Mylène Farmer – das/sie ist aus/vorbei!

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Mylène Farmer – das/sie ist aus/vorbei!
Artikel über Mylène Farmer in Paris Ici, Juli 2001
Mylène Farmer – das/sie ist aus/vorbei!
Allein und verlassen, könnte Mylène Farmer schließlich in ihre eigene Falle getappt sein. Bereits vor
einigen Monaten gab es Streit zwischen der Sängerin und ihren Fans. Aber heute ist die Situation dramatischer, explosiver als je zuvor. Auf jeden Fall gibt es diesmal kein Zurück mehr! Die Angelegenheit
ist abgeschlossen, der Bruch offiziell und definitiv vollendet. Wer weiß, ob dies für die Diva Farmer
bereits die Chronik eines angekündigten Endes ist?
Das Sprichwort sagt: Wenn einer nicht hören will, ist alles
Reden umsonst. Die Fans haben sehr wohl ihre wachsende
„Unliebe“ herausgeschrien, die rothaarige Göttin des französischen Chanson blieb kalt und stumm. Am vergangenen
27. Januar war es Jean Rémy Gaudin-Bridet, genannt J.R.,
Präsident des MFIFC (Mylène Farmer International FanClub), der die Feindseligkeiten gestartet hat.
In der Sendung Schneller als die Musik (Plus Vite que La
Musique) auf M6 hatte er nicht gezögert, die Künstlerin zu
kritisieren, sogar so weit gehend, ihre Marketingstrategien in
den Seiten von France Soir oder Entrevue anzuschwärzen!
Alsbald sind ihm andere auf diesem Weg gefolgt, indem sie
brutal das herablassende Verhalten des Stars bekrittelten.
Auf der Site www.actustar.com erklärte so eine gewisse Cécile D. schonungslos: «Warum sollten wir absolut ein positives Image von Mademoiselle Farmer in der Presse rüberbringen? Mylène enttäuscht, weshalb also schweigen? Die
unzufriedenen Fans haben das gleiche Recht, sich zu äußern wie die anderen! Es zeigt sich, daß es J.R. ist, der im Mittelpunkt davon steht, weil er es war, den die Presse befragt hatte, aber es gibt viele von uns, die das gleiche denken.
Mylène ist vielleicht nicht so engelsgleich wie sie es gerne glauben machen möchte...»
Anfang März war der Sturm auf seinem Höhepukt! Aber angesichts dieses Sturzbaches an Vorwürfen blieb die Sängerin in ihrem Elfenbeinturm eingeschlossen, stumm wie eine Auster. Keine Erklärung in der Presse. Kein Versuch die
Gemüter zu beruhigen. So wenig, daß manche dahin gelangten, sich zu fragen, ob Mylène sich wirklich um das Wohlergehen ihrer Fans sorgt. Angeklagt, kritisiert, an den Pranger gestellt sagt sie nichts, tut nichts... Provokation, Mißfallen oder Unverschämtheit?
Und so geschah heute, was geschehen mußte: der MFIFC schließt seine Pforten! J.R. und all die anderen haben ihre
Ämter niedergelegt und stellen damit alle Aktivitäten des offiziellen Fan-Clubs ein. Leider... für all jene – und sie sind
immer noch zahlreich –, die auf www.mfifc.com gehen,
bedeutet das Bestürzung/Betroffenheit! Der Bildschirm
bleibt schwarz bis zum morbiden Erscheinen eines Kreuzes mit den Daten 1992/2000. Ein Nachruf formiert sich,
in dem , J.R. ein letztes Mal die Kommerzialität des StarSystems anprangert, indem er sich direkt an Thierry Suc,
den Manager des Stars wendet: «Thierry, als wir den
MFIFC geschaffen haben, dachten wir, daß alles, was um
Mylène herum schwebte, dem Bild/Image ihrer Worte
entspräche. Wir haben uns geirrt. Die Wahrheit ist von
Leuten gemacht, die im dritten Stock des Virgin Megastore Champagner trinken, während sie sich ansehen, wie
Fans sich um eine Platte schlagen.
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Die Wahrheit ist aus Dingen gemacht, die uns nicht mehr träumen lassen... Seit acht Jahren haben wir dennoch versucht, eine wirkliche Verbindung zwischen Mylène Farmer und ihrem Publikum herzustellen, immer die Regeln berücksichtigend, die wir uns auferlegt hatten. Diese Regeln, die im Laufe der Zeit nicht abgeschwächt wurden, haben uns in
der Folge in eine einmalige und bizarre Situation versetzt und uns schließlich eher unglücklich gemacht als etwas
anderes. Heute haben wir den Entschluß gefaßt, unsere Aktivitäten zu beenden...»
Ein Begräbnis erster Klasse für einen Fanclub, der nahezu 10.000 Mitglieder aus 37 verschiedenen Ländern vereinte.
Aber völlig außer Atem/erschöpft haben J.R. und Michael Mouilleron, der Gründer, endgültig das Handtuch geworfen,
indem sie zu ihrer Verteidigung gestehen: «Wir sind von dem unverständlichen Abstand zwischen der Künstlerin
gegenüber ihrem Publikum enttäuscht, und von einem System, das über die Jahre erstickend/erwürgend wurde...»
Noch ist nicht raus, ob Mylène nun trauert, aber es ist sicher, daß sie seit einigen Wochen ihren Sommerwohnsitz in Los Angeles aufgesucht hat. Hat sie
eine Flucht der Konfrontation und Demütigung vorgezogen? Allein mit ihrer
Haushälterin in einem prachtvollen Haus in Mulholland Drive (oberhalb von
Hollywood) genießt sie den „sexy Himmel von Kalifornien“ und denkt vielleicht bereits über die Ausarbeitung neuer Lieder nach sowie, im wesentlichen, dem Herausbringen eines Remix-Albums am Ende des Jahres... ein
kleines Geschenk zu den Weihnachtsfeiertagen, ein Versuch, die Zuneigung
des Publikums zurückzugewinnen? Wenn man bedenkt, daß sie ihm (dem
Publikum) erst neulich, mit Beben in der Stimme, erklärt hat: «Meine schönste
Liebesgeschichte, das sind Sie/das seid Ihr!»
Übersetzung: Peter Marwitz, Juli 2001