Erfahrungsbericht: Austauschsemester an der Saint Louis University
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Erfahrungsbericht: Austauschsemester an der Saint Louis University
Erfahrungsbericht: Austauschsemester an der Saint Louis University, (SLU) Missouri Herbstsemester 2013 Im Voraus: Hier kann ich, abgesehen von einigen Ergänzungen, auf den Erfahrungsbericht vom Herbst 2012 - den Bericht von Chanaka Marc Perera - verweisen. Ergänzungen: 1. Ich persönlich würde nicht zu früh anreisen. Sprich kurz vor der Einführungswoche. Ich bereiste zuvor noch die Ostküste (Boston etc.) und Florida. 2. Betreffend des Visums braucht es tatsächlich starke Nerven und genügend Zeit. 3. Wohnungssuche: Hierbei hilft dir die Uni. V.a. Alice Dickherber und Jon Baris waren hier extrem hilfsbereit. Ferner kann ich raten – nicht so wie ich – lieber früher als später mit der Suche zu beginnen. Im Gebäude neben der Law School, dem „Park Pacific“ leben sehr viele Studenten der Rechtswissenschaft. Infolgedessen kann ich nur empfehlen ein(e) Studio/Wohnung im oben genannten Gebäude zu suchen bzw. zu mieten. Der Fussmarsch an die Uni dauert keine zwei Minuten. Kostenpunkt: ca. 700/800.- US Dollar. Strom und Internet sind in vielen „Apartments“ inbegriffen. (U.a. gemeinsames Football schauen und legendäre Nintendo 64 Partys finden immer wieder im Park Pacific statt.) In St. Louis: Vorab sei zu erwähnen, dass die Law School, weg vom Main Campus, nach Downtown gezogen ist. Sprich Wohnungen nahe des Campus oder gar auf dem Campus sind nicht zu empfehlen. Kurz: das neue Gebäude ist super modern. Auf der 12. Etage gibt es eine wunderschöne Terrasse mit einer unglaublichen Aussicht auf den Arche und den City Park. Im Parterre gibt es ein Restaurant. Eine Kantine wie wir sie aus Bern kennen gibt es in der Law School nicht. Das Gebäude liegt neben dem District Court (Bezirksgericht) und dem State Court (Obergericht / Verwaltungsgericht). Viele Verhandlungen sind offen und es ist durchaus eine Erfahrung, das „Spektakel“ einer amerikanischen Verhandlung aus den Zuschauerrängen zu bestaunen. Downtown selber ist eher ein ruhiges Örtchen, kaum zu vergleichen mit dem Stadtzentrum wie in New York oder etwa Boston. Erwähnenswert hier sei die Washington Avenue. Eine von drei Ausgangsmöglichkeiten in der Stadt. Diverse Bars, ein Kino und eine Bowlingbahn... Folglich „the place to be“ für die Studenten der Rechtswissenschaft. Aufgrund des Umzugs und den damit verbundenen entstandenen Distanz zwischen Main Campus und Law School verpasst man das „klassische“ Campus Leben. (Hierfür später einige Tipps) Das Studium: ACHTUNG: Der Unterricht ist fundamental unterschiedlich. Hausaufgaben, Anwesenheitspflicht und Beteiligung am Unterricht gehören an der SLU einfach dazu. Lesen, lesen, lesen (...) und nochmals lesen...! Es ist arbeitsintensiver. M.E. gilt hier das Prinzip der Quantität statt der Qualität. Intellektuell gesehen ist Bern anstrengender, jedoch für arbeitsfaule Studenten – wie ich – waren die ersten Wochen in St. Louis ein hartes Erwachen. Man gewöhnt sich jedoch schnell daran. Betreffend der Fächerwahl kann ich keine generelle Empfehlung abgeben. Tendenziell eher Klassen aus den ersten zwei Jahren wählen. Torts (Schadenersatz) und Health Care Law sollte man mindestens in Betracht ziehen. LRW („Wie verfasse ich einen Text“) ist sehr arbeitsintensiv und ich war der einzige Austauschstudent der diesen Kurs glücklicherweise nicht besucht hatte. Mein Tipp: Hände weg von LRW! Ferner war ich sehr froh, dass ich aufgrund meiner Kurswahl ein drei Tage Wochenende hatte. In den ersten Wochen zum Lesen und dann zum Reisen. Wie streng ist die Beteiligungspflicht? Man kann tatsächlich aufgrund schlechter Beteiligung einen Abzug in der Endnote oder eine Absenz bekommen, was u.U. (meistens ab fünf Absenzen wird es heikel) zum Prüfungsausschluss führen kann. Jedoch hat man als Austauschstudent einen Bonus. („Ich verstehe die Frage nicht“ – kann helfen.) Nutze diesen Bonus, missbrauch ihn aber nicht. Einführungswoche: Wie löse ich einen Fall... Wie lese ich ein Urteil... Wie kann man Online-Plattformen nutzen für Recherchen... Sehr spannende Infos für Studenten im Master. Aufgrund dessen habe ich verschiedene Veranstaltungen geschwänzt – natürlich immer mit einer formellen Entschuldigung. Wichtig hier: Du lernst dein Section kennen. Dein potenzielles Softballteam und deine Freunde in den ersten Wochen. Ideale Gelegenheit für die erste Integration. Ferner kann die Einführungswoche auch als Synonym für „Party machen“ verstanden werden, insbesondere die Studenten des zweiten und dritten Jahres feiern nahe zu durch – sofern sie bereits in der Stadt sind. Prüfungen: (siehe Bericht Herbst 2012) PS: Die zusätzliche Stunde hilft tatsächlich. Dumm nur wenn du wie ich eine Prüfung bereits im Oktober hast und nichts von diesem Bonus weißt. Das Leben: St. Louis ist eine klassische Stadt im MidWest. Konservativ und republikanisch sind hier fast so ein Muss wie ein eigenes Auto. ÖVs gibt es, doch ist dieser etwa so ausgereift wie der ÖV in Bern zu Zeiten von Wilhelm Tell. Ein Kauf eines eigenes Autos ist durchaus eine Überlegung wert. (Die Französische sowie auch die Ungarische Delegation kauften sich je ein Auto. Bedenke einfach den Wiederverkauf...) . Der Ami im MidWest ist hilfsbereit - wirklich. Folglich würden sie dich bis nach New York fahren, falls nötig. Es kam sogar vor, dass zwei Autos vor meiner Wohnung warteten um mich zum Softball zu fahren. Auch in den Ausgang geht man prinzipiell mit dem Auto. Betrunken Auto fahren gehört zum guten Ton – leider. Taxis sind teuer und Mangelware, jedoch ab und an die sicherste Möglichkeit. Highlights (nach subjektiver Wahrheit): 1. Halloween Halloween... Halloween! Schon der Kauf des Kostüm war grandios. Stell dir einen Laden vor, so gross wie ein normales Migros, nur für Kostüme. Vom Papst bis zum Julius Cäsar kannst du hier alles ergattern. (Kostenpunkt ca. 50.-) Die SBA (die SUB der Law School an der SLU) organisiert eine Party. Jede und jeder wirst du dort antreffen, mit Glück sogar einer deiner Professoren. 2. Thanksgiving Als Europäische Attraktion wird es dir an Einladungen nicht fehlen. Thanksgiving ist eine Fest mit viel Essen, viel Football und viel Wein und Bier. Mein Tipp: Geniesse es! 3. Softball In den ersten ca. 6 Wochen des Herbst Semesters findet jeweils freitags das Softball statt. Eine light Version von Baseball. Sofern du geradeaus laufen kannst und ein Ball von A nach B werfen kannst, bist du hier richtig. Ein super Anlass. Fast alle Studenten der Law School sind in mind. einem Team. Man trifft sich im Tower Grove Park und spielt, trinkt, diskutiert und hat Spass zusammen. Anschliessend verlagert sich das muntere Beisammensein in der Regel in irgendeine Bar in der Umgebung. 4. Volleyball & der Main Campus Freitags ist an der Law School nicht sehr viel los. Entweder arbeiten die Studenten in irgendeiner Law Firm oder sie machen Sport in irgendeiner Weise. Verschiedene Kommilitonen organisieren Volleyball, Tennis und sonstiges. Hör dich in den ersten Wochen gut um. Mitmachen kann in der Regel jeder, der möchte. Das RecCenter ist eine riesige Sportanlage auf dem Main Campus. (Sechsfach Turnhalle mit Indoor und Outdoor Schwimmbad, zwei Fitnesscenters und einer Indoor 400m Laufbahn, Squashhallen und vieles mehr.) Als Student der SLU hast du gratis Zutritt. Wir spielten meistens von 12 Uhr bis 14 Uhr und schlenderten anschliessend über den Main Campus. Ausklingen liessen wir das Volley immer mit einem Essen in der grossen Kantine im Busch Center. 5. Sportanlässe In Amerika gibt es vier grosse Sportarten (Baseball, Football, Eishockey und Basketball). St. Louis hat mit den Cardinals im Baseball, den Rams im Football und den Blues im Hockey drei relativ gute Teams. Die Dimensionen und die Atmosphäre an diesen Spielen ist einzigartig, auch wenn Baseball unglaublich langweilig ist. Was noch? Shoppen kann man in St. Louis gut. Ausserhalb der Stadt, nur mit dem Auto erreichbar, gibt es zwei grosse Outlets. In der Stadt selber gibt es verschiedene grosse Einkaufsmöglichkeiten, insbesondere die „Galleria“. Ausgang: St. Louis hat grundsätzlich vier Ausgangsregionen. Soulard, Downtwon, Central West End und the Loop – jedoch ist the Loop zu weit entfernt und es verirrt sich kaum ein Student der SLU jenseits des Forest Parks. Folglich verteilen sich die Studenten zu später Stunde meistens auf die drei erstgenannten Gebiete. Zu Central West End gehört auch der Ausgang rund um den Campus, sprich Humphrey’s und die Library Annex. Mindestens ein Mittwoch bei Big John (dem Besitzer des Humphrey’s) und ein Samstag in der Library Annex sind Pflicht. Sonstiges: Wochenendbeschäftigung in St. Louis gibt es genügend. Forest Park (im Sommer ein Ort für Sport – im Winter ein Ort für „Iceskating“), Tower Grove Park, City Museum (ein Spielplatz für Klein und Gross), Shoppen und vieles mehr. Sammle deine eigenen Erfahrungen... Ich wurde noch gebeten, etwas zur Kriminalität zu schreiben. Klar sind East St. Louis und Teile von North St. Louis überdurchschnittlich gefährlich, das Gleiche gilt aber auch für die Banlieues in Paris oder die Bronx in New York und South City in Boston. Es gibt keinen Grund, warum man nach East St. Louis gehen sollte, auch North St. Louis kann man gut und gerne auslassen. Es gibt extra SLU Sicherheitspersonal und eine SLU Help Hotline. Bei Bedarf und überdurchschnittlicher Ängstlichkeit gibt es sogar offizielle SLU Taxis. Mein Eindruck ist der, dass man mit rationalem Denken und Handeln (vielleicht nicht mit der Rolex durch East St. Louis laufen) in St. Louis gut zu recht kommt. Und sofern man sich mal wirklich nicht wohl fühlt, lieber einmal die Kosten eines Taxis in Kauf nehmen. Man kann St. Louis überleben... Ich hab’s ja auch geschafft. Für weitere Fragen und v.a. für die Wahl deiner Fächer stehe ich dir gerne zur Verfügung – [email protected] Was noch? Geniess St. Louis! Es gibt kaum eine bessere Stadt um das konservative Amerika besser kennen zu lernen. Diskussionen zu ObamaCare werden dein Leben in verschiedenen humoristischen Beziehungen bereichern. Niklaus Fahrländer