null-prozent- finanzierung - Verbraucherzentrale Niedersachsen
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null-prozent- finanzierung - Verbraucherzentrale Niedersachsen
„NULL-PROZENTFINANZIERUNG“ Hintergründe, Kostenfallen, Tipps WAS SIE ÜBER ANGEBOTE ZUR „NULL-PROZENTFINANZIERUNG“ WISSEN SOLLTEN Werbeaussagen mit dem Versprechen „0 %-Finanzierung“ sind allgegenwärtig: Möbelhäuser, Elektromärkte und Autohändler bieten ihre Produkte standardmäßig zum Kauf mit zinsloser Finanzierung an. Was früher eine kurzfristige Aktion war, ist heute zum Regelfall geworden. Gleichzeitig geht der Trend von der Finanzierung hochpreisiger und langlebiger Konsumgüter zu finanzierten Angeboten von niedrigpreisigen Verbrauchsgütern und täglichem Lebensbedarf. Schuldenmachen gehört ganz selbstverständlich zum Alltag vieler Verbraucher. Dabei macht man sich selten bewusst, worum es sich bei solch einem verlockenden Angebot eigentlich handelt: Eine Werbemaßnahme zur Steigerung der Verkaufszahlen! Und sie funktioniert ganz offensichtlich: Die Zahl der Konsumentenkredite steigt kontinuierlich an. Nach einer Studie der GfK gaben 53 % der Verbraucher an, sie hätten beim Händler nicht gekauft, wenn es die Möglichkeit der Finanzierung nicht gegeben hätte. 1 ll Was steckt hinter dem Angebot einer „Null-ProzentFinanzierung“? | Wer ein Produkt über eine „Null-ProzentFinanzierung“ kauft, schließt tatsächlich einen Kredit bei einem Kreditinstitut ab, mit dem der Händler kooperiert. Es 1 Studie der GfK Finanzmarktforschung im Jahresbericht Bankenfachverband 2012 handelt sich dabei meist um einen klassischen Ratenkredit mit fester Laufzeit und Ratenhöhe, jedoch ohne Zinsbelastung für den Kreditnehmer. Der Kaufpreis für die Ware wird über die Kreditauszahlung direkt an den Händler beglichen, der Kunde zahlt in der Folge die Raten an das Kreditinstitut. ll Wer verdient an dem Geschäft? | Händler nutzen die Finanzierungsmöglichkeit zur Umsatzsteigerung. Selbst wenn sie anstelle des Kunden – und für diesen nicht ersichtlich – ein Entgelt für die Finanzierung an die Bank zahlen müssen, lohnt sich das Geschäft. Ein Geschenk an den Kunden ist damit nicht verbunden, denn auch versteckte Kosten werden in der Preiskalkulation des Händlers berücksichtigt. Zudem ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine stärkere Konsumnachfrage durchaus gewollt. Und für die Kreditinstitute rechnen sich solche Finanzierungen trotz fehlender Zinseinnahme ebenfalls: Sie gewinnen neue Kunden mit wertvollen Kundendaten, ohne selbst in andere, teure Werbemaßnahmen investieren zu müssen. Kennt das Kreditinstitut den neuen Kunden aufgrund des Kreditgeschäftes genauer, fällt es viel leichter, durch passgenaue Angebote lukrative Folgeverträge zu bewerben. WELCHE VOR- UND NACHTEILE ERGEBEN SICH FÜR VERBRAUCHER? Auch bei fehlendem Eigenkapital sind Anschaffungen ohne Zusatzkosten möglich. Es sind keine Ansparungen nötig und rentabel angelegtes Kapital muss nicht angegriffen werden. Vorübergehende finanzielle Engpässe können überbrückt werden. Aber: „Null-Prozent-Finanzierung“ bedeutet nicht automatisch, dass die Ware selbst günstig erworben wird – sie kann vielmehr deutlich teurer sein als bei anderen Anbietern. Auch der Verhandlungsspielraum über den Kaufpreis ist häufig eingeschränkt – Barzahlungsrabatte sind nicht möglich. Finanzierungsangebote ohne Zinsen verführen außerdem zu unüberlegtem Konsum. Die Gefahr ist groß, mehr zu kaufen als finanziell leistbar ist oder zu diesem Zeitpunkt benötigt wird. Die aggressive Werbung suggeriert dem Verbraucher, er könne sich das Produkt problemlos leisten. Die meist kleinen Raten lenken schnell vom eigentlichen Kaufpreis ab. Aber auch niedrige Ratenbelastungen bei längeren Laufzeiten bergen die Gefahr, den Überblick über die monatlichen Verpflichtungen zu verlieren und in eine Schuldenspirale einzusteigen. „Null-Prozent-Finanzierungen“ sind schnell, unüberlegt und unbürokratisch abgeschlossen: Mitarbeiter des Händlers verfolgen festgelegte Absatzziele und möglicherweise mit der Aussicht auf Provision auch eigene Interessen, wenn sie Verbrauchern den Kauf mit einer Finanzierung erleichtern wollen. Sie sind auch nicht als Bankkaufleute ausgebildet. Entsprechend rudimentär ist die Beratung bzw. Aufklärung über die Besonderheiten und Risiken einer Kreditaufnahme. „0 %“ IST NICHT IMMER „KOSTENLOS“ – WELCHE VERSTECKTEN FALLEN LAUERN IN EINER „NULL-PROZENT-FINANZIERUNG“? Eine „Null-Prozent-Finanzierung“ heißt nicht unbedingt, dass der Vertragsabschluss für den Verbraucher kostenlos oder besonders günstig sein muss. Vielfach lauern versteckte Fallen in derartigen Angeboten: ll Augen auf bei zusätzlichen Restschuldversicherungen, Kreditausfallversicherungen oder Ratenschutzversicherungen | Unter diesen und ähnlichen Begriffen wird vermeintlich unverzichtbarer Schutz verkauft, der Probleme bei der Ratenzahlung absichern soll. Häufig ist der Abschluss dieser Verträge durch das finanzierende Kreditinstitut bereits voreingestellt. Da die Versicherungen wegen zahlreicher Ausnahmetatbestände vielfach gerade dann nicht leisten, wenn sie benötigt werden, gleichzeitig aber teuer sind, ist ihr Abschluss in der Regel nicht zu empfehlen. Verbraucher können den Abschluss solcher Zusatzgeschäfte ablehnen. ll Vorsicht vor versteckten Zusatzkosten | Auch bei fehlendem Zins können sich manchmal zusätzliche Entgelte, z. B. für die Kontoführung, im Kleingedruckten verstecken. Diese Kosten müssen in den effektiven Jahreszins – den tatsächlichen Preis eines Kredites – eingerechnet werden. ll Vorsicht, Dispofalle | Schaffen Sie die Ratenzahlung voraussichtlich nur, indem Sie häufiger Ihren Dispokredit in Anspruch nehmen, wird aus den vermeintlichen 0 % Zinsen ganz schnell ein teurer Spaß. Daher sollte auch eine geringe Ratenverpflichtung im Vorfeld gut durchdacht werden. ll Achtung bei zusätzlichem (unerwünschtem) Kreditrahmen | Nicht selten wird mit der „Null-Prozent-Finanzierung“ automatisch und ohne aufklärende Beratung, manchmal auch versteckt im Kleingedruckten, ein weiterer Rahmenkredit vereinbart: Ähnlich einem Dispokredit, nur getrennt vom Girokonto, stellt die Bank einen Kreditrahmen zur Verfügung, der vom Verbraucher meist über eine Maestro- oder Kreditkarte in Anspruch genommen werden kann. Achtung: Für diesen zusätzlichen Rahmenkredit gilt das „Null-Prozent-Angebot“ allerdings nicht – dessen Zinsen sind oft ebenso teuer wie beim Dispokredit oder unter Umständen noch höher und im Regelfall variabel. Nimmt man den Kredit in Anspruch, indem man z. B. mit der zugeschickten Karte einkauft, kann sich die Rückzahlung teuer in die Länge ziehen. Da regelmäßig nur ein monatlicher Mindestbetrag eingezogen wird, muss der Kreditnehmer in diesem Fall die Ratenzahlung aktiv erhöhen. Hinzu kommt häufig der Abschluss einer weiteren Restschuldversicherung mit monatlicher Prämienzahlung zu Lasten des Kreditkontos. Generell besteht bei dieser Kreditform ein besonders hohes Risiko, den finanziellen Überblick zu verlieren. Verbraucher können den Abschluss des zusätzlichen Kreditrahmens auch ablehnen. Unklar ist, ob in diesem Fall die Gewährung der gewünschten „Null-Prozent-Finanzierung“ in Frage gestellt wird. ll Achtung, Ballonrate | Gerade bei Autofinanzierungen werden oftmals für eine relativ kurze Laufzeit Ratenkredite mit sehr niedrigen Raten und 0 % Zinsen vereinbart. Endet die vereinbarte zinsfreie Laufzeit, wartet eine sehr hohe Abschlussrate, die sogenannte Ballonrate, die meist nur über eine weitere und im Regelfall verzinste Kreditaufnahme gestemmt werden kann. ll Vorsicht bei neuen Finanzierungskombinationen | Zinsfreiheit nur für kurze Zeit beinhalten Kombinationen von „Null-Prozent-Finanzierungen“ und Rahmen- oder Kartenkrediten: Für die „Null-Prozent-Finanzierung“ wird in diesen Fällen kein separater Ratenkredit abgeschlossen. Die Finanzierung erfolgt vielmehr über einen Rahmenkreditvertrag, bei dem der Zins für eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Summe auf 0 % gesetzt wird. Erfolgt die Rückzahlung nicht innerhalb der Frist oder werden weitere Beträge in Anspruch genommen, zahlt der Kreditnehmer hierfür die hohen Zinsen des Rahmenkredites. WELCHE RECHTLICHEN ANSPRÜCHE HABE ICH ALS KREDITNEHMER? ll Ist ein Widerruf vom Kreditvertrag möglich? | Ein Verbraucherkreditvertrag kann zwar innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden; dies gilt aber nicht für alle Vertragskonstellationen. Achtung: Handelt es sich um eine echte „Null-Prozent-Finanzierung“ ohne jegliche Kosten, gibt es im Regelfall kein gesetzliches Widerrufsrecht! In folgenden Fällen können Sie den Kreditvertrag dennoch widerrufen: Der Abschluss einer Restschuldversicherung war Voraussetzung für die Kreditgewährung, oder trotz 0 % Zinsen werden Zusatzkosten berechnet, wobei die Laufzeit mehr als drei Monate und der Kreditbetrag mindestens 200 Euro betragen müssen. Oder aber das Widerrufsrecht wurde vertraglich vereinbart. Im Falle des Widerrufs ist der Kreditnehmer auch an den Kaufvertrag nicht mehr gebunden, wenn beide Verträge ein verbundenes Geschäft darstellen. ll Kann der Kaufvertrag widerrufen werden? | Sehr häufig gewähren Händler ein freiwilliges Umtausch- oder Rückgaberecht aus Kulanzgründen. Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht darüber hinaus nur bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (z. B. bei Haustürgeschäften) oder im Fernabsatzgeschäft (Verträge, die über das Internet oder Telefon geschlossen wurden). ll Welche Rechte habe ich bei mangelhaften Produkten? | Weist der Kaufgegenstand während der Laufzeit der Ratenzahlung Mängel oder Defekte auf oder bestand der Fehler bereits zu Anfang, müssen dennoch zunächst die Raten weiter gezahlt werden, denn Kauf- und Kreditvertrag sind separate Verträge. Im Hinblick auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, z. B. Nachbesserung oder Nacherfüllung, muss sich der Käufer mit dem Händler auseinandersetzen. Erst wenn diese Möglichkeiten nicht erfolgreich waren, kann die Ratenzahlung zurückbehalten werden. Hierüber sollte man das Kreditinstitut unbedingt informieren. ll Kann der Kredit vorzeitig abgelöst werden? | Die „NullProzent-Finanzierung“ kann jederzeit zurückgezahlt werden. Da kein Zinssatz vereinbart ist, darf das Kreditinstitut in diesem Fall keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Auch die Berechnung von Ablöse- oder sonstigen Bearbeitungsgebühren ist aus Sicht der Verbraucherzentrale unzulässig. ll Was geschieht, wenn Raten nicht planmäßig gezahlt werden? | Bei einem kostenlosen Kredit kann die Bank bei drohender Verschlechterung der Vermögenslage des Kreditnehmers, durch die die Rückzahlung des Kredites gefährdet werden kann, fristlos kündigen. Bei Ratenverzug bzw. nach Kündigung des Kredites kann der Kreditgeber auch bei einer bis dahin zinslosen Finanzierung Verzugszinsen und ggf. weitere anfallende Verzugskosten berechnen. UNSERE TIPPS – DAS SOLLTEN VERBRAUCHER BEACHTEN •Auch „Null-Prozent-Finanzierungen“ sollten wie jede Form der Schuldenaufnahme auf notwendige Anschaffungen beschränkt werden, z. B. für das Auto, mit dem Sie zur Arbeit fahren, oder für den Ersatz der defekten Waschmaschine. •Ist eine „Null-Prozent-Finanzierung“ geplant, sollten Sie sich zunächst ehrlich die Frage beantworten, warum der notwendige Betrag für die gewünschte Anschaffung bisher nicht zurückgelegt wurde bzw. werden konnte. •Vor Abschluss eines Finanzierungsvertrages sollten Sie sich nach den Preisen der Konkurrenz erkundigen, Rabattmöglichkeiten erfragen und ggf. Kreditalternativen prüfen. •Verträge sollten Sie nur dann abschließen, wenn sichergestellt ist, dass die Raten über die volle Laufzeit von dem vorhandenen Budget gedeckt werden können. Auch kleine Raten belasten Ihre monatliche Haushaltskasse. Neben der Kreditrate sollte noch Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben bestehen. •Lassen Sie sich vom Händler nicht zum Kauf eines noch teureren Produktes verleiten, weil Sie den Kauf ohnehin schon finanzieren. •Lesen Sie Kreditbedingungen in Ruhe und hinterfragen Sie hartnäckig unverständliche Passagen, auch wenn die Kaufverlockung groß ist. •Lassen Sie sich auch nicht durch den psychologischen Druck des Händlers zum Abschluss von Zusatzverträgen, z. B. Garantieverlängerungen, hinreißen, die Sie nicht möchten. Beispiel: Roter Stempel: „Kunde wünscht keine Absicherung!“ – Gesetzliche Gewährleistungsrechte stehen Ihnen immer zu. •Wenn Sie voreingestellte Erklärungen entdecken, z. B. den vorgeblichen Wunsch nach einer Restschuldversicherung, sollten Sie dem Händler mitteilen, dass diese Zusatzgeschäfte nicht gewünscht sind. Lassen Sie sich den Vertrag am besten neu ausdrucken oder streichen Sie die entsprechende Passage im Vertragstext durch. •Lassen Sie Vorsicht bei Rahmenkreditverträgen walten: Zahlen Sie die vereinbarten Raten für die „Null-Prozent-Finanzierung“ pünktlich und nehmen Sie keine weiteren Kreditbeträge in Anspruch. Am besten kündigen Sie unerwünschte Rahmenkreditverträge und schicken die Kreditkarte entwertet zurück. Stattdessen sollten Sie bei Bedarf alternative Kreditangebote prüfen und Konditionen vergleichen. Wir beraten Sie gern persönlich, telefonisch und per E-Mail zu ausgewählten Themen. Öffnungszeiten und Terminvereinbarungen unter ll (05 11) 9 11 96-0 oder ll www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de Beratungsstellen 26603 Aurich Wallstr. 26 21335 Lüneburg Wallstr. 4 38100 Braunschweig 49716 Meppen Langer Hof 6 Kirchstr. 29 31224 Peine Woltorfer Str. 64 21682 Stade Pferdemarkt 3 29221 Celle Schuhstr. 40 26382 Wilhelmshaven 26122 Oldenburg Julius-Mosen-Platz 5 Grenzstr. 95 37073 Göttingen Papendiek 24-26 49074 Osnabrück Große Str. 67 30159 Hannover Herrenstr. 14 37520 Osterode/Harz Rollberg 3 38440 Wolfsburg Schillerstr. 42-44 Verbrauchertelefon ll 0900 1 7979-04 Banken und Baufinanzierung (1,50 € pro Minute – gültig aus dem dt. Festnetz, sekundengenaue Abrechnung; aus den Mobilfunknetzen gelten die Tarife der jeweiligen Anbieter) Verbraucherzentrale Niedersachsen e. V. Herrenstr. 14 30159 Hannover Tel. (05 11) 9 11 96-0 Fax (05 11) 9 11 96-10 [email protected] l www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de Impressum: Verbraucherzentrale NRW e. 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