auch
die Faksimilierungsanstrengungen, die kodikologischen Forschungen und die
wissenschaftliche Bearbeitung der Bestände
Gerade im Bereich der Handschriften verfügt die Vatikanische Bibliothek über eine der
bedeutendsten Sammlungen der Welt.
An die Bibliothek sind eine Bibliotheksschule (http://www.vaticanlibrary.vatlib.it/BAVT/scuola)
sowie Werkstätten zur Restaurierung und Faksimilierung von Handschriften angeschlossen.
In den Lesesälen der Vatikanischen Bibliothek wird seit einiger Zeit die RFID-Technik
verwendet.
Vor allem in den Bereichen ihrer Sondersammlungen und ihrer besonderen Fähigkeiten
ergänzt und erweitert die Biblioteca Apostolica Vaticana das italienische Bibliothekswesen,
auch wenn sie nicht zum italienischen Staatswesen gehört.
54
Die Nationalbibliotheken
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1865 wurde in Florenz, nach Turin die zweite Hauptstadt des neuen Königreiches
Italien, die erste Nationalbibliothek gegründet.
Der Staat Italien vergrößerte sich in der Folgezeit, neue Regionen kamen hinzu, u.a.
auch Rom, das zuvor komplett dem Vatikan unterstand. Nach dieser Erweiterung
wurde 1873 eine weitere Nationalbibliothek in der neuen Hauptstadt gegründet.
Durch die erste nationale Bibliotheksordnung von 1869 war 13 der wichtigsten
Bibliotheken Italiens überregionale Bedeutung zugesprochen worden, zwei erhielten
die Bezeichnung Biblioteca Nazionale Centrale (Rom und Florenz), sieben erhielten
den Titel Biblioteca Nazionale (Turin, Mailand, Palermo, Bari, Venedig, Neapel,
Potenza). Sie sind entfernt vergleichbar mit den deutschen Landesbibliotheken.
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze (BNCF)
http://www.bncf.firenze.sbn.it
Geschichte:
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze geht auf mehrere Gelehrtenbibliotheken des 17.
und 18. Jahrhunderts zurück, zu nennen ist vor allem diejenige des Antonio Magliabechi.
Untergebracht war sie zunächst im Palazzo della Dogana.
Seit 1737 besitzt die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze das Pflichtexemplarrecht
(zunächst für Florenz, seit 1743 für das Großherzogtum Toskana, seit 1869 für Italien).
1861 wurde die Biblioteca Magliabechina mit der Biblioteca Palatina vereint, woraus in der
Folgezeit die Biblioteca Nazionale wurde.
Seit 1935 residiert sie in einem Neubau direkt am Arno (1966 führte ein Arnohochwasser zu
einer totalen Überschwemmung der Bibliothek)
Funktion und Aufgaben:
Neben dem eingehenden Pflichtexemplar (alle in Italien gedruckten Publikationen, auch die
elektronischen) sammelt die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze alle in italienischer
Sprache publizierten Veröffentlichungen und alle Werke, die Italien bzw. Teile davon
betreffen und verzeichnet diese in der Bibliografia Nazionale Italiana, die von der Biblioteca
Nazionale Centrale di Firenze bearbeitet wird (Herausgeber ist allerdings das Instituto
Centrale per il Catalogo Unico delle Biblioteche Italiane e per le Informazioni Bibliografiche
ICCU).
Durch das Pflichtexemplar, die nationalbibliographische Verzeichnung und die
herausragenden Altbestände, die sich zumeist auf das kulturelle Erbe Italiens beziehen,
nimmt die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze wichtige Aspekte einer umfassenden
Nationalbibliothek wahr. Ein geringerer Schwerpunkt wird in der BNCF allerdings auf die
internationale moderne Forschungsliteratur gelegt, dieser Bereich wird schwerpunktmäßig
von der Nationalbibliothek in Rom bearbeitet.
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze ist Sitz des Projektes Servizio Bibliotecario
Nazionale (SBN), das u.a. den italienischen Verbundkatalog anbietet, dem mittlerweile rund
3200 Bibliotheken angehören.
http://opac.sbn.it/
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze nimmt auch an der Biblioteca Digitale Italiana
teil, die vom ICCU (s.u.) administriert wird.
Bestände:
Im Bereich der historischen Bestände verfügt die Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze
über herausragende Sammlungen, die in neuerer Zeit allerdings durch das Pflichtexemplar
und den Erwerb wissenschaftlicher Literatur entscheidend erweitert wurden.
Die Bibliothek besitzt rund
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5,3 Millionen Medieneinheiten
15.000 laufende Zeitschriften (insgesamt 115.000)
3700 Inkunabeln
25.000 Handschriften
1 Million Autographen
Besonders zu erwähnen sind die umfangreiche Galileo-Sammlung mit einem eigenen
Katalog sowie Nachlässe und thematische Sammlungen zu zahlreichen italienischen
Schriftstellern und Wissenschaftlern.
Benutzung:
Die Normalbestände sowie die Dienstleistungen der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze
können von jedermann über 18 Jahren in Anspruch genommen werden. Die Benutzung der
Sonderbestände ist allerdings genehmigungspflichtig.
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma (BNCR)
http://www.bncrm.librari.beniculturali.it/
Geschichte:
- 1876 Gründung der Bibliothek durch König Vittorio Emmanuele II.; der Grundstock
der Bestände stammte aus 69 Klosterbibliotheken. Untergebracht war sie zunächst in
einer ehemaligen Hochschule der Jesuiten.
- 1880 erhielt die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma das Pflichtexemplarrecht.
- 1974 Eröffnung des Neubaus auf einem Gelände, das bereits seit 1939 für die
Bibliothek bestimmt war.
Funktion und Aufgaben:
Die Biblioteca Nazionale Centrale di Roma (BNCR) sammelt schwerpunktmäßig
internationale wissenschaftliche Publikationen, verfügt allerdings wie auch die BNCF über
das italienische Pflichtexemplarrecht.
Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlichen Bibliotheken Italiens gibt die Biblioteca
Nazionale Centrale di Roma einen Gesamtkatalog des ausländischen Schrifttums heraus.
Bestände:
Der Gesamtbestand der Biblioteca Nazionale Centrale di Roma beträgt heute mehr als 6
Millionen Medieneinheiten.
- 6 Millionen Einheiten
- 15.000 laufende Zeitschriften (insgesamt 46.000)
- bei weitem nicht so viele Inkunabeln (800), Handschriften (2000) und wertvoller
Altbestand wie die BNCF, durch den Gründungsbestand der Klosterbibliotheken ist
nur der Bereich der Theologie mit Altbestand stark vertreten
- 21.000 geographische Karten
- umfangreiche Sammlungen von Hochschulschriften und Zeichnungen
Wie die BNCF beteiligt sich auch die BNCR an der Digitalen Bibliothek Italiens, auch
kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen werden regelmäßig durchgeführt.
Hochschulbibliotheken in Italien
-
In Italien wurden die ersten Universitäten gegründet (1088 Bologna, 1224 Neapel,
noch früher existierten bereits theologische, juristische und medizinische
Hochschulen). Zu Gründungen von regelrechten Universitätsbibliotheken kam es
allerdings meist erst im 17. und 18. Jahrhundert. Bis dahin existierten allenfalls
einzelne Fakultätsbibliotheken.
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Von den heute ca. 100 Universitäten betreuen die 10 größten etwa die Hälfte der 1,8
Millionen Studenten.
Einen Überblick über das italienische Hochschulwesen gibt das Deutsch-Italienische
Hochschulzentrum.
http://ait.tridentum.com/indexd.asp
Ein Großteil der Universitätsbibliotheken übernimmt neben der Breitstellung der
Literatur für Forschung und Lehre auch die Funktion einer Regional- oder
Stadtbibliothek (vor allem die älteren, z.B. Bologna, Cagliari, Genua, Padua, etc.).
Es gibt nur drei technisch ausgerichtete Universitäten; Fachhochschulen wie in
Deutschland fehlen in Italien.
Wie in Deutschland gab es auch in Italien gerade in den älteren
Universitätsbibliotheken meist zwei- oder mehrschichtige Systeme, diese wurden oft
erfolgreich restrukturiert und einem koordinierenden Bibliotheksrat unterstellt. Private
Universitäten hatten ebenso wie Universitätsneugründungen zumeist von Beginn an
einschichtige Bibliothekssysteme.
Die Universität von Florenz hatte vor der Verwaltungsreform des Jahres 1993 keine
zentrale Universitätsbibliothek, 21 Bereichsbibliotheken und 80 sogenannte Fondi
librari (kleinere Büchersammlungen, Institutsbibliotheken). Heute besteht die
Universitätsbibliothek aus einer Zentrale und fünf Fachbereichsbibliotheken.
http://www.sba.unifi.it
Kirchliche und sonstige Wissenschaftliche Bibliotheken
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Hierzu zählen einige Wissenschaftliche Bibliotheken mit ÖB-Funktion, z.B. in Brescia
und trotz mehrerer Wellen von Klosteraufhebungen in Italien eine Vielzahl von
Klosterbibliotheken mit wertvollen Altbeständen und wissenschaftlich relevanter
Literatur.
Ein Beispiel hierfür bietet die Biblioteca Ambrosiana in Mailand.
Die 1607 vom Mailänder Erzbischof Federigo Borromeo gegründete Bibliothek
umfasst neben herausragenden Altbeständen (u.a. 2100 Inkunabeln, 35.000 Hss.,
…) auch eine bedeutende Kunstsammlung von Weltruf (Pinacoteca).
http://www.ambrosiana.it
Spezialbibliotheken
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Die wichtigsten italienischen Spezialbibliotheken sind die Sammlungen von
staatlichen Großforschungseinrichtungen (auch in Italien ist die technische
Spitzenforschung von der universitären Lehre getrennt) und von großen Firmen
(hierbei sind vor allem die wirtschaftsstarken Ballungsräume Norditaliens von
Bedeutung).
Einen Überblick über einige der wichtigsten italienischen Spezialbibliotheken gibt eine
Zusammenstellung von Liber-Liber, eine Non-Profit-Vereinigung zur Förderung der
Künste und der Wissenschaften.
http://www.liberliber.it/servizi/link/italia/biblioteche_specializzate.htm
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Italien
-
Mit der Konstituierung der Regionen ging die Unterhaltspflicht für die Öffentlichen
Bibliotheken an die Regionen bzw. die Kommunen über.
Nach einem Ministerialerlass von 1972 soll in Italien ein abgestuftes öffentliches
Bibliothekssystem aufgebaut werden, ähnlich den Bibliotheksplänen von 1973 und
1993. Ziel war die Schaffung einer Bibliothek für jede Gemeinde. Allerdings herrscht
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-
gerade im Öffentlichen Bibliothekswesen noch immer ein sehr großes Nord-SüdGefälle.
Seit jeher sind die Schulbibliotheken in Italien eng mit dem Öffentlichen
Bibliothekwesen verknüpft, allerdings gibt es auch hier keine verbindlichen
staatlichen Regelungen. 1981 zählte man 12.743 „Schuleinheiten“ (ehrenamtlich
betreute Schulbibliotheken).
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Istituto Centrale per il Catalogo Unico delle Biblioteche Italiane (ICCU)
Das Istituto Centrale per il Catalogo Unico delle Biblioteche Italiane wurde 1951 in Rom
gegründet, die wichtigsten Ziele des Instituts sind:
- Gesamtkatalog aller italienischen Publikationen
- Handschriftenzensus
- Katalog der Frühdrucke
- Erarbeitung von Richtlinien zur Formalerschließung (1978 Einführung der Regole
Italiane di Catalogazione per Autore, RICA)
http://www.iccu.sbn.it/
Servizio Bibliotecario Nazionale (SBN)
Der SBN wurde 1986 gegründet und untersteht dem ICCU. Er bildet den landesweiten
Verbund von über 3100 Wissenschaftlichen Bibliotheken (Universitätsbibliotheken,
Nationalbibliotheken, etc.).
Die wichtigsten Dienstleistungen sind:
- Verbundkatalogisierung
- ICCU-Verbundkatalog für Publikationen ab 1830
- Kataloge für Altbestand, Karten, Handschriften und Musica practica
- Organisation der Fernleihe
http://www.sbn.it/
Archivio Collettivo Nazionale Periodici (ACNP)
Das Centro Inter-bibliotecario der Universität Bologna verwaltet den ACNP, eine Datenbank,
die ca. 700.000 Zeitschriftentitel mit den entsprechenden Bestandsdaten nachweist. Die
Datenbank ist mit der ZDB vergleichbar und dient in Italien auch für die Organisation der
Fernleihe bzw. der Dokumentenlieferung.
http://www.cib.unibo.it/acnp
Katalog des ACNP:
http://acnp.cib.unibo.it/cgi-ser/start/it/cnr/fp.html
Kooperation
-
-
Kooperation beim konventionellen Bestandsaufbau findet in Italien so gut wie nicht
statt, allerdings werden auch hier E-Journals und andere elektronische Angebote oft
konsortial erworben.
Bei den großen Nationalbibliotheken hat die Retrodigitalisierung der eigenen
Kataloge oft Vorrang vor innovativen Projekten; wie in der Schweiz werden
überregionale Initiativen auch in Italien oft durch die Vielfalt der Bibliothekssysteme
verhindert. Verwendet wird zumeist das Datenformat MARC, allerdings in
verschiedenen Versionen.
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Berufsvereinigung
1930 wurde die Associazione Italiana Biblioteche (AIB) gegründet, der einzige allgemeine
Bibliothekarsverband in Italien, ein Vorläufer existierte seit 1896. Mitglieder sind über 4500
Einzelpersonen und Bibliotheken. Der AIB hat fachliche und regionale Untergruppen, seine
wichtigsten Aktivitäten gelten folgenden Bereichen:
-
Organisation von Kongressen
eigene Publikationen
Organisation von Auslandsaufenthalten
Lobbyarbeit für das Bibliothekswesen
Vertretung des italienischen Bibliothekswesens in internationalen Berufsverbänden
und sonstigen Organisationen
Fortbildungsangebote
http://www.aib.it/
Bibliothekarische Ausbildung
-
-
-
Die bibliothekarische Ausbildung in Italien wird zum einen von den Universitäten
bestritten, deren Studiengänge jedoch häufig zu akademisch und praxisfern sind; die
Studiengänge führen oft zur Promotion.
Außerhalb der Bibliotheken halten die verschiedensten Institutionen (Bibliotheken,
Gebietskörperschaften, Berufsverbände, etc.) Ausbildungskurse ab, die sich in
Zielsetzung, Niveau und Inhalten allerdings stark unterscheiden.
Nicht immer verschafft eine abgeschlossene bibliothekarische Ausbildung einem
Bewerber einen deutlichen Vorteil. Die Bibliotheken gehen in der Regel davon aus,
neue Mitarbeiter selbst auszubilden.
59
Großbritannien
Grundlagen
Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland ist eine konstitutionelle
Monarchie im Nordwesten Europas, Hauptstadt ist London; gleichzeitig ist es der größte
Inselstaat Europas. Es besteht aus den Landesteilen England, Schottland und Wales (auf
der Insel Großbritannien) und Nordirland (auf der Insel Irland), sowie einigen
Überseeterritorien (Falklands, Gibraltar, Bermudas, St. Helena, etc.).
-
244.000 Quadratkilometer
60,4 Millionen Einwohner (74 % bezeichnen sich als Christen, nur 14 % gehören
einer Kirche an)
38.100 US $ Bruttoinlandsprodukt pro Person
inoffizielle Amtssprache ist Englisch
die vier Landesteile sind in Verwaltungseinheiten gegliedert (England 81, Wales 22,
Schottland 32 und Nordirland 26 Bezirke)
Großbritannien ist geprägt durch die Insellage des Landes und die liberalen
Grundüberzeugungen der Briten.
Die Landesteile der britischen Inseln
60
Sprachen in Großbritannien
Einheimische Sprachen Großbritanniens
Großbritannien hat keine offizielle Amtssprache, allerdings wird Englisch von 95 % der
Bevölkerung als einzige Sprache gesprochen. Anerkannte Regionalsprachen sind Walisisch
(Wales, 600.000 Sprecher), Scots (Schottland, 60.000 Sprecher), Kornisch (Cornwall, 3500
Sprecher) und Ulster Scots (Nordirland 30-100.000 Sprecher), typisch für diese Sprachen
sind ihre Randlagen im Norden und Westen des Königreiches.
Minderheiten in Großbritannien und ihre Sprachen
-
Westinder - Sammelbegriff für Einwanderer karibischer oder afrikanischer
Abstammung (Black Caribbean, Black African), 1,1 Million
Inder - auch wenn sie aus einem Land kommen, unterscheiden sich die Inder doch
sprachlich, religiös und kulturell sehr, 1,05 Millionen
Pakistanis - wesentlich homogenere Gruppe als die Inder, allerdings oft als solche
wahrgenommen, 750.000
zahlreiche weitere Minderheiten - vor allem aus dem Bereich der ehemaligen
Kolonien, aber auch aus Osteuropa
Englisch als Weltsprache
-
-
Chinesisch ist zwar die meistgesprochene Sprache der Erde (hier ist Englisch nach
Spanisch auf Platz drei), Englisch ist jedoch die am weitesten verbreitete. Englisch
wird in mehr als 50 Ländern gesprochen und von zahlreichen internationalen
Organisationen als Amtssprache verwendet (340 Millionen Muttersprachler, 170
Millionen Zweitsprachler).
Englisch ist heute die Lingua franca in nahezu allen Bereichen: Wirtschaft, Politik,
Wissenschaft, …
In manchen Teilen der Welt wird der hieraus resultierende Anglozentrismus beklagt,
für die anglophonen Länder ergeben sich oft bessere Voraussetzungen im
internationalen Wettbewerb (vgl. u.a. Nobelpreise).
Die anglophone Welt
61
Geschichte Großbritanniens
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Abgesehen vom Gebiet des heutigen Schottlands waren weite Teile Großbritanniens
in der Antike Teile des Imperium romanum mit den hieraus resultierenden
Implikationen (Latein, Religion, frühe Kultur).
in der Völkerwanderungszeit Niedergang und germanische Eroberung (Angeln,
Sachsen, Jüten und Friesen, keltische Randlagen, Heptarchie, Einheitsstaat unter
Alfred dem Großen gegen die Bedrohung durch die Wikinger)
1066 Eroberung der Insel durch die Normannen (Hastings), Romanisierung der
englischen Sprache, im weiteren Verlauf des Mittelalters und der frühen Neuzeit
werden Wales, Schottland und Irland immer mehr von England dominiert (1707 mit
dem Act of Union gesetzlich untermauert)
Durch den Sieg über Napoleon (entscheidend die Schlacht bei Trafalgar 1805)
etabliert sich das United Kingdom als unbestrittene Seemacht, das trotz des
Verlustes der USA über ein Weltreich herrscht.
Herausragend ist das United Kingdom bei der Industrialisierung im 19. Jahrhundert.
Ausbau und Festigung des British Empire in der 2. Jahrhunderthälfte, Zeitalter des
Victorianismus.
England geht aus beiden Weltkriegen als Siegermacht hervor, nach dem 2. Weltkrieg
verliert es seine Kolonien (Commonwealth) und hat mit einem wirtschaftlichen
Niedergang zu kämpfen, der heute überwunden ist.
Das British Empire
Buchdruck und Buchhandel in Großbritannien
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Der erste Druck in England durch Willam Caxton erscheint im Jahr 1476.
Obwohl Großbritannien im Mittelalter ein Zentrum der europäischen Buchkultur war
(Book of Kells, Lindisfarne Gospels), stand es bei der Erfindung und Rezeption des
Buchdrucks am Rande; im 16. und 17. Jahrhundert spielt das Land kaum eine Rolle.
Dies ändert sich ab dem 18. Jahrhundert; London wird neben Leipzig, den
niederländischen Städten und Paris zu einem wichtigen Zentrum beim Buchdruck
und im Buchhandel.
England wird Zentrum eines immer größer werdenden Empires.
Der wirtschaftliche Aufschwung stärkt die Binnennachfrage (breitere Volksbildung
und Lesefähigkeit).
62
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Die Kolonien stellen auch einen großen Exportmarkt für die nationale Buchproduktion
dar.
England ist führend in der Industrialisierung (auch in der Buchherstellung).
Die Rolle Londons
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Sowohl der Buchdruck als auch der Buchhandel konzentrieren sich sehr stark auf
London.
Von hier aus wurden die neuen Absatzmärkte in Übersee erschlossen (Nordamerika,
Indien, Südafrika, Australien, ...).
Erst die Unabhängigkeit und der wirtschaftliche Aufschwung der USA stoppten die
Hegemonialstellung Londons auf dem englischsprachigen Weltmarkt. Mittlerweile ist
New York die wichtigste Verlagsstadt und viele britische Verlage und
Buchhandelskonzerne wurden von US-amerikanischen Konkurrenten aufgekauft oder
haben mit ihnen fusioniert.
Dennoch ist London in vieler Hinsicht noch immer das Zentrum der kulturell
weitgefächerten anglophonen Welt (Zentrum des Commonwealth, Zentrum der
anglikanischen Kirche, Sitz des Königshauses, internationaler Organisationen, ...).
Großbritanniens Rolle bei der Zeitungspresse
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Die liberale Grundhaltung in Großbritannien, besonders in England, hat schon früh
wichtige Entwicklungen des Zeitungswesens befördert:
- Mit „The Daily Telegraph“ erschien 1855 die erste Zeitung, die nur einen Penny
kostete.
- Nur vier Jahre nach ihrer Gründung erreichte die „Daily Mail“ eine Auflage von
einer Million (erstes Massenblatt).
- Mit „The Daily Mirror“ erschien 1903 die erste Zeitung für Frauen, diese
Spezialisierung ist mittlerweile aber wieder aufgehoben.
In den 30er Jahren entbrannte unter den Zeitungsbaronen ein regelrechter
Auflagenkrieg um die Massenblätter (1950 erschien das Sonntagsblatt „News of the
World“ in einer Auflage von 8,5 Millionen).
1986 verlegte der Australier Rupert Murdoch seine Zeitungen (The Sun, News of the
World, Times, Sunday Times) vom Zeitungsviertel (Fleet Street) in den Osten von
London und produziert dort mit neuesten Technologien.
Das Bibliothekswesen in Großbritannien
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England ist ein wichtiges Zentrum vor allem des frühmittelalterlichen
Bibliothekswesens (iroschottische Mission, angelsächsische Mission), allerdings kam
es immer wieder zu Zerstörung der Bibliotheken während der Wikingereinfälle des 8.
und 9. Jahrhunderts.
Im Spätmittelalter gab es nennenswerte Buchsammlungen in den Kathedral-, Klosterund Universitätsbibliotheken des Landes. Auflösung der Klosterbibliotheken um 1530.
Um 1700 entstanden herausragende Privatbibliotheken (Robert Cotton, Thomas
Bodley u.a.).
Im 19. Jahrhundert kommt es zu zahlreichen Neugründungen von wissenschaftlichen
und Öffentlichen Bibliotheken; seither verfügt Großbritannien über ein
leistungsstarkes und vielfältiges Bibliothekswesen, das durch eine starke Gründungsund Modernisierungswelle in den 1960ern noch einmal entscheidend verbessert
wurde.
63
Rechtliche Grundlagen
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Das erste Pflichtexemplarrecht Großbritanniens ist der „Licensing Act“ von 1662,
danach stand der Royal Library und den Bibliotheken von Oxford und Cambridge je
ein Exemplar jedes britischen Druckwerkes zu.
Das heutige Pflichtexemplar geht auf den Copyright Act von 1911 zurück und wurde
mehrmals novelliert. Heute gilt für das Pflichtexemplar der Legal Deposit Libraries Act
von 2003. Er sieht eine obligatorische Abgabe aller in Großbritannien publizierten
Druckwerke an die British Library vor sowie die Abgabe auf Anforderung an fünf
weiteren Bibliotheken:
- Nationalbibliothek von Schottland
- Nationalbibliothek von Wales
- University Library of Cambridge
- Bodleian Library, Oxford
- Bibliothek des Trinity College in Dublin.
Der Public Lending Rights Act von 1979 regelt die urheberechtlichen Fragen im
Zusammenhang mit der Ausleihe (Entschädigung der Urheber, entspricht funktional
der VG Wort in Deutschland).
Umfassende Rechtsvorschriften existieren für das Öffentliche Bibliothekswesen mit
dem Public Libraries and Museums Act von 1964.
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Großbritannien
a)
b)
c)
Nationalbibliotheken
Hochschulbibliotheken
Spezialbibliotheken
a) Nationalbibliotheken
The British Library
http://www.bl.uk
Geschichte:
Die wichtigste Vorläuferorganisation der British Library, die Bibliothek des British
Museum (mit dem berühmten 1857 eröffneten Kuppellesesaal) wurde 1753 gegründet.
1973 wurde durch die Zusammenlegung der Bibliothek des British Museum mit mehreren
anderen Bibliotheken und Organisationen die British Library begründet (The British
Library Act). Zusammengeführt wurden folgende Organisationen:
- die Bibliothek des British Museum (diese Institution erhielt seit 1911 die CopyrightExemplare aller in Großbritannien veröffentlichten Drucke)
- die Bibliothek des Patentamtes bzw. ab 1962 die Nationalbibliothek für
Naturwissenschaften und Erfindungen
- die Nationale Zentralbibliothek (Ausleihbibliothek für Studenten)
- die Nationale Leihbibliothek für Naturwissenschaften und Technik (zentrale
Versorgung der landesweiten Fernleihe)
- die Britische Nationalbibliographie
- das Amt für naturwissenschaftliche und technische Information
Funktion im britischen Bibliothekswesen:
- relativ dominierende Stellung als Nationalbibliothek (mehr nationalbibliothekarische
Funktionen als z.B. die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt und Leipzig,
allerdings ist sie nicht die einzige Bibliothek mit dem nationalen Pflichtexemplar)
64
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Archivierung der Pflichtexemplare für das gesamte Königreich (Legal Deposit)
Umfassendste Sammlung der ausländischen wissenschaftlichen Literatur in
Großbritannien (Diktum von Antonio Panizzi: größte italienische Bibliothek außerhalb
Italiens, größte französische Bibliothek außerhalb Frankreichs, …)
Höchstes Niveau der Informationsbeschaffung in Großbritannien
Erstellt die British National Bibliography (BNB)
Verfügt über einen herausragenden Altbestand und einzigartige sprach- und
materialbezogene Sonderbestände
Zahlen und Daten:
- 150 Millionen physische Einheiten in den meisten bekannten Sprachen, dies
entspricht 625 Regalkilometern bei einem jährlichen Zuwachs von 12 Kilometern
- Mit 260.000 Zeitschriftentiteln (ca. 50.000 laufend) verfügt die British Library über den
größten Zeitschriftenbestand Europas.
- Die British Library umfasst herausragende Sonderbestände wie Handschriften
(310.000 Beowulf, Magna Carta, Beatles, …) , Zeitungen, Karten (4 Millionen),
Tonträger, Patente (50 Millionen), Briefmarken (8 Millionen), …
- 1200 Leseplätze in den Lesesälen (rund 400.000 Benutzer pro Jahr in den
Lesesälen)
- über 6 Millionen Suchvorgänge im British Library Online Catalogue
Gebäude:
Die British Library unterhält heute drei Standorte:
- den 1998 fertiggestellten neuen Zentralbau bei St. Pancras, neben dem
Magazinbereich und den Lesesälen und dort ist auch die ständige Ausstellung
herausragender Werke untergebracht. Der Neubau der British Library ist das größte
öffentliche Gebäude Großbritanniens im 20. Jahrhundert; verarbeitet wurden über 10
Millionen Ziegelsteine und 180.000 Tonnen Beton.
- die Gebäude in Bosten Spa (Yorkshire / Nordengland), dort ist der Zentralbereich für
Ausleihe und Dokumentenlieferung (4 Millionen Fernleihanfragen pro Jahr, damit
größter Lieferservice der Welt)
- Newspaper Library in Colindale, einem Vorort von London, hier werden vor allem die
magazinintensiven Zeitungsbestände aufbewahrt und auch der Benutzung zur
Verfügung gestellt.
Weitere Nationalbibliotheken Großbritanniens
Neben der British Library gibt es noch zwei weitere Nationalbibliotheken in Großbritannien:
The National Library of Scotland (mit Sitz in Edinburgh)
The National Library of Wales (mit Sitz in Aberystwyth)
[Die National Library of Ireland in Dublin gehört zur Republik Irland und damit nicht
zu Großbritannien]
Die Nationalbibliotheken von Schottland und Wales verfügen über herausragende
Sammlungen zu den jeweiligen Landesteilen und Regionen sowie den jeweiligen regionalen
Sprachen (Schottisch und Walisisch), wie die British Library haben auch diese
Nationalbibliotheken das Pflichtexemplarecht für alle Teile von Großbritannien.
Die Bibliothek des Trinity College in Dublin gehört heute zwar politisch nicht mehr zu
Großbritannien, übernimmt aber aus historischen Gründen auch nationalbibliothekarische
Aufgaben für die gesamten britischen Inseln und profitiert – wie die Nationalbibliotheken von
Schottland und Wales und die Universitätsbibliotheken von Cambridge und Oxford – vom
britischen Pflichtexemplar.
Schottland: http://www.nls.uk/
Wales:
http://www.llgc.org.uk/
Irland:
http://www.tcd.ie/Library/
65
b) Hochschulbibliotheken
Das Hochschulsystem in Großbritannien
-
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Es gibt in Großbritannien ca. 100 Universitäten (ca. 50 Volluniversitäten), die ältesten
sind die renommierten Universitäten von Oxford und Cambridge, deren Bibliotheken
zu den bedeutendsten im ganzen Land zählen.
Dazu kommen 68 weitere Hochschulen (Colleges of Higher Education). Insgesamt
studieren in Großbritannien ca. 1,9 Millionen Menschen.
London verfügt über mehrere Universitäten, von denen die University of London die
bedeutendste ist.
Das Niveau der britischen Hochschulen ist sehr unterschiedlich, die berühmten
Universitäten gehören zu den besten der Welt, die staatlichen sind wesentlich unter
diesem Niveau, erheben jedoch geringere Studiengebühren.
Auch wenn die britischen Universitäten streng genommen keine staatlichen
Institutionen sind, bekommen sie ca. 75 % ihrer Finanzmittel vom Staat (verteilt durch
das „University Grants Committee, diese Organisation entspricht der deutschen
Hochschulrektorenkonferenz).
1950 schlossen sich die Wissenschaftlichen Bibliotheken in der Society of College, National
& University Libraries zusammen (früher Standing Conference of National and University
Libraries, SCONUL).
Die Ziele der Organisation sind:
- gegenseitiger Nutzen von Innovationen (best practice)
- Vertretung der Belange der Wissenschaftlichen Bibliotheken in der politischen
Diskussion
- Schärfung des Profils der jeweiligen Bibliotheken
http://www.sconul.ac.uk/
Die Hochschulbibliotheken
Die britischen Hochschulbibliotheken lassen sich in drei Gruppen einteilen:
-
die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen (Oxford, Cambridge, Glasgow, St.
Andrews, …)
Gründungen des 19. Jahrhunderts (Manchester, Birmingham, Sheffield, Bristol, …)
Gründungen nach 1945 (Southampton, Exeter, auch einige in Universitäten
umgewandelte Fachhochschulen)
Die Ausbauphasen der britischen Universitätsbibliotheken entsprechen damit denen in
Deutschland.
Probleme der Hochschulbibliotheken
Die Hochschulbibliotheken haben zu kämpfen mit:
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stark gestiegenen Studentenzahlen
stagnierenden Etats bei steigenden Preisen
Platzmangel (in Großbritannien ein besonderes Problem, da ein Großteil der
Bestände freihand aufgestellt ist)
gerade die älteren Hochschulbibliotheken sind oft mehrschichtig angelegt und
befinden sich in einem Umstrukturierungsprozess
66
Oxford University Libraries
http://www.ox.ac.uk/libraries
Oxford ist die älteste Universität Großbritanniens und der englischsprachigen Welt Sie ist
aus verschiedenen, meist von Klöstern getragenen Schulen hervorgegangen, deren Existenz
schon für das frühe 12. Jahrhundert bezeugt ist. Heute ist die Universität eine
traditionsbewusste Eliteuniversität und gleichzeitig ein modernes Hochschulzentrum, in dem
18.000 Studenten aus mehr als 130 Nationen studieren. Die Universität besteht aus 39
Colleges, die sich selbst verwalten.
Entsprechend dem Alter der Universität handelt es sich bei den Oxford University Libraries
um ein mehrschichtiges System, dem insgesamt über 100 einzelne Bibliotheken angehören,
die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen.
Allein die 38 größen Collegebibliotheken auf dem Campusgelände vereinen einen Bestand
von über 11 Millionen Einheiten, was die Oxford University Libraries nach der British Library
zur zweitgrößten Büchersammlung im Vereinten Königreich macht. Dazu kommen noch
kleinere Fakultäts- und Institutsbibliotheken.
Typischerweise verfügen die einzelnen Collegebibliotheken über umfangreiche Bestände an
moderner Forschungsliteratur sowie über einen oft herausragenden Altbestand. Viele der
Sammlungen sind von nationaler Bedeutung.
Alle Oxford University Libraries nehmen an dem gemeinsamen Nachweissystem Oxford
Libraries Information System (OLIS) teil, das den gesamten modernen Bestand über eine
Z39.50 Schnittstelle nachweist (insgesamt über 5 Millionen Titel).
http://www.lib.ox.ac.uk/olis
Die Kooperation, vor allem die Buchbearbeitung, aber auch der Buchtransport der Bestände
innerhalb des Campus, erfolgt über den Oxford University Library Service.
http://www.ouls.ox.ac.uk
Viele der Bibliotheken, die zu den Oxford University Libraries gehören, sind von
herausgehobener Bedeutung; wichtige Beispiele hierfür sind die
-
Bodleian Law Library (Jura)
Redcliffe Science Library (Naturwissenschaften)
Sackler Library (Archäologie, Kunstgeschichte, Klassische Philologie,
Altertumswissenschaften)
Social Science Library (Sozialwissenschaften)
Taylor Institution Library (Geisteswissenschaften)
Die zentrale Universitätsbibliothek der University of Oxford ist jedoch die Bodleian Library.
The Bodleian Library
http://www.bodley.ox.ac.uk
Geschichte:
Die Bodleian Library (offizieller Name ist Bodley´s Library) ist eine der ältesten Bibliotheken
Europas. Die Erstgründung erfolgte um 1320 in Oxfords akademischem Zentrum. Im Zuge
der Reformation kam es zu größeren Verlusten und zu einer zeitweiligen Schließung der
Bibliothek.
67
Nach 1597 betrieb der Diplomat Sir Thomas Bodley den Wiederaufbau der Bibliothek, für
den er sowohl seine eigene Büchersammlung wie auch sein privates Vermögen aufwendete,
mit dem er die Sammlungen systematisch vergrößerte.
1602 wurde die Bibliothek dann mit einer Sammlung von über 2000 Bänden neu eröffnet.
Neben den Sammlungen von Thomas Bodley bestand der Grundstock vor allem aus einer
Schenkung des Duke of Gloucester, einem Bruder König Heinrichs II.
1605 erschien der erste gedruckte Bibliothekskatalog in England.
1610 erlangte Bodley eine Übereinkunft mit den englischen Verlegern, wonach der Bibliothek
ein Freiexemplar von jedem gedruckten Werk zu überlassen war. Diese Übereinkunft wurde
allerdings nicht in allen Fällen eingehalten.
1911 wurde die Bodleian Library zu einer der fünf (heute sechs) Bibliotheken mit
Pflichtexemplarrecht in Großbritannien erhoben.
In den 1930er Jahren wurde das sogenannte New Bodleian Building errichtet, das alte und
das neue Bibliotheksgebäude sind durch einen Tunnel mit einer Buchförderanlage
verbunden.
Bestände:
Die Bodleian Library verfügt derzeit über einen Bestand von über 9 Millionen Einheiten
(davon rund 6 Millionen Bücher und Zeitschriftenbände, was 176 Regalkilometern entspricht,
damit ist auch die Bodleian Library allein die zweitgrößte Bibliothek Großbritanniens).
Allerdings gehören zur Bodleian Library auch einige Spezialbibliotheken, u.a. die Bodleian
Japanese Library, die Indian Institute Library, etc. mit den entsprechenden
Spezialbeständen.
Die Lesesäle der Bibliothek bieten rund 2500 Lesern Platz.
Digitalisierung:
Die Bodleian Library bzw. die Oxford University Libraries sind führend in der
Retrodigitalisierung ihrer Bestände. Von besonderer Bedeutung sind zwei Projekte:
Oxford Digital Library (ODL)
Diese 2001 begonnene Sammlung digitaler Texte besteht aus dem eigenen Bestand und
konzentriert sich sehr stark auf die Sondersammlungen und Spezialbestände der Bibliothek,
sie bündelt alle Digitalisierungsprojekte der Oxford University Libraries.
http://www.odl.ox.ac.uk
Google Book Search
Über die Oxford Digital Library hinaus kooperierte die Bodleian Library als erste europäische
Bibliothek auch mit Google Book Search, um eigene Bestände von Google digitalisieren zu
lassen.
http://books.google.de
The Cambridge University Library
http://www.lib.cam.ac.uk
Zur Cambridge University Library, der zentralen Universitätsbibliothek der University of
Cambridge, gehören neben der eigentlichen Zentralbibliothek noch vier weitere Bibliotheken:
-
Die Betty and Gordon Moore Library
Die Medical Library
Die Central Science Library
Die Squire Law Library
Neben dieser Gruppe von Bibliotheken, die zusammen die Cambridge University Library
bilden, gibt es auf dem Campus aber noch zahlreiche unabhängige Collegebibliotheken.
68
Geschichte:
- Erste Belege für die Bibliothek finden sich durch Schenkungsanordnung in
Testamenten von 1416.
- Anfang des 15. Jahrhunderts erfolgt die Erweiterung der Funktion als
Universitätsbibliothek.
- 1709 greift ein erstes Pflichtexemplarrecht.
- 1919 bekommt Cambridge das nationale Pflichtexemplar zugesprochen.
- 1931-1934 wird das neue Gebäude der Zentralbibliothek mit sehr großem Aufwand
errichtet (damit es zu den Gebäuden der Umgebung passt, werden künstlich
gealterte Steine verwendet).
Bestände:
Insgesamt verfügen die fünf Bibliotheken der Cambridge University Library über einen
Bestand von nahezu 8 Millionen Einheiten (inklusive Mikroformen, Einblattdrucke, etc.).
Wie die Bodleian Library hat auch die University Library of Cambridge das
Pflichtexemplarrecht für Großbritannien.
Insgesamt erwirbt die Bibliothek pro Jahr rund 80.000 Medieneinheiten, für die etwas mehr
als 3 Millionen Pfund ausgegeben werden.
Neben dem Pflichtexemplarbestand und dem wissenschaftlichen Allgemeinbestand verfügt
die Cambridge University Library über zahlreiche renommierte thematische (Jura,
Lateinamerika, Medizin, …) und medienspezifische (Dissertationen, Zeitungen,
Fotographien, Karten, …) Sondersammlungen.
Benutzung:
Jährlich werden rund 210.000 Einheiten entliehen. Eine Ausleihe außerhalb der
Bibliotheksgebäude ist nur für Graduierte möglich. Benutzer, die nicht der University of
Cambridge angehören, benötigen ein Referenzschreiben und müssen eine Gebühr
entrichten.
Kataloge:
Die wichtigsten Zugriffsinstrumente auf die Bestände der Cambridge University Library
bieten die folgenden Kataloge:
a) Newton (ist der Gesamtkatalog des universitären Bibliothekssystems von Cambridge,
er umfasst die Hauptbibliothek mit ihren vier Zweigstellen und fast alle darüber hinaus
existierenden Collegebibliotheken, einzelne Teile des Bestands können auch separat
durchsucht werden, z.B. nur der Katalog der Zentralbibliothek mit den vier
Zweigstellen, etc.)
http://www.lib.cam.ac.uk/newton
b) Janus (bietet seit 2002 Zugriff auf die Archivbestände der Cambridge University
Library und weiterer Institutionen)
http://janus.lib.cam.ac.uk
Darüber hinaus existiert noch eine Reihe von Spezialkatalogen vor allem zu den
Sonderbeständen der Cambridge University Library, beispielsweise den ostasiatischen
Beständen.
69
c) Spezialbibliotheken
-
Die ersten Spezialbibliotheken waren die der verschiedenen wissenschaftlichen
Gesellschaften und Akademien, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.
-
Heute gibt es ca. 2.000 Spezialbibliotheken in unterschiedlichster Trägerschaft:
- Behörden (Parlamente, Verwaltungen, ...)
- Forschungsinstitutionen und Verbände (sieben staatliche Research Councils,
National Health Service, ...)
- wissenschaftliche Gesellschaften (Royal Society of Chemistry, ...)
- Verbände und Firmen (Institution of Electrical Engineers, ...)
Viele der britischen Spezialbibliotheken sind in dem 1924 gegründeten Dachverband
Association for Information Management zusammengeschlossen, der heute auch
international tätig ist.
http://www.aslib.co.uk/index.html
-
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Großbritannien
-
-
Bereits 1850 verpflichtete der Libraries Act die Kommunen Öffentliche Bibliotheken
einzurichten, wenn sich die Mehrheit der Steuerzahler dafür aussprach.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden mehr als die Hälfte aller britischen
Öffentlichen Bibliotheken von der Stiftung des schottisch-armenischen Milliardärs
Andrew Carnegie unterstützt (allein 380 Bibliotheksgebäude wurden auf diese Weise
errichtet).
Während des zweiten Weltkriegs erlitt das Öffentliche Bibliothekswesen schwere
Verluste (ca. 750.000 Bände).
Die Grundlagen des heutigen Öffentlichen Bibliothekswesens gehen auf ein Gesetz
von 1964 zurück, das die Kommunen verpflichtet „ausreichende bibliothekarische
Dienstleistungen“ zu schaffen.
Heute ist das Öffentliche Bibliothekswesen in Großbritannien gut ausgebaut und wird
hervorragend angenommen. Es umfasst ca.:
-
5.500 Öffentliche Bibliotheken
137 Millionen Medieneinheiten
480 Millionen Ausleihen pro Jahr
35 Millionen eingeschriebene Bibliotheksbenutzer (58 % der Gesamtbevölkerung,
was ein herausragend hoher Wert ist)
Problematischer war dagegen lange Zeit die Situation der Schulbibliotheken, meist existieren
sie nur in den Sekundarstufen und verfügen selten über eine bibliothekarische Betreuung.
Dieser Zustand hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Mittlerweile leisten die
Schulbibliotheken intensiv die Versorgung der Schüler mit elektronischen Informationen,
gewähren den Zugang ins Internet und vermitteln Informationskompetenz.
-
Mit der School Library Association besteht in Großbritannien bereits seit 1937 ein
eigener Verband der Schulbibliotheken, der zahlreiche Fortbildungen anbietet, BestPractice-Lösungen vorstellt, eine Zeitschrift herausgibt und Bibliotheken in
Einzelfragen berät.
http://www.sla.org
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Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Erwerbung
Abgesehen von Konsortien für die Zeitschriftenerwerbung gibt es in Großbritannien nahezu
keine Erwerbungsabsprachen, was sicher auch an der beherrschenden Stellung der BL und
der großen Universitätsbibliotheken von Oxford und Cambridge liegt.
Erschließung
Die Formalerschließung erfolgt nach AACR2, die Klassifikation nach DDC und LCC, das
Datenformat ist UKMARC. Für die Verbundkatalogisierung betreibt das Consortium of
University and Research Libraries (CURL) eine kostenpflichtige Datenbank mit ca. 32
Millionen Datensätzen.
Verbundkatalog
Für den Benutzer wichtig ist ein zweiter, ebenfalls vom Consortium of University and
Research Libraries (CURL) angebotener Verbundkatalog, der so genannte COPAC:
-
28 bedeutende Bibliotheken (alle Nationalbibliotheken und die wichtigsten
Universitätsbibliotheken) bilden den Verbund
- er umfasst ebenfalls 32 Millionen Titeldaten
- er verfügt über eine Z39.50 Schnittstelle und ist in den Karlsruher Virtuellen Katalog
integriert
http://copac.ac.uk/
Benutzung
Das System der Fernleihe ist in Großbritannien wesentlich hierarchischer organisiert als in
Deutschland, fast alle Fernleihen gehen über das Documtent Supply Center der British
Library in Boston Spa.
http://www.bl.uk/services/document/dsc.html
Berufsverbände
-
-
Durch die Vereinigung der 1877 gegründeten Library Association und dem Institute of
Information Scientists wurde im April 2002 das Chartered Institute of Library and
Information Professionals (CILIP) gegründet.
CILIP hat 23.000 Mitglieder und vertritt das britische Bibliothekswesen in der
politischen Diskussion, in internationalen Organisationen (u.a. auch in der
Commonwealth Library Association COMLA) und verfolgt folgende Ziele:
- Angebot von Aus- und Fortbildung (eigne Angebote und Zertifizierungen von
fremden Ausbildungsgängen)
- Lobbyarbeit
- Weiterentwicklung bibliothekarischer Standards
- Initiative für kooperative Projekte
http://www.cilip.org.uk
Bibliothekarische Ausbildung
-
Bis in die 1960er Jahre fand die Bibliotheksausbildung nahezu ausschließlich in der
Praxis statt, Examina wurden von der Library Association abgenommen.
Die britische Ausbildungsordnung unterscheidet zwei Ausbildungsarten: Man kann
Bibliothekswissenschaft als Erst- oder Aufbaustudium an verschiedenen
Hochschulen studieren (17 dieser Studiengänge sind von der CILIP zertifiziert). Diese
Studiengänge sind sehr akademisch und oft ohne jeden Praxisanteil. Dieser
Ausbildungsgang ist im Vergleich zum deutschen System zwischen dem gehobenen
und dem höheren Dienst angesiedelt.
71
-
Das Library and Information Assistant Certificate kann man nach der Mittleren Reife
durch den Besuch eines Colleges oder durch einen Fernstudiengang erwerben. Diese
Laufbahn entspricht der des Bibliotheksassistenten.
72
Vereinigte Staaten von Amerika
Grundlagen
Die 1776 durch die Unabhängigkeitserklärung entstandene präsidiale Bundesrepublik
gewann durch rasche Industrialisierung und Immigration aus Europa im 19. Jahrhundert
schnell an wirtschaftlichem und politischem Einfluss. Als Siegermacht der beiden Weltkriege
sind die USA nach dem Zerfall der Sowjetunion heute die einzig verbleibende Supermacht.
Zu den kontinentalen Kerngebieten treten noch die Überseeterritorien in der Karibik und im
Pazifik.
-
9,6 Millionen Quadratkilometer
300 Millionen Einwohner
42.000 USD Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner
Gliederung in 50 Bundesstaaten
Vielvölkerstaat
unterschiedlichste geologische und Klimazonen (Alaska bis New Mexico)
Die Bundesstaaten der USA
Bevölkerungsgruppen der USA
Traditionell gelten die USA als Schmelztiegel der Nationen, dies ist zutreffend auf Grund der
Vielzahl der unterschiedlichen ethnischen und nationalen Bevölkerungsgruppen, jedoch nicht
zutreffend im Bild des Schmelztiegels, da die einzelnen Ethnien sich oft eben nicht
vermischen.
73
Die wichtigsten Gruppen sind:
-
Indianer (Urbevölkerung)
Engländer, Franzosen und Spanier (erste Siedler der Kolonien)
deutschsprachige Einwanderer und Iren (Mitte des 18. bis Mitte des 19.
Jahrhunderts)
Italiener, Osteuropäer, Skandinavier (nach 1850)
(74 % der Bevölkerung stammen aus Europa)
Afroamerikaner (Nachfahren der importierten Sklaven, ca. 13 %)
Asiaten (ca. 4 %)
zahlreiche Lateinamerikaner leben als illegale Einwanderer vor allem in den
Südstaaten
Sprachen in den USA
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-
-
Auch wenn es keine offizielle Amtssprache in den USA gibt, ist doch amerikanisches
Englisch historisch bedingt die meistgesprochene Sprache der USA. Am 18. Mai
2006 wurde Englisch zur „Nationalsprache“ ernannt.
Hinzu kommen die Sprachen der verschiedenen Einwanderergruppen, die in
einheitlich besiedelten Regionen bis heute lebendig blieben (wichtigste Sprache ist
Spanisch), und die Sprachen der Ureinwohner.
Eine sprachhistorisch besonders interessante Minderheitensprache ist das
Pennsylvania-Dutch, die Sprache der Amischen (auch Amish-People), mit ca.
300.000 Sprechern, das die historische Sprachstufe der pfälzischen Dialekte des 18.
Jahrhunderts konservierte.
Zur Bedeutung des Englischen als Weltsprache vergleiche Großbritannien.
Geschichte der USA
-
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-
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Nach der ersten europäischen Besiedlung Nordamerikas durch spanische Siedler im
16. Jahrhundert kam es 1620 aus religiösen Gründen zur Immigration der Pilgrim
Fathers aus Großbritannien; im 16. und 17. Jahrhundert erfolgte dann die Gründung
erster britischer, französischer, skandinavischer und niederländischer Kolonien auf
dem Boden der heutigen USA.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg erklärten sich die USA 1776 unabhängig vom
britischen Mutterland (1783 wurde diese einseitige Erklärung von Großbritannien
anerkannt).
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts kam es zu immer größeren Auseinadersetzungen
zwischen den Nord- und den Südstaaten um die Frage der Sklaverei. Hieraus
entwickelte sich 1860 bis 1865 der Amerikanische Bürgerkrieg (auch
Sezessionskrieg, z.T. auch von 1861-1865 datiert).
Um 1900 wachsen die USA zum Wirtschaftsriesen (Bell, Ford, Edison, Rockefeller,
…) und spätestens durch den Eintritt in den ersten Weltkrieg auch zur militärischen
Macht.
Die Militärmacht der USA war von entscheidender Bedeutung im 2. Weltkrieg (Abwurf
der ersten Atombomben), der nahtlos durch den Kalten Krieg (Vietnam) und das
globale Wettrüsten abgelöst wurde.
seit dem 11. September 2001 innenpolitische Auseinandersetzung um die Antwort
auf den internationalen Terrorismus (Bürgerrechtsdenken vs. Schutz durch intensive
Überwachungsmaßnahmen)
74
Geschichte des Bibliothekswesens der USA
-
-
Im Vergleich zu den europäischen Ländern kann das US-amerikanische
Bibliothekswesen natürlich nur auf eine kürzere Tradition zurückschauen, dennoch ist
es stark entwickelt und wird in den USA mehr als in anderen Teilen der Welt als
wichtiger Teil der Gesellschaft, der Erziehung und der Bildung angesehen.
Es gab vielfältige Kontakte zwischen dem deutschen und dem amerikanischen
Bibliothekswesen. Zum Beispiel kauften nach 1900 viele amerikanische Bibliotheken
deutsche Privatbibliotheken und Zimelien, der deutsche Fachreferent entspricht dem
Subject Librarian, das Prinzip der „Free public library“ hat das deutsche
Bibliothekswesen nach 1945 stark beeinflusst (idealtypisch noch heute festzustellen
in der Amerika-Gedenk-Bibliothek in Berlin).
Die USA als Druck- und Verlagsnation
-
-
Durch die über lange Zeit engen Verbindungen zum britischen Mutterland hatten die
Kolonien in Nordamerika einen späten Druckbeginn. Die erste Presse in Amerika
wurde 1544 von Jesuiten in Mexiko-Stadt errichtet. Die erste auf dem Boden der USA
wurde 1638 in Cambridge Massachusetts von der Witwe eines englischen Druckers
in Betrieb genommen.
Heute sind die USA die leistungsfähigste Druck- und Verlagsnation der Welt, eine
Tendenz, die durch die Konzentrations- und Globalisierungsprozesse noch verstärkt
wird. Hierbei profitieren die USA von:
- dem weltweiten Absatz englischsprachiger Publikationen
- der wirtschaftlichen Stärke des Landes
- dem technischen Entwicklungsstand
- der intensiven Forschungstätigkeit
Rechtliche Grundlagen
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Das Pflichtexemplarrecht hängt in den USA sehr eng mit dem Urheberrecht
zusammen. Der Copyright Act von 1978 bestimmt, dass zum Schutz des
Urheberrechts zwei Exemplare eines Werkes beim Copyright Office der Library of
Congress hinterlegt werden müssen. Insofern entspricht die Lösung der USA nicht
exakt dem Pflichtexemplarecht in Deutschland.
Bei den Hochschulbibliotheken finden sich die rechtlichen Grundlagen in den
Verfassungen der Bundesstaaten oder den Verordnungen der Kommunen (je nach
Trägerschaft), bei privaten Hochschulen in deren Statuten.
Öffentliche Bibliotheken gelten als Teil des Erziehungswesens und fallen in die
Kompetenz der Bundesstaaten, die zumeist über Bibliotheksgesetze verfügen. Hierzu
kommen ergänzende Bundesgesetze.
Einen umfassenden, vor allem statistisch interessanten Überblick über das gesamte
Bibliothekswesen der USA bietet das Library Statistics Program, das 1989 vom National
Center for Education Statistics (NCES) begründet wurde (vergleichbar der deutschen
Bibliotheksstatistik):
http://nces.ed.gov./surveys/libraries/
75
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in den USA
a)
b)
c)
d)
Nationalbibliotheken (LoC, NLM und NAL)
Hochschulbibliotheken
Spezialbibliotheken
State Library Agencies
a) Nationalbibliotheken der USA
The Library of Congress
http://www.loc.gov
Die Library of Congress, gegründet als Parlamentsbibliothek des US-Kongresses, ist heute
zugleich die Nationalbibliothek der USA. Sie ist nach eigener Aussage die größte Bibliothek
der Welt mit herausragenden Alt- und Sonderbeständen.
Geschichte:
- 1800 nach der Verlegung des Regierungssitzes von Philadelphia nach Washington
D.C. gegründet als Forschungsbibliothek des US-Kongresses
- 1814 im britisch-amerikanischen Krieg abgebrannt
- den Grundstock für den Neuanfang bildete die Privatbibliothek Thomas Jeffersons
(ca. 6500 Bände)
- rasche Entwicklung nach einem erneuten Bibliotheksbrand 1851
Gebäude:
Die drei Gebäude der Library of Congress befinden sich alle auf dem Capitol Hill und sind
durch ein unterirdisches Tunnelsystem verbunden.
-
Thomas Jefferson Building im italienischen Renaissancestil von 1897 (historistische
Bauweise, mit dominierendem zentralem Kuppellesesaal)
John Adams Building von 1938 im Jugendstil (wichtiger Magazinbau mit einem
zweiten großen Lesesaal)
James Madison Memorial Building, ein nüchterner Bau von 1980 (beherbergt die
Zeitschriftenbestände, die Verwaltung, die IT-Technik und verschiedene
Spezialabteilungen)
Bestände:
- 130 Millionen Einheiten, darunter mehr als
- 29 Millionen gedruckte Bände und andere Druckmaterialien (ca. 850 Kilometer
Regalfläche), täglich kommen ca. 10.000 Einheiten dazu.
- 2,7 Millionen Tonaufnahmen
- 12 Millionen Fotos
- 4,8 Millionen Karten und Pläne
- 58 Millionen (überwiegend neuzeitliche) Handschriften
- die Bestände repräsentieren mehr als 460 Sprachen
- jedes Werk, das den Urheberschutz verlangt, muss vom Verleger kostenlos in zwei
Exemplaren an die Library of Congress bzw. das dort angesiedelte Copyright Office
abgeliefert werden – dies entspricht im Ergebnis weitgehend dem
Pflichtexemplarrecht, hat allerdings eine andere Rechtsgrundlage als die Praxis in
Deutschland
Die Library of Congress Classification (LCC):
Sie wurde 1897 von Herbert Putnam entwickelt und ersetzte das von Thomas Jefferson
eingeführte System. Heute wird die Library of Congress Classification von
76
Forschungseinrichtungen und Universitätsbibliotheken in den USA und anderen Ländern
verwendet, die Öffentlichen Bibliotheken benutzen überwiegend die Dewey Decimal
Classification.
Die Library of Congress Subject Headings:
Die Library of Congress gibt auch die Library of Congress Subject Headings (LOCSH)
heraus, die sich weltweit einer sehr großen Beliebtheit erfreuen, durchaus auch in
nichtenglischsprachigen Ländern.
Neben den klassischen Aufgaben einer Nationalbibliothek (Sammeln und Verzeichnen der
nationalen Buchproduktion, nationales Informationszentrum) ist die Library of Congress auch
heute noch die Forschungs- und Servicebibliothek für den Kongress (u.a. unterhält sie den
Congressional Research Service). Darüber hinaus ist die Library of Congress ein wichtiges
Digitalisierungszentrum und versteht sich auch auf dem digitalen Weg als Zugangsportal
zum kulturellen Erbe der USA.
Neben der „eigentlichen“ universalen Nationalbibliothek der USA, der Library of Congress,
existieren noch zwei weitere fachgebundene Bundesbibliotheken, die das Angebot der
Library of Congress ergänzen:
National Library of Medicine (NLM, Bethesda / Maryland)
1836 gegründet, ist sie heute die größte medizinische Fachbibliothek weltweit und
produziert mit Medline und ca. 20 anderen Datenbanken die wichtigsten
fachspezifischen Informationsangebote; sie ist das Zentrum der medizinischen
Dokumentenlieferung der USA und des nationalen Verbundsystems der
medizinischen Bibliotheken.
http://www.nlm.nih.gov/
Die National Agricultural Library (NAL, Beltsville / Maryland)
spielt auf ihrem Fachgebiet eine ähnliche Rolle wie die National Library of Medicine
für Medizin, produziert wichtige Datenbanken, u.a. Agricola
http://www.nal.usda.gov/
b) Hochschulbibliotheken
Das Hochschulsystem in den USA
Grundsätzlich unterscheidet das amerikanische Hochschulwesen zwischen:
-
-
Colleges
Sie vermitteln nach der High School eine breitere Allgemeinbildung, aber auch
fachspezifische Kenntnisse (zweijährig ähneln sie der deutschen Oberstufe, vierjährig
einem Grundstudium).
Universities
Sie bieten Absolventen der Colleges ein spezialisierteres Bildungsangebot
(vergleichbar den deutschen Universitäten).
Im Niveau und im Prestige der Hochschulen gibt es erhebliche Unterschiede, wobei die
Universitäten der sogenannten Ivy League besonders angesehen sind (Harvard, Yale,
Princeton, etc.).
http://www.globalcomputing.com/CollegesContent.htm
77
Die Hochschulbibliotheken
-
-
-
In der Regel bestehen Hochschulbibliotheken in den USA aus einer Zentralbibliothek
und Zweigbibliotheken, die auf dem Campus oder auf mehreren Standorten verstreut
sind (Multi-Campus-Universitäten). Trotz dieser räumlichen Aufgliederung herrschen
funktional einschichtige Systeme vor.
Die Erwerbung stützt sich – vor allem bei den kleineren Universitätsbibliotheken –
sehr stark auf Standing Order und Approval Plans, was zu homogenen Beständen
der einzelnen Hochschulen führt. Approval Plans sind Abmachungen zwischen der
Bibliothek und einem Verlag oder Lieferanten, der die Bibliothek nach einem
festgelegten Profil mit Publikationen beliefert; im Gegensatz zum Standing Order
kann ein Teil der gelieferten Bücher zurückgegeben werden.
Ein Fachreferentensystem im deutschen Sinne haben vor allem die großen
Universitätsbibliotheken.
Mit anderen Forschungsbibliotheken sind eine Vielzahl von Hochschulbibliotheken im
Center for Research Libraries zusammengeschlossen, derzeit hat das Center for
Research Libraries rund 200 Mitglieder.
http://www.crl.edu/
c) Spezialbibliotheken in den USA
Die Statistik der American Library Association (ALA) verzeichnet ca. 10.000
Spezialbibliotheken. Die meisten werden von industriellen und technischen Firmen betrieben
und sind dem konkreten Informationsbedürfnis ihrer Kunden und den ökonomischen
Bedürfnissen der Institutionen natürlich stärker verpflichtet als kulturellen Zielen bzw. der
allgemeinen Informationsversorgung.
-
-
Die Bibliothekare dieser Spezialbibliotheken werden zumeist als
Informationsmanager bezeichnet.
Eine Besonderheit stellen die sogenannten Independent Research Libraries dar, die
in der Regel nicht öffentlich finanziert werden, z.B. die Bibliotheken
wissenschaftlicher Gesellschaften oder die Forschungsbibliotheken großer Public
Libraries (z.B. die Getty Research Library Los Angeles).
Vereinigt sind diese Bibliotheken in der 1972 gegründeten Independent Research
Libraries Association (IRLA), der als einziges ausländisches korrespondierendes
Mitglied die Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel angehört.
http://irla.lindahall.org/
d) State Library Agencies - eine Besonderheit der USA
-
-
Bei den State Library Agencies handelt es sich ursprünglich zumeist um die
Parlamentsbibliotheken der einzelnen Bundesstaaten; heute sind es vielfach
Behörden, die für die Entwicklung des Serviceangebotes und der Bibliothekstechnik
eines Bundesstaates zuständig sind und gleichzeitig Archivaufgaben für den
jeweiligen Staat und Serviceleistungen für das Parlament übernehmen.
Zusammengeschlossen sind die State Library Agencies im Verband Chief Officers of
State Library Agencies, der sich vor allem um landesweite Vereinheitlichungen des
bibliothekarischen Serviceangebots bemüht.
http://www.cosla.org/
78
Das Öffentliche Bibliothekswesen in den USA
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Das Öffentliche Bibliothekswesen der USA entwickelte sich vor allem zwischen 1850
und 1920 auch dank starker privater Initiativen (z.B. der Sponsorentätigkeit des
Milliardärs Andrew Carnegie) und steht dem Wissenschaftlichen Bibliothekswesen
näher als in Deutschland.
Mehr als in Deutschland beruht das Prestige der Public Libraries auf der
Überzeugung, dass jedermann das Recht auf Ausbildung, geistige Entfaltung und
Teilnahme am politischen Leben besitzt. Bibliotheken werden als Teil und Hilfsmittel
des amerikanischen Traums betrachtet.
Neben den wichtigen kommunalen Unterhaltsträgern sind auch staatliche und private
Zuschüsse für die Öffentlichen Bibliotheken von großer Wichtigkeit. Viele Öffentliche
Bibliotheken haben Freundesvereine und ehrenamtliche Mitarbeiter. Auch Spenden
und Erbschaften ergehen in den USA in höherem Maße an Bibliotheken als in
Deutschland.
Neben einer Zentralbibliothek mit der zentralen Buchbearbeitung existieren in
großstädtischen Bibliothekssystemen oft 40 und mehr Zweigstellen für die
Literaturversorgung vor Ort.
Seit den 1990er Jahren hat sich das Angebot der Öffentlichen Bibliotheken etwas
verschoben: Heute bemühen sich die Public Libraries verstärkt um Menschen, die
eine Bibliothek nicht selbst besuchen können (Senioren, kranke und behinderte
Menschen) und solche mit unzureichenden Englischkenntnissen. Ein weiterer
Schwerpunkt ist die Versorgung der Bevölkerung mit technischen Medien und die
Vermittlung von Informationskompetenz.
Heute gibt es in den USA mehr als 10.000 Öffentliche Bibliotheken. Einen guten
Überblick über die Public Libraries der USA und ihre vielfältigen Angebote gibt die
unabhängige Seite:
http://www.publiclibraries.com/
The New York Public Library
http://www.nypl.org
Geschichte:
Die New York Public Library wurde am 23. Mai 1895 als private Stiftung gegründet. Der
Nachlass von Samuel J. Tilden (ca. 2,4 Millionen Dollar) sollte dazu verwendet werden, eine
Bibliothek in New York zu errichten. Der Nachlassverwalter John Bigelow führte mit dem
Vermögen von Tilden die finanziell angeschlagene Lenox Library und die Astor Library
(beide sind nach ihren Stiftern benannt) zusammen und gründete so die New York Public
Library.
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1901 fusionierte die New York Free Circulating Library mit der New York Public
Library.
Mit der Spende von Andrew Carnegie (5,2 Millionen Dollar) wurden Zweigstellen in
ganz New York gegründet.
1896 stellte die Stadt New York Gelder für einen großen Bibliotheksneubau zur
Verfügung.
1911 wurde das Hauptgebäude an der Fifth Avenue eröffnet; der markante
Bibliotheksbau ist in den USA sehr bekannt und wurde bereits mehrfach als
Filmkulisse verwendet.
1980ff. bekam die Bibliothek erhebliche Erweiterungen im Magazinbereich, wobei die
neuen Magazine größtenteils unterirdisch gebaut wurden.
79
-
Heute unterhält die New York Public Library neben der Zentrale und drei weiteren
eher wissenschaftlich ausgerichteten Sammlungen 85 weitere Zweigstellen im
gesamten Stadtgebiet, die den öffentlichen Bereich versorgen und teilweise eigene
Schwerpunke aufweisen (sogenannte Branch Libraries).
Die vier wissenschaftlichen Zweigbibliotheken neben der Zentralbibliothek sind die:
- Humanities and Social Science Library
- New York Public Library for the Performing Arts
- Soumburg Center for Reseach in Black Culture
- Science, Industry and Business Library
Zahlen und Daten:
- Insgesamt besitzt die New York Public Library mehr als 50,6 Millionen Medienstücke
(44 Millionen in den wissenschaftlichen Bereichen), davon entfallen ca. 20 Millionen
auf Bücher.
- Die Bibliothek verfügt über 2360 Vollzeitbeschäftigte und 850 Teilzeitbeschäftigte.
- 13,6 Millionen Menschen nutzen die New York Public Library.
- 2,21 Millionen verfügen über einen Bibliotheksausweis.
- Im Jahr 2005 hatte die Bibliothek Gesamtausgaben in Höhe von 310 Millionen USDollar.
- Die New York Public Library bildet das größte Öffentliche Bibliothekssystem der USA,
sie gilt als die zweite Nationalbibliothek.
- Neben der Stadt New York tragen bis heute viele Sponsoren zum Unterhalt der New
York Public Library bei.
New York Public Library Digital:
In der Sektion New York Public Library Digital stellt die Bibliothek einen Großteil ihrer
Bestände online zur Verfügung, wobei ein besonderes Schwergewicht auf historische
Karten, seltene Fotographien, illuminierte Handschriften, Kunstgegenstände u.a. gelegt wird.
Derzeit stellt New York Public Library Digital über 550.000 digitale Bilder zur Verfügung, die
über eine Suchmaschine recherchiert werden können, aber auch nach Kategorien und
Themen sortiert zur Verfügung stehen.
http://digitalgallery.nypl.org/nypldigital/index.cfm
Schulbibliotheken in den USA
-
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Nachdem noch in den 50ern nur etwa die Hälfte der US-amerikanischen Schulen
Bibliotheken besaß (meist nur Büchersammlungen in Klassenzimmern), hat die
Reformbewegung der 60er Jahre hier vieles verändert.
Heute gibt es in den USA rund 100.000 Schulbibliotheken, die zum Teil von
ausgebildeten Spezialisten geleitet werden.
Sehr rasch haben sich die Schulbibliotheken der USA zu Medienzentren entwickelt,
da AV-Medien schon lange eine wichtige Rolle im Unterricht spielen. Heute ist die
Versorgung der Schüler mit dem Zugang zu digitalen Informationen aus dem Internet
ein wichtiger Bestandteil der Aufgaben von Schulbibliotheken.
Ein zwar internationales, allerdings stark US-zentriertes Verzeichnis von
Schulbibliotheken bietet die Website:
http://www.school-libraries.net
80
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Online Computer Library Center (OCLC)
Auf Grund seiner weltweiten Aktivitäten und der vielen zugehörigen internationalen Partner
müsste das Online Computer Library Center eigentlich den internationalen Organisationen
zugeordnet werden. Wegen seiner Entstehungsgeschichte und seiner bis heute hohen
Bedeutung als US-amerikanischer Bibliotheksverbund wird es hier im Zusammenhang mit
den amerikanischen Kooperationen und Verbünden behandelt.
-
-
-
1967 gründeten die Leiter der Colleges und Universitäten des US-Staates Ohio das
Ohio College Library Center (OCLC), um ein für die Bibliotheken gemeinsam
nutzbares Computersystem zu entwickeln. Wichtigstes Ziel war die gegenseitige
Datenübernahme für die Verbundkatalogisierung und die Schaffung elektronischer
Kataloge. Ausgehend von diesen Basistools hat das Online Computer Library Center
bis heute eine rasante Weiterentwicklung erfahren.
Die Internationalisierung des Verbundes erfolgte 1977/78 durch die Bereitstellung von
750.000 Katalogdaten aus dem Verbundkatalog für die Königliche Bibliothek der
Niederlande. Heue ist das Online Computer Library Center ein international tätiger
Verbund, dem u.a. auch die Nationalbibliotheken von Großbritannien, Frankreich und
Deutschland angehören. Insgesamt gehören OCLC heute 57.000 Bibliotheken in 112
Ländern an. PICA OCLC in Leiden ist die europäische Zentrale des Online Computer
Library Center. Neben seinem Verbundkatalog bietet der OCLC den teilnehmenden
Bibliotheken eine Vielzahl weiterer Dienstleistungen.
Eines der wichtigsten Angebote des Online Computer Library Center ist der von 9000
teilnehmenden Bibliotheken und Institutionen gemeinsam erstellte „WorldCat“, der
Online Union Catalog. Derzeit umfasst der WorldCat rund 84 Millionen
bibliographischer Daten in 410 Sprachen mit 1,15 Milliarden Besitznachweisen.
OCLC bietet die Daten des WorldCat in gestaffelten, z.T. kostenpflichtigen
Zusammenstellungen an.
Das Online Computer Library Center:
Der WorldCat :
http://www.oclc.org/
http://www.oclc.org/worldcat
Research Libraries Group (RLG)
Seit Juli 2006 ist die Research Libraries Group, ein international ausgerichteter
gemeinnütziger Verbund von ca. 150 wissenschaftlichen Institutionen (Bibliotheken, Museen,
Archive…), Teil des Online Computer Library Center. Im Zuge der Vereinigung mit OCLC
wurde der Verbundkatalog der Research Libraries Group (Research Libraries Information
Network) in den WorldCat aufgenommen. Trotz der Fusion bietet die Research Libraries
Group auch heute noch eigenständige Dienstleistungen an.
http://www.rlg.org/
Kooperationen
Erwerbung
Wie in vielen Ländern existieren Erwerbungsabsprachen zwar auf lokaler Ebene, nicht
jedoch auf nationaler. Dies liegt sicherlich auch an der starken Rolle der Library of Congress
und der beiden ergänzenden Nationalbibliotheken.
81
Erschließung
Die Erschließung wird durch folgende Faktoren bestimmt:
- einheitliches Regelwerk (AACR 2)
- einheitliche Verwendung von Normdaten (Personen, Körperschaften, Schlagworte)
- einheitliche Klassifikation (Library of Congress-Classification, auch Dewey Decimal
Classification, die in den USA sehr bekannt sind und auch aktiv vermittelt werden,
vgl. auch die online angebotenen Dewey-Quiz-Spiele und den populären DeweyRap)
- überragende Rolle der Library of Congress als Produzent und Lieferant von
bibliographischen Daten und Normdaten
- den großen Verbünde stehen riesige bibliographische Datenbanken zur Verfügung
(vgl. z.B. den WorldCat von OCLC)
Benutzung
Es gibt kein nationales System der Fernleihe, jedoch Absprachen zwischen einzelnen
Bibliotheken bzw. Netze einzelner Bundesstaaten. Die Dokumentenlieferung spielt eine
große Rolle und ist sehr gut ausgebaut, wobei es neben den bibliothekarischen auch
zahlreiche kommerzielle Anbieter gibt.
Berufsverbände
Der wichtigste Berufsverband des amerikanischen Bibliothekswesens ist die American
Library Association (ALA). Mit dem Gründungsjahr 1876 und mehr als 64.000 Mitgliedern ist
sie der älteste und mit Abstand größte Bibliothekarsverband der Welt. Die American Library
Association
-
leistet Facharbeit
unterstützt die Lobbyarbeit der Bibliotheken
veranstaltet Konferenzen und Fortbildungsveranstaltungen (halbjährliche
Konferenzen)
hat 11 Fachabteilungen (Divisions)
gibt eigene Publikationsreihen heraus
Das Motto der American Library Association lautet: “The best reading for the greatest
number at the least cost.”
http://www.ala.org/
Bibliothekarische Ausbildung
-
-
-
Seit dem Beginn der professionellen Berufsausbildung sind die Ausbildungsstätten in
den USA Universitäten oder Colleges angeschlossen. Die Studiengänge enden mit
dem Bachelor- oder dem Masterabschluss und werden von der American Library
Association sehr streng zertifiziert (nur 68 Anerkennungen von 400 Studiengängen).
Ein stärkerer Schwerpunkt als in Deutschland wird bei der Bibliothekarsausbildung
auf den IT-Bereich gelegt, aber auch grundsätzlich findet eine stärkere
Spezialisierung als in Deutschland statt:
- nach Tätigkeit (Erwerbungs-, Auskunfts-, Zeitschriftenbibliothekar)
- nach Zielgruppe (Kinder, Jugendliche, behinderte Menschen, etc.)
- nach Fachrichtung (Medizin, Jura, etc.)
Fast alle Ausbildungseinrichtungen sind in der bereits 1915 gegründeten Association
for Library and Information Science Education (ALISE) zusammengeschlossen, die
sich um eine Vergleichbarkeit der vielfältigen Ausbildungsangebote bemüht.
http://www.alise.org/
82
Skandinavien
Grundlagen
Die Bedeutung des Wortes „Skandinavien“ wird in unterschiedlichen Zusammenhängen sehr
uneinheitlich gebraucht:
-
-
Geographisch umfasst es die Landmasse der Halbinsel, auf der sich Schweden und
Norwegen befinden. In Deutschland wird Finnland auf Grund seiner geographischen
und politischen Nachbarschaft ebenfalls häufig zu Skandinavien gezählt.
Kulturell und sprachlich umfasst es neben Norwegen und Schweden auch Dänemark
und die Inseln Island und Färöer.
Politisch umfasst Skandinavien auch noch Grönland, das mit den genannten Ländern
im 1952 gegründeten Nordischen Rat zusammengeschlossen ist. Hier werden die
gemeinsamen politischen Wurzeln und Überzeugungen betont (Panskandinavismus,
Neutralität, …).
Die politische Gliederung Skandinaviens
83
Landesdaten
Die bibliotheksgeschichtlich wichtigsten Länder Skandinaviens sind Schweden, Dänemark
und Norwegen, alle drei sind konstitutionelle Monarchien.
Schweden
Dänemark
Norwegen
450.000 km2
9 Millionen Einwohner
20 Einw. / km2
42.400 US$
43.000 km2
5,4 Millionen Einwohner
126 Einw. / km2
49.200 US$
330.000 km2
4,6 Millionen Einwohner
14,3 Einw. / km2
61.900 US$
Damit ragt vor allem Norwegen als sehr reiches Land heraus, zeichnet sich aber auch durch
seine extrem dünne Besiedelung aus.
Von besonderer Bedeutung ist Island auf Grund der reichen volkssprachlichen Literatur des
Mittelalters, die auch gut überliefert ist (Sagas, Skaldik, Eddische Literatur, …). Aufbewahrt
und wissenschaftlich erschlossen wird ein Großteil der altnordischen Handschriften im Arni
Magnusson Institut in Reykjavik auf Island (dorthin sind sie von Dänemark zurückgegeben
worden).
http://am.hi.is
http://www.randburg.com/is/am/am_ge.asp
Sprachen in Skandinavien
Die Hauptsprachen Skandinaviens sind:
-
Dänisch
Schwedisch
Norwegisch (kommt in zwei Varianten vor: Bokmål, 85-90% der Bevölkerung
Norwegens; Nynorsk, ca. 13%)
Isländisch
Färöisch
Daneben wird in Skandinavien auch Finnisch, das nicht zur Gruppe der skandinavischen
Sprachen zählt, Samisch und Deutsch gesprochen (anerkannte Minderheitensprachen), auf
Grönland natürlich Grönländisch, eine in Grönland und Dänemark gesprochene Sonderform
des Inukituk, der Eskimosprache.
Sprachliche Besonderheiten in Skandinavien
-
-
Alle skandinavischen Länder verfügen über einen sehr kleinen Sprachkreis, was dazu
führt, dass viele wissenschaftliche Werke aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht in
die skandinavischen Sprachen übersetzt werden.
Alle skandinavischen Länder verfügen über Minderheitensprachen.
In allen skandinavischen Ländern wird Englisch auf sehr hohem Niveau gesprochen
(viele ausländische Filme werden in der englischen Fassung ausgestrahlt).
Auf Grund der sprachgeschichtlichen Entwicklung weisen die skandinavischen
Sprachen untereinander, aber auch gegenüber dem Deutschen viele
Gemeinsamkeiten auf.
84
Geschichte Skandinaviens
Die gemeinsame Geschichte Skandinaviens zeichnet sich bei aller nationalstaatlichen
Eigenständigkeit vor allem durch zwei Aspekte aus:
a) gemeinsame Strukturen im Mittelalter, Herrschaft von lokalen politischen Eliten
(Jarlen), im europäischen Vergleich lange Ablehnung des Christentums (Bekehrung
um 900-1000 n.Chr.), spätes Aufkommen des Feudalismus, Kontakt nach Europa vor
allem kriegerischer Natur (Wikinger), dann aber auch staatenbildend (Normandie,
Sizilien, England, Königreich Jerusalem)
b) gemeinsame Geschichte durch Personalunion erstmals unter Knut dem Großen
(England, Schweden, Dänemark und Norwegen, 11. Jh.); Kalmarer Union vereinte
1397-1523 die Länder Dänemark, Norwegen und Schweden; die dänische
Vorherrschaft über Norwegen bestand bis 1814 und wurde von der schwedischnorwegischen Union abgelöst, die bis 1905 andauerte
Buch- und Verlagswesen
Relativ früh hielt der Buchdruck Einzug in Skandinavien:
-
1482 in Dänemark
1483 in Schweden
1643 in Norwegen
Grundsätzlich ist das Verlagswesen der Gegenwart in Skandinavien auf Grund der kleinen
Sprachkreise eher bescheiden. Wichtige Ausnahmen bilden allerdings Bonnier und Norstedt.
Die Mediengruppe Bonnier, zu der auch deutsche Verlage gehören, beschäftigt insgesamt
ca. 10.000 Mitarbeiter, die 1823 gegründete Verlagsgruppe Norstedt dominiert die
skandinavische Verlagslandschaft.
Mediengruppe Bonnier:
Norstedt Verlagsgruppe:
http://www.bonnier.com
http://www.panorstedt.se
Bibliotheksgeschichte
-
-
Obwohl es im Mittelalter zahlreiche Klosterbibliotheken gab, hat sich keine bis auf
den heutigen Tag gehalten (allerdings Teile der Bestände).
Die neuere Bibliotheksgeschichte Skandinaviens beginnt zumeist im 17. Jahrhundert,
als Herrscher ihre Adels- und Hofbibliotheken verstärkt der Öffentlichkeit zugänglich
machten.
Den nächsten entscheidenden Einschnitt brachte erst das 19. Jahrhundert mit der
Gründung einer Vielzahl Wissenschaftlicher und Öffentlicher Bibliotheken. Gerade im
Öffentlichen Bibliothekswesen kommt Skandinavien bis heute im internationalen
Vergleich eine Vorreiterrolle zu.
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Skandinavien
a) Nationalbibliotheken
b) Universitäts- und Hochschulbibliotheken
c) Spezialbibliotheken
85
Anschauliche Übersichten über die wichtigsten Bibliotheken Skandinaviens bieten folgende
Websites:
http://www.germa.unibas.ch/nordistik/links/uni.html
http://lists.webjunction.org/libweb/scand.html
a) Nationalbibliotheken
Die bedeutendsten Nationalbibliotheken der skandinavischen Länder sind
-
die Königliche Bibliothek Stockholm
die Königliche Bibliothek Kopenhagen
die Nationalbibliothek Oslo / Mo i Rana
In allen skandinavischen Ländern übernehmen die Nationalbibliotheken Leitfunktionen
innerhalb des nationalen Bibliothekswesens, sie erbringen zentrale Leistungen
(Bibliographien, Verbundkataloge, etc.), archivieren die nationale Buchproduktion und sind
Kernpunkt von Verbundaktivitäten.
Beispiel: die Königliche Bibliothek Stockholm
http://www.kb.se/ENG/kbstart.htm
Die 1661 gegründete Königliche Bibliothek in Stockholm sammelt als Nationalbibliothek
Schwedens alle Werke, die in Schweden erscheinen, mit Pflichtexemplarrecht und stellt sie –
aus Archivgründen nur im Lesesaal – der Benutzung zur Verfügung; ausländische Literatur,
für die es keinen rechtlichen Archivauftrag gibt, wird auch ausgeliehen.
Neben den Hauptgruppen des Bestandes (Schwedische Sammlung, Ausländische
Sammlung) verfügt die Königliche Bibliothek über bedeutende Sonderbestände (Zeitungen,
Karten, Handschriften, Musikalien, ...).
b) Das Hochschulwesen in Skandinavien
-
-
-
Die wichtigsten Universitäten Skandinaviens befinden sich in Uppsala, Lund,
Stockholm, Göteborg, Umea, Linköping (Schweden), Oslo, Bergen, Tromsø, Ås,
Trondheim, Stavanger (Norwegen), Kopenhagen, Odense, Aarhus, Roskilde und
Aalborg (Dänemark).
Insgesamt unterscheiden sich die Hochschulen in Skandinavien sehr voneinander,
viele sind auf wenige Fachgebiete spezialisiert, insgesamt sind sie jedoch sehr
modern und gut ausgestattet. Die gute Ausstattung betrifft sowohl die IT-Technik der
Hochschulen als auch die Bibliotheken, auch wenn die Bestände natürlich deutlich
geringer sind als z.B. in Deutschland. Auch die Relation von Dozenten und
Studierenden ist sehr gut.
Ein vollständiges Verzeichnis aller skandinavischer Hochschulen findet sich auf der
Website.
http://www.ssaaps.stint.se/index.php?articleId=154
Hochschulbibliotheken
Wie in Deutschland werden auch in Skandinavien die Bibliotheken der Hochschulen immer
stärker einschichtig organisiert. Auf Grund der hohen Zahl relativ junger Universitäten ist hier
vieles bereits auf sehr modernem Stand. Dies betrifft vor allem:
86
-
die Verbreitung elektronischer Medien
die Freihandaufstellung der Bestände
die Ausstattung der Bibliotheken mit moderner EDV-Technik
lange Öffnungszeiten
Quervernetzung von Bibliotheken mit anderen Organisationen des
Informationssektors (Museen und Archiven, ...)
Ein Beispiel für die genannte Vernetzung bietet das norwegische Kulturnetz:
http://www.kulturnett.no/
Ähnlich den deutschen Sondersammelgebieten haben die Universitätsbibliotheken in
Dänemark Erwerbungsschwerpunkte.
Beispiel: Die Staats- und Universitätsbibliothek Aarhus
http://www.statsbiblioteket.dk/
Sehr modern und mit großen Beständen ausgestattet ist in Dänemark z.B. die Staats- und
Universitätsbibliothek Aarhus, die über 2 Millionen Medieneinheiten sowie über mehr als
10.000 laufende Zeitschriften verfügt.
c) Spezialbibliotheken in Skandinavien
Skandinavische Spezialbibliotheken werden in der Regel unterhalten durch:
-
staatliche Forschungsinstitutionen
große Firmen/Konzerne
wissenschaftliche Gesellschaften
Kirchen
Spezialbibliotheken finden sich in größerer Dichte meist nur in den Hauptstädten, in den
größeren Städten und auf dem Land nahezu gar nicht mehr.
Das Öffentliche Bibliothekswesen in Skandinavien
Das Skandinavische Bibliothekswesen ist in mancherlei Hinsicht moderner als das
zentraleuropäische und hat in den nordischen Ländern eine wesentlich zentralere Rolle als in
Mittel- und Südeuropa.
-
-
-
Die Geschichte der Öffentlichen Bibliotheken ist stark mit dem
Volksbildungsgedanken verbunden (skandinavisches Volkshochschulwesen,
Abstinenz-Bewegung, christliche Volksbildung, Sozialdemokratie).
Die Öffentlichen Bibliotheken sind schon sehr früh – Anfang des 20. Jahrhunderts –
vom amerikanischen Bibliothekswesen beeinflusst gewesen (z.B.
Freihandaufstellung).
Überall in Skandinavien wurden die Gemeinden gesetzlich verpflichtet, Öffentliche
Bibliotheken einzurichten – teilweise mit staatlicher Unterstützung – aus diesem
Grund verfügt Skandinavien trotz seiner ländlichen Struktur heute über ein dichtes
Netz Öffentlicher Bibliotheken.
87
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Gerade im Bereich der Verbundkataloge konnte Skandinavien relativ schnell zu sehr guten
Ergebnissen gelangen (überschaubare Bestände, moderne EDV-Technik, keine
unterschiedlichen Verbünde wie in Deutschland).
Der norwegische Verbundkatalog
http://ask.bibsys.no (neue URL seit 2007)
beinhaltet rund 3 Millionen Titeldaten und ca. 8 Millionen Besitznachweise
Der schwedische Verbundkatalog
http://websok.libris.kb.se
beinhaltet rund 5 Millionen Titeldaten
Der dänische Verbundkatalog
In Dänemark sind die Kataloge von ca. 50 Bibliotheken über REX, den Katalog der
Königlichen Bibliothek in Kopenhagen, nachgewiesen.
http://rex.kb.dk
Daneben gibt es mit DanBib einen separaten Verbundkatalog mit 14 Millionen Titeldaten und
26 Millionen Besitznachweisen.
http://bibliotek.dk
Auf Grund des kleinen Sprachkreises werden für die Sacherschließung zumeist die Dewey
Decimal Classification und die Library of Congress Subject Headings verwendet (daneben
auch andere Regelwerke). Auf Grund der guten Kenntnisse der englischen Sprache in
Skandinavien ist dies recht problemlos möglich und macht auch Fremddatenübernahmen in
großem Maßstab möglich.
Bibliothekarische Ausbildung
Wie in vielen anderen Ländern auch, hat sich die bibliothekarische Ausbildung, die zunächst
meist in Kursen an den einzelnen Bibliotheken stattfand, immer mehr an spezielle
Bibliotheksschulen bzw. an Hochschulen verlagert.
Schweden
- seit 1972 Bibliothekshochschule Boras
- seit 1995 auch an den Universitäten Lund, Uppsala und Umea
Norwegen
- seit 1940 an der Bibliotheksschule in Oslo
Dänemark
- Königliche Schule für Bibliothekswesen und Informationswissenschaft in Kopenhagen
und Ålborg
88
Australien
Grundlagen
Als flächenmäßig sechstgrößter Staat der Erde umfasst Australien die Landmasse des
gleichnamigen Kontinents sowie einige vorgelagerte Inseln. Heute ist Australien eine
parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist die englische Königin. Die größte Stadt
Australiens ist Sydney, die Hauptstadt Canberra.
-
7,7 Millionen Quadratkilometer
20,5 Millionen Einwohner
2,6 Einwohner pro Quadratkilometer
30.600 US $ Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner
Amtssprache Englisch (zum englischen Sprachkreis siehe auch Großbritannien, 2,4%
indigene Bevölkerung)
Die Bundesstaaten Australiens
Politische Gliederung
Jeder der acht Bundesstaaten (Western Australia, Northern Territory, South Australia,
Queensland, New South Wales, Victoria, Tasmania und Australian Capital Territory, seit
1989 ist auch die winzige Küstenprovinz Jervis Bay Territory unabhänigig) hat neben einem
Parlament und einer Regierung einen Gouverneur, der als Stellvertreter der britischen
Monarchin amtiert.
89
Geschichte Australiens
-
-
Die Entdeckung Australiens erfolgte erst 1606 durch den Niederländer Willem Jansz
(bis 1824 Neuholland). 1770 erreichte James Cook die fruchtbare Ostküste und nahm
das Land für die britische Krone in Besitz.
Australien diente u.a. als Strafkolonie, 160.000 Sträflinge wurden hierhin verbannt.
Auch andere Länder errichteten Kolonien.
Der Goldrausch von 1850ff. führt zur nationalen Einheit und zur stärkeren
Distanzierung von England.
Die Bildung des Nationalstaates Australien erfolgte erst 1901.
Druck- und Verlagswesen / Buchhandel
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Der erste Druck fand in Australien erst 1796 statt. Generell entwickelte sich das
Druckwesen nur sehr langsam und nur regierungsnah (hier spielten vor allem
Amtsdruckschriften eine wichtige Rolle).
Früher als das Druck- und Verlagswesen entwickelte sich der Buchhandel in
Australien, vor allem nach 1945 ist dieser Sektor stark gewachsen.
In Australien existieren zahlreiche heute US-amerikanische und britische
Verlagsniederlassungen und -depots, was die Literaturversorgung erheblich
verbessert hat.
Der australische Buchhandel ist in der Australian Booksellers Association organisiert.
http://www.aba.org.au/
Das Wissenschaftliche Bibliothekswesen in Australien
a)
b)
c)
d)
die National Library
States Libraries
Hochschulbibliotheken
Spezialbibliotheken
a) The National Library of Australia (Canberra)
http://www.nla.gov.au/
Seit 1968 hat die 1901 zeitgleich mit dem Nationalstaat gegründete National Library of
Australia in Canberra ihren Sitz in einem Neubau, der sehr deutlich dem Parthenon
nachempfunden ist. Ebenfalls seit 1968 profitiert die Bibliothek vom „Pflichtexemplarrecht“
(ein Exemplar geht an die Nationalbibliothek, ein weiteres an die Bibliotheken der jeweiligen
Bundesstaaten; wie in den USA ist die Ablieferung an das Urheberrecht gekoppelt).
Insgesamt verfügt die National Library of Australia über rund 6 Millionen Medieneinheiten,
davon fast 5 Millionen Bücher und 44.000 laufende Zeitschriften. Bemerkenswert ist die
Sammlung von indigenen Tonaufnahmen, die 12.300 Oral history records.
b) Die State Libraries
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Bereits in der Zeit der unabhängigen Kolonien existierte in jeder Kolonie eine
öffentliche Zentralbibliothek; diese wurden nach der nationalen Einheit von 1901 zu
Staatsbibliotheken umfunktioniert. Die Verwaltung dieser Bibliotheken wird von
staatlich bestellten Kuratorien übernommen, denen der Bibliotheksleiter
rechenschaftspflichtig ist.
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Diese Bibliotheken waren gerade im 19. Jahrhundert besonders wichtig, da sie in
dem riesigen Land oft die einzige Möglichkeit darstellten, an Literatur zu kommen.
Jede der State Libraries Australiens erhält ein Pflichtexemplar aller in Australien
gedruckter Publikationen.
State Library of New South Wales
http://www.sl.nsw.gov.au/
Die wichtigste und älteste der State Libraries ist die bereits 1826 gegründete State Library of
New South Wales. Sie sammelt Literatur zu allen Aspekten des Lebens in Australien bzw. in
New South Wales, wozu auch zahlreiche materialbezogene Sondersammlungen gehören
(Autographen, Mikroformen, Fotographien, Karten, Zeitungen, ...). Insgesamt verfügt sie über
5 Millionen Medieneinheiten, beim Aufbau der Bestände profitiert sie vom regionalen
Pflichtexemplar. Die State Library of New South Wales steht auch dem Öffentlichen
Bibliothekswesen des Bundesstaates vor, das 97 Stadtbibliotheken mit 266
Zweigbibliotheken umfasst.
c) Hochschulbibliotheken in Australien
Das Hochschulwesen in Australien
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Erst 1850 wurde mit der University of Sydney die erste Hochschule des Landes
gegründet.
Heute verfügt Australien über 38 staatliche und 2 private Universitäten, an denen
insgesamt rund 600.000 Menschen studieren. Die Studienstrukturen entsprechen
recht genau denjenigen der britischen Hochschulen (Studiengebühren, Bachelor,
Master, PhD, …).
Australien hat sein Bildungswesen durch den Einsatz erheblicher finanzieller Mittel
deutlich verbessert (der „Bildungskontinent“); noch vor dem Tourismus ist der
Bildungssektor der Wirtschaftszweig mit den höchsten Einnahmen (!). Vor allem
Angehörige der südostasiatischen Oberschichten studieren sehr gerne in Australien.
Die Hochschulbibliotheken
- Die Hochschulbibliotheken unterstehen – wie auch die Universitäten – den
Bundesstaaten.
- Insgesamt verwalten die australischen Universitätsbibliotheken rund 15 Millionen
Medien und haben einen Jahresetat von insgesamt ca. 20 Millionen US $.
- Die vielen Fachhochschulen außerhalb der Provinzhauptstädte haben es schwer,
anspruchsvollere Bestände anzubieten; sie hängen von der Fernleihe ab bzw. die
Studierenden müssen für Recherchen und Benutzung in die zentralen Universitätsoder Staatsbibliotheken fahren.
d) Spezialbibliotheken
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Insgesamt gibt es ca. 1100 Spezialbibliotheken in Australien, die jedoch sehr wenig
zu den bibliothekarischen Dienstleistungen des Landes beitragen und für die
Allgemeinheit nicht leicht zu benutzen sind.
Die leistungsfähigsten Bibliotheken werden unterhalten von:
- Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO)
- Regionalen Parlamenten
- Australian Bureau of Statistics
- Patent Office
- St. Patrick´s College
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Das Öffentliche Bibliothekswesen in Australien
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Die Öffentlichen Bibliotheken in Australien befinden sich auf einem sehr guten
Niveau, sowohl was die Dichte der Bibliothekssysteme als auch die Vielzahl der
Bestände betrifft.
Bereits 1980 gab es in Australien 800 Öffentliche Bibliotheken mit ca. 20 Millionen
Bänden, wobei sich das Öffentliche Bibliothekswesen relativ homogen auch über das
dünn besiedelte Hinterland erstreckt.
Bei ihren bibliothekarischen Angeboten werden die Öffentlichen Bibliotheken von den
jeweils zuständigen State Libraries unterstützt (vgl. z.B. die State Library of New
South Wales).
Eine umfassende Übersicht mit zahlreichen weiterführenden Links zu allen Aspekten
des Öffentlichen Bibliothekswesens in Australien bietet die Website:
http://www.nla.gov.au/apln/links.html
Kooperationen und zentrale Einrichtungen
Berufsverband
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Der dominierende Berufsverband in Australien ist die Australian Library and
Information Association (ALIA).
Die Gesellschaft hat ca. 6000 persönliche und körperschaftliche Mitglieder, ist in
Sektionen unterteilt und bemüht sich, das australische Bibliothekswesen durch
Lobbyarbeit, Fortbildungen, Publikationen und Facharbeit weiterzuentwickeln.
http://www.alia.org.au/
Berufsausbildung
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Bis in die 60er Jahre fand die Ausbildung zumeist an der einstellenden Bibliothek
statt; nach der Ausbildungszeit wurden dann von der Australian Library and
Information Association zentrale Prüfungen abgenommen. Sie vermittelt auch
Praktika und Auslandsaufenthalte.
Heute bieten 18 Bibliothekarschulen bzw. Fachbereiche von Universitäten und
Fachhochschulen unterschiedliche Studiengänge an, an denen akademische Grade
und Diplome verliehen werden.
Pro Jahr schließen mehr als 300 Studenten ein Bibliotheksstudium ab.
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