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Cargo Forum Schweiz Technische Möglichkeiten für die
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Technische Möglichkeiten für die Verkehrslenkung
Referat von Dr. Matthias Rapp1 am Cargo Forum Schweiz, 13. Mai 2003
1. Verkehrslenkung als Teil des modernen Verkehrsmanagements
Beim Verkehrsmanagement geht es um alle planerischen, betrieblichen, organisatorischen und rechtlichen Massnahmen, die geeignet sind, um den Verkehrsablauf für die Verkehrsteilnehmer, die
Betreiber der Verkehrsnetze und für die indirekt Betroffenen optimal zu gestalten. Verkehrslenkung
ist Teil des modernen Verkehrsmanagements.
Die Strassenfachleute unterscheiden innerhalb des Verkehrsmanagements zwischen den Begriffen
Verkehrsbeeinflussung (des Strassenverkehrs), Management des öffentlichen Verkehrs, Überwachung und Intervention der Ereignisdienste, dem betrieblichen Unterhalt der Strasse und schliesslich
dem Fracht- und Flottenmanagement der Transporteure.
Dieser Vortrag beschränkt sich auf den ersten Aspekt des Verkehrsmanagements: der Verkehrsbeeinflussung. Es geht dabei um die Beeinflussung des Strassenverkehrs mit betrieblichen Massnahmen
mit dem Ziel, das Strassennetz zu jeder Zeit sicher und flüssig zu erhalten, um den Reisekomfort und
die Effizienz des Verkehrssystems zu steigern und die Umweltbelastung zu senken. Insbesondere soll
mittels Verkehrslenkung verhindert werden, dass das Verkehrssystem zusammenbricht, wenn die
Verkehrsnachfrage örtlich und zeitlich die vorhandene Kapazität des Strassennetzes übersteigt.
Das Verhalten der Verkehrsteilnehmer kann auf den verschiedenen Stufen der Entscheidungen unterschiedlich gut beeinflusst werden:
 Wahl des Reiseziels bzw. der Logistikkette beim Güterverkehr
 Wahl des Verkehrsmittels (Modal Split)
 Wahl der Reiseroute (sofern Strassennetz)
 Wahl der Abfahrts- oder Ankunftszeit (inkl. Wahl der Pausen- und Ruhezeiten)
 Wahl des Verhaltens auf der Strasse (Geschwindigkeit, Überholen etc.)
Das Geschehen auf der Strasse ist letztlich die Summe von Einzelentscheidungen, wobei die Entscheidungen natürlich nicht unbedingt in dieser Reihenfolge gefällt werden und je nach Verkehrsarten und Verkehrsteilnehmer ganz unterschiedliche Kriterien angewendet werden. Von besonderer
Bedeutung ist hier das Kriterium „Fahrtkosten“, denn es bestimmt die Wirksamkeit allfälliger Gebührenerhebungssysteme auf die Verkehrsmittel- und Routenwahl oder im Falle des sogenannten „Congestion Pricing“ (tageszeitabhängige Strassengebühren), auf die Wahl der Abfahrtszeit.
1
Experte im Auftrag des Bundesamtes für Strassen für die Projekte SNS-CH und VM-CH (Strasse Nord-Süd und
Verkehrsmanagement Schweiz)
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Die Freiheitsgrade sind für die einzelnen Entscheidungsschritte sehr verschieden: während das Reiseziel und die Verkehrsmittelwahl in den meisten Fällen kurzfristig nicht veränderbar ist, kann im
Allgemeinen die Fahrroute und das Verkehrsverhalten und in manchen Fällen die Abfahrts- oder Ankunftszeit spontan gewählt werden.
Beim Strassenverkehr wird der Begriff Verkehrslenkung gebraucht für koordinierte Massnahmen auf
Knoten und Strecken zur Lenkung des Verkehrs im Netz.
Grundlage für das Verkehrsmanagement ist die Verkehrsinformation. Für den Verkehrsteilnehmer
heisst dies Information über die Fahrt oder den Transport von A nach B vor Antritt der Reise und
während der Reise. Die Betreiber der Verkehrsinfrastrukturen, d.h. die Polizeien und Unterhaltsdienste für das Strassennetz und die Bahnunternehmungen für das Schienennetz benötigen ebenfalls Verkehrsinformationen, jedoch in der Form von Übersichten über das Verkehrsgeschehen auf ihren Netzen.
Seit dem 1. Januar verfügt der Bund über zusätzliche Kompetenzen bezüglich Verkehrslenkung und
Verkehrsinformation. Gemäss Art. 53a des SVG kann der Bund Massnahmen zur Lenkung des motorisierten Verkehrs auf dem Strassennetz von nationaler Bedeutung anordnen, um sicherheitsgefährdende Störungen des Verkehrs zu vermeiden. Er kann auch Empfehlungen zur Lenkung abgeben im
Interesse der Verkehrssicherheit und der Verflüssigung des Verkehrs und zum Erreichen der Ziele
des Verkehrsverlagerungsgesetzes. Allerdings bedeutet die Kann-Vorschrift, dass die finanziellen
Mittel zur Wahrnehmung der neuen Bundesaufgabe im Kampf um die Prioritäten bei den Bundesfinanzen hart erstritten werden müssen.
Bei der Verkehrsinformation, die neu im Art 57c des SVG geregelt ist, hat der Gesetzgeber dem Bund
lediglich die Rolle des Koordinators und fachlichen Beraters zugewiesen. Die 26 Kantone sind für die
Durchführung der Verkehrsinformation zuständig, sogar für die Orientierung der Nachbarstaaten.
Hier orten wir ein Problem: Vor dem Hintergrund von oftmals sehr gegensätzlichen Interessenlagen
der Kantone hinsichtlich der Lenkung des Verkehrs – denken wir beispielsweise an die Problematik
Gotthard versus San Bernardino – genügen lediglich koordinierte 26 kantonale Verkehrsinformationssysteme nicht. Verkehrsinformation eignet sich schlecht für föderalistische Lösungen. Eine wirksame
nationale Verkehrslenkung muss sich auf national und international konsolidierte Verkehrsinformationen stützen.
2. Verkehrslenkung an den Alpenübergängen
Zielsetzungen der Lenkung des Schwerverkehrs
Die Schweiz verfolgt beim alpenquerenden Schwerverkehr vier Ziele:
1. Die Verkehrssicherheit muss gewährleistet sein. Dabei sind alle alpenquerenden Achsen, d.h.
nicht nur der Gotthardtunnel, sondern auch der San Bernardino und die weniger geeigneten Walliser Alpenübergänge Simplon und Gd. St. Bernard gesamtheitlich zu betrachten. Der Transport
von Gefahrengütern ist möglichst risikoarm abzuwickeln.
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2. Der Verkehrsfluss soll möglichst flüssig sein. Verkehrszusammenbrüche müssen vermieden werden. Die Wartezeiten für den Güterverkehr sollen so kurz wie möglich sein, insbesondere diejenigen von und nach der Südschweiz.
3. Die Belastung von Bevölkerung und Umwelt in den Transitkantonen soll möglichst reduziert werden. Das Verkehrsmanagement soll dafür sorgen, dass möglichst kein zusätzlicher Transitverkehr
angezogen wird.
4. Der alpenquerende Transitgüterverkehr muss gemäss Verfassungsauftrag und Verlagerungsgesetz schrittweise auf die Schiene verlagert werden.
Alternierender Einbahnverkehr
Zur Erreichung dieser Ziele wurden nach der Brandkatastrophe im Gotthardtunnel vom 24. Oktober
2001 zuerst die Dosierungsmassnahmen mittels alternierendem Einbahnverkehr ins Leben gerufen,
zuerst auf der San Bernardino-Route und nach der Wiedereröffnung des Gotthardtunnels im Dezember 2001 am Gotthard. Dieses Dosierungssystem, das bis Ende September 2002 betrieben wurde,
war mit einer Baustellenlichtsignalanlage vergleichbar. Während eine Richtung freie Fahrt hatte,
musste die andere Richtung warten. Die Steuerung musste dabei so optimiert werden, dass der erste
Lastwagen aus Richtung Nord den Tunnel möglichst präzise dann erreichte, wenn der letzte aus der
Gegenrichtung den Tunnel verlassen hatte. Verschiedene Intervalle von 2, 3 und 4 Stunden wurden
dabei ausgetestet. Optimal erwies sich ein Intervall von zwei Stunden, mit rund 30 Minuten Grünzeit
und rund 90 Minuten Wartezeit pro Richtung.
Mit diesem Dosierungssystem wurden im Gotthardtunnel Kapazitäten von rund 3‘000 Lastwagen pro
Tag erreicht. Die Wartezeit betrug in mehr als der Hälfte aller Fälle höchstens eine Rotphase, konnte
aber an diversen schwierigen Tagen auch mehrere Stunden betragen. Die Akzeptanz durch die
Chauffeure war in aller Regel recht gut, diejenige durch die Transportunternehmungen weniger.
Auf der San Bernardino-Route ist das alternierende Einbahnsystem heute noch in Betrieb. Das Intervall beträgt dort zwei Stunden, die Grünzeit allerdings nur 15 Minuten. Erschwerend kommt ab diesem Sommer dazu, dass wegen Instandstellungsarbeiten im Tunnel während längerer Zeit eine Baustellen-Einbahnregelung auch für Personenwagen betrieben werden muss.
Im Mont Blanc-Tunnel wird seit der Wiedereröffnung im Frühling 2002 ein Regime für den Schwerverkehr mit alternierendem Einbahnverkehr und sehr einschränkender Wirkung betrieben. Auch im
5.5 km langen Vielha Tunnel durch die Pyrenäen ist ein alternierendes Einbahnsystem vorgesehen.
Tropfenzählersystem am Gotthard
Mit der Wiedereinführung des Gegenverkehrs am Gotthard am 30.9.2002 wurden die Wartezeiten
deutlich verringert. Vor den Portalzonen sind beidseitig Pförtneranlagen („Tropfenzähler“) zur Feindosierung der Lastwagen angeordnet. Die Tropfenzähler erlauben eine Begrenzung des Schwerverkehrs
auf 1 bis 2.5 Lastwagen pro Minute d.h. 60 bis 150 LKW/h pro Richtung in Abhängigkeit der PWVerkehrsmengen. Mit Blick auf den optimalen Verkehrsfluss können 1'000 Personenwageneinheiten
(PWE) pro Stunde und Richtung durch den Tunnel geschickt werden, wobei 1 LKW 3 Personenwageneinheiten (PWE) entspricht (Tabelle 1). Die Verkehrsmenge wird begrenzt, damit sich in der Vorzone
des Gotthardtunnels und im Tunnel kein Stau bilden kann. Die maximale Obergrenze von 150 LKW/h
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auch bei geringem PW-Verkehr dient der Verminderung des Brandrisikos und zielt darauf ab, dass die
Lastwagen untereinander jederzeit genügende Abstände von mindestens 150 m haben. Bei sehr
starkem PW-Aufkommen wird auch der PW-Verkehr bewirtschaftet zugunsten eines sicheren und
regelmässigen Verkehrsflusses durch den Gotthardtunnel und zur Gewährleistung eines minimalen
Schwerverkehrsanteils.
PW/h
LKW/h
LKW/h gewichtet
1 LKW=3 PWE
Summe PWEinheiten
Max. 1000 PWE
Sehr hoher Tagesverkehr
820
60
180
1‘000
Hoher Tagesverkehr
700
100
300
1‘000
Mittlerer Tagesverkehr
550
150
450
1‘000
Tiefer Tagesverkehr
400
150
450
850
Randzeiten, Nacht
250
(150)
(450)
700
1‘000
---
---
1‘000
Sonn- und Feiertage
Tabelle 1: Mechanik der sicherheitsbedingten Kapazitätsbewirtschaftung: Der Gesamtverkehr durch den Gotthardtunnel wird auf 1'000 PW-Einheiten (PWE) beschränkt. 1 Lastwagen entspricht 3 PWE. Bei sehr hohem PW-Verkehr
dürfen mindestens 60 LKW/h passieren und der PW-Verkehr muss gedrosselt werden. Bei tiefem PW-Verkehr wird
die Lastwagenmenge wegen der Abstandsvorschrift auf max. 150 LKW/h dosiert, obwohl noch Kapazität frei wäre.
Die Tropfenzähleranlagen für die Feindosierung weisen nur eine kleine Staufläche auf (20 - 30 Fahrzeuge), um die kleinen Schwankungen zwischen Zu- und Abfluss der Lastwagen auf den Rampen
auszugleichen (Abb. 1). Um ein Überlaufen der Tropfenzähleranlagen zu vermeiden, sind auf der
Nordseite in Attinghausen und auf der Südseite in Bodio Abstellflächen vorgelagert, wo der Schwerverkehr zurückgehalten werden kann, um grössere tageszeitliche Schwankungen zu absorbieren. Von
den vorgelagerten Abstellflächen werden die Lastwagen einzeln nach Abruf zu den Tropfenzähleranlagen vorgelassen. Für die Abstellfläche Attinghausen musste der Standstreifen auf einem wegen
dem Hochwasserschutz überbreiten Teilstück der A2 hergegeben werden, für die Abstellfläche Bodio
ein Autobahnrastplatz (Abb. 2).
Abb. 1: Tropfenzähler bei Schöni auf der
Abb. 2: Vordosierung Attinghausen (Uri)
Gotthard-Nordrampe
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Legende
Basel / Bern
S
Abstellfläche
ÜGV
Schwyz
Dosierstelle
ÜG
V
Knutwil (LU)
35 km
S
Güterverkehr von und nach dem Tessin
ÜGV
Übriger alpenquerender Güterverkehr
Autobahn richtungsgetrennt
S
ÜGV
Luzern
Axen (UR)
Nationalstrasse nicht richtungsgetrennt
S
ÜGV
25 km
Chur
S
ÜGV
Stans (NW)
Attinghausen (UR)
25km
Thusis
Schöni (UR)
2 km
2 km
Nufenen (GR)
Gotthardtunnel
Gegenverkehr
17 km
0.5 km
V
ÜG
Airolo (TI)
ÜG
V
S
Stalvedro
(TI)
31 km
S
Hinterrhein (GR)
4 km
San Bernardino
Tunnel
Einbahnverkehr
6.6 km
San Bernardino
(GR)
27 km
Giornico (TI)
(GR)
S
S
Soazza
ÜG
V
ÜGV
Bodio
17 km
Bellinzona
Chiasso
Rapp | Trans |
Abbildung 3: Übersicht über das Dosiersystem Gotthard / San Bernardino
Wenn bei starkem Lastwagenaufkommen in Nord-Süd Richtung die vorgelagerte Abstellfläche in Attinghausen nicht mehr genügt, können die beiden weiteren Warteräume in Stans und in Knutwil sukzessive in Betrieb genommen werden. Diese Warteräume befinden sich auf dem Standstreifen
(Stans) resp. dem Rastplatz und Kriechstreifen (Knutwil) der Autobahn und können keine dauerhafte
Lösung darstellen.
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Die Wartezeiten in den vorgelagerten Warteräumen hängen vom Verkehrsaufkommen des Personenwagen- und des Lastwagenverkehrs ab. Ein Teil des inländischen Verkehrs von und nach der
Südschweiz mit Ladung ausschliesslich für oder von diesem Landesteil wird mit einer Tafel am Fahrzeug als „S“-Verkehr markiert. „S“-Fahrzeuge sind von diesen Wartezeiten nicht betroffen, weil sie an
den vorgelagerten Abstellflächen vorbeifahren dürfen.
Die Lastwagenkapazität des Gotthardtunnels wird mit dem Tropfenzählersystem im Normalfall auf
3‘000 bis 4‘000 LKW/Tag beschränkt. Für die seit der Wiedereröffnung zu bewältigenden Mengen
genügt dies auch unter dem Aspekt, dass vom San Bernardino wieder 500 Lastwagen pro Tag auf
den Gotthard zurückgenommen wurden. Allerdings könnte die Kapazität an Tagen mit durchgehend
hohem Personenwagenverkehr nach unten gedrückt werden, theoretisch bis auf die untere Grenze
von rund 2'000 Lastwagen (17 Stunden x 60 LKW/h x 2). Hier zeigt sich zum ersten Mal auf der
Strasse das bei den Eisenbahnen schon lange bekannte Problem der Prioritäten des Personenverkehrs über den Güterverkehr. Die am Gotthard stillschweigend hinterlegte Prämisse der Bevorzugung
des PW-Verkehrs dürfte in Zukunft beim Ansteigen des Güterverkehrs zum politischen Diskussionsthema werden.
An Tagen, an denen die Verkehrsnachfrage die verfügbare Tageskapazität im Gotthardtunnel und im
San Bernardinotunnel übersteigt, wird „Phase Rot“ ausgelöst werden müssen. „Phase Rot“ bedeutet
wie bis anhin, dass auf Weisung der Kantonspolizei Uri bzw. Kantonspolizei Tessin die Zollbehörden
den im Norden und Süden einfahrenden Chauffeuren für eine bestimmte Zeitdauer das Verbot aussprechen, die Rampen und Tunnelstrecken am Gotthard und San Bernardino zu befahren.
Erfahrungen mit dem Tropfenzählersystem am Gotthard
Die sicherheitsbedingten Bewirtschaftungsmassnahmen haben sich während den ersten 6 Monaten
bewährt. Die Schwerverkehrsmenge ist bisher im prognostizierten Rahmen geblieben. Von Oktober
2002 bis März 2003 wurden Montag bis Freitag durchschnittlich 3‘500 Lastwagen im Gotthard-Tunnel
und 520 Lastwagen im San Bernardino-Tunnel gezählt.
Die Wartezeiten sind gegenüber dem alternierenden Einbahnsystem deutlich kleiner geworden. An
normalen Tagen muss an den vorgelagerten Abstellflächen von Attinghausen und Bodio 0 bis 30 Minuten Wartezeit in Kauf genommen werden. Längere Wartezeiten gibt es, wenn die vorgelagerten
Warteräume in Betrieb genommen werden müssen. Im ersten Betriebshalbjahr war dies in Stans an
41 Tagen und in Knutwil (LU) an 25 Tagen der Fall. Bezogen auf die gesamte Betriebszeit des Tropfenzählers, d.h. Montag bis Samstag je 17 Stunden am Tag, war der Warteraum Stans 13% und der
Warteraum Knutwil 6% der Zeit in Betrieb.
Allerdings ist bei dieser Statistik zu beachten, dass die Gründe für die Inbetriebnahme der vorgelagerten Warteräume nur in der kleinsten Zahl der Fälle in der Kapazitätsbeschränkung durch das
Tropfenzählersystem lagen. Viel häufiger waren in den sechs ersten Monaten die witterungsbedingten Gründe (Sperrungen wegen Erdrutsch, Lawinengefahr und Schneeräumung) sowie die Auswirkungen des italienischen Zöllnerstreiks und der Lastwagenblockade von Ende letzten Jahres.
Dieselbe Beobachtung gilt auch für das Verfügen der „Phase Rot“: Im ersten Betriebshalbjahr musste die Urner Kantonspolizei an 10 Tagen Phase Rot ausrufen. An nur vier Tagen davon lag der Grund
in der Verkehrsüberlastung und an den anderen sechs Tagen waren Schneefall bzw. der Streik der
italienischen Zöllner bzw. die Lastwagenblockade an der Südgrenze die Ursachen. In Süd-Nord Richtung musste das Instrument der „Phase Rot“ dank der Umleitungsmöglichkeit über den San Bernar-
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dino nur an drei Tagen eingesetzt werden, davon an keinem einzigen Tag wegen Verkehrsüberlastung.
Der Anteil an „S“-Verkehr beträgt am Gotthard 16% und am San Bernardino 25%. Am Gotthard ist
der „S“-Anteil in Nord-Süd Richtung leicht höher als in Süd-Nord Richtung und am San Bernardino ist
er in Süd-Nord Richtung leicht höher.
Betrachtet man die tageszeitlichen Schwankungen, so fällt auf, dass der Anteil „S“-Verkehr in den
frühen Morgenstunden deutlich höher ist als während dem Rest des Tages (Abb. 4).
Mittlere Tagesganglinie 30.09.02 bis 31.03.03 (Mo-Fr)
150
N-S Total
N-S "S"-Verkehr
S-N Total
S-N "S"-Verkehr
125
LKW Süd-Nord
LKW/h
100
LKW Nord-Süd
75
50
"S"-Verkehr Süd-Nord
25
"S"-Verkehr Nord-Süd
0
05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00
Abbildung 4: Tagesganglinien „S“-Verkehr und übriger Verkehr am Gotthard
3. Verkehrslenkung und Gebührenerhebung für den Schwerverkehr
Seit anfangs 2001 ist die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in Betrieb. Sie wurde
von der Politik als Instrument für die Verkehrsverlagerung und zur Deckung der Wegekosten definiert
mit der Wirkung der Mehrbelastung des Strassengüterverkehrs einerseits und der Finanzierung der
Eisenbahninfrastruktur für den alpenquerenden Verkehr andererseits. Zeitlich fiel die Einführung
zusammen mit dem Landverkehrsabkommen zwischen der EU und der Schweiz, welches die Anhebung der Gewichtslimiten in der Schweiz festlegt.
Die Bemautung des Schwerverkehrs steht in vielen Ländern Europas zur Diskussion (Tabelle 2).
Grund dazu ist, dass weder mit Mineralölsteuern noch mit Fahrzeugsteuern erreicht werden kann,
dass die Abgabenerträge auf jenen Strassennetzen anfallen, auf denen die Kosten entstehen. Sogar
England als Insel leidet offenbar unter einem zunehmend hohen Anteil kontinentaler Lastwagen, welche mit gefülltem Tank kommen und gegenüber den steuerlich hoch belasteten britischen Lastwagen
einen Konkurrenzvorteil haben.
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Schweiz
Deutschland
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Österreich
Frankreich / Italien
Einführung
1.1.2001
31.8.2003
1.1.2004
Seit langem eingeführt
Abgabepflichtiges
Netz
ganzes Strassennetz
Autobahnnetz
Autobahnnetz
Konzessionierte Autobahnen
Abgabepflicht
Fahrzeuge
ab 3.5 t
ab 12 t
ab 3.5 t
ab 3 Achsen
Tarifabstufung
Distanz
gefahrene Kilometer
Autobahnkilometer,
Abstufung möglich
Autobahnkilometer,
Abstufung möglich
Autobahnkilometer
abgestuft nach Erstellungskosten
Tarifabstufung
Fahrzeug
massgebendes Gesamtgewicht, Emissionsklassen
Gewichtsklassen,
Emissionsklassen
Gewichtsklassen
(Emissionsklassen in
Diskussion)
Achszahl
Kilometertarif für
34 t Euro I
57 Rp.
17 Ct.
(ca. 25 Rp.)
27 Ct.
(ca. 40 Rp.)
+ 20% MWSt.
15 Ct – 30 Ct. (23 –
45 Rp.).; Einzelobjekte bis 1‘800
Ct./km (Mont-Blanc
Tunnel: 209.90 € auf
11.7 km)
Erfassungssystem
für inländische
Fahrzeuge
Fahrzeuggerät mit
Tachograph-Input
und DSRCKommunikation,
Chipkartendeklaration
Fahrzeuggerät mit
GPS-Lokalisierung
und GSMKommunikation,
InfrarotKommunikation für
Enforcement
Elektron. Tag mit
DSRCKommunikation
Elektron. Tag mit
DSRCKommunikation
ID-Card, TicketautoErfassungssystem
für Fahrzeuge ohne maten an der Grenze, TachographErfassungsgerät
Ablesung
Einbuchungslösung
via Internet, Telefon
und an Verkaufspunkten
Elektron. Tag für inund ausländische
Fahrzeuge obligatorisch
Mautstationen mit
Münz- und Kreditkartenautomaten und
Barzahlung
Automatische Kontrollen
300 Kontrollanlagen
mit Laserscanner,
Infrarot-Funkbaken
und Videokameras
plus mobile Kontrollequipen
100 Kontrollanlagen
mit Laserscanner,
DSRC-Funkbaken
und Videokameras
plus mobile Kontrollequipen
Kontrollen an den
Mautstationen
21 Kontrollanlagen
an 14 Standorten mit
Laserscanner, DSRCFunkbaken und Videokameras
Tabelle 2: Übersicht über die Gebührenerhebungssysteme für den Schwerverkehr in der Schweiz und ihren Nachbarländern
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Im Vergleich mit den Schwerverkehrs-Mautsystemen im Ausland sind mehrere Charakteristiken
der LSVA erwähnenswert:
Die Abgabe bezieht sich auf das gesamte Strassennetz der Schweiz.
Die Schweiz blieb verschont von der Diskussion um die Verlagerung des Schwerverkehrs von den
Autobahnen auf parallele Hauptstrassen. Dank dem relativ dichten schweizerischen Autobahnnetz
führen die zeitlich und distanzmässig kürzesten Wege in der Regel über die Route mit dem höchsten
Autobahnanteil. Die befürchteten Abkürzungsfahrten durch Wohngebiete haben nicht stattgefunden.
Alle ausländischen Systeme beziehen sich nur auf das Autobahnnetz. Das Problem der Abwanderung
des Schwerverkehrs auf parallele Hauptstrassen muss dort mit flankierenden Lenkungsmassnahmen,
Lastwagenverboten oder der Befreiung gewisser Autobahnstrecken von der Maut gelöst werden. Dazu entsteht das Problem der unterschiedlichen Belastung der regionalen Volkswirtschaften bei unterschiedlicher Struktur der Verkehrsnetze.
Alle Fahrzeuge für den Güterverkehr über 3.5 t sind abgabenpflichtig.
In der Schweiz und Österreich sind alle Lastwagen ab 3.5 t abgabenpflichtig, während in Deutschland
die Mautpflicht erst ab 12 t besteht und in Frankreich und Italien die Achszahlen massgebend sind.
Die gewichtsproportionale Abstufung der LSVA bewährt sich. Die Schweizer Transporteure haben ihre
Fahrzeugflotte den neuen Rahmenbedingungen angepasst und deren Verwendung optimiert. Weil bei
leichten Lastwagen die LSVA pro Kilometer klein ist im Verhältnis zu den Fixkosten eines Fahrzeugs,
ist auch der im Vorfeld behauptete Effekt ausgeblieben, dass Transporte auf mehrere Lieferwagen
aufgeteilt würden anstelle einer einzigen LSVA-pflichtigen Lastwagenfahrt. Bei einer Grenze von 12t
könnte dieser Effekt in Einzelfällen zum Tragen kommen.
Der Tarif ist höher als in den Nachbarländern
Der LSVA-Tarif ist bekanntlich das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU
über den Transitpreis Basel-Chiasso. Wie erwartet, ist bei diesem Preis die direkt lenkende Wirkung
auf die Verkehrsmittel- und Routenwahl des Transitverkehrs relativ schwach. Im Jahr nach der Einführung der LSVA passierten 2% weniger schwere Strassengüterfahrzeuge die Alpenübergänge als
im Jahr zuvor. Ohne die Tunnelschliessung wäre die Verkehrszunahme bei 3% gelegen, und damit
tiefer als in den Vorjahren. Zweifellos hat die LSVA den Strukturwandel im Transportgewerbe beschleunigt: Abnahme der Lastwagen ohne Anhänger um 22%, Zunahme der Sattelzüge um 18%,
unveränderte Zahl von Anhängerzügen. Eine direktere Verlagerungswirkung hätte die sogenannte
Alpentransitabgabe. Sie wurde vom Bundesrat angesichts des im Landverkehrsabkommen limitierten
Transitpreises vorläufig sistiert.
Angesichts der grossen Distanzen im Zulauf zu den Alpen dürfte die deutsche LKW-Maut trotz der
vergleichsweise geringen Höhe für den schweizerischen alpenquerenden Verkehr eine Wirkung auf
die Verkehrsverlagerung haben.
Tunnelgebühren unterliegen nicht den Beschränkungen der EU-Strassenfiskalität. Zum Zeitpunkt der
Wiedereröffnung des Mont-Blanc Tunnels wurden die Gebühren in den französischen Alpentunnels
massiv erhöht und liegen derzeit über dem geltenden schweizerischen Transitpreis.
Das LSVA-Erhebungsverfahren ist für Fahrzeuge mit und ohne Erfassungsgerät verschieden.
Zur Zeit sind 55'000 LSVA-Erfassungsgeräte in Betrieb, davon sind knapp 2'000 auf freiwilliger Basis
in ausländischen Lastwagen installiert. Rund 250'000 ausländische Lastwagen sind mit LSVA IDKarten ausgerüstet. Das reibungslose Funktionieren des LSVA-Verfahrens für ausländische Fahrzeuge
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hat dazu geführt, dass diese weit weniger als erwartet auf das Angebot eingegangen sind, die gratis
angebotenen Tripon–Geräte zu installieren.
In Deutschland rechnet man zum Einführungszeitpunkt mit rund 150'000 ausgerüsteten Fahrzeugen.
In der Anfangszeit wird der überwiegende Teil der Fahrten über die Einbuchungslösung abgerechnet
werden müssen.
In Österreich hat man sich für einen anderen Weg entschlossen: weil das elektronische Tag billig ist
und einfach an die Windschutzscheibe geklebt und bei der Ausfahrt entfernt werden kann, ist dessen
Benützung obligatorisch und man kann auf eine Einbuchungslösung verzichten. Dafür muss man jeden Autobahnabschnitt mit DSRC-Funkbaken ausrüsten, damit die Fahrt korrekt lokalisiert und abgebucht werden kann.
Das LSVA-Erhebungssystem ist auf Gebührenerhebung beschränkt
Obwohl das LSVA-Erfassungsgerät eine reiche Funktionalität aufweist, hat die Eidgenössische Zollverwaltung bewusst auf das Anbieten von sogenannten Mehrwertdiensten verzichtet. Man wollte
vermeiden, dass hoheitliche Funktionen, d.h. die Abgabenerhebung, mit kommerziellen Funktionen
vermischt werden, weil dies hinsichtlich Betrugssicherheit und Kostenaufteilung zu Komplikationen
führen kann. Anders ist dies bei der deutschen LKW-Maut. Das Konsortium Toll-Collect, welches das
System entwickelt und betreiben wird, setzt von Anfang an bewusst auf Mehrwertdienste: neben der
Gebührenerhebung soll das deutsche Gerät noch für die Funktionen Fahrzeugnavigation, Flottenmanagement, Floating Car Data (Datenerfassung für Verkehrsinformationssysteme), Erkennung gestohlener Fahrzeuge und anderes mehr eingesetzt werden. Es bleibt abzuwarten, wie gut die aus dieser
Multifunktionalität entstehenden Komplikationen in Deutschland gelöst werden können. Dem Vernehmen nach wird in der Einführungsphase vorläufig auf Mehrwertdienste verzichtet.
Eine Ausnahme von diesem Verzicht bildet die Statistik: Gemäss LSVA-Gesetz stehen LSVA-Daten für
statistische Zwecke zur Verfügung und zur Zeit wird bei der Oberzolldirektion ein Data-WarehouseSystem entwickelt, welches Abfragen aller Art erlaubt, vor allem im Dienste des Monitoring der flankierenden Massnahmen zum Landverkehrsabkommen.
4. Perspektiven für das Schwerverkehrsmanagement
Optimierung des Tropfenzählersystems
Das Verkehrsmanagement nach dem Brand im Gotthardtunnel entstand aus einer erfolgreichen Mischung von Planung und Improvisation. Den Verantwortlichen des Bundesamtes für Strassen ASTRA
und der Verkehrspolizeien der Gotthardkantone, von Graubünden und Wallis gebührt höchstes Lob.
Der heutige Betrieb ist jedoch sehr personalintensiv und die Steuerung des Systems, welche auf laufenden Absprachen zwischen den Polizeien der Nachbarkantone beruht, ist alles andere als optimal.
Weil die Erfassung der Verkehrszustände und die Kommunikation von Hand geschieht, ist die Steuerung zu träge. Es kann leicht zu Aufschaukelungen kommen, wo die vorgelagerten Abstellflächen am
Überlaufen sind, während gleichzeitig der Tropfenzähler nicht ausgelastet ist. Die heutige Verkehrslenkung am Gotthard lässt sich technologisch mit dem Betrieb der Eisenbahnen vor hundert Jahren
vergleichen, wo der Stationsvorstand den nächsten Bahnhof anfragen musste, wann er den nächsten
Zug schicken darf...
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Kurzfristig sind zwei Massnahmen dringend:
1. Verlegung jener Warteräume, die sich auf den Fahr- und Standstreifen der Autobahn befinden,
auf Abstellflächen abseits der Autobahn.
2. Aufbau eines Informations- und Steuerungssystems für ein optimiertes Management der Tropfenzähler und vorgelagerten Warteräume.
Dem ersten Zweck dient beispielsweise das Projekt PEZA (provisorische Erweiterung der Zollanlage
Basel/Weil am Rhein). Die Anlage auf dem schweizerischen Teil des Geländes des ehemaligen Rangierbahnhofs der deutschen Bahn wird 115 LKW-Abstellplätze fassen. Diese Abstellplätze werden
dereinst in den geplanten Umschlagbahnhof der SBB integriert werden. Bis der Umschlagbahnhof
gebaut ist, dient die PEZA als Stauraumerweiterung der Zollanlage und hilft den Lastwagenrückstau
auf der A2 im Schwarzwaldtunnel in Basel vermeiden. Mit der Umstellung auf die elektronische Transitabfertigung wird der Stauraumbedarf abnehmen, sodass dann auf die PEZA wieder verzichtet werden kann. In den Kantonen Nidwalden und Tessin sind Studien im Gang für Abstellflächen, die mit
Autohöfen kombiniert werden.
Für das Informations- und Steuerungssystem müssen bei den Warteräumen automatische Verkehrszähler installiert und vernetzt werden, damit die Polizeien mindestens den aktuellen Überblick über
die Verkehrssituation auf der ganzen Achse haben. Es hat sich gezeigt, dass der Betrieb des Tropfenzählersystems äusserst labil ist: eine kleine Übersteuerung kann zu lange andauernden Schwankungen führen. Das Verändern des Durchflusses des Tropfenzählers Schöni kann relativ rasch zur Auslösung der vorgelagerten Warteräume führen. Sind die vorgelagerten Warteräume in Betrieb, reagiert
das System mit den bestehenden Mechanismen allzu träge auf Veränderungen des Durchflusses an
der Tropfenzählerstelle. Die kaskadenartige Steuerung mit Zeitverzug führt unweigerlich zu Aufschaukelungen mit grossen Zeit- und Kapazitätsverlusten. Das Aufschaukeln hat zur Folge, dass
nicht genügend Lastwagen zum Tropfenzähler nachrücken, wenn dort die Kapazität erhöht wird.
Für einen optimalen Betrieb mit wesentlich verminderten Wartezeiten ist deshalb eine EchtzeitSteuerung erforderlich. Der Tropfenzähler, die Vordosierung und die Aktivierung/Deaktivierung aller
Warteräume sollte automatisch auf der Grundlage von dauernd aktualisierten Messungen der Verkehrsmengen und Rückstaulängen an allen Stellen erfolgen. Sobald fest steht, wie das Tropfenzählersystem langfristig aussieht, wird man deshalb auch die Steuerung automatisieren, um dessen
Qualität zu verbessern und den Betrieb weniger personalintensiv zu gestalten.
Ein Nebenprodukt eines Informationssystems müsste auch ein Parkleitsystem für die LKWStandplätze und Übernachtungsplätze längs der Autobahn sein.
Reservationssystem
Schon am Runden Tisch zur Diskussion der Massnahmen zur Bewältigung des Schwerverkehrs auf
den Nord-Süd Achsen vom Juli 2002 wurde angetönt, dass ein Reservationssystem eingerichtet werden soll, welches nach den gleichen Prinzipien wie bei Fähren, Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszügen funktioniert. Dieses System soll dazu dienen, die Überlastung der Transitachsen durch
wartende Fahrzeuge abzubauen und den Transporteuren eine verlässlich planbare Fahrt zu erlauben.
Im Reservationssystem sollen Transporteure eine Durchfahrt durch den Gotthard oder San Bernardino für einen bestimmten Tag und einen bestimmten Zeitabschnitt im voraus buchen können. Die
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Anzahl reservierbarer Durchfahrten richtet sich nach den für diesen Zeitabschnitt gegebenen Tropfenzählerkapazitäten. Die Reservationen sollen gratis sein; eine Reservationsgebühr als Schutzgebühr zur Vermeidung von Reservationen auf Vorrat, würde beim Absolvieren der Fahrt zurückzuerstattet. Zur Buchung bietet sich das Internet an, allenfalls auch ein Telefondienst und Reservationsdesks auf den Autobahnraststätten im In- und Ausland.
Auf der Gotthard- und San Bernardinoroute müssen auf beiden Seiten der Alpen Warteräume geschaffen werden, wo sich die Fahrzeuge zur reservierten Zeit einfinden und abgefertigt werden können. Fahrzeug ohne Reservation würden auf diesem Warteraum als „Stand-by“ behandelt und den
nächsten Zeitabschnitt mit freier Kapazität abwarten. Diese Warteräume abseits der Autobahn würden gleichzeitig die heute bestehenden vorgelagerten Warteräume auf der Autobahn ersetzen.
Die Idee des Reservationssystems ist seit dem Runden Tisch weiter gereift und der Bund und die
Regierung Nidwaldens prüfen, im Raum Stans/Buochs einen solchen Warteraum in Kombination mit
einem Schwerverkehrskontrollzentrum und eventuell einem Autohof zu installieren.
Alpentransitbörse
Während das Reservationssystem innerhalb der bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen,
insbesondere ohne Antasten der Strassenfiskalität, umgesetzt werden kann, greift die ebenfalls im
Vorfeld des Runden Tisches lancierte Idee der Alpentransitbörse weiter. Bei der Alpentransitbörse
spielt das Preiselement die wesentliche Rolle, denn Durchfahrten werden nicht einfach reserviert und
auf der Basis von first come – first served vergeben, sondern über den Preis gesteuert werden, vergleichbar mit einer Auktion.
Eine Alpentransitbörse ermöglicht eine bessere Bewirtschaftung der knappen Kapazitäten auf den
Alpenübergängen, insbesondere am Gotthard. Folgende Ziele werden dabei angestrebt:

Vermeidung von Staus

höhere Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit des Alpentransits für die Transportunternehmungen
und letztlich die Verlader, damit Vermeidung unnötiger Staukosten und Reservezeiten

volkswirtschaftlich effizientere Zuteilung der Kapazitäten auf die wichtigsten resp. dringendsten
Transportbedürfnisse, für welche die höchste Zahlungsbereitschaft besteht


höhere Transparenz und Gerechtigkeit in der Zuteilung der Kapazitäten
Anreize zu besserer Planung und Logistik, welche dank der besseren Verlässlichkeit erst richtig
möglich wird

Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und keine Benachteiligung der Südschweiz oder von
Randregionen.
Inzwischen wurde ein Forschungsprojekt „Alpentransitbörse“ im Rahmen der schweizerischen Strassenforschung lanciert. Mit diesem Projekte sollen neue Impulse für die laufende politische Debatte
um die Schwerverkehrsproblematik gegeben werden, wie die grundsätzlich limitierten Kapazitäten an
den Übergängen im ganzen Alpenraum mit marktkonformen Instrumenten besser bewirtschaftet
werden könnten.
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5. Schlussfolgerungen
In diesem Vortrag wurde nur von den Verkehrsmanagement-Massnahmen zugunsten der Verkehrsverlagerung gesprochen, sozusagen der „Push-Massnahmen“ von der Strasse auf die Schiene. Der
ganze Bereich des „Pull“, also des Ausbaus von Infrastruktur und Betrieb der Eisenbahnen, wurde
ausgeklammert. Selbstverständlich ist der „Pull“ noch wichtiger.
In der politischen Diskussion über das Schwerverkehrsmanagement stösst man unweigerlich auf das
Dilemma, dass eine Wechselwirkung zwischen den Transportwahl-Parametern und der Optimierung
der Verkehrsabläufe besteht:

Wenn die Verkehrsabläufe auf den Strassentransitrouten gut funktionieren, werden diese Routen
attraktiv und das Benützerverhalten bezüglich Wahl des Verkehrsmittels, der Route und des Zeitpunktes der Fahrt wird tendenziell zu immer neuen Überlastungen führen.

Funktionieren die Verkehrsabläufe jedoch schlecht, werden diese Routen zwar weniger Verkehr
bewältigen, verbunden mit höheren Unfallrisiken und grossen Schäden für die Volkswirtschaft
und für die Transportwirtschaft im Speziellen.
Wir können der manchmal als „Verelendungs-Theorie“ apostrophierten Idee nicht folgen, dass man
den Strassenverkehr in sich selbst ersticken lassen soll, damit sich die gewünschte Verlagerung zur
Schiene automatisch einstelle. Vielmehr besteht für uns intelligentes Verkehrsmanagement in einer
klugen Mischung von kurzfristigen verkehrsorganisatorischen und mittel- bis langfristigen baulichen
Massnahmen, unterstützt von ökonomischen Anreizsystemen. Bei der Verkehrslenkung braucht es
eine Kombination von Informationen, Empfehlungen und Appellen an die Vernunft der Verkehrsteilnehmer, aber auch von obligatorischen Verkehrsregelungsmassnahmen, die sich auf das Strassenverkehrsrecht abstützen.
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