AirCar im Brand Eins

Transcrição

AirCar im Brand Eins
EINSTIEG
Frisch erfunden
Das Druckluft-Auto
Text: Karin Pollack Foto: ©MDI
Abgasarm war gestern. Gute Autos brauchen kein Benzin. Sie atmen einfach kräftig durch.
- - - - - In einem Interview mit der französischen Autozeitung »Le
Quotidien Auto« erinnert sich der 60-jährige Konstrukteur Guy
Nègre an früher: „Meine Versuche in der Formel 1 waren ein
Flop. Mit 52 war ich ruiniert. Seit meiner Kindheit habe ich mich
immer nur mit Motoren beschäftigt. Die einzige Möglichkeit,
mich aus meinem damaligen Dilemma zu befreien, war, mich
einer noch größeren Herausforderung zu stellen.“ Er entschied
sich, ein hundertprozentig schadstofffreies Öko-Auto zu bauen.
Eines, bei dem niemand an Smog, an die Verschwendung fossiler
Energieträger, an Treibhauseffekt und Ähnliches denken würde.
Guy Nègre gründet das mit privaten Investoren finanzierte Unternehmen MDI (Moteur Développment International).
Das Resultat heißt Aircar, ist für den Personentransport in der
Stadt konzipiert, verfügt über rund 30 PS und kann bis zu 110
Kilometer pro Stunde und bis zu 240 Kilometer weit fahren. Aircars tanken Luft. Dass die seltsamen Dinger wirklich funktionieren, glaubten bisher nur wenige. Doch jetzt ist das Ding – nach
acht Jahren Bastelei und vier Prototypen – serienreif.
Gleich vier verschiedene Modelle konnte man auf dem Pariser Autosalon sehen und fahren. Das Prinzip des Druckluftautos
kennt man aus dem Physikunterricht: Wenn Luft komprimiert
wird, erhöht sich ihre Temperatur. Sich ausdehnende Luft wiederum wird kälter. Die daraus erzielte Dynamik nutzt der französische Ingenieur zur Energiegewinnung. Genauer: Über einen Kompressor an Bord des Autos wird Außenluft angesaugt, gefiltert und
dann von einem Kolben zusammengepresst. Damit erhitzt sich
die Luft und bewegt den Kolben – wie in einem herkömmlichen
Verbrennungsmotor. Danach wird aus den Tanks die auf 300 bar
komprimierte Druckluft zugeführt. Heiße Luft, kalte Luft: Durch
den Wärmeaustausch in diesem Luftgemisch kommt es zu einer
Triebkraft, die zu einer Ab- und Aufwärtsbewegung der Kolben
führt und damit den Motor auf Touren bringt. Die Druckluft kann
in wenigen Minuten an speziellen Schnell-Ladegeräten getankt
werden, die künftig an Tankstellen zu finden sein sollen, oder sie
wird durch den Fahrzeugkompressor erzeugt. Der muss dafür für
drei bis vier Stunden an eine 220-Volt-Steckdose angeschlossen
werden. Das ist, verglichen mit Elektroautos, sparsamer, schneller und kostengünstiger.
In Südfrankreich werden Ende dieses Jahres die ersten Modelle
in Serie produziert. Dabei soll es nicht bleiben. Für 9,2 Millionen
Euro kann jeder, der will, eine schlüsselfertige Fabrik als Lizenznehmer erwerben. Diese Fabrikeinheiten sind nach Nègre in der
Lage, bis zu 8000 Fahrzeuge pro Jahr plus Ersatzteile zu produzieren. Damit könnte das Aircar nicht nur in ökologisch bewussten Zonen wie den reichen Industriestaaten, sondern auch in
rohstoffknappen Volkswirtschaften der Dritten Welt reüssieren.
Der Preis des Aircars hängt dann von den lokalen Produktionskosten ab. In Deutschland etwa liegt er voraussichtlich bei 12 500
Euro – für wahrhaft Umweltbewegte im Grunde genommen ein
Schnäppchen. - - - - - |
Kontakt: MDI Germany, Alexander Lindner, Höhenweg 26, 82541 Ammerland, Telefon: 0 81 77/ 92 64 55,
eMail: [email protected], Internet: www.theaircar.com
16
BRAND EINS 09/02